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  • Schmid-Federer, Barbara (cvp/pdc, ZH) NR/CN
  • Bortoluzzi, Toni (svp/udc, ZH) NR/CN

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Im November 2020 reichte die WBK-NR ein Postulat ein, mit dem sie die Stärkung der Nationalen Strategie Sucht durch einen Einbezug der Cyberabhängigkeit forderte, wobei die Bereiche Bildung, Prävention, Behandlung und Risikoverminderung berücksichtigt werden sollen. Der Bundesrat erklärte in seiner schriftlichen Stellungnahme, dass die Erarbeitung eines Massnahmenpakets, welches nur eine Suchtform zum Gegenstand habe, einem «suchtformübergreifenden Ansatz», wie er bei der Nationalen Strategie Sucht angedacht sei, zuwiderlaufe. Anstatt jeder Suchtform individuell zu begegnen, bedürfe es einer spezifischen Prävention pro Altersgruppe und Lebenswelten. Zudem setze sich der Bund bereits mit dem Thema «Cyberabhängigkeit» auseinander. Ein Beispiel dafür sei die Expertengruppe «Onlinesucht», die anlässlich der Postulate Forster-Vannini (fdp, SG; Po. 09.3521) und Schmid-Federer (cvp, ZH; Po. 09.3579) ins Leben gerufen worden sei. Folglich lehne er das Postulat ab. Dieser Antrag war im Nationalrat jedoch nicht erfolgreich. Diskussionslos nahm die grosse Kammer das Geschäft in der Sommersession 2021 mit 123 zu 60 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an, nachdem dieses im Rahmen der Eintretensdebatte des Bundesratsgeschäfts 20.069 diskutiert worden war.

Stärkung der Nationalen Strategie Sucht durch den Einbezug der Cyberabhängigkeit (Po. 20.4343)

Der Ständerat hatte einen Beschluss im Sinne der Kantone gefasst, jedoch war die Differenzbereinigung in Sachen Restfinanzierung von Pflegeleistungen damit noch nicht abgeschlossen. Von Beginn weg war klar, dass der Nationalrat wieder Differenzen offen lassen würde; zur Debatte standen ein Antrag der SGK-NR, den man als «Festhalten, aber..» bezeichnen könnte, sowie ein Minderheitsantrag Heim (sp, SO) auf Festhalten am ursprünglichen Beschluss des Nationalrates.
Die Kommissionsmehrheit wollte den umstrittenen Passus um einen neuen Satz ergänzen. Demnach soll der Standortkanton der Leistungserbringenden nach wie vor die Rahmenbedingungen für die Restfinanzierung festlegen; neu war jedoch, dass gegebenenfalls anderslautende Bedingungen in interkantonalen Vereinbarungen definiert werden können. Damit liege das finanzielle Risiko zwar noch immer bei den Wohnsitzkantonen, jedoch könnten bilaterale Verträge den Unsicherheiten Abhilfe schaffen, erklärte die Kommission. Die Version des Ständerats sei hingegen nicht tragbar, weil damit Patientinnen und Patienten möglicherweise umziehen müssten, falls in ihrem Heimatkanton wieder Plätze in Pflegeheimen frei würden. Barbara Schmid-Federer (cvp, ZH) sah im neuen Vorschlag eine neue Kompromisslösung und verkaufte ihn als Schritt auf den Ständerat zu.
Bea Heim eröffnete die Debatte im Nationalrat in der Sommersession 2017 und unterstrich dabei die Bedeutung des Geschäftes. Man müsse sich um die Interessen der Pflegebedürftigen kümmern und nicht um jene der Kantone. Sie erinnerte an die Abstimmung nach der ersten nationalrätlichen Debatte, die mit 165 Stimmen einstimmig eine Lösung hervorgebracht hatte, in der eine freie Wahl des Pflegeheims festgelegt wurde. Dies sei einer freien Wohnsitzwahl auch im pflegebedürftigen Alter gleichzusetzen, erklärte sie. Faktisch, so Heim weiter, bliebe es mit dem ständerätlichen Vorschlag bei der Situation, dass nur wohlhabende Personen die Möglichkeit hätten, in ein ausserkantonales Pflegeheim zu ziehen, beispielsweise um in der Nähe ihrer Angehörigen zu sein. Das Finanzierungsrisiko bliebe so bei den Patientinnen und Patienten. Gesundheitsminister Berset gab in der Debatte zu Protokoll, dass die Regierung die Variante des Ständerats bevorzuge. Für die Kommission äusserte sich abschliessend Ruth Humbel (cvp, AG), die verdeutlichte, dass die ständerätliche Lösung analog jener bei den Ergänzungsleistungen im Sinne einer freien Wahl des Pflegeheims durch die Pflegebedürftigen nicht zielführend sei. In der Folge zog das Plenum den Vorschlag der SGK-NR dem Minderheitsantrag Heim auf Festhalten an der ursprünglichen Version des Nationalrats mit 132 zu 51 Stimmen (bei einer Enthaltung) vor.

Restfinanzierung von Pflegeleistungen

Die SGK des Nationalrates forderte den Bundesrat in einer Motion auf, das Bundesgesetz über die Krankenversicherung so zu ändern, dass Praktikumsplätze in privaten Praxen und ausserklinischen Bereichen im Rahmen der Ausbildung für nichtuniversitäre Gesundheitsberufe ermöglicht werden. Dadurch soll der sinkenden Anzahl von Ausbildungsplätzen bei steigendem Personalbedarf Rechnung getragen werden. Gegenwärtig dürfen Praktika nicht von privaten Praxen oder anderen ambulanten Leistungserbringern angeboten werden, was vor allem für Studierende diverser Fachhochschul-Studiengänge ein Problem darstelle. Vier Punkte sollen deswegen mit einer Neuregelung angegangen werden: Die Sicherstellung des Kompetenzenerwerbs, der in vielen Fachrichtungen zu einem relevanten Anteil in Praktika gewonnen wird; das Angebot an Praktikumsplätzen hoch halten, denn in den problematischen Studiengängen wird bereits ein Numerus clausus angewendet, was den Fachkräftemangel noch anheizt; ebendiesem Fachkräftemangel Einhalt gebieten, indem eine erhöhte Zahl von Praktikumsplätzen die Ausbildung in der Schweiz stärkt (wie im Rahmen von Gesundheit 2020 vorgesehen); und eine Gleichberechtigung von stationärem und ambulanten Bereich erzielen, da die Ausbildungskosten in diesen beiden Sparten gemäss Tarifkalkulation im KVG nicht gleichmässig abgegolten werden können. Die Motion war kommissionsintern umstritten, denn fast die Hälfte der 25-köpfigen Kommission stellte sich mit dem Antrag auf Ablehnung gegen das Anliegen.
Der Bundesrat teilte grundsätzlich die Sorgen und Vorschläge zur Lösung der geschilderten Problematik, er sah aber den Weg über das KVG als den falschen an. Die OKP sei eine Sozialversicherung und deswegen nicht geeignet, um Ausbildungen zu finanzieren. Die OKP sei dazu da, Kosten für medizinische Leistungen zu decken. Leistungen, die aufgrund des Risikos Krankheit anfallen, um Diagnosen zu stellen und um Behandlungen durchzuführen. Das durch die Prämien angehäufte Kapital solle nicht dazu dienen, Ausbildungskosten mitzutragen. Weil Fachkräftemangel, zu wenige Ausbildungsplätze sowie eine Ungleichbehandlung der Bereiche erkannt wurden, zeigte sich die Regierung aber bereit, den Kantonen bei der Lösungsfindung beizustehen und dem Parlament Bericht zu erstatten.
Im Nationalratsplenum wurde die Motion nur kurz behandelt und Kommissionssprecherin Schmid-Federer (cvp, ZH) brachte in ihrer Begründung für die Motion vor allem die Sorge um den Fachkräftemangel im Gesundheitsbereich zum Ausdruck, der zwar immer wieder zur Sprache käme, gegen den aber auch im Parlament jeweils nicht viel Konkretes unternommen werde. Mit diesem Vorstoss könne ein Schritt gegangen werden, der erst noch kostenneutral umgesetzt werden könnte. Gegen den Vorstoss stand Raymond Clottu (svp, NE) ein, der die Meinung des Bundesrats teilte, dass keinesfalls die OKP als Finanzierungskanal herhalten dürfe. Gleich argumentierte Bundesrat Berset, der die Meinung der Regierung vertrat und gegen die Motion warb, die allerdings mit 92 zu 89 Stimmen und 3 Enthaltungen knapp angenommen und damit dem Ständerat zur Weiterbearbeitung überlassen wurde.

Praktikumsplätze in privaten Praxen und ausserklinischen Bereichen

Ob sogenannte Komatrinker Aufenthalte in Spitälern oder Ausnüchterungszellen selber bezahlen müssen, ist seit 2010 Gegenstand parlamentarischer Beratungen. Eine parlamentarische Initiative Bortoluzzi (svp, ZH) sollte jedenfalls auf eine entsprechende Regelung hinwirken. Der Vorstoss wurde zunächst von beiden Gesundheitskommissionen unterstützt, ehe er 2014 erstmals im Plenum des Nationalrats traktandiert wurde. Damals liess man sich jedoch noch nicht auf eine Diskussion ein, um noch weiterführende Arbeiten abwarten zu können. So gelangte der Vorstoss nach der Fristerstreckung erst im Winter 2015 auf die Agenda der Volkskammer. Und die Debatte hatte es in sich, sie war nicht nur lang, sondern auch sehr emotional. Am Ende obsiegte der SGK-Antrag auf Abschreibung der Initiative, das Anliegen wurde damit verworfen.

Mit der Initiative sollte das KVG derart angepasst werden, dass durch exzessiven Alkoholkonsum resultierende Spitalaufenthalte (resp. Behandlungen in den Notaufnahmen) zulasten der Verursacher, also der „Trinker“ abgerechnet werden. Nachdem diesem Vorstoss Folge gegeben wurde, hatte die SGK eine Subkommission eingesetzt und diese beauftragt, einen Entwurf auszuarbeiten. Zwischen Ende Juni und Ende Oktober 2014 wurde dazu eine Vernehmlassung durchgeführt. Von 92 eingegangenen Stellungnahmen lehnte ein Grossteil den Entwurf ab, mit unterschiedlichen Argumenten. Unter anderem wollte man keinen Systemwechsel im KVG durch Einführen der Verschuldensfrage, zudem bezweifelte man die Wirksamkeit der Massnahme. Unklare Kostenentwicklung sowie eine Befürwortung alternativer Massnahmen im Bereich Prävention waren weitere Argumente dagegen. Trotz dieser Abwehrhaltung, vor allem der Kantone, übergab die SGK-NR den Erlassentwurf unverändert zusammen mit dem Vernehmlassungsbericht an den Bundesrat (allerdings mit 13 zu 11 Stimmen und einer Enthaltung knapp). Die Kommission war also damals noch für diese Gesetzesänderung.
Daraufhin veröffentlichte die Regierung ihre Stellungnahme im Sommer 2015. Dort wurde dargelegt, dass der Erlassentwurf vom Bundesrat in vorliegender Form nicht unterstützt wurde. Ursächlich dürfte auch die Skepsis aus der Vernehmlassung gewesen sein. Jedoch war dies nicht der einzige Grund, wie der Bundesrat wiederholt bekräftigte. Auch mit Verweis auf seine frühere Haltung in ähnlichen Geschäften machte er deutlich, dass er nicht Hand biete für einen Systemwechsel im KVG. Überdies seien wichtige Programme unterwegs, um Alkoholsucht zu begegnen, so zum Beispiel das Nationale Programm Alkohol oder auch die Revision der Alkoholgesetzgebung.
Mit diesem Gegenwind hatte die SGK ihre sessionsvorbereitende Sitzung zu bewältigen, wo sie eine Kurskorrektur vornahm. Sie schwenkte um und war fortan mehrheitlich gegen den Erlass. Neben dem Systemwechsel war auch die Wirksamkeit der Massnahme unklar und führte darum zur Ablehnung. So sei denkbar, dass Personen in wirtschaftlich prekären Verhältnissen auf eine Behandlung verzichteten, was beispielsweise zu hohen Folgekosten führen würde. Weiter war unklar, ob nur jugendliche Komatrinker gemeint sind oder auch ältere Alkoholkonsumierende. Die nicht definierbare Kostenfolge sollte ebenfalls als kritisches Argument ins Feld geführt werden. Gegen die Abschreibung wehrte sich eine Minderheit Frehner (svp, BS), die sich von der Notwendigkeit der Gesetzesänderung überzeugt zeigte. Betroffene müssten in die Pflicht genommen werden, was eine Stärkung der Eigenverantwortung bedeutete. Steigende Kosten im Gesundheitswesen rechtfertigten überdies einen solchen Schritt.

Es waren dieselben Argumente für und wider den Erlassentwurf, die in der Debatte abermals vorgebracht wurden. Kommissionssprecherin Schmid-Federer (cvp, ZH) brachte einen wichtigen Punkt zur Sprache. Es war bis anhin schon möglich, dass die Kantone die Kosten einer alkoholbedingten Hospitalisierung den Patienten in Rechnung stellen, dies würde auf jeden Fall so bleiben. Mit der Ablehnung der Initiative würde bloss die Pflicht der Kostenabwälzung umgangen. Weiterhin läge es also in der Kompetenz der kantonalen Legislative, dergleichen zu beschliessen. Ihr Gegenspieler in dieser Sache war Nationalrat de Courten (svp, BL), der sowohl die Kommissionsminderheit, als auch die SVP-Fraktion vertrat. Er wollte das Ziel der parlamentarischen Initiative nicht aus den Augen verlieren und dem Erlass zum Durchbruch verhelfen. Es könne nicht sein, dass Personen durch ein „absichtliches Besäufnis“ der Allgemeinheit zur Last fallen. Er kritisierte überdies auch die Haltung der Kommission, die nach ihrer vormaligen Unterstützung die Initiative nun fallen lassen wollte. Die Diskussion zog sich hin, von rechts wurde der Entwurf gelobt, von links als „eine der wohl absurdesten Vorlagen, die es im Rat je so weit geschafft“ haben, bezeichnet (Steiert (sp, FR)).
Es kam schliesslich zu einem einigermassen knappen Resultat von 97 Stimmen für die Abschreibung der Initiative und 85 dagegen, elf Nationalrätinnen und Nationalräte enthielten sich. Das Geschäft wurde damit versenkt. Es waren die fast geschlossen stimmenden Fraktionen der SVP und der FDP, die in der Ausmarchung unterlagen. Acht von elf Unentschiedenen gehörten der FDP-Liberalen Fraktion an.

Komatrinker ihre Aufenthalte im Spital und in Ausnüchterungszellen selber bezahlen

Im April publizierte der Bundesrat seinen Bericht zur Kostendeckung von Ausnüchterungszellen in Erfüllung eines Postulates der SGK-NR. Das Postulat ist im Zuge der Behandlung einer parlamentarischen Initiative Bortoluzzi (svp, ZH) eingereicht worden. Der Bericht wurde hingegen in der abschliessenden Beratung zu besagter Initiative nicht zitiert.
Es ging darum, eine Übersicht zu liefern, wie die Kantone mit den anfallenden Kosten umgehen, die durch die Behandlung alkoholisierter Personen anfallen. Im Bericht wird festgehalten, dass der Begriff „Ausnüchterungszelle“ unterschiedlich verwendet wird. Etwa die Hälfte der Kantone kennt gesetzliche Grundlagen, um die Kosten auf die Alkoholisierten abzuwälzen; seien es jene aus einer Spitalbehandlung oder infolge einer Festnahme wegen übermässigem Alkoholkonsum. Eine bundesgesetzliche Lösung werde teilweise begrüsst, es sei aber gleichzeitig schwierig, die Kosten zu beziffern. Es sei dem Bundesrat nicht möglich „aufzuzeigen, mit welchen Mitteln und auf welcher Rechtsebene die Forderung nach Deckung der Kosten der Ausnüchterungszellen durch die Verursacher am sinnvollsten und effizientesten erreicht werden kann.“ Überdies seien die Gebühren in den meisten Fällen ohnehin nicht kostendeckend und einige Kantone verzichteten gar – trotz gesetzlicher Regelung – auf eine Kostenabwälzung.
Es wird, so die Regierung, aus den Erkenntnissen kein eigentlicher Koordinationsbedarf durch den Bund erkannt. Das Postulat wurde damit als erledigt abgeschrieben.

Kostendeckung von Ausnüchterungszellen

Für die parlamentarische Initiative Bortoluzzi (svp, ZH), wonach Komatrinker ihre allfälligen Aufenthalte in Spitälern oder Ausnüchterungszellen selber bezahlen sollen, hat der Nationalrat in der Sommersession 2014 eine Fristverlängerung bis 2016 beschlossen. Die SGK-NR wollte weitere, noch laufende Arbeiten abschliessen, bevor diese Initiative abschliessend behandelt werden kann. Insbesondere stand der Vernehmlassungsbericht zur Anpassung des Krankenversicherungsgesetzes noch in Aussicht, der aus dem Verfahren zwischen Juli und Oktober 2014 resultieren wird. Zuvor liess die Volkskammer mit der Überweisung eines Postulats der SGK-NR durch den Bundesrat Abklärungen zur Kostendeckung von Ausnüchterungszellen vornehmen.

Komatrinker ihre Aufenthalte im Spital und in Ausnüchterungszellen selber bezahlen

Im März 2014 hat der Nationalrat ein Postulat seiner SGK angenommen, womit der Bundesrat Bericht über die Kostendeckung von Ausnüchterungszellen erstatten soll. Das Postulat ist im Zusammenhang mit der Umsetzung des zweiten Teils der parlamentarischen Initiative Bortoluzzi (svp, ZH) eingereicht worden. Dieser wollte die durch exzessiven Alkoholkonsum resultierenden Kosten für die Belegung von Ausnüchterungszellen auf die Konsumenten überwälzen. Der im Kommissions-Postulat geforderte Bericht soll vor allem aufzeigen, mit welchen Mitteln und auf welcher Rechtsebene die Forderung nach Deckung der Kosten der Ausnüchterungszelle durch die Verursacher respektive ihre gesetzlichen Vertreter am sinnvollsten und effizientesten erreicht werden kann. Der Bundesrat hatte seine Bereitschaft zu einer Evaluation bei den Kantonen signalisiert, entsprechend kam das Postulat im Ratsplenum diskussionslos durch.

Kostendeckung von Ausnüchterungszellen

Mit einem im Juni des Berichtsjahres vom Nationalrat überwiesenen Postulat Schmid-Federer (cvp, ZH) wird der Bundesrat beauftragt zu prüfen, wie die rechtlichen Rahmenbedingungen für Pendelmigrantinnen, die in Schweizer Privathaushalten Altersbetreuungsdienste leisten, verbessert werden können. Es ist beobachtet worden, dass Care-Arbeit zunehmend durch Pendelmigrantinnen aus Deutschland und den osteuropäischen EU-Staaten übernommen wird. Die geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen für diesen neu entstandenen Arbeitsmarkt seien diffus, teilweise lückenhaft und böten ungenügenden Arbeitnehmerschutz. Die Postulantin merkte an, dass mit einer zunehmenden Nachfrage nach Betreuungspersonal in Privathaushalten der Erlass rechtlicher Rahmenbedingungen unerlässlich sei. Der Bundesrat teilte das Anliegen uneingeschränkt und beantragte dessen Annahme, die durch den Rat stillschweigend erfolgte.

Altersbetreuungsdienste

Aufgrund der Zunahme der wegen exzessivem Alkohol- oder Drogenmissbrauch notfallmässig behandelten Patienten regte Nationalrat Bortoluzzi (svp, ZH) mit einer parlamentarischen Initiative an, dass Komatrinker ihre Aufenthalte im Spital und in Ausnüchterungszellen selber bezahlen sollten. Dafür seien das KVG sowie weitere Gesetze dahingehend anzupassen, dass die Kosten der aufgrund exzessiven Alkohol- und Drogenmissbrauch notwendigen medizinischen Notversorgung durch die Verursacher oder ihre gesetzlichen Vertreter in vollem Umfange getragen werden müssen. Eine Verrechnung über die solidarische Krankenversicherung soll nicht möglich sein. Gleiches soll auf einen Aufenthalt in einer Ausnüchterungszelle angewendet werden. Solche Ereignisse kämen einem massiven Missbrauch des Solidaritätsgedankens gleich und müssten unverzüglich angegangen werden, so der Initiant. Der Entscheid, in übermässigem Masse Alkohol zu konsumieren oder Drogen zu missbrauchen, sei vermeidbar und liege in der Eigenverantwortung jedes Bürgers. Es sei eine Zumutung für die Allgemeinheit, die dann diese massiven Kosten zu tragen habe. Nachdem die erstbehandelnde SGK-NR im Mai 2011 der Initiative Folge gegeben hatte, folgte diejenige des Ständerates Anfang 2012.

Komatrinker ihre Aufenthalte im Spital und in Ausnüchterungszellen selber bezahlen

2004 hatte Nationalrat und Präventivmediziner Gutzwiller (fdp, ZH) eine parlamentarische Initiative eingereicht mit der Forderung einer bundesweit einheitlichen Regelung eines Rauchverbots in geschlossenen Räumen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind. Nach zweijähriger Vorbereitung schlug die SGK-N nun ein spezielles Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen vor, welches auch die Zustimmung des Bundesrates fand. Die Kommissionssprecherin unterstrich den Paradigmenwechsel der Vorlage: Statt der Freiheit des Rauchens werde die Freiheit des Nichtrauchens ins Zentrum gerückt. Die Regelung sei verhältnismässig und aus gesundheits- und präventionspolitischen Gründen erforderlich. Das Eintreten auf die Vorlage wurde von einer Kommissionsminderheit, vertreten durch Bortoluzzi (svp, ZH), bekämpft. Wenn ein zugelassenes Produkt wie der Tabak für Dritte derart gefährlich sei, müsste es eigentlich ganz verboten werden, meinte er. Weiter sei die Vorlage eigentums- und KMU-feindlich. Die Minderheit wurde unterstützt von der SVP-Fraktion und einer Mehrheit der FDP-Fraktion. So wehrte sich Huber (fdp, UR) gegen staatliche Bevormundung und betonte das liberale Prinzip von Freiwilligkeit und Selbstverantwortung auch in dieser Frage. Für die SP lobte Schenker (BS) hingegen den Kommissionsvorschlag als wichtigen Schritt zum Schutz vor dem Passivrauchen, insbesondere auch für das Servicepersonal, das vielfach unfreiwillig dem Tabakrauch in Restaurants ausgesetzt sei. Mit 111 zu 64 Stimmen beschloss der Rat Eintreten auf die Gesetzesvorlage.

In der Detailberatung drehte sich die Diskussion vor allem um die Ausnahmeregelungen im Bereich der Gastrobetriebe. Hier setzte sich die Kommissionsminderheit mit 95 zu 77 Stimmen durch. Demnach ist das Rauchen in abgetrennten, speziell gekennzeichneten Räumen mit ausreichender Belüftung generell erlaubt, auch wenn dort Angestellte arbeiten. Die Kommission hatte lediglich unbediente „Fumoirs“ zulassen wollen. Weiter können Gastrobetriebe und Nachtlokale auf Bewilligung hin als gekennzeichnete Raucherbetriebe geführt werden. Die Bewilligung wird erteilt, wenn „eine Trennung von Raucher- und Nichtraucherräumen nicht möglich oder unzumutbar ist“. Damit, so Minderheitssprecher Borer (svp, SO), bleibe man eine tolerante Gesellschaft, in der die eine Seite auf die andere Rücksicht nimmt und die gegenseitigen Bedürfnisse akzeptiert werden. Die Fraktionen von SP und Grünen warnten vergeblich, dass mit diesen Ausnahmen das Gesetz und der Arbeitnehmerschutz unterlaufen werden. Unterstützt wurden die Anträge der Minderheit von den Fraktionen der SVP, der FDP und der CVP. Betreffend Arbeitnehmerschutz vertrat Engelberger (fdp, NW) die Meinung, dass niemand in einem Raucherbetrieb arbeiten müsse, wenn er nicht wolle. Ausnahmen für Einzelarbeitsplätze sowie wohnungsähnliche Einrichtungen (z.B. geschlossene Abteilungen psychiatrischer Kliniken, Strafvollzugsanstalten etc.) waren schon im Kommissionsentwurf vorgesehen und wurden nicht bestritten. In der Gesamtabstimmung wurde die Vorlage mit 109 zu 52 Stimmen angenommen.

Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen (BRG 04.476)
Dossier: Rauchverbote

Nach dem Scheitern der Revision des Betäubungsmittelgesetzes 2004 in der grossen Kammer hatte die SGK des Nationalrates 2005 beschlossen, die unbestrittenen Elemente der Revision, insbesondere das 4-Säulen-Konzept (Prävention inklusive Jugendschutz, Therapie, Schadensverminderung – beispielsweise durch die medizinisch kontrollierte Heroinabgabe – und Repression) mit einer parlamentarischen Initiative wieder aufzunehmen. Im Mai legte die Kommission ihre Vorschläge für eine Revision des Betäubungsmittelgesetzes vor. Der Bundesrat war damit weitgehend einverstanden

Bereits in der Eintretensdebatte wurde in erster Linie die heroingestützte Behandlung Schwerstsüchtiger ins Zentrum gerückt. Um die Behandlung des brisanten Geschäfts zu verzögern, reichte Ruey (lp, VD) einen Rückweisungsantrag an die Kommission ein. Er erklärte, die Heroinabgabe müsse vertieft untersucht werden, bevor man den auf Ende 2009 befristeten Bundesbeschluss in ordentliches Recht überführe. Support erhielt er von Bortoluzzi (svp, ZH), der die entsprechenden Untersuchungen des BAG als zu wenig neutral einstufte. Bundesrat Couchepin widersprach und wies auf zahlreiche Studien hin, welche die Wirksamkeit der Heroinabgabe belegen (weniger Drogentote, gesündere Konsumenten, geringere Beschaffungskriminalität). Rueys Antrag wurde deutlich mit 61 zu 11 Stimmen abgelehnt. In der Detailberatung meldeten sich die Befürworter einer strengen Abstinenzpolitik erneut wortreich: Die Heroinabgabe habe nichts mit Menschenliebe zu tun (Freysinger, svp, VS), sei sogar menschenverachtend (Waber, edu, BE). Dem hielten die Befürworter gegenüber, sie rette Menschenleben (Gutzwiller, fdp, ZH) und sei mittlerweile auch von der WHO als Therapiemöglichkeit für Schwerstsüchtige anerkannt (Ménetrey-Savary, gp, VD). Die medizinisch indizierte Heroinabgabe passierte schliesslich mit 111 zu 73 Stimmen, die gesamte Revision mit 106 zu 65. Nicht durchsetzen konnte sich der Bundesrat mit seinem Wunsch, Heroin aus der Liste der verbotenen Stoffe in jene der verschreibbaren Betäubungsmittel umzuklassieren. Couchepin plädierte vergeblich, dabei handle es sich um eine reine Frage der Logik. Um nicht noch einmal die gesamte Vorlage zu gefährden, wurde dieser Antrag mit 106 zu 70 Stimmen mit dem Argument verworfen, dies könne auch auf Verordnungsstufe geschehen. Im Fall einer Zustimmung durch den Ständerat drohte die EVP/EDU-Fraktion bereits mit einem Referendum, dem sich wohl auch Teile der SVP anschliessen dürften; damit könnte das Stimmvolk zum zweiten Mal nach 1999 über die heroingestützte Therapie befinden.

Auf Antrag des Bundesrates lehnte der Nationalrat eine Motion Wasserfallen (fdp, BE) (Mo. 04.3376) ab, welche eine deutliche Verschärfung der 4-Säulen-Politik des Bundes sowie ein klar verankertes Verbot des Cannabiskonsums verlangte; das relativ knappe Stimmenverhältnis (90:80) zeigte aber die nach wie vor bestehende Gespaltenheit der grossen Kammer

4-Säulen-Konzept

Der Nationalrat zeigte sich gewillt, zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen auch einschneidende Massnahmen zu ergreifen. In der Differenzbereinigung zur 1. Teilrevision des KVG fügte er die Bestimmung ein, dass der Bundesrat während einer Dauer von drei Jahren die Zulassung von Leistungserbringern im ambulanten Bereich (Ärzte und andere Therapeuten) zu Lasten der Krankenversicherung beschränken kann, wobei die Kantone sowie die Verbände der Leistungserbringer und der Versicherer vorher anzuhören sind. Der Rat trug damit dem Umstand Rechnung, dass die Ärztedichte in der Schweiz eine der höchsten der Welt ist und durch die Personenfreizügigkeit für EU-Bürger noch weiter zunehmen wird. Da sich der Gesundheitsmarkt nicht nach Angebot und Nachfrage richtet, resp. die Nachfrage angebotsinduziert ist, lösen mehr Leistungsanbieter fast automatisch mehr Leistungen aus, was zu höheren Kosten führt. Zulassungsbeschränkungen könnten hier regulierend wirken. Die konkrete Ausgestaltung blieb dem Bundesrat überlassen. Vergeblich versuchte eine Minderheit, darunter der Aargauer CVP-Vertreter und Leiter des Paraplegiker-Zentrums Nottwil (LU) Zäch und der Zürcher SVP-Nationalrat Bortoluzzi, die Massnahme abzuwenden. Der Rat stimmte der befristeten Zulassungsbeschränkung mit 124 zu 47 Stimmen zu. Entgegen einem bürgerlichen Minderheitsantrag nahm der Ständerat diese Bestimmung mit 27 zu 4 Stimmen ebenfalls an.

1.Teilrevision des KVG (BRG 98.058)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)
Dossier: 1. Teilrevision des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; 1998-2002)
Dossier: Prämienverbilligung

Der Bundesrat war bereit, eine Motion Gross (sp, TG), die ihn verpflichten wollte, die Finanzierung der stationären und der ambulanten Pflege (Pflegeheime und Spitex) grundsätzlich vollkostendeckend sicherstellen, als Postulat entgegen zu nehmen. Der Vorstoss wurde aber von Bortoluzzi (svp, ZH) bekämpft und deshalb vorderhand der Diskussion entzogen.

Pflegeheime Spitex

Nicht ganz so leicht hatte es die Vorlage im Nationalrat. Vor allem Abgeordnete aus dem rechtsbürgerlichen Lager lieferten vehemente Rückzugsgefechte. Angeführt von der SVP zogen sie alle Register, um die Vorlage abzublocken. Sandoz (lp, VD) wollte das Geschäft verschieben, weil ein Expertenbericht der WHO aussteht. Fehr (svp, ZH) und Waber (edu, BE) forderten Nichteintreten, Bortoluzzi (svp, ZH) und Keller (sd, BL) Rückweisung. Fehr behauptete, Bundesrätin Dreifuss nehme ihren Fürsorgeauftrag nicht mehr ernst; Bortoluzzi erklärte, es gehe nur um die Ruhigstellung einer Randgruppe, welche “unappetitlich, kriminell und rufschädigend” für die Schweiz sei. FDP, CVP, SP, Grüne, LdU/EVP sowie Liberale stellten sich mit dem Verweis auf das klare Nein des Stimmvolkes zur Initiative “Jugend ohne Drogen” hinter die Politik des Bundesrates. Mit 106 zu 25 wurde die Vorlage ohne Differenzen zum Ständerat klar gutgeheissen.

dringlichen Bundesbeschluss über ärztlich verordnete Heroinabgabe als Therapie (BRG 98.015)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin

Die bürgerlichen Parteien - mit Ausnahme der rechtsbürgerlichen FP, SD und EDU, welche die Initiative einhellig unterstützten - zeigten sich allesamt gespalten. Die SVP, vor allem der Zürcher Flügel um Nationalrat und Mitinitiant Bortoluzzi, stellte sich hinter die Initiative, die Sektionen der Kantone Bern, Thurgau und Graubünden bekämpfte sie. Auch die Liberalen traten in beiden Abstimmungskomitees auf, die Waadtländer Leuba und Sandoz bei den Initianten, der Basler Eymann bei den Gegnern. Unter den Befürwortern figurierten auch einige FDP-Nationalräte, namentlich der Neuenburger Frey sowie die Luzerner Aregger, Theiler und Tschuppert. Bei der CVP stellte sich nur gerade ein alt Ständerat (Kündig, ZG) hinter das Volksbegehren.

Volksinitiativen «für eine vernünftige Drogenpolitik» (Droleg-Initiative) und «Jugend ohne Drogen» sowie direkter Gegenvorschlag (BRG 95.046)

Der Nationalrat nahm gegen den Willen des Bundesrates eine Motion Bortoluzzi (svp, ZH) an, die verlangt, dass bei der Erteilung eines Lernfahrausweises die Bewerber auf eine allfällige Suchtmittelabhängigkeit untersucht werden. Bundesrat Koller hätte die Diskussion lieber im Rahmen der anstehenden Revision des Strassenverkehrsgesetzes geführt, weshalb er eine Umwandlung in ein Postulat beantragt hatte.

Motion Lernfahrausweis erst nach Untersuch auf allfällige Suchtmittelabhängigkeit

Vertreter dieser Gruppe gehörten federführend zum Initiativkomitee, welches Ende Jahr eine Volksinitiative «Jugend ohne Drogen» lancierte. Dem Copräsidium gehören die Nationalrätinnen und Nationalräte Aubry (fdp, BE), Borer (ap, SO), Bortoluzzi (svp, ZH), Dreher (ap, ZH), Friderici (lp, VD), Giezendanner (ap, AG), Leuba (lp, VD), Miesch (fdp, BL), Moser (ap, AG), Müller (svp, AG), Philipona (fdp, FR), Rohrbasser (svp, FR), Sandoz (lp, VD), Jürg Scherrer (ap, BE), Werner Scherrer (edu, BE), Steinemann (ap, SG) und Tschuppert (fdp, LU) sowie die beiden Ständeräte Kündig (cvp, ZG) und Morniroli (lega, TI) an. Massiv vertreten im Initiativkomitee sind Sportler vorab aus dem Umkreis der schweizerischen Ski-Nationalmannschaft und einige Prominente aus der Unterhaltungsbranche.

Gemäss dem Initiativtext soll der Bund das Rauschgiftproblem mit einer restriktiven, direkt auf Abstinenz ausgerichteten Drogenpolitik bekämpfen und die notwendigen Gesetze dazu erlassen, zudem eine aktive Drogenprävention verfolgen und Entzugs- und Wiedereingliederungsmassnahmen fördern. Ausdrücklich verbieten wollen die Initianten die Abgabe von Betäubungsmitteln. Vorbehalten ist eine Abgabe zu rein medizinischen Zwecken, wobei Heroin und Kokain allerdings ausgeschlossen sind. Als bekannt wurde, dass auch der umstrittene Verein zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis (VPM) hinter der Initiative steht, distanzierten sich einzelne Sportler von ihrem Engagement.

Volksinitiativen «für eine vernünftige Drogenpolitik» (Droleg-Initiative) und «Jugend ohne Drogen» sowie direkter Gegenvorschlag (BRG 95.046)