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Die OECD führte eine Analyse zu den Beschäftigungsperspektiven älterer Arbeitnehmender in rund 20 Ländern durch, darunter auch in der Schweiz. Ziel war es, die Regierungen vermehrt für die Notwendigkeit zu sensibilisieren, ältere Arbeitnehmende so lange wie möglich und unter möglichst guten Voraussetzungen im Erwerbsleben zu halten. Vor dem Hintergrund der demografischen Alterung ist diese Frage – nicht zuletzt im Hinblick auf die Finanzierung der Sozialwerke – von erstrangiger Bedeutung. Für die Schweiz kam die OECD zum Schluss, dass trotz der im internationalen Vergleich hohen Arbeitsmarktpartizipation älterer Arbeitnehmender das Arbeitskräftemanagement für diese Alterskategorie (50 Jahre und älter) nicht optimal ist. Verbesserungsmöglichkeiten sah sie namentlich in der Koordination zwischen den verschiedenen Stellen, die für sozialpolitische und arbeitsmarktliche Belange zuständig sind, sowie bei der Koordination zwischen den Kantonen. Die OECD monierte, dass bei Entscheiden auf verschiedenen staatlichen Ebenen und in den einzelnen Sozialwerken den Auswirkungen auf die anderen Bereiche zu wenig Beachtung geschenkt wird. Sie betonte ausserdem, dass es künftig immer wichtiger werde, dass sich die Arbeitnehmenden permanent weiterbilden, damit ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt gewahrt bleiben. Die Empfehlungen der OECD erstreckten sich auch auf andere Bereiche. So müssten die Instrumente der Arbeitslosenversicherung, insbesondere bei regionalen Arbeitsvermittlungszentren, den Besonderheiten der älteren Arbeitslosen noch besser angepasst werden. Gemäss der OECD sollte ferner in der Lohnpolitik die altersbezogene Lohnbemessung vermehrt einer kompetenz- und produktivitätsbasierten Bewertung Platz machen, um auf dem Arbeitsmarkt eine grössere Flexibilität in der letzten Phase des Erwerbslebens zu erreichen.

Beschäftigungsperspektiven älterer Arbeitnehmender Empfehlungen der OECD

Der Nationalrat nahm ein Postulat der liberalen Fraktion an, das den Bundesrat beauftragt, einen detaillierten Bericht zu erstellen über das Bedürfnis von über 65-jährigen, selbständig oder unselbständig erwerbenden Personen, auch über das 65. Altersjahr hinaus berufstätig zu sein; in dem Bericht soll auch die Haltung der Arbeitgeber zu diesem Thema untersucht werden.

Postulat Liberale Fraktion Berufstätigkeit für über 65-Jährige

Der Vergleich der Volkszählungen 1990 und 2000 ergab laut BFS, dass die Schweizer Erwerbsbevölkerung im letzten Jahrzehnt um 7,9% auf 3.95 Mio. Personen anstieg. Die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (zwischen 15 und 64 Jahren) wuchs in der gleichen Zeitspanne jedoch nur halb so stark. Die deutliche Erhöhung der Zahl der erwerbstätigen Personen ist vorwiegend auf die Frauen zurückzuführen, von denen mittlerweile viele auch als Mütter einer Arbeit nachgehen. Ferner nahm das durchschnittliche Alter der Erwerbsbevölkerung von 38 auf 39,5 Jahre zu. Die Daten zeigten auch einen relevanten Zusammenhang zwischen Bildungsstand und Erwerbsquote: 2000 lag die Erwerbsquote bei Frauen im erwerbsfähigen Alter ohne nachobligatorische Ausbildung bei 63%; bei Frauen mit Lehre oder Matura betrug sie 72% und bei jenen mit Hochschulabschluss 82%. Gemäss BFS zeigte sich dieser Zusammenhang erstmals auch bei Männern: Nur 86% der Männer ohne nachobligatorische Ausbildung waren 2000 erwerbstätig; bei Männern mit Lehr- oder Matura-Abschluss betrug die Quote 92,9%, und bei jenen mit abgeschlossenem Studium 96%. Bei der Erwerbsquote der Bevölkerung zwischen 15 und 64 Jahren lagen die Kantone Zürich und Bern mit 81,8 resp. 80,8% deutlich über dem schweizerischen Durchschnitt von 78,9%.

Zusammenhang zwischen Bildungsstand und Erwerbsquote

Wie die neuesten Zahlen des BFS belegten, nahm zwischen 1998 und 2001 die Zahl der Beschäftigten um 5,7% zu. Knapp 197'000 neue Arbeitsplätze wurden in dieser Zeitspanne geschaffen, die Zahl der Unternehmen wuchs um 1,7%, jene der Betriebe um 1%. Besonders stark war das Beschäftigungswachstum in der Region Zürich (+7,7%), in der Zentralschweiz (+7,2%) und im Genferseebecken (+7,0%). Gemäss der Arbeitskräfteerhebung (SAKE) des BFS waren im 2. Quartal 2002 3,96 Mio Personen erwerbstätig, 0,5% resp. 21'000 Personen mehr als im Vorjahr. Damit wurde trotz der sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage ein neuer Höchststand erreicht. Parallel dazu stieg aber auch die Zahl der Arbeitslosen (+19%). Von der konjunkturellen Abschwächung waren vor allem die Männer (Erwerbstätigkeit -0,9%, Erwerbslosigkeit +6,5%) und weniger die Frauen betroffen (+2,4%, -9%). Dieses Ergebnis erklärt sich unter anderem durch den hohen Männeranteil in den vom Konjunkturrückgang besonders betroffenen Wirtschaftssektoren. Erstmals erlaubte die SAKE auch regionale Auswertungen. Es zeigte sich, dass sowohl die Erwerbsbeteiligung als auch die Teilzeitarbeit in der Deutschschweiz höher waren als in der Westschweiz und im Tessin.

Beschäftigung stieg um +1,1% Frauen Überdurchschnittlich gestiegen 2. Sektor

Die abflauende Konjunktur wirkte sich im Berichtsjahr immer stärker auf die Beschäftigung aus. Erstmals seit vier Jahren nahm im 1. Quartal 2002 die Zahl der Beschäftigten ab; insgesamt registrierte das BFS 17'000 Stellen weniger als im Vorjahresquartal. Damit wurde der seit 1998 anhaltende Wachstumstrend gebrochen. Die Konjunkturabkühlung betraf vor allem den sekundären Sektor, wo die Beschäftigung innert Jahresfrist um 1,7% schrumpfte. Diese negative Entwicklung nahm in den folgenden Quartalen noch zu. Im 4. Quartal war, verglichen mit dem Vorjahr, sowohl die Anzahl der Erwerbstätigen (-0,1%) als auch jene der Beschäftigten (-0,8%) tiefer. Erstmals seit über fünf Jahren wurde auch im tertiären Sektor ein Stellenrückgang (-0,1%) registriert. Der Index der offenen Stellen notierte auf einem neuen Tiefststand.

Beschäftigung stieg um +1,1% Frauen Überdurchschnittlich gestiegen 2. Sektor

Der Ständerat begann in der Sommersession mit der Beratung des neuen Berufsbildungsgesetzes (BBG), das als indirekter Gegenvorschlag zur „Lehrstelleninitiative“ (siehe unten) eine Aufwertung der Berufsbildung und ein verstärktes finanzielles Engagement des Bundes in diesem Bereich anstrebt. Inhaltlich schuf er nur wenige Differenzen zum Nationalrat. Gegen einen Antrag der Mehrheit der Kommission, die fand, der Markt reguliere sich selber, sprach sich die kleine Kammer mit 18 zu 12 Stimmen dafür aus, dass der Bund bei Lehrstellenmangel befristete Massnahmen ergreifen kann. Auch Bundesrat Couchepin setzte sich für diese Bestimmung ein, die einen Rückzug der „Lehrstelleninitiative“ ermögliche. Anders als die grosse Kammer war der Ständerat aber der Ansicht, dass der zwingende Unterricht einer Fremdsprache in der Lehre nicht angebracht sei. Dies würde viele Lehrlinge überfordern; in nur einer Stunde pro Woche lerne man ohnehin nicht viel, der Bundeskasse bringe der Verzicht auf den Fremdsprachenunterricht aber 40 Mio Fr. Die gewichtigste Differenz schuf die kleine Kammer bei der Finanzierung, wo sie den Anteil des Bundes auf lediglich 25% festlegen wollte. Der Nationalrat hatte sich im Vorjahr für 27,5% ausgesprochen. Der Entscheid fiel mit Blick auf die Bundeskasse und die Schuldenbremse mit dem Argument, es sei nicht sinnvoll, im Gesetz Beiträge einzusetzen, die mit dem Budget nicht vereinbar seien. Damit wurde die Beteiligung des Bundes an der Berufsbildung um ca. 65 Mio Fr. auf rund 625 Mio Fr. vermindert. Ebenfalls eine bedeutende Korrektur nahm der Ständerat beim Berufsbildungsfonds vor: Der Bundesrat soll ganze Branchen erst dann zu Beiträgen verpflichten können, wenn sich mindestens die Hälfte der Betriebe beteiligt, die 50% der Lehrlinge angestellt haben. Der Nationalrat hatte die Grenze bei je 30% gesetzt. Im Differenzbereinigungsverfahren beharrten beide Kammern vorerst auf ihren Positionen. Nach der Einigungskonferenz schloss sich der Nationalrat in der Frage der Fremdsprache und bei der Bundesbeteiligung (25%) dem Ständerat an; durchsetzen konnte er sich hingegen beim Berufsbildungsfonds (Quorum von 30%). In der Schlussabstimmung wurde das neue Berufsbildungsgesetz von beiden Kammern einstimmig angenommen.

neue Berufsbildungsgesetz

Im Laufe des Jahres begann sich die abflauende Konjunktur auf den Arbeitsmarkt auszuwirken. Während die Indikatoren des vom BFS vierteljährlich veröffentlichten Beschäftigungsbarometers im ersten Quartal noch eine Fortsetzung des Beschäftigungswachstums gegenüber dem Vorjahr auswiesen (+1,7%), zeigte sich im zweiten Quartal bereits eine Verlangsamung (+1,0%), die im vierten Quartal gegen Null tendierte (+0,4%). Im sekundären Sektor (-0,6%) und in der Grossregion Zürich (-0,2%) war die Beschäftigung sogar rückläufig. Im Jahresverlauf schuf die Wirtschaft aber immer noch netto rund 30'000 neue Arbeitsplätze. Das BFS zählte am Jahresende 16'000 Stellen mehr als ein Jahr zuvor (+0,4%), die Erwerbstätigenstatistik wies eine Zunahme um 47'000 Einheiten aus (+0,7%). Auffällig war weiterhin die Diskrepanz zwischen Voll- und Teilzeitarbeit: Die Zahl der Vollzeitbeschäftigten blieb praktisch konstant, während die Teilzeitstellen stark zulegten, wobei sich auch der Beschäftigungsgrad erhöhte.

Beschäftigung stieg um +1,1% Frauen Überdurchschnittlich gestiegen 2. Sektor

Trotz nach wie vor bestehender Arbeitslosigkeit klagten mehrere Branchen über einen austrocknenden Arbeitsmarkt. Der Mangel an Arbeitskräften scheint besonders die beiden Extreme der Qualifikationsskala zu betreffen. In seiner Antwort auf eine Interpellation Simoneschi (cvp, TI) anerkannte der Bundesrat, dass in den Branchen, welche hochqualifizierte Arbeitskräfte verlangen, tatsächlich Engpässe bestehen, weshalb er sich entsprechend seiner neuen Ausrichtung der Ausländerpolitik auch bereit erklärte, gut ausgebildeten Arbeitnehmenden aus Staaten ausserhalb der EU und der EFTA kontingentierte Arbeitsbewilligungen zu erteilen. Er bestritt aber einen Mangel an unqualifizierten Arbeitskräften aus dem EU-Raum (insbesondere aus Südeuropa); seiner Ansicht nach ist das Fehlen ausreichender Hilfsarbeiter darauf zurückzuführen, dass Betriebe in strukturschwachen Branchen, insbesondere in der Landwirtschaft und im Gastgewerbe nicht gewillt sind, angemessene Löhne auszurichten.

Mangel an Arbeitskräften

Sorgen bereitet sowohl dem Arbeitgeberverband wie den Angestelltenverbänden die hohe Fluktuation im Arbeitsmarkt. Über alle Branchen hinweg beträgt sie seit der Konjunkturerholung Ende 1999 10,3%, was über dem internationalen Durchschnitt von 9% liegt. Für die Arbeitgeber bringt die neu erwachte „Wanderlust“ der Arbeitnehmenden – wobei es sich in erster Linie um jüngere, männliche Kader ohne Familienpflichten handelt – hohe Anwerbungs- und Einarbeitungskosten. Die Angestelltenverbände befürchten ob dem von den jungen Kaderleuten praktizierten „Lohnjumping“ (rascher Wechsel zu besser bezahlten Stellen) eine verstärkte Frustration der älteren und erfahreneren Kaderleute.

Fluktuation

Infolge des Konjunkturaufschwungs erhöhte sich die Nachfrage nach Arbeitskräften im Berichtsjahr kräftig. Die Beschäftigung stieg um +1,1% gegenüber +0,7% im Vorjahr. Erneut war die Zunahme bei den Frauen mit +1,7% deutlich stärker als bei den Männern (+0,6%). Nach einer Baisse im Vorjahr legten die ausländischen Arbeitnehmer wieder deutlicher zu (+2,0%) als die einheimischen (+0,7%). Während der 1. Sektor 1999 noch substantiell gewachsen war, verzeichnete er jetzt einen Rückgang um -2,4%. Auch der 3. Sektor erreichte mit +0,6% mehr Beschäftigten nur noch eine schwächere Steigerung als im Vorjahr. Überdurchschnittlich gestiegen ist die Beschäftigung hingegen im 2. Sektor (+2,0%). Im Baugewerbe nahmen die Erwerbstätigen um +4,7% zu, gefolgt von der Nahrungsmittelindustrie (+3,8%), der Herstellung von Präzisionsinstrumenten (+3,3%) und dem Bergbau (+3,2%). Rückläufig war die Beschäftigung in den Branchen Energie- und Wasserversorgung (-4,4%), der Herstellung von Lederwaren und Schuhen (-3,4%), dem Gast- und dem Versicherungsgewerbe (je -2,3%).

Beschäftigung stieg um +1,1% Frauen Überdurchschnittlich gestiegen 2. Sektor

Die selbstständige Erwerbstätigkeit hat in der zweiten Hälfte der 70er Jahre in den meisten OECD-Ländern zugenommen. Auch in der Schweiz kam es mit einer leichten Verzögerung zu einem Anstieg, wobei sich der Aufwärtstrend in den neunziger Jahren merklich beschleunigte. Wichtigste Erklärungsfaktoren für diese Renaissance der selbständigen Erwerbsarbeit sind die Entwicklung zur Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft, die Änderung der Produktionsverfahren, die vermehrte Konzentration auf Kernkompetenzen und die damit einhergehende Auslagerung betriebsperipherer Funktionen, steuerliche Faktoren und persönliche Motive sowie die zunehmende Verwischung zwischen selbständiger und unselbständiger Erwerbsarbeit. Vor allem ältere Männer schweizerischer Nationalität mit höherem Ausbildungsniveau wechseln in die Selbständigkeit.

selbstständige Erwerbstätigkeit

Nach Schweden und den USA ist die Schweiz weltweit das dritte Land, in dem über 7% des BIP in der Informatik- und Telekommunikationsbranche erwirtschaftet werden, weshalb der zunehmende Mangel an einheimischen Fachleuten doppelt schwer wiegt. Verschiedene parlamentarische Vorstösse verlangten deshalb Ausbildungs- und Umschulungsinitiativen im Bereich der Informatik, resp. – nach deutschem Muster – die Erteilung von „Green cards“ für Informatikfachleute aus Ländern (insbesondere Indien), in denen die Schweiz aufgrund ihrer ausländerpolitischen Grundsätzen eigentlich keine Arbeitskräfte rekrutiert. Das Bundesamt für Berufsbildung und Technologie und mit ihm der Bundesrat verwiesen allerdings immer wieder auf unternommene Anstrengungen in diesem Ausbildungsbereich, weshalb spätestens 2004 der einheimische Personalengpass überwunden sein sollte. Eine Öffnung des Arbeitsmarktes wurde hingegen abgelehnt. Eine EmpfehlungLangenberger (fdp, VD), im EVD einen Pool „Beschäftigung/Ausbildung“ zu bilden mit der Aufgabe, vor allem die Entwicklungen der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien einer Analyse zu unterziehen und für diese Bereiche eine kohärente Politik zu erarbeiten, wurde auf Antrag des Bundesrates, der auf die Tätigkeiten bereits bestehender Amtsstellen verwies, lediglich als Postulat angenommen.

Informatik- und Telekommunikationsbranche Personalengpass

Unter dem Stichwort «Schulmisere» wurde im Berichtsjahr nach den Gründen für den grassierenden Lehrermangel gefragt. Dabei drehte sich die Diskussion insbesondere um die wachsende Belastung und Überforderung der Lehrkräfte, um die Abschiebung der Verantwortung weg von den Eltern an die Lehrerinnen und Lehrer, um den wenig motivierenden Spardruck sowie um die schlechten Berufsaussichten der Lehrerschaft. An den Volksschulen waren vor allem Realschulen und Kleinklassen – bei den weiterführenden Schulen die Fächer Mathematik, Physik und Wirtschaftswissenschaften – vom Mangel an Lehrkräften betroffen. Laut einer Umfrage des Verbandes «Lehrerinnen und Lehrer Schweiz» (LCH) bei den Kantonen bezeichneten 13 der 14 Befragten die Lage als angespannt. Wegen Engpässen würden ausländische Lehrkräfte angestellt oder Umteilungen zwischen den Stufen vorgenommen. Sowohl in Zürich als auch in Bern kam es zu Proteststreiks der Volksschullehrerschaft gegen die kantonalen Lohnpolitiken, schwierige Arbeitsbedingungen und die Einführung zusätzlicher Pflichtstunden. Dabei sollten die Aktionen weniger auf einzelne politische Massnahmen als vielmehr auf lang anhaltende Missstände hinweisen – so zum Beispiel auf die Tatsache, dass immer mehr Lehrkräfte immer häufiger unter einem Burn-out leideten. Erstmalig war eine Protestaktion von über 2'000 Eltern und Schulkindern, die in Bern gegen die Sparmassnahmen des Kantons im Bildungsbereich demonstrierten. In einer Petition mit 13'000 Unterschriften forderten sie ein Rückgängigmachen des bereits erfolgten Abbaus von Lektionen und einen Verzicht auf weitere Sparmassnahmen.

Lehrermangel und Lehrerüberfluss

Die Zahl der Erwerbstätigen erhöhte sich erneut (+0,6%), allerdings weniger als im Vorjahr (+1,2%). Wieder war die Zunahme bei den Frauen (+0,9%) bedeutender als bei den Männern (+0,5%). Während 1998 noch etwas mehr Ausländer als Schweizer eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hatten, war deren Beschäftigung im Berichtsjahr rückläufig (-0,1%). Im 1. Sektor wuchs die Zahl der Erwerbstätigen (+1,9%), ebenso im 3. Sektor (+1,2%). Einen Rückgang verzeichnete hingegen der 2. Sektor (-1%). Am deutlichsten war die Abnahme bei der Herstellung von Lederwaren und Schuhen (-13,1%), im Textilgewerbe (-4,7%) und im Bergbau (-2,8%). Im Dienstleistungssektor legten vor allem die Branchen Nachrichtenübermittlung (+9,5%), Versicherungsgewerbe (+4,4%) sowie Immobilien und Informatik (+2,9%) überdurchschnittlich zu.

Vollzeitstellen tiefsten Stand seit 1991
Dossier: Diverse Statistiken zum Arbeitsmarkt 1990-2000

Die Zahl der Temporärstellen stieg 1999 um 20%. Gemäss BFS waren 144 000 Personen in einem befristeten Arbeitsverhältnis. 60 000 Arbeitnehmer standen in einer temporären Anstellung von weniger als sechs Monaten, 84 000 in einer solchen zwischen sechs Monaten und zwei Jahren. Die Arbeitgeber schätzen diese Jobs wegen ihrer Flexibilität; Arbeitnehmern – vor allem Jugendlichen – bieten sie oft einen Einstieg in die Berufswelt. Die Gewerkschaften kritisierten allerdings, temporär Beschäftigte ersetzten die Saisonniers als Manövriermasse und würden sich seltener gegen unfaire Arbeitsbedingungen wehren als Festangestellte.

Temporärstellen
Dossier: Diverse Statistiken zum Arbeitsmarkt 1990-2000

Der Nationalrat korrigierte die etwas wirtschaftslastigen Beschlüsse des Ständerates und entschied mit 114 zu 57 Stimmen, dass eine Intervention der tripartiten Kommission möglich wird, wenn die Löhne „wiederholt in missbräuchlicher Weise“ unterboten werden. In der Frage den Quoren sprach er sich jedoch für die Variante des Bundesrates (je 30%) aus. Dafür votierten neben den Vertretern des links-grünen Lagers auch die Abgeordneten der CVP und der LPS. Zustimmung fand der Ständerat hingegen mit seinem Willen, bei Normalarbeitsverträgen lediglich die Löhne, nicht aber die Arbeitszeiten der Missbrauchsbekämpfung zu unterstellen sowie bei den neu eingeführten Bestimmungen über die Unterkunft und die Sozialabgaben. In den beiden strittigen Punkten (Definition des Lohndumpings, Quoren für die Allgemeinverbindlichkeit von GAV im Missbrauchsfall) schloss sich der Ständerat in der Herbstsession – allerdings erst nach einer Zwischenrunde – der grossen Kammer an, worauf die Vorlage (nach Bereinigung weiterer kleinerer Differenzen) definitiv verabschiedet werden konnte.

Minimale Arbeits- und Lohnbedingungen (Flankierende Massnahmen zu den Bilateralen I, BRG 99.028-8)
Dossier: Die Bilateralen Verträge I und die sektoriellen Verhandlungen mit der EU 1993 bis 1998

Dem Ständerat lag ein Antrag seiner Kommission vor, welche die vom Bundesrat vorgeschlagenen Kriterien deutlich verschärfen wollte. So sollten die tripartiten Kommissionen nur mit Normalarbeitsverträgen oder der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von GAV intervenieren können, wenn die branchenüblichen Löhne „deutlich und mehrfach in rechtsmissbräuchlicher Weise“ unterschritten werden. Für diese sehr restriktive Definition – insbesondere erlaubt der Begriff „rechtsmissbräuchlich“ einen viel geringeren Ermessensspielraum als „missbräuchlich“ – setzten sich vor allem bürgerliche Abgeordnete aus der Ostschweiz (Forster, fdp, SG und Schmid, cvp, AI) ein. Bekämpft wurde sie von den Vertretern der Linken sowie vom Tessiner Freisinnigen Marty, der argumentierte, die Verschärfung sei nicht nur juristisch unhaltbar, sondern auch eine unnötige Provokation an die Adresse der Gewerkschaften. Schliesslich setzte sich ein Kompromissantrag durch, wonach eingegriffen werden kann, wenn die branchenüblichen Löhne „deutlich und mehrfach in missbräuchlicher Weise“ unterboten werden. Beim Entsendegesetz brachte Ständerat Jenny (svp, GL) zwei zusätzliche Bestimmungen durch. Danach dürfen die Abzüge für Unterkunft und Verpflegung das ortsübliche Mass nicht überschreiten; der Bundesrat wird zudem ermächtigt, von ausländischen Arbeitgebern den Nachweis zu verlangen, dass sie die gesetzlich vorgegebenen Sozialabgaben entrichten. Die Quoren in den tripartiten Kommissionen führten ebenfalls zu längeren Diskussionen. Auf Antrag von Merz (fdp, AR) beschloss das Plenum schliesslich – gegen den Willen der Linken und von Bundesrat Couchepin – mit 21 zu 20 Stimmen, dass auch im Missbrauchsfall eine Ausdehnung des GAV nur vorgenommen werden kann, wenn 30% der Arbeitgeber, die 50% der Arbeitnehmer einer Branche beschäftigen, zustimmen. In der Gesamtabstimmung wurden die flankierenden Massnahmen einstimmig angenommen.

Minimale Arbeits- und Lohnbedingungen (Flankierende Massnahmen zu den Bilateralen I, BRG 99.028-8)
Dossier: Die Bilateralen Verträge I und die sektoriellen Verhandlungen mit der EU 1993 bis 1998

In seiner Botschaft ans Parlament schwächte der Bundesrat den umstrittenen Terminus ab und sprach bei den Normalarbeitsverträgen und der Allgemeinverbindlichkeit nur noch von wiederholte Missbräuchen. Den Arbeitgebern kam er insofern entgegen, als er nicht alle Regelungen der GAV zur Allgemeinverbindlichkeitserklärung freigeben wollte, sondern nur jene über den Lohn und die Arbeitszeit. Bei den Quoren hielt er an seinem ersten Vorschlag fest. Damit war ein Kompromiss erreicht, der es den Sozialpartnern ermöglichte, ohne Gesichtsverlust und ohne Referendumsdrohung auf das bilaterale Abkommen über den freien Personenverkehr einzutreten.

Minimale Arbeits- und Lohnbedingungen (Flankierende Massnahmen zu den Bilateralen I, BRG 99.028-8)
Dossier: Die Bilateralen Verträge I und die sektoriellen Verhandlungen mit der EU 1993 bis 1998

Nur wenige Tage nach dem Scheitern der tripartiten Gespräche gab der Bundesrat seine eigenen Vorschläge in eine kurze Vernehmlassung. Neben den unbestrittenen Massnahmen schlug er bei der erleichterten Allgemeinverbindlichkeitserklärung vor, die Quoren von 50 auf 30 Prozent zu senken (30% der Arbeitgeber, welche mindestens 30% der Arbeitnehmenden beschäftigen) und – über die Löhne hinausgehend – weitere Arbeitsbedingungen wie Ferien und Arbeitszeiten mit einzubeziehen. Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung sollte allerdings nur erfolgen können, wenn „erhebliche und wiederholte“ Missbräuche vorliegen. Damit waren die Sozialpartner erneut nicht einverstanden. Der Arbeitgeberverband monierte, der Vorschlag führe zu einer Überregulierung im Arbeitsmarkt; die Gewerkschaften befanden, das Wort „erhebliche“ sei zu restriktiv.

Minimale Arbeits- und Lohnbedingungen (Flankierende Massnahmen zu den Bilateralen I, BRG 99.028-8)
Dossier: Die Bilateralen Verträge I und die sektoriellen Verhandlungen mit der EU 1993 bis 1998

Der bilaterale Vertrag mit der EU über den freien Personenverkehr gab auf Arbeitnehmerseite zur Befürchtung Anlass, dass damit ein Lohn- und Sozialdumping verbunden sein könnte, da beim Inkrafttreten des Abkommens nach einer zweijährigen Übergangsfrist die Prüfung der Arbeitsverträge von ausländischen Arbeitnehmenden durch die Behörden entfällt. Ohne Gegenmassnahmen könnten Arbeitskräfte aus dem EU-Raum zu Tiefstlöhnen eingestellt werden, was unweigerlich Auswirkungen auf das generelle Lohngefüge in der Schweiz hätte. Das Volkswirtschaftsdepartement schlug deshalb drei flankierende Massnahmen vor. Für Beschäftigte und Firmen, die vorübergehend in der Schweiz tätig sind, wird – analog zur Regelung in der EU – ein Entsendegesetz geschaffen, welches Mindestgarantien betreffend Lohn- und Arbeitsbedingungen vorschreibt. Wenn bei einer Firma mit ständigem Sitz in der Schweiz eine missbräuchliche Unterschreitung der orts- und branchenüblichen Löhne festgestellt wird, soll eine tripartite Kommission (Vertreter der Sozialpartner und der Behörden) bestehende GAV erleichtert allgemeinverbindlich erklären oder – für Branchen ohne GAV – regionale Normalarbeitsverträge erlassen können.

Bei zwei der drei Vorschläge (Entsendegesetz, Normalarbeitsverträge) einigten sich die Sozialpartner zumindest in der allgemeinen Stossrichtung relativ rasch. Umstritten blieb hingegen auch nach einem ersten dreigliedrigen Gespräch die erleichterte Allgemeinverbindlichkeitserklärung der GAV sowie das Quorum für die Beschlüsse innerhalb der tripartiten Kommission. Der Arbeitgeberverband, der sich anfänglich gegen jegliche erleichterte Allgemeinverbindlichkeitserklärung gewehrt hatte, wollte diese zumindest allein auf die Löhne beschränken, da die generellen Arbeitsstandards mit den geltenden Gesetzen genügend gesichert seien; zudem verlangte er, die Quoren seien gleich zu handhaben wie bei jenen GAV, die nicht unter die Missbrauchsbekämpfung fallen. Dem entgegneten die Gewerkschaften, ohne allgemeinverbindliche GAV zu allen Bereichen der Arbeit würden die vorgesehenen Massnahmen zur Leerformel verkommen, da damit grundlegende Errungenschaften (Zulagen, Ferien, Arbeitszeit, Weiterbildung usw.) der inländischen Arbeitnehmerschaft bei den ausländischen Beschäftigten nur so weit eingehalten werden müssten, wie es das Gesetz vorsieht. Zudem war für die Gewerkschaften die vorgesehene hälftige Sperrminorität der Arbeitgeber nicht akzeptabel. Für sie sollte bei Missbräuchen eine Unterstellungsquote von 30% der Arbeitnehmenden einziges Kriterium für eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung sein.

Minimale Arbeits- und Lohnbedingungen (Flankierende Massnahmen zu den Bilateralen I, BRG 99.028-8)
Dossier: Die Bilateralen Verträge I und die sektoriellen Verhandlungen mit der EU 1993 bis 1998

Das Bundesamt für Statistik (BFS) veröffentlichte erstmals eine Arbeitsmarktgesamtrechnung (ARG), welche für die Periode 1991-1996 eine umfassende Darstellung der Dynamik ermöglicht, die sich hinter den traditionellen Arbeitsmarktindikatoren verbirgt.

Vollzeitstellen tiefsten Stand seit 1991
Dossier: Diverse Statistiken zum Arbeitsmarkt 1990-2000

Nationalrat Gysin (sp, BS) reichte eine Motion ein, mit welcher er den Bundesrat beauftragen wollte, Massnahmen gegen die Diskriminierung älterer Stellensuchender auf dem Arbeitsmarkt zu ergreifen. Die Landesregierung teilte zwar die Besorgnis des Motionärs und anerkannte, dass deutliche Anzeichen für diese Form der Diskriminierung – besonders gegenüber Frauen – bestehen. Da er die Problematik aber noch vertieft prüfen möchte, beantragte er mit Erfolg Umwandlung in ein Postulat.

Diskriminierung älterer Stellensuchender

Gleich wie vor ihr der Nationalrat gab die kleine Kammer einer Standesinitiative des Kantons Genf, welche verlangte, eine Bundesgesetzgebung zur Bekämpfung von Betriebsschliessungen und Massenentlassungen auszuarbeiten, keine Folge. Die Kommission argumentierte, dieses Problem lasse sich nicht auf dem Gesetzesweg angehen. Es sei vielmehr wichtig, Massnahmen zur Wiederbelebung der Wirtschaft zu ergreifen und günstige Rahmenbedingungen für die Betriebe zu schaffen.

Bekämpfung von Betriebsschliessungen und Massenentlassungen

Nachdem die Erwerbstätigkeit 1995 und 1996 um jeweils 0,3% zugenommen hatte, verringerte sie sich im Berichtsjahr wieder um den gleichen Prozentsatz.

Vollzeitstellen tiefsten Stand seit 1991
Dossier: Diverse Statistiken zum Arbeitsmarkt 1990-2000

Am Jahresende registrierte das Bundesamt für Statistik noch 2,58 Millionen Vollzeitstellen, was gegenüber dem Vorjahr einem Rückgang von 1,4% entspricht, wogegen die Teilzeitstellen um 1,8% auf 421 000 zunahmen. Die Zahl der Vollzeitstellen hat damit den tiefsten Stand seit der erstmaligen Erhebung der absoluten Zahlen im Jahr 1991 erreicht. Industrie und Gewerbe waren mit einem Rückgang von 1,8% (rund 18 000 Vollzeitstellen) überdurchschnittlich stark betroffen. Rund die Hälfte der abgebauten Arbeitsplätze ging dabei auf das Konto des Baugewerbes.

Vollzeitstellen tiefsten Stand seit 1991
Dossier: Diverse Statistiken zum Arbeitsmarkt 1990-2000