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Ins Kreuzfeuer gerieten die beiden Grossverteiler Migros und Coop, die – trotz sehr gutem Geschäftsgang – selbst langjährigen Mitarbeitenden Nettolöhne von knapp 3'000 Fr. ausrichten. FDP-Parteipräsident Steinegger forderte die beiden Firmenketten auf, Gehälter zu bezahlen, „die zum Leben ausreichen“, da sonst die öffentliche Hand Unternehmen der Tieflohnbranche mit der von ihr geleisteten Sozialhilfe de facto subventionieren würde. Staatlich festgelegte Mindestlöhne verwarf er aber und meinte, der freie Arbeitsmarkt werde die Sache von alleine regeln. Die Migros reagierte auf die (ihrer Ansicht nach geschäftsschädigenden) Vorwürfe der Gewerkschaften mit ganzseitigen Inseraten in allen grossen Tageszeitungen. Sie versprach darin, allen vollzeitbeschäftigten Mitarbeitenden ab 2001 einen Bruttolohn von mindestens 3'000 Fr. auszurichten (3'300 Fr. ab 2003). Zudem verwies die Genossenschaft darauf, dass sie in anderen Sozialbereichen (Mutterschaftsurlaub von 14 Wochen, Leistungsprimatspension mit 62 Jahren usw.) ein sehr sozialer Arbeitgeber sei.

Migros Coop

Nur wenige Tage vor Auslaufen des alten GAV einigten sich die Sozialpartner in der Druckindustrie auf einen neuen Vertrag für die nächsten fünf Jahre. Den Gewerkschaften gelang es dabei nicht, einen umfassenden Branchenvertrag auszuhandeln, der auch das Speditions- und das technische Redaktionspersonal umfasst hätte. Ebenso mussten sie ihre Forderung nach einer generellen Lohnerhöhung von 200 Fr. aufgeben und Zugeständnisse bei der Arbeitszeitflexibilisierung machen. Die Arbeitgeber sicherten dafür zu, die tiefsten Löhne bis 2002 auf 3000 Fr. anzuheben. Zudem verzichteten sie auf ihre Forderung nach einem Rahmenvertrag, der nach Regionen und Betrieben vor allem lohnmässig Abweichungen gestattet hätte. Neu wurden die jährlichen Lohnanpassungen vollständig in die Betriebe delegiert. Diese Ergebnisse gingen der Basis der Mehrheitsgewerkschaft „Comedia“ zu wenig weit; mit einem dreistündigen Warnstreik verlangte sie Nachverhandlungen insbesondere bei der Reallohnerhöhung sowie beim Einbezug des Speditionpersonals in den GAV. Als letztere Forderung von den Arbeitgebern akzeptiert wurde, stimmte die „Comedia“ dem neuen GAV zu.

Druckindustrie

Über die Entwicklung der Löhne im Berichtsjahr waren sich die Experten nicht einig. Gemäss den Daten des Bundesamtes für Statistik (BFS) stiegen die Nominallöhne 1999 um 0,2%; bei einer Jahresteuerung von 0,8% ergibt dies einen Reallohnverlust von 0,6%. Das BSF stellte nur gerade in zwei Branchen eine Reallohnerhöhung fest (Gastgewerbe +1,2% und Banken +0,6%). Die grossen Verlierer waren die Arbeitnehmer in der Textilindustrie und der Telekommunikation (je -1,7%) sowie in der öffentlichen Verwaltung (-1,5%). Auffallend an den Zahlen des BFS war, dass Personen mit einer Berufslehre offenbar einen höheren Reallohnverlust hinnehmen mussten (-0,7%) als An- und Ungelernte (-0,1%).

Konjunkturfachleute widersprachen zum Teil diesem Bild. Sie bemängelten, die Daten des BFS beruhten auf Angaben der Versicherungswirtschaft, weshalb Löhne über 8900 Fr. nur als (möglicherweise zu tief angesetzte) Hochrechnung in die Aussage eingeflossen seien. Auch seien nur die Fixlöhne berücksichtigt worden, was angesichts der zunehmenden Bedeutung der Bonifikationen zu einer Verzerrung führe. Die Analyse des BFS trage der tendenziellen Verschiebung der Wirtschaft von niedrig auf höher bezahlte Sektoren nicht Rechnung, sondern messe die Löhne für Beschäftigungen konstanter Natur. Zudem sei auch der Konsumentenpreisindex nicht über alle Zweifel erhaben; in den letzten Jahren habe er die effektive Teuerung um einige Promille überschätzt. Aufgrund dieser Korrekturfaktoren berechneten sie einen Reallohnzuwachs von rund 0,5%.

Reallohnzuwachs von rund 0,5%

Ende Jahr veröffentlichte das BFS weitere Ergebnisse seiner auf den Zahlen von 1998 basierenden Lohnstrukturerhebung. Demnach profitierten zwischen 1996 und 1998 vor allem Angestellte mit anspruchsvollen Tätigkeiten in Hochlohnbranchen vom gestiegenen Lohnvolumen. Die erhobenen Daten zeigten, dass die berufliche Qualifikation nur einen Teil der Salärunterschiede erklärt. Tendenziell etwas aufgeholt haben offenbar die Frauenlöhne; nach wie vor verdienen die Frauen aber, ungeachtet ihrer Qualifikation, rund 20% weniger als die Männer. Insgesamt 30% der Vollbeschäftigten erzielten einen Nettolohn unter 4000 Fr. Auch hier gab es grosse Unterschiede zwischen den Branchen und den Geschlechtern. So gehörten nur 0,3% der Bankangestellten, aber 16% der Detailhandelsangestellten und 40% der Beschäftigten im Gastgewerbe zu diesen Tieflohnbezügern; Frauen waren mit 53% in dieser Einkommensgruppe deutlich stärker vertreten als Männer, von denen nur rund 20% weniger als 4000 Fr. Nettolohn erhielten.

Lohnungleichheit zwischen Mann und Frau
Dossier: Lohnstatistiken 1990-2000

Mitte Jahr eröffneten die Gewerkschaften und Angestelltenverbände mit ihrer Forderung nach einer je nach Branche generellen Reallohnerhöhung von bis zu 6,5% die Lohnrunde 2000; gleichzeitig sagten sie den erfolgsabhängigen Lohnbestandteilen den Kampf an, da damit ein Teil des unternehmerischen Risikos auf die Arbeitnehmerschaft überwälzt werde. An einer Grosskundgebung in Bern demonstrierten rund 18 000 Personen, insbesondere aus dem Baugewerbe, aber auch aus Industrie, Gastgewerbe und Verkauf, für 200 Fr. mehr Lohn für alle und Mindestsaläre von 3000 Fr. Die Gewerkschaften drohten, falls die Produktivitätsfortschritte der letzen Jahre nicht an die Beschäftigten weitergegeben würden, müssten diese wieder vermehrt den Streik als Mittel zur Durchsetzung ihrer Forderungen ins Auge fassen.

Allgemeine Lohnverhandlungen (1993-1999)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Wie eine Auswertung der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) zeigte, bestehen in der Schweiz deutliche (und angesichts der Durchlässigkeit des Arbeitsmarkts schwer erklärbare) regionale Lohnunterschiede. 1998 betrug so der mittlere Wert (Median) der monatlichen Brutto-Erwerbseinkommen der Vollzeitbeschäftigten in der Region Zürich 5920 Fr., im Tessin hingegen lediglich 4770 Fr. In der Ostschweiz entsprach der Median mit 5500 genau dem Landesdurchschnitt. Etwas weniger verdienten die Erwerbstätigen im zentralen Mittelland um Bern und in der Genfersee-Region (5420 bzw. 5440 Fr.), während das Median-Lohnniveau in der Nordwestschweiz mit 5730 Fr. deutlich über dem Landesdurchschnitt lag. Die SAKE-Daten wiesen zudem nach, dass die regionalen Einkommensunterschiede sowohl in der Industrie wie im Dienstleistungssektor in praktisch gleichem Ausmass feststellbar sind, es sich also nicht um strukturelle Unterschiede zwischen den Regionen handelt. Die Differenzen bleiben auch bestehen, wenn unterschiedliche Qualifikationsniveaus berücksichtigt werden.

Reallohn-Erhebung
Dossier: Lohnstatistiken 1990-2000

Im Vorjahr hatte das Hilfswerk „Caritas“ ausgehend von einer Studie über die sogenannten „Working poor“ (Menschen, die trotz 100%iger Erwerbstätigkeit kein ausreichendes Erwerbseinkommen erzielen) gesetzliche Vorschriften über Mindesteinkommen verlangt. Im Berichtsjahr doppelte der Schweizerische Gewerkschaftsbund mit seiner Forderung nach Mindestlöhnen von 3000 Fr. für eine Vollzeitbeschäftigung nach. Wirtschaftsforscher wie beispielsweise der Chef der Konjunkturforschungsstelle der ETH warnten demgegenüber, es gebe letztlich nichts Unsozialeres als eine sozial motivierte Lohnstruktur, denn wenn ein Unternehmen auf Dauer Löhne über der Wertschöpfung der Arbeitnehmer bezahlen müsse, würden massiv Stellen abgebaut, was letztlich zu weit grösseren sozialen Härten führen würde als Niedriglöhne für wenig qualifizierte Arbeitnehmer. Zur Diskussion gestellt sollten eher staatliche Zuschüsse werden („Kombilohn“ oder negative Einkommenssteuer). Selbst Vertreter der Linken, bis anhin vehemente Verfechter des Grundsatzes eines existenzsichernden Lohnes, befanden diese Vorschläge zumindest für
prüfenswert.

Schweizerische Gewerkschaftsbund Mindestlöhnen von 3000 Fr.

An seinem 50. Jahreskongress erklärte der Schweizerische Gewerkschaftsbund, er werde sich für einen Mindestlohn von 3000 Fr. einsetzen. Um die Berechtigung seiner Forderung zu unterstützen, gab er eine Studie in Auftrag, welche zeigte, dass 3,4% der Erwerbstätigen (rund 60 000 Personen) bei vollem Pensum weniger als 2100 Fr. pro Monat (Hälfte des Medianlohnes) verdienen und demzufolge zu den “working poor” gehören.

Mindestlohn von 3000 Fr.

Im Januar legte der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) eine Studie zur Situation der „Working poor“ vor, also jener Menschen, die trotz regelmässiger Erwerbsarbeit von Armut betroffen sind. Die Ergebnisse der Untersuchung bestätigten jene früherer Berichte. Gemäss SGB leben 3% bis 5% der Vollzeitbeschäftigten unterhalb der Armutsgrenze, d.h. sie erzielen ein Einkommen von weniger als 50% des Medianlohnes. Als einzigen Lichtblick wertete der SGB den Umstand, dass die Zahl der betroffenen Personen in den letzten Jahren nicht weiter zugenommen hat. Tief- und Tiefstlöhne werden vor allem in der Landwirtschaft, im Detailhandel, in der Hotellerie, im Gastgewerbe sowie bei den persönlichen und häuslichen Dienstleistungen ausgerichtet. Deutlich stärker trifft es zudem Selbstständigerwerbende, unter 25-jährige und über 60-jährige Erwerbstätige. Der höchste Anteil an Tieflohnbezügern verzeichnet der Kanton Tessin. Ausgehend von diesen Feststellungen verlangte der SGB einen garantierten monatlichen Mindestlohn von 3000 Fr..

leben 3% bis 5% der Vollzeitbeschäftigten unterhalb der Armutsgrenze

Kurz darauf doppelte die Eidg. Kommission für Familienfragen in einem Bericht über die Auswirkungen von Armut und Arbeitslosigkeit auf die Familien nach. Sie verlangte ein Recht für alle auf bezahlte Arbeit und die Einführung eines gesetzlich garantierten Mindestlohnes, der zumindest das Existenzminimum eines Haushaltes deckt.

Bericht über die Auswirkungen von Armut und Arbeitslosigkeit auf die Familien

Die Bundesverwaltung liess in Zusammenarbeit mit dem BFS untersuchen, ob die vielfach vorgebrachte Behauptung, Beamte würden mehr verdienen als Angestellte in der Privatwirtschaft, tatsächlich stimmt. Die Untersuchung kam zum Schluss, dass die Differenzen in der globalen Lohnsumme primär auf strukturelle Unterschiede zurückzuführen sind, also auf Ausbildung, Alter, Nationalität, Art der Arbeitsplätze, ausgeführte Tätigkeit sowie Konzentration auf städtische Agglomerationen. Generell werden die Frauen in der Bundesverwaltung besser entlöhnt als in privaten Betrieben. Im Mittel verdienen sie 21% mehr als in der Privatindustrie. Gegenüber dem privaten Sektor gibt es vor allem Unterschiede bei den verschiedenen Lohnklassen. In der Privatwirtschaft beziehen 11% der Männer und 48% der Frauen einen monatlichen Bruttolohn von weniger als 4000 Fr. Im öffentlichen Sektor sind es nur 1,7% der Männer und 5% der Frauen.

Lohnstatistik 1998
Dossier: Lohnstatistiken 1990-2000

Caritas Schweiz legte eine Studie vor, welche sich mit der wachsenden Zahl der “Working Poor” beschäftigt, jener Haushalte, in denen eine oder mehrere Personen zusammen mindestens zu 90% erwerbstätig sind, und die dennoch als “arm” zu gelten haben. Die Zahl der betroffenen Personen wurde schweizweit auf 250'000 bis 400'000 Personen geschätzt. Besonders gefährdet sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Dienstleistungssektor (Gastgewerbe und Verkauf), da dort häufig tiefe Löhne bezahlt werden und der Anteil der Teilzeiterwerbstätigen besonders hoch ist. Caritas stellte deshalb die Frage, ob nicht eine staatliche Lohnpolitik nötig wäre, zumindest für Branchen ohne sozialpartnerschaftliche Vereinbarungen; die Forderung nach einem gesetzlich festgelegten Minimallohn sei in der Schweiz ein Tabu, doch wäre es an der Zeit, dieses zu brechen. Zudem verlangte das Hilfswerk eine gezielte, auf das niedrige Bildungsniveau der Working Poor ausgerichtete Berufsbildung, da die üblichen Angebote der Arbeitslosenversicherung und der Sozialhilfe nicht genügten. Die Caritas meinte auch, es sei falsch, wenn die kommunale Sozialfürsorge beansprucht werde, um die Existenzprobleme der Working Poor zu lösen. Sozialhilfe sei ein Instrument zur Überbrückung aktueller Notlagen, nicht aber zur dauerhaften Finanzierung arbeitsmarktpolitischer Fehlentwicklungen. Das neu erkannte Armutsrisiko der ungenügend entlöhnten Erwerbstätigkeit müsse auf nationaler Ebene abgedeckt werden.

Studie Working Poor

Nachdem Arbeitgeberdirektor Hasler im Sommer hatte verlauten lassen, nach den sieben “mageren Jahren” würden angesichts des Wirtschaftsaufschwungs Reallohnerhöhungen wieder drin liegen, verlangten die Arbeitnehmerverbände generelle Lohnerhöhungen um 1,5%, für besonders wachstumsintensive Branchen sogar um 2-3%. Eine breit gestreute Anhebung der Löhne lehnten die Arbeitgeber aber ab; sie wollten diese vielmehr von den Branchen, dem Geschäftsgang der einzelnen Betriebe und von den individuellen Leistungen der Lohnempfänger abhängig machen.

Allgemeine Lohnverhandlungen (1993-1999)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Eine weitere Untersuchung des BFS stützte die seit längerer Zeit gemachte Feststellung, dass die Gesamtarbeitsverträge für die Lohnanpassungen immer irrelevanter werden. Ausgehend von den Tarifverhandlungen im Herbst 1997 stellte das BFS fest, dass bei der Lohnpolitik dem Leistungsprinzip eine zusehends stärkere Bedeutung zukommt. Vier Fünftel der im Rahmen von GAV geregelten Erhöhungen des durchschnittlichen nominalen Effektivlohnes wurden in Form individueller Lohnerhöhungen gewährt, und zwar nach dem Mass der erbrachten Leistung. Im Bankensektor und in der chemischen Industrie beobachtete das BFS einen stärker werdenden Trend hin zu Lohnsystemen, die eine Beteiligung der Arbeitnehmenden am Unternehmenserfolg vorsehen. Diese Bonus-Zahlungen sind nicht in jedem Fall Bestandteil des Lohnes und führen nur zum Teil zu Beiträgen an die Sozialversicherungen.

Allgemeine Lohnverhandlungen (1993-1999)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Gemäss den Erhebungen des BFS nahmen die Löhne 1998 real um 0,6% zu. Die Männer profitierten mit einem Zuwachs von 0,7% etwas mehr von der Lohnsteigerung als die Frauen (0,5%). Noch stärker fiel die Qualifikation ins Gewicht, denn das gelernte Personal verzeichnete einen Anstieg von 0,7%, wogegen sich das an- und ungelernte Personal mit einem Plus von 0,4% zufrieden geben musste. Nach Arbeitsbereichen zeigte sich ein überproportionaler Zuwachs in der Kategorie Büro und Technik (1,1%), während sich das Lohnniveau in den Kategorien Verkauf (0,2%) und Betrieb (0,1%) kaum veränderte. Praktisch gleichauf entwickelten sich die Wirtschaftssektoren: In der Industrie wurde ein Plus von 0,6%, in den Dienstleistungen eines von 0,7% erreicht. Hinter diesen Durchschnittswerten verbergen sich zum Teil gegensätzliche Entwicklungen in den einzelnen Branchen. So konnten die Angestellten in den Bereichen Nachrichtenübermittlung und Chemie einen ansehnlichen Lohnzuwachs von rund 4% verzeichnen, während die Löhne bei den Versicherungen (nach einem 4%igen Wachstum im letzten Jahr) und im Gastgewerbe rückläufig waren
.

1998 real um 0,6% zu Qualifikation

Wie eine Untersuchung des BFS zeigte, privilegiert das Entlöhnungssystem seit einigen Jahren eindeutig die individuelle Leistung zum Nachteil kollektiver Lohnanpassungen. Im Berichtsjahr wurden ungefähr zwei Drittel der über die Gesamtarbeitsverträge geregelten durchschnittlichen nominalen Effektivlohneröhungen nur zu einem Teil der Arbeitnehmenden nach dem Leistungsprinzip gewährt. Die Tendenz zu einer stärkeren Individualisierung zeichnete sich auch auf einer anderen Ebene ab. Wie das Beispiel der Banken und der chemischen Industrie in den Vorjahren gezeigt hat, verlagern sich die Lohnverhandlungen immer mehr in die einzelnen Unternehmen hinein.

Allgemeine Lohnverhandlungen (1993-1999)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Nach den Berechnungen des Bundesamtes für Statistik (BFS) stieg der Nominallohnindex im Berichtsjahr um 0,5% gegenüber dem Vorjahr und erreichte 104,6 Punkte (1993: 100 Punkte). 1994 war der Nominallohn um 1,5%, 1995 und 1996 um je 1,3% gestiegen. Nach Abzug der Teuerung von 0,5% stagnierten die Reallöhne 1997 verglichen mit dem Vorjahr. Unter dem Strich ergibt sich damit nach einem Rückgang um 0,5% 1995 und einer Zunahme um ebenfalls 0,5% 1996 ein seit drei Jahren unverändertes Reallohnniveau.

Reallohn-Erhebung
Dossier: Lohnstatistiken 1990-2000

Das Bundesgericht stützte die Rechte der Ausländer im Lohnbereich. Ausgehend von der Klage einer portugiesischen Hotelangestellten, die 1994 erheblich weniger Lohn erhalten hatte als in der Saisonnierbewilligung vorgesehen, befand es, ausländische Arbeitskräfte hätten durchaus das Recht, sich bei Lohnstreitigkeiten auf die bundesrätliche Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer zu berufen, welche die Bewilligung davon abhängig macht, dass der Arbeitgeber dem Ausländer die gleichen orts- und branchenüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen bietet wie den Schweizern.

Bundesgericht Rechte der Ausländer im Lohnbereich

Zum Auftakt der Lohnrunde für 1997 verlangten die Gewerkschaften mindestens eine Teuerungszulage von 1% und dort, wo der Betriebsertrag es ermöglicht, 0,5% Reallohnerhöhung. Hauptargument der Gewerkschaften war, dass Lohnerhöhungen unter 1,5% die Deflationstendenzen verstärken könnten. Arbeitgeberverbandsdirektor Hasler hielt eine Erhöhung der Lohnsumme von 1% zum Teuerungsausgleich zwar für realistisch, machte aber klar, dass es keine generellen, sondern nur noch individuelle, leistungsbezogene Lohnerhöhungen geben werde und auch Lohnsenkungen durchaus möglich seien.

Allgemeine Lohnverhandlungen (1993-1999)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Je länger der wirtschaftliche Aufschwung auf sich warten lässt, desto schwächer wird die Position der Gewerkschaften in den Lohnverhandlungen. Mit wenigen Ausnahmen standen bei der diesjährigen Lohnrunde branchenweite Abkommen nicht mehr zur Diskussion. Zum Teil wurde nicht einmal konzernweit verhandelt. Bei ABB Schweiz beispielsweise wurden die Löhne betriebsweise ausgehandelt, was zu über 40 voneinander losgelösten Lohnverhandlungen führte. Nach dem Scheitern der gewerkschaftlichen Forderung nach einer generellen Lohndiskussion sowohl für die Arbeiter wie die Angestellten in der Basler Chemie, verhandelten auch dort die Chefs nur mehr direkt mit den Betriebskommissionen. Ausgehandelt wurde dabei eine Erhöhung der Lohnsumme um 1,3%. Die Migros-Angestellten erhielten ebenfalls keinen generellen Teuerungsausgleich mehr, dafür standen den einzelnen Migros-Unternehmen maximal 1% ihrer Bruttolohnsumme für leistungsbezogene Lohnanpassungen zur Verfügung.

Allgemeine Lohnverhandlungen (1993-1999)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Im Berichtsjahr nahmen die Nominallöhne für die Gesamtheit der Arbeitnehmenden um 1,3% zu, wobei die Zunahme bei den Männern durchschnittlich 1,1% und bei den Frauen 1,8% betrug. Das Baugewerbe verzeichnete einen Lohnanstieg von 1,8%, der Dienstleistungssektor von 1,4% und die verarbeitende Produktion von 0,9%. Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Teuerung (+1,8%) ergab sich somit ein Rückgang der Reallöhne um 0,5% (1994: +0,5%). In den Verhandlungen im Rahmen der wichtigsten Gesamtarbeitsverträge wurden für 1995 im Mittel nominale Lohnerhöhungen von 1,4% vereinbart. Davon wurden 0,8% generell und 0,6% individuell ausgerichtet. Die Mindestlöhne stiegen durchschnittlich um 1,2%.

Reallohn-Erhebung
Dossier: Lohnstatistiken 1990-2000

Die erste Lohnstrukturerhebung des BFS, die auf rund 553 000 Lohndaten aus 10 000 Betrieben basiert, bestätigte die landläufige Vorstellung, wonach die Schweizer im Durchschnitt gut verdienen (4823 Fr. brutto pro Monat), der Bund im Mittel rund ein Viertel mehr bezahlt als die Privatwirtschaft und die Frauen bei gleichem Beschäftigungsgrad weniger Lohn erhalten (-24%) als die Männer. Zum Zeitpunkt der Erhebung (Oktober 1994) verdienten 25,5% der Arbeitnehmenden bei 40 Wochenstunden einen Bruttolohn zwischen 4000 Fr. und 5000 Fr.; 20,9% lagen in der Lohnklasse zwischen 3000 Fr. und 4000 Fr., 18,5% in jener zwischen 5000 Fr. und 6000 Fr. und 10,6% in jener zwischen 6000 Fr. und 7000 Fr.; 8,3% aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verdienten unter 2000 Fr., 4,7% mehr als 10 000 Fr. im Monat. Das Ausbildungsniveau erweist sich laut BFS nach wie vor als eine zentrale Bestimmungsgrösse des Lohnes. Personen mit Hochschulabschluss erhielten im Durchschnitt doppelt soviel Lohn (8656 Fr.) wie solche ohne abgeschlossene Berufsausbildung (3776 Fr.). Kaum einen Einfluss hat das Ausbildungsniveau hingegen bei der Lohndifferenz nach Geschlechtern. So verdienten beispielsweise Hochschulabsolventinnen 22%, Arbeitnehmerinnen mit abgeschlossener Berufsausbildung 19% weniger als ihre männlichen Kollegen.

erste Lohnstrukturerhebung

Erneut Vertragskonflikte gab es im Bauhauptgewerbe. Die Gewerkschaften verlangten eine generelle Lohnerhöhung in der Grössenordnung von 2,5% sowie die im 1994 abgeschlossenen Landesmantelvertrag vorgesehenen zusätzlichen zwei Ferientage ab 1996. Der Schweizerische Baumeisterverband bot lediglich zwei Ferientage oder 0,8% Lohnerhöhung an. Nach drei Verhandlungsrunden war die Situation derart blockiert, dass die Gewerkschaften die Paritätische Schiedskommission anriefen, welche bestimmte, dass die Bauarbeiter ab 1996 1,4% mehr Lohn sowie zwei Ferientage zusätzlich erhalten.

Baugewerbe (1993-1999)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Eine im Frühjahr im Auftrag des Kaufmännischen Verbandes der Schweiz durchgeführte Studie, welche mehr als 10 000 Einzellöhne aus 350 Unternehmen verglich, zeigte nicht nur eine nach wie vor alarmierende Lohndiskriminierung der Frauen - bei gleicher Funktionsstufe, Branche und Alter bis rund 35% -, sondern wies auch generell bedeutende Lohnunterschiede je nach Wohnort und Branche nach. Die Erhebung teilte die Schweiz in drei Regionen ein. In der Region 1 (Genf, Stadt und Kanton Zürich) wird am meisten verdient; die Löhne liegen 5,7% über dem Schweizer Mittelwert. In der Region 2 (Basel, Mittelland, Ost- und Zentralschweiz) liegen sie dagegen 3,8% unter dem Schnitt, und in der Region 3 (Graubünden, Tessin, Wallis) gar 8% darunter. Bei den Branchen sind die Lohnunterschiede kleiner. Dienstleistungen (+3,7%) und Grosshandel (+1,9%) liegen über dem durchschnittlichen Lohnniveau, Detailhandel (-5,4%) und Industrie (-1,4%) darunter.

Lohnungleichheit zwischen Mann und Frau
Dossier: Lohnstatistiken 1990-2000

Im Berichtsjahr nahmen die Nominallöhne für die Gesamtheit der Arbeitnehmer um 1,5% zu, wobei die Zunahme bei den Männern durchschnittlich 1,5% und bei den Frauen 1,4% betrug. Der Lohnzuwachs für die verarbeitende Produktion fiel mit 1,8% höher aus als jener für das Baugewerbe (+1,4%) und die Dienstleistungen (+1,3%). Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Teuerung (+0,9%) ergab sich somit ein Erhöhung der Reallöhne um 0,5% (1993: -0,7%) [17]. In den Verhandlungen im Rahmen von Gesamtarbeitsverträgen wurden für 1994 im Mittel nominale Lohnerhöhungen von 2,3% vereinbart. Die Mindestlöhne wurden durchschnittlich im gleichen Umfang angehoben (+2,4%).

Reallohn-Erhebung
Dossier: Lohnstatistiken 1990-2000