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Zwei parlamentarische Vorstösse betrafen die finanzpolitischen Kennzahlen: Auf eine Interpellation Loepfe (cvp, AI) (Int. 01.3689), weshalb die Schweiz nicht in den OECD-Statistiken für die Staats- und die Finanzquote erscheine, antwortete der Bundesrat, dass die schweizerische volkswirtschaftliche Gesamtrechnung die OECD-Standards noch nicht erfülle. Strittig sei die Frage, ob Sozialversicherungen dem öffentlichen oder dem privaten Sektor zugeordnet werden; in der Schweiz betreffe dies insbesondere die Krankenversicherung und die berufliche Vorsorge (beide sind zwar gesetzlich vorgeschrieben, sind aber weitgehend privatwirtschaftlich organisiert). Strahm (sp, BE) wollte den Bundesrat beauftragen, das Konzept der Fiskalquote an die OECD-Kriterien anzupassen und diese Vergleichszahl ohne die Krankenversicherungsbeiträge zu publizieren oder allenfalls beide Konzepte mit und ohne KV-Prämien nebeneinander zu veröffentlichen, da die unterschiedliche Berechnung der Fiskalquote (Abgaben an den Staat in Prozent des Bruttoinlandprodukts) zu einer Verzerrung im internationalen Vergleich führe. Der Bundesrat erklärte sich bereit, das Postulat anzunehmen.

Staats- und die Finanzquote Fiskalquote

Anlässlich der Vorberatungen des Budgets 2002 äusserte die Finanzkommission des Ständerates Unbehagen, dass die nur sechs Personen umfassende Finanzdelegation im Namen des gesamten Parlaments dem Bundesrat grünes Licht geben könne für einen milliardenschweren Kredit für die Luftfahrt. Trotz der gebotenen Eile scheine ihr dies sehr problematisch. Sie beabsichtige deshalb, der staatspolitischen Kommission die Einführung einer Obergrenze für Beträge vorzuschlagen, über welche die Finanzdelegation entscheiden könne, beispielsweise 100 Mio Fr. Bei höheren Beträgen müsste eine Sondersession einberufen oder das Geschäft zumindest der Finanzkommission oder der WAK übergeben werden. Nationalrätin Vallender (fdp, AR) reichte eine Motion ein, welche solche ausserordentlichen Ausgabenentscheide des Bundesrats mit Absegnung durch die Finanzdelegation auf Beträge von 100 Mio Fr. (resp. 500 Mio Fr. bei einstimmiger Zustimmung durch die Finanzdelegation) limitieren will.

Dringliche Ausgabenentscheide des Bundesrats: Bewilligung durch das Parlament

Mit einer Motion forderte Ständerat Pfisterer (fdp, AG) den Bundesrat auf, institutionelle Hilfen für die bessere Verknüpfung der Sach- und der Finanzpolitik im politischen Alltag bereit zu stellen, um den Einfluss des Parlaments zu verbessern. Mit der vorgesehenen Unterstützung sollte jedes Parlamentsmitglied die Chance haben, gesamtheitlich in die finanz- und sachpolitische Diskussion eingreifen zu können. Bundesrat Villiger hielt das Anliegen für berechtigt, aber eine Gesetzesänderung nicht für notwendig. Der Ständerat überwies den Vorstoss als Postulat.

bessere Verknüpfung der Sach- und der Finanzpolitik

Mit ihrer Forderung nach einer Reduktion der Staatsquote auf das Niveau von 1990 hatte die SVP-Fraktion Erfolg. Vergeblich wurde die Motion von der SP, der EVP und den Grünen bekämpft. Fässler (sp, SG) führte den Ausgabenanstieg auf die Arbeitslosigkeit zurück und nicht – wie in der Motion beschrieben – auf den Ausbau der Staatstätigkeiten. Mit 92 zu 71 Stimmen überwies der Nationalrat das Begehren als Postulat. Ausserdem verlangten die Finanzkommissionen beider Räte (FK-NR und FK-SR) vom Bundesrat, das Budget 2002 und den Finanzplan 2003-2005 in der Weise zu konzipieren, dass sich die Staatsquote merklich reduziere, wobei der Einfluss der demographischen Entwicklung auf die AHV/IV auszuklammern sei. Der Bundesrat hielt fest, dass das Finanzleitbild 2002-2004 eine kontinuierliche Absenkung der Staatsquote auf 11,2% anstrebt und beantragte, beide Motionen abzulehnen. Der Gefahr eines überproportionalen Anstiegs der Bundesausgaben will der Bundesrat mit einer Koppelung derselben an die Entwicklung der Einnahmen entgegentreten. Konjunkturelle Mehreinnahmen sollen primär zur Tilgung der Bundesschuld eingesetzt werden. Die Fraktionen der Bürgerlichen standen dem Kommissionsanliegen zustimmend gegenüber, die rot-grünen Ratsmitglieder und die EVP nahmen mehrheitlich eine ablehnende Haltung ein oder verlangten die Umwandlung in ein Postulat. Schliesslich überwies der Nationalrat seine Motion (Mo. 00.3600) mit 78 zu 67 Stimmen. Der Vorstoss (Mo. 00.3611) wurde im Ständerat lediglich als Postulat überwiesen.

Reduktion der Staatsquote

Nationalrat Zbinden (sp, AG) ersuchte den Bundesrat in einem Postulat (Po. 00.3128) um eine systematische Sichtbarmachung staatlicher Leistungen. Diese Massnahme sollte die oft als asymmetrisch empfundenen Tauschbeziehungen zwischen Bund und Steuerzahlenden nachvollziehbarer gestalten, die staatliche Legitimation stärken und der Steuer- und Abgabenmüdigkeit vieler Bürger entgegenwirken. Im Einvernehmen mit dem Bundesrat wurde das Postulat in der Sommersession angenommen. Ein anderes Ziel verfolgte Parteikollegin Leutenegger (BL) mit einer parlamentarischen Initiative. Sie verlangte die Einführung der Meldepflicht bei staatlichen Leistungen oder Begünstigungen an öffentliche oder private Unternehmungen. Vielfach würden staatliche Behörden durch versteckte Drohungen zu finanziellen Beihilfen oder Steuererlassen gezwungen. Dies führe zu einer Verzerrung des interkantonalen Steuerwettbewerbs. Mit 73 zu 50 Stimmen wurde der Initiative keine Folge gegeben.

Sichtbarmachung staatlicher Leistungen Einführung der Meldepflicht bei staatlichen Leistungen oder Begünstigungen

In der Frühjahressession nahm der Nationalrat als Zweitrat Kenntnis vom zweiten Teils des Subventionsberichtes. Die Finanzkommission bemängelte, dass die Subventionen nicht merklich abgesenkt werden konnten. Gleichwohl beantragte sie zustimmende Kenntnisnahme. Bürgerliche Parlamentarier erwarteten zusätzliche Massnahmen zur Kosteneindämmung. Dagegen opponierte Fässler (sp, SG). In der Finanzkommission würden zu viele unausgewogene Sparbefehle ausgesprochen. Bundesrat Villiger erklärte, gespart werden könne vor allem bei zukünftigen Subventionen. Die bestehenden seien kaum mehr wegzubringen.

Zweiter Teil des Subventionsberichtes (BRG 99.037)

Der Nationalrat überwies eine Motion Christen (fdp, VD) (Mo. 99.3557) diskussionslos als Postulat. Das Begehren verlangte, dass in Zukunft Beiträge der öffentlichen Hand an Kulturinstitutionen bei der Festlegung der Entschädigungen für Urheber- und verwandte Schutzrechte nicht mitgerechnet werden sollen. Dazu wäre eine Änderung des Bundesgesetzes über das Urheberrecht (URG) notwendig geworden.

Motion Christen für eine Urheberrechtsentschädigung auf Subventionen

Ständerat Loretan (fdp, AG) verlangte in einer Motion (Mo. 99.3040), dass der Bundesrat dem Parlament einen Gesetzesentwurf zur Aufhebung von Bagatellsubventionen unterbreite. Gerade bei Kleinsubventionen sei die Wirkung marginal, der Verwaltungsaufwand hingegen zu gross. Loretan wehrte sich in den Verhandlungen gegen den Antrag des Bundesrates, die Motion als Postulat zu überweisen. Gegen das Begehren überhaupt sprach sich Maissen (cvp, GR) aus. Das quantitative Kriterium der Motion (Subventionen bis CHF 30'000 oder CHF 50'000) sei zu grobschlächtig. Fraktionskollegin Simmen (cvp, SO) hatte grundsätzlich gegen eine kritische Überprüfung von Kleinsubventionen nichts einzuwenden. Weil aber auch Kleinsubventionen ihre Berechtigung hätten und in vielen Fällen einiges bewirken könnten, sprach sie sich ebenfalls gegen das Begehren aus. Onken (sp, TG) wollte viel eher bei grösseren Subventionen anpacken, wo wirkliches Sparpotential bestünde. Bundesrat Villiger bedauerte, dass der Motionär an der Form der Motion festhielt und empfahl sie zur Ablehnung. Gerade im Kulturbereich, würden auch kleine Bundesbeiträge positive Wirkungen erzielen. Der Rat lehnte das Begehren mit 15 zu 12 Stimmen ab.

Motion Loretan zur Aufhebung von Bagatellsubventionen

Die vom Bund ausbezahlten Subventionen beliefen sich 1997 auf knapp CHF 27.2 Mrd. und stiegen damit gegenüber dem Vorjahr um 2,3%. Zu den gut 400 Posten kamen trotz Sparbemühungen nochmals 20 dazu, darunter als grössten CHF 7.9 Mio. zur Schaffung zusätzlicher Lehrstellen, die im Rahmen des Investitionsprogramms beschlossen worden waren. Die fünf grössten Posten stellten die Bundesbeiträge an AHV (CHF 4.38 Mrd.) und IV (CHF 2.87 Mrd.), die Infrastrukturleistungen an die SBB (CHF 1.50 Mrd.), die Prämienverbilligungen in der Krankenversicherung (CHF 1.49 Mrd.) und der Nationalstrassenbau (CHF 1.43 Mrd.) dar.

Bundessubventionen 1997

Der Nationalrat machte mehr Druck. In der Wintersession überwies er mit 116 zu 26 Stimmen eine Motion seiner Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (Urek) (Mo. 97.3540), die den Bundesrat auffordert, bis spätestens 2002 eine Botschaft für eine ökologische Steuerreform vorzulegen, welche die geltende Finanzordnung Ende 2006 ablösen kann. Mit der Reform soll einerseits der Verbrauch nicht erneuerbarer Energie und/oder die Belastung der Umwelt besteuert und andererseits der Faktor Arbeit entlastet werden. Die Revision muss aufkommens- und fiskalquotenneutral sein, die energieintensiven und exportorientierten Branchen schonen und der Wirtschaft genug Zeit für die Anpassung einräumen. Vergeblich wehrte sich EFD-Vorsteher Kaspar Villiger gegen das Kriterium der Steuerneutralität angesichts der immer defizitäreren Sozialwerke.

Motion UREK-NR: Strategie «Nachhaltige Entwicklung in der Schweiz»

Eine Motion Maspoli (lega, TI), welche die Auflistung und Durchforstung aller Subventionsempfänger verlangt, wurde vom Nationalrat mit 61:35 Stimmen abgelehnt. Er folgte damit dem Bundesrat, der darauf hinwies, dass die Sanierung der Bundesfinanzen, aber auch der neue Finanzausgleich sowieso eine kritische Überprüfung der Subventionen erfordere.

Motion Maspoli Auflistung und Durchforstung aller Subventionsempfänger

Der Bundesrat beschloss im Sinne einer erhöhten Transparenz, mit einer Teilrevision des Bundesgesetzes über den eidgenössischen Finanzhaushalt den Einnahmenüberschuss der Pensionskasse aus der Bundesrechnung auszugliedern. Damit wird das Defizit um fast eine Milliarde Franken steigen. Finanzminister Stich unterlag im Gesamtbundesrat aber mit der Forderung, auch das jährliche Darlehen an die SBB von ebenfalls rund einer Milliarde Franken, das die SBB nicht zurückzahlen können, im Bundeshaushalt als Ausgabe zu deklarieren. Schützenhilfe erhielt er vom Nationalrat, der die Teilrevision aufgrund der selben Forderung mit 90 zu 10 Stimmen zurückwies. Der Ständerat folgte auf Empfehlung seiner Finanzkommmission aber einstimmig dem Bundesrat, der die Tresoreriedarlehen der SBB über den Verordnungsweg regeln will. In der Wintersession schwenkte der Nationalrat auf die Linie des Ständerats ein.

Teilrevision des Finanzhaushaltgesetzes

Als einzige Regierungspartei wollte die SP für die Sanierung der Bundeskasse neben Einsparungen von 3,2 Mia CHF auch auf Mehreinnahmen von 1,6 Mia CHF zurückgreifen. Vorgeschlagen wurde von der SP-Fraktion etwa eine Erhöhung des Treibstoffgrundzolls um 20 Rappen und eine Reichtumssteuer. Ausserdem forderte die Partei die Einfrierung der realen Landwirtschaftsausgaben und die Sanierung der SBB auf Kosten der Strassenrechnung. Ein Moratorium im Sozialwesen, wie es von Arbeitgeberseite gefordert worden war, wies die Partei zurück und sprach sich im Gegenteil für mehr Sozialstaat aus.

Vorgeschlagene Massnahmen der SP gegen das Bundesdefizit 1994

Nach Annahme der Mehrwertsteuervorlage reichten die Fraktionen der FDP (Mo. 93.3576) und der SVP (Mo. 93.3599) sowie Nationalrat Oehler (cvp, SG) (Mo. 93.3577) je eine Motion ein, die verlangen, schon ab Mitte des Jahres 1994, also vor Inkrafttreten des neuen Steuersystems, den sogenannten Vorsteuerabzug für Investitionsgüter zu gewähren, um einen Investitionsstau zu verhindern und die Konjunktur zu beleben.

Motionen für Vorsteuer-Abzug

Aus Kreisen der Bank- und Finanzinstitute sowie der Treuhandgesellschaften ertönte bereits Kritik am bundesrätlichen Verordnungsentwurf zur Mehrwertsteuer, da gewisse Dienstleistungen für Privatkunden mit Sitz im Ausland nicht von der Steuerpflicht ausgenommen sind, obwohl gemäss Artikel acht der Übergangsbestimmungen die ins Ausland erbrachten Dienstleistungen von der Steuer befreit werden sollen.

Vollzugsverordnung zur Mehrwertsteuer

Finanzordnung
Abstimmung vom 28. November 1993

Beteiligung: 45,4%
Ja: 1 247 400 (66,7%) / 19 6/2 Stände
Nein: 674 031 (33,3%) / 1

Parolen:
Ja: FDP, SP, CVP, SVP (2*), LP, LdU, EVP, EDU; Vorort, SGV, SBV, SGB, Bankiervereinigung, Tourismus-Verband, Hotelier-Verein.
Nein: AP (1*), SD, PdA, Lega; Wirteverband, Coiffeurmeister-Verband, Bäcker- und Konditorenmeisterverband, Metzgermeisterverband, Centre Patronal.
Stimmfreigabe: GP.

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen.

Beitrag zur Gesundung der Bundesfinanzen (Satz 6,5%)
Abstimmung vom 28. November 1993

Beteiligung: 45,4%
Ja: 1 163 887 (57,7%) / 15 6/2 Stände
Nein: 852 439 (42,3%) / 5

Parolen :
Ja: FDP (4*), CVP, SP, SVP (6*), GP, LdU (1*), EVP; Tourismus-Verband, Hotelier-Verein, SGB.
Nein: LP, AP, SD, PdA, Lega, EDU; gleiche Verbände wie bei Finanzordnung.
Stimmfreigabe: Vorort, SGV, VSM.
* In Klammern Anzahl abweichender Kantonalsektionen.

Massnahmen zur Erhaltung der Sozialversicherung
Abstimmung vom 28. November 1993

Beteiligung: 45,4%
Ja: 1 258 782 (62,6%) / 19 6/2 Stände
Nein: 752 472 (37,4%) / 1

Parolen:
Ja: FDP (6*), CVP, SP, SVP (8*), GP, LdU (1*), EVP; Tourismus-Verband, Hotelier-Verein, SGB.
Nein: LP, AP, SD, PdA, Lega, EDU; SGV und gleiche Verbände wie bei Finanzordnung.
Stimmfreigabe: Konsumentinnenforum Schweiz.
* In Klammern Anzahl abweichender Kantonalsektionen.

Besondere Verbrauchssteuern
Abstimmung vom 28. November 1993


Beteiligung: 45,4%
Ja: 1 212 002 (60,6%) /17 6/2 Stände
Nein: 786 396 (39,4%) / 3

Parolen :
Ja: FDP, CVP, SP, SVP (3*), LP, GP, LdU, EVP; Vorort, SGV, RN, Tourismus-Verband, Hotelier-Verein, SGB.
Nein: AP, SD, PdA, Lega; gleiche Verbände wie bei Finanzordnung.
* In Klammern Anzahl abweichender Kantonalsektionen.

Alle vier Vorlagen des Finanzpaketes wurden mit Ja-Anteilen zwischen knapp 58 und 67% bei einer Stimmbeteiligung von 45,4% angenommen. Der Kanton Zürich verzeichnete bei allen vier Teilen des Finanzpaketes die stärkste Zustimmung. Am negativsten war die Einstellung im Kanton Wallis, gefolgt vom Tessin.

Die Vox-Analyse zeigte, dass bei den ersten beiden Vorlagen die Zustimmung unter hoch gebildeten und gut verdienenden Urnengängern aus städtischen Gebieten am höchsten war. Am meisten Ablehnung erfuhren die zwei Vorlagen bei wenig Gebildeten, bei Landwirten, in der Arbeiterschaft mit niedrigem Einkommen sowie in ländlichen und peripheren Gebieten. In der deutschsprachigen Schweiz war die Zustimmung generell höher als in der Romandie und im Tessin. In bezug auf die politischen Einstellungen war die Befürwortung bei Anhängern der SP, der Zentrumsparteien LdU/EVP sowie der Freisinnigen am grössten, während sie bei jenen der SVP und bei Parteiungebundenen am geringsten war. Bei den Entscheidmotiven der Ja-Stimmenden zur Frage des Systemwechsels spielte das finanzpolitische Argument und die Anpassung an das Steuersystem der Staaten der Europäischen Union die grösste Rolle. Hingegen schienen die spezifischen Vorteile einer Mehrwertsteuer nur zweitrangig zu sein. Unter den Nein-Stimmenden überwog neben einer diffusen Abwehr vor mehr Steuern vor allem die Angst vor einem Teuerungsschub sowie das Argument, der Bund solle besser mehr sparen als zusätzliche Steuern eintreiben. Dieses Element spielte bei den Nein-Stimmenden vor allem in der Frage zur Höhe des Steuersatzes die ausschlaggebende Rolle. Die Inhalte der beiden übrigen Vorlagen über die Massnahmen zur Erhaltung der Sozialversicherung und jene über die besonderen Verbrauchssteuern waren von den Befragten sehr viel ungenauer und summarischer wahrgenommen worden als die beiden ersten Beschlüsse.

Entwurf der Regierung zum Ersatz der neuen Bundesfinanzordnung

Die Dachverbände des Gastgewerbes und der Coiffeure, deren Dienstleistungen der bisherigen WUSt nicht unterstellt waren, empfahlen ihren Mitgliedern die Ablehnung des Systemwechsels. Die Gegnerschaft gruppierte sich hauptsächlich um den Schweizerischen Wirteverband, der Führungsfunktion übernahm. Daneben engagierten sich auch die politischen Randparteien wie zum Beispiel die Schweizer Demokraten (SD) und die PdA. Exponenten der Grünen Partei — vorwiegend aus der deutschsprachigen Schweiz — bildeten ein links-grünes gegnerisches Komitee, weil sie einen verstärkten Arbeitsplatzabbau durch die bevorzugte Behandlung von kapitalintensiven Investitionen befürchteten. Schützenhilfe erhielten die bürgerlichen Gegner von gewissen Kantonalsektionen der FDP und der SVP vor allem betreffend die Satzerhöhung und die Massnahmen zugunsten der Sozialversicherung. Der Schweizer Tourismus-Verband (STV) machte seine Zustimmung zum Systemwechsel und zur Höhe des Steuersatzes von der Einführung eines Sondersatzes in der Höhe von zwei Prozent zugunsten seiner Branche abhängig. Im Rahmen des Artikels acht der Übergangsbestimmungen der Vorlage hätte der Bundesrat die Kompetenz, für exportabhängige Dienstleistungszweige einen tieferen Satz vorzuschlagen, der vom Parlament noch bewilligt werden müsste. In der Annahme, der Bundesrat würde den Hoteliers einen reduzierten Satz gewähren, hatte der Hotelierverein seinen Mitgliedern ein Ja zum Systemwechsel empfohlen, musste aber auf seinen Entscheid zurückkommen, um wie der Tourismus-Verband die Zustimmung vom Versprechen eines niedrigeren Satzes zugunsten der Hotellerie abhängig zu machen. Die Tourismusbranche hoffte darauf, ihre Anliegen mittels einer Motion Nationalrat Bezzolas (fdp, GR) durchzusetzen (Mo. 93.3544); im Ständerat wurde eine gleichlautende Motion von Küchler (cvp, OW) eingereicht (Mo. 93.3546).

Entwurf der Regierung zum Ersatz der neuen Bundesfinanzordnung

Rund vier Monate vor der Volksabstimmung eröffneten die grossen Wirtschaftsverbände die Kampagne für ein Ja zur Mehrwertsteuer. Der Arbeitgeberverband, der Vorort, die Wirtschaftsförderung, der Gewerbeverband (SGV) und auch der Verband Schweizerischer Maschinenindustrieller (VSM) äusserten sich grundsätzlich positiv zum Systemwechsel, liessen aber — abgesehen vom SGV, der den Satz von 6,2% unterstützte — noch nichts zur Höhe des Satzes verlauten, den sie ihren Mitgliedern empfehlen wollten.

Entwurf der Regierung zum Ersatz der neuen Bundesfinanzordnung

Zu den eidgenössischen Abstimmungen gab die LP mit Ausnahme von drei Vorlagen dieselben Parolen wie die FDP heraus. Die Ausnahmen betrafen die SD-Initiative für einen arbeitsfreien Bundesfeiertag, den Mehrwertsteuersatz von 6,5% und die Möglichkeit, diesen Steuersatz zugunsten der AHV um 1 % zu erhöhen, welche sie allesamt ablehnte. Der Beitrag zur Sanierung der Bundesfinanzen und die rasche Fertigstellung des Nationalstrassennetzes – insbesondere in der Romandie – überzeugten die Delegierten von der Ja-Parole für die die Treibstoffzollerhöhung, welche mit 67 zu 35 Stimmen gefasst wurde.

Parolen der LP 1993
Dossier: Parolen der LP, 1990-1994

Das Kernstück der Vorlage blieb wie bei der 1991 vom Volk verworfenen Vorlage der Wechsel von der wettbewerbsverzerrenden einphasigen Warenumsatzsteuer, welche neben den Gütern auch Investitionen besteuert, zur reinen allphasigen Konsumsteuer auf Waren und Dienstleistungen in der Form der Mehrwertsteuer. Der Wegfall der "taxe occulte" soll die Wirtschaft um rund CHF zweieinhalb Mrd. jährlich entlasten und auf diese Weise eine erhöhte Konkurrenzfähigkeit gegenüber ausländischen Produkten ermöglichen. Neu werden auch Dienstleistungen besteuert, wodurch rund 75'000 Betriebe zusätzlich steuerpflichtig werden. Betriebe des Kleingewerbes, welche unter CHF 75'000 steuerbares Einkommen vorweisen, werden von der Mehrwertsteuer aber nicht erfasst. Verschiedene, im Inland erbrachte Leistungen sollen künftig ohne Anspruch auf Vorsteuerabzug von der Mehrwertsteuer befreit sein. Dazu gehören unter anderem die in einer sogenannten Negativliste der Übergangsbestimmungen aufgeführten Bereiche wie der Brief- und Paketpostverkehr, das Gesundheitswesen, Leistungen der Fürsorge und der sozialen Sicherheit, die Erziehung und Jugendbetreuung, kulturelle Leistungen, Versicherungsumsätze, Umsätze im Bereich des Geld- und Kapitalverkehrs (ausser Vermögensverwaltung und Inkassogeschäft), Wetten und Lotterien sowie der Verkauf von Gärtnerei- und Landwirtschaftsprodukten. Ein reduzierter Satz von zwei Prozent (bisher 1,9% unter dem WUSt-Regime) soll für Ess- und Trinkwaren (ausser Alkohol), Getreide und Sämereien sowie für Zeitungen und Bücher gelten.

Entwurf der Regierung zum Ersatz der neuen Bundesfinanzordnung

Im Schweizerischen Aktionskomitee "Für eine moderne Finanzordnung", an dem sich die drei bürgerlichen Bundesratsparteien, die LP und der LdU beteiligten, fehlten die SP und die GP. Letztere hatte Stimmfreigabe zum Systemwechsel beschlossen, unterstützte jedoch die drei übrigen Vorlagen zur Ausgestaltung der Mehrwertsteuer. Nachdem die Wirtschaftsförderung der SP zugesichert hatte, sich einer Empfehlung für den tieferen Steuersatz zu enthalten, empfahl die Parteispitze dem Vorstand den Systemwechsel zur Annahme. Alle vier Regierungsparteien sowie der LdU und die EVP empfahlen viermal Ja zu den Mehrwertsteuervorlagen. Innerhalb der SVP scherten allerdings drei kleine Kantonalparteien in bezug auf den Systemwechsel aus, wobei die Sektionen Luzern und Zug ein Nein empfahlen und Genf Stimmfreiheit herausgab. Die Liberalen befürworteten hingegen nur den Systemwechsel und die Umwandlung der Zölle in Verbrauchssteuern.

Entwurf der Regierung zum Ersatz der neuen Bundesfinanzordnung

Der Bundesrat, welcher zu Beginn des Jahres noch unschlüssig war, ob er eine Modernisisierung des alten WUSt-Modells oder eine komplette Systemänderung unterstützen sollte, rang sich nach Abzeichnung der klaren Befürwortung des Mehrwertsteuermodells durch die Bundesratsparteien ebenfalls zu einer Unterstützung dieses Modells mit einem Satz von 6,5% durch. Ursprünglich hatte er in seiner Botschaft lediglich die Schaffung einer Verfassungsgrundlage zur Einführung einer modernen Umsatzsteuer vorgesehen. Finanzminister Otto Stich wehrte sich jedoch mit Nachdruck gegen die Zweiteilung der Umwandlung der Vorlage, welche den Stimmbürgern die Wahl zwischen einem Satz von 6,2 und 6,5% liess. Im Falle einer Annahme des geringeren Satzes befürchtete er Einnahmenausfälle in der Höhe von rund CHF 570 Mio. Seine Äusserungen im Abstimmungskampf, wonach er die Ablehnung des Systemwechsels einer Annahme mit dem Satz von 6,2% vorziehe, stiess denn bei den bürgerlichen Parteien und Spitzenverbänden auf Unverständnis. Der Finanzminister unterstrich daraufhin fünf Wochen vor der Abstimmung anlässlich der Debatte zum Budget 1994 — dieses sah in der Zwischenzeit ein Defizit von CHF 7.1 Mrd. vor — den Ernst der Situation und die sich daraus abzeichnende Notwendigkeit des höheren Steuersatzes.

Entwurf der Regierung zum Ersatz der neuen Bundesfinanzordnung

Der Schweizerische Bauernverband (SBV) empfahl seinen Mitgliedern die Annahme der Mehrwertsteuer mit dem höheren Satz. Der Gewerkschaftsbund unterstützte ebenfalls den Systemwechsel und den höheren Satz, obwohl sich durch die lineare Verbrauchssteuer — relativiert durch den niedrigeren Steuersatz für lebensnotwendige Güter des täglichen Gebrauchs — gewisse Nachteile für die Konsumenten und Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen ergeben. Der Beschluss blieb deshalb vor allem innerhalb des linken Flügels umstritten. Auch die Bankiervereinigung empfahl den Systemwechsel zum höheren Satz.

Entwurf der Regierung zum Ersatz der neuen Bundesfinanzordnung

Die kleine Kammer als Zweitrat hingegen befürwortete jedoch gegen den Willen der Sozialdemokraten und insbesondere gegen die vehemente Intervention Bundesrat Stichs aus abstimmungspolitischen Gründen eine zweigeteilte Vorlage, die den Stimmberechtigten einerseits den Systemwechsel zur Mehrwertsteuer mit demselben Satz der WUSt von 6,2% und andererseits in einer zweiten Vorlage eine Erhöhung des Satzes auf 6,5% vorschlug. Die bürgerliche Mehrheit im Ständerat beurteilte die Chancen eines Systemwechsels in der Volksabstimmung als viel besser, wenn den Stimmenden nicht gleichzeitig wie bei den früheren Multipackvorlagen ein höherer Steuersatz vorgeschlagen wird. Bei einigen Enthaltungen nahm der Ständerat den Bundesbeschluss zur Umwandlung der WUSt in eine Mehrwertsteuer bei gleichbleibendem Satz einstimmig an und hiess mit grossem Mehr den zweiten Teil der Vorlage, welcher die Erhöhung des Satzes um 0,3 Prozent vorsieht, mit 27 gegen zwei Stimmen gut.

Entwurf der Regierung zum Ersatz der neuen Bundesfinanzordnung

Im rasch angesetzten Differenzbereinigungsverfahren akzeptierte der Nationalrat auf Antrag der Kommission die Beschlüsse des Ständerats betreffend die Zweiteilung mit 109 zu 62 Stimmen. Im Gegenzug schwenkte die kleine Kammer bei der Regelung des sozialen Ausgleichs auf den Beschluss des Nationalrats ein. Die fünf Prozent des Steuerertrags sollen somit nicht wie gemäss der ersten Lesung im Ständerat zugunsten der Arbeitslosenversicherung, sondern für die Entlastung von unteren Einkommen mittels Krankenkassenprämienvergünstigung verwendet werden. Bei den übrigen Teilen des Entwurfs, so auch bei der Frage einer späteren Erhöhung des Steuersatzes um maximal ein Prozent zugunsten der Sicherstellung der AHV, konnten die minimalen Differenzen zwischen den beiden Kammern problemlos beseitigt werden. Die gesamte Vorlage umfassste schlussendlich vier Bundesbeschlüsse, über welche die Stimmberechtigten separat abstimmen mussten: der erste betraf die Neugestaltung der Finanzordnung und dabei vor allem die Ersetzung der WUSt durch eine Mehrwersteuer von 6,2%, der zweite die Erhöhung der Mehrwersteuer auf 6,5%, der dritte die Möglichkeit, den Mehrwertsteuersatz um 1 % zugunsten der Sozialversicherung zu erhöhen und der vierte die ertragsneutrale Umwandlung von Zöllen auf Mineralölen, Autos und Autoersatzteilen in Steuern.

Entwurf der Regierung zum Ersatz der neuen Bundesfinanzordnung