Im Berichtsjahr berieten beide Kammern über die Volksinitiative „gegen den Bau von Minaretten“. Die Initiative wurde im Vorjahr vom sogenannten Egerkinger Komitee eingereicht, welches sich aus 14 SVP- und zwei EDU-Vertretern zusammensetzte. Unterstützung erhielt das Komitee von den oben genannten beiden Parteien. Einige namhafte Parteiexponenten der SVP hielten sich im Abstimmungskampf jedoch zurück oder äusserten sich sogar negativ zur Initiative. Dem Nationalrat, welcher das Geschäft in der Frühjahrssession als Erstrat behandelte, lag ein Minderheitsantrag Gross (sp, ZH) vor, welcher die Volksinitiative wegen Verstoss gegen die Religionsfreiheit und klarer Missachtung der Europäischen Menschenrechtskonvention für ungültig erklären wollte. Die Antragsteller, welche durch die SP und eine grosse Mehrheit der Grünen unterstützt wurden, bezeichneten die Religionsfreiheit als von „fundamentaler Bedeutung für die nationale Friedensordnung“ und erachteten sie in diesem Sinne dem zwingenden Völkerrecht angehörig und eine Verletzung deshalb als unzulässig. Der Bundesrat wie auch eine grosse Mehrheit der Staatspolitischen Kommission (SPK) waren jedoch der Ansicht, dass die Verletzung der Religionsfreiheit nicht gegen zwingende Bestimmungen des Völkerrechtes verstosse, da der Kernbestand der von allen Staaten anerkannten Menschenrechte nicht berührt werde. Der Minderheitsantrag wurde denn auch mit 128 zu 53 Stimmen abgelehnt. Die Debatte sowie weitere aktuelle Vorstösse zu verfassungsrechtlichen Fragen zeigten jedoch, dass es zusätzlicher Regelungen bedarf, wann eine Volksinitiative materiell ungültig zu erklären sei (vgl. hier). Mit einer Zweidrittelmehrheit empfahl die SPK dem Nationalrat die Initiative ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung. Neben Verletzung der Religionsfreiheit verstosse die Initiative auch gegen das Diskriminierungsverbot und stehe zudem im Widerspruch zu verschiedensten Bestimmungen aus der schweizerischen Gesellschafts- und Rechtsordnung, so beispielsweise zur Glaubens- und Gewissensfreiheit, zur Eigentumsgarantie oder zum Verhältnismässigkeitsprinzip. Ferner liesse sich ein Bauverbot für Minarette nicht mit dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung begründen und könnte zur Gefährdung des religiösen Friedens beitragen. Eine Minderheit Hutter (svp, SG) empfahl die Initiative zur Annahme. Sie vertrat die Ansicht, dass Minarette einen religiös-politischen Machtanspruch darstellten und deshalb zu verbieten seien. Nach fünfstündiger Debatte folgte der Nationalrat dem Bundesrat und empfahl die Initiative mit 129 zu 50 Stimmen ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung. Zustimmung erhielt die Initiative ausschliesslich aus der SVP-Fraktion. Der Kernpunkt der Debatte im Ständerat war ein Minderheitsantrag Maissen (cvp, GR), welcher ebenfalls beantragte, die Initiative für ungültig zu erklären. Der Ständerat verwarf den Antrag nach zweistündiger Diskussion mit 24 zu 16 Stimmen. Er empfahl die Initiative mit 36 zu 3 Stimmen ebenfalls zur Ablehnung.

Volksinitiative «Gegen den Bau von Minaretten» (BRG 08.061)