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In seinem jährlichen Antisemitismusbericht sammelt und analysiert der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) in Zusammenarbeit mit der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) seit 2008 antisemitische Vorfälle aus der deutschsprachigen, rätoromanischen und italienischsprachigen Schweiz. Die Vorfälle sammelt der SIG zum einen über eine interne Meldestelle, andererseits werden auch Fälle aufgenommen, über welche die Medien berichten, sowie vom SIG im Internet selbst recherchierte Fälle. Als Grundlage nutzt der SIG dabei die Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance. Für die Westschweiz erstellt die CICAD einen eigenen Antisemitismusbericht, der jedoch methodisch vom Bericht des SIG abweicht.

Insgesamt werden im Antisemitismusbericht von 2019 523 antisemitische Vorfälle verzeichnet. 38 Fälle fanden dabei in der «realen Welt» statt – ähnlich viele wie im Vorjahr –, 485 Fälle entfielen auf den Online-Bereich, wohingegen dieser Wert leicht unter dem Vorjahreswert zu liegen kam. Mit 95.6 Prozent machten antisemitische Aussagen die Mehrheit der Vorfälle aus, es kam aber auch zu Beschimpfungen (1.9%), Schmierereien (1.3%), Karikaturen (0.6%), Auftritten (0.6%) und sogar zu Tätlichkeiten (0.2%). Inhaltlich handelte es sich meist um antisemitische Verschwörungstheorien (36.5%), Israel-bezogenen Antisemitismus (31.0%), oder allgemeinen Antisemitismus (die Verbreitung von antisemitischen Stereotypen; 29.0%), während die Leugnung oder Banalisierung des Holocausts (3.5%) seltener war.

Der Bericht betonte insbesondere die Gefahr, welche von antisemitischen Verschwörungstheorien ausgehen, könnten doch auf solche Theorien «reale Taten mit gravierenden Konsequenzen folgen», wie etwa der rechtsextreme Anschlag im deutschen Halle zeige, dessen Urheber ebenfalls Anhänger solcher Verschwörungstheorien war. Darauf basierend forderten der SIG und die GRA, dass sich Gesellschaft, Politik und Bildung vermehrt gegen die Verbreitung solcher Theorien einsetzen sollten. Zwar begrüsste der SIG-Präsident Herbert Winter die vom Bundesrat Anfang Oktober 2019 nach dem Anschlag in Halle zusätzlich zur Verfügung gestellten CHF 500'000 für den Schutz von Minderheiten mit erhöhtem Risiko für extremistische oder terroristische Anschläge, erachtete dies aber als zu wenig. Schätzungsweise müssten jüdische Organisationen CHF 7 Mio. jährlich für Sicherheitsmassnahmen aufwenden, folglich sollten sich auch die Kantone an den entsprechenden Kosten beteiligen.

Auch in den Medien wurde die Situation jüdischer Gemeinschaften in der Schweiz und Europa thematisiert. Die Antisemitismus-Beauftragte der EU, Katharina von Schnurbein, machte gegenüber der Sonntagszeitung ein Erstarken des Antisemitismus aus und führte dieses auf die wachsende zeitliche Distanz zum Holocaust und die durch die sozialen Medien sinkenden Hürde, sich antisemitisch zu äussern, zurück.

Antisemitismus 2019

50 Jahre 1968 – dieses Jubiläum war 2018 sowohl dem Bernischen Historischen Museum als auch dem Landesmuseum Zürich eine Ausstellung zu den damaligen Ereignissen in der Schweiz und dem damit einhergehenden Zeitgeist wert. 2018 liessen die Medien das damalige Zeitgeschehen alternierend Revue passieren, insbesondere die Globus-Krawalle in Zürich, die gewalttätigsten Schweizer Aufstände im Jahr 1968, wurden der Öffentlichkeit in Erinnerung gerufen. Medial fokussiert wurde aber auf die Frage der Relevanz von 1968 für die Gegenwart. Brigitte Studer, Professorin für Schweizer Geschichte an der Universität Bern, zeigte sich im Tages-Anzeiger überzeugt, dass das Jahr 1968 der Schweiz langfristige gesellschaftliche Veränderungen gebracht habe. So würden seither etwa in Familien, in der Arbeitswelt, in der Schule und in der Armee flachere Hierarchien herrschen. Auch sei das neue Eherecht von 1988, das den Mann nicht länger als Oberhaupt der Familie taxiert, ein Resultat von 1968 gewesen. Der emeritierte Soziologe Ueli Mäder, der im Jubiläumsjahr das Buch «68 - was bleibt?» herausgab, erklärte ebenfalls in einem Interview mit dem Tages-Anzeiger, dass das Revolutionäre, das dem Jahr 1968 anhafte, ein Mythos sei: Vielen sei es mehr um sich selbst als um tatsächliche Veränderung gegangen. Trotzdem hätte im Jahr 1968 etwa die Bewegung für das Frauenstimmrecht «mächtig Schub erhalten», was erheblich dazu beigetragen habe, dass das Frauenstimmrecht 1971 politische Realität wurde. Weitere Errungenschaften des Jahres 1968 seien ein offeneres Verhalten zwischen den Geschlechtern und den Generationen, die Nulltoleranz beim Schlagen von Kindern als Erziehungsmassnahme oder auch, dass Homosexualität heute nicht mehr als Krankheit und Sünde gelte. Eine andere Haltung zu den 68er-Aktivistinnen und Aktivisten und deren Errungenschaften hatte das rechtskonservative Weltwoche-Magazin: Die angeblichen Befreierinnen und Befreier seien vielmehr Versager gewesen. Zitiert wurde etwa die ehemalige SP-Politikerin Christiane Brunner, wie sie nach ihrer politischen Karriere sagte, dass die Frauen in den Organisationen der 68er nichts zu sagen gehabt hätten und nur für das Kaffee holen und das Bett gut gewesen seien. Ebenfalls, so die Weltwoche, sei das Gros der 68er-Bewegung Hedonisten gewesen, die allein an «Sex, Love and Rock 'n' Roll» interessiert waren, oder es seien Gewaltbereite gewesen ohne jegliches politisches Programm. Die wenigen mit einem politischen Programm hätten hingegen lediglich an politischen Modellen Marx' und Lenins festgehalten, «deren Haltbarkeit seit Jahrzehnten abgelaufen war». Trotz alldem attestierte auch die Weltwoche der 68er-Bewegung einen Einfluss auf die Gegenwart. Die bürgerliche Wählerschaft wäre heute ohne die 68er-Bewegung wohl grösser, mutmasste die Weltwoche. Nicht etwa, weil die Bewegung tatsächliche Veränderungen bewirkt hätte, sondern weil ihr Einfluss bis in die Gegenwart masslos überschätzt werde, auch von vielen politischen Gegnern der 68er.

50 Jahre 1968
Dossier: 1968 in der Schweiz

Das 100-jährige Jubiläum des Landesstreiks 1918 im Herbst 2018 löste – überwiegend in der Deutschschweiz – mehrere Debatten und damit verbunden über das ganze Jahr verteilt ein grosses mediales Echo aus. Das SRF etwa widmete dem Jubiläum die eigens dafür produzierte Doku-Fiktion «Generalstreik 1918 – Die Schweiz am Rande eines Bürgerkrieges». Im November analysierte die NZZ die Geschehnisse anhand der Haltungen und Handlungen des Bundesrats und der Armeeführung und die WOZ führte Gespräche mit den Gewerkschaftsleitenden Natascha Wey und Florian Keller sowie dem Historiker Stefan Keller. Die Aargauer Zeitung sowie die Weltwoche veröffentlichten bereits im Januar ein Porträt des damaligen Streikführers und Nationalrats Robert Grimm. Während in der Aargauer Zeitung Grimm vom Autor Pirmin Meier als einer der «bedeutendsten und besonnensten Sozialdemokraten» umschrieben wurde, der einen Platz in der «Geschichte der schweizerischen Freiheit» verdient habe, sah Christoph Blocher, dessen Neujahrsrede in der Weltwoche abgedruckt worden war, Grimm als «Bürgerkrieger» und «Revoluzzer», welcher mit dem Landesstreik die bürgerliche Schweiz auf ihre «schwerste Bewährungsprobe ihrer neueren Geschichte» gestellt habe – allerdings dann in seinen 44 Jahren Nationalrat doch noch zur Vernunft gekommen sei.
Gleich zu Jahresbeginn wurde damit eine Debatte darüber losgetreten, wie man den Landesstreik deuten und seinen Protagonisten gedenken solle, denn sowohl linke als auch rechte Parteien versuchten, das Jubiläum zu ihren Gunsten zu nutzen. Der Sonntagsblick meinte hierzu, die Linke suche nach Wegen, den Streik als «Grundstein des modernen Sozialstaats zu mystifizieren» und nun wolle auch die Rechte dem Streik «ihren Stempel aufdrücken». Christoph Blocher, so der Sonntagsblick weiter, plane zum Jubiläum im Herbst einen «Grossanlass mit Soldaten in Weltkriegsuniformen», um den Soldaten und dem «standhaften Bürgertum» zu gedenken. Dadurch, so Geschichtsprofessor Christian Koller im Sonntagsblick, beziehe die SVP eine klare Gegenposition zur Linken. Doch auch die «linke Mythenbildung» sei kritisch zu betrachten, erklärte Koller weiter, denn Forderungen wie das Frauenstimmrecht, die AHV aber auch das Proporzwahlrecht oder die 48-Stunden-Woche – letztere zwei wurden in den Folgejahren nach dem Streik vom Bundesrat umgesetzt – hätten bereits vor dem Streik bestanden.
Im November 2018, 100 Jahre nach Beendigung des Streiks, griff schliesslich Christoph Blocher in Uster (ZH) das Thema erneut auf, wenn auch weniger pompös als im Frühjahr angekündigt. Er störe sich daran, gab der Tagesanzeiger die Rede Blochers wieder, dass die heutigen Historiker «Geschichtsklitterung» betrieben, um mit einem «linken Jubiläumsjahr» den wahren Zweck des Landesstreiks zu verhüllen, nämlich die Errichtung «eine[r] Diktatur des Proletariats nach russischem Vorbild». Im Tagesanzeiger kommentierte Ruedi Baumann, Blocher danke in seiner Rede denn auch nicht den Arbeitenden, sondern den «Soldaten und repressiven Behörden», welche den Streik bekämpft hatten. Als Reaktion auf den angekündigten Anlass in Uster habe im Vorfeld ein anonymes Komitee über Facebook zu einer Demonstration mit dem Slogan «Blocher hau ab» aufgerufen, wie der Tagesanzeiger weiter festhält. Das Komitee wehre sich gegen die «rechte Hetze» und wolle Blocher nicht einfach so die «Geschichte» überlassen.
Ein regelrechter Schlagabtausch zum Landesstreik fand ferner im März 2018 in einer Kommentarserie der Basler Zeitung statt. Helmut Hubacher, der mit Robert Grimm im Nationalrat gesessen hatte, lobte hier das Frauenstimmrecht, die AHV und die 48-Stunden-Woche sowie das Proporzwahlrecht als direkte oder indirekte Errungenschaften des Streiks und der SP, da diese Forderungen im Streikkatalog aufgeführt waren. Wenige Tage später widerspach Chefredaktor Markus Somm Hubachers Aussagen. Somm sah im Streik vielmehr die «grösste Niederlage und grössten Irrtum» in der Geschichte der SP, da durch den Streik die Angst vor einem bolschewistischen Umsturz geschürt worden sei und die Bürgerlichen fortan Ideen der SP «dämonisieren und damit erledigen» haben können. Wiederum eine Woche später antwortete der Militärhistoriker Hans Rudolf Fuhrer auf Somm und Hubacher. Er hob hervor, dass nachträglich vieles oft vermeintlich einfacher zu beurteilen sei. So könne eben auch heute nicht abschliessend beurteilt werden, was der Streik bewirkt habe, wie viel etwa die durch den Ersten Weltkrieg verursachte Armut und der danach folgende Hunger zum Unmut beigetragen hätten und als wie entscheidend letztlich die bolschewistische Ideologie als Triebfeder des Streiks zu deuten sei. Richtig sei sicherlich, dass bis heute «schweizerische Ereignisse» in einem internationalen Kontext beurteilt werden müssten.
International wurde das Thema denn auch in der Museumslandschaft aufgegriffen: Insgesamt nahmen über 30 Museen in der Schweiz, Frankreich und Deutschland an der Ausstellungsreihe «Zeitenwende 1918/19» teil, welche auf diese Weise die turbulente Zeit anhand verschiedener Aspekte thematisierten. Die Ausstellung über den Landesstreik im Zeughaus Schaffhausen wurde von Bundesrat Schneider-Amman eröffnet.

100 Jahre Landesstreik 1918

Mittels einer parlamentarischen Initiative Zanetti (svp, ZH) wurde gefordert, dass Art. 97 Abs. 3 ZGB aufgehoben wird. Dieser besagt, dass eine religiöse Eheschliessung nicht vor der Ziviltrauung durchgeführt werden darf, was gemäss dem Initianten einer Diskriminierung der religiösen Eheschliessung gleichkomme. Die RK-NR hatte in ihrem Bericht vom Juli 2018 kein Folgegeben beantragt (20 zu 3 Stimmen bei einer Enthaltung) und stützte diesen Entscheid auf die Schutzfunktion, die dem Primat der Ziviltrauung zugrunde liegt. Eine für die Herbstsession 2018 geplante Abstimmung in der grossen Kammer erübrigte sich jedoch, da Zanetti die Vorlage unbegründet zurückzog.

Keine Diskriminierung religiöser Eheschliessungen

Ende Januar 2017 reichte der Kanton Genf eine Standesinitiative ein, mit der die Rehabilitierung von sieben wegen der Beteiligung an der Demonstration vom 9. November 1932 verurteilter Personen gefordert wurde. An diesem Datum hatte – unter der Federführung Georges Oltramares – eine Versammlung der rechtsextremen Partei Union nationale stattgefunden, worauf die Genfer Sozialisten gleichentags eine Gegendemonstration veranstaltet hatten. Vor dem Hintergrund des aufkeimenden Totalitarismus in Europa, der Wirtschaftskrise und der Arbeitslosigkeit hatte der Regierungsrat des Kantons Genf heftige Zusammenstösse zwischen dem linken und dem rechten Lager befürchtet und entsprechend die Armee aufgeboten, um die öffentliche Sicherheit gewährleisten zu können. Während des Einsatzes hatte die Armee auf Demonstranten geschossen, wobei 13 Menschen ums Leben gekommen und 65 verletzt worden waren. Im Sommer 1933 waren sieben Demonstranten von einem Strafgericht des Bundes verurteilt worden.
Die Genfer Standesinitiative forderte, dass die Urteile des Strafgerichtes aufgehoben und die sieben Demonstranten voll rehabilitiert werden. Ihre Verurteilung sei einzig deshalb erfolgt, weil sie sich der Staatsgewalt widersetzt hätten. Im Rückblick sei eindeutig, dass der damalige geschichtliche Kontext ihre Verurteilung herbeigeführt habe und nicht etwa eine direkte Verantwortung «für das traurige Ereignis vom 9. November 1932». Vielmehr hätten die verurteilten Demonstranten «gegen den in der Schweiz oder zumindest in Genf aufkommenden Faschismus gekämpft». Eine Rehabilitierung der sieben Demonstranten käme einer Anerkennung ihres Kampfes «für die gerechte Sache» gleich oder zumindest sei es ein offizielles Eingeständnis, dass nicht sie alleine für die Toten und Verletzten verantwortlich seien, so der Inhalt der Standesinitiative.
Die RK-SR kam im April 2018 mit 5 zu 3 Stimmen zu einem anderen Schluss: Das Urteil von 1933 sei «nach Regeln des Rechtsstaats korrekt zustande gekommen». Die Mehrheit der Kommission beantragte dem Ständerat deshalb das Gerichtsurteil nicht aufzuheben und der Standesinitiative keine Folge zu geben. RK-SR-Mitglied Andrea Caroni (fdp, AR) führte die Haltung der Kommissionsmehrheit in der Ständeratsdebatte im Juni 2018 aus. Er hätte ein gewisses Verständnis gehabt, wenn der Kanton Genf den Bund beauftragt hätte, den Armee-Einsatz – gemäss Caroni «das Gravierendste an den ganzen Genfer Unruhen» – aufzuarbeiten. Doch hier ginge es darum, sich im Nachhinein über ein ganz konkretes Gerichtsurteil hinwegzusetzen. Die Konsultation des Urteils habe ergeben, dass die Verurteilten Gewalt angewandt hätten, dass sie mit Schlagstöcken ausgerüstet gewesen wären, dass sie Polizisten und Armeeangehörigen Waffen weggenommen, sie mit Steinen beworfen und verletzt hätten. Nach damaligem Strafgesetz sei das strafbar gewesen und Caroni zeigte sich überzeugt, dass dieses Urteil heute gleich gefällt würde. Der Ständerat schien dieser Argumentation mehrheitlich zu folgen und entschied in der Abstimmung mit 24 zu 17 Stimmen (1 Enthaltung) der Standesinitiative keine Folge zu geben.

Rehabilitierung von sieben wegen der Beteiligung an der Demonstration vom 9. November 1932 verurteilten Personen
Dossier: Rehabilitierungen / Aufhebungen von Strafurteilen

Die 2010 eingereichte Motion Reimann (svp, SG) zum Einhalt der Verfolgung religiöser Minderheiten im Irak wurde im Sommer 2018 im Rahmen des Bundesratsberichts über die Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte (BRG 18.006) abgeschrieben.
Die enge Verknüpfung zwischen Fragen der Religionsfreiheit und der politischen Rahmenbedingungen im Irak und im Mittleren Osten sei seit der Behandlung der Motion neuerlich durch die Lageentwicklung in der Region unterstrichen worden, erklärte der Bundesrat im Bericht. Seit dem militärischen Schlag gegen den Islamischen Staat (IS) habe es ernstzunehmende Versuche zur Versöhnung und Miteinbeziehung von Minderheiten gegeben. Die Schweiz engagiere sich daher weiter für Stabilisierungsmassnahmen, indem sie auf bilateraler Ebene beispielsweise Weiterbildungsprogramme internationaler Organisationen (IKRK, Unicef) unterstütze oder sich in Projekte zur Förderung des humanitären Völkerrechts im Irak einbringe. Auf multilateraler Ebene strebe die Schweiz eine breitere Aufklärung über die Tötung und Vertreibung christlicher und weiterer Minderheiten an. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung sei bereits im Mai an der «Madrid International Conference on the Victims of Ethnic and Religious Violence in the Middle East» gemacht worden. Daher erachtete der Bundesrat das Anliegen der Motion als erfüllt und beantragte sie zur Abschreibung.

Verfolgung religiöser Minderheiten im Irak (Mo. 10.4158)

In ihrem Bericht vom Mai 2018 machte die SiK-NR geltend, dass sie sich den Erwägungen sowohl ihrer Schwesterkommission als auch deren Rates anschliesse, und beantragte dem Nationalrat einstimmig (24 zu 0 Stimmen), die Behandlung der Motion Wobmann (svp, SO) zum Verbot der salafistischen Organisation „Lies!“ zu sistieren. Sie erachte es als sinnvoll, zunächst den Entwurf eines Bundesgesetzes über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT) abzuwarten, welcher im Frühjahr 2019 unterbreitet werden soll. Den Kantonen und Gemeinden stehe es bis dahin offen, über ein allfälliges Verbot solcher Aktionen zu befinden. Der Nationalrat gab dem Antrag in der Sommersession 2018 stillschweigend statt, womit die Behandlung der Motion für mehr als ein Jahr ausgesetzt wird.

Verbot der salafistischen Organisation "Lies!" und Unterbindung der Verbreitung von jihadistischem Gedankengut (Mo. 17.3583)
Dossier: Vorstösse und Massnahmen zur Bekämpfung islamistischer Radikalisierungstendenzen

Der Bundesrat erachtete das Anliegen des Postulats Aeschi (svp, ZG) mit dem im Sommer 2017 verabschiedeten Bericht zur Präsenz religiöser Symbole im öffentlichen Raum als erfüllt und beantragte dem Nationalrat im Rahmen seines Berichtes zu Motionen und Postulaten (BRG 18.006) die Abschreibung des Vorstosses. Dieser kam dem Antrag in der Sommersession 2018 nach.

Präsenz von religiösen Symbolen im öffentlichen Raum

«Können wir Weltfrauentage feiern, Pussyhats in der Wandelhalle stricken und gleichzeitig einer Religion die Tore öffnen, in der die Ungleichheit der Geschlechter zum Ordre public gehört?» Mit diesem und noch einigen weiteren rhetorischen Argumenten versuchte Nationalrat Zanetti (svp, ZH) in der Sommersession 2018 seine parlamentarische Initiative, mit der er die Konkretisierung des Begriffs «schweizerischer Ordre public» forderte, durchzusetzen und damit dem Scharia-Recht abzusagen. Unterstützung fand er in der Person seines Ratskollegen Yves Nidegger (svp, GE): Um Zanettis Anliegen zu untermalen, führte er das Beispiel eines amerikanischen Richters an, der offensichtlich darüber zu entscheiden hatte, welche Darstellungen nun genau als Pornographie zu definieren seien und welche eben nicht. Der Richter habe hierzu gemeint, dass er zwar keine genaue Definition von Pornographie habe, aber er es wisse, wenn er sie denn sehe; und so ähnlich verhalte es sich eben auch mit den Schweizer Richtern und dem Ordre public – und genau diesen Umstand gelte es nun zu klären. Andrea Gmür-Schönenberger (cvp, LU) stellte sich indes, als Vertreterin der Kommission, gegen diese Position. Die Kommission sei mit dem Initianten einig, dass niemand ein Scharia-Recht in der Schweiz tolerieren wolle; der eingereichte Vorstoss ziele aber gar nicht auf diesen Sachverhalt ab. Es sei festzuhalten, dass der Initiant nicht die Gesetzgebung per se bemängle, sondern in erster Linie die Urteile der rechtsanwendenden Behörden hinterfrage. Die Kommission erwarte von den Gerichten klar, dass sie ihre Aufgaben wahrnähmen und bestehende Gesetze auch anwendeten; sie sei aber ebenso der Ansicht, dass dieser Grundsatz von den rechtsanwendenden Behörden bereits umgesetzt werde. Da Zanetti nicht aufzeigen könne, inwiefern diesbezüglich ein konkreter Handlungsbedarf bestehe, sehe die Kommission auch keine Notwendigkeit zur Ergreifung entsprechender Massnahmen.
Wie zuvor schon in der vorberatenden RK-NR fand der Vorstoss auch in der grossen Kammer keinen Rückhalt: Der Nationalrat lehnte die Initiative mit 122 zu 66 Stimmen ab, womit das Geschäft nicht weiterverfolgt wird – sämtliche Befürwortungen entfielen auf die SVP-Fraktion.

Konkretisierung des schweizerischen Ordre public. Kein Scharia-Recht durch die Hintertür

In der ersten Woche der Sommersession 2018 wurde die Motion Quadri (lega, TI) auch vom Ständerat behandelt. Robert Cramer (gp, GE) wies in seiner Funktion als Kommissionssprecher den Rat darauf hin, dass ein Kommissionsmitglied seit der Veröffentlichung des Kommissionsberichtes im April offensichtlich eine Positionsänderung vollzogen habe. Während sich die RK-SR in ihrem Bericht noch mit 10 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung geschlossen für die Ablehnung der Motion ausgesprochen hatte, beantragte nun Ständerat Minder (parteilos, SH) – er hatte sich zuvor noch der Stimme enthalten – mittels eines Einzelantrags die Annahme derselben. Als Antrieb des Meinungswechsels führte Minder die jüngst erteilte Baubewilligung zum Bau der Aksa-Moschee in seinem Heimatkanton Schaffhausen an, welche von ihm selbst auch als neustes «Sorgenkind» im Rahmen dieses Vorstosses betitelt wurde. Die Kantonsbevölkerung habe ob diesem Grossprojekt grosse Bedenken und es herrsche eine weitläufige Aufregung, nicht nur aufgrund der Bedenken hinsichtlich einer zunehmenden Islamisierung, sondern auch weil sich vermehrt die Frage nach der Finanzierung des Projektes aufdränge – folglich die gleiche Frage, wie sie von der angeführten Motion aufgegriffen werde. Die Diskrepanz zwischen den von der Bauherrschaft angegebenen und von externen Bauexperten geschätzten Kosten sei dermassen frappant, dass sich der Vorstand des Türkisch-Islamischen Vereins genötigt gesehen habe, einen öffentlichen Informationsanlass zu veranstalten, um der sowohl medial als auch in der Bevölkerung geschürten Debatte Einhalt zu gebieten. Laut Minder seien Grossmoscheen in der Schweiz definitiv ein heikles Thema, nicht zuletzt auch seit der Schliessung der An-Nur-Moschee in Winterthur. Zudem zeige der Umstand, dass die Motion von einem Tessiner Volksvertreter eingereicht wurde, dass sich das Problem mittlerweile auf mehrere Kantone ausgeweitet habe. Wenn man die Bedenken der Bevölkerung nicht ernst nehme, sei es lediglich noch eine Frage der Zeit, bis diese eine entsprechende Volksinitiative lancieren werde. Diese würde dann entweder Grossmoscheen gänzlich verbieten oder die Forderung der vorliegenden Motion eines Verbots der Auslandsfinanzierung islamischer Gebetsstätten in der Schweiz sowie einer Offenlegungspflicht der Herkunft ihrer finanziellen Mittel aufgreifen. Daher bat Minder den Ständerat, es dem Nationalrat gleichzutun und die Motion anzunehmen.
Der Ständerat kam dieser Bitte aber nicht nach und lehnte den Vorstoss mit 29 zu 7 Stimmen bei 4 Enthaltungen ab. Offensichtlich hatten die abschliessenden Worte von Bundesrätin Sommaruga zu diesem Thema eine grössere Überzeugungskraft als jene von Ständerat Minder. Mit dem Verweis, dass sie mit dem genannten Projekt in Schaffhausen nicht vertraut sei und entsprechend keine Stellung dazu nehmen könne, bat sie Ständerat Minder, dennoch eine klare Trennlinie zwischen dem Bau einer Moschee und den Überlegungen zur Verhinderung von Terrorismusfinanzierung zu ziehen. Wenn jeder Moscheebau mit dem Generalverdacht der Terrorismusfinanzierung einhergehe, sei dies weder ein Dienst an den hiesigen Behörden, die sich effektiv mit dieser Problematik auseinandersetzten, noch ermögliche dies der muslimischen Gemeinschaft, ihre Gebetskultur in der Schweiz zu pflegen. Mit dem Nationalen Aktionsplan zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus seien genau solche Fragen mit Nachdruck diskutiert worden und man habe sich über die verschiedenen Staatsebenen auf 26 Massnahmen mit entsprechenden Zuständigkeiten geeinigt, deren Umsetzung nun vom Sicherheitsverbund Schweiz in Angriff genommen werde. Die Bundesrätin erläuterte dem Plenum, dass sie am Vorabend der Debatte an einer Diplomübergabe im Rahmen einer Weiterbildung für religiöse Betreuungspersonen an der Universität Bern teilgenommen habe und dort auf einen regen Austausch zwischen verschiedenen Religionsgruppen gestossen sei. Dies zeige ihr auf, wie man religiöse Betreuung in gewünschter Weise sicherstellen könne: interreligiös und in gegenseitigem Respekt vor den unterschiedlichen Religionen. Es gelte folglich, solche Bestrebungen zu unterstützen; und nicht etwa eine Motion, die einfach generell etwas sage und damit ganze Religionsgemeinschaften unter Generalverdacht stelle.

Islamische Gebetsstätten: Verbot der Finanzierung durch das Ausland und Offenlegungspflicht (Mo. 16.3330)
Dossier: Sicherheitsverbund Schweiz (SVS)
Dossier: Vorstösse und Massnahmen zur Bekämpfung islamistischer Radikalisierungstendenzen

Nach elf Amtsjahren kündete Benno Schnüriger, etwas früher als geplant, im Herbst 2017 seinen Rücktritt vom Amt des Synodalratspräsidenten der Zürcher Katholikinnen und Katholiken an und ebnete damit einem historischen Entscheid den Weg: Zum allerersten Mal wählte die Synode des Kantons Zürich im April 2018 eine Frau an die Spitze der katholischen Exekutive. Das bisherige Synodalratsmitglied Franziska Driessen-Reding würde also ab Juli 2018 das Amt der obersten Zürcher Katholikin innehaben. Um der neuen Vorsteherin der Glaubensgemeinschaft etwas auf den Zahn zu fühlen, lud die Luzerner Zeitung im Mai zu einem umfassenden Interview ein. Die designierte Präsidentin nutzte diese Gelegenheit, um über Fragen zur römisch-katholischen Kirche im Allgemeinen und zu ihrer Rolle und Funktion in und für die Schweizer Gesellschaft zu sprechen. Dabei äusserte sie sich zu Themen wie der Rolle der Frauen in der katholischen Kirche und der damit einhergehenden Entwicklung der Frauenordination im Schatten der Männerdominanz, zum Verhältnis der Schweizer Landeskirche zu Rom und ihrer persönlichen Haltung zu den Päpsten Franziskus und Benedikt, zum Verhältnis zu Bischof Vitus Huonder und der Forderung nach einem eigenständigen Bistum Zürich oder zur Akzeptanz verschiedener Religionsgemeinschaften in der Schweiz und der Rolle der Kirche im Feld der Flüchtlings- und Asylpolitik. Während das gesamte Interview zwar auch kritisch, aber im Grossen und Ganzen sachlich geführt wurde, lösten die Antworten der Zürcherin zur Flüchtlings- und Asylfrage im Nachgang des Interviews einen regelrechten Eklat aus.
Gefragt, ob sich denn die Schweizer Asylpolitik mit den katholischen Werten decke und die Katholiken dem persönlichen Beispiel Driessens folgen und Flüchtlinge aufnehmen sollten, antwortete sie: «Wir Kirchen müssen uns in solchen Debatten einbringen. Zwar werden wir kritisiert, die Kirche habe in der Politik nichts zu melden und solle getrennt sein vom Staat. Aber wenn es um Menschenrechte geht, müssen wir laut werden [...]. Der Churer Weihbischof Peter Henrici sagte 2004, ein guter Christ könne nicht SVP wählen. Ich glaube, ich könnte ihm recht geben. Es bereitet mir Mühe, wie man sich als Teil einer Kirche sehen kann, wenn man deren wichtigsten Grundwert nicht achtet: für den Nächsten da zu sein.»
Das sei anmassend und verletzend, polterte tags darauf Thomas Burgherr, Präsident der Aargauer SVP, in der Aargauer Zeitung und forderte Driessen via Facebook zu einer öffentlichen Entschuldigung auf. Die Kirche habe für alle Menschen und Meinungen offen zu sein. Es sei ihm nicht wirklich klar geworden, ob «diese Frau» tatsächlich an Gott glaube, sie klassifiziere zwar, wer ein guter Christ sei, zeige selbst aber kein klares Bekenntnis zu Gott. Er selbst sehe absolut keinen Konflikt zwischen den christlichen Werten und der SVP-Asylpolitik: Jene Flüchtlinge, die an Leib und Leben bedroht seien, müsse man schützen. Was jedoch nicht gehe, seien die vielen Wirtschaftsflüchtlinge, die lediglich das System missbrauchten. Auch die von Driessen angesprochene Anerkennung vom Islam und von orthodoxen Gemeinden unterstütze er nicht, schliesslich seien wir ein «christliches Abendland und wollen das auch bleiben». Die Aargauer Zeitung verwies darauf, dass Driessen betonte, sie wolle niemanden aus der Kirche ausstossen, das Gastrecht aber verteidigen; sie sehe daher auch keinen Grund für eine Entschuldigung. Nationalrätin Flückiger (svp, AG) kündigte in der Luzerner Zeitung indes erste Konsequenzen an: Sie sei masslos enttäuscht über Frau Driessens Aussage und habe bereits das Formular für den Kirchenaustritt heruntergeladen und überlege sich nun, zu den Reformierten zu wechseln. Zwischenzeitlich erwarte sie eine Entschuldigung und eine Stellungnahme des Bistums Basel. Roberto Martullo-Blocher, Ehemann von Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (svp, GR), forderte gar den Rücktritt der Synodalratspräsidentin und ermahnte sie, nicht zu vergessen, woher denn die meisten Steuergelder für ihre Kantonalkirche kämen – «von den SVP-Leuten». Er selbst war bereits im Januar aus der Kirche ausgetreten, da die Führung der Kantonalkirche stets gegen den Bischof von Chur schiesse, um damit eine Abspaltung vom Bistum zu provozieren. Der Bischof von Chur, Vitus Huonder, hingegen bedauerte es sehr, dass der Eindruck entstanden sei, dass eine Bundesratspartei nicht wählbar sei. Die katholische Kirche halte alle Parteien, die rechtsstaatliche Grundlagen einhalten, für wählbar und bevormunde die Gläubigen politisch nicht. Dennoch versäumte er es nicht, an den vorherrschenden Konflikt zwischen der römisch-katholischen Kirche und den Kantonalkirchen zu erinnern: Die Zürcher Kantonalkirche sei vom Staat geschaffen und somit kein Teil der römisch-katholischen Kirche; Driessen repräsentiere daher nur sich selbst.
Rund zwei Wochen nach Erscheinen des Interviews nahm schliesslich auch der Bischof von Basel, Felix Gmür, im Rahmen eines eigenen Interviews, mit dem Schwerpunkt Asylpolitik, in der Solothurner Zeitung Stellung. Gefragt, ob ein Christ guten Gewissens SVP wählen könne, fragte er lediglich: «Weshalb diese Frage? Die Kirche macht keine Parteipolitik». Darauf hingewiesen, dass Frau Driessen dieser Ansicht sei, erwiderte er lediglich, ob sie denn auch gesagt habe, warum sie dieser Meinung sei. Ansonsten sei diese Aussage nur plakativ. Die Kirche schliesse Menschen mit unterschiedlichen Ansichten nicht aus, man müsse mit diesen ins Gespräch kommen. In gewissen Punkten gebe es sicherlich übereinstimmende Ansichten von Kirche und Parteiprogrammen, in anderen wiederum könnten diese gänzlich divergierend sein; es sei aber nicht die Aufgabe der Kirche, politisches Geschehen zu gestalten. Auf die Anmerkung, dass sich zahlreiche Politiker oft auf die christlich-abendländischen Werte beziehen und ob das denn nicht zu einer Instrumentalisierung der Kirche führe, erwiderte er, dass nicht die Kirche selbst, sondern kirchliche Symbole instrumentalisiert würden, was ein gänzlich falsches Mittel zur Abgrenzung sei. Christliche Identität zeige man am besten, in dem man als Christ lebe, beispielsweise, indem man mehr Ausbildungsmöglichkeiten für junge Asylbewerber anbiete: Das sei eine konkrete Hilfe am Nächsten, weil die Leute so nicht mehr ausgegrenzt würden und von Fürsorge leben müssten. Auf die Anmerkung, dass das jetzt aber schon politisch sei, antwortete er, dass die Kirche lediglich Vorschläge mache und ansage, welchen Weg sie für gut befinde; was umgesetzt werde, bestimme aber die Politik.

Dürfen gute Christen SVP wählen?

Nachdem die Motion Quadri (lega, TI) – entgegen der bundesrätlichen Ablehnungsempfehlung – in der Herbstsession 2017 im Nationalrat angenommen worden war, wurde sie im Vorfeld der Sommersession 2018 abermals zur Ablehnung empfohlen. Dieses Mal stand die RK-SR als Opponentin dem Vorstoss entgegen und beantragte dem Ständerat in ihrem Ende April veröffentlichten Bericht deutlich, der Motion nicht nachzukommen (10 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung).
Die Forderung nach einem Verbot der Auslandsfinanzierung islamischer Gebetsstätten in der Schweiz sowie einer Offenlegungspflicht der Herkunft ihrer finanziellen Mittel tangiere mit der Religions-, der Vereinigungs- und der Sprachenfreiheit wesentliche Grundrechte, welche für Muslime genauso gelten würden wie für alle anderen religiösen und nicht-religiösen Personen. Zudem weise sie hinsichtlich des Gebots der Gleichbehandlung gerade aufgrund der Ausrichtung auf eine bestimmte Religionsgemeinschaft eine gewisse Problematik auf. Wie zuvor schon der Bundesrat wies auch die Kommission darauf hin, dass der Verweis auf Österreich an dieser Stelle aufgrund der bestehenden Unterschiede im öffentlich-rechtlichen Rahmen nicht greife. Die Kommission war der Ansicht, dass islamistischen Predigern und Gemeinschaften anderweitig Einhalt geboten werden könne und verwies hierbei auf das NDG sowie den im Dezember 2017 verabschiedeten Nationalen Aktionsplan zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus (NAP). Auch die Forderung bezüglich der Kenntnisse einer Landessprache tat die Kommission mit einem Verweis auf die Verordnung über die Integration von Ausländerinnen und Ausländern ab.

Islamische Gebetsstätten: Verbot der Finanzierung durch das Ausland und Offenlegungspflicht (Mo. 16.3330)
Dossier: Sicherheitsverbund Schweiz (SVS)
Dossier: Vorstösse und Massnahmen zur Bekämpfung islamistischer Radikalisierungstendenzen

Mit einer Motion Addor (svp, VS) sollte der Bundesrat beauftragt werden, die gesetzliche Grundlage für ein Verbot der Finanzierung von Moscheen und islamischen Gebetsräumen durch Staaten, die Terroristen unterstützen und die Menschenrechte verletzen, zu schaffen. Als Stein des Anstosses – einer unter vielen, wie Addor betonte – führte der Motionär die Eröffnung des Museums für islamische Zivilisation in La Chaux-de-Fonds an. Wie bei vielen anderen Projekten stelle sich auch hier die Frage nach dem Ursprung der finanziellen Mittel. Es sei bis anhin bekannt, dass viele muslimische Einrichtungen direkt oder indirekt über Länder wie die Türkei oder die Golfstaaten finanziert würden; darunter befänden sich auch Staaten, welche terroristische Organisationen unterstützten oder im Verdacht stünden, die Menschenrechte nicht einzuhalten. Des Weiteren bestehe ein wesentliches Problem darin, dass das Einbringen eines fundamentalistischen und politischen Islams über die finanzielle Unterstützung durch diese Länder die innere Sicherheit der Schweiz gefährde, da der nationale Zusammenhalt sowie die nationale Identität durch den wachsenden Kommunitarismus bedroht seien. Gerade zum Schutz der eigenen Souveränität sei es essentiell, über entsprechende Mittel und zuallererst über die gesetzlichen Grundlagen zur Identifikation dieser Geberstaaten zu verfügen.
Der Bundesrat erläuterte in seiner Stellungnahme, dass er sich der Risiken für die innere Sicherheit und den Religionsfrieden, die vom religiösen Extremismus ausgingen, durchaus bewusst sei, empfahl die Vorlage aber dennoch zur Ablehnung. Mit Verweis auf die Stellungnahme zur Motion Quadri betonte Bundesrätin Sommaruga, dass es bereits verschiedentliche Grundlagen hinsichtlich der Bekämpfung dieses Phänomens gebe, welche juristisch zugesichert würden. Spezifische bundesrechtliche Grundlagen zur systematischen Erfassung von Geldquellen der muslimischen Gemeinschaft gebe es zwar keine, die Identifizierung dieser Quellen sei hingegen gestützt auf Art. 5 ZNDG möglich. Zudem könne sich der Bund auch auf allgemein zugängliche Informationsquellen stützen. Des Weiteren wurde die Bundesrätin nicht müde zu betonen, dass religionspolitische Fragen klar dem Zuständigkeitsbereich der Kantone zugeordnet seien. In jenen Kantonen, die bereits rechtliche Voraussetzungen für die Anerkennung anderer Religionsgemeinschaften geschaffen hätten, bestünden bereits solche Transparenzvorschriften. Ein abschliessender Kritikpunkt an der Vorlage galt deren ausschliessendem Charakter: Mit der Motion würde das Finanzierungsverbot ausschliesslich die muslimischen Gemeinschaften erfassen und berge folglich auch die Gefahr, eine ganze Religionsgemeinschaft unter Generalverdacht zu stellen.
Die bundesrätlichen Argumente schienen die Nationalrätinnen und Nationalräte eher überzeugt zu haben und so stimmten diese, ohne weitere Wortmeldungen, mit 96 zu 90 Stimmen bei sieben Enthaltungen gegen den Vorstoss.

Verbot der Finanzierung von Moscheen und islamischen Gebetsräumen durch Staaten, die Terroristen unterstützen und die Menschenrechte verletzen

Die im September 2017 vom Nationalrat angenommene Motion Wobmann (svp, SO) für ein Verbot der salafistischen Organisation „Lies!“ sowie anderslautender Organisationen mit gleicher Zielsetzung sollte in der Frühjahrssession 2018 auch im Ständerat behandelt werden. Die SiK-SR kam dieser Debatte aber zuvor und beantragte bereits in ihrem Bericht vom Januar 2018 einstimmig die Sistierung der Behandlung gemäss Art. 87 Abs. 3 ParlG. Die Kommission hatte im Rahmen ihrer Beratung festgestellt, dass die Möglichkeiten für ein Verbot von Aktionen der erwähnten Organisationen – wie auch bereits der Bundesrat in seiner Stellungnahme erläutert hatte – auf Kantons- und Gemeindeebene gegeben sind. Da diese Thematik aber weiterreichende Effekte mit sich bringe, stelle sich nun doch die Frage, ob man die Rechtsvorschriften und Massnahmen auf der Bundesebene ausweiten wolle. Daher wolle die Kommission zunächst den für das Frühjahr 2019 angesetzten Entwurf des Bundesgesetzes über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus abwarten und die vorliegende Motion in diesem Zusammenhang beraten. Die Aussetzung des Geschäftes für mindestens ein Jahr wurde im Ständerat ohne Diskussion durchgesetzt. Damit diese aber vollends in Kraft tritt, muss das Geschäft nochmals an den Nationalrat zurückgegeben werden, da auch dessen Zustimmung benötigt wird.

Verbot der salafistischen Organisation "Lies!" und Unterbindung der Verbreitung von jihadistischem Gedankengut (Mo. 17.3583)
Dossier: Vorstösse und Massnahmen zur Bekämpfung islamistischer Radikalisierungstendenzen

Im Rahmen des alljährlichen Bundesratsberichts über die Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte (BRG 18.006) wurde auch die Motion Streiff-Feller (evp, BE) zur verstärkten Thematisierung der Religionsfreiheit angesprochen. Da der Vorstoss auch zwei Jahre nach dessen Überweisung noch nicht erfüllt war, erläuterte der Bundesrat im Kapitel II des Berichts der zuständigen Kommission (APK-SR) den Realisierungsstand der Motion. Im internationalen Kontext habe sich die Schweiz aktiv an den Arbeiten der UNO beteiligt, indem sie diverse themenspezifische Resolutionen mitverhandelt, mitunterzeichnet und verabschiedet habe. Des Weiteren habe sie an interaktiven Dialogen mit Sonderberichterstattern zur Religions- und Glaubensfreiheit sowie an internationalen Symposien gegen religiöse Intoleranz teilgenommen. Seit März 2017 habe die Schweiz den Vorsitz der «International Holocaust Remembrance Alliance» inne und unterstütze in diesem Rahmen die Förderung der Geschichtsforschung und des Unterrichts über den Holocaust in den Mitgliedsländern. Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit seien in bilateralen Gesprächen mit diversen Ländern, die religiöse Toleranz im Rahmen der ersten politischen Konsultation mit der Organisation für islamische Kooperation thematisiert worden.

verstärkte Thematisierung der Religionsfreiheit

Il y a 100 ans naissait la première association de paysannes dans la Broye. La création de l'Association des paysannes vaudoises – qui s'appelait alors l'Association des productrices de Moudon – fut initiée par Augusta Gillabert-Randin qui, toute sa vie durant, fera en sorte de faire reconnaître l'importance du travail fourni par les paysannes. Comme expliqué par l'historienne Monique Fontannaz, la première guerre mondiale a été l'occasion pour les femmes de se rendre compte qu'elles étaient capables de mener l'exploitation sans leur mari astreint au service militaire. Augusta Gillabert-Randin s'est engagée pour l'indépendance des femmes, par la vente de leurs produits au marché, menant à un rapprochement entre consommateurs et productrices. Pour l'occasion, une cérémonie en présence du conseiller fédéral – anciennement agriculteur et viticulteur – Guy Parmelin et du conseiller d'Etat vaudois Philippe Leuba (VD, plr) a été organisée.

Il y a 100 ans naissait la première association de paysannes

Im Juli 2016 startete das SEM ein einjähriges Pilotprojekt für eine muslimische Seelsorge in den Zürcher Bundesasylzentren. Das Projekt sei in enger Zusammenarbeit mit den reformierten und katholischen Landeskirchen sowie mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) erarbeitet worden, welche die Seelsorge bis anhin angeboten hatten. Ziel des Projekts – welches von der Vereinigung der Islamischen Organisationen in Zürich (VIOZ) umgesetzt werde – sei zu prüfen, welchen Nutzen eine muslimische Seelsorge bringe und ob diese allenfalls in Zukunft flächendeckend in allen Schweizer Bundesasylzentren angeboten werden könne. Insgesamt wurden für diese Periode drei muslimische Seelsorgende durch das SEM angestellt – eine Frau und zwei Männer –, wie das SEM in einer Medienmitteilung bekannt gab.
Im Oktober 2017 veröffentlichte das Schweizerische Zentrum für Islam und Gesellschaft (SZIG) der Universität Freiburg einen Evaluationsbericht über den Nutzen und die Machbarkeit einer muslimischen Seelsorge in Bundesasylzentren. Das SZIG hatte das Pilotprojekt über die gesamte Zeitspanne hinweg begleitet und untersuchte mit Daten über die Auslastung der Bundesasylzentren sowie mit Ergebnissen aus teilnehmender Beobachtung und qualitativer Interviews, welche Auswirkungen der Einsatz der drei Seelsorgenden hatte.
Die Evaluation habe gezeigt, dass «die muslimische Seelsorge einen klaren Mehrwert für die Asylsuchenden, das Asylzentrum sowie die Schweizer Gesellschaft» biete. Viele Asylsuchende hätten den Wunsch, mit einer Person der eigenen Religion zu sprechen. Weiter hätten die Seelsorgenden eine «Brückenfunktion» zwischen dem Herkunftsland und der Schweizer Gesellschaft einnehmen können. Insbesondere der Abbau von Vorurteilen und Missverständnissen sowie die Vermittlung eines Islams, welcher mit einem säkularen Staat sowie einer pluralistischen Gesellschaft vereinbar sei, seien im Zentrum gestanden. Damit und mit ihrer Vorbildfunktion hätten die Seelsorgenden auch dabei helfen können, «extremistischen Auffassungen den Nährboden [zu] entziehen».
Das SZIG empfahl entsprechend, die muslimische Seelsorge schrittweise auf weitere Bundesasylzentren schweizweit auszubauen. Dafür sei es einerseits zentral, dass Seelsorgende beider Geschlechter eingesetzt würden, andererseits brauche es ein spezifisches Weiterbildungsangebot für die künftigen Seelsorgenden. Es sei jedoch unklar, wie das Projekt finanziert werden solle. Die christliche Seelsorge werde derzeitig von den Landeskirchen finanziert, die muslimischen Organisationen hätten aber die nötigen Mittel dafür nicht, auch wenn sie stark an einer muslimischen Seelsorge interessiert seien.
Aufgrund der positiven Ergebnisse und der gleichzeitig unklaren finanziellen Lage entschied das SEM im Februar 2018, das Pilotprojekt bis Ende Juni 2018 zu verlängern und dann einzustellen. Da der Kanton Zürich die muslimische Seelsorge als ein wichtiges Angebot erachtete, führte der Verein «Qualitätssicherung der Muslimischen Seelsorge in öffentlichen Institutionen» (QuaMS) das Angebot von muslimischer Seelsorge ab Sommer 2018 in zwei Zürcher Bundesasylzentren weiter.

Pilotprojekt: Muslimische Seelsorge in Bundesasylzentren

Eine im Herbst 2017 eingereichte parlamentarische Initiative Zanetti (svp, ZH) forderte die Konkretisierung des Begriffs „schweizerischer Ordre public“ im IPRG, sodass im kollisionsrechtlichen Falle das Scharia-Recht nicht mit dem schweizerischen Ordre public vereinbar sei. Die Formulierung solle zwar weiterhin eine möglichst offene Anwendung finden, dennoch solle aber verhindert werden, dass über das internationale Privatrecht eine Hintertür geschaffen werde, welche mit Rückgriff auf eine abgeschwächte öffentliche Ordnung dem Scharia-Recht zu einer Anerkennung in der Schweiz verhelfe.
Bisweilen werde diese Konkretisierung von den rechtsanwendenden Behörden übernommen, zeige aber gerade im internationalen Privatrecht einen mangelnden Durchsetzungswillen des Schweizer Ordre public auf, weshalb diesbezüglich Aufweichungstendenzen hin zu einem „Ordre public atténué“ ersichtlich seien. Der Initiant ging davon aus, dass Normenkonflikte, ausgehend von der beständigen Immigration, gerade mit dem Scharia-Recht zunehmen und beispielsweise im Bereich des Eherechtes noch viele Fragen aufwerfen werden. Das Wesen des Ordre public sei aber als eine Grenze zur Vermeidung eines Ergebnisvollzugs zu verstehen, der mit schweizerischen Rechtsanschauungen nicht übereinstimme. Wenn die verantwortlichen Behörden dieser Grenzziehungsbereitschaft nicht mehr nachkommen wollten, sei es eben am Gesetzgeber, entsprechende Normen zu konkretisieren.
In der Vorprüfung des Vorstosses konnte die RK-NR nicht gänzlich von der Sache überzeugt werden. Mit 15 zu 9 Stimmen beantragte diese kein Folgegeben. Die Kommissionsminderheit – darunter auch Zanetti selbst – sprach sich explizit für eine Konkretisierung aus, damit der Spielraum für Gerichte und rechtanwendende Behörden in der Begriffsauslegung eingeschränkt werde. Es obliege dem Gesetzgeber selbst, die Grundprinzipien und Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung im Gesetz vorzugeben. Die Kommissionsmehrheit hingegen war diesbezüglich anderer Auffassung und sprach sich für den Status quo aus. Mit Bezugnahme auf die Art. 17 und 27 IPRG liess sie verlauten, dass die Anwendung des Ordre-public-Vorbehaltes bei der Anerkennung von ausländischen Entscheiden wesentlich restriktiver sei als bei der Anwendung von fremdem Recht. Des Weiteren hielt sie fest, dass per se keine ausländische Rechtsordnung Ordre-public-widrig sei, was insbesondere auch für die islamische Rechtsordnung gelte. Mit den bestehenden Rahmenbedingungen würde heute bereits dafür Sorge getragen, dass kein ausländisches Recht zur Durchsetzung gebracht werde, das nicht mit den schweizerischen Vorgaben vereinbar sei. Daher sehe sie diesbezüglich keinen Handlungsbedarf.

Konkretisierung des schweizerischen Ordre public. Kein Scharia-Recht durch die Hintertür

Mitte September 2017 schrieb der Bundesrat in einer kurzen Stellungnahme, dass er den Wert des Gosteli-Archivs anerkenne und dass das Archiv eine solide finanzielle Basis brauche. Er zeigte sich bereit, zusammen mit möglichen Partnern abzuklären, wie das Gosteli-Archiv erhalten werden könnte, stellte aber gleichzeitig klar, dass diese Abklärung allein kein Präjudiz für eine finanzielle Beteiligung des Bundes schaffen würde.

Am 29. September gelangte das Geschäft in den Nationalrat, wo es zunächst von Yves Nidegger (svp, GE) bekämpft und die Diskussion entsprechend verschoben worden war.
In der Wintersession 2017 wurde das Geschäft dann im Nationalrat diskutiert. Alle fünf Frauen, die jeweils einzeln das gleichlautende Postulat (Po. 17.3329, Po. 17.3330, Po. 17.3335, Po. 17.3336, Po. 17.3337) eingereicht hatten, ergriffen das Wort. Was das Gosteli-Archiv so einzigartig mache, sagte Schmid-Federer (cvp, ZH), sei der Umstand, dass die Frauenbewegung in öffentlichen Archiven kaum bis gar nicht vorkomme, weil die Schweizer Frauen bis 1971 keine politischen Rechte besassen. Das Archiv enthalte Zeugnisse, die von den staatlichen Archiven vernachlässigt worden seien: Zum Beispiel sei Schweizer Bürgerinnen bis 1952 bei einer Heirat mit einem Ausländer das Bürgerrecht entzogen worden. «Diese historische Sammlung zu verlieren bedeutet somit zugleich, einen Teil der Identität der Schweiz zu verlieren», schlussfolgerte Schmid-Federer. Der Grosse Rat des Kantons Bern habe im September einstimmig zugesagt, einen Beitrag zum Erhalt des Gosteli-Archivs zu leisten. Der Kanton könne die Finanzierung aber nicht alleine stemmen, weshalb auch der Bund eine subsidiäre Finanzierung übernehmen solle, so die CVP-Nationalrätin weiter. Maya Graf (gp, BL) strich hervor, dass die Frauenbewegung zu der grössten und friedlichsten sozialen Bewegungen im letzten Jahrhundert zähle. Weil die Frauen aber bis 1971 in der offiziellen Politik, den Institutionen und Verwaltungstätigkeiten nicht vorkamen, fehle die Dokumentation ihres Engagements auch im Bundesarchiv. Marthe Gosteli habe mit ihrer Stiftung einen wichtigen Teil der Schweizer Geschichte gerettet, so Graf. Kathrin Bertschy (glp, BE) wies darauf hin, dass das Gosteli-Archiv nicht einfach die Geschichte der Frauenorganisationen beleuchte, sondern die Geschichte des Bundesstaates. Es gebe nicht «die offizielle Politikgeschichte der Männer und die inoffizielle Geschichte der Frauen», vielmehr sei «beides Teil unserer gemeinsamen Geschichte», so Bertschy.
Neben den fünf Frauen ergriff einzig Yves Nidegger das Wort. Nidegger lobte die Geschichte der Frauenbewegung in der Schweiz als «particulièrement héroïque». Denn anders als in den meisten Ländern Europas, in welchen mit der Einsicht der Gleichstellung von Mann und Frau das Stimm- und Wahlrecht der Frauen als Selbstverständlichkeit Einzug in die jeweiligen Verfassungen gehalten habe, hätten die Schweizer Frauen für ihre politischen Rechte regelrecht kämpfen müssen. Die Anerkennung für Gostelis Arbeit bestehe gerade darin, dass sie mit privatem Engagement und privaten Mitteln – und ohne staatliche Hilfe – gegen die fehlende offizielle Anerkennung der Rolle der Frau gekämpft habe. Vor diesem Hintergrund sei eine staatliche Finanzierung der falsche Weg, um diesem privaten Engagement den gebührenden Respekt entgegenzubringen.
Bundesrat Alain Berset nahm den Ball Nideggers auf und präzisierte, dass mit der Annahme der Postulate noch keine Finanzierung erfolge und somit auch kein Präjudiz geschaffen werde. Stattdessen werde lediglich geprüft, ob die notwendigen Bedingungen für eine staatliche Unterstützung des Gosteli-Archivs gegeben seien und ob eine gesetzliche Grundlage bestehe, die eine subsidiäre Finanzierung des Bundes erlaube. Berset machte die Nationalrätinnen und Nationalräte darauf aufmerksam, dass es sich beim Gosteli-Archiv um Bestände von ungefähr einem Kilometer Länge handle und dass es als Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung gelte. Deshalb solle die Versammlung den Vorstössen zustimmen.
In der anschliessenden Abstimmung wurden die fünf gleichlautenden Postulate mit 134 zu 49 Stimmen (keine Enthaltung) angenommen. 47 Nein-Stimmen stammten von der SVP-, die restlichen zwei von der FDP-Fraktion.

Sauver les archives Gosteli
Dossier: Gosteli-Archiv

Der Bundesrat sah das Postulat von Siebenthal (svp, BE) zur Situation religiöser Minderheiten und zu den von der Schweiz getroffenen Massnahmen zu deren Schutz im Rahmen seines Aussenpolitischen Berichts 2016 als erfüllt an und beantragte dem Nationalrat in seinem Bericht über Motionen und Postulate (17.006) die Abschreibung des Geschäfts.

Situation religiöser Minderheiten und mögliche Massnahmen

Eine Motion Quadri (lega, TI) beauftragt den Bundesrat mit einem Gesetzesentwurf für ein Verbot der Auslandfinanzierung islamischer Gebetsstätten in der Schweiz sowie eine Offenlegungspflicht der Herkunft ihrer finanziellen Mittel. Des Weiteren sollen die Imame dazu verpflichtet werden, ihre Predigten jeweils in der ortsgebundenen Landessprache vorzutragen. Der Motionär verwies in seinen Erläuterungen auf das Nachbarland Österreich, welches vor dem Hintergrund eines sich rasch ausweitenden politischen Islams auf ebendiese Massnahmen zurückgegriffen habe. In der Schweiz sei bekannt, dass rund 35 Moscheen und islamische Zentren von der türkischen Regierung finanziert würden, wobei man nicht mit Sicherheit das bewusste Engagement für einen radikalen Islam abstreiten könne. Während in der Schweiz seit Jahren, im Rahmen der Diskussion um die Parteifinanzierung, die Forderungen nach mehr Transparenz immer lauter würden, sei es nicht nachvollziehbar, weshalb man – im Wissen um die Möglichkeit der Herausbildung von radikalen Tendenzen – die gleichen Forderungen nicht auch an islamische Gebetsstätten richte.
Der Bundesrat indes beantragte die Motion zur Ablehnung. Er sei sich durchaus der Risiken, die von extremistischen Predigern ausgehen, bewusst. Sollten die Voraussetzungen für die Gefährdung der nationalen Sicherheit, des Religionsfriedens oder der Gesellschaftsentwicklung erfüllt sein, würden die Bundes- und Kantonsbehörden im Rahmen der gesetzlichen Grundlagen selbstverständlich auch handeln. Jedoch müsse dem Motionär auch klar sein, dass muslimische Gesellschaften und Imame nicht diskriminiert und unter Generalverdacht gestellt werden dürften, da Grundrechte wie die Religions-, Vereins- oder Sprachenfreiheit für die muslimischen Religionsgemeinschaften genauso gälten wie für nichtmuslimische und nichtreligiöse. Zudem wies Bundesrätin Sommaruga den Motionär darauf hin, dass sein Vergleich mit Österreich etwas hinke, da es zwischen den beiden Ländern einen wesentlichen Unterschied gebe: In Österreich seien die islamischen Religionsgemeinschaften auf nationaler Ebene anerkannt, zudem seien im Rahmen entsprechender Gesetze auch klare Voraussetzungen definiert, welche erfüllt sein müssen. Die eingereichte Motion sei dahingehend nicht zielführend, da sie zwar Pflichten vorgebe, aber keine Rechte zusprechen wolle.
In der nationalrätlichen Abstimmung wurde, ungeachtet des Bundesratsvotums, die Vorlage mit 94 zu 89 Stimmen bei fünf Enthaltungen angenommen – da konnte auch der Einwand des Zürcher Freisinnigen Hans-Peter Portmann, dass die Motion gegen das verfassungsrechtliche Prinzip der Gleichbehandlung verstosse, kein Gegengewicht bieten. Der Vorstoss wird somit an den Ständerat zur Zweitberatung überwiesen.

Islamische Gebetsstätten: Verbot der Finanzierung durch das Ausland und Offenlegungspflicht (Mo. 16.3330)
Dossier: Sicherheitsverbund Schweiz (SVS)
Dossier: Vorstösse und Massnahmen zur Bekämpfung islamistischer Radikalisierungstendenzen

Eine Motion Wobmann (svp, SO) verlangt vom Bundesrat das Verbot der salafistischen Organisation „Lies!“ sowie anderslautender Organisationen mit gleicher Zielsetzung. Diese Organisationen würden gemeinhin mit der Verbreitung von dschihadistischem Gedankengut in Verbindung gebracht und deren Verteilaktionen dienten in erster Linie der Gewinnung junger Leute für den Dschihadismus. Solche Entwicklungen seien weitestgehend zu unterbinden, da sie weit über die Religionsfreiheit hinausgehen würden. Sollte dies nicht im Rahmen bestehender Bundesgesetze möglich sein, sei hierfür so bald als möglich eine entsprechende Grundlage zu schaffen.
Der Bundesrat indes beantragte die Ablehnung der Motion. Auch wenn das Indoktrinierungspotenzial der „Lies!“-Aktion bekannt sei, stelle eine Koran-Verteilaktion für sich alleine genommen grundsätzlich keine Gefahr für die Sicherheit der Schweiz dar. Mit dem neuen Nachrichtendienstgesetz, welches am 1. September 2017 in Kraft trat, wäre grundsätzlich die Verhängung eines Organisationsverbotes möglich. Im Falle von „Lies!“ würden aber entsprechende Belege für die Bestätigung einer konkreten Organisationsstruktur fehlen, weshalb kein explizites Verbot ausgesprochen werden könne. Wollte man dennoch ein Verbot aussprechen, müsste man jeweils nachweisen können, dass die betroffene Person ein explizites Mitglied der Organisation ist und nicht etwa nur einer regulären Koranverteilung beisteht. Daher würde der Bundesrat auch eine rasche Revision des unklar formulierten Artikels 74 Absatz 2 NDG veranlassen, damit die rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass eines Verbotes gegeben sind. Zudem hätten die Kantone und Gemeinden, gestützt auf die jeweilige kantonale Gesetzgebung, noch immer die Möglichkeit, durch entsprechende Verweigerung der polizeilichen Bewilligungen solche Standaktionen zu unterbinden. Daher bestehe momentan keine Notwendigkeit, weitere gesetzliche Bestimmungen festzulegen.
Der Nationalrat indes kam dem Anliegen des Motionärs nach und stimmte dem Vorstoss mit 109 zu 64 Stimmen bei neun Enthaltungen zu, womit die Motion nun an den Ständerat als Zweitrat überwiesen wird.

Verbot der salafistischen Organisation "Lies!" und Unterbindung der Verbreitung von jihadistischem Gedankengut (Mo. 17.3583)
Dossier: Vorstösse und Massnahmen zur Bekämpfung islamistischer Radikalisierungstendenzen

Ein Postulat Regazzi (cvp, TI) wollte den Bundesrat Ende 2015 damit beauftragen, bis Mitte 2016 einen Bericht zu erstellen, in welchem mögliche Präventionsstrategien und -massnahmen gegen islamischen Extremismus aufgezeigt werden sollen. Konkret solle eine Bestandsaufnahme wissenschaftlicher Untersuchungen der letzten 10 Jahre zur Integration muslimischer Gemeinschaften vorgenommen werden. Zudem solle jeweils eine Analyse der Wirksamkeit heutiger Präventionsmassnahmen und Verbesserungsmöglichkeiten der Integrationsstrukturen sowie Massnahmen und Empfehlungen jüngster Untersuchungen gemacht werden. Des Weiteren solle ein Vorschlag eingebracht werden, der eine adäquate Vernetzbarkeit bestehender wissenschaftlicher Kompetenzzentren aufzeigen soll.
Der Bundesrat beantragte das Postulat zur Ablehnung. Bundesrätin Sommaruga erläuterte, dass das Anliegen zwar durchaus seine Berechtigung habe, sich seit dem Einreichen des Vorstosses in puncto Extremismusprävention aber auch schon einiges getan habe. Der Sicherheitsverbund Schweiz habe bereits im Juli 2016 einen Bericht zum Thema Präventionsmassnahmen zur Verhinderung von Radikalisierung publiziert, welcher nun als Grundlage zur Erarbeitung eines Aktionsplans – gemeinsam mit Kantonen, Städten und Gemeinden – dienen soll. In diesem Sinne seien die Forderungen des eingereichten Postulats bereits im Rahmen dieses Aktionsplans in Erarbeitung. Regazzi zeigte aufgrund der Erläuterungen der Bundesrätin Einsicht und zog daraufhin in der Herbstsession 2017 seinen Vorstoss zurück.

Islamischer Extremismus. Mögliche Präventionsstrategien und -massnahmen

2017 wurde in Zürich der Verein «Qualitätssicherung der Muslimischen Seelsorge in öffentlichen Institutionen» (QuaMS) gegründet, der eine muslimische Seelsorge im Kanton anbieten soll. Die Trägerschaft setzt sich aus den Islamischen Organisationen in Zürich (VIOZ) und dem Kanton Zürich zusammen. Unterstützt wurde der Verein von der reformierten und der katholischen Kirche. Mit dem Projekt «Zürich-Kompetenz» schuf die QuaMS ausserdem eine Weiterbildung für muslimische Betreuungspersonen, welche es in der Schweiz so sonst nicht gebe, wie der Kanton Zürich auf seiner Homepage schrieb. Das Schweizerische Zentrum für Islam und Gesellschaft (SZIG) der Universität Freiburg mit dieser Weiterbildung für angehende Seelsorgende betreut.

Nachdem das SEM 2018 aufgrund fehlender Finanzierungsmöglichkeiten das Pilotprojekt für eine muslimische Seelsorge in den Zürcher Bundesasylzentren trotz positiver Ergebnisse eingestellt hatte, führte der Verein QuaMS das Angebot ab Sommer 2018 weiter. Neben den bisherigen Geldgebern wurde das Projekt von 2020 bis 2021 auch durch das fedpol im Rahmen des Nationalen Aktionsplans zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus unterstützt.

Muslimische Seelsorge in Zürich

In Erfüllung des Postulats Aeschi (svp, ZG) legte der Bundesrat im Sommer 2017 seinen Bericht zur Präsenz religiöser Symbole im öffentlichen Raum vor. Der Postulant hatte den Bundesrat ersucht, der Frage nach einem allfälligen gesetzgeberischen Handlungsbedarf bezüglich des Aufhängens und Tragens religiöser Zeichen in öffentlichen Gebäuden nachzugehen. Der Bundesrat sieht indes keine Notwendigkeit darin, entsprechende Rechtsvorschriften auf Bundesebene aufzugreifen. Erfahrungsgemäss werde ein Grossteil der Konflikte um besagte Thematik ausserrechtlich gelöst. Zudem sei der föderalistische Ansatz des Religionsrechts in der Schweiz stark verankert und habe sich grundsätzlich gut bewährt. Kommunale und kantonale Behörden seien in der Regel mit den jeweiligen lokalen Umständen gut vertraut und durchaus im Stande, situationsgerechte und zweckmässige Lösungen im direkten Kontakt mit den Betroffenen zu finden. In den seltenen Fällen der Rechtsweginanspruchnahme gelinge es den Gerichten gut, die individuellen Grundrechtsansprüche mit den gesellschaftlichen Interessen in Einklang zu bringen.

Präsenz von religiösen Symbolen im öffentlichen Raum