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Mitte 2015 entbrannte ein Streit zwischen den Gewerkschaften Unia und Syna einerseits und dem Schweizerischen Baumeisterverband (SBV) andererseits. Streitpunkt war die Verlängerung des Landesmantelvertrags (LMV), wie der Gesamtarbeitsvertrag (GAV) im Bauhauptgewerbe genannt wird, welcher Ende Jahr auslief. Das Phänomen ist nicht neu; schon in vergangenen Jahren gerieten sich die Sozialpartner in der Baubranche zum Zeitpunkt der Erneuerung des LMV jeweils heftig in die Haare (etwa 2011 und 2007). Die Gewerkschaften forderten eine Neuverhandlung des bestehenden Vertrags, während der Baumeisterverband auf einer unveränderten Weiterführung des Vertrags bestand. Letzteres war den Gewerkschaften nicht genug, weil sie sich insbesondere um die Sicherung der Frührente ab 60 – dem üblichen Pensionsalter für Arbeitnehmer auf dem Bau – Sorgen machten. Mit dem bestehenden Vertrag drohten demnächst Rentenkürzungen, wenn die geburtenstarke Babyboomer-Generation das Pensionsalter erreiche, weshalb die Gewerkschaften höhere Rentenbeiträge, insbesondere von Seiten der Arbeitgeber, forderten. Weitere Forderungen waren verbesserte Kontrollen gegen Lohndumping und eine neue Regelung für Schlechtwettertage, an denen die meisten Bauunfälle passieren.
Der Baumeisterverband weigerte sich jedoch, mit den Gewerkschaften zu verhandeln, solange die Unia ihre Fachstelle Risikoanalyse betreibt. Im Auftrag von Baufirmen prüft diese Fachstelle Subunternehmen auf deren Risiko, Lohndumping zu betreiben. Aus Sicht des Baumeisterverbands verstösst die Unia damit gegen die Sozialpartnerschaft, da solche Überprüfungen nicht nur vonseiten der Arbeitnehmervertretung, sondern gemeinsam mit Vertretern der Arbeitgeber durchgeführt werden müssten. Eine Schliessung dieser Fachstelle stand für die Unia wiederum nicht zur Diskussion. In der Zwischenzeit griff der Baumeisterverband zu einem ungewöhnlichen Mittel, um die Gewerkschaften zu einer Einigung zu bewegen: 26'000 Bauarbeiter – gemäss Verbandspräsident 40 Prozent der Betroffenen – bezeugten mit ihrer Unterschrift, dass sie sich eine unveränderte Weiterführung des bestehenden LMV wünschen. Die Unia ihrerseits zeigte sich von diesem – aus rechtlicher Sicht belanglosen – Verhalten unbeeindruckt und organisierte Mitte November landesweit Streiks, die jeweils einen Tag dauerten und an denen sich einige tausend Bauarbeiter beteiligten. In Zürich, Bellinzona, Genf, Neuenburg und Delsberg kam es auch zu Demonstrationen.
Auch wenn sich der Baumeisterverband in der Folge darüber beklagte, die Gewerkschaften hätten die vertragliche Friedenspflicht verletzt, gewannen die Gewerkschaften mit den Streiks das Kräftemessen der Sozialpartner. Denn einen Monat später, kurz vor Ablauf des bestehenden Vertrags, einigte man sich auf einen neuen LMV für die nächsten drei Jahre, der das Kernanliegen der Gewerkschaften enthielt: Die Rentenbeiträge wurden um zwei Prozentpunkte erhöht, wovon drei Viertel die Arbeitgeber übernahmen. Damit sollte das bisherige Rentenniveau der Frühpensionierten gesichert sein. Auch wurde das Ausbezahlen von Löhnen in bar verboten, eine Massnahme, die die Kontrolle von Lohndumping etwas vereinfachen sollte. Der Baumeisterverband hingegen konnte sein Anliegen – die Schliessung der Fachstelle Risikoanalyse der Unia – nicht durchsetzen.

Streit zwischen Gewerkschaften und dem Schweizerischen Baumeisterverband

Im November 2011 entfachte ein Streit zwischen den Gewerkschaften Unia und Syna und dem Baumeisterverband bei den Verhandlungen um einen neuen Gesamtarbeitsvertrag. Während die Baumeister den Gewerkschaften vorwarfen nie an ernsthaften Verhandlungen interessiert gewesen zu sein, redeten die Gewerkschaften davon, dass die Baumeister bei wichtigen Verhandlungspositionen ihre ursprünglichen Angebote wieder zurückgezogen hätten. Um einen vertragslosen Zustand zu verhindern, waren die Gewerkschaften im Dezember bereit, den bestehenden Vertrag um zwei Monate zu verlängern. Trotz der ursprünglich geforderten Lohnerhöhung von 1,8% im Baugewerbe gaben sich die Gewerkschaften mit den von den Arbeitgebern angebotenen 1,5% zufrieden.

Gesamtarbeitsvertrag

Der deutsche Discounter Lidl unterzeichnete als erster der in ganz Europa vertretenen Lidl-Gruppe einen Gesamtarbeitsvertrag mit der Gewerkschaft Syna und dem KV Schweiz. Der GAV gilt ab März 2011 und betrifft ca. 1100 Personen. Er setzt Mindestlöhne auf dem aktuellen Niveau fest, bringt den Angestellten jedoch auch einige Verbesserungen beispielsweise bei der Wochenarbeitszeit oder bei den Ferienansprüchen. Laut Gewerkschaftsvertretern ist das Niveau mit anderen Detailhandelsunternehmen wie Migros oder Coop vergleichbar. Nicht am Verhandlungstisch sass die Gewerkschaft Unia .

deutsche Discounter Lidl

Die SBB einigten sich mit Personalverbänden auf einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV). Kernstück ist ein neues Lohnmodell, bei dem individuelle Leistung stärker betont wird als Anciennität und langjährige Betriebszugehörigkeit. Übergangsbestimmungen gewährleisten die Wahrung des Status quo für die Mitarbeitenden. Der neue GAV soll nach der Bestätigung durch alle Instanzen per 1.Juli 2011 in Kraft treten .

Die SBB einigten sich mit Personalverbänden auf einen neuen Gesamtarbeitsvertrag

Die Fluggesellschaft Swiss und die Gewerkschaften und Personalverbände haben sich auf einen neuen Gesamtarbeitsvertrag geeinigt. Damit erhält das Swiss Bodenpersonal ab 2011 2% mehr Lohn sowie Anspruch auf einen Vaterschaftsurlaub von 5 Tagen. Mit dem Zustandekommen konnte der bisherige GAV frühzeitig aufgelöst werden .

Fluggesellschaft Swiss

Der Flughafen Genf-Cointrin war während des Berichtjahres Schauplatz von mehreren Arbeitskämpfen und Streiks. Angefangen hatte die Streikserie im Januar als das Personal der Gepäcksortierung die Arbeit niederlegte und damit während eines der wichtigsten Wochenenden des Jahres für Chaos auf dem Flughafen sorgte. Grund des Arbeitskampfes, an dem sich ursprünglich Arbeitnehmer von Swissport und Dnata beteiligten, war ein neuer GAV, der seit Jahresbeginn in Kraft war. Dieser war von der Gewerkschaft PUSH unterschrieben worden, fand aber nicht die Zustimmung aller Arbeitnehmenden und des VPODs. Die Streikenden forderten 250 Fr. mehr Lohn und eine bessere Abgeltung von Nacht- und Wochenendarbeit. Die Angestellten von Dnata kamen jedoch bereits nach einem Tag zu einer Übereinkunft mit ihrem Arbeitgeber und brachen ihren Streik ab. Sie hatten unter anderem eine Lohnerhöhung und Verhandlungen über einen neuen GAV erreicht. Die Angestellten von Swissport, je nach Schätzung waren zwischen 20 und 70 Personen am Streik beteiligt, zogen ihren Arbeitskampf jedoch weiter. Nach 11 Tagen wurde unter der Federführung des Genfer Staatsratspräsidenten François Longchamp (fdp), der auch gleichzeitig Präsident des Flughafens Genf ist, ein Kompromiss ausgehandelt. Dieser brachte den Streikenden 40 Fr. mehr Lohn, eine einmalige Prämie, Verbesserungen bei den Überzeiten und eine bessere Abgeltung der Nachtarbeit. Vertreter der Gewerkschaft VPOD sprachen von einer totalen Lohnerhöhung von Fr. 180.

Flughafen Genf-Cointrin im Januar Gepäcksortierung die Arbeit niederlegte

Der erste Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für die über 260'000 Temporärangestellten in der Schweiz wurde Realität. Der Branchenverband Swissstaffing und die Gewerkschaft Unia stimmten dem ausgehandelten Abkommen zu. Diese Wirtschaftsbranche hat ein starkes Wachstum von rund 12% pro Jahr. Beide Seiten zeigten sich zufrieden, da es gelungen sei, sowohl die Flexibilitätsanforderung der Arbeitsvermittler als auch das Sicherheitsbedürfnis der Temporärangestellten auf einen Nenner zu bringen.

Temporärangestellten

Der Konflikt über den Abschluss eines neuen Landesmantelvertrags im Bauhauptgewerbe lebte im Berichtsjahr wieder auf. Die Delegiertenversammlung der Baumeister lehnte am 24. Januar den im Vorjahr zwischen den Spitzen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände erzielten Kompromiss deutlich, mit 91 zu 14 Stimmen ab. Sie beauftragte ihren Verband, Nachverhandlungen zu zwei Bereichen aufzunehmen. Erstens über die Regeln für die Kompensation von wetterbedingten Ausfallstunden, welche für kleine Baufirmen zu kompliziert seien, und zweitens über den von allen Beschäftigten alimentierten «Parifonds», aus welchem neben Weiterbildungsangeboten auch die Kosten für die Überwachung der Vertragseinhaltung finanziert werden. Der grösste Baukonzern der Schweiz, Implenia, sowie einige weitere grosse Unternehmen distanzierten sich allerdings von diesem Entscheid und drängten auf einen Vertragsabschluss. Die Gewerkschaftsdelegierten stimmten ihrerseits dem neuen Vertrag einstimmig zu; sie sprachen sich gegen Nachverhandlungen aus und drohten mit der Wiederaufnahme der Streiks. Diese Drohung lösten sie im März ein: Auf mehreren Baustellen in Basel und später auch in Zürich traten die Beschäftigten in kurze, nicht angekündigte Streiks und führten Demonstrationszüge durch. In mehreren Kantonen (Tessin, Freiburg, Waadt) desavouierten die kantonalen Baumeisterverbände den nationalen Verband und unterzeichneten den Vertrag. Im April nahmen die Sozialpartner ihre Gespräche auf nationaler Ebene wieder auf. Erneut fungierte Jean-Luc Nordmann als Vermittler und hatte Erfolg. Mitte April einigten sich die Verhandlungsdelegationen, den im Vorjahr ausgehandelten Vertrag in Kraft zu setzen. Einige Auslegungsprobleme bei den zwei von den Baumeistern kritisierten Punkten Ausfallzeitkompensation und Parifonds wurden geklärt und gelöst. Die Delegiertenversammlungen der Gewerkschaften Unia und Syna sowie des Baumeisterverbands hiessen den neuen Landesmantelvertrag Ende April gut; er wurde auf den 1. Mai in Kraft gesetzt.

Landesmantelvertrags im Bauhauptgewerbe kurze, nicht angekündigte Streiks

In Bellinzona reagierten die Beschäftigten der SBB-Unterhaltswerkstätte anfangs März mit einem unbefristeten Streik auf den Entscheid des SBB-Verwaltungsrates, den rund 400 Personen umfassenden Personalbestand massiv abzubauen. Im Rahmen einer Restrukturierung von SBB-Cargo wollte die SBB in Bellinzona 128 Stellen abbauen, 18 nach Chiasso (TI) verlegen und 10 ins Werk Yverdon (VD) verschieben, wo in Zukunft der Lokomotivunterhalt konzentriert werden soll. Offen war noch, wie es mit dem Bereich Güterwagen-Unterhalt mit über 200 Beschäftigten weitergehen soll. Erwogen wurde ein gemeinsames Projekt mit einer Privatfirma aus der Region. In der Folge zeigte sich in der Agglomeration Bellinzona, ja im ganzen Tessin eine breite Solidarität mit den Streikenden. In Grossdemonstrationen manifestierten die Bevölkerung, aber auch Politiker aller Parteien und Vertreter der katholischen Kirche gegen den Stellenabbau und die drohende Schliessung der „Officine FSS“. Obwohl die gewerkschaftlich Organisierten unter den Streikenden mehrheitlich dem Schweizerischen Eisenbahnerverband (SEV) angehörten, traten vor allem das betriebliche Streikkomitee und die Gewerkschaft Unia in Erscheinung.

Eine Gesprächsrunde zusammengesetzt aus Tessiner Politikern, einer Delegation der SBB und Bundesrat Leuenberger schlug vor, dass unter der Voraussetzung eines Streikabbruchs die SBB den Stellenabbau vorübergehend sistieren solle. Sie hätte dann die den Reorganisationsbeschlüssen zugrunde liegenden Berechnungen transparent zu machen und mit den Arbeitnehmervertretern nochmals Verhandlungen über die Zukunft der Werkstätte zu führen. Die Streikenden lehnten dieses Angebot zweimal ab. Sie verlangten Garantien für das uneingeschränkte Weiterbestehen des SBB-Werks in Bellinzona, wobei die Beschäftigten weiterhin dem SBB-GAV unterstellt sein müssten. Nach genau einem Monat, am 7. April, brachen die Streikenden ihre Aktion ab, ohne dass man sich auf eine Lösung geeinigt hätte. In der Folge wurden Verhandlungen zwischen der SBB und den Gewerkschaften und mit alt-Nationalrat Franz Steinegger (fdp, UR) als Vermittler aufgenommen. Diese führten nach sechs Monaten zu einer Einigung, welche den Bestand der Werkstätte Bellinzona bis 2013 garantiert, von dieser aber eine höhere Produktivität fordert. Die gleichzeitig mit dem Abbau in Bellinzona beschlossene Schliessung des SBB-Cargo-Kundenzentrums in Freiburg (165 Stellen) und der Personalabbau im SBB-Werk Biel (46 Stellen) führte zwar auch zu Protesten, aber nicht zu Arbeitsniederlegungen.

Bestand der Werkstätte Bellinzona bis 2013 garantiert

Wie nach den Positionsbezügen im Vorjahr zu erwarten war, gestaltete sich die Weiterführung des Gesamtarbeitsvertrags (Landesmantelvertrag, LMV) im Bauhauptgewerbe, das über 100'000 Beschäftigte (davon rund 80'000 Festangestellte) zählt, als äusserst schwierig. Im Mai beschlossen die Bauunternehmer, den seit Anfang 2006 geltenden LMV auf Ende September 2007 zu künden. Die Arbeitgeber beschuldigten die Gewerkschaften Unia und Syna, bei der Frage der Flexibilisierung der Arbeitszeiten zwecks der Kompensation von ausgefallenen Arbeitsstunden infolge von schlechtem Wetter und Ähnlichem nicht kompromissbereit zu sein. Auf den 1. Oktober trat die Kündigung des LMV durch die Bauunternehmer in Kraft, wobei die Arbeitgeber zugesichert hatten, sich während der vertragslosen Zeit an die Bestimmungen des alten LMV halten zu wollen. Die Gewerkschaft Unia hatte Ende September mit einer grossen Demonstration (rund 15'000 Teilnehmende) in Zürich gegen die Vertragsauflösung protestiert, und die Bauarbeiter hatten sich gemäss Angaben der Gewerkschaften in Abstimmungen auf den Bauplätzen zu rund 85% für Kampfmassnahmen ausgesprochen.

Mitte Oktober begannen die Unia und die Syna ihre kurzen Streiks auf den NEAT-Baustellen und in den Städten Genf, Bern und Neuenburg. Anfangs November legten sie für einen Tag mehr als 200 Baustellen in und um Zürich sowie in Basel lahm. Sozusagen als Begleitaktion drohte der Schweizerische Gewerkschaftsbund, dass er bei Nichtzustandekommen eines GAV die Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf Rumänien und Bulgarien bekämpfen werde. Nachdem die Gewerkschaften die Vorsteherin des EVD, Doris Leuthard, um Vermittlung ersucht hatten, stellte sich auf deren Wunsch hin der pensionierte Seco-Spitzenbeamte Jean-Luc Nordmann als Mediator zur Verfügung. Die Gewerkschaften sistierten während der Vermittlung alle weiteren geplanten Kampfaktionen. Mitte Dezember einigten sich die Verhandlungsdelegationen der Sozialpartner auf einen Kompromiss, der allerdings im Januar 2008 noch von den Delegiertenversammlungen ratifiziert werden muss.

Landesmantelvertrag Streiks

Sehr lange, aber ohne die Begleitung durch Kampfmassnahmen, hatten die Verhandlungen um einen neuen GAV im Holzbaugewerbe mit seinen rund 13'000 Beschäftigten gedauert. Sie waren 2003 aufgenommen worden, die Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit durch den Bundesrat kam jedoch erst im Berichtsjahr zustande. Hauptgrund für die Verzögerung waren Einwände von Arbeitgeberverbänden benachbarter Branchen gewesen.

neuen GAV im Holzbaugewerbe

Der GAV der grafischen Industrie lief nach zehn Jahren Ende April aus. Die Gewerkschaft Comedia drohte bereits zu Jahresbeginn mit Streikbewegungen, falls der neue GAV nicht deutliche Verbesserungen bringe. Die Comedia forderte für den neuen Vertrag unter anderem den automatischen Teuerungsausgleich und eine Reallohnerhöhung von CHF 200 für alle, da die Löhne in den letzten zehn Jahren stagniert hätten, während die Produktivität um 30 Prozent zugenommen habe. Das Ansinnen der Arbeitnehmer, die Arbeitsbedingungen nur noch zum Teil im GAV zu regeln und mehrheitlich in den Betrieben auszuhandeln, lehnte die Gewerkschaft ab. Zudem verlangte sie, dass der GAV von den Behörden als allgemeinverbindlich zu erklären sei. Bisher galt er nur für 12'000 der gut 30'000 Beschäftigten. Abseits standen insbesondere der Westschweizer Verlagskonzern Edipresse, die Zürichsee Druckereien und der Verlag «Südostschweiz». Bei einer ersten Verhandlungsrunde Anfang Jahr beharrten beide Sozialpartner auf ihren Positionen. Für die Arbeitgeber war die absolute Friedenspflicht Bedingung für Verhandlungen; die Gewerkschaften Comedia und Syna wandten sich kategorisch gegen diese Forderung und wollten lieber über inhaltliche Fragen des GAV diskutieren. Die im Schweizerischen Verband für visuelle Kommunikation (Viscom) zusammengeschlossenen Arbeitgeber schlugen eine Verlängerung des bisherigen GAV um fünf Jahre vor, was wiederum von den Gewerkschaften abgelehnt wurde. Im September erfolgte dann der Durchbruch: der neue, auf vier Jahre abgeschlossene GAV sieht eine Erhöhung der Mindestlöhne um CHF 300 für Ungelernte und von CHF 150 bis 200. für Gelernte vor. Nicht durchsetzen konnten sich die Gewerkschaften mit ihrem Wunsch nach einer generellen Lohnerhöhung und bei der Allgemeinverbindlichkeitserklärung des GAV.

grafischen Industrie

Im Mai des Berichtsjahres trat ein neuer Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für Journalistinnen und Journalisten sowie für das technische Redaktionspersonal in Kraft. Trotz Kritik vor allem seitens kleiner Verlage, die sich mit markant höheren Belastungen bei den Lohnrechnungen konfrontiert sahen, setzte sich der Antrag des Präsidiums des Verbands Schweizer Presse auf Inkraftsetzung durch. Der zäh ausgehandelte Vertrag wurde dem seit 1997 herrschenden vertragslosen Zustand vorgezogen. Laut der Mediengewerkschaft Comedia, die dem GAV bereits im Februar knapp zugestimmt hatte, waren schliesslich der Verzicht der Gewerkschaften auf einen gesamtschweizerischen Minimallohn sowie die Furcht der Verleger vor Kampfmassnahmen für den zustimmenden Entscheid ausschlaggebend gewesen. Zentrale Punkte des GAV, der auch das mit der Aufbereitung der Printmedien im Internet betraute Personal umfasste, waren verbesserte Kompensationen im Bereich Nacht- und/oder Sonntagsarbeit sowie die nach geographischen Regionen in drei Kategorien und nach vier Dienstaltersklassen abgestuften Mindestlöhne. Der Schweizer Verband der Journalistinnen und Journalisten (SVJ) stimmte dem GAV ebenfalls zu. Im Juli kündigten etliche Kleinverleger vorsorglich ihre Mitgliedschaft beim Verband Schweizer Presse (CH-P) auf. Laut Comedia verliessen praktisch die gesamte Presse um den Zürichsee und im Tessin, das Verlagshaus der Südostschweiz Presse AG, einige Zeitungen mit Kleinstauflagen und die Schweizerische Depeschenagentur (sda) den Verband. Grund für die Austritte waren Differenzen bei der Festsetzung der Mindestlöhne, fallweise aber auch die grundsätzliche Ablehnung des neuen GAV. Gestützt auf ein Urteil des Bundesgerichts vom 13. Juni hielt die Comedia fest, die GAV-Normen hätten bis zum Ablauf der Vertragsdauer im Jahre 2004 auf das Arbeitsverhältnis anwendbar zu bleiben, auch wenn der Arbeitgeber aus dem Verband ausgetreten sei.

neuer Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für Journalistinnen und Journalisten

Im September stimmten die Mitglieder des Syndikats Schweizer Medienschaffender (SSM) in einer Urabstimmung dem neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) mit der SRG zu. Zentrale Neuerungen des auf Januar 2001 in Kraft tretenden Vertrags sind ein erweiterter Geltungsbereich und ein grösserer Ferienanspruch.

Neuer Gesamtarbeitsvertrag (GAV) der SRG

Am 19. Juli jährte sich der Abschluss des legendären "Friedensabkommens" in der Maschinenindustrie zum 60. Mal. Während noch zehn Jahre zuvor das Jubiläum an einer gemeinsamen Veranstaltung von politischen Behörden, Arbeitgebern, Gewerkschaften und Medien gefeiert worden war, wurde im Berichtsjahr - auf dem Hintergrund der Neuverhandlungen des Gesamtarbeitsvertrags in der Maschinen- und Metallindustrie - der pionierhaften Leistung separat und mit durchaus kämpferischen Tönen gedacht. Der SMUV erklärte, er halte zwar an der Sozialpartnerschaft fest, wolle aber wieder "streikfähig" werden. Ähnlich Äusserungen machte auch der Verband schweizerischer Angestelltenvereine der Maschinen- und Elektroindustrie (VSAM), der bei einer weiteren Aushöhlung der GAV durch die Arbeitgeber Kampfmassnahmen ebenfalls nicht mehr ausschloss. Der Direktor des Arbeitgeberverbandes der Schweizer Maschinenindustrie (ASM) erklärte seinerseits, man strebe weiterhin eine gute Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften an, wolle aber nicht um jeden Preis an einem Neuabschluss des GAV festhalten. Angesichts der Tatsache, dass die Produktivität in der Maschinenindustrie innert sechs Jahren um rund 20% zugenommen hat, was sich auch in einem Rückgang der Zahl der Beschäftigten von 400 000 auf 340 000 zeigte, forderte der SMUV eine zehnprozentige Arbeitsverkürzung ohne Lohnabbau.

"Friedensabkommens" in der Maschinenindustrie mit durchaus kämpferischen Tönen (1997)
Dossier: GAVs und kollektive Arbeitsstretikgeiten 1990-2000

Massiv gegen Lohnkürzungen und reduzierte Mindestlöhne haben sich in der ganzen Schweiz die Gewerkschaften der Drucker (GDP), der Lithografen (SLB) und der Grafiker (SGG) gewehrt. Nachdem es im September zu einer stundenweisen Arbeitsniederlegung kam, fand am 3. November ein 24-stündiger Warnstreik statt. Mit rund 10 000 Beteiligten handelte es sich um die bedeutendste Arbeitsniederlegung der Schweiz der letzten Jahre. Die Gewerkschaften werteten den Streik als Erfolg, ein neuer GAV kam bis Ende des Berichtsjahres jedoch nicht zustande.

Drucker Warnstreik

Bei der Einschätzung der GAV manifestiert sich die bröckelnde Sozialpartnerschaft besonders deutlich. Die Arbeitgeberorganisationen plädieren immer offener für eine Deregulierung des Arbeitsmarktes und für mehr Wettbewerb bei den Löhnen. Arbeitgeber-Präsident Richterich stellte denn die GAV auch schon grundsätzlich in Frage. Seiner Meinung nach verhindern sektorielle, regionale oder nationale Vereinheitlichungen der Arbeitskosten die Konkurrenz. Die Gewerkschaften ihrerseits drohten mit Arbeitskämpfen und Streik, falls die Arbeitgeber die Gesamtarbeitsverträge durch Betriebsvereinbarungen ersetzen wollten.

Sozialpartnerschaft

Drei Jahre vor Ablauf des geltenden Friedensabkommens veröffentlichte der Arbeitgeberverband der Schweizer Maschinen- und Metallindustrie (AMS) seine Vorstellungen von dessen Erneuerung. Er regte an, die Verhandlungen rationeller zu gestalten, den Vertrag nicht mehr zu befristen und neue Themen wie die Arbeitsgestaltung zu behandeln, die quantitativen Fragen (Löhne, Arbeitszeit, Sozialversicherungen etc.) hingegen den einzelnen Betriebskommissionen zu überlassen. Die Gewerkschaften kritisierten das einseitige Vorprellen der Arbeitnehmer. Sie zeigten sich zwar bereit, neue Themen in die Diskussionen einzubeziehen, lehnten aber jede Verwässerung des GAV ab und wehrten sich gegen einen "Arbeitsfrieden zum Nulltarif".

Friedensabkommens Maschinen- und Metallindustrie

Nach Ansicht des BIGA war der Lehrstellenmarkt im Jahre 1981 im Vergleich zu den vergangenen zwei bis drei Jahrenwesentlich entspannt. Aber immer noch standen eine recht grosse Zahl Schulentlassener einem zeitweise ausgetrockneten Lehrstellenangebotgegenüber. Betroffen waren vor allem Mädchen, schwächere Schüler, Ausländerkinder und Schüler aus wirtschaftlichen Randgebieten. Als einen möglichen Lösungsvorschlag zur Überwindung dieser Schwierigkeiten wollte die Sozialistische Arbeiterpartei (SAP) eine von ihr lancierte eidgenössische Initiative verstanden wissen, nach der ein Recht auf vollwertige Berufsbildung gewährleistet und die Lücken im Lehrstellenangebot von den Kantonen ausgefüllt werden sollen. Entsprechende Vorstösse auf kantonaler Ebene sind bisher auf weitgehende Ablehnung gestossen. Der SGB, in dessen Programm die Einrichtung öffentlicher Lehrwerkstätten zur Ergänzung der privaten Ausbildungsplätze schon lange figuriert, wandte sich gegen die Initiative. Offensichtlich nicht gewillt, sich von der SAP ins Schlepptau nehmen zu lassen, warf er dieser übergrosse Staatsgläubigkeit vor und forderte im Gegenzug die Unterstellung der Lehrlinge unter die Gesamtarbeitsverträge. Die Sozialdemokratische Partei, deren Unterorganisationen sich z.T. für die Lehrwerkstättenidee engagierten, versuchte ihrerseits, durch bundesrechtliche Regelungen die Situation der Lehrlinge und der jugendlichen Arbeitnehmer zu verbessern. Im Ständerat wurden Teile einer Motion Miville (sp, BS), die die Anrechnung des gesamten Berufsschulunterrichts an die Arbeitszeit forderte, als Postulat überwiesen. In der Volkskammer drang eine Motion Bircher (sp, AG), die den Anspruch der minderjährigen Lehrlinge und jugendlichen Arbeitnehmer auf fünf Wochen Ferien in den obligationenrechtlichen Bestimmungen verankern wollte, als Postulat durch. In einer Interpellation übte Bircher ferner Kritik an der Sparpolifik im Bereich der Berufsbildung und forderte die Anwendung der Härteklausel für finanzschwache Kantone.

Lehrstellenmarkt eidgenössische Initiative verstanden wissen, nach der ein Recht auf vollwertige Berufsbildung gewährleistet

Langjährige Diskussionen über die Einführung eines Ehrenkodex konnten mit der Annahme der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalisten» durch die Delegiertenversammlung des Vereins der Schweizer Presse zu einem Erfolg geführt werden. Offen blieb die Frage, welche Funktionen der vorgesehene Presserat zu erfüllen habe. Das 1971 gekündigte Badener Abkommen wurde durch einen neuen Gesamtarbeitsvertrag ersetzt, der die Begehren der Journalisten (13. Monatslohn, vermehrte soziale Sicherheit) weitgehend erfüllte.

Ehrenkodex

Die durch die Expansion neuer Massenmedien grundlegend veränderten Wettbewerbsverhältnisse im Informationswesen sind eine wesentliche Ursache der zunehmenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Presse. In einem Zeitpunkt, da die Einnahmen aus dem Inseratengeschäft rückläufig sind, sollten die Zeitungen vermehrte personelle und technische Investitionen vornehmen, um mit Radio und Fernsehen Schritt halten zu können. Diese Situation äusserte sich in Divergenzen zwischen Verlegern und Journalisten, die auch durch einen neuen vom Verein der Schweizer Presse (VSP) genehmigten Gesamtarbeitsvertrag für die welsche Schweiz nicht vollständig beseitigt werden konnten. Auch im revidierten Vertrag sind die Mindestlöhne für das Welschland deutlich tiefer angesetzt als in der deutschen Schweiz. Die weitere Diskussion über die Einführung eines Ehrenkodex im Sinne einer Selbstkontrolle der Massenmedien innerhalb des VSP führte zu keinem Ergebnis. Der Vorschlag des Zentralvorstandes, einen Presserat einzusetzen, wurde zurückgewiesen. Die im Bericht der Kartellkommission angeregte vermehrte Kooperation führte im Aargau und in Luzern zur Zusammenarbeit von Zeitungen verschiedener parteipolitischer Richtungen. Mit einigem Interesse sah man dem Wiedererscheinen des «Republikaners» entgegen, der nach mehrjährigem Unterbruch von Nationalrat Schwarzenbach herausgegeben wird.

Wettbewerbs- und Entwicklungsschwierigkeiten der Printmedien und Zeitungssterben