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Jahresrückblick 2023: Raumplanung und Wohnungswesen

Das Thema Mietwesen erhielt im Jahr 2023 deutlich mehr mediale Aufmerksamkeit als in den Jahren zuvor. Zum einen dominierte der durch die Erhöhung des Referenzzinssatzes ausgelöste Anstieg der Mieten den Themenbereich «Raumplanung und Wohnungswesen»: Im Juni 2023 stieg der Referenzzinssatz erstmals seit seiner Einführung im Jahre 2008 an (+0.25 Prozentpunkte auf 1.5 Prozent). Dies hatte für rund die Hälfte der Mieterinnen und Mieter in der Schweiz eine Mietzinserhöhung von durchschnittlich rund drei Prozent zur Folge. Gegen Ende Jahr gab das BWO bekannt, dass der Referenzzinssatz per 2. Dezember 2023 erneut um 0.25 Prozentpunkte auf 1.75 Prozent ansteige. Folglich kündigte der Bundesrat im November mietzinsdämpfende Massnahmen an, um die Mieterinnen und Mieter zu entlasten. Zum anderen schürte die stetige Reduktion der Leerwohnungsziffer im Verlauf des Jahres weiter die Angst vor einer Wohnungsnot, insbesondere in den grösseren Städten. Zusätzliche Medienaufmerksamkeit erhielt diese Problematik im Zusammenhang mit der Asyldebatte, nachdem es Medienberichte gegeben hatte, dass Mietenden zugunsten von Asylbewerbenden die Wohnung gekündigt worden sei. Die meisten dieser Berichte stellten sich in der Folge jedoch als falsch heraus.

Um die Wohnungsknappheit anzugehen, berief Bundesrat Guy Parmelin im Mai einen Runden Tisch mit Vertretenden der Kantone, Gemeinden und Städten sowie der Immobilien- und Baubranche ein. Einige Akteurinnen und Akteure vermuteten die Ursache der potenziellen Wohnungsnot in der Schweiz im fehlenden Wohnungsbau. Im Parlament waren die Meinungen indes gespalten, ob und wie gegen den fehlenden Wohnungsbau vorgegangen werden sollte. Einerseits überwies das Parlament ein Postulat zur Schaffung eines Kostenrisikos bei Einsprachen gegen Baubewilligungsverfahren an den Bundesrat, andererseits lehnte es einen Vorstoss zur Schaffung standardisierter Prozesse für die Ausarbeitung von Vollzugshilfen in der Baubranche ab.

Zudem verabschiedete das Parlament im Berichtsjahr vier Gesetzesvorlagen im Mietbereich, die allesamt auf parlamentarische Initiativen zurückgingen und Verbesserungen zugunsten der Vermieterinnen und Vermieter mit sich brachten. So beschloss das Parlament Revisionen für eine Reduktion des Verwaltungsaufwands und der Lockerung der Formularpflicht bei Staffelmieten, für eine Zulassung von Nachbildungen der handschriftlichen Unterschrift, für ein beschleunigtes Kündigungsverfahren wegen Eigenbedarf sowie für ein Mitspracherecht bei Untermieten. Auf der anderen Seite lehnte das Parlament die meisten Vorstösse von Vertretenden der Mieterinnen und Mieter ab, etwa gegen Mietzinserhöhungen, für eine bessere Durchsetzung des Mietrechts oder für ein Kündigungsverbot von Mietverträgen von über 65-Jährigen.

Einen Meilenstein stellt die zweite Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (RPG) dar, die nach mehreren Jahren intensiver Arbeiten und Diskussionen in der Herbstsession 2023 vom Parlament verabschiedet werden konnte. Die ausgedehnten parlamentarischen Beratungen zum Geschäft fanden insbesondere in der Sommersession starken Widerhall in den Printmedien (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse). In der Differenzbereinigung mussten die Räte insbesondere Fragen zur Umnutzung von Landwirtschaftsgebäuden zu Wohnungen sowie zu Sonderregelungen für die Bergregionen klären. Schliesslich einigten sich die Räte unter anderem auf ein Anreizsystem zum Abbruch von Bauten ausserhalb der Bauzone. Nach Verabschiedung der Gesetzesrevision, die auch einen indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative darstellt, zogen die Initiantinnen und Initianten ihr Anliegen im Oktober bedingt zurück.

Mit der Vorlage zur Abschaffung des Eigenmietwerts bleibt hingegen eine weitere Grossreform auch nach 2023 in parlamentarischer Beratung. Auch in der zweiten Behandlungsrunde scheint noch keine Einigung in Sicht zur Frage, ob auch Zweitwohnungen vom Eigenmietwert befreit werden sollen. Starke Differenzen zwischen National- und Ständerat bestehen auch bei der Höhe des Schuldzinsenabzugs.

Im Berichtsjahr als ebenfalls umstritten entpuppte sich ein im Rahmen einer parlamentarischen Initiative erarbeiteter Entwurf für eine Revision des Zweitwohnungsgesetzes, das durch Annahme der Zweitwohnungsinitiative geschaffen worden war. Konkret beabsichtigt die Revision, die Zweitwohnungs-Beschränkungen dahingehend zu lockern, dass in Gemeinden mit einem hohen Anteil an Zweitwohnungen sowohl Erweiterungen als auch Wiederaufbauten altrechtlich erbauter Gebäude als Zweitwohnungen genutzt werden dürfen. In der Herbstsession nahm der Entwurf nach längeren Diskussionen eine erste Hürde im erstberatenden Nationalrat.

Jahresrückblick 2023: Raumplanung und Mietwesen
Dossier: Jahresrückblick 2023

Die grosse Kammer beugte sich in der Wintersession 2023 als Zweitrat über die Revision des CO2-Gesetzes für die Periode 2025–2030. Die Kommissionsmitglieder Stefan Müller-Altermatt (mitte, SO) und Delphine Klopfenstein Broggini (gp, GE) stellten die Vorlage vor. Müller-Altermatt berichtete, dass die Vorlage als «schlank» bezeichnet werden könne und damit auch bei einem allfälligen Plebiszit bestehen sollte und trotzdem dem Ziel der Halbierung der CO2-Emissionen bis 2030 entspreche. Die vorberatende UREK-NR schlage als einzige grössere Änderung vor, eine Abgabe auf Flüge mit Privatjets einzuführen. Ausserdem habe die Kommission mittels Einreichung eines Vorstosses (Po. 23.4334) versucht, die Rückverteilung der CO2-Abgabe an die Haushalte sichtbarer auszugestalten.
In der Eintretensdebatte zeigte sich, dass alle Fraktionen gewillt waren, dem Geschäft eine Chance zu geben; ein Antrag auf Nichteintreten lag denn auch nicht vor. In den Voten von Mitte-Nationalrätin Priska Wismer-Felder (mitte, LU) und GLP-Mitglied Martin Bäumle (glp, ZH) zeigte sich das Dilemma zwischen dem Willen, ein effektives Gesetz, welches zu spürbaren Emissionsreduktionen führen soll, zu gestalten und der Angst vor einem Referendum gegen die Vorlage. Matthias Jauslin (fdp, AG) von der FDP und SVP-Vertreter Christian Imark (svp, SO) warnten vor allem davor, das Gesetz nicht zu überladen respektive keine neuen oder höheren Abgaben einzuführen, damit es nicht wieder in einer Volksabstimmung abgelehnt werde. Auf der anderen Seit des politischen Spektrums kritisierten die Grünen sowie die SP, dass das Gesetz nicht ambitioniert genug sei. Gabriela Suter (sp, AG) von der SP gab zu bedenken, dass eine bescheidene Emissionsreduktion für die Periode 2025 bis 2030 bedeute, dass in den folgenden Jahren umso strengere und teurere Massnahmen ergriffen werden müssten, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Vor diesem Hintergrund wies Grünen-Vertreter Chistophe Clivaz (gp, VS) auf die von den Grünen und der SP lancierte Klimafonds-Initiative hin, mit welcher das Netto-Null-Ziel doch noch erreicht werden könne. Die Eintretensdebatte abschliessend stellte Umweltminister Albert Rösti die für ihn wichtigsten Grundsätze der Vorlage vor. Rösti lobte das Tempo, mit welchem die Räte die Gesetzesrevision berieten. So könne es gelingen, dass keine Lücke entstehe und das Gesetz und die ausführende Verordnung bis am 1.1.2025 in Kraft gesetzt werden können. Auch sei es wichtig, dass das Gesetz mehrheitsfähig bleibe, weshalb der Bundesrat die von der UREK-NR vorgeschlagene Einführung einer Flugticketabgabe auf Privatflüge sowie eine Erhöhung der CO2-Abgabe und der Benzinsteuer ablehne.
Eintreten wurde anschliessend ohne Gegenantrag beschlossen. Die massgebenden Entscheide, die in der Detailberatung getroffen wurden, waren die folgenden:
Susanne Vincenz-Stauffachers (fdp, SG) Minderheitsantrag betraf das Emissionsreduktionsziel im Inland. Die FDP-Vertreterin beantragte, hierbei dem tieferen Inlandziel des Ständerats zu folgen. Die Mehrheit des Rates sprach sich aber dafür aus, ihrer Kommission zu folgen und legte das Inlandziel bei 75 Prozent fest. Dadurch wurde eine erste Differenz zum Erstrat geschaffen. Auch beim CO2-Ausstoss von neu in Verkehr gebrachten Fahrzeugen folgte der Rat seiner Kommission und stellte sich damit gegen den Minderheitsantrag Jauslin sowie gegen die Version des Ständerates. Eine weitere wichtige Differenz wurde mit der von der Minderheit Imark geforderten Streichung der so genannten Überführungspflicht geschaffen. Mit diesem Instrument wollte der Bundesrat Importeure von fossilen Treibstoffen verpflichten, über das Inverkehrbringen von erneuerbaren Treibstoffen einen bestimmten Anteil der CO2-Emissionen aus dem Verkehr zu vermindern. Imark monierte, dass diese Überführungspflicht den Benzinpreis massgeblich verteuern werde. Der Nationalrat stimmte dieser Streichung deutlich zu; neben der Grünen- und der GLP-Fraktion sprachen sich nur einige Mitglieder der FDP.Liberalen- sowie eine Mehrheit der Mitte-Fraktion für die Beibehaltung der Überführungspflicht aus. Bei der CO2-Abgabe auf Brennstoffen beantragte eine Minderheit Suter, dass der Bundesrat den Abgabesatz auf bis zu 180 CHF pro Tonne CO2 anheben könnte. Die Mehrheit des Rates wollte jedoch beim Vorschlag des Bundesrats, des Ständerats sowie der UREK-NR bleiben, und legte einen Abgabesatz von höchstens 120 CHF pro Tonne CO2 fest. Im Bereich der Luftfahrt lehnte der Nationalrat die Einführung einer Abgabe für Flüge mit Privatjets ab. Die geschlossen stimmenden SVP-, FDP.Liberalen- und GLP-Fraktionen sowie eine Minderheit der Mitte votierten gegen diese Abgabe. Des Weiteren gab auch die Förderung von Ladeinfrastrukturen für Elektroautos zu reden, wobei ein Antrag der Mehrheit sowie drei Minderheitsanträge vorlagen. Die Mehrheit des Rates folgte hierbei seiner Kommission und sprach sich dafür aus, in den Jahren 2025-2030 bis zu CHF 20 Mio. für diese Ladeinfrastruktur aufzubringen. Hiermit entstand eine weitere Differenz zum Ständerat, der die Förderung der Ladestationen gänzlich gestrichen hatte. Eine letzte Differenz zum Erstrat schuf die grosse Kammer bei der Thematik der Reduktion der LSVA für elektrisch oder mit alternativem Treibstoff betriebene Fahrzeuge. Der Nationalrat stimmte hierbei mehrheitlich dafür, diese LSVA-Reduktion beizubehalten; eine links-grüne Minderheit, welche von zwei FDP-Mitgliedern unterstützt wurde, blieb hier chancenlos.
In der Gesamtabstimmung votierte der Nationalrat mit 136 zu 34 Stimmen bei 26 Enthaltungen für Annahme des Entwurfs. Die Nein-Voten stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion; die Enthaltungen allen voran von der Mehrheit der Grünen-Fraktion.

CO2-Gesetz post 2024 (BRG 22.061)
Dossier: Wie geht es nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes an der Urne im Juni 2021 weiter?

Der Nationalrat beriet in der Wintersession 2023 eine parlamentarische Initiative Imboden (gp, BE), welche nach deren Ausscheiden aus dem Nationalrat durch ihren Parteikollegen Michael Töngi (gp, LU) übernommen worden war. Der Vorstoss zielte auf eine Verbesserung der Transparenz im Mietwesen ab, indem Vermietende den Nachmieterinnen und Nachmietern den Mietzins der Vormieterinnen und Vormietern vorlegen müssten. Dies basierend auf einer bundesweite Formularpflicht – wie sie bereits 2015 vom Bundesrat gefordert worden war. Wichtig sei dies insofern, als dass neue Mieterinnen und Mieter unter Kenntnisnahme des Vormietzinses einen missbräuchlichen Anfangsmietzins besser erkennen und effektiver anfechten könnten. Dieses Instrument sei bereits in einigen Kantonen verbreitet, wobei in diesen ein Grossteil der Anfangsmietzinsanfechtungen stattfinden würden, betonte Nationalrat Töngi. Eine Mehrheit der RK-NR erachtete die existierenden Instrumente im Mietrecht als ausreichend und hob hervor, dass es bereits heutzutage den Kantonen freistehe, zusätzliche Massnahmen zu ergreifen. Der Nationalrat entschied mit 116 zu 71 Stimmen (bei 4 Enthaltungen), dem Antrag der Kommissionsmehrheit zu folgen und der Initiative keine Folge zu geben. Der Vorstoss wurde lediglich von den geschlossen stimmenden Fraktionen der SP und Grünen sowie einer Mehrheit der GLP-Fraktion und dem frisch gewählten Mitte-Nationalrat Giorgio Fonio (mitte, TI) unterstützt.

Transparenz im Mietwesen verbessern
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

In Anbetracht der steigenden Mieten gab der Bundesrat im November 2023 bekannt, dass er mietzinsdämpfende Massnahmen plane, und stellte dabei vier kurzfristige Anpassungen des VMWG vor: Erstens soll der Teuerungsausgleich auf dem Eigenkapital von 40 auf 28 Prozent gesenkt werden. Zweitens sollen die Vermieterinnen und Vermieter Kostensteigerungen nicht pauschal an die Mietenden weitergegeben werden können. Stattdessen soll zukünftig das effektive Ausmass der Kostensteigerung nachgewiesen werden müssen. Drittens soll bei den Formularen für die Mitteilung des Anfangsmietzinses auch der zugrundeliegende Referenzzinssatz angegeben werden. Und viertens sollen Mietzinserhöhungen um die Anmerkung ergänzt werden, dass bei Anfechtungen ebendieser unter anderem die orts- und quartierüblichen Mieten als Kriterien verwendet werden können. Gleichzeitig beauftragte der Bundesrat das WBF zu überprüfen, ob das geltende Mietzinsmodell weiterhin der Realität entspreche.
Die Massnahmen stiessen laut AZ-Medien insbesondere beim Mieterinnen- und Mieterverband auf Unverständnis, der sie als «völlig untauglich» erachtete. Unter anderem befürchtete der Verband, dass diese Massnahmen weitaus zu spät greifen würden.

Bundesrat plant mietzinsdämpfende Massnahmen

Nachdem die UREK-NR der parlamentarischen Initiative Klopfenstein Broggini (gp, GE) für einen nachhaltigen und transparenten Finanzplatz in der Differenzbereinigung keine Folge mehr gegeben hatte, zog die Initiantin ihren Vorstoss im Oktober 2023 schliesslich zurück.

Une place financière durable et transparente (In. Pa. 21.462)
Dossier: Sustainable Finance

In der Herbstsession 2023 beugte sich die kleine Kammer über einen von der RK-NR ausgearbeiteten Entwurf zur Beschleunigung des Verfahrens bei der Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarf. Wie auch im Nationalrat war Eintreten auf die Vorlage umstritten. Eine Minderheit Mazzone (gp, GE) beantragte Nichteintreten, da der vorliegende Entwurf die Mietsicherheit der Mieterinnen und Mieter stark einschränken würde. Bereits im geltenden Recht ende die Mehrheit der Schlichtungsverfahren in einer Einigung und einvernehmliche Lösungen könnten bereits jetzt zur Genüge gefunden werden, betonte die Genfer Ständerätin. Weiter sei unklar, was genau als «bedeutender und aktueller Eigenbedarf» gelte – wie bereits einige Kantone und die Schweizerische Vereinigung der Richterinnen und Richter und bemängelt hätten –, was zu Rechtsunsicherheit führe. Kommissionssprecher Bauer (fdp, NE) hob die Wichtigkeit einer Regeländerung hervor, so dass die Vermietenden zukünftig nicht drei bis vier Jahre warten müssten, bis sie ihr Objekt nutzen können. Daniel Fässler (mitte, AI) ergänzte, dass eine Mietverhältniskündigung durch Eigenbedarf heutzutage nur schwer durchzusetzen sei und auch die Auslegung der Dringlichkeit des Eigenbedarfs sehr willkürlich ausfallen könne, meist zum Nachteil der Eigentümerin oder des Eigentümers. Zudem bliebe den Mieterinnen und Mietern durch die Erstreckung des Mietverhältnisses, welches durch den Entwurf nicht angetastet werde, weiterhin ein mächtiges Instrument, um gegen missbräuchliche Kündigungen anzukämpfen. Der Ständerat entschied in der Folge, auf die Vorlage einzutreten, und nahm den Entwurf in der Gesamtabstimmung ohne Änderungen mit 29 zu 11 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an.

Ende der Herbstsession 2023 hiess der Nationalrat die entsprechende Änderung des OR in den Schlussabstimmungen mit 123 zu 72 Stimmen (bei 1 Enthaltung) zu, der Ständerat mit 33 zu 11 Stimmen. Erfolglos hatten sich die geschlossen stimmenden Fraktionen der SP und der Grünen sowie drei Mitglieder der GLP-Fraktion gegen die Vorlage ausgesprochen.

Verfahrensbeschleunigung bei Kündigung des Mietverhältnisses wegen dringendem Eigenbedarf (Pa.Iv. 18.475)

Im Sommer 2023 lancierten die Genfer Parteikollegen Carlo Sommaruga (sp, GE; Mo. 23.3949) im Ständerat und Christian Dandrès (sp, GE; Mo. 23.3850) im Nationalrat zwei wortgleiche Motionen zum Stopp der Mietzinsexplosion. So sollten die Mieten mithilfe einer temporären Änderung der VMWG stabilisiert werden. Als Begründung nannten die Motionäre die steigende Inflation und die damit zusammenhängende Anhebung des Referenzzinssatzes, welcher für viele Mieterinnen und Mieter zu einer Mietzinserhöhung führte und insbesondere im Frühjahr 2024 zu allgemeinen Mietzinserhöhungen von bis zu 10 Prozent führen könnten. Kombiniert mit steigenden Lebenserhaltungskosten und höheren Krankenkassenprämien, könne dies schwerwiegende finanzielle Auswirkungen für Mieterinnen und Mieter haben. Der Bundesrat sah jedoch davon ab, aufgrund der erstmaligen Erhöhung des Referenzzinses das System drastisch anzupassen. Obschon ein steigender Referenzzinssatz zur Inflation beitragen könne, trage im Gegenzug ein sinkender Referenzzinssatz zur Tilgung der Teuerung bei. Dementsprechend ergebe die Kopplung des Mietzinses an den Referenzzinssatzes trotzdem Sinn, insbesondere auch, da vom Bundesrat vorgeschlagene Systemwechsel bisher nie politisch mehrheitsfähig gewesen seien. Das Parlament beschäftigte sich im Rahmen der ausserordentlichen Session «Wohnen und mieten» innerhalb der Herbstsession mit dem Anliegen. Im Ständerat wurde der Vorstoss Sommaruga mit 30 zu 9 Stimmen (bei 1 Enthaltung) abgelehnt. Auch der Nationalrat stellte sich mit 111 zu 75 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) gegen die Motion Dandrès. Unterstützt wurde die Motion im Nationalrat von der geschlossen stimmenden SP- und Grünen-Fraktion, von den drei EVP-Ratsmitgliedern sowie von einer Minderheit der GLP-Fraktion.

Dringliche Massnahme: Mietzinsexplosion stoppen (Mo. 23.3949)

Der Nationalrat beriet in der Herbstsession 2023 eine Motion der SP-Fraktion für ein Moratorium für missbräuchliche Mietzinserhöhungen. Der Bundesrat solle ein solches einführen, bis ein automatischer Kontrollmechanismus für einen maximal zulässigen Mietzinsertrag umgesetzt werden könne, so die Forderung der Fraktion. Vermietende könnten jedoch weiterhin Mietzinserhöhungen geltend machen, insofern diese als «nicht missbräuchlich» eingestuft würden. Ebenso solle das Moratorium nur auf gewisse Wohnungskategorien angewendet werden können. Die Urheberin argumentierte, dass Vermieterinnen und Vermieter oftmals bereits einen Mietzins über dem zugelassenen Betrag verlangten und diesen in Zeiten des tiefen Hypothekarzinses nicht entsprechend gesenkt hätten. Durch das vorgeschlagene Moratorium sollten Mieterinnen und Mieter vermehrt gegen missbräuchliche Mietzinserhöhungen geschützt werden. Der Bundesrat erachtete das bestehende Mietrecht als ausreichend für die Vermeidung übermässiger Mietzinserhöhungen. Zudem könne eine allfällige Anfechtung aller Mietzinsanpassungen einen beachtlichen Mehraufwand nach sich ziehen. Nachdem die Motion im Rahmen der ausserordentlichen Session «Wohnen und Mieten» im Detail beraten worden war, scheiterte sie mit 122 zu 68 Stimmen im Nationalrat. Lediglich die geschlossen stimmenden Fraktionen der SP und der Grünen unterstützten den Vorstoss, während sich die übrigen Rastmitglieder dagegen positionierten.

Moratorium für missbräuchliche Mietzinserhöhungen (Mo. 23.3337)

Unter anderem in Reaktion auf angebliche Mietkündigungen zugunsten von Asylbewerberinnen und -bewerbern in Windisch (AG) lancierte Martina Bircher (svp, AG) eine Motion gegen Wohnungskündigungen, um Asylsuchende unterzubringen. Weiter sollten auch Zwischennutzungen von Mietwohnungen als Asylunterkünfte fortan nicht mehr rechtens sein, wenn sie zur Auflösung von Mietverträgen führten. Der Bundesrat erwiderte, dass die Mieterschaft fristgerechte Kündigungen des Mietverhältnisses anfechten könne und zum Zeitpunkt der Kündigung oftmals nicht klar sei, zu welchem Zweck und an wen das Wohnobjekt nach einer Mietkündigung vermietet werde. Die von der Motionärin geforderten Massnahmen könnten hier zu Rechtsunsicherheit führen. In der Herbstsession 2023 folgte der Nationalrat dem Antrag des Bundesrats und lehnte die Motion mit 136 zu 53 Stimmen ab. Die geschlossen stimmende SVP-Fraktion unterstützte den Vorstoss ihrer Fraktionskollegin.

Schutz der Schweizer Mieter und Mieterinnen: Kein Rauswurf wegen Asylbewerbern (Mo. 23.3572)

Die Revision des CO2-Gesetzes für die Periode 2025–2030 stand in der Herbstsession 2023 auf dem Programm des Ständerates, welcher die umfassende Vorlage als Erstrat beriet.
Kommissionssprecher Damian Müller (fdp, LU) erläuterte dem Rat die Ausgangslage dieser Gesetzesrevision: Die gesetzliche Lücke, die durch die Ablehnung der Totalrevision des CO2-Gesetzes im Juni 2021 an der Urne entstanden war, habe teilweise mit dem Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative, welcher seinerseits ein Referendum überstehen musste, geschlossen werden können. Da diese Vorlage jedoch vor allem die Ziele und weniger die Massnahmen für die Erreichung des Netto-Null-Ziels enthielt, liege nun der neue Gesetzesentwurf vor. Anschliessend stellte Müller die Vorlage des Bundesrates sowie die Anträge der Kommission kurz vor und betonte, dass mit diesen Anträgen das Ziel der Halbierung der CO2-Emissionen bis 2030 immer noch erreicht werden könne, es müsse nun jedoch zügig gehandelt werden. Für Lisa Mazzone (gp, GE), die sich als einziges Mitglied des Plenums im Rahmen der Eintretensdebatte äusserte, gingen der Gesetzesentwurf des Bundesrates und auch die Version der Kommissionsmehrheit zu wenig weit. Sie warnte davor, dass die Schweiz mit der CO2-Reduktion ins Hintertreffen geraten werde; ab 2030 müssten in der Folge drastischere Massnahmen ergriffen werden, falls man das Pariser Klimaziel noch erreichen wolle. Mazzone kritisierte die Kommissionsmehrheit auch dafür, dass sie zu viele CO2-Reduktionen im Ausland vornehmen lassen möchte. Dies sei eine verpasste Chance für die Schweizer Wirtschaft und koste die Bundeskasse viel Geld. Umweltminister Albert Rösti wiederum dankte der Kommission, dass sie das Gesetz zügig und «ohne grosses Aufladen» beraten habe. Er wies zudem darauf hin, dass auch der in derselben Session beschlossene Mantelerlass zur Revision des Energiegesetzes und des Stromversorgungsgesetzes einen wichtigen Meilenstein bei der Erreichung des Netto-Null-Ziels darstelle, denn nur wenn die Schweiz über genügend Strom verfüge, könne sie die Dekarbonisierung einleiten. Eintreten wurde anschliessend ohne Gegenantrag beschlossen.

Die wichtigsten Änderungen im Vergleich zum Entwurf des Bundesrates nahm die kleine Kammer in der anschliessenden Detailberatung bei folgenden Punkten vor: Der Bundesrat und eine Minderheit Zanetti (sp, SO) forderten dazu auf, die Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge in Mehrparteien- und Firmengebäuden und auf öffentlichen Parkplätzen mit CHF 30 Mio. zu unterstützen. Die Mehrheit des Ständerates lehnte dies jedoch ab. Gegen eine Änderung sprachen sich die Mehrheit der Kommission sowie des Rates auch bei der LSVA aus: Wie bis anhin sollen Lastwagen, die mit Strom oder Wasserstoff fahren, von der LSVA befreit werden können. Man wollte hier für allfällige Anpassungen die Vernehmlassung des Bundes zu einer umfassenden Revision der LSVA abwarten. Angenommen wurde auch ein Mehrheitsantrag der UREK-SR, der verlangte, dass die EHS-Abgaben aus dem Luftverkehr nicht nur für die Förderung von Nachtzugangeboten, sondern auch für die Produktion von erneuerbaren, nachhaltigen Flugtreibstoffen eingesetzt werden können. Schliesslich darf die Teilzweckbindung der Erträge aus der CO2-Abgabe nicht vorübergehend angehoben werden, wie es der Bundesrat für die weitere Unterstützung des Gebäudeprogramms beantragt hatte – hier folgte die kleine Kammer einem Minderheitsantrag Knecht (svp, AG).

Diskussionen, aber keine Änderung des bundesrätlichen Entwurfs gab es in den folgenden Bereichen: Eine Minderheit Reichmuth (mitte, SZ) beantragte, dass die Emissionsreduktionen zu mindestens 75 Prozent in der Schweiz erfolgen sollen. Der Bundesrat, die Kommissionsmehrheit sowie auch die rechts-bürgerliche Mehrheit des Rates wollten indes, dass die Verminderung lediglich «in erster Linie mit Massnahmen in der Schweiz» geschieht. Abgelehnt wurde auch ein Minderheitsantrag Mazzone, welche mehr Druck auf den Bundesrat auszuüben versuchte, indem sie die Möglichkeit, bei Nichterreichen des Reduktionsziels für die Kompensation der restlichen CO2-Emissionen internationale Zertifikate zu erwerben, streichen wollte. Des Weiteren wollten die Mehrheit der Kommission sowie eine weitere Minderheit Mazzone den durchschnittlichen CO2-Ausstoss für Personenwagen, Lieferwagen und leichten Sattelschleppern, die ab 2030 erstmals in Verkehr gesetzt werden, stärker reduzieren. Hier folgte der Rat jedoch einer Minderheit Schmid (fdp, GR) und blieb damit auf der Linie des Bundesrates. Im Bereich des Flugverkehrs lag erneut ein Minderheitsantrag von Lisa Mazzone vor, welche eine zusätzliche Abgabe auf Flüge von Privatjets verlangte. Bundesrat Rösti bat den Rat um Ablehnung des Antrags, da es dabei gemäss Schätzungen des BAZL nur um rund 1 Prozent der Emissionen im Flugverkehr gehe und der administrative Aufwand für die Abgabeerhebung sehr gross wäre. Die Ratsmehrheit schloss sich dem Umweltminister an und lehnte den Minderheitsantrag ab.

In der darauf folgenden Gesamtabstimmung wurde der Entwurf bei 2 Enthaltungen seitens der Grünen einstimmig angenommen. Als Nächstes wird sich die grosse Kammer mit dem Geschäft befassen.

CO2-Gesetz post 2024 (BRG 22.061)
Dossier: Wie geht es nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes an der Urne im Juni 2021 weiter?

Monika Rüegger (udc, OW) a pointé du doigt une distorsion de concurrence pour les entreprises qui acquièrent du gaz liquide sans recourir au réseau gazier. D'après la députée, ces entreprises ne peuvent pas compenser leurs émissions de CO2 avec des certificats de production de biogaz suisse. Elle préconise donc que le Conseil fédéral corrige cette distorsion en modifiant la loi sur le CO2.
Le Conseil fédéral s'est opposé à la motion. Il a précisé qu'un système de certificats de biogaz produit en Suisse n'est ni existant, ni nécessaire. En effet, les entreprises sont contrôlées par rapport à leurs émissions effectives de CO2, et non sur leurs modes d'acquisition d'agents énergétiques.
La motion a été rejetée par la chambre basse par 133 voix contre 50 et 1 abstention. La députée obwaldienne n'a pas réussi à convaincre au-delà de ses rangs. Seul les députés et députées du groupe UDC ont voté en faveur de la motion.

Agents énergétiques qui ne sont pas acheminés par conduites. Possibilité de compenser les émissions de CO2 (Mo. 21.4211)

Rückblick auf die 51. Legislatur: Umweltschutz

Autorinnen und Autoren: Bernadette Flückiger, Karel Ziehli und Marlène Gerber

Stand: 17.08.2023

Die nach der sogenannten Klimawahl angetretene 51. Legislatur war im Bereich des Umweltschutzes stark geprägt von der Klimapolitik, die wiederum einem wechselhaften politischen Klima ausgesetzt war. Das totalrevidierte CO2-Gesetz, das zur Erreichung eines 50-prozentigen Reduktionsziels bis 2030 gegenüber 1990 etwa zentrale Massnahmen für Eigentümerinnen und Eigentümer mit Ölheizungen, Treibstoffimporteure und Flugreisende eingeführt hätte, wurde von der Stimmbevölkerung im Juni 2021 an der Urne knapp abgelehnt. Um das mit dem Pariser Abkommen vereinbarte Reduktionsziel der Schweiz dennoch zu erreichen, lancierte die UREK-NR unmittelbar nach Ablehnung an der Urne erfolgreich eine Kommissionsinitiative, mit der die wichtigsten Massnahmen des bisherigen CO2-Gesetzes bis 2024 verlängert werden sollten. Die Räte verabschiedeten die so ausgestaltete Teilrevision des CO2-Gesetzes bereits in der Wintersession 2021. Im September 2022 präsentierte der Bundesrat zudem seine neue Botschaft zum revidierten CO2-Gesetz für 2025 bis 2030, worin er im Unterschied zur letzten Revision auf neue und höhere Abgaben verzichtete.

Bereits im August 2019 hatte der Bundesrat aufgrund aktuellster Erkenntnisse des Weltklimarates eine Verschärfung seines Klimaziels beschlossen; bis 2050 soll die Schweiz klimaneutral werden. Dieses Netto-Null-Ziel bis 2050 sowie dazugehörige Massnahmen – in erster Linie zur Förderung innovativer Technologien und finanzielle Anreize zur Umstellung auf klimaschonende Heizungen – nahm das Parlament in der 51. Legislatur in den indirekten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative auf. Gegen den indirekten Gegenvorschlag in Form des Klima- und Innovationsgesetzes wurde das Referendum ergriffen. Nachdem die Vorlage im Juni 2023 an der Urne angenommen worden war, zogen die Initiantinnen und Initianten die Volksinitiative definitiv zurück.

Auch dem Gewässerschutz wurde in der 51. Legislatur ein hoher Stellenwert beigemessen. Mit der Trinkwasser- und der Pestizid-Initiative kamen in diesem Bereich gleich zwei Volksanliegen zur Abstimmung. Nach einem hitzigen Abstimmungskampf lehnte die Stimmbevölkerung beide Initiativen an der Urne ab. Zu Änderungen im Gewässerschutz kam es in besagter Legislatur dennoch: Neben den im Rahmen der Weiterentwicklung der Agrarpolitik (AP22+) beschlossenen Massnahmen verlangte auch eine parlamentarische Initiative eine Verminderung des Risikos beim Einsatz von Pestiziden: Mit entsprechenden Änderungen des Chemikaliengesetzes, des Landwirtschaftsgesetzes und des Gewässerschutzgesetzes wurden die im «Aktionsplan Pflanzenschutzmittel» festgehaltenen Reduktionsziele gesetzlich verankert. Darüber hinaus forderte die Initiative die Verringerung der Nährstoffverluste. Durch Annahme einer Motion verlangte das Parlament indes, das diesbezüglich vom Bundesrat auf dem Verordnungsweg festgelegte Reduktionsziel nachträglich anzupassen. Zuspruch im Parlament fand ferner eine Motion mit der Forderung, den Schutz der Trinkwasserfassungen zu verstärken. Ebenfalls nahm das Parlament zwei Motionen an, die die Wasserqualität durch einen Ausbau respektive eine Aufrüstung von Abwasserreinigungsanlagen zur Reduktion von Mikroverunreinigungen respektive zur Verbesserung der Stickstoffeliminierung erhöhen wollen.

Nachdem das Thema Kreislaufwirtschaft nach Ablehnung der Volksinitiative «Grüne Wirtschaft» an der Urne im Jahr 2016 und nach Nichtzustandekommen eines indirekten Gegenvorschlags etwas in den Hintergrund getreten war, erhielt es in der 51. Legislatur neuen Schub. In der Sondersession vom Mai 2023 behandelte der Nationalrat als Erstrat eine durch eine parlamentarische Initiative initiierte Änderung des Umweltschutzgesetzes zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft, mit der die Umweltbelastung durch Verpackungen und Abfälle massgeblich reduziert werden soll. In ebendieser Legislatur wurden auch einige Motionen überwiesen, die sich zwecks Abfallverminderung Änderungen der gesetzlichen Grundlagen wünschten, so eine Motion zur Wiederverwendung von Baumaterialien, zur Stärkung des Plastikrecyclings, zur Verstärkung von Massnahmen gegen Littering sowie zur Verringerung von Food Waste.

Ausserhalb des Parlaments berichteten die Medien häufig über ungewöhnliche Demonstrationen von Klimaaktivistinnen und -aktivisten, so auch über Klebeaktionen, die Besetzung eines Verkehrsknotens in der Stadt Zürich oder diejenige des Bundesplatzes. Medial stark begleitet wurde nicht zuletzt auch ein im Waadtland geführter Gerichtsprozess gegen Aktivistinnen und Aktivisten, die in einer Lausanner Filiale der Credit Suisse in einer Aktion auf die umweltschädlichen Investitionen der CS in Milliardenhöhe aufmerksam machten. Insbesondere 2022 widmeten die Medien auch dem vermeintlichen oder tatsächlichen Konflikt zwischen Landschaftsschutz und erneuerbaren Energieträgern viel Druckerschwärze, was sich etwa in kontroversen Diskussionen um einen Photovoltaikpark im Walliser Hochgebirge äusserte.

Darüber hinaus war das Verhältnis zwischen Biodiversität und Landwirtschaft Gegenstand der ausführlichen parlamentarischen Debatte zur Biodiversitätsinitiative und zu deren indirektem Gegenvorschlag. Das Volksanliegen wird die Politik wohl auch während der 52. Legislatur noch beschäftigten, hat doch der Ständerat in der Sommersession 2023 im Unterschied zum Nationalrat entschieden, nicht auf den indirekten Gegenvorschlag einzutreten.


Zu den Jahresrückblicken:
2020
2021
2022

Rückblick auf die 51. Legislatur: Umweltschutz
Dossier: Rückblick auf die 51. Legislatur

Rétrospective de la 51e législature : La gestion du système politique face aux (grandes) crises

Auteures: Anja Heidelberger et Marlène Gerber

Traduction: Lloyd Fletcher et Karel Ziehli

Etat au 17.08.2023

Les événements, histoires et débats politiques qui ont eu lieu en très grand nombre au cours de la 51e législature peuvent être retracés de manière détaillée dans nos rapports de législature, classés par thèmes politiques. Toutefois, on se souviendra sans doute surtout des différentes crises qui ont secoué la Suisse au cours de cette législature. En effet, pratiquement aucun domaine politique n'a échappé à au moins une grande crise au cours des quatre dernières années. Par conséquent, nous mettons l'accent, dans cette rétrospective transversale de la 51e législature, sur ces crises et leurs nombreuses répercussions sur la politique et la société.

La pandémie de Covid-19
La pandémie de Covid-19 a eu des répercussions sur presque tous les domaines politiques. En effet, outre le système de santé fortement touché et mis à contribution, les mesures de lutte contre la pandémie ont posé de gros problèmes à différentes branches et catégories de personnes – en particulier aux entreprises et aux indépendants, que le Conseil fédéral a aidés en étendant les allocations pour perte de gain et le chômage partiel et en créant des crédits-relais et des aides pour les cas de rigueur. Les médias, les acteurs culturels, les ligues et associations sportives ainsi que les transports publics et le transport aérien ont également bénéficié de soutiens financiers, tandis que des mesures d’un autre type ont été réclamées dans le domaine des écoles ainsi que pour les loyers commerciaux. Les mesures exhaustives prises pour lutter contre la pandémie ont entraîné un déficit budgétaire considérable, amenant le Parlement à prolonger le délai du remboursement de la dette afin d’éviter des coupes budgétaires draconiennes. La pandémie a également été une charge pour la population, avec des baisses de salaires (lors du chômage partiel), la garde d'enfants en télétravail ou encore l'anxiété. En outre, la pandémie a également posé un problème à la société dans son ensemble, en entraînant (ou en renforçant) une perte de confiance d'une partie de la population dans le gouvernement. Une partie de la population suisse s’est montrée sceptique quant à la vaccination contre le Covid-19, ce qui a suscité des débats émotionnels autour de l'introduction dudit certificat Covid-19. En revanche, tant l'armée, la protection civile et le service civil – en effectuant de nombreuses heures dans des interventions, notamment dans le domaine de la santé – que le monde de la recherche qui a développé des vaccins et des médicaments contre le Covid-19 ont pu démontrer leur utilité dans le cadre de la pandémie. Enfin, la pandémie a également stimulé le télétravail et, plus généralement, la flexibilisation et la numérisation du monde du travail. Au cours de la 51e législature, le peuple et les cantons ont également accepté l'initiative sur les soins, qui contenait des mesures visant à garantir les soins infirmiers de base, dont l'importance a été soulignée pendant la pandémie.

La pandémie a également eu des répercussions sensibles sur le système institutionnel. Au début, le gouvernement a clairement pris les choses en main, prenant toutes les décisions importantes après la proclamation de la situation extraordinaire au sens de la loi sur les épidémies grâce à des décrets d'urgence fondés sur la Constitution et à la loi sur les épidémies, tandis que le Parlement a interrompu prématurément sa session de printemps en raison du début de la pandémie. Le Parlement a obtenu davantage de marge de manœuvre lorsque les ordonnances d'urgence ont dû être remplacées par une loi au bout de six mois, conformément à la Constitution – l'examen de la loi Covid 19 et de ses cinq révisions à ce jour ont donné lieu à des débats animés au Parlement et parfois à des modifications centrales des projets du Conseil fédéral. Les droits populaires ont également connu un coup d'arrêt temporaire, bien que le corps électoral a pu ensuite s'exprimer à trois reprises sur les révisions de la loi Covid 19, qu'il a à chaque fois approuvées. Non seulement les relations entre l'exécutif et le législatif, mais aussi la position des cantons dans la pandémie ont fait l'objet de discussions récurrentes. Ainsi, la déclaration de la situation extraordinaire avait clairement fait basculer le rapport de force en faveur de la Confédération. Certaines phases durant lesquelles les cantons ont temporairement pris le contrôle ont abouti à des patchworks de réglementations entre cantons et à des appels fréquents pour que la Confédération prennent à nouveau les décisions. L'année 2022 a finalement été marquée par les premières tentatives de résoudre politiquement la crise de la Covid-19, avec des propositions discutées pour rendre la Confédération et le Parlement plus résistants aux crises.

La guerre en Ukraine et les problèmes d'approvisionnement en énergie
Immédiatement après la pandémie, la guerre d'agression contre l'Ukraine a attiré l'attention sur des thèmes qui étaient auparavant moins mis en lumière. Ainsi, la guerre a déclenché en Suisse des discussions animées sur l'orientation de la politique étrangère et de la neutralité, après que la Confédération a repris les sanctions décidées par l'UE contre la Russie et que la question de la livraison d’armes à l’Ukraine s’est posée. Cette crise a conduit à l'accueil de réfugié.e.s ukrainien.ne.s en Suisse et à la première utilisation du statut de protection S, ainsi qu'à l'augmentation du budget militaire jusqu'en 2030 et à des discussions sur la sécurité de l'approvisionnement dans le secteur agricole. De plus, la Banque nationale suisse (BNS) a enregistré une perte de 150 milliards de CHF en 2022, qu'elle a notamment attribué aux conséquences de la guerre en Ukraine sur l'économie mondiale.

Conséquence directe de la guerre en Ukraine, les problèmes d'approvisionnement en énergie se sont intensifiés, entraînant une hausse des prix de l'énergie, ce qui s'est répercuté sur les autres prix. En réaction à une possible pénurie d'énergie, le Conseil fédéral a principalement misé sur les énergies renouvelables, tout en faisant construire des centrales de réserve à gaz en cas d'urgence. Des débats sur les avantages de l'énergie nucléaire ont également refait surface dans le monde politique. Enfin, on suppose que la crise énergétique a contribué à la majorité en faveur du contre-projet indirect à l'initiative des glaciers, bien que des projets d'expansion de l'approvisionnement en électricité en hiver aient été privilégiés au Parlement par rapport aux préoccupations environnementales.

Dans l'ensemble, les différentes crises survenues au cours de la 51e législature ont mis en évidence une vulnérabilité d’une ampleur inattendue en matière de sécurité de l'approvisionnement dans de nombreux domaines, en particulier dans le domaine médical, comme les unités de soins intensifs et les médicaments, ainsi que dans le domaine économique, notamment en matière d'énergie et d'agriculture.

Ce qui a également été important
Bien entendu, la 51e législature a également été marquée par des événements, des choix et des décisions politiques importants, indépendamment des crises.

La rupture des négociations sur l'accord-cadre institutionnel en avril 2021 a particulièrement marqué les relations entre la Suisse et l'UE. Le refus de l'accord-cadre a conduit tant à un blocage de la participation suisse au programme de recherche européen « Horizon Europe »; une situation que même le déblocage du deuxième milliard de cohésion ne changera pas. Après plusieurs autres entretiens exploratoires entre la Suisse et l'UE, le Conseil fédéral a adopté en 2023 des lignes directrices pour un nouveau mandat de négociation avec l'UE.

L'effondrement de Credit Suisse en mars 2023 et son rachat par UBS ont également suscité une attention particulière. C’est pour enquêter sur ces événements que le Parlement a décidé d’instituer la cinquième commission d'enquête parlementaire de l'histoire suisse.

Les femmes ont écrit l'histoire en augmentant de manière significative leur représentation dans les deux chambres lors des élections fédérales de 2019. Près de cinquante ans après l'introduction du droit de vote des femmes – la 51e législature a également été l'occasion de célébrer le 50e anniversaire –, la proportion de femmes au Conseil national a dépassé pour la première fois les 40 pour cent, tandis que celle au Conseil des États s'élevait à 26 % après les élections.

Bien que le Parlement soit devenu plus vert avec les dernières élections fédérales, les questions climatiques ont surtout été au centre de l'attention en 2021, lorsque le corps électoral a rejeté de justesse la révision totale de la loi sur le CO2. En revanche, la loi sur le climat et l'innovation, qui constituait un contre-projet indirect à l'initiative des glaciers, été approuvée en votation populaire en 2023.

De manière générale, le taux d'acceptation des projets soumis au référendum facultatif au cours de la 51e législature a été relativement faible par rapport aux législatures précédentes, avec 7 échecs sur un total de 21 référendums. De plus, la participation électorale a été élevée de 5 points de pourcentage en plus par rapport à la moyenne depuis 1990, ce qui pourrait être lié au climat politique enflammé pendant la pandémie de Covid-19. Le taux d'acceptation des initiatives lors de la 51e législature a été relativement élevé (3 initiatives sur 13), tandis que le nombre d'initiatives populaires soumises au vote a été moins élevé que lors des législatures précédentes. En revanche, le Conseil fédéral et le Parlement ont élaboré de nombreux contre-projets directs ou indirects aux initiatives populaires au cours de cette législature.


Vous trouverez des informations sur les votations populaires ainsi que des explications sur les objets parlementaires et des descriptions des événements centraux de la 51e législature dans les différentes rétrospectives thématiques de la législature ainsi que dans les rétrospectives annuelles qui y sont liées.

Liens vers les rapports de législature, classés par thèmes politiques:
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Rückblick auf die 51. Legislatur: Vom Umgang des politischen Systems mit (grossen) Krisen
Dossier: Rückblick auf die 51. Legislatur

Rückblick auf die 51. Legislatur: Vom Umgang des politischen Systems mit (grossen) Krisen

Autorinnen: Anja Heidelberger und Marlène Gerber

Stand: 17.08.2023

Die unzähligen Geschichten, Ereignisse und politischen Diskussionen, die sich während der 51. Legislatur ereigneten, lassen sich ausführlich in unseren thematischen Legislaturrückblicken nachlesen. In Erinnerung bleiben werden aber wohl in erster Linie die verschiedenen Krisen, welche die Schweiz in dieser Legislatur beschäftigt haben. So war denn auch kaum ein Themenbereich nicht von mindestens einer grossen Krise betroffen. Folglich stellen wir die Krisen und deren zahlreiche Auswirkungen für Politik und Gesellschaft in den Fokus dieses themenübergreifenden Rückblicks auf die 51. Legislatur.

Die Covid-19-Pandemie
Insbesondere die Covid-19-Pandemie hatte Auswirkungen auf fast alle Politikfelder, denn neben dem stark betroffenen und belasteten Gesundheitssystem stellten die Massnahmen im Kampf gegen die Pandemie verschiedene Branchen und Personengruppen vor grosse Probleme – insbesondere auch die Unternehmen und Selbständigerwerbenden, denen der Bundesrat etwa durch Ausdehnung des Erwerbsersatzes und der Kurzarbeit sowie mit der Schaffung von Corona-Krediten und Härtefallhilfen entgegen kam. Finanziell unterstützt wurden insbesondere auch die Medien, die Kulturunternehmen und Kulturschaffenden, die Sportligen und -vereine sowie der öffentliche Verkehr und der Luftverkehr, während etwa im Bereich der Schulen, aber auch bei den Geschäftsmieten alternative Regelungen gefragt waren. Die umfassenden Massnahmen gegen die Pandemie führten in der Folge zu einem grossen Loch im Bundeshaushalt, dessen Abbaufrist das Parlament verlängerte, um einschneidende Sparrunden zu verhindern. Eine Belastung war die Pandemie auch für die Bevölkerung, welche etwa durch tiefere (Kurzarbeits-)Löhne, Kinderbetreuung im Home-Office oder Angstgefühle. Zudem stellte die Pandemie auch ein Problem für die Gesellschaft als Ganzes dar, indem sie bei Teilen der Bevölkerung zu einem Vertrauensverlust in die Institutionen führte (oder diesen verstärkte). Teile der Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz standen denn auch der Covid-19-Impfung skeptisch gegenüber, was zu besonders emotionalen Diskussionen rund um die Einführung des sogenannten Covid-19-Zertifikats führte. Hingegen konnten Armee, Zivilschutz und Zivildienst in zahlreichen Einsatzstunden v.a. im Gesundheitsbereich, aber etwa auch die Forschung bei der Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten gegen Covid-19 ihren Nutzen im Rahmen der Pandemie unter Beweis stellen. Schub bedeutete die Pandemie schliesslich für die Förderung von Homeoffice und allgemein für die Flexibilisierung und Digitalisierung der Arbeitswelt. In der 51. Legislatur nahmen Volk und Stände auch die Pflegeinitiative an, welche Massnahmen enthielt, um die pflegerische Grundversorgung zu sichern, deren Wichtigkeit im Zuge der Pandemie noch verdeutlicht worden war.

Spürbare Auswirkungen hatte die Pandemie auch auf das Institutionengefüge. Zu Beginn nahm eindeutig die Regierung das Zepter in die Hand, welche nach Ausrufen der ausserordentlichen Lage gemäss Epidemiengesetz mithilfe von auf der Verfassung beruhenden Notverordnungen und dem Epidemiengesetz alle wichtigen Entscheidungen traf, während das Parlament wegen des Ausbruchs der Pandemie die eigene Frühjahrssession vorzeitig abbrach. Mehr Spielraum erhielt das Parlament, als die Notverordnungen nach sechs Monaten verfassungsmässig durch ein Gesetz ersetzt werden mussten – die Beratung des Covid-19-Gesetzes und seine bisher fünfmalige Revision führten zu angeregten Debatten im Parlament und teilweise zu zentralen Änderungen an den bundesrätlichen Entwürfen. Zwischenzeitlich zum Stillstand kamen auch die Volksrechte, zu den Revisionen der Covid-19-Gesetze konnte sich die Stimmbevölkerung jedoch dann insgesamt dreimal äussern, wobei sie diese jeweils guthiess. Doch nicht nur das Verhältnis zwischen Exekutive und Legislative, sondern auch die Stellung der Kantone in der Pandemie sorgte immer wieder für Diskussionen. So hatte die Ausrufung der ausserordentlichen Lage die Kräfteverhältnisse eindeutig zugunsten des Bundes verschoben. Einzelne Phasen, in denen die Entscheidungsgewalt temporär bei den Kantonen lag, endeten zudem jeweils in sogenannten Flickenteppichen an Regelungen zwischen den Kantonen und nicht selten auch in dem Ruf nach erneuten Entscheidungen durch den Bund. Das Jahr 2022 stand schliesslich im Zeichen erster politischer Aufarbeitung der Covid-19-Krise, wobei insbesondere Vorstösse diskutiert wurden, mit denen Bund und Parlament krisenresistenter gemacht werden sollten.

Krieg in der Ukraine und Energiekrise
Gleich im Anschluss an die Pandemie erhielten mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine zuvor etwas weniger beleuchtete Themenbereiche aussergewöhnlich hohe Aufmerksamkeit. So löste der Krieg in der Schweiz hitzige Diskussionen zur Ausrichtung der Aussen- und Neutralitätspolitik aus, nachdem der Bund die von der EU beschlossenen Sanktionen gegen Russland und in der Folge auch alle Ausweitungen übernommen hatte und überdies über Waffenlieferungen an die Ukraine diskutiert wurde. Der Krieg führte in der Schweiz unter anderem zur Aufnahme von Flüchtenden aus der Ukraine und zur ersten Ausrufung des Schutzstatus S, aber auch zur Aufstockung des Militärbudget bis 2030 sowie zu Diskussionen über die Versorgungssicherheit im Landwirtschaftsbereich. Darüber hinaus verzeichnete die SNB im Jahr 2022 einen Verlust von CHF 150 Mrd., den sie unter anderem auf die weltwirtschaftlichen Folgen des Ukrainekriegs zurückführte.

Als direkte Folge des Ukraine-Krieges verstärkte sich zudem die Versorgungsproblematik im Energiebereich, woraufhin die Energiepreise anstiegen, was sich auch auf die übrigen Preise auswirkte. Als Reaktion auf die mögliche Energieknappheit wollte der Bundesrat in erster Linie auf erneuerbare Energien setzen, für den Notfall liess er jedoch Reservegaskraftwerke bauen. Auch flammten in der Politik gleichzeitig Diskussionen um die Vorteile von Atomkraft auf. Schliesslich wird vermutet, dass die Energiekrise dem indirekten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative zu einer Mehrheit verhalf, gleichzeitig wurde aber Ausbauprojekten zur Stromversorgung im Winter im Parlament Vorrang gegenüber Umweltbedenken gegeben.

Insgesamt zeigten die verschiedenen Krisen während der 51. Legislatur eine ungeahnt grosse Vulnerabilität bezüglich der Versorgungssicherheit in zahlreichen Bereichen auf, insbesondere im medizinischen Bereich, etwa bei den Intensivstationen und den Medikamenten, aber auch im wirtschaftlichen Bereich, hier insbesondere bei der Energie und in der Landwirtschaft.

Was sonst noch wichtig war
Natürlich brachte die 51. Legislatur auch unabhängig von den Krisen wichtige Ereignisse, Weichenstellungen und politische Entscheide mit sich.

Der im April 2021 erfolgte Abbruch der Verhandlungen über das institutionelle Rahmenabkommen prägte die Beziehungen der Schweiz mit der EU in besonderem Masse. So führte der Verhandlungsabbruch etwa auch zu einer Blockierung der Teilnahme am EU-Forschungsprogramm «Horizon Europe», woran auch die Freigabe der zweiten Kohäsionsmilliarde nichts änderte. Nach verschiedenen weiteren Sondierungsgesprächen zwischen der Schweiz und der EU verabschiedete der Bundesrat 2023 Eckwerte für ein neues Verhandlungsmandat mit der EU.

Für besonderes Aufsehen sorgte auch der im März 2023 bekannt gewordene Untergang der Credit Suisse respektive deren Übernahme durch die UBS. Zur Aufarbeitung dieser Geschehnisse wurde die fünfte parlamentarische Untersuchungskommission der Schweizer Geschichte initiiert.

Geschichte schrieben auch die Frauen, die bei den eidgenössischen Wahlen 2019 ihre Vertretung in den beiden Räten signifikant hatten steigern können. Fast fünfzig Jahre nach Einführung des Frauenstimmrechts – in der 51. Legislatur fanden auch die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum statt – betrug der Frauenanteil im Nationalrat erstmals über 40 Prozent, derjenige im Ständerat belief sich nach den Wahlen auf 26 Prozent.

Generell war die Annahmequote von durch das fakultative Referendum initiierten Abstimmungsvorlagen in der 51. Legislatur im Vergleich zu vorherigen Legislaturen eher niedrig, so scheiterten 7 von insgesamt 21 solcher Referendumsvorlagen. Zudem lag die Abstimmungsbeteiligung im langjährigen Schnitt (seit 1990) um 5 Prozentpunkte höher, was mit der während der Covid-19-Pandemie aufgeheizten politischen Stimmung in Zusammenhang stehen könnte. Die Annahmequote von Initiativen in der 51. Legislatur war vergleichsweise hoch (3 von 13 Initiativen), während gleichzeitig eher über weniger Volksbegehren abgestimmt wurde als in früheren Legislaturen. Dafür erarbeiteten Bundesrat und Parlament in dieser Legislatur auch zahlreiche direkte Gegenentwürfe oder indirekte Gegenvorschläge zu Volksinitiativen.


Informationen zu den Abstimmungsvorlagen sowie Ausführungen zu den in den jeweiligen Themenbereichen zentralen Geschäften und Ereignissen der 51. Legislatur finden Sie in den einzelnen thematischen Legislaturrückblicken sowie in den dort verlinkten Jahresrückblicken.

Zu den thematischen Legislaturrückblicken:
Politische Grundfragen
Rechtsordnung
Institutionen und Volksrechte
Föderativer Aufbau
Wahlen
Aussenpolitik
Landesverteidigung
Wirtschaftspolitik
Geld, Währung, Kredit
Landwirtschaft
Öffentliche Finanzen
Energie
Verkehr und Kommunikation
Raumplanung und Wohnungswesen
Umweltschutz
Bevölkerung und Arbeit
Gesundheit
Sozialversicherungen
Soziale Gruppen
Bildung und Forschung
Kultur, Sprache, Kirche
Medien

Rückblick auf die 51. Legislatur: Vom Umgang des politischen Systems mit (grossen) Krisen
Dossier: Rückblick auf die 51. Legislatur

Le président du Centre et conseiller national Gerhard Pfister (ZG) a déposé une initiative parlementaire afin de faire reposer la loi sur le CO2 sur le principe du pollueur-payeur. Toute émission de gaz à effet de serre rejetée en Suisse – y compris les vols d'avion au départ de la Suisse – serait ainsi couplée à l'obligation de payer une taxe incitative. Cette règle s'appliquerait également à l'ensemble des produits importés. La hauteur de cette taxe pourrait être adaptée, afin de respecter les objectifs de réduction des émissions de gaz à effet de serre fixés par la Confédération. Rappelons que le Conseil fédéral a pris l'engagement de réduire de moitié les émissions du pays d'ici à 2030 et d'atteindre la neutralité climatique en 2050. Gerhard Pfister estime que la nouvelle mouture de la loi sur le CO2 présentée par le Conseil fédéral, suite à l'échec dans les urnes de la précédente loi, manque de «pistes novatrices», d'où la nécessité d'entreprendre des choses du côté du Parlement.
La Commission de l'environnement, de l'aménagement du territoire et de l'énergie du Conseil national (CEATE-CN) a décidé, par 12 voix contre 8 et 5 abstentions, de donner suite à ce texte, la majorité estimant judicieux de récompenser les comportements vertueux, dans une logique d'économie de marché. La majorité se dit toutefois consciente de la complexité d'un tel outil qui paraît, de prime abord, simple. Une minorité de la commission préférerait s'en tenir au système actuel.

Pour une loi sur le CO2 basée sur le principe du polleur-payeur (Iv. pa. 22.451)

Am 18. Juni 2023 gelangte der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative, der mittlerweile unter dem Titel Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit (KlG) lief und meist als «Klimagesetz» bezeichnet wurde, zur Abstimmung. Die Vorlage umfasste Fördergelder für den Ersatz von fossilen Heizungen und für innovative Technologien sowie Ziele und Richtwerte für die Treibhausgasreduktion, etwa in Form von Reduktionszielen für die einzelnen Sektoren Verkehr, Industrie und Gebäude. Das grundlegende Ziel der Vorlage lag in der Erreichung von Netto Null bis 2050. Die einzelnen dafür notwendigen Massnahmen sollten jedoch erst im Rahmen der Weiterentwicklung des CO2-Gesetzes festgelegt werden.

Gegen dieses neue Gesetz hatte die SVP erfolgreich das Referendum ergriffen. Sie wurde dabei vom HEV und kleineren rechts-konservativen Parteien unterstützt. Die Gegnerschaft kritisierte, dass die Umsetzung des Gesetzes zwangsläufig zu einem Verbot von Öl, Gas, Diesel und Benzin führen werde. Infolgedessen würden der Strombedarf und die entsprechenden Kosten massiv steigen. Der erhöhte Strombedarf werde wiederum dazu führen, dass die Landschaft mit Windkraftanlagen und Solarpanels zerstört werde und trotzdem könne es gerade im Winter zu einer Strommangellage kommen.

Die Befürworterinnen und Befürworter des Klimagesetzes bestanden aus den Parteien Grüne, SP, GLP, Mitte, EVP sowie FDP.Liberale. Dazu gesellten sich noch zahlreiche Organisationen und Verbände, wie etwa Swissmem, der Schweizer Tourismus-Verband oder auch die Bankiervereinigung. Auch die Kantone, in Form der KdK, unterstützten das Gesetz. Koordiniert wurden die verschiedenen Akteurinnen und Akteure durch den eigens für den Abstimmungskampf gegründeten «Verein Klimaschutz», welcher laut eigenen Angaben über ein Budget von rund CHF 4 Mio verfügte. Das Komitee der Befürwortenden argumentierte, dass die Vorlage den Klimaschutz stärke, wichtige Anreize für die Abkehr von Öl und Gas setze und damit auch die Abhängigkeit der Schweiz von ausländischen Energielieferanten verringere. Die Bevölkerung und die Schweizer Wirtschaft würden finanziell entlastet, respektive bei der Entwicklung von klimafreundlichen Technologien unterstützt. Die Umsetzung des Gesetzes geschehe – entgegen der Einschätzung der Gegnerschaft – ohne Verbote oder neue Abgaben.

In den Medien gab besonders die Position des HEV Schweiz zu reden. Dieser hatte die Nein-Parole beschlossen, mehrere kantonale Sektionen sprachen sich jedoch für ein Ja oder für Stimmfreigabe aus. Aufgrund der Kampagne des HEV, die sich optisch und inhaltlich an der Kampagne der SVP ausrichtete, gab der damalige Ständerat Ruedi Noser (fdp, ZH) gar seinen Austritt aus dem HEV bekannt und kritisierte, dass der HEV von der SVP übernommen worden sei. In den Medien meldeten sich auch die beiden Klimawissenschaftler Thomas Stocker und Reto Knutti zu Wort. Während sich Stocker über die grelle Kampagne der SVP, welche lediglich Ängste schüre, und über einen vom Komitee «Rettung Werkplatz Schweiz» an fast alle Schweizer Haushalte versendeten Flyer enervierte – letzterer sei «unerträglich» und voller Unwahrheiten – monierte Knutti, dass lediglich über die zu befürchtenden Kosten und den Strom gesprochen werde und nicht über den Nutzen, der in der Erhaltung unserer Lebensgrundlagen liege.

Wie die APS- Zeitungs- und Inserateanalyse, welche im Vorfeld der Abstimmung durchgeführt wurde, zeigte, wurde die Abstimmungsvorlage überdurchschnittlich stark mit Inseraten beworben. Gut zwei Drittel der Inserate stammten dabei aus dem Lager der Befürwortenden, ein Drittel von den Gegnerinnen und Gegnern. Dieses Verhältnis deckte sich in etwa mit demjenigen zur Abstimmung über das CO2-Gesetz in 2021. Dem Anfang Juni 2023 publizierten Zwischenbericht des Fög konnte entnommen werden, dass das Klimagesetz in den Medien starke Beachtung fand und überwiegend positiv darüber berichtet wurde. Interessanterweise lösten nicht nur die offiziellen Kampagnen-Starts von Befürwortenden und Gegnerschaft, sondern auch die Turbulenzen um die Position des HEV einen Peak in der Medienberichterstattung aus.

In den Vorumfragen fand das Klimagesetz eine hohe, aber über die Zeit abnehmende Zustimmung. So zeigte etwa die Anfang Juni 2023 veröffentlichte dritte Umfragewelle von 20 Minuten/Tamedia, dass 56 Prozent der Befragten dem Gesetz zustimmen wollten (« Ja» oder « Eher Ja»). Der Tages-Anzeiger griff aus dieser Vorumfrage die Stimmungslage der Anhängerinnen und Anhänger der FDP heraus. Bemerkenswerterweise beabsichtigten diese grossmehrheitlich, die Vorlage abzulehnen, obwohl die Partei offiziell die Ja-Parole beschlossen hatte.

Das Abstimmungsresultat vom 18. Juni fiel dann jedoch deutlicher aus, als es die Vorumfragen prophezeit hatten. Bei einer Stimmbeteiligung von 42.5 Prozent stimmten fast 60 Prozent der Stimmenden für das neue Klimagesetz.

Abstimmung vom 18. Juni 2023

Beteiligung: 42.54%
-Ja: (59.1%)
-Nein: (40.9%)

Parolen:
-Ja: EVP, FDP (1*), GLP, GPS, Mitte, PdA, SP; SBV, SGB, VPOD
-Nein: EDU, Lega, SVP; HEV (4)
-Stimmfreigabe: SD
* in Klammern Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Die Vox-Analyse brachte zu Tage, dass die Parteizugehörigkeit respektive -sympathie ausschlaggebend war für das Stimmverhalten. So sprachen sich lediglich Personen, die sich als rechtsaussen bezeichneten und/oder sich der SVP zugehörig fühlten, mehrheitlich gegen das Klimagesetz aus. Anders als bei der Abstimmung im Jahr 2021 votierten die Sympathisantinnen und Sympathisanten der Mitte und der FDP nun mehrheitlich für das Klimagesetz (64% respektive 66%). Das Geschlecht war ebenfalls ein wichtiger Faktor beim Abstimmungsverhalten: Frauen legten häufiger ein Ja in die Urne als Männer (63% respektive 55% Ja-Anteil). Zudem sprachen auch ein hoher Bildungsgrad sowie ein hohes Salär tendenziell für eine Zustimmung zum Klimagesetz. Bei den Motiven für oder gegen das Gesetz wurden insbesondere das Thema «Umweltschutz» und «Kostenfolgen» genannt. Während sich die Befürwortenden also vor allem einen Ausbau des Umweltschutzes erhofften, kritisierten die Gegnerinnen und Gegner der Vorlage die Kosten, die mit der Umsetzung des Gesetzes einhergehen.
Die Medien ergänzten, dass wohl auch die Unverbindlichkeit der Vorlage – sie bestand bekannterweise mehrheitlich aus Zielen sowie Fördergeldern und nicht aus neuen Abgaben – zum klaren Ja geführt hatte. Zudem wurde an jenem Sonntag, im Gegensatz zur Abstimmung über das CO2-Gesetz von 2021, nicht noch über weitere umweltpolitische Anliegen abgestimmt, welche die ländliche Bevölkerung vermehrt an die Urne gelockt hätte und für mehr Nein-Stimmen hätte sorgen können. Bei der Frage nach dem « Wie weiter?» waren sich die Medien einig, dass die grosse Arbeit jetzt erst anfange. Diese bestehe darin, rasch viel Strom zu produzieren. Die politischen Akteure waren sich jedoch uneinig, wie dies am Besten geschehen solle. Zum einen befand sich der sogenannte Mantelerlass zur Zeit der Abstimmung über das Klimagesetz auf der Zielgeraden. Er soll die Erzeugung von Solar- und Windenergie sowie der Wasserkraft stark vorantreiben. Zum anderen wurde bereits im August 2022 mit der Unterschriftensammlung für die Initiative «Jederzeit Strom für alle (Blackout stoppen)» gestartet, welche sich mehr oder weniger explizit für den Bau neuer Atomkraftwerke ausspricht.

Indirekter Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. Netto null Treibhausgasemissionen bis 2050 (Pa.Iv. 21.501)
Dossier: Die Gletscherinitiative, ihr direkter Gegenentwurf und ihr indirekter Gegenvorschlag

À la suite de la publication du rapport sur une Stratégie d'avenir pour le couplage chaleur-force, le Conseil fédéral a proposé de classer l'objet. Le Conseil national a reconnu que les objectifs du postulat étaient remplis et a accepté de classer le postulat.

Zukunftsstrategie für die Wärme-Kraft-Koppelung (Po. 20.3000)

Der Ständerat prüfte in der Sommersession 2023 eine Standesinitiative des Kantons Genf vor. In dieser hatte der Kanton gefordert, dass Mietverträge von über 65-Jährigen nicht mehr gekündigt werden dürfen sofern die Gründe für die Kündigung rein wirtschaftlicher Natur sind. Der Initiant im Grossen Rat des Kantons Genf, Ronald Zacharias (mcg, GE) hatte seinen Vorstoss damit begründet, dass Immobilienverwaltungen in der Stadt Genf systematisch Mieterinnen und Mietern kündigten, um ihre Immobilie für mehr Geld an andere Personen zu vermieten. Ältere Menschen sollten vor diesen Kündigungen geschützt werden. In der Debatte vertrat Philippe Bauer (fdp, NE) die Mehrheit der RK-SR, welche ihrem Rat empfahl, der Initiative keine Folge zu geben. Bauer begründete die ablehnende Haltung der Kommission damit, dass das Problem – und damit das Anliegen der Standesinitiative – hauptsächlich den Genfer Wohnungsmarkt betreffe. Die vorgeschlagene Lösung sei deshalb nicht für die gesamte Schweiz geeignet. Ausserdem würde ein Ausbau des Mietschutzes für über 65-Jährige zu einer «schwer zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung führen». Die beiden Genfer Standesstimmen in der kleinen Kammer, Lisa Mazzone (gp, GE) und Carlo Sommaruga (sp, GE), weibelten vergeblich für die Initiative, welche vom Ständerat schlussendlich mit 29 zu 9 Stimmen abgelehnt wurde.

Mietverträge von über 65-Jährigen. Einschränkung des Kündigungsrechts der vermietenden Partei (St.Iv. 22.309)

Im März 2021 reichte Franziska Ryser (gp, SG) eine parlamentarische Initiative ein, mit der sie Grundlagen für ein CO2-Grenzausgleichssystem schaffen wollte. Ein neuer Artikel im CO2-Gesetz solle die Grundlage für ein Grenzausgleichssystem für CO2-intensive Produkte schaffen und dabei die dahingehenden Entwicklungen in der EU berücksichtigen. Ryser argumentierte, dass rund 65 Prozent des Schweizer Treibhausgas-Fussabdrucks im Ausland verursacht werde und diese Emissionen durch die Nettoeinfuhr von Waren und Dienstleistungen der Schweiz angerechnet würden. Da gewisse Staaten keine CO2-Abgaben erheben würden und deren Waren in der Schweiz dementsprechend günstiger angeboten werden könnten, entstehe für die Schweizer Wirtschaft ein sich zunehmend verschärfender Wettbewerbsnachteil. Die Einführung eines Grenzausgleichssystems könne dieses Problem beheben, indem man bei der Einfuhr die Differenz zwischen der ausländischen CO2-Abgabe und der Schweizer CO2-Abgabe verrechne. Das System setze einerseits Anreize, in der inländischen Industrie in Dekarbonisierung zu investieren, andererseits hätten auch andere Staaten vermehrt Grund, ihre klimapolitischen Massnahmen rascher umzusetzen. Da sich die EU-Kommission seit Anfang März 2021 mit der Ausarbeitung eines mit den WTO-Regeln zu vereinbarenden CO2-Ausgleichssystems auseinandersetze, solle sich auch die Schweiz an dieser Entwicklung beteiligen, das die Forderung der Motionärin. Nur so könne man ein auf den europäischen Wirtschaftsraum abgestimmtes System gewährleisten. Das gleiche Ziel hatte auch eine kurze Zeit später eingereichte Motion der WAK-NR (Mo. 21.3602), die eine Beteiligung am Grenzausgleichssystem der EU forderte.

Nachdem die UREK-NR der Initiative im April 2022 Folge gegeben hatte, tat es ihr die UREK-SR im März 2023 gleich. Damit hat die UREK-NR zwei Jahre Zeit, um einen entsprechenden Gesetzesartikel auszuarbeiten. Die Kommission des Ständerates gab in ihrer Medienmitteilung bekannt, dass sie eine Verlagerung der CO2-intensiven Schweizer Stahl- und Zementproduktion in Länder mit lascheren Klimaschutzvorschriften befürchte und daher den Handlungsbedarf anerkenne. Sie verlangte abschliessend, dass ihre Schwesterkommission den Bericht zum Postulat der APK-NR (Po. 20.3933) als Grundlage für die Erarbeitung des Grenzausgleichssystems zu verwenden habe.

Grundlagen für ein CO2-Grenzausgleichssystem schaffen

Mit einer im März 2021 eingereichten Motion forderte Isabelle Pasquier-Eichenberger (gp, GE) ein Verbot von SUV und Geländewagen. Ab 2022 sollten solche Fahrzeuge mit einem Leergewicht von mehr als zwei Tonnen nicht mehr importiert werden können, ausser wenn ein spezieller Bedarf nachgewiesen wird. Die Motionärin begründete ihr Anliegen mit ökologischen und verkehrssicherheitstechnischen Überlegungen. Solche Fahrzeuge, welche im Jahr 2019 fast 40 Prozent aller Neuwagen ausmachten, würden gegenüber mittelgrossen Autos rund 25 Prozent mehr Energie verbrauchen, was auch den Anstieg des durchschnittlichen Kraftstoffverbrauchs von Neuwagen seit 2016 erkläre.
Der Bundesrat bezeichnete den Trend zu immer grösseren, schwereren und leistungsstärkeren Fahrzeugen in seiner Stellungnahme im Mai 2021 als «problematisch». Die Regierung sei aber der Ansicht, dass Massnahmen zur Senkung des Treibstoffverbrauchs alle Personenwagenkategorien betreffen sollten. Er verwies dazu auf die im Gegenvorschlag zur Offroader-Initiative eingeführten Bestimmungen für Autoimporteure. Letztere müssen bei ihren importierten Fahrzeugflotten einen Zielwert für durchschnittliche Emissionen einhalten. Mit der Verschärfung dieser Zielwerte im Zuge der geplanten Totalrevision des CO2-Gesetzes sowie mit der Umsetzung der überwiesenen Motion von Damian Müller (fdp, LU; Mo. 20.3210), wonach diese Zielvorgaben auch auf Klein- und Nischenanbieter – welche oftmals SUV anbieten – ausgeweitet wird, erachtete der Bundesrat das Anliegen der Motion als bereits erfüllt und beantragte ihre Ablehnung.
Im März 2023 wurde die Motion abgeschrieben, da sie nicht innert der Frist von zwei Jahren abschliessend im Rat behandelt worden war.

Für ein Verbot von SUV und Geländewagen (Mo.21.3149)

Christian Dandrès (sp, GE) ersuchte das Parlament mittels einer parlamentarischen Initiative, Änderungen an den gesetzlichen Bestimmungen betreffend befristete Mietverträge vorzunehmen. Laut Dandrès würden befristete Mietverträge von «skrupellosen Vermieterinnen und Vermietern» benützt, um zu hohe Anfangsmieten zu setzen, die dann von den Mietenden weniger oft rechtlich angefochten würden – aus Angst, dass sie keine Verlängerung des Vertrags erhalten könnten. Konkret schlug Dandrès deshalb vor, dass in Regionen mit Wohnungsmangel befristete Mietverträge neu mittels amtlichen Formulars mitgeteilt werden müssten. Damit würden Mieterinnen und Mieter über ihre Rechte und Pflichten informiert und die Vermieterinnen und Vermieter zur Rechtstreue verpflichtet, da sie begründen müssten, weshalb sie nur einen befristeten Mietvertrag abschliessen wollen oder können. Bei Verstössen gegen diese Formularpflicht, sah die parlamentarische Initiative vor, dass der Mietvertrag automatisch in einen unbefristeten Vertrag umgewandelt und die Frist zur Anfechtung des Anfangsmietzinses verlängert werden soll.

Der Nationalrat beugte sich in der Frühjahressession 2023 über die parlamentarische Initiative. Für die RK-NR, welche die Vorprüfung der Initiative vorgenommen hatte, äusserten sich Patricia von Falkenstein (ldp, BS) und Sidney Kamerzin (mitte, VS). Sie führten aus, weshalb die Mehrheit der Kommission die parlamentarische Initiative zur Ablehnung empfohlen hatte. Eine Befristung sei ein wichtiges Element eines Vertrages und die geforderte automatische Umwandlung eines befristeten in einen unbefristeten Vertrag wäre ein Novum im Schweizer Recht. Ausserdem würden missbräuchliche Anwendungen von befristeten Mietverträgen bereits heute von Gerichten nicht gestützt. Betroffene Mieterinnen und Mieter hätten also bereits heute die Möglichkeit, sich rechtlich zu wehren. Schliesslich führe die neue Regelung auch zu neuer Bürokratie. Der Nationalrat folgte dem Plädoyer der beiden Kommissionssprechenden und beschloss mit 124 zu 69 Stimmen (bei 2 Enthaltungen), der parlamentarischen Initiative keine Folge zu geben. Unterstützung erfuhr die Initiative lediglich aus den Fraktionen der SP und der Grünen.

Befristeter Mietvertrag. Es braucht einen Mechanismus, um in Zeiten von Wohnungsmangel Missbrauch zu bekämpfen (Pa.Iv. 22.418)

In der Frühjahressession 2023 nahm sich der Nationalrat den von seiner RK ausgearbeiteten Entwurf betreffende eine Beschleunigung des Verfahrens bei der Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarf vor. Bereits das Eintreten auf die Vorlage wurde kontrovers diskutiert. Eine Minderheit der RK, bestehend aus Politikerinnen und Politikern von SP und Grünen, beantragte dem Rat, nicht auf die Vorlage einzutreten. Christian Dandrès (sp, GE) und Baptiste Hurni (sp, NE) beklagten beide in ihren Voten, dass der vorliegende Entwurf Teil einer Salamitaktik sei, bei der es darum ginge, das Mietrecht schrittweise auszuhöhlen. Florence Brenzikofer (gp, BL) befürchtete, dass durch die Vorlage das Machtgefälle zwischen Vermietenden und Mietenden weiter vergrössert werde. Ausserdem sei die Vorlage unnötig, da Vermieterinnen und Vermieter bereits heute das Recht hätten, bei dringendem Eigenbedarf ihrer vermietenden Partei zu kündigen. Der Schutz der Mietenden solle nicht weiter geschwächt werden, da schon jetzt Eigenbedarf sehr oft nur vorgeschoben werde, um den Mieter oder die Mieterin loszuwerden und die Wohnung zu einem höheren Preis weiterzuvermieten. Mitglieder der Fraktionen von SVP, FDP und Mitte hielten dagegen. Vincent Maître (mitte, GE) war der Ansicht, dass es bei dieser Vorlage nur darum gehe, dass Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer wieder das Recht erhalten sollen, die von ihnen gekaufte Immobilie bewohnen zu können. Mit der bestehenden Regelung, dass für die Kündigung bei Eigenbedarf ein «dringender Eigenbedarf» geltend gemacht werden muss, sei dies oft unmöglich, da es schwierig sei, die Dringlichkeit zu beweisen und dies ein langes juristisches Verfahren nach sich ziehen könnte. Ähnlich äusserte sich Christa Markwalder (fdp, BE), die darüber hinaus ausführte, dass stattdessen neu eine Kündigung bereits bei einem «bei objektiver Beurteilung bedeutenden und aktuellen Eigenbedarf» möglich sein soll. Dies sei eine ausgewogene und moderate Lösung, mit der der Schutz der Interessen der Mieterinnen und Mieter weiterhin gewährleistet sei. Pirmin Schwander (svp, SZ) plädierte im Namen der SVP-Fraktion ebenfalls für Eintreten. Er sehe in dieser Frage eher ein Machtgefälle zugunsten der Mietenden und deshalb müsse der Eigenbedarf schneller und einfacher geltend gemacht werden können. Gespalten zeigte sich die GLP-Fraktion. Beat Flach (glp, AG) war zwar prinzipiell mit dem Anliegen des Vorstosses einverstanden. Er liess jedoch durchblicken, dass innerhalb der GLP-Fraktion auch einige der Meinung seien, dass generell die Balance zwischen den beiden Lagern im Moment zulasten der Mietenden gestört sei. Da es sich zudem nur um wenige Fälle handle, in denen es zu langen Verfahren gekommen sei, sei es fraglich, ob man nun in diese Richtung legiferieren solle. Als letztes äusserte sich noch Bundesrat Guy Parmelin. Dieser beantragte dem Nationalrat im Namen des Bundesrates, nicht auf die Vorlage einzutreten. Parmelin vertrat die Meinung, dass die aktuelle Regelung ausreichend sei, um die Interessen beider Parteien zu schützen. Ausserdem komme es in der Praxis nicht zu so vielen störenden Fällen, als dass sich eine legislative Intervention rechtfertigen liesse. Entgegen diesem Antrag stimmte schliesslich eine Mehrheit des Nationalrates für Eintreten auf die Vorlage (mit 108 zu 80 Stimmen, bei 1 Enthaltung). Zu den geschlossen stimmenden Fraktionen von SP und Grünen gesellten sich auch acht Mitglieder der GLP und drei Mitglieder der Mitte-Fraktion. In der Detailberatung galt es anschliessend noch, über verschiedene Anträge der Minderheit auf Verschärfung der Regelung zur Kündigung bei Eigenbedarf zu entscheiden. Diese wurden jedoch allesamt abgelehnt. Schliesslich nahm der Nationalrat das Geschäft in der Gesamtabstimmung mit 114 zu 79 Stimmen (bei 1 Enthaltung) an.

Verfahrensbeschleunigung bei Kündigung des Mietverhältnisses wegen dringendem Eigenbedarf (Pa.Iv. 18.475)

Ständerat Carlo Sommaruga (sp, GE) reichte im September 2022 eine Motion ein, in der er forderte, dass aufgrund des Anstiegs der Energiepreise die Frist für die Begleichung von Nebenkostenrechnungen bei Verzug von Mieterinnen und Mietern vorübergehend von 30 auf 90 Tage verlängert werden soll. Die Motion stand in der Frühjahressession 2023 auf der Traktandenliste der kleinen Kammer. Dort beantragte Bundesrat Guy Parmelin dem Ständerat, die Motion abzulehnen. Die Inflation sei in der Schweiz deutlich tiefer als in anderen Ländern. Ausserdem habe der Bundesrat bereits die AHV-Renten und Ergänzungsleistungen per 1. Januar 2023 an die Inflation angepasst und mit der Kampagne «Energie ist knapp – verschwenden wir sie nicht» versucht, bei der Energieknappheit Gegensteuer zu geben. Schliesslich müssten die Änderungen per Notrecht eingeführt werden, um in der aktuellen Situation noch rechtzeitig Wirkung zu zeigen. Die Situation sei aus Sicht des Bundesrates aber nicht genügend dringend, um Notrecht zu rechtfertigen. Die Mehrheit des Ständerates folgte dem Antrag des Bundesrates und lehnte die Motion mit 29 zu 10 Stimmen ab.

Explosion der Heizkosten. Vorübergehende Verlängerung der Zahlungsfristen für Nebenkosten bei Verzug der Mieterin oder des Mieters (Mo. 22.4125)

Nach dem Ständerat befasste sich in der Frühlingssession 2023 auch der Nationalrat mit einer Standesinitiative des Kantons Genf, mittels welcher der Genfer Grosse Rat gefordert hatte, dass Mieterinnen oder Mietern, die wegen behördlich angeordneten Massnahmen gegen die Covid-19-Pandemie in Zahlungsrückständen geraten sind, eine Fristverlängerung gewährt werden soll. Konkret sollte den betroffenen Mieterinnen und Mietern eine Frist von mindestens 90 Tage gewährt werden. Die RK-NR beantragte – ebenso wie ihre Schwesterkommission –, die Initiative abzulehnen. Sprecher Beat Flach (glp, AG) erläuterte die Erwägungen der Kommission. So habe das Parlament sich bereits im Rahmen der Beratungen der Motion 20.3158 gegen eine Verlängerung der Covid-19-Verordnung im Bereich Miete und Pacht ausgesprochen. Ausserdem habe der Genfer Grosse Rat die Standesinitiative auch mit einer vorherrschenden Wohnungskrise begründet, welche jedoch der Ansicht der Kommission nach ein strukturelles Problem des Kantons Genf sei, was nicht auf nationaler Ebene angegangen werden sollte. Nicht zuletzt sehe das OR bei Zahlungsrückständen von Mieterinnen und Mietern bereits zusätzliche Fristen vor, die über das normale Vertragsrecht hinausgehen.
Eine Mehrheit des Nationalrats folgte dem Antrag seiner RK und lehnte die Standesinitiative mit 124 zu 66 Stimmen ab. Einzig die Mitglieder der Fraktionen von SP und Grünen stimmten für die Initiative.

Für eine Verlängerung der Frist bei Zahlungsrückständen der Mieterin oder des Mieters (St.Iv 21.316)

Am 19. Januar 2023 und damit fristgerecht reichten Parlamentarier und Parlamentarierinnen der SVP ihre Unterschriften für das Referendum gegen das Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit und damit gegen den indirekten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiaitve ein. Die Bundeskanzlei gab einige Tage danach bekannt, dass 103'015 gültige Unterschriften zusammengekommen waren. Damit wird die Stimmbevölkerung über das neu geschaffene Gesetz entscheiden.

Indirekter Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. Netto null Treibhausgasemissionen bis 2050 (Pa.Iv. 21.501)
Dossier: Die Gletscherinitiative, ihr direkter Gegenentwurf und ihr indirekter Gegenvorschlag