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Die im Dezember 2012 eröffnete Vernehmlassung zur Änderung des Bundesgesetzes über den Strassentransitverkehr im Alpengebiet (Sanierung Gotthard-Strassentunnel) endete im April des Berichtjahrs. Zum Ende der Vernehmlassung übergaben die Alpen-Initiative und 30 weitere Organisationen und Parteien (darunter SP, Grüne, GLP, Junge CVP Uri) der Bundeskanzlei eine Petition gegen die zweite Röhre. In kurzer Zeit wurden rund 68'000 Unterschriften gesammelt. Mit der Petition sollte die Drohung eines Referendums unterstrichen werden. Ende Mai wurde der Bericht zum Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens vorgelegt. Es gingen dabei über 100 Stellungnahmen ein. Mit 57 Vernehmlassungsteilnehmern befürwortete eine knappe Mehrheit die Vorlage, 55 Teilnehmer lehnten sie ab und sieben Teilnehmer nahmen eine neutrale Haltung ein. Neben Uri lehnten die Kantone Bern, St.Gallen, Basel-Stadt, Genf, Waadt und Neuenburg die Vorlage ab, alle anderen Kantone befürworteten sie mit oder ohne Vorbehalte. Während Strassenverkehrsverbände, Handelskammern und Wirtschaftsverbände die Vorlage unterstützten, waren es hauptsächlich Umweltverbände und Verbände des öffentlichen Verkehrs, welche die Vorlage ablehnten. Bei den Parteien verlief der Graben zwischen Befürwortern und Gegnern durch die Mitte: FDP, BDP, CVP und SVP unterstützten die Vorlage; SP, GP und GLP sowie die CVP-Frauen waren dagegen. Ablehnend haben sich auch mehrere italienische und französische Umweltorganisationen geäussert. Ein Hauptargument der Befürworter war die Sicherheit, welche durch die Aufhebung des Gegenverkehrs nach erfolgter Sanierung massiv erhöht würde. Begrüsst wurde zudem, dass mit einer zweiten Röhre ein redundantes System geschaffen würde, welches die Nord-Süd-Verbindung der Strasse in jedem Fall gewährleiste. Die hohen Kosten wurden von den Befürwortern als akzeptabel eingeschätzt, da eine zweite Röhre einen bleibenden Mehrwert schaffen würde. Eine zweite Röhre führe zu einer vergleichsweise kurzen Sperrzeit des Strassentunnels, was vor allem den Tourismusverbänden wichtig war. Die Schweizerische Post äusserte Bedenken, dass sie ohne zweite Röhre durch die längere Sperrzeit ihrer Aufgabe der Grundversorgung nur eingeschränkt nachkommen könnte. Die Verfassungsmässigkeit der Vorlage wurde von den Befürwortern nicht bezweifelt, da mit der Beschränkung auf jeweils eine Spur in beiden Röhren keine Kapazitätserhöhung stattfinde und damit kein Konflikt mit dem Alpenschutzartikel vorliege. Vernehmlassungsteilnehmer, welche die Vorlage unter Vorbehalten befürworteten, forderten in ihrer Antwort, dass eine Kapazitätserhöhung nicht stattfinden dürfe, am Verfassungsauftrag der Verkehrsverlagerung festgehalten werde und die Finanzierung der zweiten Röhre nicht zu Lasten von anderen Projekten insbesondere im Agglomerationsverkehr gehen dürfe. Der Kanton Aargau beantragte, dass die Spurbeschränkung in einem Abkommen mit der EU festgehalten werde. Von den Gegnern der Vorlage wurde die Verfassungsmässigkeit der Vorlage hingegen bestritten: Mit einer zweiten Röhre würde die Kapazität physisch verdoppelt, auch wenn die Nutzung per Gesetz auf eine Spur beschränkt würde. Es wurde befürchtet, dass die Beschränkung nicht dauerhaft sei bzw. unter Druck nicht aufrecht erhalten werden könnte. Für die GLP, die SP und die CVP-Frauen wäre eine Kapazitätserhöhung mit dem besseren Verkehrsfluss und den kürzeren Sperrzeiten bereits gegeben. Die GP forderte vom Bundesrat eine verfassungskonforme Vorlage. Mehrere Gegner (so etwa die Kantone Uri und Bern, der Schweizerische Gewerkschaftsbund oder die EVP) führten an, dass sich die Stimmbürger schon mehrfach gegen eine zweite Röhre und für die Verkehrsverlagerung ausgesprochen hätten. Weiter wurde die Mittelkonkurrenz erwähnt: Die Kantone Genf und Waadt und die GLP fanden, dass die hohen Kosten einer zweiten Röhre angesichts des grossen Bedarfs an Mitteln im Agglomerationsverkehr nicht gerechtfertigt seien. Die Einführung von Tunnelgebühren am Gotthard zur Finanzierung der Sanierung bzw. zum Bau der zweiten Röhre wurde grossmehrheitlich abgelehnt. Am 13. September des Berichtjahres legte der Bundesrat seine Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über den Strassentransitverkehr im Alpengebiet vor. Die Regierung hielt darin an der Sanierungsvariante mit zweiter Röhre fest und betonte ihren Willen, die Beschränkung auf eine Spur je Richtung per Gesetz festzuschreiben. Bei einer Ablehnung der Vorlage im Parlament oder durch ein Referendum würde die Sanierung ohne zweite Röhre mit einer langen Sperrzeit des Strassentunnels durchgeführt. Das Geschäft wird in der Frühjahrssession 2014 im Ständerat (Erstrat) behandelt.

Sanierung Gotthard-Strassentunnel (13.077)
Dossier: Sanierung des Gotthard-Strassentunnels

Bereits im April des Berichtjahres eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung zum Bundesbeschluss über das zweite Programm zur Beseitigung von Engpässen im Nationalstrassennetz. Der Bundesrat ist durch das Infrastrukturfondsgesetz verpflichtet, den Räten alle vier Jahre ein aktualisiertes Programm zur Engpassbeseitigung vorzulegen. Wie im ersten Programm von 2009 hielt der Bundesrat an der Einteilung der Ausbauprojekte nach Priorität in vier Module fest. Aufgrund der nach oben korrigierten Stauprognosen wollte der Bundesrat drei zusätzliche Projekte im Umfang von CHF 995 Mio. ins Modul 1 aufnehmen: Es sind Projekte zwischen Meyrin/Vernier und Le Vengeron (GE), Luterbach und Härkingen (SO) sowie Andelfingen und Winterthur (ZH). Später umgesetzt werden sollen die Projekte des Moduls 2 (CHF 3.2 Mrd.) und planerisch weiter zu verfolgen sind die Projekte des Moduls 3 (CHF 6 Mrd.). Es handelt sich dabei hauptsächlich um Projekte in städtischen Gebieten und Agglomerationen. Das Programm stiess bei den Vernehmlassungsteilnehmern grösstenteils auf Zustimmung, insbesondere die Massnahmen des Moduls 1 waren mehrheitlich unumstritten. Von den Parteien haben FDP, CVP und SVP das Programm insgesamt positiv aufgenommen. Die GLP ist mit der vorgeschlagenen Engpassbeseitigung einverstanden, sofern vorab Massnahmen zur Verkehrsvermeidung ergriffen würden und sichergestellt sei, dass die Infrastruktur optimal genutzt werde. Die SP hielt fest, dass sie dem Infrastrukturfondsgesetz mit Blick auf die Agglomerationsprogramme zugestimmt habe, und dass die vorgeschlagenen Massnahmen zur Engpassbeseitigung die Verkehrsprobleme eher verschärfen als vermindern würden. Die Befürchtung, dass die Beseitigung von Engpässen das Verkehrsaufkommen erhöhen und damit an anderen Stellen zu Problemen führen, teilen strassenverkehrskritische und umweltpolitische Verbände und Organisationen, aber auch der Kanton Freiburg wies auf diese Problematik hin. Aus den Kantonen kamen viele Vorschläge zur Umteilung von Projekten in höher priorisierte Module bzw. zur Aufnahme von weiteren Projekten. Nicht einverstanden mit dem Programm war der Kanton Tessin, welcher bemängelte, dass die Kriterien für die Priorisierung zu wenig klar und mögliche Alternativen zu den Projekten nicht berücksichtigt worden seien. Der Kanton Tessin schlug vor, die Engpassbeseitigungsvorlage in die Vorlage zum Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds NAF aufzunehmen. Besonders aus der Ostschweiz kamen viele zustimmende Antworten aus Parteien, Kantonen, Gemeinden und Verbänden, die meisten davon zeigten sich erfreut über die Umteilung der dritten Röhre des Rosenbergtunnels (SG) von Modul 3 in Modul 2. Der Bundesrat will die Vorlage bis zum März 2014 dem Parlament vorlegen.

Zweites Programm zur Beseitigung von Engpässen im Nationalstrassennetz 2013 (14.027)
Dossier: Zweites Programm zur Beseitigung von Engpässen im Nationalstrassennetz (seit 2013)

Unter der Führung des Bruders des verstorbenen Giuliano Bignasca, Attilio Bignasca, versuchte die Lega an ihre Wurzeln anzuknüpfen. Anfang der 1990er Jahre fuhren Legisthi aus Protest gegen das damals verhängte sommerliche Tempolimit im Schneckentempo auf der Autobahn von Airolo nach Chiasso. Diese „Karawane der Freiheit“ sollte am 26. Juli des Berichtjahrs von Attilio Bignasca erneut in Gang gesetzt werden. Diesmal wollte die Lega gegen die geplante Erhöhung der Gebühren für die Autobahnvignette auf CHF 100 die „Gerichtsvollzieher aus Bern“ aufscheuchen. Die Aktion wurde allerdings ein Flop, weil sich lediglich 20 Autos in die Karawane einreihten.

Karawane der Freiheit

Ende Mai begann die Unterschriftensammlung für drei weitere nationale Volksinitiativen, dem 3er-Paket der Auto-Partei. Eine der drei Initiativen fordert, dass vom Strassenverkehr generierte Gelder nur für den Strassenverkehr verwendet werden dürfen und dass die Abgaben reduziert werden müssen, sobald CHF 3 Mrd. an Mitteln vorhanden seien. Dieser Passus solle sicherstellen, dass das vorhandene Geld auch investiert werde. Eine weitere Initiative im Paket fordert den Ausbau des Nationalstrassennetzes: Stauanfällige Strecken sollen auf sechs Spuren ausgebaut werden. Die dritte Initiative im Paket will die Tempolimiten auf Autobahnen auf 130 Km/h und ausserorts auf 100 Km/h erhöhen.

3er-Paket (Volksinitiativen)

Ende Mai startete die Autopartei unter dem Namen Das 3er Paket mit der Sammlung von Unterschriften für gleich drei Volksinitiativen. Die Initiative „Ja zu vernünftigen Tempolimiten“ fordert eine Tempolimitenerhöhung auf 130 km/h auf Autobahnen und auf 100 km/h ausserorts. Die Initiative „Freie Fahrt statt Mega-Staus“ will das Autobahnnetz massiv ausbauen. Gefordert wird unter anderem auch ein Ausbau des Gotthardtunnels auf mindestens vier Spuren. Das dritte Begehren mit dem Titel „Strassengelder gehören den Strassen“ fordert – wie die bereits von Autoimporteuren lancierte „Milchkuhinitiative“ – dass Strassengebühren nur für den Strassen- und nicht für den öffentlichen Verkehr verwendet werden. Zusätzlich wird eine Reduktion der Gebühren verlangt. Parteipräsident Jürg Scherrer zeichnet für die Initiativen verantwortlich.

Dreierpaket der AP für den Strassenverkehr

Ein weiteres zentrales Thema in der Verkehrspolitik war die Sanierung des Gotthard-Strassentunnels. Im Parlament wurden dazu verschiedene Vorschläge eingebracht und auch private Stimmen meldeten sich in der öffentlichen Diskussion zu Wort. Mit der Wahl der Variante „2. Röhre ohne Kapazitätserweiterung“ vollzog der Bundesrat eine Kehrtwende, von der viele Akteure überrascht wurden. Die bundesrätliche Absicht dürfte im Folgejahr bekämpft werden.

Diskussion bei der Sanierung des Gotthard-Strassentunnels 2012
Dossier: Sanierung des Gotthard-Strassentunnels

Zu Jahresbeginn unterbreitete der Bundesrat dem Parlament seine Botschaft zur Anpassung des Bundesbeschlusses über das Nationalstrassennetz und zu dessen Finanzierung. Die Vorlage umfasst die Übernahme von rund 376 Kilometern bestehender Strassen ins Nationalstrassennetz, Finanzierungsmassnahmen für die damit verbundenen Mehrausgaben des Bundes und die Aufnahme von zwei Netzergänzungen zur Engpassbeseitigung. 387 Kilometer bestehende Strassenverbindungen in Agglomerationen und peripheren Landesteilen sollen aufgenommen werden, die 11 Kilometer lange Verbindung zwischen Bargen und Schaffhausen soll hingegen aus dem Nationalstrassennetz entlassen werden, da sie nicht mehr von nationaler Bedeutung sei. Für Betrieb und Unterhalt der dem Nationalstrassennetz zugeschlagenen Strassen rechnet der Bund mit jährlichen Mehraufwendungen von CHF 305 Mio. Rund CHF 30 Mio. will der Bund an Beiträgen sparen, welche die Kantone nicht mehr als Beiträge an die vom Bund übernommenen Strassen erhalten. Mit der Erhöhung des Preises für die Autobahnvignette von CHF 40 auf neu CHF 100 pro Jahr sollen die fehlenden CHF 275 Mio. finanziert werden. Die Erhöhung des Vignettenpreises war sehr umstritten: So stellte die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates mit 8 gegen 8 Stimmen bei 8 Enthaltungen und mit Stichentscheid des Präsidenten den Antrag, den Preis der Autobahnvignette nicht auf CHF 100, sondern nur auf CHF 70 zu erhöhen. Im Plenum des Nationalrats wurden weitere Anträge diskutiert: Der Antrag Baader (svp, BL) forderte Nichteintreten auf die Vorlage 2 (Finanzierung), da der Preis für die Autobahnvignette nicht erhöht werden dürfe. Das Plenum folgte dem Antrag nicht und trat auf alle vier Teile der Vorlage ein. Die SVP-Fraktion vertrat in der Debatte den Minderheitenantrag II Wobmann (svp, SO), der eine Erhöhung des Vignettenpreises generell ablehnt und bei CHF 40 bleiben will. Die SP-Fraktion unterstützte den Kommissionsantrag, den Vignettenpreis nur auf CHF 70 statt auf CHF 100 zu erhöhen. Die Grünen und die Grünliberalen votierten ebenfalls für CHF 70. Der Minderheitenantrag Teuscher (gp, BE) sieht unabhängig vom Preis der Vignette vor, dass dieser alle fünf Jahre an die Teuerung angepasst wird. Dieser Antrag blieb jedoch chancenlos, da die Anpassung an die Teuerung zu unerwünscht ungeraden Beträgen führen würde. Die FDP-, CVP/EVP- und BDP-Fraktionen unterstützten den Minderheitenantrag I Amherd (cvp, VS) bzw. die Kommissionsminderheit, welche dem bundesrätlichen Vorschlag folgen und die Preiserhöhung auf CHF 100 festsetzen wollte. Im Plenum setzte sich schliesslich die Erhöhung des Vignettenpreises auf CHF 70 durch. Der Ständerat folgte hingegen dem bundesrätlichen Entwurf und stimmte mit grosser Mehrheit für einen Vignettenpreis von CHF 100. In der Differenzbereinigung blieben sich die Räte treu, der Nationalrat beharrte weiterhin auf einem Preis von CHF 70, der Ständerat hiess die Erhöhung auf CHF 100 erneut gut. Das Geschäft wird 2013 im Nationalrat weiterverhandelt.

Anpassung des Bundesbeschlusses über das Nationalstrassennetz (12.018)
Dossier: Nationalstrassenabgabegesetz (NSAG)

Im Februar 2012 reichte die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats (KVF-NR) ein Postulat ein, welches vom Bundesrat die Gegenüberstellung zweier Varianten der Sanierung des Gotthard-Strassentunnels verlangt: Die Sanierung ohne zweite Röhre und die Sanierung mit einer kapazitätsneutralen zweiten Gotthardröhre. Der Bundesrat beantragte Anfang April die Annahme des Postulats und kündete einen konkreten Entscheid zum weiteren Vorgehen bei der Sanierung des Gotthardstrassentunnels für Mitte 2012 an. Das Postulat wurde im September des Berichtsjahrs überwiesen. Ebenfalls im Februar des Berichtjahres erlangte eine Studie der Economiesuisse viel Aufmerksamkeit, welche darlegte, wie eine zweite Röhre am Gotthard von Privaten finanziert und betrieben werden könnte. Neben der privaten Finanzierung stand vor allem die in der Studie errechnete notwendige Maut von CHF 14 - 21 pro Durchfahrt im Zentrum des Interesses. Während FDP und BDP sich der Idee gegenüber offen zeigten, lehnten die anderen Parteien den Vorschlag ab. Die CVP führte an, das Stimmvolk habe sich schon mehrfach gegen eine zweite Röhre geäussert. Die GLP ortete in der privaten Maut am Gotthard Rosinenpickerei. Die SVP lehnte die private Finanzierung mit der Begründung ab, die Autofahrer dürften nicht erneut zur Kasse gebeten werden. Am 27. Juni teilte der Bundesrat entgegen seiner bisher ablehnenden Haltung mit, dass die Sanierungsvariante mit einer zweiten Röhre (aber ohne Kapazitätserweiterung) bezüglich Aufwand, Kosten und Sicherheit die langfristig sinnvollste Lösung sei. Der Bundesrat will den Alpenschutzartikel mit einer gesetzlich verankerten Beschränkung auf eine Fahrspur pro Richtung wahren. Für diese Variante spricht laut Bundesrat die Nachhaltigkeit der Investitionen: Während teure flankierende Massnahmen bei der Sanierung ohne zweite Röhre nach der Sanierung keinen Mehrwert hinterlassen, bietet die teurere Variante mit einer zweiten Röhre nach der Sanierung einen bleibenden grossen Vorteil in der Sicherheit und im Unterhalt. Die neue Tunnelröhre kann bestenfalls 2017 in Betrieb genommen werden, die alte Röhre wird im Anschluss während rund zweieinhalb Jahren saniert. Danach sollen beide Röhren je einspurig in je eine Richtung geöffnet werden. Der Entscheid des Bundesrates provozierte ein breites mediales Echo. So schrieb etwa die NZZ in einem Kommentar, der Bundesrat riskiere am Gotthard einen Dammbruch und erteile einer effizienten Verkehrspolitik eine Absage. Das bürgerliche Lager mit CVP, SVP und FDP begrüsste die Sanierungsvariante mit zweiter Röhre und die Wirtschaftsverbände zeigten sich erfreut. SP und Grüne sowie der VCS und die Alpen-Initiative lehnten die zweite Röhre ab und kritisierten den Entscheid als falsch, blauäugig und den Volkswillen verachtend. Während das Tessin mit Genugtuung auf den Entscheid reagierte, dominierte in Uri Enttäuschung. Städte und Agglomerationen äusserten Bedenken, dass durch den Bau einer zweiten Röhre die finanziellen Mittel für andere wichtige Strasseninfrastrukturprojekte fehlen werden. Das UVEK eröffnete im Dezember 2012 eine Vernehmlassung, welche bis April 2013 dauert.

Gegenüberstellung einer Sanierung des Gotthard-Strassentunnels und einer kapazitätsneutralen zweiten Gotthardröhre (12.3016)
Dossier: Sanierung des Gotthard-Strassentunnels

Im März des Berichtjahres reichte die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-NR) eine Motion ein, welche den Bundesrat mit der Erarbeitung einer Vorlage für ein strategisches Entwicklungsprogramm zur Strasseninfrastruktur beauftragt. Mit dem Strategischen Entwicklungsprogramm Bahninfrastruktur (Step) sowie der Vorlage Finanzierung und Ausbau Eisenbahninfrastruktur (Fabi) seien Entwicklung und Finanzierung der Eisenbahninfrastruktur vorgezeichnet. Eine Mehrheit in den Räten fand, dass ein ebenbürtiges Programm für die Strasseninfrastruktur notwendig sei, damit das Parlament beide Vorlagen auf dem gleichen konzeptionellen Stand beraten kann. Konkret soll der Bundesrat die bis 2030 anstehenden Ausbauprojekte (inklusive Hauptstrassen) sowie deren Finanzierung aufzeigen. Der Nationalrat überwies die Motion im Mai, der Ständerat im September des Berichtjahres.

strategisches Entwicklungsprogramm für die Strasseninfrastruktur (12.3329)
Dossier: Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF)

Im Juni überwies der Nationalrat entgegen des Antrages des Bundesrates ein Postulat Wasserfallen (fdp, BE), welches vom Bundesrat einen Bericht zum Handlungsbedarf des Bundes zur Verflüssigung des Verkehrs fordert. Der Postulant begründete das Postulat mit den zusätzlichen Emissionen, welche durch Verkehrsberuhigungen und Staus entstehen. Bundesrätin Leuthard argumentierte in der Diskussion erfolglos, dass die meisten Punkte des Postulats in verschiedenen Konzepten sowie im 2011 mit grosser Mehrheit angenommenen Postulat Hany (cvp, ZH; zum Staumanagement auf den Nationalstrassen mithilfe des Pannenstreifens) (11.3597) bereits in Arbeit seien.

Postulat zur Verflüssigung des Verkehrs (10.3417)

Das 2010 eingereichte Postulat Amherd (cvp, VS) zur Aufnahme der Lötschbergachse ins Nationalstrassennetz wurde in der Sommersession des Berichtsjahres im Nationalrat verhandelt. Das Postulat fordert die Aufnahme des Strassenabschnitts zwischen Spiez und Gampel/Steg inklusive Autoverlad Kandersteg-Goppenstein ins Nationalstrassennetz. Verkehrsministerin Leuthard wehrte sich im Plenum ohne Erfolg gegen die artfremde Übernahme eines Schienenabschnitts in das Nationalstrassennetz: Das Plenum überwies das Postulat mit 71 gegen 58 Stimmen.

Aufnahme der Lötschbergachse ins Nationalstrassennetz (10.3357)

Der Präsident der Autopartei, Jürg Scherrer, kündigte im Berichtsjahr gleich drei Volksinitiativen an, mit denen die einst erfolgreiche Einthemenpartei wieder von sich reden machen soll. Die Begehren fordern den Ausbau des Autobahnnetzes, die Verwendung des Reinertrags der Mineralölsteuer alleine für den Strassenverkehr sowie höhere Tempolimiten. An der Delegiertenversammlung vom 19. Mai hiessen die Abgeordneten die Pläne ihres Präsidenten gut. Im Berichtjahr wurden die Begehren allerdings noch nicht lanciert.

Dreierpaket der AP für den Strassenverkehr

Als Reaktion auf die Konferenz der Verkehrsminister der Alpenländer in Leipzig und insbesondere auf deren Ankündigung, frühestens per 2025 ein Verkehrsmanagement-Instrument einzuführen, verabschiedete der Verein Alpen-Initiative eine Resolution. Darin wird der Bundesrat aufgefordert, eine neue Verhandlungsstrategie zu entwickeln, um die Verkehrsverlagerung gemäss Verlagerungsgesetz bis 2018 zu erfüllen. Die betroffenen Regionen seien direkt an den Verhandlungen zu beteiligen. Eine zweite Forderung betrifft die Sanierung des Gotthard-Strassentunnels: Diese sei ohne den Bau einer zweiten Röhre vorzunehmen. Die Begrenzung der Strassenkapazität sei das bislang einzige wirksame Instrument, um die Lastwagenflut aus der EU abzuhalten.

Resolution der Alpen-Initiative bezüglich der Verkehrsverlagerung

Im März des Berichtjahrs nahm der Nationalrat eine Motion Jenny (svp, GL) an, die im September 2011 bereits vom Ständerat überwiesen worden war. Unter dem Titel „Keine Elefantenrennen auf Autobahnen“ fordert die Motion ein Überholverbot für LKW auf Autobahnen, welches zeitlich und räumlich differenziert werden kann. Der Minderheitenantrag Müri (svp, LU) forderte im Namen der SVP-Fraktion die Ablehnung der Motion: Ein Überholverbot schikaniere die Lastwagenfahrer. Die meisten der 33 Nein-Stimmen stammten denn auch von der SVP-Fraktion.

"Keine Elefantenrennen auf Autobahnen" (Überholverbot für LKW) (11.3661)

In der Botschaft zum Bundesbeschluss über das Nationalstrassennetz beantragte der Bundesrat die Übernahme von 376 Kilometern bereits bestehender Kantonsstrassen ins Nationalstrassennetz. Daneben nahm der Bundesrat aber auch Ausbauvorhaben in den Beschluss auf: Die Zürcher Oberlandautobahn, die Umfahrungen von Le Locle und La Chaux-de-Fonds, die Glatttal-Autobahn sowie die Umfahrung von Morges. Unmut erzeugte die Botschaft in Genf, da darin der dort geforderten Seeunterquerung zur Umfahrung der Stadt nicht die gleiche Priorität zugesprochen wurde wie der Umfahrung von Morges und der Glatttal-Autobahn.

Anpassung des Bundesbeschlusses über das Nationalstrassennetz (12.018)
Dossier: Nationalstrassenabgabegesetz (NSAG)

In der Wintersession überwies der Nationalrat mit 169 zu 11 hauptsächlich grünen Stimmen ein Postulat Hany (cvp, ZH), das im Herbst noch bekämpft worden war. Als Lösungsansatz für ein verbessertes Verkehrsmanagement in Stausituationen verlangt es vom Bundesrat die Prüfung einer lokalen Umnutzung von Pannenstreifen zu Fahrspuren. Ende Jahr wurde das Postulat von Viola Amherd (cvp, VS) übernommen.

Strassenmanagement auf den Nationalstrassen mithilfe des Pannenstreifens (11.3597)

Stillschweigend überwies die Grosse Kammer ein Postulat Darbellay (cvp, VS), das eine Eignungsprüfung der Bahn- und Autobahninfrastruktur zur Installation von Photovoltaikanlagen wünscht.

Solarstrom an Autobahn- und Eisenbahninfrastruktur (11.4017)

Auf Anregung der ständerätlichen KVF, die alle Vorstösse zum Verkehrsregime während der geplanten Sanierung zurückstellte (Mo. 10.3878 Lombardi (cvp, TI) und St.Iv. (TI) 10.3001, die beide den Bau einer zweiten Röhre fordern), um diese gebündelt in die für 2012 geplante Bundesratsvorlage einfliessen zu lassen, bestellte das Astra im Frühjahr beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) einen Bericht zu den „Regionalwirtschaftlichen Auswirkungen von Varianten zur Sanierung des Gotthard-Strassentunnels“. Dieser sollte die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der drei diskutierten Sanierungsvarianten (Vollsperrung ohne Sommeröffnung, Vollsperrung mit Sommeröffnung sowie Bau einer zweiten Röhre vor Beginn der Sanierung) ausloten, mit denen die zwei Anrainerkantone Tessin und Uri sowie die Kantone an den potenziellen Ausweichrouten (Graubünden und Wallis) zu rechnen hätten. Die Studie errechnete für die erste Variante den grössten, für die dritte den geringsten Wertschöpfungsverlust. Im Tessiner Tourismus, im Urner Geschäftsverkehr und im Gewerbe an den Zubringern zum Strassentunnel (Raststätten, Tankstellen usw.) wären lokal vereinzelte Härtefälle nicht zu vermeiden. Mit Beeinträchtigungen hätten auch die spezialisierte Logistikbranche, der Frischwarentransport Richtung Norden und Wachstumsbranchen mit hohem Standortwettbewerb zu rechnen. Die Investitions- und Betriebsausgaben wurden von der Seco-Studie für die erste Variante bei CHF 1,2, die zweite bei CHF 1,3 und die dritte bei CHF 2,7 Mrd. geschätzt. (Siehe auch die Artikel zu den Diskussionen in den Jahren 2009 und 2010.)

Bericht des Seco zu den "Regionalwirtschaftlichen Auswirkungen von Varianten zur Sanierung des Gotthard-Strassentunnels" 2011
Dossier: Sanierung des Gotthard-Strassentunnels

In Beantwortung eines Postulats der KVF-SR hatte der Bundesrat Ende 2010 seinen Grundlagenbericht zu den anstehenden Sanierungs- und Instandsetzungsarbeiten am Gotthard-Strassentunnel präsentiert. Während der Zeitplan (2020–2050) weitgehend unbestritten war, gaben die Frage nach dem Sinn und Zweck einer zweiten Tunnelröhre sowie deren Vereinbarkeit mit dem Alpenschutzartikel Anlass zu heftigen Diskussionen. Unterstützt von VCS, WWF und weiteren Umweltschutzorganisationen propagierte die Alpeninitiative die komplette und dauerhafte Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene, begleitet von einem Fahrverbot für überregional verkehrende Lastwagen zwischen Biasca und Erstfeld sowie einem Verladeshuttle für PKWs auf der alten Bahnstrecke zwischen Airolo und Göschenen. Der Bundesrat hielt im Bericht fest, den kostspieligen Bau einer zweiten Röhre, dessen Investitionskosten das Bundesamt für Strassen (Astra) auf CHF 2 Mrd. (bei jährlichen Unterhaltskosten CHF von 10 Mio.) schätzt, mit seinem Verlagerungskonzept (Güter durch den neuen Eisenbahn-Basistunnel, Personen durch den Eisenbahn-Scheiteltunnel) vermeiden zu wollen. Zudem wies die Regierung auch auf die möglichen verfassungsrechtlichen Konsequenzen einer zweiten Strassentunnelröhre in Bezug auf den Alpenschutzartikel hin. Wirtschaftskreise und mit ihnen viele bürgerliche Politiker aus den hauptsächlich vom Transitverkehr betroffenen Kantonen sahen bei einer richtungsgetrennten, einspurigen Verkehrsführung keinen Widerspruch zum Alpenschutzartikel und forderten den Bau einer zweiten Tunnelröhre (dessen Baukosten sie auf die Hälfte des vom Astra errechneten Betrags schätzten) vor Beginn der Sanierungsarbeiten. Im Verlauf des Berichtsjahrs tendierten die Tessiner, Urner und Bündner Regierungen verstärkt zur Option zweite Röhre. Dabei betonten die beiden Letzteren, am Alpenschutzartikel festhalten zu wollen. Die Bündner Regierung drohte für den Fall der Vollsperrung des Strassentunnels mit der Kontingentierung von Güterfahrten auf der A13 am San Bernardino. Das Gotthard-Komitee, die Interessengemeinschaft der 13 Kantone und der Wirtschaft entlang der Gotthard-Achse, vermochte im Sommer des Berichtsjahrs keinen Entscheid für oder gegen den Bau eines zweiten Strassentunnels zu fällen.

Postulat der KVF-SR zur Sanierung des Gotthard-Strassentunnels (09.3000)
Dossier: Sanierung des Gotthard-Strassentunnels

Nach Ablauf der unbenutzten Referendumsfrist für die Revision des Bundesgesetzes über die Abgabe für die Benützung von Nationalstrassen, setzte der Bundesrat das neue Gesetz auf den 1.12.2011 in Kraft. Demnach wurde unter anderem die Busse für das Befahren der Nationalstrassen ohne Vignette von CHF 100 auf CHF 200 heraufgesetzt.

Nationalstrassenabgabegesetz (08.012)
Dossier: Elektronische Vignette (Nationalstrassenabgabe)

Mit dem Urner Plebiszit war der Bau einer zweiten Röhre allerdings nicht vom Tisch. Insbesondere die Tessiner Regierung und das Komitee für den Ausbau des Gotthard-Tunnels forcierten die Diskussion über die Notwendigkeit eines neuen Strassentunnels. Hervorgehoben wurde ein Bericht des Basler Instituts für Wirtschaftsstudien, der zum Schluss kommt, dass der Bau einer zweiten Röhre als Vorbereitung auf die Sanierung der bestehenden Strassenverbindung unumgänglich sei. Der Bericht monierte insbesondere die Vernachlässigung der indirekten Kosten (verursacht durch den Umwegverkehr im Fall einer Totalsperrung während der Sanierungsarbeiten) im bundesrätlichen Grundlagenbericht.

Bericht des Basler Institut für Wirtschaftsstudien
Dossier: Sanierung des Gotthard-Strassentunnels

Im Zusammenhang mit der Ausgestaltung der Nordumfahrung bei Zürich hatten die Räte über die in beiden Kammern eingereichten Zwillingsmotionen Gutzwiller (fdp, ZH)/Schibli (svp, ZH) (09.4152 / 09.4142) sowie eine Kompromissmotion der KVF-NR zu befinden. Die Zwillingsmotionen forderten den Bau der 270 m langen Überdeckung der Nordumfahrung bei Weiningen, die im Planbewilligungsverfahren des Astra zum Gesamtprojekt ausgeklammert worden war. Der Bundesrat lehnte beide Motionen mit dem Hinweis ab, dass bereits das vom Kanton Zürich unterbreitete und vom Bundesrat im Herbst 2007 genehmigte Vorprojekt das Anliegen Weiningens nicht berücksichtigt hatte. Neben finanziellen Vorbehalten aufgrund von Mittelknappheit im Infrastrukturfonds ab 2016 äusserte die Regierung auch Sicherheitsbedenken: Gemäss Astra-Experten sei es nicht möglich, innerhalb der gebotenen Frist eine in Bezug auf die Verflechtungs- und Einspurstrecken sicherheitskonforme Überdeckung der Autobahn zu realisieren. Zudem zeige die Gemeinde Weiningen wenig Bereitschaft, auf die Lösungsvorschläge des Bundes einzugehen. Beide Räte folgten zwar dem Bundesrat in der Ablehnung der durch die Zwillingsmotionen eingebrachten Weininger Maximalforderung, überwiesen aber deutlich (im Nationalrat mit 119 zu 36, im Ständerat mit 21 zu 4 Stimmen) – und gegen den Willen des Bundesrats – die Motion der KVF-NR, welche die neuerliche Evaluation einer Überdeckungslösung und von allen beteiligten Akteuren die Ausarbeitung einer zeit- und kostenneutralen Kompromisslösung zwischen den Lärmschutzanliegen Weiningens und den nötigen Sicherheitsanforderungen verlangt.

Überdeckung Weiningen im Zusammenhang mit dem Ausbau der Nordumfahrung Zürich (11.3003)

Unter Betonung der touristischen Relevanz und Umweltfreundlichkeit von Reisebussen aufgrund ihrer im Vergleich zum Privatverkehr erzielten höheren Transportkapazitäten, verlangte eine Motion Lombardi (cvp, TI) für Reisecars die Bewilligung zur Umfahrung von Staus an den Gotthardrampen über die Kantonsstrassen bis auf die Höhe der beiden Tunnelportale. Gegen den Willen des Bundesrats, welcher der Motion die ökologische Relevanz absprach, überwies die Kleine Kammer die Motion knapp, mit 13 zu 11 Stimmen. Der Nationalrat folgte hingegen ohne grosse Diskussion seiner Kommission, welche den Vorstoss zur Ablehnung empfohlen hatte.

Weniger Wartezeit für Reisecars bei Stau am Gotthard (10.3870)

Auch die Motion Jenny (svp, GL) "Keine Elefantenrennen auf Autobahnen", die ein Überholverbot für Lastwagen auf einzelnen Autobahnabschnitten fordert, wurde von der Kleinen Kammer diskussionslos und einstimmig angenommen. In seiner Antwort verwies der Bundesrat auf eine laufende, gesamtschweizerische Analyse zum Thema, welche die Bedingungen und allfällige Standards für permanente und temporäre, nicht aber für ein generelles Lastwagenüberholverbot prüft. Der Nationalrat wird erst 2012 über diese Motion befinden.

"Keine Elefantenrennen auf Autobahnen" (Überholverbot für LKW) (11.3661)