Im Ständerat war Eintreten auf die Vorlage unbestritten. Das Plenum verhielt sich während der ganzen finanzpolitischen Debatte diszipliniert und folgte den Anträgen seiner Kommission mit einer einzigen Ausnahme. Bei der Saldobesteuerung korrigierte der Ständerat zwar die Vorgaben des Nationalrates und senkte die Limite für die Pauschalbesteuerung (Saldosteuersatz) auf einen Umsatz von CHF 3 Mio.; bei der Festsetzung der Limite der Steuern bevorzugte er jedoch die für die kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) grosszügigere Lösung und gab dem Antrag Frick (cvp, SZ) mit einem Steuerbetrag von bis CHF 60'000 pro Jahr gegenüber der WAK (CHF 40'000) mit 20 zu 12 Stimmen den Vorzug. Noch etwas grosszügiger als der Erstrat kam der Ständerat den Sport- und gemeinnützigen Vereinen entgegen in der Hoffnung, dass die Volksinitiative «gegen eine unfaire Mehrwertsteuer im Sport und im Sozialbereich» zurückgezogen würde. Er beschloss, ihre Steuerpflicht erst bei einem Umsatz von CHF 150'000 statt schon bei CHF 75'000 beginnen zu lassen und nahm neben den Startgeldern zusätzlich die Vermietung von Sportanlagen von der Steuer aus. Ferner ermöglichte er gegen den Willen des Bundesrates die freiwillige Mehrwertsteuer-Unterstellung von bestimmten Unternehmen in den Bereichen Sport, Kultur, Bildung, Sozial- und Gesundheitswesen, dank welcher der Vorsteuerabzug geltend gemacht werden kann. Um die Ausfälle von CHF 50 Mio. auf CHF 20 Mio. zu begrenzen, erhöhte er allerdings den entsprechenden Steuersatz von den 2,3% des Nationalrates auf 4,6%. Zähneknirschend stellte sich der Rat schliesslich mit 22 zu 8 Stimmen hinter die vom Bundesrat beschlossene Mehrwertsteuerbefreiung des Internationalen Olympischen Komitees (IOK) mit Sitz in Lausanne. Die jährlichen Steuerausfälle für den Bund wurden auf CHF 2 Mio. geschätzt. Der Bundesrat hatte seinen Entscheid mit der überragenden und universellen Bedeutung der Organisation begründet; die beschlossene Steuerbefreiung schaffe allerdings kein Präjudiz für andere sportliche Organisationen. Zudem sei der Entscheid bis zum Inkrafttreten des Mehrwertsteuergesetzes befristet. Insbesondere Onken (sp, TG), der das Vorgehen des Bundesrates als Affront kritisierte, stellte die Steuerbefreiung grundsätzlich in Frage, da die Organisation schon ausreichende Privilegien geniesse. Dass der Bundesrat mit diesem Steuergeschenk offenbar einer möglichen Sitzverlegung des IOK zuvorkommen wollte, empfand er als Erpressung. Delalay (cvp, VS) war erstaunt über die Empörung und warnte vor einer Gefährdung der Kandidatur von Sion für die Olympischen Winterspiele 2006. Bundesrat Villiger zeigte Verständnis für die Verärgerung im Rat und entschuldigte sich für das ungeschickte Vorgehen der Regierung.

Pa.Iv. Dettling Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer