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Jahresrückblick 2019: Raumplanung und Wohnungswesen

Der Bereich Raumplanung und Wohnungswesen sah sich im Jahr 2019 durch vier grosse Themen dominiert. Dazu gehören einerseits zwei Anliegen, die ihren Ursprung ausserhalb des Parlaments hatten: die im Februar 2019 verworfene «Zersiedelungsinitiative» und die Volksinitiative für «Mehr bezahlbare Wohnungen», die genau ein Jahr später zur Abstimmung gelangt aber im Berichtsjahr parlamentarisch diskutiert wurde. Aus dem Inneren der politisch-repräsentativen Institutionen hingegen kamen die anderen zwei grossen Anliegen des Jahres 2019: Anläufe zur Abschaffung des Eigenmietwerts und zur Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG). Allen vier Themen ist gemein, dass die dazugehörigen politischen Auseinandersetzungen klar entlang eines Links-rechts-Schemas verliefen, sie medial nur relativ wenig Beachtung fanden und auch von der sonst so dominierenden Europäisierungsfrage weitestgehend unbehelligt abliefen.

Zuerst zur Raumplanung. Am 10. Februar lehnten Volk und Stände die Volksinitiative der Jungen Grünen klar ab. Mit 63.7 Prozent legten gut zwei Drittel der Stimmenden ein Nein in die Urne; in keinem Kanton fand sich eine Mehrheit. Laut VOTO-Studie unterstützen zwar 80 Prozent der Befragten das Kernanliegen der Initiative, nämlich einen besseren Schutz der Schweizer Landwirtschaft und des Kulturlandes. Das bestehende, eben erst revidierte - und vom Volk 2013 angenommene - RPG wurde jedoch als genügend zielführend angesehen. Lediglich die Anhängerinnen und Anhänger der Grünen (zu 91%) unterstützen die «Zersiedelungsinitiative»; die Sympathisierenden von SVP, CVP und FDP hingegen lehnten sie mit Nein-Stimmenanteilen zwischen 78 bis 84 Prozent ebenso klar ab. SP- und GLP-Anhängerinnen und Anhänger waren gespalten. Die Stimmbeteiligung von 37.9 Prozent ist als unterdurchschnittlich einzustufen, ebenso die nur mässige mediale Berichterstattung.

Auch am anderen Ende des Berichtsjahres, im Dezember 2019, findet sich ein für den den Bereich Raumplanung zwar wichtiges Ereignis, das aber gesellschaftlich nur wenig Resonanz fand. So lehnte es der eben erst neu bestellte Nationalrat in einer seiner ersten Abstimmungen ab, auf die vom Bundesrat vorgeschlagene zweite Etappe der RPG-Revision einzutreten. Bereits im Juni 2019 hatte die UREK-NR «ihrem» Rat Nichteintreten empfohlen. Im Dezember nun folgte der neue Nationalrat der Empfehlung seiner alten Kommission: SVP-, FDP- und Mitte-Fraktionen stimmten geschlossen gegen, SP, Grüne und GLP geschlossen für Eintreten, sodass am Schluss ein Ergebnis von 108 zu 86 Stimmen für Nichteintreten bei 6 Enthaltungen resultierte. Pikant dabei ist, dass genau diese zweite Etappe der RPG-Revision als Argument gegen die Zersiedelungsinitiative benutzt worden war, geht es doch bei beiden um die bessere Regulierung von Bauten ausserhalb von Bauzonen.

Auch der zweite Teilbereich, das Wohnungswesen, lässt sich für das Berichtsjahr 2019 auf zwei Kernanliegen destillieren. Zum einen sind dies parlamentarische Bestrebungen zur Aufhebung des Eigenmietwerts. Im Februar 2019 verabschiedete die WAK-SR einen entsprechenden Vorentwurf, dessen Anstoss auf einer parlamentarischen Initiative beruhte. Nach der Durchführung ihrer im Frühling 2019 eingeleiteten Vernehmlassung beschloss die Kommission im August 2019 jedoch, bei der Verwaltung weitere Informationen zu Zweitliegenschaften, Schuldzinsenabzügen und ausserfiskalisch motivierten Abzügen für Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen einzuholen. Im November 2019 beantragte die WAK-SR ihrem Rat deshalb eine Verlängerung der Behandlungsfrist bis Herbst 2021.

Auch die auf Februar 2020 zur Abstimmung angesetzte Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» war bereits im Jahr 2019 relevant. Bereits im März stimmten sowohl National- als auch Ständerat dem Vorschlag der Regierung zu, das Anliegen des Schweizer Mieterverbands Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen. Der Ausbau von preisgünstigen Mietwohnungen lasse sich besser erreichen, wenn dafür der sogenannte Fonds de Roulement aufgestockt würde, entschieden Mehrheiten in beiden Kammern. Auch in der Vernehmlassung hatten sich 24 Kantone sowie der Gemeinde- und Städteverband zwar gegen die Initiative aber für diesen indirekten Gegenvorschlag ausgesprochen. Die Aufstockung tritt nur dann in Kraft wenn die Initiative abgelehnt wird.

Jahresrückblick 2019: Raumplanung und Wohnungswesen
Dossier: Jahresrückblick 2019

Im Mai 2019 veröffentlichte der Bundesrat seinen Bericht zur Besteuerung von Grundstücken im Geschäftsvermögen mit unterschiedlicher Eigentümerschaft. Damit erfüllte er ein zwei Jahre vorher überwiesenes Postulat der WAK-NR. Dieses hatte eine Übersicht über die fiskalische Belastung von Grundstückgewinnen durch die drei Staatsebenen (Bund, Kantone, Gemeinden) verlangt. Vor allem hatte der Bundesrat zu prüfen, wie sich die Ungleichbehandlung von natürlichen Personen, also selbständig Erwerbenden, gegenüber juristischen Personen, also Unternehmen, vermeiden oder zumindest abschwächen liesse. Neben Unterschieden in der fiskalischen Belastung je nach Steuertarif und -progressionsstufe, nach Sozialabgaben und Staatsebene (Bund vs. Kantone) bestehen gemäss Bericht auch Unterschiede zwischen den einzelnen Kantonen, insbesondere zwischen Kantonen mit monistischen und dualistischen Systemen der Veranlagung. Um eine Angleichung der Steuerbelastung auf Grundstückgewinnen aus dem Geschäftsvermögen zu erreichen, zeigte der Bundesrat folgende fünf Varianten auf und rechnete diese beispielhaft durch: Anrechnungsmethode, Erhöhung des Teilbesteuerungsmasses, Ausdehnung der privilegierten Liquidationsbesteuerung, Wechsel der dualistischen Kantone zum monistischen System und Streichung der Sozialversicherungsbeiträge auf ebenjenen Grundstückgewinnen. Die Mehr- oder Mindereinnahmen der fünf Varianten konnte der Bericht allerdings mangelnder Daten wegen nicht beziffern.

Kommissionspostulat Besteuerung von Grundstücken im Geschäftsvermögen mit unterschiedlicher Eigentümerschaft

Im April legte die vom Bundesrat eingesetzte Expertenkommission zur Überprüfung eines allfälligen Systemwechsels bei der Wohneigentumsbesteuerung ihren Bericht vor. Die Kommission favorisierte die Aufhebung der Eigenmietwertbesteuerung und den gleichzeitigen Wegfall der Abzüge für Unterhaltskosten und Schuldzinsen. Da hochverschuldete Wohneigentümer von einem Systemwechsel eher negativ betroffen wären, schlug die Kommission eine zeitlich begrenzte Fortführung des Schuldzinsabzugs vor. Mit einem maximalen Abzug von CHF 10'000 im ersten Jahr und einer linearen Absenkung auf CHF 1'000 im zehnten Jahr würde sich der Systemwechsel für den Bund dennoch ertragsneutral auswirken. In Tourismusgebieten könnten allerdings massive steuerbedingte Mindereinnahmen entstehen. Aus diesem Grund empfahl die Kommission die Einführung einer Sondersteuer auf Zweitwohnungen.

Die WAK des Nationalrats wollte nicht auf die bundesrätliche Vorlage warten und erarbeitete ein eigenes Modell. Innerhalb der Kommission sprach sich die Linke für eine kostenneutrale Revision aus. Die Bürgerlichen waren in dieser Frage gespalten. Mehrheitlich bevorzugten sie eine Variante mit moderaten Steuereinbussen. Eine bürgerliche Minderheit hielt jedoch sowohl am Schuldzins- als auch am Unterhaltskostenabzug fest. Diese Variante entspricht faktisch der im Vorjahr vom Volk abgelehnten Wohneigentumsinitiative und würde bei Bund und Kantonen zu Mindereinnahmen von über einer Mrd. Fr. führen. Die Mehrheit der WAK sprach sich schliesslich für einen Systemwechsel mit Unterhaltskostenabzug aus. Diese Variante würde beim Bund Steuerausfälle von CHF 120 bis 150 Mio. und bei den Kantonen solche von CHF 240 bis 450 Mio. verursachen. Neuerwerber sollten ausserdem während 15 Jahren in den Genuss eines vollen Schuldzinsabzugs kommen. Weiter wollte die WAK eine 12jährige Übergangsfrist einführen, während der die Eigentümer das für sie günstigere Modell wählen könnten.

Steuerpaket 2001 – Vorlage zur Revision der Wohneigentumsbesteuerung (BRG 01.021)
Dossier: Steuerpaket 2001
Dossier: Vorstösse zur Abschaffung des Eigenmietwerts (1992-2023)

Eine vom Bundesrat eingesetzte Expertenkommission zur Prüfung des Einsatzes des Steuerrechts für wohnungs- und bodenpolitische Ziele kam zum Schluss, dass sich das Ziel einer breiteren Streuung von Wohneigentum mit steuerlichen Erleichterungen nur beschränkt erreichen lässt. Die Baulandhortung sei die Hauptursache für die anhaltende Baulandknappheit; erschlossenes Bauland sei nämlich ausreichend vorhanden. Einen entscheidenden Ansatz sahen die Experten in der konsequenten Besteuerung des Baulandes aufgrund des Verkehrswertes. Im Gegenzug solle die Liegenschaftssteuer abgeschafft werden, da diese vor allem ohnehin stark belastete Neuerwerber treffe und bereits heute nicht mehr in allen Kantonen erhoben werde.

Einsatz des Steuerrechts für wohnungs- und bodenpolitische Ziele (Studie 1995)