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Der Nationalrat gab gegen den Widerstand der Linken einer parlamentarischen Initiative Hegetschweiler (fdp, ZH) Folge, welche eine Liberalisierung der Sortimentsbeschränkungen und Ladenöffnungszeiten in den Bahnhof- und Flughafenarealen fordert. Gemäss einem Bundesgerichtsurteil vom Vorjahr dürfen diese Geschäfte an Sonntagen gemäss den arbeitsrechtlichen Bundesvorschriften auch dann einzig bestimmte Produkte (so genannter Reisebedarf) verkaufen, wenn die kantonalen Gesetze die Offenhaltung von Geschäften erlauben.

Revision des Arbeitsgesetzes

Der Nationalrat hiess ein Postulat Rennwald (sp, JU) gut, das den Bundesrat ersucht dafür zu sorgen, dass das im Arbeitsgesetz festgeschriebene grundsätzliche Verbot der Sonntagsarbeit auch tatsächlich eingehalten wird. Rennwald stiess sich insbesondere an einer Verordnung des BIGA von 1997, die den Kantonen das Recht zugestand, für die Verkaufsgeschäfte im Interesse einer Harmonisierung der Bewilligungspraxis in den Kantonen und im Sinne einer Vereinfachung des administrativen Aufwandes jährlich zwei Globalbewilligungen zu erteilen, und zwar ohne weitere Bedürfnisabklärung, da aufgrund einer generellen Beurteilung ein genügendes Bedürfnis in diesem Umfang als gegeben angesehen werden könne. Diese extensive Auslegung des Gesetzes war 2002 vom Bundesgericht im Streitfall zwischen der Gewerkschaft Unia und dem Kanton Bern als unzulässig beurteilt, die Verordnung aber dem Urteil nicht angepasst worden. Das Bundesgericht hatte insbesondere festgehalten, dass für jede Ausnahmebewilligung eine Bedürfnisabklärung nötig sei.

Sonntagsarbeit

Obgleich die Mehrheit der vorberatenden Kommission für Folgegeben plädierte, setzte sich im Nationalrat eine rechtsbürgerliche Minderheit mit 93 zu 83 Stimmen durch und verwarf eine von Vertreterinnen und Vertretern aller Fraktionen mitunterzeichnete parlamentarische Initiative Leutenegger Oberholzer (sp, BL) (Pa.Iv. 01.437), die mindestens eine fünfte Ferienwoche für Arbeitnehmende über 50 Jahren einführen wollte. Ebenfalls abgelehnt wurde eine parlamentarische Initiative Wyss (sp, BE) (Pa.Iv. 01.445), die sechs Wochen Ferien für Lehrlinge und jugendliche Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen verlangte.

Ferien

Mit 147 zu 57 Stimmen lehnte der Nationalrat eine parlamentarische Initiative Fetz (sp, BS) ab, die den 1. Mai auf nationaler Ebene zum arbeitsfreien und bezahlten Feiertag erklären wollte. Die Initiantin machte vergebens geltend, eine Aufwertung des Tags der Arbeit, der in mehreren Kantonen bereits als Feiertag gilt, wäre ein Zeichen für die Würdigung der Arbeit in Abgrenzung zur überhandnehmenden „Abzockerei“ auf Börsen- oder Managerebene und eine generelle Würdigung der in der Schweiz letztlich gut funktionierenden Sozialpartnerschaft.

1. Mai

Am 3. März gelangte die 1999 vom SGB eingereichte Volksinitiative „für kürzere Arbeitszeit“ zur Abstimmung, welche die etappierte Einführung einer Jahresarbeitszeit von 1'872 Stunden verlangte, was umgerechnet einer 36-Stunden-Woche entspricht. Bis zu einem Monatslohn von 7'600 Fr. sollte diese Reduktion der Arbeitszeit ohne Abstriche beim Lohn vollzogen werden. Die Initiative war 1998 in einer Zeit hoher Arbeitslosigkeit lanciert worden mit dem Anspruch, die Erwerbsarbeit auf mehr Hände zu verteilen und die Nichterwerbsarbeit gerechter zwischen Mann und Frau aufzuteilen. Bundesrat und Parlament empfahlen die Initiative Volk und Ständen ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung. Die Einwände der bürgerlichen Gegner waren die gleichen wir bei der Abstimmung von 1984 über die SGB-Initiative für die 40-Stunden-Woche ohne Lohneinbusse: Es sei falsch, für alle Branchen und Betriebe einheitliche Regelungen auf Verfassungsstufe zu fixieren, kleinere und mittlere Betriebe könnten die zusätzlichen Produktionskosten nicht verkraften, und das differenzierte Aushandeln der Arbeitszeit sei und bleibe Sache der Sozialpartner. Da sich auch der SGB nicht mehr mit Herzblut für die Initiative einsetzte, die gleichentags mit der bedeutend stärker polarisierenden UNO-Beitritts-Initiative zur Abstimmung kam, war deren Scheitern an der Urne voraussehbar. Mit einem Dreiviertelsmehr und allen Standesstimmen wurde die Initiative wuchtig verworfen. Am deutlichsten war die Ablehnung im Kanton Appenzell Innerrhoden mit einem Nein-Stimmen-Anteil von fast 90%; am meisten Zustimmung fand die Initiative im Kanton Jura, der sie aber immer noch mit rund 58% ablehnte. Generell waren die Ja-Stimmen-Anteile in der Westschweiz mit knapp 34% deutlich höher als in der Deutschschweiz (22,5%).


Volksinitiative „für eine kürzere Arbeitszeit“

Abstimmung vom 3. März 2002

Beteiligung: 58,3%
Ja: 689 935 (25,4%) / 0 Stände
Nein: 2 021 198 (74,6%) / 20 6/2Stände
Parolen:
– Ja: SP, GP, CSP; SGB
– Nein: FDP, CVP, SVP, LP, SD, FP, EVP, EDU, PdA; Economiesuisse, SAGV, SGV
– Stimmfreigabe: Lega; CNG

Die Vox-Analyse der Abstimmung zeigte, dass der Entscheid an der Urne von politischen und ideologischen Faktoren wesentlich stärker geprägt wurde als von sozialen Merkmalen. Am stärksten wirkte sich die Einordnung auf einer Links/Rechts-Skala aus. Wer sich der äusseren Linken zuordnet, stimmte der Initiative zu 71% zu. Diese äussere Linke war, zusammen mit den Sympathisanten der SP, denn auch die einzige Gruppe, welche mehrheitlich Ja stimmte. Aber bereits die SP-Anhängerschaft war mit einem Ja-Anteil von lediglich 57% eigentlich gespalten. Von den Sympathisanten der bürgerlichen Regierungsparteien wurde die Arbeitszeitverkürzung sehr deutlich abgelehnt.

„Arbeitszeitinitiative“

Gemäss den neuesten Ergebnissen des BFS nahm im Jahrzehnt 1990-2000 die wöchentliche Normalarbeitszeit der vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmenden um durchschnittlich 29 Minuten von 42,2 auf 41,8 Stunden ab. Die schrittweise Reduktion erfasste sämtliche Wirtschaftsbranchen. Am deutlichsten sank sie im Bausektor (-80 Min.) und im Gastgewerbe (-72 Min.), am wenigsten in der öffentlichen Verwaltung (-6 Min.) sowie im Gesundheits- und Sozialwesen (-12 Min.). Überdurchschnittlich blieb die Arbeitszeit in den Kantonen Graubünden und Wallis, was auf die grosse Bedeutung des Gastgewerbes zurückzuführen ist. 2000 wurden insgesamt 164 Mio Überstunden geleistet, was rein rechnerisch rund 83'000 Vollzeitstellen entspricht. Die Rangliste führte mit 77 jährlichen Überstunden das Kredit- und Versicherungsgewerbe an, gefolgt von der Branche Immobilien und Informatik (51 Std.) und dem Unterrichtswesen (48 Std.).

wöchentliche Normalarbeitszeit 41,8 Stunden Überstunden

Die 1999 von den Gewerkschaften eingereichte Volksinitiative „Für eine kürzere Arbeitszeit“, die eine Verringerung der Arbeitszeit von heute durchschnittlich 42 Stunden auf 36 Stunden pro Woche mit Lohngarantie für kleine und mittlere Einkommen sowie eine drastische Eindämmung der Überstunden verlangte, hatte im Parlament keine Chance. Als das Begehren 1998 nach Jahren hoher Arbeitslosigkeit lanciert worden war, schienen seine Forderungen nach einer besseren Verteilung der bezahlten Arbeit in breiten Kreisen zumindest prüfenswert. In einer wieder positiveren Konjunktur mit einem in vielen Branchen ausgetrockneten Arbeitsmarkt stand der Ruf nach gesetzlicher Senkung der maximalen Arbeitszeit hingegen im politischen Gegenwind. Am Anfang der Debatte lehnte der Nationalrat einen von der SP unterstützten Minderheitsantrag von Meier-Schatz (cvp, SG) auf Rückweisung an den Bundesrat mit dem Auftrag, einen sehr moderaten indirekten Gegenvorschlag auszuarbeiten, deutlich ab. In der Gesamtabstimmung wurde die Initiative vom geschlossenen bürgerlichen Lager mit 101 zu 50 Stimmen verworfen. Insbesondere die Sprecher der FDP machten geltend, diese „Rasenmäherinitiative“ schwäche den Wirtschaftsstandort und gefährde das „Jobwunder“ Schweiz; zudem sei die Regelung der Arbeitsbedingungen in erster Linie eine Angelegenheit der Sozialpartner. Hauptsächlich mit diesem Argument wurde die Initiative auch vom Ständerat mit 35 zu 4 Stimmen zur Ablehnung empfohlen. Trotz Widerstand in den eigenen Reihen beschloss der SGB, an seiner Initiative festzuhalten.

„Arbeitszeitinitiative“

Eine parlamentarische Initiative Rechsteiner (sp, SG), die eine obligationenrechtlich festgelegte Entschädigung der geleisteten Überzeit durch Zeit- resp. Lohnzuschläge erreichen wollte, wurde vom Nationalrat mit 82 zu 60 Stimmen abgelehnt. Die grosse Kammer schloss sich damit der Mehrheit der vorberatenden Kommission an, welche die Arbeitsmarktflexibilität als Standortvorteil der Schweizer Wirtschaft höher wertete als sozialpolitische Bedenken gegenüber dem Stress am Arbeitsplatz.

Entschädigung der geleisteten Überzeit

Obgleich der Bundesrat bereit war, den Vorstoss in Postulatsform entgegen zu nehmen, wurde eine Motion Teuscher (gp, BE), die verlangte, Betriebe, welche Arbeitnehmende auf Abruf beschäftigen, seien von der Auftragsvergabe im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens auszuschliessen, von Stahl (svp, ZH) bekämpft und damit vorderhand der Diskussion entzogen.

auf Abruf

Das Bundesgericht fällte bezüglich der Überstundenregelung einen Grundsatzentscheid. Gemäss Arbeitsgesetz Art. 13 muss Überzeit generell mit 25% Lohnzuschlag entschädigt werden. Bei gewissen Berufskategorien (Büropersonal und technische Angestellte) gilt dies erst, wenn die Überzeit 60 Stunden pro Kalenderjahr übersteigt; im gegenseitigen Einverständnis kann die Überzeit auch durch Freizeit von gleicher Dauer ausgeglichen werden. Nicht zulässig ist hingegen, in einem Arbeitsvertrag die Entschädigung für Überzeit ganz oder teilweise auszuschliessen. Das Bundesgericht stützte mit seinem Entscheid den Entschädigungsanspruch einer Arbeitnehmerin, in deren Arbeitsvertrag Überstunden als unvermeidlich und im Lohn inbegriffen bezeichnet worden waren.

Überzeit

Auf den 1. August setzte der Bundesrat das erst im zweiten Anlauf 1998 vom Volk angenommene neue Arbeitsgesetz sowie die entsprechenden Ausführungsverordnungen in Kraft. Er kam den Forderungen der Gewerkschaften insofern entgegen, als er die Ausnahmen für den Zeitzuschlag bei Nachtarbeit (10% in Form zusätzlicher Freizeit), die neu auch für Frauen in der Industrie erlaubt ist, enger fasste. Vom Zeitzuschlag werden nur Betriebe befreit, die fortschrittliche Arbeitszeitmodelle wie eine 7-Stunden-Schicht bei einer 35-Stunden-Woche oder aber eine 4-Tage-Woche praktizieren. Ausnahmeregelungen sind für bestimmte Branchen wie Spitäler, Gastgewerbe und verwandte Betriebe möglich. Spezielle Schutzbestimmungen gelten für schwangere Frauen und für häufige Nachtarbeit; darunter fällt vor allem eine verstärkte arbeitsmedizinische Überwachung.

Arbeitsgesetz in Kraft Nachtarbeit Frauen in der Industrie

Der Bundesrat beschloss, die „Arbeitszeitinitiative“ des SGB ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Die Verkürzung der Arbeitszeit sei in erster Linie Angelegenheit der Sozialpartner; diese könnten am besten beurteilen, ob und inwieweit eine solche Regelung für ihre Branche möglich und tragbar sei. Die Verkürzung der Arbeitszeit von heute durchschnittlich 42 auf 36 Stunden pro Woche mit Lohngarantie für kleine und mittlere Einkommen hätte negative Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Schweiz.

„Arbeitszeitinitiative“

Die Volksinitiative „für eine kürzere und flexible Erwerbsarbeitszeit“ („Arbeitszeitinitiative“), welche der SGB 1998 mit Unterstützung durch die SP lanciert hatte, wurde (nach einem harzigen Start) Anfang November mit 108 296 gültigen Stimmen eingereicht. Sie verlangt die sukzessive Senkung der maximalem Jahresarbeit auf 1872 Stunden, was im Mittel der 36-Stunden-Woche entspricht, sowie eine rigorose Beschränkung der zulässigen Überzeit auf maximal 100 Stunden pro Jahr. Bei Einkommen, die unter dem Eineinhalbfachen des Durchschnittslohns liegen (heute 7200 Fr.),soll das Salär trotz geringerer Arbeitszeit nicht gekürzt werde. Unternehmen, welche die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten innerhalb eines Jahres um mindestens 10% senken, würden befristet vom Bund unterstützt. Der SGB versteht seine Initiative auch als Beitrag zur Erhaltung alter oder zur Schaffung neuer Arbeitsplätze.

„Arbeitszeitinitiative“

Sowohl die Arbeitgeber wie die Gewerkschaften lehnten – wenn auch aus entgegengesetzten Gründen – die Vorschläge zu den Ausführungsverordnungen zum Arbeitsgesetz kategorisch ab. Beide Seiten verlangten zahlreiche Änderungen und kritisierten die sprachliche Unklarheit der Texte. Die beiden Verordnungen konkretisieren das neue Arbeitsgesetz, das vom Volk im Vorjahr im zweiten Anlauf gutgeheissen worden war. Die Arbeitgeber der Industrie sprachen von übertriebener Regulierung und einer insgesamt missglückten Vorlage. Auch der Gewerbeverband (SGV) fand, die sozialpartnerschaftlichen Flexibilitäten würden zu sehr eingeschränkt. Ganz anders reagierten die Gewerkschaften. Der SGB sah den Volkswillen missachtet und in den Verordnungen der Versuch, die in der ersten Auflage des revidierten Arbeitsgesetzes 1996 verworfenen Postulate durch die Hintertüre wieder einzuführen. Unmut löste vor allem die neu eingeführte Jahresarbeitszeit aus, welche eine Abweichung von den maximalen Wochenarbeitszeiten gestattet. Zudem enthalte die Verordnung erstmals Bestimmungen über die „Arbeit auf Abruf“ [24], welche aus ihrer Sicht gesetzlich verboten werden sollte. Besonders uneins waren sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über den Sonderschutz bei Nachtarbeit. Gemäss Entwurf sollten Arbeitnehmende ab 25 Nachteinsätzen pro Jahr einen zehnprozentigen Zeitzuschlag erhalten. Arbeitgeberverband und SGV verlangten eine Ausdehnung auf 50 Nächte; der SGB und der VSA wollten die Grenze bei 15 Nächten ansetzen, der CNG sogar bei 12. Die Gewerkschaften sprachen sich zudem gegen jede Ausdehnung der Sonntagsarbeit aus: allen Arbeitnehmenden seien mindestens 12 arbeitsfreie Sonntage pro Jahr zuzugestehen. Weitere Streitpunkte waren die Höchstarbeitszeiten sowie die Bedingungen für die Zulässigkeit von Überzeit.

Ausführungsverordnungen zum Arbeitsgesetz Arbeitgeber übertriebener Regulierung SGB Volkswillen missachtet

Trotz dieses klaren Votums der grossen Kammer beharrte der Ständerat in dritter Lesung mit 22 zu 15 Stimmen noch immer auf seinem Standpunkt. Nun fand es der Nationalrat gar nicht mehr nötig, die leidige Angelegenheit noch einmal zu diskutieren. Ohne Wortmeldung und Abstimmung hielt er an seinem Entschluss fest. In der Einigungskonferenz setzte sich die Version des Nationalrates durch. Damit fand eine jahrelange Streitigkeit ein Ende und der Bundesfeiertag wurde definitiv den Sonntagen gleichgestellt und als arbeitsrechtlich bezahlter Feiertag anerkannt.

Arbeitsfreier Nationalfeiertag in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

In der Deutschschweiz wurde der Abstimmungskampf wegen der mangelnden Unterstützung von SP und SGB nur sehr lau geführt, ganz im Gegensatz zur Romandie, wo die Gegner der Vorlage in den Medien stärker präsent waren. Alle Parteien – mit Ausnahme von PdA und SD – sowie die Gewerkschaften unterstützten die Vorlage; die Grünen waren uneins und beschlossen Stimmfreigabe. Am 29. November hiess das Volk die Gesetzesrevision mit 63,4% Ja-Stimmen gut. Die Romandie zeigte sich dem neuen Gesetz gegenüber kritischer als die Deutschschweiz, aber längst nicht mehr so negativ wie 1996. Einzig die Kantone Jura (64,8% Nein-Stimmen), Neuenburg (51,6%) und Freiburg (50,1%) lehnten ab, während Genf (54,5% Ja-Stimmen), Waadt und Wallis (je 55,9%) zwar unterdurchschnittlich annahmen, ihr deutliche Ablehnung von 1996 aber doch in eine Zustimmung umwandelten. Der Tessin, der zwei Jahre zuvor noch klar auf der Seite der Nein-Stimmenden war, hiess das Gesetz im zweiten Anlauf mit 60,3% gut. Die Deutschschweizer Kantone sagten alle deutlich ja, allerdings mit recht grossen Unterschieden. Die Ja-Stimmen-Anteile lagen zwischen 58,8% (Thurgau) und 74,1% (Zürich).


Abstimmung vom 29. November 1998

Beteiligung: 38,1%
Ja: 1'072'978 (63,4%)
Nein: 620'011 (36,6%)

Parolen:
– Ja: CSP, CVP, EDU, EVP, FDP, FPS, LdU (1*), SPS (2*), SVP; SAV, SBV, SGB, SGV, TravailSuisse, VSA
– Nein: KVP, PdA (1*), SD (1*); Frauen macht Politik (FraP)
– Stimmfreigabe: GPS (3*)
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Zweiter Anlauf, Parlamentarische Initiatitive SGK (BRG 97.447)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

Änderung des Bundesgesetzes über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz)
Abstimmung vom 29. November 1998

Beteiligung: 38,1%
Ja: 1 072 978 (63,4%)
Nein: 620 011 (36,6%)

Parolen:
– Ja: FDP, CVP, SVP, SP (5*), LP, LdU, EVP, FP, CSP; SGV, Vorort, SBV; SGB, CNG.
– Nein: SD, PdA; GDP.
– Stimmfreigabe: GP (1*)

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Die Vox-Analyse dieses Urnengangs bestätigte die bereits am Abend des Abstimmungssonntags getroffene Feststellung, wonach das neue Gesetz von allen sozialen Gruppen gutgeheissen wurde. Die Sympathisanten der bürgerlichen Parteien stimmten der Vorlage deutlicher zu als jene der SP, doch wurde das Gesetz auch von diesen mit rund 60% gutgeheissen.

Vox-Analyse

Nach Meinung von Deutschschweizer Unternehmen können nur zwei Arbeitszeitmodelle mithelfen, die Erwerbslosigkeit zu verringern, nämlich die flexible Teilzeitarbeit sowie die vorzeitige oder gleitende Pensionierung. Negativ beurteilt wurde eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit. Dies ging aus einer Umfrage hervor, welche im Auftrag des BWA durchgeführt wurde. Die Studie zeigte, dass 70% der Unternehmen bereits flexible Arbeitszeitmodelle einsetzen, allerdings nahezu ausschliesslich die klassischen (gleitende Arbeitszeit und fix definierte Teilzeitarbeit). Zudem gelten diese neueren Arbeitszeitregelungen nur selten für alle Beschäftigten eines Unternehmens. Rund ein Viertel der befragten Unternehmen gab an, Arbeitszeitmodelle mit einem längeren Bezugszeitraum eingeführt zu haben. Darunter fallen Formen wie die flexible oder gleitende Pensionierung, sowie Jahresarbeitszeitmodelle.

Erwerbslosigkeit verringern Teilzeitarbeit gleitende Pensionierung
Dossier: Massnahmen gegen die Arbeitslosigkeit 1990-2000

Diese Haltung vertraten auch Büttiker (fdp, SO) und Bundesrat Koller bei der 2. Lesung im Ständerat. Sie meinten, dass es eleganter gewesen wäre, die Frage der Entlöhnung des 1. August in einem formellen Gesetz zu regeln, doch müssten nun angesichts der nicht enden wollenden diesbezüglichen Diskussionen die Missverständnisse definitiv ausgeräumt werden. Die beiden fanden aber kein Gehör in der kleinen Kammer, die mit 23 zu 15 Stimmen Festhalten beschloss. Diese Hartnäckigkeit rief daraufhin im Nationalrat den Widerstand selbst vieler bürgerlicher Politiker auf den Plan. Mit dem deutlichen Mehr von 107 zu 37 Stimmen wurde die arbeitsrechtliche Bezahlung des 1. August erneut auf Verfassungsbene bekräftigt.

Arbeitsfreier Nationalfeiertag in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Für Gewerkschafter aus der Romandie sowie die Funktionäre der Gewerkschaft Druck und Papier ging der Arbeitnehmerschutz immer noch zu wenig weit, da das revidierte Gesetz den Arbeitstag unzulässig verlängere, eine starke Zunahme der Nachtarbeit bringe und zu viele Überstunden erlaube. Gegen den Willen von SP und SGB, die meinten, mit diesem zweiten Revisionspaket sei das Machbare erreicht, ergriffen sie das Referendum. Wider Erwarten kam dieses mit 54 297 Unterschriften zustande. Besonders starke Unterstützung fand es in den Kantonen Waadt und Genf (mit allein über 28 000 Unterschriften) sowie in den übrigen welschen Kantonen und dem Tessin, also in jenen Landesteilen, welche bereits die erste Revisionsvorlage besonders deutlich abgelehnt hatten.

Zweiter Anlauf, Parlamentarische Initiatitive SGK (BRG 97.447)
Dossier: Revision des Arbeitsgesetz (ArG)

Die sozialpartnerschaftlich ausgehandelte Flexibilisierung der Arbeitszeit nimmt ständig zu. Sie gilt bereits in dem bis ins Jahr 2000 geltenden Gesamtarbeitsvertrag im Bauhauptgewerbe, wo für eine Vollzeitbeschäftigung von jährlich 2125 Arbeitsstunden ausgegangen wird; im Winter gilt eine Minimalarbeitszeit von 37,5 Wochenstunden, in der bauintensiven Sommerzeit eine von 45 Wochenstunden. In der Metall- und Maschinenindustrie sowie im Gastgewerbe wird sie durch die im Berichtsjahr abgeschlossenen neuen Gesamtarbeitsverträge etabliert.

Arbeitszeiten
Dossier: Diverse Statistiken zum Arbeitsmarkt 1990-2000

Dies sah auch der Ständerat so, der als Erstrat dem bundesrätlichen Vorschlag oppositionslos folgte. Ganz anders verhielt sich der Nationalrat. Einem Minderheitsantrag quer durch die bürgerlichen Parteien, welcher dem Bundesrat zustimmen wollte, stand ein Mehrheitsantrag der Kommission gegenüber, der den Bundesfeiertag eindeutig als den Sonntagen gleichgestellt und arbeitsrechtlich bezahlt bezeichnen wollte. Nachdem ein noch weitergehender persönlicher Antrag Rennwald (sp, JU), der auch den 1. Mai zum bezahlten Feiertag erheben wollte, mit 86 zu 71 Stimmen gescheitert war, obsiegte der Antrag der Mehrheit mit 97 zu 62 Stimmen. Tenor der Argumentation war, das Volk habe 1993 mit seiner Zustimmung zur 1. August-Initiative der Schweizer Demokraten klar zum Ausdruck gebracht, dass es sich darunter einen den Sonntagen gleichgestellten und damit bezahlten Feiertag vorstelle.

Arbeitsfreier Nationalfeiertag in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Die in den letzten Jahren entbrannte Diskussion um die arbeitsrechtliche Stellung des 1. August wollte der Bundesrat in seinem Vorschlag zur revidierten Bundesverfassung insofern umschiffen, als er in Art. 110 Abs. 3 lediglich sagen wollte, der Bundesfeiertag sei arbeitsrechtlich den Sonntagen gleichgestellt. Damit wäre die heikle Frage der Lohnzahlungspflicht auf ein künftiges Bundesgesetz verschoben worden. Eine Übergangsbestimmung sollte den Bundesrat ermächtigen, die Einzelheiten bis zur Inkraftsetzung der entsprechenden Bundesgesetzgebung zu regeln.

Arbeitsfreier Nationalfeiertag in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Mit Unterstützung der SP lancierte der Schweizerische Gewerkschaftsbund im Sommer eine Volksinitiative “für eine kürzere und flexible Erwerbsarbeitszeit”, welche innert sieben Jahren die sukzessive Senkung der maximalen Jahresarbeitszeit auf 1872 Stunden verlangt. Dies würde der 36-Stunden-Woche entsprechen, doch wurde der Verkürzung der Jahresarbeitszeit der Vorzug vor der Reduktion der Wochenarbeitszeit gegeben. Jährlich könnten bis zu 100 Überstunden geleistet werden. Die wöchentliche Arbeitszeit inklusive Überzeit dürfte 48 Stunden nicht übersteigen. Bei Einkommen bis 7200 Fr. pro Monat soll der Lohn trotz kürzerer Arbeitszeit beibehalten werden. Von seiner Initiative verspricht sich der SGB einen Beitrag zur Lösung des Problems der Arbeitslosigkeit, da mit einer generellen Senkung der Arbeitszeit neue Stellen geschaffen werden könnten. Dieser Auffassung widersprach eine Studie der Kommission für Konjunkturfragen. Sie befand, Absprachen unter den Sozialpartnern zur Reduktion der Arbeitszeit in einzelnen Betrieben oder Branchen seien durchaus sinnvoll; eine vom Staat verordnete generelle Verkürzung hingegen könne die Beschäftigung in konjunkturell schlechten Zeiten hemmen und die Wachstumschancen während des Aufschwungs vermindern.

„Arbeitszeitinitiative“