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Jahresrückblick 2019: Gesundheit, Sozialhilfe und Sport

2019 befasste sich das Parlament mit zahlreichen Geschäften zu Schweizer Gesundheitspolitik, Sport und Sozialhilfe. Besonders relevant waren bezüglich gesundheitspolitischer Themen die Diskussionen um das elektronische Patientendossier (EPD). Dieses soll 2020 in allen Regionen der Schweiz verfügbar sein, weshalb 2019 dazu einige Vorstösse behandelt wurden. So wurde ein Postulat Wehrli (fdp, VD; Po. 18.4328), welches Auskunft über die bereits ergriffenen und die noch zu ergreifenden Massnahmen verlangte, um die Umsetzung des EPD und dessen Nutzung zu fördern, vom Nationalrat angenommen. Ebenfalls Ja sagte die grosse Kammer zu einer Motion der SGK-NR (Mo. 19.3955). Diese hatte den Anschluss sämtlicher am Behandlungsprozess beteiligter Gesundheitsfachpersonen an das EPD zum Ziel und wird nun in einem nächsten Schritt im Stöckli behandelt. Mit dem im Juni 2019 verabschiedeten Bundesratsgeschäft zur «Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit im KVG» (BRG 15.083) sollen zudem die Qualität der erbrachten Leistungen im Gesundheitsbereich verbessert, die Patientensicherheit nachhaltig erhöht und die Steigerung der Kosten in der OKP abgeschwächt werden.

In Sachen Spitäler standen 2019 die Kosten im Gesundheitswesen im Mittelpunkt. Unter anderem intendierte Verena Herzog (svp, TG) mittels Motion, gemeinwirtschaftliche Leistungen dem öffentlichen Beschaffungsrecht zu unterstellen (Mo. 16.3842). Denn durch eine Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen und der damit verbundenen Transparenz könne man nicht nur Kosten reduzieren, sondern auch an Effizienz gewinnen, erklärte die Motionärin. 2018 hatte der Nationalrat dieser Vorlage zugestimmt, der Ständerat gab ihr in der Herbstsession 2019 allerdings einen Korb. Mit einem Selbstkostenanteil, der beim Aufsuchen der Spitalnotfallstation (und beim ambulanten Praxisbesuch) entrichtet werden soll, wollten sowohl Thomas Weibel (glp, ZH; Pa.Iv. 17.480) als auch Thomas Burgherr (svp, AG; Pa.Iv. 17.452) der Kostenentwicklung entgegenwirken, die Eigenverantwortung der Patientenschaft stärken und den Spitalnotfall entlasten. Die grosse Kammer gab in der Wintersession 2019 der parlamentarischen Initiative Weibel, nicht aber der Initiative Burgherr Folge. Des Weiteren nahm das Stöckli als Zweitrat eine Motion der SGK-NR bezüglich Referenztarifen für ausserkantonale Behandlungen an (Mo. 18.3388). Damit wollte die Kommission sicherstellen, dass die Kantone für Behandlungen ihrer Einwohnerinnen und Einwohner ausserhalb des Wohnkantons nicht weniger bezahlen würden als innerhalb. Bezüglich Ärzteschaft reichte Bea Heim (sp, SO; Mo. 18.3107) eine Motion zur Offenlegung der Honorare von Ärztinnen und Ärzten in einer leitenden Position ein. Transparenz sei notwendig, um falsche Anreize, unnötige Eingriffe und hohe Kosten für die OKP zu verhindern, so Heim. Die Motion wurde im März 2019 von der grossen Kammer gutgeheissen und an die kleine Kammer überwiesen.

Rund um das Pflegepersonal waren die Pflegeinitiative und der indirekte Gegenvorschlag ein wichtiges Thema. Gefordert wurden unter anderem die Sicherstellung von genügend diplomierten Pflegefachleuten und eine Kompetenzerweiterung im Bereich der direkten Abrechnung von Pflegeleistungen zu Lasten der OKP. In der Wintersession empfahl der Nationalrat in Übereinstimmung mit dem Bundesrat die Ablehnung der Initiative und gab dem von der SGK-NR ausgearbeiteten indirekten Gegenvorschlag mit einigen kleinen Änderungen Folge. Anders als seine Kommission wollte er beispielsweise nicht, dass eine Vereinbarung zwischen Pflegefachpersonen und Krankenkasse für die Abrechnung der Pflegenden über die OKP generell nötig ist.

Im Frühling 2019 verabschiedete das Parlament eine Änderung des Heilmittelgesetzes (BRG 18.081), die aufgrund zweier neuen EU-Verordnungen zur Erhöhung von Sicherheit und Qualität von Medizinprodukten nötig geworden war, damit die Schweizer Patientenschaft weiterhin von allen europäischen Produkten profitieren kann und die Hersteller keinen Wettbewerbsnachteil erfahren. Qualität und Behandlungssicherheit waren ebenfalls Gegenstand eines Postulates Stahl (svp, ZH; Po. 19.3382), das den Bundesrat dazu aufforderte, die Bedingungen zur Ermöglichung eines Versandhandels nichtverschreibungspflichtiger Arzneimittel zu überprüfen. Weiter stimmte der Nationalrat in der Sommersession einer Motion Humbel (cvp, AG; Mo. 19.3005) zur Kostenvermeidung bei der Umteilung von den Medikamenten der Kategorie C in die Kategorie B zu und überwies sie an den Ständerat. Antibiotika und ihre Resistenz wurden 2019 mittels zweier Vorstösse thematisiert. Zum einen sprach sich der Nationalrat als Erstrat für eine Motion Graf (gp, BL; Mo. 19.3861) aus, die den Bundesrat damit beauftragte, seine One-Health-Strategie mit der Erforschung von Antibiotikaresistenzen zu ergänzen, um so eine Vorgehensweise zur Bekämpfung ihrer Ursachen ausarbeiten zu können. Zum anderen reichte Claude Béglé (cvp, VD, Po. 19.3860) ein Postulat zur «Förderung der Erforschung und der Entwicklung neuer antimikrobieller Mittel» ein, welches allerdings im Rat nicht auf Anklang stiess. Im Herbst 2019 beschäftigte sich das Stöckli mit einer Motion Müller (fdp, LU; Mo. 19.3743), mit der die Eliminierung von Hepatitis in ein nationales Programm zu sexuell und durch Blut übertragbaren Infektionskrankheiten integriert werden soll.

Auch über Tabakwaren wurde 2019 angeregt diskutiert. So befasste sich der Ständerat erneut mit dem Bundesgesetz über Tabakprodukte, nachdem 2016 ein erster Entwurf an den Bundesrat zurückgewiesen worden war. Das Gesetz soll in erster Linie dazu dienen, Teenager, aber auch die Gesamtbevölkerung vor den negativen Auswirkungen des Tabakkonsums zu schützen. In den Medien war hingegen insbesondere das Thema «E-Zigaretten» zentral. Dieses fand auch seinen Weg ins Parlament; im Ständerat wurde über eine tiefere Besteuerung von elektronischen Zigaretten diskutiert (Mo. 19.3958 der SGK-SR). Vor dem Hintergrund der 2017 eingereichten Motionsserie zu wissenschaftlichen Pilotversuchen mit Cannabis trat der Nationalrat im Dezember 2019 auf die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung des Betäubungsmittelgesetzes ein (BRG 19.021). Neben E-Zigaretten berichteten die Medien auch ausführlich über die umstrittene Auswahl des Tabakkonzerns Philip Morris als Hauptsponsor des Schweizer Pavillons an der Weltausstellung 2020 in Dubai. Nachdem der Schweiz für diesen Entscheid viel Unverständnis entgegengebracht worden war und sich gar die WHO zu Wort gemeldet hatte, erklärte Aussenminister Ignazio Cassis Ende Juli, dass man die Partnerschaft nicht weiterführen werde.

Trotz grosser Aufmerksamkeit in den Medien – dieses Thema ist mitverantwotlich für den Peak des Gesundheitsthemas im Juli 2019 – kaum Eingang ins Parlament fand dieses Jahr die Frage der Sterbehilfe. Aufgegriffen wurde von den Zeitungen vor allem der Gerichtsprozess rund um Erika Preisig und den assistierten Suizid bei psychisch kranken Personen.

Die mediale Berichterstattung zu sportlichen Themen war im Juni 2019 besonders intensiv. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in diesem Monat nicht nur das Eidgenössische Turnfest in Aarau stattfand, sondern auch ein Formel-E-Rennen in Bern ausgetragen wurde, das bei der Bevölkerung auf Widerstand stiess und anlässlich dem eine Velo-Demonstration durchgeführt wurde. Zudem wurde die durch die Fussball-Weltmeisterschaft der Frauen ausgelöste Diskussion um die Gleichstellung der Geschlechter in dieser Sportart ebenfalls von den Schweizer Medien aufgenommen.
Im Parlament wurden bezüglich Sport zwei Vorlagen zu Sportzentren respektive zu der Finanzierung ihres Betriebs diskutiert. So nahmen beide Räte eine Motion Engler (cvp, GR, Mo. 18.4150) an, welche beabsichtigte, dem Bund eine Mitfinanzierungsrolle beim Trainings- und Wettkampfbetrieb auf Sportanlagen nationaler Bedeutung zukommen zu lassen. Im Dezember 2019 sagte die kleine Kammer Ja zu einem weiteren Postulat Engler (Po. 19.4044), das einen Bericht zur Realisierung von drei bis vier Wintersportzentren anstelle eines nationalen Schneesportzentrums forderte. Silva Semadeni (sp, GR), die in Vergangenheit eine referendumsfähige Gesetzesgrundlage zur Bundesmilliarde für Sion 2026 schaffen wollte, reichte 2018 eine parlamentarische Initiative ein, um die Unterstützung Olympischer Spiele im Allgemeinen einem fakultativen Referendum zu unterstellen (Pa.Iv. 18.445). In einem ersten Schritt gab die WBK-NR diesem Geschäft im Juni 2019 Folge. Im Gebiet der Dopingpolitik überwies der Nationalrat eine Motion Bourgeois (fdp, FR; Mo. 19.3667) an den Ständerat, die die Prüfung der Errichtung einer Koordinationsstelle für Dopingfragen beim Fedpol zum Gegenstand hatte.

Im Bereich Sozialhilfe interessierten sich die Medien insbesondere für die Höhe der Sozialhilfebeiträge, über die in verschiedenen Kantonen diskutiert wurde. Als erster Kanton stimmte Bern im Mai in einer Volksabstimmung über entsprechende Kürzungen ab. Hätte sich das Stimmvolk für die Revision des Sozialhilfegesetzes ausgesprochen, so hätte der neue Grundbetrag die Empfehlung der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) deutlich unterschritten. Von Bedeutung war dieser Entscheid auch für die anderen Kantone, da man sich vor einem «Domino-Effekt» und «Sozialhilfe-Tourismus» fürchtete. Gemäss Einschätzungen des Tagesanzeigers von Anfang Oktober verlor die Forderung nach dem Nein in Bern in anderen Kantonen und Städten an Unterstützung.

Jahresrückblick 2019: Gesundheit, Sozialhilfe und Sport
Dossier: Jahresrückblick 2019

In der Wintersession 2019 nahm sich der Nationalrat der Änderung des BetmG bezüglich Pilotversuche mit der Droge Cannabis an. Entgegen der Empfehlung seiner Kommission trat er mit 100 zu 85 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) auf die Gesetzesvorlage ein. Während sich die SP, die GLP, die Grünen, etwas mehr als die Hälfte der FDP-Liberalen-Fraktion sowie einige Vertreterinnen und Vertreter der Mitte-Fraktion für den Experimentierartikel aussprachen, stiess dieser bei der SVP sowie der Mehrheit der Mitte-Fraktion auf taube Ohren. Lorenz Hess (bdp, BE) erklärte bei der Eintretensdebatte für letztere, dass die Sorge um den Jugendschutz zur Haltung der Fraktionsmehrheit geführt habe. Ebenfalls auf den Jugendschutz ging Verena Herzog (svp, TG) als Kommissionssprecherin ein. Statt Experimente sollten mit den Geldern besser eine wirksame Drogenprävention für eine gesunde Jugend finanziert werden. Benjamin Roduit (cvp, VS) bat seine Ratskolleginnen und -kollegen zudem, nicht auf das Geschäft einzutreten, da es sich dabei um einen ersten Schritt zur Liberalisierung handle. Anders sah dies Regine Sauter (fdp, ZH). Ihrer Meinung nach versage das aktuell geltende Gesetz, wenn es darum gehe, den Cannabiskonsum zu verhindern. Der Zugang zur Droge sei zu einfach und es herrsche ein florierender Schwarzmarkt, fand auch Léonore Porchet (gp, VD). So sei es in einigen Schweizer Städten am Sonntagmorgen einfacher, Cannabis als Brot zu erhalten. Yvonne Feri (sp, AG) hob hervor, dass die Projekte lediglich darauf abzielten, die Auswirkungen der kontrollierten Abgabe der Droge auf den Konsum, die Gesundheit und das Suchtverhalten zu eruieren. Es werde dadurch niemand zum Cannabiskonsum verleitet. In ähnlicher Manier argumentierte Gesundheitsminister Berset. Man stecke in einer Sackgasse, denn die gegenwärtige Repressionspolitik sei nicht effektiv. In der Schweiz sei fast ein Drittel der Bevölkerung bereits einmal mit Cannabis in Kontakt gekommen und mehr als 200'000 Personen konsumierten die Droge regelmässig, wobei kein Rückgang dieser Zahlen ersichtlich sei. Vor dem Hintergrund dieser Tatsache sei es daher essentiell, auf systematische und wissenschaftliche Art festzustellen, ob andere Wege einen besseren Ansatz und wirksamere Ergebnisse ermöglichen würden.

Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (BRG 19.021)
Dossier: Voraussetzungen für die Durchführung von Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe für Genusszwecke schaffen

Mittels parlamentarischer Initiative forderte Michaël Buffat (svp, VD) im September 2019 eine einjährige Mindestfreiheitsstrafe für Personen, die mit schweren Drogen wie Kokain oder Heroin an öffentlich zugänglichen Orten Handel betreiben. Mitte November desselben Jahres befasste sich die RK-NR mit dem Geschäft. Während die Mehrheit (16 zu 8 Stimmen) der Ansicht war, dass Mindeststrafen keinen Beitrag zur Verringerung von Strassenkriminalität leisteten, und sich gegen Folgegeben aussprachen, befürwortete eine Minderheit aus SVP-Vertreterinnen und -Vertretern rund um Andrea Geissbühler (svp, BE) die parlamentarische Initiative.

Nulltoleranz für Dealerinnen und Dealer (Pa.Iv. 19.480)

Im November 2019 beantragte die SGK-NR eine zweijährige Verlängerung der Behandlungsfrist für die Umsetzung der parlamentarischen Initiative Humbel (cvp, AG) für Wettbewerbspreise bei Medizinalprodukten der Mittel- und Gegenständeliste. Die Kommission habe bisher in sechs Sitzungen einen Vorentwurf und einen erläuternden Bericht ausgearbeitet, mit denen die Preise der MiGeL zukünftig in Verträgen zwischen Krankenversicherungen und Leistungserbringenden ausgehandelt werden sollten. Im August 2019 habe die Kommission dem Vorentwurf mit 13 zu 5 Stimmen zugestimmt und ihn in die Vernehmlassung gegeben, die noch bis Dezember 2019 dauere. Um den Gesetzesentwurf finalisieren zu können, brauche man folglich noch Zeit, erklärte die Kommission ihren Antrag.

Wettbewerbspreise bei Medizinalprodukten der Mittel- und Gegenständeliste

Im Juli 2019 gab ein Entscheid des Bundesgerichts über den Besitz von Cannabis bei Jugendlichen zu reden. Es sprach einen 16-Jährigen aus Winterthur, der mit 1.4 Gramm Marihuana erwischt worden war, frei und hob damit einen Strafbefehl und einen Verweis der Jugendstrafanwaltschaft auf. Damit machte das Bundesgericht klar, dass von der 2012 vorgenommenen Änderung des BetmG, die es Erwachsenen erlaubt, 10 Gramm Cannabis straffrei auf sich zu tragen, und sie beim Konsumieren nur noch mit einer Ordnungsbusse statt mit einer Strafuntersuchung zu bestrafen, ersterer Teil auch für Teenager gelten soll. Dies obwohl der Bundesrat in der Medienmitteilung zum Inkrafttreten der Revision Folgendes geschrieben hatte: «Für Jugendliche, die Cannabis konsumieren, gilt diese Gesetzesrevision nicht. Sie werden weiterhin in einem ordentlichen Verfahren nach der Jugendstrafprozessordnung beurteilt.» Der Konsum der Droge durch Minderjährige wird allerdings immer noch strafrechtlich verfolgt.
Nicht zufrieden mit dem Urteil zeigten sich Andrea Geissbühler (svp, BE) und Thomas de Courten (svp, BL). Das Gericht habe sich über den Willen des Parlaments hinweggesetzt, welches lediglich eine Lockerung für Volljährige beabsichtigte, so Geissbühler. Weiter warf sie dem Bundesgericht Naivität vor. De Courten liess verlauten, dass niemand im Besitz von Cannabis sei, «um es sich unter das Kopfkissen zu legen». Der SVP-Politiker und seine Parteikollegin beabsichtigen beide, politische Vorstösse zu lancieren, um das Gesetz zu verbessern. Da der Bundesrat einen Experimentierartikel zur Cannabisabgabe einführen wollte, war das BetmG zum Zeitpunkt des Urteils ohnehin in Revision. Die Oberjugendanwaltschaft Zürich, deren Urteil an das Bundesgericht weitergezogen worden war, bedauerte den Entscheid des Bundesgerichts, da man sich aus Sicht des Jugendschutzes einen anderen Ausgang erhofft habe.

Cannabiskonsum von Jugendlichen

Zwischen Anfang Mai und Mitte November 2019 setzte sich die SGK-NR mit dem Bundesratsgeschäft zu den Pilotversuchen mit Cannabis auseinander.
Im Frühjahr trat die Kommission mit 12 zu 9 Stimmen auf die Vorlage ein. Sie war der Ansicht, dass der regelmässige illegale Cannabiskonsum von ungefähr 200'000 Personen ein gesundheitspolitisches Problem darstelle. Eine Mehrheit der Kommissionsmitglieder wollte das Betreten neuer Pfade bezüglich Cannabispolitik prüfen. Sie vertrat die Meinung, dass die durch die kontrollierte Cannabisabgabe erzeugten allfälligen Veränderungen in den Bereichen Gesundheit, Konsum und Suchtverhalten der Konsumierenden mittels Studien ersichtlich würden. So sei der Fokus auf die Schadensminderung und den Schutz der Gesundheit gerichtet. Eine Minderheit hingegen äusserte den Vorwurf, dass die Studien nicht das Wegkommen von den Drogen beabsichtigten, sondern vielmehr einen «ersten Schritt zu einer Liberalisierung» darstellten.
Im Juli setzte die SGK-NR ihre Beratung fort. In grossen Teilen folgte sie der Meinung des Bundesrates: An den Studien teilnehmen dürfen lediglich über 18-jährige Cannabiskonsumierende, die «eng begleitet werden» und deren Gesundheitszustand überwacht wird. Im Gegensatz zur Landesregierung wollte die Mehrheit der Kommission, dass die Arbeitgebenden oder die Schule der Teilnehmerinnen und Teilnehmer über deren Partizipation informiert werden. Eine Minderheit sprach sich gegen diesen Punkt aus, da sie davon ausging, dass sich dadurch weniger Personen bereit erklärten, an den Studien mitzumachen, was wiederum die Aussagekraft der Resultate in Mitleidenschaft ziehen würde. Andere Minderheiten stellten Forderungen wie die Erhöhung der Hürden, um die Studien zu bewilligen, oder das Abgeben des Führerscheins. Da für die SGK-NR der Jugendschutz im Zentrum stand, beauftragte sie diesbezüglich die Ausarbeitung eines Berichts.
Im November wurde der ausgearbeitete Bericht zu Kenntnis genommen. Im Rahmen der Gesamtabstimmung sprachen sich 11 Kommissionsmitglieder für die Vorlage aus, 11 dagegen und zwei Mitglieder enthielten sich ihrer Stimme. Der Stichentscheid des Kommissionspräsidenten Thomas de Courten (svp BL) führte schliesslich dazu, dass das Geschäft abgelehnt wurde.

Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (BRG 19.021)
Dossier: Voraussetzungen für die Durchführung von Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe für Genusszwecke schaffen

Ende Februar 2019 legte der Bundesrat die Botschaft zur Änderung des BetmG und der damit verbundenen Ausführungsverordnung vor. Damit entsprach er Forderungen von fünf gleichlautenden Motionen zur Schaffung gesetzlicher Grundlagen, welche die Durchführung von Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe ermöglichen soll. Die Motionen waren jeweils in den erstberatenden Räten auf Zustimmung gestossen (Nationalrat: Mo. 17.4111; Mo. 17.4112; Mo. 17.4113; Mo.17.4114. Ständerat: Mo. 17.4210). Verschiedene Städte und Kantone hatten in der Vergangenheit Interesse an entsprechenden Projekten bekundet, um Erkenntnisse zu alternativen Regulierungsmodellen zu generieren, da die momentane Situation mit florierendem Schwarzmarkt, fehlender Qualitätskontrolle und hohen Repressionskosten unbefriedigend sei. Aufgrund der bisher gültigen Rechtsgrundlage war die Realisierung solcher Studien bisher jedoch nicht möglich gewesen.

Der bundesrätliche Entwurf sah für die einzelnen Pilotversuche eine örtliche Begrenzung auf eine oder mehrere Gemeinden und eine zeitliche Begrenzung auf maximal fünf Jahre (mit Verlängerungsmöglichkeit um zwei Jahre) pro Studie vor. Weiter soll die Zahl der an einer entsprechenden Studie teilnehmenden Personen nicht mehr als 5'000 betragen. Zur Gewährleistung des Jugendschutzes müssten die Partizipantinnen und Partizipanten volljährig sein, bereits vor Studienbeginn Cannabis konsumiert haben und in einer Gemeinde wohnen, die an einem entsprechenden Pilotversuch teilnimmt. Der Gesamt-THC-Gehalt soll auf 20 Prozent beschränkt werden. Ebenso sollen die Bezugsmenge einer Begrenzung unterliegen, das Produkt zum Eigenverbrauch verwendet werden und die Weitergabe des Cannabis an Drittpersonen verboten sein. Während der Bezug der Droge nicht unentgeltlich erfolgen soll, soll diese aber von der Tabaksteuer befreit werden. Abgegeben werden soll das Produkt an speziell im Rahmen der Studien festzulegenden Verkaufsstellen wie Apotheken oder Cannabis Social Clubs. Der Konsum im öffentlich zugänglichen Raum soll nicht zulässig sein und der Gesundheitszustand der Studienteilnehmenden müsse überwacht werden. Auch soll verschiedenen Pflichten zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nachgekommen werden. Als Bewilligungsbehörde würde das BAG für die Kontrolle der Einhaltung rechtlicher Vorgaben verantwortlich sein. Ferner wollte der Entwurf des Bundesrates die Gültigkeit des Experimentierartikels auf zehn Jahre einschränken. Danach sollen die durch die unterschiedlichen Versuche gemachten Befunde im Hinblick auf die Weiterführung einer evidenzbasierten Diskussion über die Cannabispolitik zusammengeführt werden. Das allgemeine Cannabisverbot gelte aber weiterhin in der ganzen Schweiz. Nicht Bestandteil des Entwurfes sei zudem die Diskussion um den medizinischen Cannabis.

Anlässlich der Vernehmlassung, die vom 4. Juli 2018 bis zum 25. Oktober 2018 dauerte, gingen 126 Stellungnahmen ein. Im Grossen und Ganzen waren die Vernehmlassungsteilnehmenden positiv gegenüber der Änderung des BetmG und der Ausführungsverordnung eingestellt. Bei den Kantonen hatten Aargau, Appenzell Ausserrhoden und Solothurn keine Vorbehalte, Bern, Glarus, Nidwalden und Schwyz sprachen sich jedoch grundsätzlich gegen die Vorlage aus. 18 weitere Kantone stimmten ihr mit Vorbehalten und Änderungswünschen zu, währenddem der Kanton Freiburg eine grundsätzliche Überarbeitung verlangte. Die Piratenpartei war die einzige Partei, die den Entwurf ohne Weiteres begrüsste. BDP, FDP, GPS, SP und up! zeigten sich unter Vorbehalten damit einverstanden, die SVP, CVP, EVP und EDU waren hingegen dagegen. Zehn Gemeinden (Bern, Zürich, Luzern, Lausanne, Winterthur, Biel, Ostermundigen, St. Gallen, Thun, Werdenberg) hiessen die Vorlage generell gut; es wurden jedoch noch einzelne Vorbehalte und Änderungswünsche angebracht. Von den Vertreterinnen und Vertretern aus dem Bereich Gesundheit/Sucht und Wissenschaft sagten 31 mit Vorbehalten und vier (Vereinigung Cerebral Schweiz, RADIX, Infodrog, SNF) ausdrücklich Ja zum Entwurf, drei (JoD, EgD, DAD) lehnten ihn ab. Es war in erster Linie die Verordnung, auf die in den Stellungnahmen eingegangen wurde. Dabei waren hauptsächlich die Besteuerung der Cannabisprodukte, die Teilnahmebedingungen an den wissenschaftlichen Studien und Fragen zum Vollzug im öffentlichen Raum ein Thema.

Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (BRG 19.021)
Dossier: Voraussetzungen für die Durchführung von Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe für Genusszwecke schaffen

Mittels Motion forderte die SGK-NR den Bundesrat im Mai 2018 auf, eine Gesetzesanpassung vorzunehmen, so dass Chronischkranken Medizinalcannabis ärztlich verordnet werden kann. Dies sei wünschenswert, weil Cannabis auf verschiedenste Weise positive Wirkungen entfalte und Schmerzen lindern sowie die Lebensqualität der Betroffenen verbessern könne. Anders als in diversen Nachbarländern sei der Zugang zu medizinischem Cannabis in der Schweiz mit langen Wartezeiten, bürokratischen Hindernissen und hohen Kosten verbunden. Als Patient benötige man eine Ausnahmebewilligung des BAG, um mit Cannabis behandelt werden zu dürfen. Zudem müsse der verantwortliche Arzt oder die verantwortliche Ärztin darlegen, dass andere Therapieansätze zu keinem positiven Ergebnis geführt hätten. Teuer sei das ganze Unterfangen deshalb, weil sich die Krankenkassen nur in gut der Hälfte aller Fälle dazu bereit erklärten, die Kosten zu übernehmen. Die Kommission erklärte in ihrem eingereichten Text weiter, dass Cannabis als «probates Mittel» diene, um Nebenerscheinungen bei Krankheitsbildern wie Multiple Sklerose, Aids und Krebsleiden entgegenzuwirken. Daher bezögen gemäss nationalen Erhebungen 100'000 Patientinnen und Patienten auf illegale Weise Cannabis und würden somit Gefahr laufen, «kriminalisiert und bestraft zu werden». Da bereits in verschiedenen Ländern Arzneimittel aus Cannabisblüten, welche einen standardisierten und kontrollierten Wirkstoffgehalt aufwiesen, zugelassen seien, diese nach internationalen Richtlinien hergestellt würden und folglich schon Erfahrungswerte vorliegen würden, sollte man nicht noch Jahre mit einem Pilotprojekt – wie es in der Motion Kessler (glp, SG; Mo. 14.4164) gefordert wurde – verlieren. Die straffreie Nutzung von Cannabis zu medizinischen Zwecken, verordnet durch einen Arzt oder eine Ärztin, solle so rasch als möglich erlaubt werden. Nachdem der Bundesrat bereits im Vorfeld die Annahme der Motion beantragt hatte, nahm die grosse Kammer den Vorstoss während der Herbstsession 2018 diskussionslos und stillschweigend an.

Ärztliche Abgabe von Cannabis als Medikament an Chronischkranke. Tiefere Gesundheitskosten und weniger Bürokratie

Wie bereits der Nationalrat nahm im September 2018 auch der Ständerat die Motion Tornare (sp, GE) zum Einzelverkauf von Medikamenten entsprechend der einstimmigen Empfehlung seiner SGK an. Dabei wurde wie zuvor in der Debatte der grossen Kammer mit den guten Erfahrungen einer Studie aus Frankreich, der Reduktion weggeworfener oder nichtkonsumierter Medikamente sowie der Risikoverminderung von Selbstmedikation und Resistenzbildung argumentiert. Der vom Bundesrat vorgeschlagene Pilotversuch, welcher in einem Kanton stattfinden soll, sei angesichts der geltenden Rechtslage problemlos durchführbar, so Joachim Eder (fdp, ZG) für die Kommission. Über konkrete Punkte bezüglich des Pilotversuchs befinde man sich allerdings noch im Dunkeln. Dies veranlasste Didier Berberat (sp, NE) zur Frage, ob der Bundesrat mit den Kantonen bereits in Kontakt stehe und ob es schon einen potentiellen Versuchskanton gebe. Alain Berset, der die Motion im Namen des Gesamtbundesrates unterstützte, erwiderte, es hätten sich zurzeit noch keine Kantone gemeldet, er vermute allerdings, dass eventuell der Kanton Neuenburg, der Kanton Zug oder aber auch andere Kantone am Pilotprojekt interessiert seien. Es gehe nun darum, möglichst schnell herauszufinden, wo dieses durchgeführt werden könne, bevor man die Motion Tornare im grossen Stil umsetze. Stillschweigend sprach sich der Ständerat daraufhin für die Motion aus.

Einzelverkauf von Medikamenten. Wagen wir den Versuch!

Mittels Motion wollte Christa Markwalder (fdp, BE) den Bundesrat beauftragen zu prüfen, inwiefern Bewilligungen von Exportgesuchen für medizinisch genutztes Cannabis oder für Cannabiszubereitungen innerhalb der geltenden Gesetzgebung erteilt werden können. Im Falle einer Bewilligungsunfähigkeit sollte dem Parlament eine Anpassung des Betäubungsmittelgesetzes unterbreitet werden, die den Anbau von medizinischem Cannabis sowie dessen Export und Zubereitung ermöglicht. Markwalder begründete ihren Vorstoss damit, dass das BAG kürzlich solche Bewilligungen aufgrund der fehlenden gesetzlichen Grundlage verweigert habe. Da in der Schweiz seit der Revision des Betäubungsmittelgesetzes die «beschränkte medizinische Anwendung» gesetzlich erlaubt sei, die Patientenzahl, welche erfolgreich mit Cannabiszubereitungen behandelt werde, stetig zunehme und der weltweite Markt für cannabisbasierte Arznei- und Nahrungsergänzungsmittel ein Potential von «fünfzig bis mehrere hundert Milliarden US-Dollar» aufweise, solle die Schweiz diese Gelegenheit nutzen. Bisher hätten mit Kanada, Uruguay und den Niederlanden nur drei Länder den Export von medizinischem Cannabis legalisiert, mit Australien, Israel und Jamaika befänden sich allerdings bereits weitere Länder in den Startlöchern. Der Weltmarkt entwickle sich rasch und die Schweizer Produzenten wiesen mit ihrem Know-how gute Voraussetzungen auf, um einen Teil davon zu bedienen. Zudem böte dies auch für die Schweizer Landwirte die Gelegenheit für einen Zusatzverdienst von ungefähr CHF 10'000 je Are, so die Motionärin.
In seiner Stellungnahme sprach sich der Bundesrat für die Annahme der Motion aus. Zwar sei eine Prüfung nicht zielführend, da das geltende Betäubungsmittelrecht den kommerziellen Export von medizinisch genutztem Cannabis nicht erlaube, man sei jedoch bereit, der Bundesversammlung eine Gesetzesanpassung zu unterbreiten. Dabei sollten internationale Verpflichtungen miteinbezogen werden, welche, nebst einer nationalen Kontrollstelle für den Anbau und den Export von medizinischen Cannabisprodukten, strenge Auflagen vorsähen. Der Nationalrat kam dem Antrag des Bundesrates nach und nahm die Motion stillschweigend an.

Anbau und Export von medizinischem Cannabis (Mo. 18.3148)

In der Frühlingssession 2018 hatte der Ständerat die Motion Zanetti (sp, SO) zur Einführung eines Experimentierartikels in das Betäubungsmittelgesetz, welcher die Durchführung von wissenschaftlichen Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe ermöglichen sollte, stillschweigend angenommen. Im Anschluss daran befasste sich die SGK-NR Mitte Mai 2018 mit dem Vorstoss. In ihrem Bericht erklärte sie, sie habe sich dem Anliegen bereits in ihrer Kommissionsinitative (Pa.Iv. 18.402), welche im Januar desselben Jahres beschlossen worden war, gewidmet. Die Mehrheit der Kommission sei weiterhin der Meinung, dass seitens des Bundesrates Massnahmen getroffen werden müssten, weil das vorherrschende Verbot nicht die gewünschte Wirkung erziele. Man verspreche sich von den Studien eine hilfreiche Basis zur Entscheidungsfindung bezüglich der künftigen Cannabisregulierung. Es zeigten sich allerdings nicht alle Kommissionsmitglieder damit einverstanden. So warnte eine Minderheit vor einer Bagatellisierung des Cannabiskonsums und einer «Liberalisierung durch die Hintertüre». Schlussendlich beantragte die SGK-NR äusserst knapp mit 12 zu 11 Stimmen, die Motion anzunehmen.
In der Sommersession 2018 kam das Geschäft in die grosse Kammer. Dort machte sich unter anderem Regine Sauter (fdp, ZH) als Kommissionssprecherin für das Anliegen stark. Sie betonte, dass das bestehende Verbot für Cannabis als Freizeitkonsum ausserhalb des Experimentes nach wie vor gelte. Es bestehe Handlungsbedarf, denn trotz Verbot bestünden Probleme wie der vorhandene Schwarzmarkt oder jugendliche Cannabis-Konsumenten und Konsumentinnen. Auf der Gegenseite äusserte Benjamin Roduit (cvp, VS) hingegen Bedenken gegenüber zahlreichen Studien, die sich gegenseitig widersprächen, und wollte wissen, weshalb Studien wie diejenige der Universität Bern notwendig seien, habe man doch bereits das Postulat Rechtsteiner (sp, SG; Po. 17.4076) angenommen, welches zum Ziel hatte, die Perspektiven der schweizerischen Drogenpolitik auf der Basis der vergangenen zehn Jahre für das kommende Jahrzehnt aufzuzeigen. Angelo Barrile (sp, ZH) nahm sich dieser Frage an und erklärte, dass das Postulat Rechsteiner eine Gesamtschau verlange. Bei der aktuellen Motion gehe es allerdings um die konkrete Einführung eines Artikels als rechtliche Grundlage für die Durchführung entsprechender Experimente, damit der existierende Bedarf an Informationen gedeckt werden könne. Weitere kritische Stimmen gab es aus der Fraktion der SVP. So zweifelte Verena Herzog (svp, TG) am wissenschaftlichen Charakter der Untersuchungen und Mauro Tuena (svp, HZ) hob hervor, dass das Stimmvolk anno 2008 die Aufweichung des Betäubungsmittelgesetzes betreffend Cannabis mit 68 Prozent abgelehnt habe und es daher nicht akzeptabel sei, dass National- und Ständerat diesen Entscheid auf indirekte Weise umgehen würden. Zudem wollte Tuena von Bundesrat Berset wissen, ob er dem Rat versichern könne, dass die Versuche mit Cannabis nicht ausgeweitet würden. Alain Berset erwiderte darauf, dass die Studien einen wissenschaftlichen Zweck und eine wissenschaftliche Qualität haben sowie zeitlich und räumlich beschränkt sein müssten. Es sei allerdings nicht die Aufgabe der Politik zu definieren, was wissenschaftlich gültig sei und was nicht. Vielmehr müsse man sich dafür an den Kriterien, welche für die Wissenschaft auf internationaler Ebene gelten, orientieren. Des Weiteren wiederholte der Bundesrat während der Debatte, dass es nicht um die Entkriminalisierung von Cannabis gehe, sondern darum, Massnahmen zu definieren, wie man am besten mit dem Konsum der Droge umgehe und ihn einschränken könne. Schliesslich hätten in der Schweiz fast ein Drittel der Bevölkerung bereits einmal Cannabis probiert und mehr als 200'000 Bürgerinnen und Bürger würden es regelmässig konsumieren. Obwohl über hundert Nationalrätinnen und Nationalräte im Vorfeld eine von vier Motionen (Mo. 17.4111; Mo. 17.4112; Mo. 17.4113, Mo. 17.4114), die identisch zur Motion Zanetti sind, unterschrieben hatten, wurde der Vorstoss mit 96 zu 93 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) versenkt. Verantwortlich für die Ablehnung war das mehrheitliche Nein der SVP- und CVP-Fraktionen wie auch das Umschwenken einiger Politiker und Politikerinnen.

Experimentierartikel als Grundlage für Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe (Mo. 17.4210)
Dossier: Voraussetzungen für die Durchführung von Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe für Genusszwecke schaffen

Nachdem der Ständerat während der Herbstsession 2017 die Motion zum vereinfachten Parallelimport von Arzneimitteln der Abgabekategorie E sowie Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen angenommen hatte, prüfte die SGK-NR im Frühjahr 2018 das Anliegen. Sie kam zum Schluss, dass eine Inkohärenz zwischen dem Motionstitel und dem Auftragstext an den Bundesrat vorliege. Es würden die Regulierungen des Heilmittelrechts mit denjenigen des Lebensmittelrechts durcheinandergebracht, was zu Unsicherheiten führe. Daher legte die SGK-NR noch einmal die Kriterien dar, die zur Produkteinstufung von Lebensmitteln respektive Arzneimitteln angewandt würden: Für Lebensmittel existiere eine abschliessende Liste mit zulässigen gesundheitsbezogenen Angaben (Health Claims), welche «im Anhang 4 der Verordnung des EDI betreffend die Information über Lebensmittel (LIV) aufgeführt» seien und grösstenteils denjenigen der EU entsprächen. Nicht aufgeführte Health Claims erforderten eine vom verantwortlichen Bundesamt erteilte Bewilligung. Ein Produkt werde hingegen als Arzneimittel bezeichnet, falls es mit einer Heilsanpreisung – unter anderem zur Verhütung, Behandlung oder Heilung von Krankheiten – betitelt werde. Medikamente der Abgabekategorie E würden ein geringes Risikopotential aufweisen und seien ohne Verschreibungspflicht und Fachberatung erhältlich. Dank dem revidierten Heilmittelgesetz könnten sie zudem auch in der Schweiz verkauft werden, wenn eine einfache Meldung an Swissmedic gemacht worden sei. Einstimmig empfahl die Kommission die Vorlage zur Ablehnung. Es wurden dabei zweierlei Stimmen laut. Zum einen wurde darauf hingewiesen, dass mittels der laufenden Revision der Ausführungsverordnungen zum revidierten Heilmittelgesetz auf die Anliegen der WAK-SR eingegangen werden könne. Zum anderen unterstrichen gewisse Kommissionsmitglieder den erforderlichen Handlungsbedarf zwar, waren jedoch der Meinung, dass die in der Motion aufgeführten Mittel nicht hinreichend seien. Mit der Ablehnung der Motion halte man sich die Möglichkeit offen, «selbst gesetzgeberisch tätig zu werden», falls die laufenden Anpassungen nicht die gewünschten Ergebnisse erzielen sollten. Als der Nationalrat die Motion in der Frühjahrssession 2018 behandelte, folgte er der Empfehlung seiner Kommission und lehnte den Vorstoss stillschweigend ab.

Abbau von Handelshemmnissen bezüglich in der EU zugelassene Health Claims

Im März 2018 nahm der Ständerat ein von Paul Rechsteiner (sp, SG) eingereichtes Postulat an, mit welchem der Bundesrat beauftragt wurde, bis Ende 2019 einen Bericht über die Perspektiven der schweizerischen Drogenpolitik für das kommende Jahrzehnt auszuarbeiten. Dabei sollten die in den letzten zehn Jahren gesammelten Erfahrungen sowie auch die Entwicklungen auf internationaler Ebene behandelt werden – namentlich in Bezug auf die Droge Cannabis. Der in den Neunziger Jahren entwickelte Vier-Säulen-Ansatz (Prävention, Therapie, Schadensminderung, Repression), welcher in der Vergangenheit in der Drogenpolitik erfolgreich zur Anwendung gekommen war, entspreche nicht mehr der gegenwärtigen Situation. Betroffen davon sei vor allem das Cannabis, zu welchem in vielen Ländern neue Regulierungen beschlossen wurden. Gemäss dem Postulanten sei es auch in der Schweiz an der Zeit, eine Standortbestimmung vorzunehmen.
Vor dem Hintergrund der Entwicklung, welche die Drogenpolitik auf verschiedenen Ebenen durchgemacht hatte, und der nationalrätlichen Motionsserie zum Experimentierartikel als Grundlage für Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe sah auch der Bundesrat Handlungsbedarf und beantragte die Annahme des Postulates. Anhand des Berichtes zu „10 Jahre Betäubungsmittelgesetz-Revision" und des Updates zum Cannabisbericht 2008, welche die EKSF im Herbst 2018 respektive Frühling 2019 herausgeben werde, wolle er in Erfüllung des Postulates Rechsteiner einen bundesrätlichen Bericht erstellen.
Der Ständerat folgte der Empfehlung des Bundesrates und nahm das Postulat stillschweigend an.

Perspektiven der schweizerischen Drogenpolitik (Po. 17.4076)

Nachdem der Nationalrat im Juni 2018 eine Motion Zanetti (sp, SO; Mo. 17.4210) bezüglich eines Experimentierartikels als Grundlage für Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe abgelehnt hatte, wurde in der darauffolgenden Herbstsession eine identische Motionsserie (Regine Sauter (fdp, ZH), Mo. 17.4111; Angelo Barrile (sp, ZH), Mo. 17.4112; Regula Rytz (gp, BE), Mo. 17.4113; Kathrin Bertschy (glp, BE), Mo. 17.4114) behandelt. Regine Sauter erklärte im Namen der Motionärinnen und des Motionärs, dass die aktuelle Cannabisregulierung nicht zufriedenstellend sei. Es existiere zwar ein Konsum- und Handelsverbot, dieses greife jedoch nicht. So gebe es einen Schwarzmarkt mit den damit verbundenen negativen Konsequenzen. Dies zeige sich besonders in den Städten. Um die Cannabisregulierung weiterzuentwickeln und somit Lösungen zu schaffen, wie mit der Problematik umgegangen werden soll, bedürfe es wissenschaftlich abgestützter Entscheidungsgrundlagen aus Studien – wie diejenige der Universität Bern – zu kontrolliertem Zugang zu Cannabis. Damit diese allerdings überhaupt bewilligt und durchgeführt werden können, müsse mit einem Experimentiertartikel eine entsprechende Gesetzesgrundlage geschaffen werden. Verena Herzog (svp, TG) zeigte sich mit ihrer Ratskollegin einverstanden darüber, dass vieles nicht gut laufe. Im Unterschied zu Sauter machte sie aber die Politikerinnen und Politiker verantwortlich, die Cannabis verharmlosten und eine wirkungsvolle Prävention verunmöglichten. Bezüglich der Studien gab sie zu Bedenken, dass es sich um ein Manipulationsinstrument auf wissenschaftlicher Seite handle, da die Versuche abgebrochen würden, sobald der Gesundheitszustand und die Behandlung der Teilnehmenden nicht mehr sichergestellt werden könnten, was so viel bedeute, wie dass interveniert werde, wenn die Studienergebnisse beeinträchtigt würden. Weitere Kritik wurde etwa an der Abgabe eines hohen Cannabisgehalts sowie an der Ausgabe von Steuergeldern in Millionenhöhe geäussert. Gesundheitsminister Berset hob hingegen die Wichtigkeit der wissenschaftlichen Studien hervor. Die aktuelle Verbotspolitik habe sich nicht bewährt, rund ein Drittel der Schweizer Bevölkerung habe bereits einmal Cannabis probiert und mehr als 200'000 Personen konsumierten es regelmässig. Dabei sei über die Zeit kein Rückgang zu verzeichnen. Es bestehe folglich Handlungsbedarf. Da jedoch niemand genau wisse, was zu tun sei, müsse kontrolliert getestet werden, welcher Rechtsrahmen die besten Ergebnisse liefere. Es gehe allerdings nicht darum, Cannabis legalisieren zu wollen. In anderen Bereichen wie zum Beispiel im Asylbereich oder bei den Sozialversicherungen hätten zudem ähnliche Tests zu entscheidenden Änderungen in der Gesetzgebung geführt. Das Abstimmungsergebnis im Nationalrat viel relativ knapp aus. Mit 98 zu 92 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) wurden die Motionen angenommen.

Experimentierartikel als Grundlage für Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe (Mo. 17.4111; Mo. 17.4112; Mo. 17.4113; Mo. 17.4114)
Dossier: Voraussetzungen für die Durchführung von Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe für Genusszwecke schaffen

Ende November 2017 wurde Sven Trelle von der Universität Bern die Bewilligung für eine wissenschaftliche Studie zum legalen Cannabisverkauf und -konsum in der Stadt Bern verweigert. Das Bundesamt für Gesundheit BAG begründete diesen Entscheid mit der fehlenden Gesetzesgrundlage zum Absatz von nicht-medizinischem Cannabis. Projektleiter Trelle wollte die Auswirkungen des legalen Verkaufs der Droge auf das Verhalten, die Gesundheit und auf soziale wie auch wirtschaftliche Gesichtspunkte untersuchen. Dabei sollten 1'000 Personen, die bereits zuvor gekifft hatten, Cannabis als Genussmittel in Apotheken erwerben können. Trelle gab sich gegenüber dem Tagesanzeiger enttäuscht, da die Studie – an welcher neben Bern noch andere Städte interessiert waren – «ein wichtiger Baustein gewesen» wäre, «um die Politik mit zuverlässigen Daten zu unterstützen». Dass er mit dieser Meinung nicht allein dastand, zeigten die Reaktionen im Parlament. Neben der von der SGK-NR lancierten parlamentarischen Initiative (Pa.Iv. 18.402) wurden fünf identische Motionen (Mo. 17.4111; Mo. 17.4112; Mo. 17.4113, Mo. 17.4114; Mo. 17.4210) zum Thema in den beiden Kammern eingereicht. So forderte Roberto Zanetti (sp, SO) mit seinem im Ständerat eingereichten Vorstoss (Mo. 17.4210) den Bundesrat auf zu überprüfen, ob mit der gegenwärtigen Rechtsgrundlage innovative Regulierungsansätze zum gesellschaftlichen Umgang mit Cannabis erprobt werden können. Falls die rechtlichen Rahmenbedingungen dazu fehlten, sollte eine entsprechende Änderung des Betäubungsmittelgesetzes in Form eines Experimentierartikels ausgearbeitet werden. Es existiere ein Bedürfnis nach wissenschaftlich gestützten Entscheidungsgrundlagen für die künftige Handhabung der Cannabis-Regulierung, argumentierte der Motionär. Während der Behandlung des Geschäfts im Ständerat betonte Zanetti überdies ausdrücklich, dass es dabei nicht um die Legalisierung von Cannabis gehe. Alain Berset erwiderte daraufhin, dass die Situation aus rechtlicher Sicht klar sei, da das Betäubungsmittelgesetz die Abgabe von nicht-medizinischem Cannabis, auch wenn es sich um eine wissenschaftliche Studie handelt, untersage. Allerdings empfinde auch der Bundesrat die Durchführung solcher Studien als «notwendig, interessant und nützlich». Daher sei er bereit, die notwendigen rechtlichen Grundlagen dafür zu entwickeln. Von diesen Worten liess sich die kleine Kammer diskussionslos überzeugen und nahm die Motion stillschweigend an.

Experimentierartikel als Grundlage für Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe (Mo. 17.4210)
Dossier: Voraussetzungen für die Durchführung von Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe für Genusszwecke schaffen

Aufgrund der fehlenden gesetzlichen Grundlage verweigerte das BAG der Universität Bern im November 2017 die Bewilligung für eine wissenschaftliche Studie zum legalen Cannabisverkauf und -konsum in der Stadt Bern. Da zahlreiche Bundesparlamentarierinnen und -parlamentarier jedoch der Ansicht waren, dass «ein offenkundiges Bedürfnis nach wissenschaftlich abgestützten Entscheidungsgrundlagen für die Weiterentwicklung der Cannabisregulierung» vorhanden sei, reichte die SGK-NR im Januar 2018 als Reaktion auf den Entscheid des BAG zusätzlich zu verschiedenen Motionen (Mo. 17.4111; Mo. 17.4112; Mo. 17.4113, Mo. 17.4114; Mo. 17.4210) auch eine parlamentarische Initiative ein. Darin forderte sie eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (BetmG), welche die Durchführung wissenschaftlicher Studien zu Cannabis erlauben sollte. Rund zwei Monate später stimmte die SGK-SR dem Vorstoss ihrer Schwesterkommission mit 12 zu 0 Stimmen (bei 1 Enthaltung) zu.

Experimentierartikel als Grundlage für Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe (Pa.Iv. 18.402)
Dossier: Voraussetzungen für die Durchführung von Studien zur regulierten Cannabis-Abgabe für Genusszwecke schaffen

Nachdem sein ähnlich formuliertes Postulat aus dem Jahr 2013 nach zweijähriger Nichtbehandlung abgeschrieben wurde, brachte Manuel Tornare (sp, GE) sein Anliegen in einer Motion abermals auf die Agenda. Der Motionär wollte eine gewichtige Änderung in den Schweizer Arzneimittelmarkt einführen, den Einzelverkauf von Medikamenten. „Wagen wir den Versuch!“ So kämpferisch sein Vorstoss daher kam, so erfolgreich meisterte er die erste Hürde: Der Nationalrat nahm die Motion Mitte Dezember 2017 ohne Debatte an.
Tornare führte seine Motion auf das Problem der Medikamentenverschwendung zurück. Das BAFU geht davon aus, dass rund 30 Prozent aller gekauften Medikamente nicht verbraucht werden. Für den Motionär lagen die Vorteile eines Einzelverkaufs auf der Hand: Zunächst werde dadurch die Menge an nicht konsumierten Arzneimitteln verringert, zudem könne damit aber auch das Risiko nicht sachgemässer Selbstmedikation mit übrig gebliebenen Tabletten minimiert werden. Zur Umsetzung seiner Vision dränge sich eine Testphase mit freiwillig mitmachenden Apotheken auf.
Die Regierung zeigte sich offen für diesen Versuch und stellte in Aussicht, eine Pilotstudie ausarbeiten zu lassen. Ähnliche Erfahrungen aus Frankreich zeigten vielversprechende Resultate, was dem Bundesrat – wie auch vom Motionär bereits in die Überlegungen miteinbezogen wurde – vor allem hinsichtlich zunehmender Antibiotikaresistenzen auch für die Schweiz gewinnbringend erschien. Obwohl die Auseinzelung von Medikamenten in der Schweiz nicht verboten ist und in der Verantwortung der Kantone liegt, werde davon ausgegangen, dass dies erst selten zur Anwendung komme. 29 weitere Nationalrätinnen und Nationalräte aus allen Fraktionen hatten die Motion mitunterzeichnet.

Einzelverkauf von Medikamenten. Wagen wir den Versuch!

In seinem Mitte November veröffentlichten Bericht zum Postulat Ettlin (cvp, OW) hielt sich der Bundesrat kurz. Ein schnellerer Zugang für Patienten zu Arzneimitteln mit neuen Indikationen sei sehr im Interesse der Regierung und dem Heilmittelinstitut und bereits werde viel in dieses Ziel investiert. Auf das Hauptziel des Postulats werde bereits bestmöglich hingearbeitet. Es habe sich aber auch nach erneuter Prüfung der Gegebenheiten gezeigt, dass von einer prioritären Umsetzung – sprich vor der Inkraftsetzung des revidierten Heilmittelrechts – abzusehen sei. Abschliessend wurde darauf hingewiesen, dass die Verbände der Pharmabranche und das Heilmittelinstitut seit geraumer Zeit jährlich gemeinsame sogenannte „Benchmarking-Studien” erarbeiteten. Die Erkenntnisse dieser Studien würden im Dialog analysiert, wobei gegebenenfalls auch Massnahmen beschlossen würden. Das führe auch dazu, dass Swissmedic im vergangenen Herbst aufgezeigt und kommuniziert habe, welche Verbesserungen in der Bearbeitung von Zulassungen erzielt werden könnten – eben gerade auch Massnahmen zur Verkürzung der Fristen. Das zeige gemäss bundesrätlichem Bericht, dass die Zulassungsbehörde bereits gewillt sei, die Verfahren zu beschleunigen.

Schnellerer Zugang für Patienten zu Arzneimitteln mit neuen Indikationen

Eineinhalb Jahre nach ihrer Einreichung gelang der parlamentarischen Initiative Humbel (cvp, AG) der entscheidende Schritt, nämlich die Zustimmung auch in der zweiten Gesundheitskommission. Die Kommission des Erstrates hatte bereits im Frühjahr 2017 den Vorstoss zum Moduswechsel bei der Aushandlung der Medikamentenpreise gutgeheissen. So sollten neu die Wettbewerbspreise bei Medizinalprodukten der Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL) direkt zwischen den Herstellern oder Lieferanten und den Krankenkassen beziehungsweise deren Verbänden ausgehandelt werden. Sekundiert wurde Humbel von 16 weiteren mitunterzeichnenden Parlamentarierinnen und Parlamentariern aller Parteien. Bis anhin wurden die Höchstvergütungsbeträge vom EDI bestimmt, wobei sie jedoch teilweise als überhöht kritisiert wurden. Nachdem Humbel bereits zwölf Jahre zuvor eine ähnliche Motion eingereicht hatte, die zwar von beiden Räten angenommen worden war, in der Folge jedoch keine Wirkung entfaltet hatte, gelangte das Anliegen nun mit mehr Nachdruck erneut auf die Agenda. Die Initiantin ortete in den Höchstpreisen faktische Fixpreise, weil es für die Anbieter kaum Anreize gebe, diese zu unterbieten. Letztlich zementiere dies das zu hohe Kostenniveau. Die mit der Initiative herbeigeführte freie Preisaushandlung zwischen den Leistungserbringern und den Versicherern solle ein effizienteres Gegenmodell zum gegenwärtigen System der Höchstpreisvergütung schaffen. Die SGK des Nationalrates hatte der Initiative mit 13 zu 5 Stimmen (eine Enthaltung) Folge gegeben, die Kommission des Ständerates folgte dem Votum mit 9 zu 1 Stimmen (3 Enthaltungen). Letztere versprach sich mit der Neuerung eine – zumindest leichte – Hemmung des Kostenanstiegs im Bereich der Arzneimittelpreise.

Wettbewerbspreise bei Medizinalprodukten der Mittel- und Gegenständeliste

Mittels Motion wollte die ständerätliche Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-SR) den Bundesrat beauftragen, eine Gesetzesänderung für den Parallelimport von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen sowie von Arzneimitteln der Abgabekategorie E vorzunehmen. Diese betrifft Pharmazeutika, welche ohne Fachberatung abgegeben werden dürfen. Durch die Abschaffung von Vorgaben bezüglich des Umetikettierens der Medikamente – darunter fallen auch die Deklaration der Zulassungsnummer und der Abgabekategorie auf der Packung – soll das Einführen der Arzneimittel der Kategorie E erleichtert werden. Eine Alternativoption bestünde darin, gänzlich von der Zulassungspflicht abzusehen. In seiner Stellungnahme erklärte der Bundesrat, dass das Zulassungsverfahren im Zusammenhang mit der im Vorjahr verabschiedeten Revision des Heilmittelgesetzes bereits vereinfacht worden sei. Zudem sei eine Neugestaltung der Abgabekategorien geplant. Da die Aufhebung der Zulassungspflicht für Arzneimittel der Abgabekategorie E jedoch eine Gesetzesrevision mit sich ziehen und folglich dem europäischen Recht nicht mehr entsprechen würde, empfahl er, diese Motion abzulehnen. Im Namen seiner Ratskollegen erklärte sich Alain Berset in der Ständeratsdebatte allerdings dazu bereit, andere Mittel zu überprüfen, die einer Vereinfachung des Parallelimports von Medikamenten der ebengenannten Kategorie dienen könnten. Dabei gelte es zu beachten, dass die denkbaren Massnahmen mit den entsprechenden Vorschriften der Europäischen Union kompatibel seien und sich im Einklang mit den Entwicklungen des revidierten Heilmittelgesetzes befänden. Mit dem Argument, die Aufhebung von Handelshemmnissen würde den überhöhten Importpreisen und der Schweiz als „Hochpreisinsel" entgegenwirken, stimmte der Ständerat im September 2017 entgegen der bundesrätlichen Empfehlung der Motion nach einer kurzen Debatte mit 36 zu 7 Stimmen (bei 0 Enthaltungen) zu.

Abbau von Handelshemmnissen bezüglich in der EU zugelassene Health Claims

Mit einem Postulat forderte Erich Ettlin (cvp, OW) einen schnelleren Zugang für Patienten zu Arzneimitteln mit neuen Indikationen – also mit neuen Einsatzmöglichkeiten – respektive die Prüfung einer Verkürzung der Zulassungsfrist von Medikamenten durch den Bundesrat. Der Postulant nahm damit Erkenntnisse einer gemeinsamen Studie der Industrie und Swissmedic auf, wonach die Zulassungsfristen in der Schweiz viel länger sind als im Ausland. Beziehungsweise, so Ettlin, dauere die Bearbeitung in der Arzneimittelbehörde hier länger. Das sei bedenklich, da dadurch Patientinnen und Patienten in der Schweiz länger auf innovative Therapien warten müssten. Es sei überdies gezeigt worden, dass die Zulassung einer Indikationserweiterung viel rascher bewerkstelligt werden könne als die Prüfung und Zulassung neuer Wirkstoffe. Swissmedic solle dahingehend seine Praxis anpassen. Der Postulant äusserte überdies den Wunsch, dass man dies noch vor der Umsetzung des neuen Heilmittelrechts in Angriff nehme. Der Bundesrat teilte das Anliegen, entgegnete jedoch in seiner Vorstossantwort, dass eine Beschleunigung der Verfahren gegenwärtig nicht möglich sei. Es würden bereits Anstrengungen in diesem Bereich unternommen, teilweise infolge einer Motion Cassis (fdp, TI) und einer Motion Eder (fdp, ZG). Deswegen sollte noch abgewartet und auf die Annahme des Postulats verzichtet werden.
In der Ratsdebatte wurde nur kurz auf das Postulat eingegangen, wobei es Ettlin gelang, seine Kolleginnen und Kollegen zu überzeugen. Er zeigte sich unzufrieden mit den „Vertröstungen” der Regierung und bezeichnete seinen Vorstoss als eigentliches Wiedererwägungsgesuch, er wolle überdies auch eine weitere Verzögerung in der Sache verhindern. Für die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Standorts sei eine Fristverkürzung wesentlich, unter anderem auch weil andere Staaten von der Schweizer Zulassung abhängig seien. Die Chance sei mit seinem Postulat zu packen. Mit 25 zu 17 Stimmen wurde das Postulat gutgeheissen.

Schnellerer Zugang für Patienten zu Arzneimitteln mit neuen Indikationen

Die im Juni im Ständerat angenommene Motion Jositsch (sp, ZH) zu präventiven Drogensuchtests in der Armee fand im Nationalrat keine Mehrheit. Bereits in der SiK-NR wurde das Geschäft einstimmig abgelehnt, so dass kein anderes Verdikt des Ratsplenums zu erwarten war. Hauptsächliches Argument gegen die Motion war, dass die Armee bereits über genügende gesetzliche Grundlagen verfügt, um bei Anzeichen von Drogenmissbrauch im Dienst Untersuchungen anzuordnen. Vermehrte Drogensuchtests ohne konkreten Tatverdacht würden hingegen dazu führen, dass das Vertrauensverhältnis zwischen den Armeeangehörigen und ihren Vorgesetzten gestört werden könnte. Ebenso wurden Bedenken bezüglich der zu erwartenden Kosten geäussert.
In der Ratsdebatte hielt man sich nicht lange mit dieser Vorlage auf. Nach der klaren Ansage aus der Kommission schien dies auch nicht nötig zu sein. Verteidigungsminister Parmelin vertrat zwar auch in der Volkskammer nochmals den bundesrätlichen Antrag auf Annahme der Motion mit der Versicherung, dass die Regierung eine vorsichtige und verhältnismässige Umsetzung dieses Anliegens anstreben werde. Das Ziel sei es, so Parmelin, die Sicherheit im Strassenverkehr oder bei Schiessübungen zu erhöhen. Damit gelang der Umschwung jedoch nicht, nur 6 Stimmen wurden für die Motion abgegeben; 158 Nationalräte waren dagegen und 2 enthielten sich.

Drogensuchtests in der Armee

Der Massnahmenplan zur Nationalen Strategie Sucht wurde, wie angekündigt, im Dezember 2016 publiziert. In der Umsetzung der Strategie soll der Fokus auf drei Bereichen liegen: Früherkennung (Risikoverhalten und Suchterkrankungen rechtzeitig erkennen), Therapie (bedarfsgerechte Beratung und Schadensminderung zwecks bestmöglicher Unterstützung für Betroffene) und Koordination (die verschiedenen Leistungserbringer werden vernetzt, um Schnittstellen verschiedener Behandlungsangebote besser zu nutzen). Ein wichtiges Prinzip in der gesamten Strategie ist auch die Chancengleichheit. So sollten sämtliche Betroffene unabhängig von ihrer sozioökonomischen Stellung, ihrem Geschlecht, ihrem kulturellen Hintergrund oder ihrem Alter gleichbehandelt werden und Zugang zu Informationen und Hilfsangeboten erhalten.
Der Plan umfasste 24 Massnahmen, die mit etwa sechs Dutzend «Aktivitäten» erreicht werden sollten. 2020 wurde eine erste Evaluation der Strategie erwartet. Die Kosten der Umsetzung der Strategie wurden aufgeteilt und sollten dort anfallen, wo einzelne Aktivitäten umgesetzt werden. Kantone, aber auch Gemeinden, haben also Teile der Kosten zu tragen. Es stehen aber Gefässe zur Verfügung, die Gelder abwerfen und zur Finanzierung herangezogen werden können, wie der Alkoholzehntel, der den Kantonen zugute kommt, der Tabakpräventionsfonds oder auch die Spielsuchtabgabe. Das BAG finanzierte CHF 4.5 Mio. aus seinem Globalbudget, diese Auslagen waren jedoch auf Koordinations- und Kommunikationsaktivitäten limitiert. Seitens der EAV floss CHF 1 Mio. für Präventionszwecke an das BAG.

Nationale Strategie Sucht

Anfang Juni wurde im Ständerat eine Motion Jositsch (sp, ZH) mit dem Titel Drogensuchtests in der Armee angenommen und dem Nationalrat überwiesen. Der Motionär wollte damit durchsetzen, dass auch präventive Drogensuchtests durchgeführt werden und diese nicht mehr nur in Verdachtsfällen angeordnet werden können. Drogenkonsum sei in der Armee ebenso ein Thema, wie in der Gesellschaft und wenn Armeeangehörige im Dienst ständen, seien sie Teil der Staatsgewalt, bedienten Waffen und lenkten Fahrzeuge. Bei Drogenmissbrauch könnten Dritte gefährdet werden, weswegen Präventionsmassnahmen nötig seien, so die Einschätzung des Zürcher Standesvertreters. Der dadurch entstehende Eingriff in die persönliche Freiheit eines Armeeangehörigen bedarf einer gesetzlichen Grundlage, weswegen der Weg über eine Motion gewählt worden war.
Der Bundesrat begrüsste den Vorstoss und beantragte ihn zur Annahme, weswegen im Ratsplenum keine Debatte nötig wurde. Zudem gab Verteidigungsminister Parmelin in seiner Stellungnahme im Rat nochmals seiner Offenheit gegenüber dem Vorstoss Ausdruck, so dass das Geschäft diskussionslos angenommen wurde.

Drogensuchtests in der Armee

Das Heilmittelgesetz, das sich seit fast zwei Jahren in der parlamentarischen Behandlung befand, konnte erst mit einer Bereinigung durch die Einigungskonferenz in der Frühjahrssession 2016 zu Ende besprochen werden. Im Vorschlag der Einigungskonferenz waren sowohl Spuren der nationalrätlichen als auch der ständerätlichen Beschlussfassung zu finden, es wurden aber auch neue Formulierungen vorgeschlagen. Offen waren noch die Regelung der Verschreibung von Medikamenten – und damit die Vorgaben an die Rezeptpflicht – sowie die damit einhergehende freie Verwendung der Rezepte durch die Patientinnen und Patienten. Bei den Formerfordernissen folgte die Einigungskonferenz weitgehend den Vorgaben des Nationalrates. Einzig bei der Rezeptausstellung wurde es gemäss dem Wunsch der Ständekammer den Patientinnen und Patienten überlassen, ob das Rezept in elektronischer Form oder auf Papier ausgehändigt werden sollte. Das Rezept sollte aber, wie vom Nationalrat gewünscht, Eigentum der Patientinnen und Patienten sein und dort eingelöst werden können, wo diese es wünschten. Rabatte und geldwerte Vorteile, weitere Punkte, über die man sich bis anhin nicht hatte einig werden können, sollten im Sinne einer Neuorientierung normiert werden. Dabei wollte die Einigungskonferenz verhindern, dass Personen, die Arzneimittel verschreiben, abgeben oder anwenden, «weder für sich noch für Dritte daraus einen persönlichen Vorteil ziehen» könnten, wie es Thomas de Courten (svp, BL) in der folgenden Nationalratsdebatte formulierte. Ferner durfte die Wahl der Behandlung und der Therapie der Patienten durch die Arzneimittelverschreibung nicht beeinflusst werden. Dem Bundesrat wurde es überdies überlassen, ob die grundsätzliche Beschränkung auf Arzneimittel auch auf gewisse Heilmittel ausgeweitet werden sollte. Bezüglich der Preisrabatte strebte die Einigungskonferenz grösstmögliche Transparenz an. So müssen alle beteiligten Akteure diese Preisrabatte in den Geschäftsunterlagen aufführen und auf Anfrage ausweisen. Diese Lösung fasste die Einigungskonferenz mit 18 zu 5 Stimmen. Unbestritten war sie in der Folge auch in National- und Ständerat, nachdem die Kommissionssprecherin und die Kommissionssprecher den Vorschlag der Einigungskonferenz präsentiert hatten. SGK-SR-Sprecherin Maury Pasquier (sp, GE) betonte in ihrer Wortmeldung vor der Gesamtabstimmung, dass die Einigungskonferenz wirklich einen Kompromissvorschlag erarbeitet habe.
Mit 192 zu 2 Stimmen im Nationalrat und 45 zu 0 Stimmen im Ständerat wurde das Geschäft letztlich Mitte März unter Dach und Fach gebracht.

Heilmittelgesetz