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Jahresrückblick 2019: Energie

Einen grossen Umbruch erlebte die Schweizer Energiepolitik 2019 mit der ersten Ausserbetriebnahme eines konventionell genutzten Kernkraftwerks der Schweiz. Am 20. Dezember um 12:30 Uhr wurde dem Atomkraftwerk Mühleberg (BE), das seit 1972 Elektrizität für die Schweiz geliefert hatte, sprichwörtlich der Stecker gezogen. Die Betreiberfirma BKW hatten schon Ende Oktober 2013 angekündigt, das «Atomi» – wie es Anwohnerinnen und Anwohner der Region nannten – vom Netz nehmen und die Rückbauarbeiten der Anlage bis im Jahr 2034 vollenden zu wollen. Ende 2019 wurde ebenfalls klar, dass das nahe Basel gelegene und seit Jahren in Kritik stehende elsässische AKW Fessenheim im Jahr 2020 den Betrieb einstellen wird.
Gleichzeitig sorgte in den Medien 2019 eine per 1. Februar in Kraft getretene Verordnungsanpassung im Kernenergiebereich für Furore. Der Bundesrat hatte in Artikel 123. Abs. 2 der Strahlenschutzverordnung eine Präzisierung vorgenommen, wonach natürliche Störfälle, die im Schnitt einmal alle 10'000 Jahre vorkommen – beispielsweise ein stärkeres Erdbeben – klar der Störfallkategorie 3 zugeordnet werden sollen. Bisher war in der Verordnung nicht klar ersichtlich gewesen, ob solche Ereignisse der Störfallkategorie 2 oder 3 zugeordnet werden müssen. Die Präzisierung hat zur Folge, dass die AKWs bei Erdbeben dieser Art den weniger strengen Strahlendosisgrenzwert vom 100 mSv (Kategorie 3) anstatt jenem von 1 mSv (Kategorie 2) einhalten müssen und somit bei einem solchen Unfall mehr Radioaktivität austreten dürfte, als bei einer Einteilung in die Kategorie 2 erlaubt gewesen wäre. Die Änderung war – zumindest in den Augen der Kritikerinnen und Kritiker – insofern auch (rechtsstaatlich) brisant, als parallel zur Verordnungsanpassung ein gerichtliches Verfahren um genau diese Verordnungsstelle im Gange war, parlamentarische Prozesse in die Wege geleitet wurden (Po.18.3175; Mo. 18.3010; Mo. 18.4233) und in der Vernehmlassung diesbezüglich viele kritischen Stimmen laut geworden waren. Ein strengerer Grenzwert hätte aber vor allem bedeutet, dass beispielsweise die Kernenergieanlagen in Beznau die Sicherheitsbestimmungen (zumindest vorübergehend) nicht mehr erfüllt hätten und folglich vom Netz hätten genommen werden müssen. Mit dieser Frage musste sich 2019 auch die UREK-SR intensiv befassen, die selbst nach umfangreichen Anhörungen ein Kommissionspostulat als Erweiterung des in drei Sitzungen diskutierten ständerätlichen Postulats mit dem Ziel einreichte, bessere Kenntnisse über die Folgen dieser Verordnungsrevisionen für die Bevölkerung zu erlangen. Stillschweigend nahm das Stöckli das heiss diskutierte Postulat im Frühling 2019 an.
Zentrales Thema im Kernenergiebereich bildete zudem 2019 auch weiterhin die Suche nach geeigneten Standorten für die Errichtung von Tiefenlagern für die Endlagerung von radioaktiven Abfällen aus Kernkraftwerken sowie aus der Forschung. Nach Abschluss der zweiten Etappe im Sommer 2018 begannen in der dritten Etappe vorwiegend auch im Jahr 2019 nach und nach verschiedenste Sondierbohrungen in den in der engeren Auswahl stehenden Standortgebieten Jura Ost (AG), Nördlich Lägern (AG und ZH) und Zürich Nordost (TG und ZH). In den betroffenen Regionen wurden diese detaillierten Untersuchungen der Umweltbeschaffungen zum Dauerbrenner in den lokalen Zeitungen, vor allem auch deshalb, weil diese nun deutlich sichtbaren Arbeiten teils auf grossen Widerstand aus der lokalen Bevölkerung stiessen. Der Bundesrat rechnete indes damit, im Jahr 2029 den definitiven Standortentscheid für ein geologisches Tiefenlager bekannt geben zu können.

Das im Bereich der Wasserkraft dominierende Thema war zum einen die Frage nach der Festlegung des Wasserzinsmaximums – also die maximal mögliche durch den Kanton festgelegte Abgeltung der Wasserkraftwerkbetreiber an den Kanton für die Nutzung des öffentlichen Gutes Wasserkraft. Während die eine Seite für eine Senkung ebendieses Maximums plädierte mit der Begründung, die inländische Wasserkraft so finanziell besser aufstellen zu können, setzten sich in der Schlussabstimmung vom Mai 2019 die Gebirgskantone durch, die sich für eine Verlängerung des derzeit geltenden Wasserzinsregimes von CHF 110 pro Kilowatt Bruttoleistung bis Ende 2024 eingesetzt hatten.
Zum anderen diskutierten die UREK-Kommissionen und die Räte eine parlamentarische Initiative, die eine Anpassung der Regelungen für Umweltverträglichkeitsprüfungen verlangte. Demnach sollen bei Neukonzessionierungen für bestehende Wasserkraftanlagen die Rahmenbedingungen so geändert werden, dass die Basis für die Beurteilung für die Festlegung von Umweltkompensationsmassnahmen neu auf den Zustand zum Zeitpunkt der Konzessionseinreichung festgelegt werden soll. Nach bisheriger Regelung mussten Umweltschutzkompensationsmassnahmen auf Basis des Zustandes vor Errichtung der Anlage erfolgen. Da die Anlagen aber teilweise schon seit über 80 Jahren bestehen, die Ermittlung des ursprünglichen Landschaftsbildes sich als schwierig erwies und die Wasserkraftwerkbetreiber somit hoher Unsicherheit und hohen Kosten begegnen würden, stimmte eine Mehrheit des Nationalrates im Herbst 2019, sowie auch eine Mehrheit des Ständerates in der Wintersession für diese Lockerung der Umweltschutzbestimmungen. Eine Minderheit hatte vergebens die Meinung des Bundesrates vertreten und versucht, eine Formulierung beizubehalten, die mehr Massnahmen zugunsten der Umwelt beinhaltete.

Im Bereich der fossilen Energieträger sorgte eine Ankündigung des Bundesrates von Ende Oktober für grosses Aufsehen, in welcher er die Vernehmlassung für die Schaffung eines neuen Gasversorgungsgesetzes (GasVG) eröffnete. Der Bundesrat beabsichtigte demnach, den Gasmarkt in der Schweiz teilweise zu öffnen. Analog zum Modell im Strommarkt könnten so künftig Grosskundinnen und Grosskunden ihren Anbieter frei auf dem Markt wählen. Mit der Schaffung des neuen GasVG soll zudem eine spezielle Gasmarktordnung geschaffen werden, die den bisher sehr vage geregelten Gasmarkt besser koordinieren soll. Ein kleines Erdbeben mit nationaler Ausstrahlkraft verursachte zudem die kantonale Berner Energievorlage, die am 10. Februar 2019 eine knappe Abfuhr an der Urne erhielt. Die Vorlage beinhaltete Massnahmen im Gebäudebereich, mit denen die Energieziele des Bundes auf kantonaler Ebene – unter anderem durch den Ersatz von Gas- und Ölheizungen durch Technologien erneuerbarer Energiequellen – hätten umgesetzt werden sollen.

Ein in den Medien stark aufgegriffenes Thema war die Frage nach der Revision des Stromversorgungsgesetzes – also einer Neugestaltung des Strommarktdesigns dergestalt einer Strommarktliberalisierung mit einer freien Wahl des Stromanbieters für alle. Diese Diskussion war stets auch verknüpft mit der Frage nach einem Stromabkommen mit der EU, das eine solche Strommarktliberalisierung als Voraussetzung vorsieht. Die Arbeiten und Verhandlungen in diesem Bereich werden sich wohl in den kommenden Jahren fortsetzen.

Allgemein betrachtet verzeichnete das Kapitel «Energie» 2019 im Vergleich zu den Jahren 2016-2018 einen starken Rückgang an Zeitungsberichterstattungen – wie eine Analyse von APS Ende 2019 zeigte. Während der Themenbereich «Energie» in den Jahren 2016 und 2017 zwischen 3.5 bis fast 4 Prozent aller erfassten Zeitungsberichterstattungen ausmachte, halbierte sich dieser Anteil in den Jahren 2018 sowie 2019 um mehr als die Hälfte. Dies lässt sich wohl mit den beiden Volksabstimmungen «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)» von Ende 2016 sowie der Energiestrategie 2050 erklären, die ebenfalls in einer Referendumsabstimmung im Mai 2017 ihren Höhepunkt fand, und die für eine starke Berichterstattung sorgten. Innerhalb des Jahres 2019 liess sich ein leichtes Sommertief sowie ein Anstieg der Zeitungsberichterstattung auf die Herbstsession hin feststellen, wobei der Höchstwert von gut 2.4 Prozentpunkten im Jahresvergleich immer noch tief ausfiel.

Jahresrückblick 2019: Energie
Dossier: Jahresrückblick 2019

Jahresrückblick 2019: Verkehr und Kommunikation

Ein zentraler Punkt der Verkehrspolitik war 2019 der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur: Das Parlament hatte über die nächsten Ausbauschritte der strategischen Entwicklungsprogramme (STEP) «Nationalstrassen» und «Eisenbahninfrastruktur» sowie über die Verpflichtungskredite des Programms Agglomerationsverkehr zu befinden. Dabei ging es bei jedem Geschäft über die Vorlagen des Bundesrates hinaus, nahm zusätzliche Projekte in die Ausbauschritte auf und erhöhte die Verpflichtungskredite. Dem Ausbauschritt 2019 STEP Nationalstrassen fügte das Parlament zwei Projekte hinzu – die Umfahrungen Näfels und La Chaux-de-Fonds – und erhöhte den Verpflichtungskredit für den Ausbauschritt um eine Milliarde auf CHF 5.651 Mrd. Zusätzliche Viertel- und Halbstundentakte, mehr Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit: Den Ausbau des Schienennetzes wollte der Bundesrat mit Investitionen von CHF 11.9 Mrd. vorantreiben. Doch auch beim Strategischen Entwicklungsprogramm Eisenbahninfrastruktur (Ausbauschritt 2035) nahmen beide Kammern weitere Projekte auf: Die kleine Kammer ergänzte den Ausbauschritt im März auf Antrag ihrer Verkehrskommission um die Projektierungen des Durchgangsbahnhofes Luzern und der trinationalen S-Bahn Basel sowie um den Neubau der Strecke Neuenburg – La-Chaux-de-Fonds anstelle der vom Bundesrat vorgeschlagenen Modernisierung der bestehenden Strecke. Der Ständerat erhöhte den Investitionsbetrag einstimmig um CHF 919 Mio. auf CHF 12.8 Mia. Im Juni ging der Nationalrat sogar noch weiter und nahm mit den Bahnhöfen Winterthur-Grüze und Thun Nord zwei weitere Projekte in das Geschäft auf. Einstimmig erhöhte die grosse Kammer den Kreditbetrag um CHF 69 Mio. auf insgesamt CHF 12.89 Mrd. Obschon Bundesrätin Sommaruga erklärte, die vom Nationalrat zuletzt hinzugefügten Bahnhofsprojekte seien verfrüht, stimmte der Ständerat der grossen Kammer einstimmig zu. Schliesslich zeigte sich das Parlament auch bei den Verpflichtungskrediten ab 2019 des Programms Agglomerationsverkehr spendabel: Der Bundesrat hatte CHF 1.35 Mrd. für die Mitfinanzierung von Projekten der dritten Generation im Programm Agglomerationsverkehr beantragt. Der Nationalrat, der im März über die Vorlage beriet, nahm wie von seiner Verkehrskommission gefordert vier zusätzliche Projekte auf: Die Projekte Aargau-Ost, Delémont und Luganese sowie die Umfahrung Oberburg (BE). Weil die grosse Kammer auch für die Programme in Grand Genève und Bulle den Beitragssatz des Bundes erhöhte, wuchs der Bundesbeitrag für den Agglomerationsverkehr um CHF 145 Mio. auf Total CHF 1.49 Mrd. Im Juni kippte der Ständerat die Umfahrung Oberburg (BE) wieder aus der Vorlage; danach ging das Geschäft wegen dieser Differenz zwischen den Räten hin und her, bis im September in der Einigungskonferenz ein Kompromiss gefunden wurde, dem beide Kammern einstimmig zustimmten: Die Umfahrung Oberburg wird folglich als integraler Bestandteil dem Projekt Burgdorf zugeschrieben und mit nicht ausgeschöpften Mitteln aus den Programmen 2019, 2014 und 2010 finanziert.

Die Zeitungsanalyse von Année Politique Suisse zeigt, dass die Berichterstattung der Tagespresse zur Verkehrspolitik im August besonders umfassend war. Dies lag zu einem guten Teil an der sogenannten SBB-Krise: Anfang August kam es zu einem tödlichen Arbeitsunfall eines Zugbegleiters der SBB. In der Folge kam aus, dass die Türschliess-, Einklemmschutz- und Kontrollmechanismen an den Einheitswagen IV oft nicht korrekt funktionierten. Das Bundesamt für Verkehr verpflichtete die SBB, diese Mechanismen zu überholen. Zu den Sicherheitsrisiken bei den Türschliesssystemen kam eine Häufung der Betriebsstörungen: Verspätungen, Stellwerkstörungen, Zugausfälle wegen Baustellen. In den Kommentarspalten der Tageszeitungen war zu lesen, die SBB habe sich vom einstigen Aushängeschild der Schweiz in Sachen Zuverlässigkeit zu einem Lotterbetrieb gewandelt, das Vertrauen der Bevölkerung in die Bundesbahnen habe Schaden genommen. Der öffentliche Druck wurde so gross, dass die Führung der SBB von der Verkehrskommission zu einem Hearing eingeladen wurde. SBB-CEO Andreas Meyer stand der KVF-SR Rede und Antwort und verteidigte dabei die SBB und die Arbeit der SBB-Führung. Rund zwei Wochen nach dem Hearing verkündete Meyer seinen Rücktritt im Jahr 2020. Dieser Schritt sei schon länger geplant gewesen und habe mit den Schwierigkeiten im Betrieb nichts zu tun. Ende September gaben die SBB bekannt, dass die Einsteigeroutine des Personals geändert worden sei und die Schliesssysteme sämtlicher Einheitswagen IV bis 2024 überholt würden.

Beim Strassenverkehr sorgten vor allem Anliegen zur Verkehrssicherheit und zur Elektromobilität für Gesprächsstoff im Parlament. Ein politischer Dauerbrenner bei der Verkehrssicherheit blieben die Strafbestimmungen der Via sicura: Auch 2019 wurden einige Änderungen der Strafbestimmungen beraten, so die parlamentarische Initiative Grin (svp, VD; Pa.Iv. 18.431) für verhältnismässige Sanktionen, die Motion Graf-Litscher (sp, TG; Mo. 17.3520) gegen die doppelte Strafe für Berufsfahrer und Berufsfahrerinnen sowie die Motion Giezendanner (svp, AG; Mo. 17.3590) für einen differenzierten Führerausweisentzug. Zwar hatte die KVF-SR im April der parlamentarischen Initiative Grin keine Folge gegeben, doch der Nationalrat stimmte allen Geschäften zu und sprach sich damit für mildere Regelungen beim Führerausweisentzug aus.
Mit dem wachsenden Anteil elektrisch betriebener Fahrzeuge im Strassenverkehr wurde die Elektromobilität vermehrt ein Thema im Parlament. Dabei ging es etwa um grüne Zonen für Elektrofahrzeuge (Mo. 17.4040), um Auswirkungen von Fahrassistenzsystemen auf die Verkehrssicherheit (Po. 17.4041), um die Möglichkeiten der «Mobilität 4.0» (Po. 17.4043) oder um die Finanzierungslücke bei der Strassenverkehrsinfrastruktur durch die Ausfälle bei der Mineralölsteuer infolge der Zunahme von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben (Mo. 19.3741). Vorwärts ging es mit der digitalen Vignette: Im März nahm der Nationalrat die Motion Candinas (cvp, GR; Mo. 18.3701) knapp an, der Ständerat folgte im September – obschon der Bundesrat in der Zwischenzeit eine Vorlage betreffend einer freiwilligen digitalen Vignette ans Parlament verabschiedet hatte.

Im Nachgang des Postauto-Skandals stand das Controlling des Bundesamtes für Verkehr mehrfach in der Kritik. Im März kam aus, dass das Bahnunternehmen BLS über Jahre insgesamt rund CHF 45 Mio. zu viel an Abgeltungen erhalten hatte. Zwar lagen im Gegensatz zum Postauto-Skandal keine betrügerischen Machenschaften vor, sondern nur ein unzureichend angepasstes Zinsglättungsmodell, allerdings zeigte sich eine Parallele zum Postauto-Skandal: Im Bundesamt für Verkehr blieben Hinweise auf die Differenzen zu lange folgenlos. Nach einem Audit beim BAV durch das UVEK wurden im Mai fünf Massnahmen zur Verstärkung der Aufsicht bei Transportunternehmen vorgelegt. Im Rahmen der verstärkten Aufsicht wurden im Bundesamt für Verkehr für Controlling und Revision acht zusätzliche Stellen geschaffen. Mit ihrer Motion «Teurere Kontrollen durch das BAV sollen die Verursacher bezahlen» verlangte Nadja Pieren (svp, BE; Mo. 19.3502), dass der Bund die Mehrkosten dieser Stellen auf die Verursacher abwälze. Im September lehnte der Nationalrat die Motion Pieren jedoch diskussionslos ab.

Nachdem die Postgesetzgebung in den Räten schon in den Vorjahren ein grosses Thema gewesen war, führten insbesondere der Service public der Post und die Schliessung von Poststellen auch 2019 zu einigen Debatten. In den Vorjahren waren viele Vorstösse angenommen worden, 2019 zeigten sich die Räte aber zurückhaltender: Den Standesinitiativen von Genf (Kt.Iv. 18.312), Basel-Stadt (Kt.Iv. 18.314), Solothurn (Kt.Iv. 18.315) sowie Tessin (Kt.Iv. 16.320) und Wallis (Kt.Iv. 17.302) wurde keine Folge gegeben, weil 2018 die Standesinitiative Jura (Kt.Iv. 17.314) Zustimmung gefunden hatte und die Kommissionen bei der Umsetzung dieser Initiative alle Anliegen zur Postgesetzgebung überprüfen und einbeziehen wollten. Die KVF-SR kündigte an, die Umsetzung der Standesinitiative Jura nach einer Gesamtschau zur Post im Frühjahr 2020 an die Hand zu nehmen.
Der Ständerat lehnte weitere Vorstösse zur Post ab (Motion Berberat, sp, NE, Mo. 19.3749; Postulat Béglé, cvp, VD, Po. 17.3615; Motion Feller, fdp, VD, Mo. 17.3053), der Nationalrat nahm jedoch weitere Anliegen entgegen: Ein Postulat der KVF-NR zur «längerfristigen Weiterentwicklung des Zugangs zu Dienstleistungen der postalischen Grundversorgung» (Po. 19.3532) wurde im Nationalrat angenommen, weil die damit vom Bundesrat und der Post verlangte Planung auch über die Umsetzung der Standesinitiative Jura Auskunft geben könnte. Auch die Motionen Müller-Altermatt (cvp, SO; Mo. 17.3938) für eine «mittel- und langfristige Planung bei Poststellen und Postagenturen» und Grin (svp, VD; Mo. 17.3888) zur «Schliessung von Poststellen an zentralen Orten» fanden in der grossen Kammer Zustimmung.

Im März schloss das Parlament die 2018 begonnene Revision des Fernmeldegesetzes ab. In vier Sitzungen wurden die verbliebenen Differenzen zur Netzneutralität, zur Meldepflicht der Provider bei verbotenen pornographischen Inhalten, zur Befreiung der Blaulichtorganisationen von den Verwaltungsgebühren der verwendeten Funkfrequenzen, zur Finanzierung von Anschlüssen in Gebäuden und zu weiteren, technischen Detailfragen beigelegt. Ende März nahmen beide Kammern die Revision an.

Der Ausbau des Mobilfunk-Netzes auf 5G wurde von Teilen der Bevölkerung sehr kritisch aufgenommen. Ausdruck fand diese kritische Haltung in zwei Volksinitiativen, die im Oktober von Privatpersonen lanciert wurden. Während die eine Initiative die Strahlungsbelastung reduzieren will, verlangt die andere, dass Mobilfunkbetreiber für Strahlungsschäden haften. Die Sammelfrist läuft bis zum 22. April 2021.

Jahresrückblick 2019: Verkehr und Kommunikation
Dossier: Jahresrückblick 2019

Die Änderung des Nationalstrassenabgabegesetzes zwecks Einführung einer freiwilligen digitalen Vignette wurde in der Wintersession 2019 im Ständerat traktandiert. Der Erstrat folgte der Empfehlung seiner Kommission und nahm, nachdem sowohl Kommissionssprecher Stefan Engler (cvp, GR) wie auch Bundesrat Ueli Maurer dem Rat versichert hatten, es gebe keine Datenschutzproblematik in der vorliegenden Regelung, die Vorlage mit 39 gegen 2 Stimmen (ohne Enthaltungen) an.
Zudem schrieb der Ständerat die Motion KVF-SR für die Einführung einer elektronischen Vignette (Mo. 16.3009) ab, welche im Rahmen der Debatte zum Nationalstrassenfonds im März bzw. Juni 2016 angenommen worden war und welche gemäss Regierung mit der nun behandelten bundesrätlichen Vorlage erfüllt sei.

Freiwillige digitale Vignette
Dossier: Mobility-Pricing
Dossier: Elektronische Vignette (Nationalstrassenabgabe)

Im Dezember 2019 legte der Bundesrat einen Bericht in Erfüllung des Postulates Graf-Litscher (sp, TG) vor und präsentierte darin Varianten für die Ausgestaltung von Meldepflichten von kritischen Infrastrukturen bei schwerwiegenden Sicherheitsvorfällen. Der Bericht erörterte die derzeitige Ausgangslage, verglich Meldepflichten im Ausland und präsentierte nebst der Variante, keine weiteren Meldepflichten einzuführen, drei Varianten für eine Meldepflicht und für Meldestellen in der Schweiz. Bei diesen drei Möglichkeiten würde entweder eine zentrale Meldestelle etabliert, die bisherigen dezentralen Meldestellen in den Sektoren auf- und ausgebaut oder als letzte Variante eine Kombination der beiden Ansätze umgesetzt, wobei eine zentrale Meldestelle einzig für Cybervorfälle und die bestehenden dezentralen Stellen für alle anderen sicherheitsrelevanten Vorfälle zuständig wären. Die vorgeschlagenen vier Varianten sollen in einem nächsten Schritt mit Wirtschaftskreisen, den Kantonen und den zuständigen Behörden vertieft diskutiert werden und im Sommer 2020 zur Erarbeitung einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage führen.

Meldepflicht bei kritischen Infrastrukturen (Po. 17.3475)
Dossier: Schutz kritischer Infrastrukturen
Dossier: Cyber Defence

Im Oktober 2019 sickerte zur Presse durch, dass Fachleute des BFE die Energieszenarien 2050 bezüglich der Laufzeit der Atomkraftwerke in der Schweiz anpassen wollten. Demnach würde der Bund neu mit einer Laufzeit von 60 Jahren für ein Werk rechnen und nicht wie bisher von 50 Jahren ausgehen. Dieses Langzeitbetrieb-Szenario 2050+ würde bedeuten, dass das neuste AKW der Schweiz in Leibstadt noch bis im Jahr 2044 am Netz bliebe. «Die Realität hat die bisher unterlegten 50 Jahre überholt», zitierte die NZZ die BFE-Sprecherin mit Verweis auf die Anlage Beznau I, die 2019 bereits ins 51. Betriebsjahr gestartet war. Während die einen diese Verlängerung als Chance verstanden, weiterhin eine stabile Stromproduktion im Inland aufrechtzuerhalten und die Atomkraft als eine Art Brückenlösung zum noch andauernden Ausbau der erneuerbaren Energien zu verwenden, sahen andere darin ein erhöhtes Risiko für Unfälle sowie Fehlinvestitionen in eine überholte Technologie.

Scharfe Kritik an den Schweizer Szenarien übte indes auch das deutsche Bundesumweltministerium in Berlin, das sich im Oktober 2019 mit «dicker Post» an Energieministerin Simonetta Sommaruga wandte, wie die Presse schrieb. Mit «[s]ehr geehrte Frau Bundesrätin, die geplanten Laufzeiten der Schweizer Atomkraftwerke bereiten mir große Sorge», begann das Schreiben der parlamentarischen Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter. Dass die verbleibenden vier AKWs der Schweiz 60 Jahre laufen sollten, sei eine «fatale Fehlentwicklung», erklärte sie weiter. Gemäss dem Schreiben seien die Anlagen in Beznau «schnellstmöglich» und diejenigen in Gösgen und Leibstadt, Letzteres nahe der deutschen Grenze, «zeitnah» vom Netz zu nehmen. Zudem sei es «zwingend», bei Entscheiden über längere Laufzeiten auch die Bevölkerung der Nachbarstaaten miteinzubeziehen, war dem Brief weiter zu entnehmen. Energieministerin Simonetta Sommaruga stufte diese scharfen Worte aus Berlin dem Tages-Anzeiger zufolge als unangemessen ein. In ihrer Antwort im November hielt sich die Sozialdemokratin aber nüchtern und verwies auf die zwei Volksabstimmungen von 2016 zur Atomausstiegsinitiative und 2017 zum Energiegesetz, in welchen das Schweizer Stimmvolk den Neubau von Atomkraftwerken zwar verboten, eine fixe Begrenzung der Laufzeit aber abgelehnt hatte. Die Kernkraftwerke in der Schweiz dürften ihren Betrieb fortsetzen, solange sie sicher seien, erklärte Sommaruga die Schweizer Doktrin.

Energie-Szenario 2050+
Dossier: Energieperspektiven des Bundes

Der Nationalrat folgte in der Wintersession 2019 stillschweigend und diskussionslos seiner Schwesterkammer und nahm eine Motion der UREK-SR an, die eine langfristige Stromversorgungssicherheit in der Schweiz und eine Klärung der Verantwortlichkeiten verlangte. Die vorberatende und ebenfalls einstimmig gesinnte UREK-NR betonte die Wichtigkeit der Vorlage und verwies auf ihre eigene Motion 17.3970 («Revision des StromVG. Etablierung einer strategischen Reserve»), deren Stossrichtung dieselbe war. Beide Geschäfte forderten die Sicherstellung der langfristigen Stromversorgungssicherheit. Mittelfristig bis 2025 seien zwar grundsätzlich keine Stromengpässe zu erwarten, langfristig bestünden aber viele Unklarheiten, so zum Beispiel darüber, wie der Ausbau der Produktion in der Schweiz und in Europa verlaufen werde, inwieweit die Schweiz in den EU-Strombinnenmarkt eingebunden sein werde und wie stark ökologische Überlegungen der Dekarbonisierung im Bereich der Klimapolitik Auswirkungen auf die Strombranche haben würden. Von grosser Wichtigkeit sei daher vor allem die Beachtung des Zusammenspiels zwischen Energie- und Klimapolitik. Mit der Annahme der Motion wird sich der Bundesrat dieser zentralen Frage annehmen müssen.

Langfristige Stromversorgungssicherheit: Sicherstellung und Klärung der Verantwortlichkeiten (Mo. UREK-SR 19.3004)
Dossier: Energie - Versorgungssicherheit

Entgegen dem Nationalrat lehnte der Ständerat in der Wintersession 2019 die Motion Graf-Litscher (sp, TG) für die Schaffung eines gesetzlich verpflichtenden Grundschutzes für kritische Strominfrastrukturen gegenüber Cyberangriffen und relevanten Naturgefahren stillschweigend ab. Zuvor hatte die einstimmige UREK-SR wie auch der Bundesrat dafür plädiert, die Motion abzulehnen. Kommissionssprecher Martin Schmid (fdp, GR) erklärte in der kleinen Kammer, weder der Bundesrat noch die ständerätliche Kommission stellten das Ziel der Motionärin infrage, sie sähen jedoch den gesetzgeberischen Handlungsbedarf nicht mehr gegeben. So seien beispielsweise mit der nationalen Strategie zum Schutz kritischer Infrastrukturen 2018–2022 oder mit dem revidierten Energiegesetz, das erst nach Einreichen dieses Vorstosses in Kraft getreten sei und das einige Anpassungen in den Bereichen Datensicherheit erfahren habe, bereits ausreichende Massnahmen erarbeitet worden, um den Schutz dieser wichtigen Infrastrukturen vor Cyberangriffen zu verbessern, erklärte Schmid im Plenum.

Verpflichtender Grundschutz für kritische Strominfrastrukturen (Mo. 17.3496)
Dossier: Schutz kritischer Infrastrukturen

In der Wintersession 2019 folgte der Ständerat dem Antrag seiner Kommissionsmehrheit und gab mit 26 zu 13 Stimmen bei 2 Enthaltungen der Walliser Standesinitiative für eine Lockerung des Gewässerschutzgesetzes keine Folge. Ausgangspunkt für die Standesinitiative war ein Bundesgerichtsentscheid um Restwassermengen für die Wasserkraftanlage Chippis-Rhone (VS) gewesen: In Anwendung des neu geltenden Gewässerschutzgesetzes im Zuge der Neukonzessionierung war die Betreiberin verpflichtet worden, die strengeren Umweltbestimmungen einzuhalten und insbesondere Vorgaben zu Restwassermengen – dem Anteil an Wasser, der nicht gestaut werden darf und ungehindert weiterfliessen können muss – im Sinne einer verbesserten Biodiversität zu beachten. Diese Massnahmen würden aber zu starken Einbussen in der Stromproduktion führen, was nicht mit den Wasserkraftausbauzielen der Energiestrategie 2050 einhergehe, argumentierte Ständerat Beat Rieder (cvp, VS). Er lieferte sich im Rat ein kleines Wortgefecht mit dem Kommissionsmehrheitssprecher Roberto Zanetti (sp, SO), der davor warnte, diese Bestimmung im Gewässerschutzgesetz anzutasten, die damals im Sinne einer Kompromisslösung als indirekter Gegenentwurf zur Volksinitiative «Lebendiges Wasser» Einzug ins Gesetz gefunden hatte. «Man kann sich auch beim Umgang mit Wasser die Finger verbrennen», ermahnte Zanetti seinen Walliser Amtskollegen.

Wasserkraft. Für eine Lockerung des Bundesgesetzes über den Schutz der Gewässer (Kt. Iv. VS 18.310)
Dossier: Sicherungsmassnahmen für den Erhalt der Schweizer Wasserkraft ab dem Jahr 2015
Dossier: Wasserkraft: Konzessionserneuerungen und Umweltmassnahmen
Dossier: Ausbau und Erhalt von erneuerbaren Energien versus Umweltschutz

Im Rahmen der Debatte zum Voranschlag 2020 verabschiedete das Parlament auch die Nachträge II und IIa zum Voranschlag 2019. Ersteren hatte der Bundesrat im September 2019 vorgestellt: Der Nachtrag II umfasste 13 Kredite in der Höhe von CHF 93 Mio., was abzüglich interner Kompensationen (CHF 2.6 Mio.) und Wertberichtigungen (CHF 2 Mio.) effektive Mehrausgaben von CHF 88.4 Mio. mit sich brachte. Dies entsprach 0.12 Prozent der Ausgaben des Voranschlags 2019, was im langjährigen Durchschnitt lag (2012-2018: 0.15%). Der grösste Beitrag sei die Einlage für den Nationalstrassen- und Agglomerationsfonds (NAF; CHF 57 Mio.), welche durch eine Änderung der Verbuchungsmethode begründet sei: Die Erträge der Bewirtschaftung der Nationalstrassen sowie Drittmittel von Kantonen und Gemeinden würden neu via ASTRA in den NAF eingelegt; diese Einlage müsse entsprechend erhöht werden. Um verzögerte Projekte fertigzustellen, sollte auch der Kredit für den Betrieb, Ausbau und Unterhalt der Nationalstrassen im Rahmen des NAF um CHF 15 Mio. erhöht werden. Auch in der Sonderrechnung für die Bahninfrastruktur (BIF) sollte der Kredit für den Substanzerhalt der Bahninfrastruktur für die aktualisierte Planung der Infrastrukturbetreiber und Seilbahnen um CHF 232 Mio. erhöht werden, wobei ein Teil dieser Kosten im Voranschlagskredit 2020 für den Betrieb kompensiert würde (-CHF 88 Mio.). Für die termingerechte Fertigstellung der Arbeiten am Ceneri-Basistunnel im Rahmen der NEAT forderte der Bundesrat einen zusätzlichen Kredit in der Höhe von CHF 39 Mio. Schliesslich musste der Bund CHF 25 Mio. zusätzlich an die EL zur IV bezahlen, deren Kosten im Jahr 2019 um denselben Betrag höher ausgefallen waren als im Voranschlag budgetiert.
Im Oktober 2019 legte der Bundesrat zudem den Nachtrag IIa vor, der zur «Honorierung der gezogenen Solidarbürgschaften für die schweizerische Hochseeschifffahrt» nötig geworden sei, wie die Regierung erklärte. Darin fasste sie das neuste Problem bezüglich der Hochseeschifffahrtsbürgschaften, die Einstellung des Schiffsbetriebs der acht Hochseeschiffe umfassenden Massmariner SA, zusammen. Der Bund verbürge Massmariner-Schiffe noch mit CHF 129 Mio., diese Bürgschaften seien nun nach dem Entscheid zum Verkauf dieser Schiffe gezogen worden. Der Bund sei nun gegenüber der betroffenen Bank zur Zahlung der ausstehenden verbürgten Darlehenssumme bis Februar 2020 verpflichtet.
Letzterer Nachtrag führte in der Nationalratsdebatte in der Wintersession 2020 zu einigen Diskussionen. Zuvor hatte der Ständerat alle Nachträge diskussionslos und stillschweigend angenommen. Bereits in der Kommission sei diese Frage intensiv diskutiert worden, erklärte Alois Gmür (cvp, SZ) im Nationalrat; die Mehrheit sei jedoch zum Schluss gekommen, «dass das Parlament wohl keine Alternative hat, als diesen Nachtragskredit zu bewilligen». Ähnlich formulierten es seine Ratskolleginnen und -kollegen, Ursula Schneider Schüttel (sp, FR) sprach beispielsweise von einer «zähneknirschenden» Zustimmung. Pirmin Schwander (svp, SZ) hingegen stellte den Antrag, im Nachtrag II zum Voranschlag 2019 auf die Genehmigung der Zahlung zu verzichten. Der Bund und die betroffene Bank hätten die Begleichung der ausstehenden Darlehenssummen auf Februar 2020 festgelegt, der Bundesrat solle diese Frist nun neu aushandeln und dadurch der Oberaufsicht und dem Parlament die Möglichkeit geben, die Einsetzung einer PUK zu prüfen. Auch der SVP-Fraktion sei klar, dass man zahlen müsse, erklärte Schwander, man müsse nun aber Halt sagen und der weltweiten Hochseeschifffahrtsbranche ein Zeichen schicken, dass diese künftig die Preise nicht mehr so stark drücken könne. Bundesrat Maurer goutierte dieses Vorgehen keineswegs: «Sie können hier schon die starke Person spielen und sagen: «Wir bezahlen noch nicht!» Aber wir bezahlen ohnehin», betonte er und bat den Nationalrat, den Nachtrag zu bewilligen. Mit 103 zu 52 Stimmen (bei 40 Enthaltungen) folgte die grosse Kammer dieser Bitte. Die SVP sprach sich geschlossen gegen den Nachtrag aus, die SP und vereinzelte Nationalrätinnen und Nationalräte anderer Fraktionen enthielten sich ihrer Stimme.
Genauso wie diesen Nachtrag genehmigte der Nationalrat auch die übrigen, kleineren Ausgaben: unter anderem CHF 3.4 Mio. aufgrund der Erhöhung des Beitragssatzes der Schweiz für das UNO-Budget; CHF 1.7 Mio. für die Arbeitslosenversicherung, da der Bund 2018 einen zu tiefen Beitrag geleistet hatte; CHF 1 Mio. für das IT-Programm Genova, die durch eine Verzögerung von sechs Monaten aufgrund von Stabilitätsmängeln der Software nötig geworden waren; CHF 430'000 aufgrund von Änderungen am Beitragsschlüssel der OECD; CHF 350'000 für die Bundesanwaltschaft, die durch die Untersuchungen im Disziplinarverfahren betreffend Bundesanwalt Michael Lauber nötig geworden waren; sowie CHF 300’000 für die Zollverwaltung aufgrund der Erhöhung des Frontex-Budgets.

Nachtrag II zum Voranschlag 2019
Dossier: Bundeshaushalt 2019: Voranschlag und Staatsrechnung

Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates prüfte als Organ der parlamentarischen Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung in der Folge des Postauto-Skandals, ob der Bundesrat und die zuständigen Departemente und Verwaltungseinheiten die Post und die PostAuto AG angemessen beaufsichtigt und gelenkt haben. Die GPK-SR führte dazu vom Bekanntwerden der Affäre im Februar 2018 bis zum September 2019 zahlreiche Anhörungen durch, befragte betroffene Akteure schriftlich und analysierte relevante Dokumente und Berichte.
Am 14. November 2019 veröffentlichte die GPK-SR ihren Bericht zur Postauto-Affäre. Die Kommission hielt fest, dass sie die «unrechtmässigen Vorgänge bei PostAuto aufs Schärfste verurteilt», gab aber auch an, dass der Bundesrat, das UVEK, das BAV und weitere Verwaltungseinheiten vor der Enthüllung des Postauto-Skandals eine «mangelhafte Aufsicht» über die PostAuto AG ausgeübt, gegenüber dem Unternehmen zum Teil widersprüchliche Positionen vertreten und damit den Skandal erst ermöglicht hätten. Mit Hinweis auf noch nicht abgeschlossene Verwaltungsstrafverfahren des fedpol regte die Kommission weitere Untersuchungen an. Neben diesbezüglichen Empfehlungen an den Bundesrat begründete die Kommission sieben parlamentarische Vorstösse, die einerseits die weitere Aufarbeitung des Skandals fördern, andererseits vor einer Wiederholung ähnlicher Vorkommnisse schützen sollten:
Mit der Motion «Bundesnahe Unternehmen» will die GPK-SR den Bundesrat beauftragen, zur strategischen Steuerung sowie zur Beaufsichtigung der bundesnahen Unternehmen einen ständigen Ausschuss einzurichten.
Das Postulat «Externe Untersuchung zur Aufsicht des BAV über PostAuto zwischen 2007 und 2015» verlangt vom Bundesrat die Eröffnung einer externen Untersuchung, sobald das Verwaltungsstrafverfahren von fedpol abgeschlossen ist. Damit soll die Rolle des Bundesamtes für Verkehr (BAV) in der Aufsicht über die Buchhaltung von PostAuto untersucht werden. Darüber hinaus soll die Notwendigkeit allfälliger Sanktionen oder Massnahmen ermittelt werden.
Ein weiteres Postulat der GPK-SR verlangt vom Bundesrat eine Gesamtbilanz der PostAuto-Affäre, wobei insbesondere erörtert werden soll, welche allgemeinen Lehren aus Eignersicht hinsichtlich des Corporate-Governance-Modells gezogen werden müssen, welche finanziellen Folgen die Affäre für den Bund hat und ob rechtliche Anpassungen notwendig sind.
Mit dem Postulat «Abklärungen über die finanzielle Unterstützung ausländischer Tochtergesellschaften von bundesnahen Unternehmen?» fragt die GPK-SR nach der Rechtmässigkeit von Finanzhilfen, welche die Post der CarPostal France gewährt habe, insbesondere hinsichtlich des Freihandelsabkommens von 1972 zwischen der Schweiz und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Allenfalls solle der Bundesrat Massnahmen vorschlagen, mit denen die Einhaltung des Abkommens durch alle bundesnahen Betriebe sichergestellt wird.
Das Postulat «Kompetenzverteilung im Bereich der Aufsicht über den regionalen Personenverkehr (RPV)» verlangt vom Bundesrat Abklärungen betreffend die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen im Bereich der Aufsicht über den RPV.
Mit dem Postulat «Gewinne im Bereich des subventionierten regionalen Personenverkehrs (RPV)» verwies die GPK-SR auf des Pudels Kern des Postauto-Skandals: Die Verwendung von Gewinnen im subventionierten RPV. Der Bundesrat soll prüfen, ob eine Revision der Rechtsgrundlagen betreffend die Verwendung von Gewinnen im subventionierten Bereich zweckmässig sei. Geprüft werden soll auch die Präzisierung des allgemeinen Verbots von Gewinnen im subventionierten RPV sowohl auf Gesetzesstufe wie auch in den strategischen Zielen bundesnaher Unternehmen.
Ein weiteres Postulat der GPK-SR verlangte vom Bundesrat zu prüfen, ob das Revisionsaufsichtsgesetzes (RAG) so angepasst werden soll, dass alle bundesnahen Unternehmen als «Gesellschaften des öffentlichen Interesses» anerkannt oder als solche behandelt würden.

Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates zur Postauto-Affäre
Dossier: Politische Folgen des Postauto-Skandals

Das der Untersuchung der GPK-SR entsprungene Postulat «Gesamtbilanz der Postauto-Affäre» verlangt vom Bundesrat, dass nach Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens des fedpol zur PostAuto-Affäre in einem Bericht dargelegt wird, welche allgemeinen Lehren der Bund aus Eignersicht für das Corporate-Governance-Modell ziehen muss. Zudem sollen die finanziellen Folgen der Affäre für den Bund aufgeführt und notwendige rechtliche Anpassungen erörtert werden.

Gesamtbilanz der Postauto-Affäre
Dossier: Politische Folgen des Postauto-Skandals

Das Postulat zur Kompetenzverteilung im Bereich der Aufsicht über den regionalen Personenverkehr (RPV) ist ein weiterer Vorstoss, der im Rahmen des Berichts der GPK-SR zur Postauto-Affäre von der GPK-SR eingereicht worden war. Der Bundesrat soll damit beauftragt werden, nach Abschluss der geplanten RPV-Reform zu prüfen, ob die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen im Bereich der Aufsicht über den RPV angepasst werden muss. Es soll zudem abgeklärt werden, ob den kantonalen Ämtern des öffentlichen Verkehrs oder den kantonalen Finanzkontrollen zusätzliche Aufsichtspflichten zu übertragen seien.

Kompetenzverteilung im Bereich der Aufsicht über den regionalen Personenverkehr (RPV)
Dossier: Politische Folgen des Postauto-Skandals

Bei der Publikation des Berichts der GPK-SR zum Postauto-Skandal reichte die Kommission im November 2019 das Postulat «Gewinne im Bereich des subventionierten regionalen Personenverkehrs» ein. Damit wollte die GPK-SR den Bundesrat auffordern, die Rechtsgrundlagen für die Verwendung von Überschüssen im subventionierten regionalen Personenverkehr (RPV) zu prüfen und allenfalls dem Parlament Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. Zudem soll der Bundesrat prüfen, ob eine ausdrückliche Präzisierung des allgemeinen Verbots, im subventionierten Bereich Gewinne zu erzielen, sowohl auf Gesetzesstufe als auch in den strategischen Zielen der bundesnahen Betriebe sinnvoll wäre.

Gewinne im Bereich des subventionierten regionalen Personenverkehrs
Dossier: Politische Folgen des Postauto-Skandals

An ihrer Sitzung im November 2019 äusserte sich die ständerätliche Verkehrskommission zur Änderung des Nationalstrassenabgabegesetzes. Der Bundesrat hatte im August 2019 – die Einführung einer freiwilligen E-Vignette beabsichtigend – eine entsprechende Botschaft verabschiedet. Die KVF-SR begrüsste die Einführung einer freiwilligen E-Vignette als richtigen Schritt. Die seit Jahren verschiedentlich vorgebrachte Idee einer elektronischen Vignette für die Nationalstrassenabgabe werde auf freiwilliger Basis eingeführt, was sehr bürgerfreundlich sei: Die Vignette könne sowohl im In- wie im Ausland online bestellt und bezahlt werden und auch der Mehraufwand bei einem Fahrzeugwechsel entfalle. Die Kommission beantragte ihrem Rat einstimmig, die Vorlage ohne Änderungen anzunehmen.

Freiwillige digitale Vignette
Dossier: Mobility-Pricing
Dossier: Elektronische Vignette (Nationalstrassenabgabe)

Wie in den Medien vorgängig bereits gemunkelt, eröffnete der Bundesrat Ende Oktober 2019 die Vernehmlassung für die Schaffung eines neuen Gasversorgungsgesetzes (GasVG). Gemäss den Ideen des Bundesrates soll eine Teilmarktöffnung des Gasmarktes Schweiz in die Wege geleitet werden. Demnach sollen künftig Grosskundinnen und -kunden mit einem jährlichen Verbrauch von mindestens 100 Megawattstunden ihren Gaslieferanten frei wählen können. Dies entspräche aktuell rund 70 Prozent des Gas-Gesamtvolumens – und damit mehr als mit der aktuell geltenden Verbändevereinbarung –, die künftig auf dem freien Markt beschafft werden könnten. Das Modell wäre somit mit jenem vergleichbar, das bereits in der Stromwirtschaft Anwendung gefunden hatte. Der Bundesrat schlug keine komplette Marktöffnung vor, da er mit einem Rückgang von fossilen Energieträgern in der Wärmeversorgung und mit der Stilllegung von gewissen Gasnetzen rechnete. Den Gemeinden, die meist Besitzer dieser Gasversorgungsunternehmen sind, könne mit einer Teilliberalisierung mehr Spielraum geboten werden, um den Umbau besser koordinieren zu können. Nebst der Teilmarktöffnung beinhaltete der Vorentwurf auch die Einführung des sogenannten Entry-Exit-Modells sowie der Festlegung der zuständigen Aufsichtsbehörde, wonach künftig die ElCom für die Überwachung des Gasmarktes zuständig sein und deshalb den neuen Namen Energiekommission EnCom erhalten soll. Von der im neuen Gasversorgungsgesetz für den Gasbereich konstruierten spezialisierten Marktordnung versprach sich der Bundesrat die Etablierung von mehr Rechtssicherheit, da derzeit einzig die Regelung in Artikel 13 Absatz 1 des veralteten Rohrleitungsgesetzes von 1963 als spezielle Rechtsgrundlage für den Gasmarkt diene. Die Vernehmlassung dauerte bis Mitte Februar 2020.

Marktöffnung Erdgasversorgung Schweiz / neues Gasversorgunsgesetz
Dossier: Erdgas Marktöffnung

Nach vier Jahren Durchführung wurde Ende 2019 das Projekt «Energy Challenge» planmässig eingestellt. Das aus Bundesmitteln und von privaten Sponsoren finanzierte Projekt habe in seiner Durchführung über vier Jahre hinweg gut CHF 40 Mio. gekostet, wie die «NZZ am Sonntag» Ende 2019 berichtete. Angefangen hatte die Kampagne 2016 mit einer feierlichen Eröffnung unter Begleitung von Energieministerin Doris Leuthard und Fussballstar Xherdan Shaqiri, die zusammen in Bern in die Pedale gestrampelt und so nicht nur Elektrizität, sondern vor allem auch ein starkes mediales Bild erzeugt hatten. Nebst der positiven Bilanz von «EnergieSchweiz» – mit der Kampagne hätten insgesamt 7.8 Millionen Menschen zum Energiesparen animiert werden können – äusserte die Aargauer Zeitung vor allem Kritik an der Vergabe staatlicher Aufträge zur Gesamtkoordination und Steuerung dieser nationalen Kampagne an eine private Agentur. Zwar sei die Vergabe des öffentlichen Auftrages für das erste Jahr 2016 gemäss dem Beschaffungsgesetz ausgeschrieben worden, für die Folgejahre sei es hingegen zu keiner öffentlichen Vergabe des Mandats mehr gekommen. Die in der Zeitperiode ansteigenden Bundesmittel seien dann als Subventionen an dieselbe private Agentur geflossen und sollten diese – gemäss gesetzlicher Definition von Subventionen – in ihrer selbst gewählten Aufgabe unterstützen. Das zuständige BFE erklärte, dass die «Energy Challenge» ursprünglich nur für ein Jahr vorgesehen gewesen sei, die private Agentur aber um eine Verlängerung der Durchführung ersucht habe, es sich deshalb um eine selbst gewählte Aufgabe von aussen und damit bei der Unterstützung des Bundes um eine Subvention handle. Energiekursskeptikerinnen und -skeptiker vonseiten der FDP sprachen von einer «Propagandamaschine» für die Energiestrategie 2050. Ein Ende der Kampagne hatte 2018 auch SVP-Vertreter Hansjörg Knecht (svp, AG) mittels Motion (Mo. 18.4066) gefordert, die allerdings unbehandelt blieb.

Energy Challenge (2015)
Dossier: Gebäudeprogramm; Reduktion des Energieverbrauchs ab 2000

Nach der Annahme eines Kompromisses zur letzten Differenz bei den Verpflichtungskrediten ab 2019 des Programms Agglomerationsverkehr im Ständerat konnte sich dieser Kompromiss auch in der Einigungskonferenz durchsetzen. Verändert wurde der Vorschlag aus der kleinen Kammer noch dahingehend, dass nicht nur übriggebliebene Mittel aus dem Programm 2019 für die Umfahrung Oberburg eingesetzt werden können, sondern auch nichtausgeschöpfte Mittel der beiden vorangegangenen Programme von 2010 und 2014. Bundesrätin Sommaruga sicherte im Plenum des Nationalrats am 24. September 2019 zu, dass damit die Finanzierung des Bundesanteils am Projekt gewährleistet sei. Der Antrag der Einigungskonferenz wurde von der grossen Kammer einstimmig mit 181 Stimmen (1 Enthaltung) angenommen.
Am Folgetag stimmte auch der Ständerat dem Antrag der Einigungskonferenz einstimmig zu, mit 38 Stimmen und ohne Enthaltungen.

Agglomerationsverkehr. Verpflichtungskredite für die Beiträge ab 2019
Dossier: Programme Agglomerationsverkehr

Die zweisprachige Signalisation auf Autobahnen ermöglichen wollte Nationalrat Manfred Bühler (svp, BE) mit einer im Herbst 2017 eingereichten Motion. Der Motionär störte sich insbesondere daran, dass bei der Eröffnung des Ostastes der Autobahnumfahrung von Biel nur deutsche Ortsname auf den Signalisationsschildern verwendet worden sind, obschon der französischsprachige Teil 40 Prozent der Bevölkerung Biels ausmache. Bei Ortschaftstafeln am Ortseingang gelte schliesslich auch die Regelung, dass beide Bezeichnungen verwendet werden, wenn die Sprachminderheit mindestens 30 Prozent der Bevölkerung betrage. Manfred Bühler forderte in seiner Motion die Übernahme dieser Regelung für die Signalisation auf Nationalstrassen und dementsprechende Gesetzes- und Verordnungsänderungen.
Zwar lehnte der Bundesrat eine Gesetzesänderung ab und begründete dies mit praktischen Hindernissen wie dem vorhandenen Platz auf Signalisationstafeln und der Verkehrssicherheit – er erklärte, die unübersichtliche Signalisation könne zu Verwirrung und damit zu Unfällen führen –, doch Bundesrätin Simonetta Sommaruga hatte Anfang Juli 2019 ihren Handlungsspielraum innerhalb der Signalisationsverordnung genutzt, um die zweisprachige Signalisation auf dem Bieler Ostast zu gewährleisten. Die Verkehrsministerin handelte dabei nicht nur unter dem Eindruck der Motion Bühler, sondern auch auf Ersuchen der Berner Kantonsregierung und der Stadt Biel.
Als die Motion Bühler im September 2019 in den Nationalrat kam, beantragte Bundesrätin Sommaruga mit Hinweis auf die erfolgte Anpassung in Biel die Ablehnung der Motion. Der Motionär hielt aber an seinem Anliegen fest. Zwar dankte er der Bundesrätin für das schnelle Handeln in Biel, dennoch wollte er eine Gesetzesänderung anstreben, um auch anderen Städten und Gemeinden eine zweisprachige Signalisation auf der Nationalstrasse zu ermöglichen. Der Nationalrat nahm die Motion mit 149 gegen 34 Stimmen (0 Enthaltungen) an.

Zweisprachige Signalisation auf Autobahnen ermöglichen

Nationalrätin Lisa Mazzone (gp, GE) nahm 2017 ein Anliegen auf, welches Jugendliche auf der Online-Plattform engage.ch, die vom Dachverband Schweizer Jugendparlamente betrieben wird, eingebracht hatten. Mit einer Motion forderte sie die Schliessung eines Autobahnabschnitts für den motorisierten Verkehr an mindestens einem Sonntag pro Jahr. Autofreie Sonntage hätten in der Schweiz eine lange Tradition, würden als positives Erlebnis aufgenommen und könnten grössere Bevölkerungskreise für Klimaschutzmassnahmen sensibilisieren.
Der Bundesrat empfahl die Motion zur Ablehnung, da die Sperrung eines Autobahnabschnitts zu Ausweichverkehr führe, was sowohl der Umwelt als auch der Verkehrssicherheit abträglich sei. Der Nationalrat folgte dieser Argumentation und lehnte die Motion im September 2019 mit 133 zu 52 Stimmen (bei 0 Enthaltungen) ab.

Schliessung eines Autobahnabschnitts an mindestens einem Sonntag pro Jahr

Mit einer Motion verlangte Nationalrätin Flückiger-Bäni (svp, AG) mehr Gratisparkplätze an Autobahnauffahrten. Dank diesen könnten vermehrt Fahrgemeinschaften gebildet werden, was die Strassen entlasten würde.
Der Bundesrat empfahl die Motion zur Ablehnung – die notwendigen Investitionen bei Landkauf, Erstellung und Betrieb liessen sich mit dem relativ kleinen Entlastungseffekt nicht rechtfertigen.
Mit 90 zu 87 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) wurde die Motion vom Nationalrat im September 2019 knapp abgelehnt. Aufgrund von vergleichsweise vielen Abwesenden in ihren Reihen reichten die Stimmen der (fast) geschlossen stimmenden SVP- und FDP-Fraktionen (sowie einer Person aus der CVP/EVP-Fraktion) nicht aus für eine Annahme des Vorstosses.

Mehr Gratisparkplätze an Autobahnauffahrten

Um die Differenz bei den Verpflichtungskrediten ab 2019 des Programms Agglomerationsverkehr möglichst noch in der Herbstsession zu bereinigen, war das Geschäft eine Woche nach der Behandlung im Nationalrat erneut im Ständerat traktandiert. Die Verkehrskommission schlug der kleinen Kammer einen Kompromiss vor: Die Umfahrung Oberburg sollte als integraler Bestandteil des Agglomerationsprogramms für Burgdorf anerkannt werden und für Mittel, die bei anderen Agglomerationsprogrammen übrig blieben, könnte vom Parlament zugunsten der Umfahrung Oberburg eine «Umwidmung» beschlossen werden, falls das Projekt weit fortgeschritten sei und die weiteren Projektphasen aufgrund fehlender Mittel behindert würden.
Ein Minderheitsantrag Luginbühl (bdp, BE) bat doch um Zustimmung zur Version des Nationalrates. Antragsführer Luginbühl begründete dies damit, dass der Kompromissvorschlag der Kommission insofern nicht tauge, als das Projekt bereits fertig entwickelt sei und die weiteren Projektphasen tatsächlich behindert würden, wenn nur übriggebliebene Mittel umgewidmet würden. Er warb für die bedingungslose Aufnahme des Projekts, wie der Nationalrat dies beschlossen hatte.
Der Rat folgte jedoch erneut seiner Kommission und nahm den Kommissionsvorschlag mit 25 zu 19 Stimmen (keine Enthaltungen) an.

Agglomerationsverkehr. Verpflichtungskredite für die Beiträge ab 2019
Dossier: Programme Agglomerationsverkehr

Als die Motion Candinas (cvp, GR) zur Einführung einer freiwilligen digitalen Vignette im September 2019 in den Ständerat kam, war das Parlament in der Zwischenzeit in dieser Sache vom Bundesrat überholt worden: Wie angekündigt hatte der Bundesrat im Sommer 2019 eine Botschaft zur Änderung des Nationalstrassenabgabegesetzes verabschiedet, in welcher es um die Einführung einer freiwilligen digitalen Vignette ging. Die Botschaft stützte sich einerseits auf die Motion KVF-SR (16.3009), die im Rahmen der Debatte zum Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds angenommen worden war und die Umstellung auf eine E-Vignette verlangte, andererseits nahm die Vorlage des Bundesrates die Forderung der Motion Candinas nach einer freiwilligen E-Vignette auf, weil die Vernehmlassungsresultate zur Umstellung auf die E-Vignette sehr kontrovers ausgefallen waren. In der Botschaft zur Änderung des Nationalstrassenabgabegesetzes wurde die Abschreibung der Kommissionsmotion 16.3009 beantragt.
Obschon die Motion Candinas damit eigentlich bereits erfüllt war, nahm die kleine Kammer die Motion diskussions- und oppositionslos pro forma noch an. Die Behandlung der Änderung des Nationalstrassenabgabegesetzes wird voraussichtlich in der Wintersession 2019 aufgenommen.

Freiwillige digitale Vignette
Dossier: Mobility-Pricing
Dossier: Elektronische Vignette (Nationalstrassenabgabe)

Mit einer Motion unter dem Titel «Verkauf und Ausschank von Alkohol auf Autobahnraststätten. Keine bedingungslose Liberalisierung!» wollte Nationalrätin Fehlmann Rielle (sp, GE) im September 2017 die Liberalisierung des Alkoholausschanks auf Autobahnraststätten begrenzen. Erst kurz zuvor, im Juni 2017, war die Liberalisierung des Alkoholausschankes auf Autobahnraststätten mit der Annahme einer Motion KVF-NR beschlossen worden. Die Motionärin wollte den Alkoholausschank und -verkauf an drei Bedingungen knüpfen: Es sollen nur vergorene Getränke erlaubt sein, nicht aber Spirituosen, der Konsum solle nur erlaubt sein, wenn dabei auch eine Mahlzeit eingenommen wird, und zwischen 20 und 8 Uhr sei weder der Verkauf noch der Konsum von Alkohol zuzulassen. Nationalrätin Fehlmann Rielle begründete ihre Motion mit der Sorge um die Verkehrssicherheit und damit, dass es «einen Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit eines Produkts und der Wahrscheinlichkeit seines Konsums» gebe.
Der Bundesrat empfahl die Motion zur Ablehnung, da die Motion der KVF-NR ohne derartige Einschränkungen angenommen worden sei und dem Bundesrat daher die Hände gebunden seien. Zudem wären die Bedingungen der Motion Fehlmann Rielle schwer umsetzbar.
Der Nationalrat lehnte die Motion im September 2019 mit 45 zu 129 Stimmen (bei 16 Enthaltungen) ab.

Verkauf und Ausschank von Alkohol auf Autobahnraststätten. Keine bedingungslose Liberalisierung!

Pannenstreifenumnutzungen mit vereinfachten Verfahren ermöglichen wollte Nationalrat Christian Imark (svp, SO) mit einer 2017 eingereichten Motion. Mittels Pannenstreifenumnutzungen sollten gemäss dem Motionär Engpässe im Nationalstrassennetz mit geringerem Aufwand behoben werden können, als dies mit regulären Ausbauschritten der Fall sei. Weil jedoch die ordentlichen Plangenehmigungsverfahren von «Querulantenverbänden» (Imark) gezielt dazu genutzt würden, mit übertriebenen Forderungen den Ausbau über Jahrzehnte zu blockieren, solle für Pannenstreifenumnutzungen kein ordentliches Plangenehmigungsverfahren notwendig sein, sondern ein vereinfachtes Verfahren durchgeführt werden können. Dies lasse sich rechtfertigen, weil die zur Umnutzung der Pannenstreifen notwendigen baulichen Massnahmen weit geringer seien als jene im ordentlichen Ausbau, so die Begründung des Motionärs.
Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion, da Pannenstreifenumnutzungen oftmals mit weiteren Arbeiten einhergingen, beispielsweise mit Lärmschutzmassnahmen, was ein ordentliches Plangenehmigungsverfahren doch notwendig mache. Umnutzungen von Pannenstreifen als lokale Verkehrsmanagement-Massnahmen ohne grössere bauliche Veränderungen würden hingegen ohnehin nicht dem nationalstrassenrechtlichen Plangenehmigungsverfahren unterliegen. Obschon Bundesrätin Sommaruga bei der Behandlung der Motion im Nationalrat im September 2019 ihren Willen bekundete, «rasch und unbürokratisch» mit temporären Umnutzungen ohne grössere bauliche Anpassungen umzugehen, nahm die grosse Kammer die Motion mit 115 gegen 75 Stimmen an (keine Enthaltungen).

Pannenstreifenumnutzungen mit vereinfachten Verfahren ermöglichen

Zwei Tage nach dem Ständerat verhandelte auch der Nationalrat erneut über die Verpflichtungskredite ab 2019 des Programms Agglomerationsverkehr. Nachdem der Ständerat an der Differenz festgehalten hatte, beantragte auch die Kommissionsmehrheit der KVF-NR Festhalten: Die umstrittene Umfahrung Oberburg war ursprünglich im Nationalrat auf Antrag der KVF-NR ins Programm aufgenommen worden und die Kommissionsmehrheit sah keinen Grund, von ihrer Haltung abzurücken. Ein Minderheitsantrag Hadorn (sp, SO) verlangte die Zustimmung zum Ständerat und damit das Fallenlassen der Umfahrung Oberburg. Gestritten wurde im Plenum hauptsächlich über den Baubeginn in Oberburg: Während Bundesrätin Sommaruga betonte, dass der Bau auch bei Aufnahme ins Programm nicht vor 2022/2023 beginne, vertrat Nationalrat Grunder (bdp, BE) die Ansicht, bei diesem Termin handle es sich um die sichtbaren Bauarbeiten, die Vorarbeiten inklusive dem Bau der Tunnelbohrmaschine würden sofort beginnen, weshalb eine Nicht-Aufnahme ins Agglomerationsprogramm eben doch zu Verzögerungen führen würde.
Obschon die Verkehrsministerin wie in bisher jeder Debatte zum Geschäft erneut die Wichtigkeit der Gleichbehandlung aller Regionen beschwor und bei der Umfahrung Oberburg eine Bevorzugung gegenüber Projekten in Schwyz, St. Gallen, Basel Stadt und Genf ausmachte, stimmte der Nationalrat mit 131 gegen 56 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) auch dieses Mal für Festhalten.

Agglomerationsverkehr. Verpflichtungskredite für die Beiträge ab 2019
Dossier: Programme Agglomerationsverkehr