In der Frühjahrssession ging die Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (RPG), welche der Volksinitiative „Raum für Mensch und Natur (Landschaftsinitiative)“ als indirekter Gegenvorschlag gegenübergestellt werden sollte, im Nationalrat in die zweite Runde der Differenzbereinigung. Die neu gewählte grosse Kammer zeigte sich in verschiedenster Hinsicht kompromissbereit, so auch beim Kernstück des Gegenvorschlags. Seiner Kommissionsmehrheit folgend nahm der Nationalrat den ständerätlichen Vorschlag zum Mehrwertausgleich von Planungsvorteilen an und lehnte dabei zwei Minderheitsanträge ab. Grossmehrheitlich gegen diesen Beschluss opponierten die Fraktionen der FDP und der SVP. Auf der anderen Seite unterstützte die BDP-Fraktion, die sich in der Erstberatung mit dem damaligen Vorschlag zur Mehrwertabgabe noch schwergetan hatte, nun das von Mitte-Links vorgebrachte Anliegen. Dem ständerätlichen Vorschlag angefügt wurde jedoch der Zusatz, dass ein Mehrwertausgleich nur dann zu entrichten sei, wenn das Land neu und dauerhaft einer Bauzone zugewiesen wird. Zusammen mit den Mehrheitsanträgen wurden zwei Einzelanträge Hausammann (svp, TG) angenommen, welche verhindern wollen, dass der Mehrwertausgleich zur „Fiskalmassnahme“ gegen den bäuerlichen Berufsstand wird: Zum einen wird mit Annahme der Anträge die Umzonung von unbebauten Industrie- und Gewerbezonen in Zonen zu Wohnzwecken ebenfalls dem Mehrwertausgleich unterstellt, um so eine Schlechterstellung der Besitzer von umzuzonenden Landwirtschaftszonen zu verhindern. Zum anderen soll die Mehrwertabschöpfung um den Betrag gekürzt werden können, der bei Erwerb oder Bau einer selbstgenutzten landwirtschaftlichen, gewerblichen oder industriellen Ersatzliegenschaft anfällt. Der Antragsteller begründete sein Anliegen mit der zunehmenden Verdrängung kleinerer gewerblicher und landwirtschaftlicher Betriebe aus wachsenden Siedlungsgebieten. Solche Betriebe würden bei Ein- oder Umzonung oftmals keine hohen Gewinne erzielen, was in krassem Gegensatz stehe zu den horrenden Summen, die sie zur Investition in Ersatzliegenschaften aufbringen müssen. Ohne Änderungen folgte der Nationalrat dem Ständerat in weiteren Differenzen: So beschloss er einer starken Kommissionsminderheit folgend und entgegen den geschlossenen Fraktionen der BDP, FDP und SVP, dass im Kampf gegen die Zersiedelung Wohn- und Arbeitsgebiete schwergewichtig an Orten geplant werden sollten, die durch den öffentlichen Verkehr bereits angemessen erschlossen sind. Nach der ursprünglichen Fassung des Nationalrates hätte der alleinige Anschluss an das öffentliche Strassennetz ausgereicht. Weiter beschloss der Nationalrat unter Opposition der SVP Zustimmung zu einer Fassung des Ständerates, welche für die Realisierung von Vorhaben mit gewichtigen Auswirkungen auf Raum und Umwelt eine Verankerung im Richtplan fordert. Gespalten zeigte sich der Nationalrat in der Frage, ob überdimensionierte Bauzonen, resp. Bauzonen, die den Baubedarf für die nächsten 15 Jahre übersteigen, zwingend zu reduzieren seien. Hier setzten sich Grüne, SP und GLP mit Unterstützung einer starken CVP-Minderheit sowie einzelner BDP- und SVP-Mitglieder schliesslich durch: Mit 95 zu 83 Stimmen folgte die grosse Kammer dem Ständerat und beschloss eine Rückzonungspflicht im Falle von überdimensionierten Bauzonen. Zum Kurswechsel beigetragen haben nicht zuletzt die SVP-Bauern, welche sich mit ihrem Umschwenken für die Stärkung des bäuerlichen Kulturlandes stark machten. Unter Verblieb kleinerer Differenzen, so zum Beispiel betreffend Formulierung der Bestimmungen zur korrekten Installation von Solaranlagen, schickte der Nationalrat den stark verschärften Gesetzesentwurf in die dritte und letzte Runde der Differenzbereinigung. Dort stellte sich der Ständerat in fast allen verbleibenden Differenzen hinter den Nationalrat. Anstoss zu längerer Diskussion gab einzig die von Nationalrat Hausammann (svp, TG) erfolgreich eingebrachten Ausnahmen zum Mehrwertausgleich. Im Ständerat obsiegte schliesslich ein Kompromissantrag Eberle (svp, TG) welcher einzig landwirtschaftliche Eigentümer bei Einzonung zum Abzug berechtigen will, sofern die zu erwerbende Ersatzliegenschaft der Selbstbewirtschaftung dient. Mit diesem Zugeständnis an die Bauern schien das von Seiten der Bauernvertreter um Hausammann (svp, TG) angedrohte Referendum vom Tisch. Die daraufhin verbleibende Differenz bereinigte der Nationalrat, indem er dem vom Ständerat erfolgreich eingebrachten Antrag Eberle (svp, TG) diskussionslos zustimmte. In der Schlussabstimmung wurde die Teilrevision im Ständerat mit 30 zu 10 Stimmen und im Nationalrat mit 108 zu 77 Stimmen bei 10 Enthaltungen verabschiedet. Auf Ablehnung plädierte eine Grossmehrheit der FDP- und der SVP-Fraktion mit Unterstützung eines Drittels der CVP/EVP-Fraktion, darunter insbesondere die Walliser Vertreter der CVP. So stimmte auch der CVP-Präsident Christophe Darbellay (cvp, VS) gegen das revidierte RPG. Grüne, Grünliberale, BDP und SP standen geschlossen für die Gesetzesrevision ein.

Erste Teilrevision des Raumplanungsgesetzes RPG 1 (BRG 10.019)
Dossier: Revision des Raumplanungsgesetzes RPG