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Für Gewerkschafter aus der Romandie sowie die Funktionäre der Gewerkschaft Druck und Papier ging der Arbeitnehmerschutz immer noch zu wenig weit, da das revidierte Gesetz den Arbeitstag unzulässig verlängere, eine starke Zunahme der Nachtarbeit bringe und zu viele Überstunden erlaube. Gegen den Willen von SP und SGB, die meinten, mit diesem zweiten Revisionspaket sei das Machbare erreicht, ergriffen sie das Referendum. Wider Erwarten kam dieses mit 54 297 Unterschriften zustande. Besonders starke Unterstützung fand es in den Kantonen Waadt und Genf (mit allein über 28 000 Unterschriften) sowie in den übrigen welschen Kantonen und dem Tessin, also in jenen Landesteilen, welche bereits die erste Revisionsvorlage besonders deutlich abgelehnt hatten.

Zweiter Anlauf, Parlamentarische Initiatitive SGK (BRG 97.447)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

Die sozialpartnerschaftlich ausgehandelte Flexibilisierung der Arbeitszeit nimmt ständig zu. Sie gilt bereits in dem bis ins Jahr 2000 geltenden Gesamtarbeitsvertrag im Bauhauptgewerbe, wo für eine Vollzeitbeschäftigung von jährlich 2125 Arbeitsstunden ausgegangen wird; im Winter gilt eine Minimalarbeitszeit von 37,5 Wochenstunden, in der bauintensiven Sommerzeit eine von 45 Wochenstunden. In der Metall- und Maschinenindustrie sowie im Gastgewerbe wird sie durch die im Berichtsjahr abgeschlossenen neuen Gesamtarbeitsverträge etabliert.

Arbeitszeiten
Dossier: Diverse Statistiken zum Arbeitsmarkt 1990-2000

Im Eiltempo und ohne Gegenstimme hiess der Ständerat die nachgebesserte Revision des Arbeitsgesetzes gut, welche eine gegenüber der ersten, in der Volksabstimmung gescheiterten, gemässigtere Lockerung des Abend-, Nacht- und Sonntagsarbeitsverbots vornahm. Damit war die ehemals so umstrittene Vorlage ohne viel Aufhebens zumindest im Parlament unter Dach und Fach.

Zweiter Anlauf, Parlamentarische Initiatitive SGK (BRG 97.447)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

Für eine Besserstellung der Teilzeitarbeitenden im Bereich der Sozialversicherungen sprach sich der Nationalrat aus. Mit 92 zu 66 Stimmen nahm er eine parlamentarische Initiative Zapfl (cvp, ZH) an, welche den Koordinationsabzug im Rahmen der beruflichen Vorsorge proportional zum Beschäftigungsgrad senken will. Damit sollen auch jene Teilzeitbeschäftigten, die pro Jahr weniger als 23 880 Fr. (Ansatz 1998) verdienen, ihren Anspruch auf die Aufnahme in die betrieblichen Pensionskassen geltend machen können. Mit 86 zu 72 hiess der Rat zudem eine parlamentarische Initiative Roth (sp, GE) gut, die verlangt, dass Arbeitnehmende, die wöchentlich weniger als 12 Stunden arbeiten, auch bei Nichtbetriebsunfällen obligatorisch für Taggelder und Renten versichert sind.

Besserstellung von Teilzeitarbeitenden in der Unfallversicherung und in der beruflichen Vorsorge (Pa.Iv. 97.414)
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG

Seit 1991 finden auf dem schweizerischen Arbeitsmarkt, der im zweiten Quartal 1997 3,766 Mio erwerbstätige Personen umfasste, beträchtliche Strukturverschiebungen statt. Besonders auffällig ist der Rückgang der Vollzeitbeschäftigung zugunsten der Teilzeitarbeit. Gemäss den neuesten Ergebnissen der SAKE hat sich der Teilzeitanteil zwischen 1991 und 1997 von 25,3% auf 28,3% erhöht. Während bei den Männern der Abbau von Vollzeitstellen zwischen 1991 und 1997 nur unwesentlich durch eine Zunahme der Teilzeiterwerbstätigkeit abgefedert wurde, konnte bei den Frauen die Abnahme der Vollzeiterwerbstätigen (-52 000) durch die Zunahme der Teilzeiterwerbstätigen (+ 95 000) mehr als kompensiert werden. Eine Erklärung für die Zunahme teilzeiterwerbstätiger Frauen liefert die Analyse der Erwerbsneigung der Frauen nach Zivilstand. Erhöht hat sich insbesondere die Erwerbsbeteiligung der verheirateten Frauen (1991: 51,9%; 1997: 53,8%), welche situationsbedingt sehr oft nur teilzeiterwerbstätig sein können. Auffallend ist vor allem die Zunahme des Anteils der Familien mit Kindern, bei denen Mutter und Vater erwerbstätig sind. Waren 1991 nur in 40,7% der Paarhaushalte mit Kindern unter 15 Jahren beide Partner erwerbstätig, lag der entsprechende Anteil 1997 bei 54,7%.

Rückgang der Vollzeitbeschäftigung zugunsten der Teilzeitarbeit

Der SMUV bot den Arbeitgebern der Metall- und Maschinenindustrie für den neu auszuhandelnden Gesamtarbeitsvertrag einen Tausch an: Flexiblerer Einsatz der Arbeitskräfte gegen eine Verkürzung der Arbeitszeit um 10% ohne Lohnabbau. Er präsentierte dazu ein Jahres-Arbeitszeit-Modell. Nationalrat und Volkswirtschafter Strahm (sp, BE) bezeichnete eine Arbeitszeitverkürzung bei gleichbleibendem Lohn als wirtschaftlich durchaus tragbar. Das neue Modell verbessere die Arbeits- und Kapitalproduktivität, da flexiblere Arbeitszeiten eine längere Nutzung der Maschinen ermöglichten. Dies bringe enorme Gewinne, weil die Kapitalkosten pro Arbeitsstunde und Stück gesenkt würden. Der Vorschlag sei in sich selber finanziert und eine enorme Chance für die Flexibilisierung der Arbeitszeiten in der Industrie. Die Arbeitgeberseite lehnte generelle Arbeitszeitverkürzungen kategorisch ab und bezweifelte den vom SMUV vorgerechneten Produktivitätsgewinn. Das neue Modell würde die Arbeit verteuern und viele Mitgliederfirmen schwer in ihrer Konkurrenzfähigkeit treffen. Erste Gespräche zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaft fanden im Dezember statt.

Metall- und Maschinenindustrie Jahres-Arbeitszeit-Modell

Wer Teilzeit leistet, soll in der Unfallversicherung und in der beruflichen Vorsorge nicht länger benachteiligt werden. Die Nationalratskommission für soziale Sicherheit und Gesundheit unterstützte zwei parlamentarische Initiativen mit diesem Ziel. Eine Initiative Roth Bernasconi (sp, GE ) verlangte, dass auch Teilzeitarbeitende, die weniger als 12 Stunden pro Woche für den gleichen Arbeitgeber arbeiten, der obligatorischen Nichtberufsunfallversicherung unterstellt werden (Pa. Iv. 97.411). Mit ihrer Initiative wollte Zapfl (cvp, ZH) erreichen, dass der Koordinationsabzug in der beruflichen Vorsorge dem Beschäftigungsgrad angepasst wird. Heute ist erst der Jahreslohn, der 23 880 Fr. übersteigt, dem Obligatorium der beruflichen Vorsorge unterstellt. Das führt beispielsweise dazu, dass Teilzeitarbeitende, welche mehrere Stellen innehaben, nicht oder nur ungenügend versichert sind, und dass Ehepartner, welche die Rollenteilung praktizieren, viel tiefere Altersrenten erhalten als traditionelle Familien, in denen der Mann vollzeitbeschäftigt ist.

Besserstellung von Teilzeitarbeitenden in der Unfallversicherung und in der beruflichen Vorsorge (Pa.Iv. 97.414)
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG

Der Bericht des Bundesrates enthielt einen Gesetzesentwurf, der identisch war mit dem Vermittlungsvorschlag, der beim letzten Treffen der Sozialpartner ausgearbeitet worden war. Er umfasste zum einen jene Bestimmungen aus der Revisionsvorlage 1996, die in der parlamentarischen Behandlung sowie im Vorfeld der Abstimmung ganz oder weitgehend unbestritten blieben. Es sind dies insbesondere die Gleichstellung von Frau und Mann in bezug auf die Arbeits- und Ruhezeiten (namentlich hinsichtlich Nacht- und Sonntagsarbeit), die medizinische Betreuung der in der Nacht Beschäftigten sowie der Sonderschutz bei Mutterschaft jener Frauen, die Nachtarbeit verrichten. Zum anderen beinhaltete der Gesetzesentwurf neue Vorschläge für jene Bestimmungen, die gemäss Abstimmungsanalyse in der Hauptsache zur Ablehnung der ersten Vorlage geführt hatten. In diesem Sinn wurden neue Lösungen vorgeschlagen für die Abendarbeit (ab 20 Uhr und nicht mehr ab 23 Uhr, allerdings bis 23 Uhr nicht bewilligungspflichtig, sondern in Absprache mit den Arbeitnehmern zu regeln), die Überzeit (maximal noch 130-160 Stunden pro Arbeitnehmer und Jahr anstatt wie bisher 220 bis 260 Stunden) und die Abgeltung von regelmässig geleisteter Nachtarbeit (10% Zeitzuschlag). Ersatzlos gestrichen wurde die Liberalisierung der Sonntagsarbeit in Verkaufsgeschäften. Die Vorschläge des Bundesrates wurden von der WAK überaus positiv aufgenommen. Mit nur leichten Retouchen bei der Überstundenregelung (maximal 170 Stunden pro Jahr bei der 45-Stunden-Woche und 140 Stunden bei der 50-Stunden-Woche) übernahm sie den bundesrätlichen Gesetzesentwurf und kleidete ihn in die Form einer Kommissionsinitiative.

Zweiter Anlauf, Parlamentarische Initiatitive SGK (BRG 97.447)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

Nach monatelangen Verhandlungen zeichnete sich eine deutliche Annäherung der Standpunkte ab. Im September lag ein Vermittlungsvorschlag auf dem Tisch, der dem gesuchten Kompromiss sehr nahe kam. Der Vorstand des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes akzeptierte Zeitzuschläge für regelmässige Nachtarbeit und verzichtete auf die bewilligungsfreie Ladenöffnung an sechs Sonntagen pro Jahr. In diesem Moment scherte der Gewerbeverband aus und und brach die Verhandlungen ab. Aus Solidarität sistierte auch der Abeitgeberverband die Gespräche. Der zweite Anlauf für die Revision des Arbeitsgesetzes schien damit gescheitert zu sein. Nach einigem Hin und Her signalisierten Gewerbe- und Arbeitgeberverband wieder Gesprächsbereitschaft, wobei allerdings der Gewerbeverband bereits mit dem Referendum drohte für den Fall, dass die definitive Fassung des Gesetzes nicht seinen Vorstellungen entspreche. An der abschliessenden Sitzung der Arbeitskommission wurde erwartungsgemäss keine Einigung erzielt.

Zweiter Anlauf, Parlamentarische Initiatitive SGK (BRG 97.447)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

Die Gewerkschaft Unia, die neue Dienstleistungsgewerkschaft des SGB, erklärte, sie wolle vermehrt gegen die Arbeit auf Abruf vorgehen und mittelfristig ein generelles Verbot dieses prekären Anstellungsverhältnisses anstreben. Gemäss den Schätzungen der Unia arbeitet rund ein Drittel aller Angestellten von Warenhäusern und Grossverteilern auf Abruf. Diese müssen dem Betrieb jederzeit zur Verfügung stehen, ohne jeglichen Anspruch auf eine fixe Anzahl Arbeitsstunden oder ein gesichertes Einkommen zu haben. Als ersten Betrieb nahm die Unia den Grossverteiler Denner ins Visier, der im Frühjahr Hunderte von Verkäuferinnen und Magaziner vor die Wahl stellte, entweder einen neuen Arbeitsvertrag mit Arbeit auf Abruf oder die Kündigung zu akzeptieren.

Arbeit auf Abruf

Der Nationalrat überwies ein Postulat Rennwald (sp, JU), welches den Bundesrat einlädt, einen Bericht über die Entwicklung atypischer Beschäftigungsformen (befristete Arbeit, Personalverleih, Arbeit auf Abruf, Nachtarbeit usw.), ihre wirtschaftlichen, sozialen und gesundheitlichen Folgen vorzulegen sowie Vorschläge zu machen, wie den schlimmsten Auswirkungen vorgebeugt und begegnet werden kann.

Entwicklung atypischer Beschäftigungsformen

Mit einer Motion wollte die Grüne Fraktion den Bundesrat beauftragen, bei der Schaffung von Teilzeit- und Job-Sharing-Stellen in der Bundesverwaltung mit gutem Beispiel voranzugehen und besonders bei den höheren Lohnklassen vor jeder Ausschreibung die Möglichkeiten dieser Arbeitsformen zu prüfen. Der Bundesrat unterstrich bereits unternommene Anstrengungen in diesem Bereich, verwies aber auch darauf, dass insbesondere bei Stellenvakanzen Aufgabenbeschriebe zwecks Aufteilung in Teilzeitstellen überprüft werden können. Da die Bundesverwaltung in den letzten Jahren eine sehr tiefe Fluktuationsrate aufgewiesen habe, sei die durchaus erwünschte Entwicklung hin zu mehr Teilzeitstellen etwas ins Stocken geraten. Auf seinen Antrag wurde die Motion als Postulat überwiesen.

Teilzeit- und Job-Sharing-Stellen in der Bundesverwaltung

Bereits in seiner Stellungnahme zur Volksabstimmung vom 1. Dezember 1996, in welcher das revidierte Arbeitsgesetz mit 67% der Stimmen abgelehnt wurde, hatte der Bundesrat klar gemacht, dass er eine Modernisierung des Arbeitsgesetzes im Interesse der Wirtschaft nach wie vor als notwendig und zeitlich dringend erachte, weshalb sich eine rasche Wiederaufnahme der Revisionsarbeiten aufdränge. Die Sozialpartner äusserten sich positiv zu den Absichten des Bundesrates. Ein Ausschuss der Eidg. Arbeitskommission, bestehend aus Vertretern der Sozialpartner, der Kantone, der Wissenschaft, der Frauenorganisationen sowie des BIGA, welches die Arbeiten auch leitete, erhielt den Auftrag, in Anlehnung an den ursprünglichen Entwurf, aber unter klarer Berücksichtigung des Abstimmungsergebnisses Lösungsvorschläge für eine Neuauflage der Revision zu erarbeiten.

Zweiter Anlauf, Parlamentarische Initiatitive SGK (BRG 97.447)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

Eine McKinsey-Studie, welche in Zusammenarbeit mit Swissair und ABB sowie einer Privatbank entstand, sagte voraus, dass im kommenden Jahrhundert jeder zweite Schweizer Arbeitsplatz eine Teilzeitstelle sein wird. Gemäss der Untersuchung weist die Schweiz nach den Niederlanden heute den zweithöchsten Anteil an Teilzeitstellen auf. Dieser Anteil müsse weiter vergrössert werden, weil sowohl die Angestellten als auch die Unternehmen und der Staat davon profitieren könnten. Die von McKinsey begleiteten Pilotprojekte in ausgewählten Bereichen der drei Firmen umfassten rund 400 Arbeitsplätze. Von ihnen erwiesen sich 85 bis 90 Prozent als für individuelle Arbeitszeiten geeignet. Auf der anderen Seite bekundeten 30 bis 40%aller befragter Mitarbeiter ihr Interesse für ein neues Arbeitszeitmodell.

Teilzeitarbeit
Dossier: Diverse Statistiken zum Arbeitsmarkt 1990-2000

Teilrevision des Arbeitsgesetzes
Abstimmung vom 1. Dezember 1996

Beteiligung: 46,7%
Ja: 697 874 (33,0%)
Nein: 1 418 961 (67,0%)

Parolen:
- Ja: FDP, LP, SVP, FP; Vorort, Arbeitgeber, SBV, SGV; Hotelierverein, Tourismus-Verband.
- Nein: SP, CVP (12*), GP, PdA, LdU, EVP, KVP, SD, EDU; SGB, CNG, LFSA, Angestelltenverbände; Landeskirchen, Pro Familia.

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen



Die Vox-Analyse dieses Urnengangs zeigte, dass das recht deutliche Nein weniger als Ablehnung des Sozialabbaus denn als Bekenntnis zu einem arbeitsfreien Sonntag gewertet werden kann. 74% der Urnengänger sagten in der Nachbefragung, der Sonntag müsse ein gesetzlicher Feiertag für möglichst viele bleiben. Nur 49% der Stimmberechtigten erklärten sich hingegen mit dem Argument der SP einverstanden, dass mit dem Nein zum Arbeitsgesetz dem Trend zum Sozialabbau ein Riegel geschoben werden müsse.
Mit fast 47% war die Stimmbeteiligung unüblich hoch, was wohl auch damit zusammenhing, dass an diesem Wochenende gleich über zwei emotional stark befrachtete Vorlagen (neben dem Arbeitsgesetz noch die Asylinitiative der SVP) abgestimmt wurde. In den letzten Tagen vor dem Urnengang waren dem Referendum generell gute Erfolgschancen zugemutet worden, aber der Nein-Stimmen-Anteil von 67% übertraf dann doch alle Erwartungen. Die Ablehnung erfolgte vor allem in jenen Kantonen, welche über- oder unterproportional von Arbeitslosigkeit betroffen sind: So lehnte die gesamte Romandie und das Tessin mit Nein-Stimmenanteilen von 68,6% (Genf) bis 86,6% (Jura) die Vorlage besonders deutlich ab, aber auch Uri und Obwalden sprachen sich mit 79,3 resp. 69,9% klar überdurchschnittlich gegen die Vorlage aus.

Bundesrat Delamuraz konnte am Abend des Abstimmungssonntags seine Verärgerung über die Arbeitgeber und das Parlament nur mit Mühe unterdrücken. Er bezeichnete das massive Nein als das - leider - vorprogrammierte Ergebnis des mangelnden Konsenses in der Schweiz. Er habe das Parlament vergeblich davor gewarnt, die wirtschaftsfreundlichen Bestimmungen auszuweiten und alle arbeitnehmerfreundlichen Bestimmungen aus der Vorlage zu kippen. Für den Vorsteher des EVD sollte das Resultat zumindest den Nutzen haben, die Alarmglocken schrillen zu lassen. Das Volk habe einen eindeutigen Auftrag gegeben: Es wolle nicht einseitige, sondern zwischen den Sozialpartnern abgesprochene Lösungen sowie Solidarität. Der Bundesrat sei bereit, als Mittler zu wirken und die Sozialpartner zu einer neuen Lösung zu führen.

Teilrevision des Arbeitsgesetzes: Verbot der Nacht- und Sonntagsarbeit von Frauen in der Industrie
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

In Basel-Stadt, wo die Novartis-Fusion hohe Wellen warf, trat die SP unter dem Slogan «Wir sind konservativ» zu den kantonalen Wahlen an. Sie festigte damit das Bild der bewahrenden Kraft in Bezug auf die soziale Sicherheit, Löhne und Arbeitsplätze, die sich der Entmachtung der Politik durch eine anonyme Wirtschaft entgegenstemmt.
Einen Sieg in diesem Sinne konnte die SP im Dezember mit der gewonnenen Abstimmung über das revidierte Arbeitsgesetz verbuchen, gegen das sie zusammen mit den Gewerkschaften das Referendum ergriffen hatte.

Wahlvorbereitung in Basel-Stadt und Abstimmungserfolge der SP 1996

Erstmals seit langer Zeit konnten die Gewerkschaften wieder einmal bei einer eidgenössischen Volksabstimmung einen Sieg gegen die Arbeitgeberverbände und die bürgerlichen Parteien feiern. Mit einem Mehr von 67% lehnte das Volk eine Lockerung der Vorschriften über die Nacht- und Sonntagsarbeit im Rahmen einer Revision des Arbeitsgesetzes ab. Der SGB hatte zusammen mit dem CNG und der SP dagegen das Referendum ergriffen.

Ein Erfolgserlebnis verzeichneten die Gewerkschaften auch in der Konjunkturpolitik. Die vom SGB zusammen mit der SP vorgetragene Forderung nach einem neuen Impulsprogramm (Förderung von Investitionen der öffentlichen Hand) fand – dank der CVP – im Nationalrat eine Mehrheit.

Erfolge der Gewerkschaften bei Volks- und Parlamentsabstimmungen 1996

Trotz den Bemühungen um ein klares Profil zerfiel die CVP bei der Abstimmung über das revidierte Arbeitsgesetz - der als Kraftprobe zwischen Unternehmerinteressen und Arbeitnehmerschutz eine hohe symbolische Bedeutung zukam - in zwei Lager. Während der wirtschaftsnahe Flügel das Gesetz unterstützte, stiess es beim christlichsozialen Flügel, bei den CVP-Frauen und bei vielen welschen Delegierten auf Opposition. Umstritten war dabei insbesondere auch die Sonntagsarbeit, welche als familienfeindlich taxiert wurde. Mit 120 zu 82 Stimmen beschlossen die Delegierten schliesslich die Nein-Parole und setzten sich damit der harschen Kritik der anderen bürgerlichen Parteien aus.

Parolenfassung der CVP zur Abstimmung über das revidierte Arbeitsgesetz 1996

Der Katholische und der Evangelische Frauenbund, der schweizerische Verband für Frauenrechte, Gewerkschafterinnen, Parlamentarierinnen der SP, der CVP und der Grünen sowie weitere Persönlichkeiten aus diesen Kreisen konstituierten sich im Oktober zu einem Frauenkomitee "Nein zum diskriminierenden Arbeitsgesetz". Sie kritisierten, die bloss formale Gleichbehandlung der Frauen mit den Männern, welche die Lebensrealität der mehrfach belasteten Frauen ausser acht lasse, diskriminiere recht eigentlich die Frauen. Aus einer veralteten Gleichstellungsoptik möge es positiv erscheinen, dass nun Frauen wie die Männer auch im Industriebereich nachts arbeiten dürften. Aus einer modernen und differenzierten Sicht der Dinge bringe das revidierte Gesetz aber nicht mehr Gleichstellung, sondern verschärfe die Unterschiede der Arbeitslast zwischen den Geschlechtern und müsse daher als Rückschritt in der Gleichstellungspolitik gewertet werden. Angesichts der tieferen Frauenlöhne werde die Wirtschaft zudem geradezu ermuntert, Frauen nachts und sonntags zu beschäftigen, als Teilzeitarbeiterinnen womöglich noch über prekäre Abrufverträge. Genau diese Kategorie von Frauen sei jedoch gewerkschaftlich schlecht bis kaum organisiert und könne sich damit nicht auf das Aushandeln einer Zeitkompensation durch die Sozialpartner verlassen. Andererseits konstituierte sich auch ein bürgerliches Frauenkomitee zur Unterstützung des neuen Arbeitsgesetzes, da dieses berufstätigen Frauen dieselben Beschäftigungsmöglichkeiten einräume wie den Männern.

Teilrevision des Arbeitsgesetzes: Verbot der Nacht- und Sonntagsarbeit von Frauen in der Industrie
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

Die EVP trug das Referendum gegen das revidierte Arbeitsgesetz aktiv mit und wehrte sich im Abstimmungskampf zusammen mit den Landeskirchen insbesondere vehement gegen die Lockerung des Sonntagsarbeitsverbots.

Kampf der EVP gegen das revidierte Arbeitsgesetz

Neben Gewerkschaften, SP, Grünen und EVP trug auch die EDU das Referendum gegen das revidierte Arbeitsgesetz mit und sprach sich gegen «grenzenlose Konsummöglichkeiten» und eine weitere «Sonntagsentheiligung» aus.

Unterstützung des Referendums gegen das revidierte Arbeitsgesetz durch die EDU

Zum zweiten Mal seit 1979 verzichtete der Bundesrat auf eine Empfehlung zuhanden der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger. Er begründete dies damit, dass das Parlament eine Vorlage verabschiedet habe, welche vorab bei der Kompensation der Nacht- und Sonntagsarbeit fundamental von den Vorschlägen der Landesregierung abgewichen sei. Im "Bundesbüchlein" und in seinen Auftritten werde sich der Bundesrat darauf beschränken, den Inhalt und die Auswirkungen des Gesetzes zu erläutern, ohne materiell dazu Stellung zu nehmen.

Teilrevision des Arbeitsgesetzes: Verbot der Nacht- und Sonntagsarbeit von Frauen in der Industrie
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

Schon im Vorfeld dieses Beschlusses kündigte der SGB das Referendum gegen das revidierte Gesetz an und fand dabei die Unterstützung von SP, GP, PdA, CNG und LFSA. Die EDU beschloss ihrerseits, wegen der "Entheiligung" des Sonntags auf den Referendumszug aufzuspringen. Aber auch welsche FDP-Politiker - unter ihnen der Vizepräsident der Partei, Peter Tschopp (GE) sowie die Nationalräte Christen (VD) und Dupraz (GE) - verhehlten nicht, dass sie für das Referendum gewisse Sympathien hegten. Diese drei Abgeordneten hatten denn in der Schlussabstimmung auch als einzige FDP-Vertreter gegen die Annahme der Vorlage gestimmt. Das Referendum kam schliesslich mit 165 467 Stimmen zustande.

Teilrevision des Arbeitsgesetzes: Verbot der Nacht- und Sonntagsarbeit von Frauen in der Industrie
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

Das Nein der Stimmberechtigten von drei Kantonen (St. Gallen, Freiburg und Solothurn) zu längeren Ladenöffnungszeiten noch vor der Einreichung des Referendums war ein erster Fingerzeig dafür, dass dieses an der Urne durchaus erfolgreich sein könnte. Der eigentliche Abstimmungskampf war stark emotional geprägt, indem beide Seiten auf die Betroffenheit des einzelnen Bürgers setzten. Die Vertreter der Arbeitgeberseite vertraten die Ansicht, eine Deregulierung der Arbeitszeit stärke den Wirtschaftsstandort Schweiz und sichere damit längerfristig Arbeitsplätze. Die Gegner der Vorlage geisselten diese als Quintessenz eines nur auf "shareholder value" ausgerichteten aggressiven Kapitalismus. In kirchlichen Kreisen stiess vor allem die partielle Aufhebung des Sonntagsarbeitsverbots auf massiven Widerstand.

längeren Ladenöffnungszeiten

Die PdA trug das Referendum gegen das revidierte Arbeitsgesetz aktiv mit und sagte damit einer «ultraliberalen Wirtschaftspolitik» den Kampf an.

Kampf der PdA gegen das revidierte Arbeitsgesetz und einer «ultraliberalen Wirtschafspolitik»