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Jahresrückblick 2019: Sozialversicherungen

Zentrales Thema bei den Sozialversicherungen war 2019 die Altersvorsorge. Mit der STAF, die im Mai 2019 von den Stimmbürgern an der Urne bestätigt wurde, erhält die AHV ab dem Jahr 2020 eine Zusatzfinanzierung in der Höhe von CHF 2 Mrd. pro Jahr, ohne dass es zu Veränderungen der Rentenleistungen kommt. Darüber, dass diese Zusatzfinanzierung nicht ausreichen wird, um die Finanzierungslücke der AHV zu stopfen, waren sich aber die Parlamentarierinnen und Parlamentarier 2019 mehrheitlich einig. Fortsetzung fand 2019 entsprechend auch das Projekt AHV 21, dessen Massnahmen der Bundesrat im Juli 2019 im Anschluss an die 2018 durchgeführte Vernehmlassung in einer Medienmitteilung präzisierte. Vorgesehen sind demnach unter anderem eine schrittweise Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre sowie als Ausgleichsmassnahmen dazu tiefere Kürzungssätze für Frauen bei einem vorzeitigen Rentenbezug sowie eine Erhöhung der AHV-Rente für Frauen mit tiefen bis mittleren Einkommen. Neu sind zudem ein flexiblerer Start des Rentenbezugs, Anreize für eine Weiterführung der Erwerbstätigkeit nach Erreichen des Rentenalters sowie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0.7 Prozentpunkte zur Finanzierung der AHV vorgesehen. Doch nicht nur bezüglich AHV-Reform gab es Neuerungen, auch die Revision der Pensionskassen wurde einen Schritt weitergebracht. So übergaben im Juli 2019 der Arbeitgeberverband, Travail.Suisse und der Gewerkschaftsbund dem Bundesrat ihren Vorschlag für eine Reform der beruflichen Vorsorge. Darin sehen sie eine Senkung des Umwandlungssatzes von 6.8 auf 6 Prozent, eine zeitlich begrenzte Erhöhung der Altersgutschriften im Umlageverfahren entsprechend der AHV um 0.5 Prozent sowie eine Halbierung des Koordinationsabzugs vor. Nicht unterstützt wurde der Vorschlag vom Gewerbeverband, der sich gegen ein Umlageverfahren bei den Pensionskassen aussprach. Im Dezember schickte der Bundesrat den Vorschlag unverändert in die Vernehmlassung. Gemeinsam fanden die Revision der AHV und der Pensionskassen in den Medien im Juli 2019 mehr Aufmerksamkeit als die Abstimmung über die STAF im Mai desselben Jahres.

Umstritten war 2019 bei den Sozialversicherungen wie immer auch das Thema «Krankenkassen». Im März 2019 verwarf der Nationalrat in der Schlussabstimmung eine Bundesratsvorlage zur Anpassung der Franchisen an die Kostenentwicklung, was in den Medien ausführlich diskutiert wurde. Die Vorlage hätte vorgesehen, dass die Franchisen automatisch um CHF 50 erhöht werden sollen, sobald die durchschnittlichen Bruttokosten der Leistungen pro Person mehr als dreizehnmal höher gewesen wären als die ordentliche Franchise. Nachdem die SVP- und die CVP-Fraktion, welche die Vorlage bis zu diesem Zeitpunkt unterstützt hatten, ihre Meinung geändert hatten, setzte sich eine Allianz aus SP- und Grünen-Fraktion, einer Mehrheit der SVP-Fraktion sowie einzelnen Mitgliedern der CVP-Fraktion durch und lehnte den Vorschlag mit 101 zu 63 Stimmen ab. Die entsprechende mediale Debatte war im März 2019 zusammen mit Diskussionen über den vergleichsweise schwachen Anstieg der Krankenkassenprämien fürs Jahr 2020 für den jährlichen Höchstwert in der Medienberichterstattung zu den Krankenversicherungen verantwortlich. Weitgehend unbemerkt von den Medien entschied das Parlament 2019 hingegen, eine Motion der SGK-SR zur Beibehaltung der aktuellen Einteilung der Prämienregionen anzunehmen. Damit versenkte es nicht nur die vom EDI vorgeschlagene, stark kritisierte Änderung der entsprechenden Einteilung, sondern nahm dem Departement auch die Möglichkeit, andere Vorschläge für eine Beendigung der Quersubventionierung der Landbevölkerung bei den Gesundheitskosten durch städtische Gemeinden und Agglomerationen weiterzuverfolgen. Zum ersten Mal im Parlament behandelt wurde die Vorlage der SGK-NR für eine einheitliche Finanzierung der Leistungen im ambulanten und im stationären Bereich (EFAS), bei der die Krankenversicherungen zukünftig sowohl ambulante als auch stationäre Behandlungen – mit Ausnahme von Pflegeleistungen – abgelten würden und dafür von den Kantonen 22.6 Prozent der Kosten vergütet bekämen. Trotz Kritik der linken Parteien daran, dass die Kantone dadurch nur noch bezahlen, aber nicht mitbestimmen dürften, und die Vorlage zu einer Besserstellung der Privatspitäler und Zusatzversicherten zulasten der OKP führe, trat der Ständerat auf die Vorlage ein und nahm einige gewichtige Änderungen vor – unter anderem erhöhte er den von den Kantonen übernommenen Mindestanteil auf 25.5 Prozent.

Zum Abschluss brachten National- und Ständerat 2019 die Reform der Ergänzungsleistungen, an der in Bundesbern mindestens seit 2014 gearbeitet worden war. Die Räte entschieden sich diesbezüglich, die seit 2001 nicht mehr veränderten Ansätze für Mieten den gestiegenen Mietkosten anzupassen, und erhöhten die entsprechenden Beträge teilweise deutlich. Gesenkt wurden die Vermögensfreibeträge für Alleinstehende auf CHF 30'000 und für Verheiratete auf CHF 50'000, zudem wurde eine Vermögensschwelle in der Höhe von CHF 100'000 für den Bezug von Ergänzungsleistungen eingeführt. Dabei wurde jedoch darauf verzichtet, das von den Bezügerinnen und Bezügern selbst bewohnte Wohneigentum bei dieser Schwelle zu berücksichtigen, so dass auch auf die geplante Schaffung eines gesicherten Darlehens für die entsprechenden Liegenschaften verzichtet werden konnte. Schliesslich schuf das Parlament die Pflicht für Erbinnen und Erben, bei einem Nachlass von EL-Beziehenden von mehr als CHF 40'000 die entsprechende Differenz zurückzuzahlen.

Erste Schritte machte das Parlament zudem bei der Weiterentwicklung der IV, die erstmals in beiden Räten behandelt wurde. Besonders umstritten war dabei die Frage der Kinderrenten: Der Nationalrat wollte diese von 40 auf 30 Prozent kürzen und in «Zulage für Eltern» umbenennen. Da eine Abklärung der finanziellen Verhältnisse aber ergeben habe, dass Familien mit Kinderrenten und Ergänzungsleistungen in allen berechneten Konstellationen weniger Einkommen zur Verfügung hätten als vergleichbare Familien ohne Kinderrenten und EL, sprach sich der Ständerat gegen die Kürzung aus. Diese Argumentation überzeugte den Nationalrat in der Wintersession, er verzichtete ebenfalls auf die Kürzung. Die Umbenennung wollte der Ständerat aus Furcht vor einem grossen administrativen Aufwand verhindern, fand damit im Nationalrat bisher aber kein Gehör.

Schliesslich beriet der Ständerat in der Wintersession erstmals die Bundesratsvorlage zur Schaffung von Überbrückungsleistungen (ÜL) für ältere Arbeitslose. Darin hatte der Bundesrat vorgesehen, Personen, die nach vollendetem 60. Altersjahr aus der ALV ausgesteuert werden, aber mindestens während 20 Jahren einen Mindestbetrag in die AHV einbezahlt und ein Vermögen unter CHF 100'000 besitzen, eine Überbrückungsrente in der Höhe von CHF 58'350 zuzusprechen. Der Ständerat entschied nun aber, die Überbrückungsrente auf maximal CHF 39'000 zu beschränken und diese nur solange auszuzahlen, bis die Betroffenen mit 62 (bei Frauen) oder 63 (bei Männern) frühzeitig ihre AHV-Rente beziehen können. Diesen Zwang zur Frühpensionierung kritisierten die Medien in der Folge stark, da dieser Vorbezug eine lebenslange AHV-Kürzung um 14 Prozent (plus Kürzungen bei der zweiten Säule) zur Folge hätte.

Jahresrückblick 2019: Sozialversicherungen
Dossier: Jahresrückblick 2019

Jahresrückblick 2019: Öffentliche Finanzen

Das zentrale Ereignis des Jahres 2019 im Bereich der öffentlichen Finanzen – gut erkennbar in der graphischen Jahresübersicht zur Anzahl Medienartikel pro Monat – stellte das Referendum zum Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) dar. Bereits seit 2008 waren Arbeiten für eine neue Unternehmenssteuerreform im Gange, elf Jahre und verschiedene Vorlagen später wurden diese mit dem Ja an der Urne abgeschlossen: Mit 66.4 Prozent sprachen sich die Stimmberechtigten für eine Abschaffung der Sonderbesteuerung von Statusgesellschaften und die Einführung von neuen Steuerabzügen (u.a. Patentbox, Abzüge Forschung und Entwicklung, Eigenfinanzierungsabzug), eine Erhöhung des Kantonsanteils, eine Erhöhung der Dividendenbesteuerung sowie für eine Zusatzfinanzierung für die AHV in der Höhe von etwa CHF 2 Mrd. aus.

Im Rahmen der STAF musste auch der Faktor zur Gewichtung der Vermögen im Ressourcenpotenzial des Finanzausgleichs «an die fiskalische Realität» angepasst werden. Gleichzeitig nahm der Bundesrat grundlegende Änderungen im Bundesgesetz über den Finanz- und Lastenausgleich (FiLaG) vor. Diese waren nötig geworden, nachdem sich Geber- und Nehmerkantone bei der Festlegung der Beträge für den Ressourcen- und Lastenausgleich 2015 so zerstritten hatten, dass Bemühungen zu einem Kantonsreferendum sowie zu einem Volksreferendum gegen die Regelung unternommen worden waren. Um solche Streitigkeiten zukünftig zu verhindern, sollten die Grundbeiträge nicht mehr alle vier Jahre neu festgelegt werden müssen, sondern sich zukünftig an der Mindestausstattung für den ressourcenschwächsten Kanton orientieren: Diese soll neu garantiert bei 86.5 Prozent des schweizerischen Durchschnitts liegen – und damit tiefer als der bisherige effektive Wert. Zudem wird der Anteil der ressourcenstärksten Kantone an der Finanzierung des Ressourcenausgleichs auf ein Minimum von zwei Dritteln der Leistungen des Bundes beschränkt, wobei der Bund die Finanzierungslücke übernimmt.

Institutionell von grosser Bedeutung war die Annullierung der Abstimmung zur Volksinitiative «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe» im April 2019. Das Bundesgericht begründete diesen Entscheid mit einer schwerwiegenden Verletzung des Transparenzgebots und mit dem äusserst knappen Ergebnis. Es sei nicht nur theoretisch möglich, dass die Fehlinformationen durch die Bundesverwaltung das Abstimmungsergebnis verfälscht hätten, sondern sogar wahrscheinlich, erklärte das Gericht. Da damit zum ersten Mal überhaupt eine eidgenössische Volksabstimmung für ungültig erklärt worden war, folgten Diskussionen um das weitere Vorgehen. Eine Motion von CVP-Präsident Pfister (cvp, ZG; Mo. 19.3757), der dafür sorgen wollte, dass das Parlament noch einmal – diesmal mit den korrekten Informationen – über die Initiative beraten könne, lehnte der Nationalrat ab. Stattdessen setzte der Bundesrat einer erneuten Abstimmung zur Initiative eine Frist bis zum 27. September 2020 und legte eine Zusatzbotschaft zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer bezüglich einer ausgewogenen Paar- und Familienbesteuerung vor. Deren Behandlung war nach Bekanntgabe der Annullierung sistiert worden, wurde aber vom Nationalrat in der Herbstsession 2019 wiederaufgenommen. Dabei wies die grosse Kammer die Vorlage aber nach langen Diskussionen an den Bundesrat zurück, damit dieser die Individualbesteuerung oder andere alternative Steuermodelle prüfen könne. In der Wintersession stimmte der Nationalrat der Rückweisung zu.

Des Weiteren befürwortete das Parlament zwei umstrittene Steuererleichterungen bei den natürlichen Personen. So nahm es eine Motion Grin (svp, VD; Mo. 17.3171) für eine Erhöhung des Maximalabzugs für Krankenkassenprämien bei der direkten Bundessteuer ungefähr um den Faktor 1.7 nach zahlreichen erfolglosen ähnlichen Versuchen 2019 an. Zudem erhöhte es den Kinderabzug bei den direkten Bundessteuern im Rahmen des Geschäfts zur Schaffung eines Steuerabzugs von Kosten für die Betreuung von Kindern durch Dritte von CHF 6'500 auf CHF 10'000 – ohne dass dieser Aspekt ursprünglich Teil der Vorlage gewesen oder in einer Vernehmlassung diskutiert worden wäre. Die SP kündigte in der Folge das Referendum gegen die Vorlage an.

Auch bei den indirekten Steuern nahm das Parlament einige Änderungen vor. Es entschied sich, die Ungleichbehandlung von Sport- und Kulturvereinen bezüglich der Mehrwertsteuer zu beseitigen. Zukünftig sollten nicht nur die bei sportlichen Anlässen verlangten Entgelte (wie z.B. Startgelder), sondern auch die bei kulturellen Anlässen bezahlten Teilnahmegebühren von aktiven Teilnehmenden von der Mehrwertsteuer ausgenommen sein. Zudem senkte es das Verhältnis von Leistungen zum normalen und zum reduzierten Mehrwertsteuersatz bei Leistungs- oder Produktkombination von 70 zu 30 Prozent auf 55 zu 45 Prozent. Neu müssen somit nur noch 55 Prozent der Leistungen dem reduzierten Mehrwertsteuersatz unterliegen, damit ein gesamtes Package zum reduzierten Tarif angeboten werden kann. Um zu verhindern, dass solche Packages zum Beispiel im Onlinehandel durch ausländische Firmen Verwendung finden, sollen dabei aber nur Leistungen berücksichtigt werden können, die in der Schweiz erbracht werden.

Jahresrückblick 2019: Öffentliche Finanzen
Dossier: Jahresrückblick 2019

Im August 2019 veröffentlichte der Bundesrat den durch das Postulat der SGK-NR verlangten Bericht zur Anwendung des DRG-Systems. Darin sollte er die Kantone mit DRG-System, also mit Globalbudget für Spitäler und Pflegeheime, mit den übrigen Kantonen vergleichen. Der Bericht stützte sich auf eine Studie des Beratungsbüros B,S,S. Darin wurden zuerst die Kantone mit DRG-System definiert. Dazu zählten die Autorinnen und Autoren die Kantone Genf, Tessin und Waadt, die im Jahr 2017 eine maximale Vergütung für die stationären Spitalleistungen pro Spital vorgegeben hatten, sowie die Kantone Neuenburg und Wallis, die maximale Leistungsmengen pro Spital definiert hatten. Genf und Waadt nahmen die Leistungsmengendefinitionen ebenfalls, jedoch nur unter Einschränkungen vor. Die konkreten Ausgestaltungen hätten jedoch zwischen den Kantonen deutlich variiert, erklärt der Bundesrat. Von dieser Ausgestaltung hänge aber auch die Vereinbarkeit dieser Instrumente mit den Prinzipien der neuen Spitalfinanzierung ab. Die Kantone mit und ohne DRG-System erreichten überdies die Kosteneindämmungsziele ähnlich gut; bei beiden entspreche das Wachstum der spitalstationären Kosten etwa dem Wachstum des BIP, die Gesamtkosten hätten jedoch nicht gesenkt werden können. Trotz dieser Ergebnisse ging der Bundesrat davon aus, dass die Globalbudgets eine kostendämpfende Wirkung haben könnten.

Anwendung des DRG-Systems

Im August 2019 veröffentlichte die GDK eine in ihrem Auftrag durchgeführte Studie des Forschungsinstituts INFRAS zu den Kosten einer Integration der Pflegefinanzierung in EFAS. Das Ziel der Studie sei es gewesen, durch einen Vergleich unterschiedlicher Systeme die Kostenteiler bei einer Integration der Pflege in EFAS sowie die langfristigen Kostenfolgen für Kantone, Gemeinden und Krankenversicherungen aufzuzeigen. Durch Befragung von Kantonen und Gemeinden, Analysen von öffentlichen Statistiken und Einbezug der Literatur zu Prognosen der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen habe INFRAS die Anteile für Kantone und Krankenversicherungen unter Einbezug der Pflegefinanzierung berechnet: Diese komme bei 25.5 Prozent für die Kantone und 74.5 Prozent für die Krankenversicherungen zu liegen; ohne Einbezug der Pflegefinanzierung lägen dieselben Anteile gemäss SGK-NR bei 22.6 respektive 77.4 Prozent. Das Kostenwachstum bis 2030 betrage bei Einbezug der Pflege für die Kantone sowie für die Krankenversicherungen je 42 Prozent, ohne Pflege würden die Kosten für die Kantone um 49 Prozent steigen und für die Krankenversicherungen um 40 Prozent. Folglich sei der Einbezug der Pflege machbar und sinnvoll und führe zu einer gleichmässigen und gerechten Verteilung des Kostenwachstums zwischen Kantonen und Krankenversicherungen respektive zwischen Steuer- und Prämienzahlenden, betonte INFRAS im Bericht. Die Studienautorinnen und -autoren wiesen jedoch darauf hin, dass ihre Schätzungen, insbesondere zur Höhe der Veränderungen, mit Unsicherheiten behaftet seien.
Dieser Bericht bestärkte die GDK in ihrer Ansicht, dass die Kantone EFAS nur unter Einbezug der Pflegekosten unterstützen könnten. Der aktuelle Vorschlag der SGK-NR, gemäss dem der Bundesrat die Integration der Pflegekosten vorschlagen könne, sobald die Grundlagen dazu erarbeitet worden seien, reiche nicht aus. Konkret müssten auch die pflegerischen Leistungen in den Pflegeheimen und in der Spitex in EFAS integriert werden. Zudem verlangte die GDK «griffige Steuerinstrumente für den ambulanten Sektor [...], vollwertige Mitwirkung bei den ambulanten Tarifen sowie Möglichkeiten zur Rechnungskontrolle» – Aspekte, welche das Parlament im Rahmen der Zulassungsvorlage behandelte. Hatte die SGK-NR zuvor die Zulassungsvorlage unter Kritik der Kantone mit EFAS verbunden, nahm damit die GDK eine ähnliche, umgekehrte Verknüpfung vor.
Abschliessend wies die GDK darauf hin, dass die Plenarversammlung der KdK ihre Position einstimmig übernommen und ausdrücklich festgehalten habe, dass man bei einer Beibehaltung der aktuellen Version von EFAS ein Kantonsreferendum prüfen werde.

Kostenstudie EFAS (GDK)

Im Juli 2019 veröffentlichte der Bundesrat seinen Bericht über die Transparenz bei der Spitalfinanzierung durch die Kantone in Erfüllung einer Motion der SGK-SR. Darin sollte er aufzeigen, welche Kantone ihre Leistungserbringenden direkt oder indirekt bei Kosten subventionierten, die OKP-berechtigt wären. Grund dafür war, dass zur Berechnung der OKP-Tarife diejenigen Spitäler als Referenz herangezogen werden, welche die Leistungen qualitativ gut und günstig erledigten. Dadurch werden Spital-Subventionen relevant für die OKP-Tarife.
Auf lediglich acht Seiten berichtete der Bundesrat aus der extern bei ECOPLAN Bern in Auftrag gegebenen Studie. Der Bundesrat betonte die grossen Unterschiede zwischen den Kantonen bezüglich der Finanzierungsbeiträge für gemeinwirtschaftliche Leistungen an die Spitäler, der direkten oder indirekten Finanzierung von Anlagenutzungskosten oder der Defizitdeckungen. Konkrete Hinweise auf eine Beeinflussung der tarifermittlungsrelevanten Kosten fand die Studie lediglich bei Vorhalteleistungen für den Notfall und bei vergünstigenden Konditionen bei Anlagenutzungskosten. Dies seien Faktoren, die bei der Tarifbildung berücksichtigt würden, erklärte er. Die Abklärungen der Studie deuteten jedoch darauf hin, dass es «keinen theoretischen Zusammenhang zwischen Defizitdeckung und den [OKP-tarifermittlungsrelevanten Kosten]» gebe, erklärte der Bundesrat. Folglich machte er diesbezüglich auf Bundesebene keinen Handlungsbedarf aus. Er verwies aber auch auf eine Reihe von Problemen bei der Erarbeitung der Studie, etwa die uneinheitliche Definition von Begriffen durch die Spitäler oder Kantone, die tiefe Rücklaufquote bei der Spitalbefragung von 41 Prozent oder die Übermittlung aggregierter Daten durch einzelne Kantone und die entsprechend unvollständige Datenlage.

Transparenz bei der Spitalfinanzierung durch die Kantone

Im Februar 2019 erschien der Tätigkeitsbericht 2018 zur Aufsicht über die soziale Kranken- und Unfallversicherung. 2018 waren 53 Krankenversicherungen zur Abrechnung über die OKP zugelassen und erzielten im Jahr 2017 – es werden hier jeweils die Werte aus dem Vorjahr aufgeführt – ein Betriebsergebnis von CHF 931 Mio.; für sieben Krankenversicherer war das Betriebsergebnis 2017 negativ. Insgesamt stiegen die Reserven somit von CHF 6.3 Mrd. auf CHF 7.2 Mrd. Auch das versicherungstechnische Ergebnis, also der Saldo aus versicherungstechnischen Erträgen und Aufwendungen, war 2017 positiv: Mit CHF 529 Mio. lag es deutlich höher als im Vorjahr (2016: CHF -93 Mio.). In diesem Jahr stiegen die Prämien pro Kopf (2017: 4.7%, 2016: 4.7%) deutlich stärker an als die Nettoleistungen pro Kopf (2017: 1.9%, 2016: 3.5%), während die Steigerung der Verwaltungskosten bei 4.7 Prozent verblieb.
Zudem stellte die Aufsichtsbehörde 2018 bei 10 Krankenversicherungen fest, dass diese die Erwartungen bezüglich ihrer finanziellen Situation nur teilweise erfüllten; 7 Krankenversicherer mussten in der Folge vierteljährlich Finanzzahlen an die Aufsichtsbehörde liefern. Beim KVG-Solvenztest 2018 waren zwei Versicherungen ungenügend solvent, 2017 waren es noch 6 gewesen. Schliesslich lagen der Aufsichtsbehörde über 240'000 Prämien von 51 Versicherungen zur Genehmigung vor, die sie allen für das gesamte Jahr 2019 erteilte. Neu wies die Aufsichtsbehörde jedoch nicht mehr das Prämienwachstum der ordentlichen Prämie aus, da der Anteil Versicherter mit ordentlichen Prämien stetig gesunken war und diese zudem systematisch höher liegen als der Durchschnitt der von den Versicherten gewählten Prämien. Stattdessen wies die Aufsichtsbehörde neu das Wachstum der mittleren Prämie aus, also des mittleren Prämienvolumens pro Versicherten nach Altersklassen und Kantonen. Diese mittlere Prämie stieg im Vergleich zum Vorjahr um 1.2 Prozent (Erwachsene: 2.4%, Junge Erwachsene (19 bis 25 Jahre): -15.6%, Kinder: 2.4%), wobei die Abnahme bei den jungen Erwachsenen auf deren Entlastung im Risikoausgleich zurückzuführen war.

Tätigkeitsbericht 2018 zur Aufsicht über die soziale Kranken- und Unfallversicherung
Dossier: Tätigkeitsberichte zur Aufsicht über die soziale Kranken- und Unfallversicherung (seit 2016)

Im Dezember 2018 präsentierte das BAG den Bericht zum Monitoring 2017 zur Wirksamkeit der Prämienverbilligung. Dieser enthielt nationale Kennzahlen zur IPV, eine Beschreibung der kantonalen Prämienverbilligungssysteme, eine Analyse der sozialpolitischen Wirksamkeit der IPV sowie eine Analyse der Umverteilungseffekte und der Bedeutung des Prämienverbilligungssystems.
Als Erstes gab der Bericht einen Überblick über die Bezügerinnen und Bezüger von individuellen Prämienverbilligungen. Im Jahr 2017 erhielten 26 Prozent aller versicherten Personen Prämienverbilligungen im Wert von CHF 4.5 Mrd., 17 Prozent respektive 15 Prozent der Beziehenden erhielten zusätzlich EL oder Sozialhilfe. Die Kantone übernahmen von diesen CHF 4.5 Mrd. durchschnittlich 42 Prozent, wobei die Pro-Kopf-Ausgaben der Kantone zwischen CHF 372 und CHF 991 betrugen. Hatte die Entwicklung der Pro-Kopf-Ausgaben für die IPV bis ins Jahr 2011 noch dem Prämienanstieg entsprochen, nahmen sie zwischen 2011 und 2015 ab, obwohl die Prämien weiter stiegen. Einen leichten Anstieg machte der Bericht für die Jahre 2016 und 2017 aus. Besonders gross war die Abnahme der Pro-Kopf-Ausgaben für Personen ohne EL oder Sozialhilfe. Für Personen, die gleichzeitig EL oder Sozialhilfe bezogen, stieg die Pro-Kopf-Unterstützung hingegen an, während gleichzeitig auch die Anzahl EL- und Sozialhilfebeziehender zunahm. Umgekehrt sank neben den Pro-Kopf-Ausgaben auch die Anzahl Personen ohne EL und Sozialhilfe, die IPV erhalten.
Als nächstes ging der Bericht auf die Prämienverbilligungssysteme der Kantone und deren Klassifikationsfaktoren ein. So werden die Kantone danach unterteilt, wie sie die Berechtigung für IPV feststellen: Erstens stellt sich die Frage, ob die Kantone die IPV als Differenz zwischen Prämienselbstbehalt und einer Richtprämie (Prozentmodell), als festen Betrag abhängig der Einkommensstufe (Stufenmodell) oder als Mischmodell modellieren. Ein zweiter Faktor stellt die Art (z.B. Nettoeinkommen, steuerbares Einkommen) und die Höhe des massgebenden Einkommens, ab dem IPV bezogen werden können, und das Vorliegen von Abzügen und Zuschlägen dar. Drittens unterscheiden sich die Kantone darin, ob sie die Anspruchsberechtigten selbst ermitteln, potenziell Berechtigten ein Antragsformular zukommen lassen oder nur allgemein über Bezugsmöglichkeiten informieren. Viertens können sich die Kantone für die Festlegung des massgebenden Einkommens auf Steuerdaten des Vorjahres oder auf weiter zurückliegende Steuerdaten stützen. Und schliesslich können junge Erwachsene fünftens unabhängig von ihren Eltern oder gemeinsam mit diesen Anspruch auf IPV haben.
Die sozialpolitische Wirksamkeit der IPV, der nächste Aspekt, den der Bericht untersuchte, wurde anhand von sieben Modellhaushalten berechnet – allesamt jedoch Haushalte in bescheidenen Verhältnissen ohne Anspruch auf EL oder Sozialhilfe. Insgesamt erhielten Haushalte im Kanton Graubünden die höchsten IPV, im Kanton Appenzell Innerrhoden die niedrigsten. Auch der Verbilligungsanteil variierte stark zwischen den Kantonen (ZG: 52%, AI: 7%). Durchschnittlich blieb den Haushalten mit IPV eine Prämienbelastung von 14 Prozent des verfügbaren Einkommens. Insgesamt hatte die Prämienbelastung für die untersuchten Haushalte, insbesondere für diejenigen mit Kindern, seit dem letzten Bericht zugenommen.
Nicht nur die IPV, auch die Umverteilungswirkung der OKP insgesamt untersuchte der Bericht für die Modellhaushalte. Am stärksten profitieren die ärmsten 30 Prozent der Haushalte von der OKP; durchschnittlich wurden 31 Prozent der Finanzierungslast der Krankenversicherung der ärmsten 10 Prozent übernommen. Insgesamt waren die ärmeren Haushalte OKP-Nettoempfänger, wobei jedoch die Umverteilungswirkung vor allem auf die Finanzierung durch die Steuern und die Pro-Kopf-Prämie und weniger stark auf die IPV zurückgeführt wurde.

Monitoring 2017 zur Wirksamkeit der Prämienverbilligung
Dossier: Prämienverbilligung

Im September 2018 veröffentlichte der Bundesrat seinen Bericht in Erfüllung des Postulats Darbellay (cvp, VS) zu den Kriterien für die Repräsentativität bei der Unterzeichnung von Tarifverträgen. Die Frage nach der Repräsentativität sei nur für die gesamtschweizerisch einheitlichen Tarifstrukturen relevant, befand der Bundesrat im Bericht und beschränkte seine Analyse folglich auf die Einzelleistungstarifstrukturen sowie auf die Strukturen für die pauschale Vergütung der stationären Behandlung. Das Kriterium der Repräsentativität sei gesetzlich nicht verankert, ergebe sich aber aus der Einheitlichkeit der Tarifstruktur, erklärte der Bundesrat. Der Abschluss eines Tarifvertrags bedürfe grundsätzlich keiner Mindestkriterien, er solle sich aber auf einen breiten Konsens stützen. Die Revision einer Tarifstruktur müsse jedoch in einem Tarifvertrag erfolgen, der von allen «massgeblichen Tarifpartnern» unterzeichnet werden müsse. Die Frage, ob eine Mehrheit der Tarifpartner zustimmen müsse oder ob es ausreichend sei, wenn die übrigen Tarifpartner zumindest angehört würden, werde überdies in den Gutachten von Dr. iur. Markus Moser, eingeholt durch das BAG, und Prof. Dr. Bernhard Rütsche, beauftragt von Curafutura, uneinheitlich beantwortet. Folglich entschied der Bundesrat, zukünftig das Kriterium der Repräsentativität dadurch in Betracht zu ziehen, dass er von einer Minderheit der Tarifpartner vorgelegte Verträge prüfe und bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen die Tarifstruktur per Verordnung als gesamtschweizerisch einheitlich festlege.
Nach Vorliegen des Berichts stimmte der Nationalrat der vom Bundesrat beantragten Abschreibung des Postulats in der Sommersession 2019 stillschweigend zu.

Kriterien für die Repräsentativität bei der Unterzeichnung von Tarifverträgen

Der Bundesrat erachtete das Postulat der SGK-NR zu den Alternativen zur heutigen Steuerung der Zulassung von Ärztinnen und Ärzten durch die Veröffentlichung des entsprechenden Berichts als erfüllt. In seinem Bericht über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahre 2017 empfahl er die Abschreibung des Postulats, was der Nationalrat im Juni 2018 auch stillschweigend tat.

Alternativen zur heutigen Steuerung der Zulassung von Ärztinnen und Ärzten (Po. 16.3000)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)

Der 2018 erschienene Tätigkeitsbericht zur Aufsicht über die soziale Kranken- und Unfallversicherung 2017 enthielt leicht bessere Zahlen als der Bericht des Vorjahrs. Von den 57 zugelassenen Krankenversicherungen verzeichneten im Jahr 2016 – die entsprechenden Werte liegen jeweils fürs Vorjahr vor – 32 ein positives Betriebsergebnis; 20 Krankenversicherungen erlitten Verluste. Im Jahr 2015 hatten noch 33 Krankenversicherungen Verluste erlitten. Das Gesamtergebnis der Krankenversicherungen kam in der Folge bei CHF 197 Mio. zu liegen, die Reserven erhöhten sich von CHF 6.1 Mrd. auf CHF 6.2 Mrd. Hingegen war das versicherungstechnische Ergebnis wie im Vorjahr negativ; es betrug CHF -93 Mio. (2015: CHF -817 Mio.). Wie im Jahr zuvor stiegen jedoch sowohl Prämien (CHF +1.5 Mrd.) und Prämien pro Versicherte (+4.7%) als auch Nettoleistungen (CHF +1.2 Mrd.) und Nettoleistungen pro Versicherte (+3.5%) deutlich an.
21 Kassen erfüllten 2017 die Vorgaben zur Finanzierung nur teilweise, weshalb 13 von ihnen in der Folge vierteljährlich und 8 Kassen monatlich dem BAG rapportieren mussten. Im KVG-Solvenztest für das Jahr 2017 zeigten sich 6 Kassen ungenügend solvent (2016: 14).
Schliesslich prüfte die Aufsicht mehr als 240'000 Prämien von 52 Versicherungen und genehmigte sie alle für das Jahr 2018.

Tätigkeitsbericht 2017 zur Aufsicht über die soziale Kranken- und Unfallversicherung
Dossier: Tätigkeitsberichte zur Aufsicht über die soziale Kranken- und Unfallversicherung (seit 2016)

Ende Juni 2017 veröffentlichte der Bundesrat in Erfüllung des Postulats Schmid-Federer (cvp, ZH) einen Bericht zu den Auswirkungen der Franchisenhöhe auf die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen. Darin stütze er sich hauptsächlich auf eine wissenschaftliche Studie von B,S,S, eines privaten Forschungsinstituts. Die Studie stellte fest, dass nur die ordentliche und die Maximalfranchise für die Versicherten finanziell attraktiv seien. Obwohl die übrigen Franchisen immer seltener verwendet würden, käme es häufig vor, dass Personen trotz geringer Leistungsbezüge die ordentliche Franchise wählten. Insgesamt entschieden sich „vor allem Versicherte mit schlechter Gesundheit und tiefem Einkommen” für die ordentliche Franchise, so der Bundesrat in seinem Bericht. Dass die Versicherer bei zunehmender Franchisehöhe tiefere Nettoleistungen erbringen müssen, liege gemäss der Studie insbesondere an der Selbstselektion: Gesündere Personen wählten üblicherweise die höchste Franchise. Verhaltensänderungen der Versicherten sowie eine Verlagerung der Kosten auf die Versicherten durch eine höhere Kostenbeteiligung würden zur Senkung der Nettoleistungen beitragen, seien jedoch sekundär. Keinen Anklang bei den Versicherten fand gemäss einer im Bericht zitierten Umfrage von Ecoplan die Idee der parlamentarischen Initiative Borer (Brand), nur mehrjährige Wahlfranchisen zu erlauben. Dies solle verhindern, dass eine Person aufgrund einer erwarteten hohen Leistung vorübergehend eine tiefere Franchise wählt.

Insgesamt betonte der Bundesrat in seinem Bericht, dass die Befunde der Studien eine grundsätzliche Befürwortung des aktuellen Systems nahelegen. Es sei aber sinnvoll, bei den mittleren Franchisen einige Korrekturen anzubringen, um diese finanziell attraktiver zu machen. Dazu müsste „der Franchiserabatt in Abhängigkeit der Franchisehöhe abgestuft werden”. Der Maximalrabatt solle daher bei den höchsten Franchisen nur noch 50 Prozent des zusätzlich übernommenen Risikos betragen und entsprechend um CHF 440 pro Jahr reduziert werden. Die Rabatte der übrigen Franchisen würden abgestuft, so dass der Rabatt der niedrigsten Franchise weiterhin bei 80 Prozent zu liegen komme. Dies sei insofern gerechtfertigt, als gemäss der B,S,S-Studie die Einsparungen der Krankenversicherer für die höheren Franchisen nicht aufgrund von Verhaltensänderungen, sondern aufgrund der Selbstselektion der gesunden Personen zustande komme. Dieser Entscheid stiess in den Medien, aber auch bei den Krankenversicherern, auf grosse Kritik, wobei insbesondere die möglichen negativen Auswirkungen durch eine seltenere Wahl der höchsten Franchise sowie die Schwächung der Selbstverantwortung kritisiert wurden.

Postulat und Bericht zu den Auswirkungen der Franchise auf die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen (Po. 13.3250)
Dossier: Krankenversicherung: Vorstösse zu Wahlfranchisen

Im März 2017 veröffentlichte der Bundesrat den Bericht „Alternativen zur heutigen Steuerung der Zulassung von Ärztinnen und Ärzten“ als Antwort auf ein Postulat der SGK-SR. Zusammen mit der Motion 16.3001 der SGK-NR soll der Kostenanstieg im ambulanten Bereich begrenzt werden; die Ärztedichte gilt gemeinhin als ein zentraler Kostenfaktor im Gesundheitsbereich. Eine vom BAG durchgeführte Umfrage hatte dabei mehrheitlich positive Rückmeldungen zu den Zulassungsbeschränkungen für Ärztinnen und Ärzte aufgrund der Bedürfnisklausel ergeben. Diese war seit 2002 bereits mehrfach für drei Jahre eingesetzt worden. Mittels eines Fragebogens und drei Workshops prüfte das BAG zusammen mit den zentralen Akteuren des ambulanten Bereichs im Frühling 2016 drei Lösungsansätze: Eine Verbesserung der Zulassungssteuerung, eine Lockerung des Vertragszwangs und differenzierte Tarife. Dabei zeigte sich, dass die Zulassungssteuerung zwar umstritten ist, ihr aber dennoch eine gewisse Wirkung auf die Eindämmung des Kostenwachstums zugesprochen wird. Durch einen Einbezug des Beschäftigungsgrads der Leistungserbringer und der Mobilität der Patientinnen und Patienten sollen durch Überversorgung verursachte Kosten eingedämmt und die Qualität der Leistungen gesteigert werden. Keine kurzfristig anwendbare Lösung stellt gemäss Bericht hingegen die Lockerung des Vertragszwangs dar, da sich die verschiedenen Akteure hier nicht auf ein Modell einigen können. Auch eine Differenzierung der Tarife wurde im Bericht nicht gutgeheissen, da diese zur Steuerung der Zulassungen sehr weitreichend sein müsste, was neue Fehlanreize schaffen würde.

Alternativen zur heutigen Steuerung der Zulassung von Ärztinnen und Ärzten (Po. 16.3000)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)

Zum ersten Mal überhaupt erschien im April 2017 nach der Schaffung des KVAG der Tätigkeitsbericht 2016 zur Aufsicht über die soziale Kranken- und Unfallversicherung. Im Bericht hielt das BAG fest, dass 2015 – im Bericht werden diesbezüglich jeweils die Zahlen aus dem Vorjahr rapportiert – 33 von 59 Versicherungen Verluste erlitten hatten, so dass ihr Gesamtbetriebsergebnis bei CHF -607 Mio. zu liegen kam; die Reserven der Krankenversicherungen sanken folglich um den entsprechenden Betrag auf CHF 6.061 Mrd. Die Prämieneinnahmen aller Kassen stiegen insgesamt um 5 Prozent auf CHF 27.1 Mrd., ihre Nettoleistungen wuchsen jedoch ebenfalls um 5.7 Prozent auf insgesamt CHF 26.0 Mrd. an. Dieser Anstieg konnte nicht vollständig durch die steigende Anzahl Versicherte erklärt werden, denn auch die Prämien pro Versicherten sowie die Nettoleistungen pro Versicherten nahmen um 3.5 Prozent respektive um 4 Prozent zu. Schliesslich wuchsen auch die Verwaltungskosten pro Versicherten an (2015: CHF 158.20, 2016: CHF 159.55).
In der Folge wiesen im Jahr 2016 14 Krankenversicherungen nicht genügend Reserven auf, so dass die Aufsichtsbehörde sichernde Massnahmen erlassen musste. Zudem erfüllten 27 Krankenversicherungen die Anforderungen bezüglich Finanzierung nicht vollständig; von ihnen verlangte die Aufsichtsbehörde anschliessend regelmässige Datenreportings. 14 Krankenversicherungen wiesen überdies eine ungenügende Solvenzquote auf (2015: 3, 2014: 7).
Schliesslich prüfte und genehmigte die Aufsicht 252'526 Prämien von 53 Versicherungen für das Jahr 2017, lediglich einer Krankenversicherung erteilte sie die Genehmigung nur bis Ende Juni 2017.

Tätigkeitsbericht 2016 Aufsicht über die soziale Kranken- und Unfallversicherung
Dossier: Tätigkeitsberichte zur Aufsicht über die soziale Kranken- und Unfallversicherung (seit 2016)

Im September 2016 veröffentlichte der Bundesrat eine Medienmitteilung, in der er die Kostenentwicklung in den vier grössten Bereichen im Gesundheitswesen beschrieb. Diese vier Bereiche seien für 80 Prozent der Kosten im Bereich der Grundversicherung verantwortlich. Bei Behandlungen durch Ärztinnen und Ärzte mit eigener Praxis verortete er zwischen 2009 und 2015 bei gleich bleibender Anzahl Konsultationen einen Kostenanstieg um 28 Prozent. Dies erklärte er dadurch, dass immer häufiger Spezialistinnen und Spezialisten anstelle von Hausärztinnen und Hausärzten aufgesucht würden. Auch im stationären Bereich seien die Kosten in demselben Zeitraum um 17 Prozent angestiegen, wobei hier insbesondere Behandlungen von Personen über 70 Jahren zugenommen hätten. Diese Zunahme könne folglich vor allem auf die Demografie zurückgeführt werden. Bei den Spital-ambulanten Behandlungen habe die Zahl der Konsultationen um 34 Prozent zugenommen, weshalb dieser Bereich trotz gleichbleibender Kosten pro Behandlung die Gesamtkosten stark beeinflusst habe. Schliesslich seien zwar die Preise von 1'500 Medikamenten reduziert worden, dies habe aber keine Auswirkungen auf die Pro-Kopf-Medikamentenkosten gehabt, da die Ärztinnen und Ärzten stattdessen neue, teurere Produkte verschrieben hätten.
Insgesamt machte der Bundesrat somit die Mengenausweitung im Gesundheitswesen, die sich medizinisch nicht vollständig begründen lasse, als wichtigen Faktor für die Kostenentwicklung aus. Um dieses Problem zu bekämpfen, habe das EDI im Rahmen der Strategie «Gesundheit 2020» Massnahmen erlassen oder sei dabei, diese zu bearbeiten. Dazu gehörten etwa die Senkung der Preise kassenpflichtiger Arzneimittel sowie die Anpassung derer Vertriebsmargen, die Anpassung der Höchstvergütungsbeträge der MiGeL, die Verbesserung der Bekämpfung von nichtübertragbaren Krankheiten durch eine nationale Strategie sowie eine Erhöhung der Qualität der medizinischen Behandlungen.

Mengenwachstum im Gesundheitswesen

Im Mai 2016 erschien der Bericht „Bestandesaufnahme und Perspektiven im Bereich der Langzeitpflege“ in Erfüllung der Postulate Fehr (Po. 12.3604), Eder (Po. 14.3912) und Lehmann (Po. 14.4165). Darin wurden die Konsequenzen einer steigenden Lebenserwartung und vermehrter Pflegebedürftigkeit für das Gesundheitswesen untersucht, insbesondere in den Bereichen Pflegepersonal, Versorgungsstrukturen und Finanzierung. Dabei wurde im Bericht bis ins Jahr 2020 ein Bedarf an 17'000 neuen Vollzeitstellen in der Pflege prognostiziert, zudem müssten 60'000 Gesundheitsfachleute wegen Pensionierung ersetzt werden. Zusätzlich zum Kapazitätsausbau ergäben sich aber auch neue Anforderungen an die Pflegeleistungen. So gehe die Verlagerung von Heimen zu anderen Betreuungsformen wie der Spitex und der ambulanten Pflege weiter. Überdies werde die Pflege aufgrund der mit einem höheren Alter verbundenen Multimorbidität und Demenz anspruchsvoller. Folglich rechne die EFV mit einer Verdreifachung der Pflegekosten zwischen 2011 und 2045, womit ein Anstieg der öffentlichen Ausgaben für die Gesundheit einhergehe.
Im Juni 2017 folgte der Nationalrat dem Antrag des Bundesrates auf Abschreibung der Motion.

Pflegekostenversicherung

Das Bundesamt für Gesundheit publizierte einen Bericht zur Zuständigkeit für die Restfinanzierung bei ausserkantonalen Pflegeheimaufenthalten, zu dem es mittels zweier 2013 überwiesener Postulate beauftragt worden war. Der Bericht kam zum Schluss, dass in dem Bereich Klärungsbedarf bestehe, da derzeit nicht geregelt sei, welcher Kanton für die Restfinanzierung zuständig ist. Zehn Kantone legen die Zuständigkeit nach dem aktuellen Wohnsitz fest, also nach dem Standort des Pflegeheimes. Damit ist derselbe Kanton zuständig wie auch für die Spitalfinanzierung, die Patientin oder der Patient bezieht jedoch möglicherweise Leistungen in einem Kanton, in dem sie oder er nie Steuern bezahlt hat. Eine Mehrheit der Kantone dagegen weist die Zuständigkeit jenem Kanton zu, in dem die versicherte Person vor dem Pflegeheimeintritt zuletzt ihren Wohnsitz hatte. Damit ist jener Kanton zuständig, welcher auch die Ergänzungsleistungen ausrichtet, und Kantone mit vielen Pflegeheimplätzen werden nicht benachteiligt. Der Bericht empfiehlt, eine Regelung analog zu jener in den Ergänzungsleistungen zu treffen. Der Bundesrat verzichtete jedoch angesichts bereits laufender Bestrebungen im Parlament auf die Erarbeitung eines Gesetzesentwurfes.

Klärung der Zuständigkeit für die Restfinanzierung bei ausserkantonalen Pflegeheimaufenthalten

Gut ein Jahr nach der Annahme der beiden Postulate, mit denen ein Zwischenstand der Umsetzung des Verfassungsartikels zur Komplementärmedizin ermittelt werden sollte, publizierte der Bundesrat seinen Bericht. Der Fortschritt entspreche dem Fahrplan und erfülle den Verfassungsauftrag, so das Fazit der kurzen Studie.
Wichtige Schritte, die seit der Volksabstimmung unternommen worden seien, umfassten etwa die Anpassung des Heilmittelrechts, um der Komplementärmedizin und der Pflanzenheilkunde einen erleichterten Marktzugang zu gewähren. Weiter wurden im Rahmen des Medizinalberufegesetzes Massnahmen wie die Definition neuer Ausbildungsziele ergriffen, um angehenden Ärztinnen und Ärzten vertieftere Kenntnisse über die Komplementärmedizin zu vermitteln. Das SBFI genehmigte zudem eine neue höhere Fachprüfung für Naturheilpraktier. In Erarbeitung befand sich überdies die Neuregelung der Leistungspflicht von komplementärmedizinischen ärztlichen Leistungen in der OKP. Damit wurde eine langfristige Gewährleistung der Übernahme der Kosten bei alternativmedizinischen Behandlungen angestrebt.

Komplementärmedizin

Im November begann die Vernehmlassung zur Reform der Altersvorsorge 2020. Parallel dazu publizierte der Bundesrat einen umfangreichen Bericht mit einer Gesamtsicht über die Finanzierungsperspektiven der Sozialversicherungen bis 2035 in Erfüllung dreier Postulate aus den Jahren 2005-2012. Der Bericht erläutert das heutige Finanzierungssystem und die Finanzierungsperspektiven im Hinblick auf verschiedene demographische und ökonomische Szenarien für alle Sozialversicherungszweige und enthält eine Gesamtbetrachtung zu AHV und beruflicher Vorsorge. Ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf besteht nach diesen Ausführungen nur bei der AHV, die anderen Zweige weisen ausgeglichene oder gar positive Rechnungssaldi aus. Bei den Ausgaben von AHV, Ergänzungsleistungen (EL) und Krankenpflegeversicherung (KV) wird für die nächsten zwei Jahrzehnte ein im Vergleich zum Bruttoinlandprodukt (BIP) überproportionales Wachstum erwartet; die Ausgaben von IV, Erwerbsersatzordnung (EO) und Familienzulagen (FZ) sollen dagegen gemessen am BIP zurückgehen, während jene der Arbeitslosenversicherung (ALV), der beruflichen Vorsorge (BV) und der Unfallversicherung (UV) weitgehend ähnlich bleiben. Insgesamt wird ein Anstieg der Sozialleistungsquote von aktuell gut 21 auf rund 25% im Jahr 2035 erwartet. Der dringendste Handlungsbedarf besteht bei der AHV: Ohne Reformen wäre deren Fonds im Jahr 2028 vollständig geleert. Auch bei der beruflichen Vorsorge seien aber aufgrund der steigenden Lebenserwartung Anpassungen notwendig.

Gesamtsicht über die Finanzierungsperspektiven der Sozialversicherungen

Der Bundesrat erachtet die heutige Praxis der Festsetzung und der Genehmigung der Prämien der obligatorischen Krankenversicherung als gut. In Erfüllung eines Postulates des Nationalrates legte er im Herbst in einem Bericht dar, dass er das heutige Verfahren und die Publikationen der Krankenversicherer und der Aufsichtsbehörde für transparent und zweckmässig hält. Die Prämien müssen grundsätzlich drei Kriterien erfüllen: Sie müssen die anfallenden Kosten decken, die Solvenz des Versicherers gewährleisten und entsprechend den gesetzlichen Vorgaben festgesetzt werden. Zudem wird die einheitliche Anwendung der genehmigten Prämien kontrolliert. Die Kontroll- und Genehmigungspraxis durch die Aufsichtsbehörde wurde seit der Einführung des Krankenversicherungsgesetzes im Jahr 1996 von externen Experten wiederholt geprüft. Empfehlungen aus diesen Überprüfungen flossen in die Weiterentwicklung der Praxis ein, so dass heute ein wirksames und erprobtes Verfahren zur Prämiengenehmigung besteht. Aus diesem Gründen sah der Bundesrat weder in organisatorischer noch gesetzlicher Hinsicht Handlungsbedarf.

Überprüfung der Prämienerhöhungsanträge

Aufgrund des Handlungsbedarfs in den Sozialversicherungen und des negativen Ergebnisses der Volksabstimmung vom Mai, legte das EDI dem Bundesrat unter dem Titel „Panorama der Sozialversicherungen“ eine Gesamtsicht der Sozialwerke vor. Gestützt auf dieses Aussprachepapier, das sämtliche Sozialversicherungen (mit Ausnahme der Arbeitslosenversicherung) sowie die Familienpolitik umfasste, traf der Bundesrat Ende Juni Richtungsentscheide insbesondere bezüglich AHV und IV.

Der Bundesrat teilte die Einschätzung des EDI, dass sich die finanzielle Situation der AHV ab 2010 rapide verschlechtert, falls keine Massnahmen ergriffen werden, und dass die AHV bis zum Jahre 2025 zusätzliche finanzielle Mittel benötigt, welche ungefähr 3,8 MwSt-Prozentpunkten entsprechen. Er beschloss deshalb, sofort Vorbereitungsarbeiten zu einer weiteren AHV-Revision in Angriff zu nehmen mit der zentralen Vorgabe, dass die Reform die finanzielle Sicherung bis 2020 ermöglichen soll und dabei den bis zu diesem Zeitpunkt erforderlichen Finanzierungsbedarf berücksichtigt. Alternative Szenarien, so etwa ein System basierend auf der Lebensarbeitszeit oder Modelle, die Aspekte wie das Einkommen und die Beschwerlichkeit der Arbeit in Rechnung stellen, sollen mit einbezogen werden. Dieser Entscheid entsprach der Ansicht der AHV-Kommission, welche die Prüfung neuer Kriterien zur Bestimmung des regulären Rentenalters verlangt hatte.

Der Bundesrat ging ebenfalls mit dem EDI einig, dass die Sanierung der IV im Hinblick auf ihre prekäre finanzielle Situation absolute Priorität hat. Mit der neuen Vorlage zur Erhöhung der Mehrwertsteuer zu Gunsten der IV und mit der 5. IV-Revision bestünden gute Aussichten, dass die Schulden der IV langsam abgebaut werden können. Der Bundesrat war aber der Ansicht, dass einige in der 5. IV-Revision vorgesehene Massnahmen, so etwa die Einführung eines kostenpflichtigen Verfahrens bei Anfechtung eines IV-Rentenentscheids, dringend umgesetzt werden sollten. Er kam zudem zum Schluss, dass das Thema der Entflechtung des Finanzhaushalts von AHV und IV von jenem des Bundes im Rahmen einer langfristigen Sicherung der AHV aufgegriffen und parallel zu den Massnahmen zur Sanierung der IV behandelt werden soll. Ende Oktober gab er dem EDI und dem EFD den Auftrag, eine Entscheidgrundlage bezüglich der Entflechtung auszuarbeiten.

Der Nationalrat überwies stillschweigend ein Postulat (04.3234) Meyer Thérèse (cvp, FR), welches den Bundesrat auffordert, ein Modell zur Flexibilisierung des Rentenalters auszuarbeiten, das sowohl die Beitragsjahre aufgrund einer regulären Erwerbstätigkeit als auch die Höhe der Rente berücksichtigt und die Flexibilisierung des Rentenalters gezielt fördert.

Bericht des EDI zur Gesamtsicht der Sozialwerke
Dossier: Fünfte IV-Revision (2004-2009)

Die GPK des Ständerates befasste sich in einem Bericht anhand von zwei ausgewählten Bereichen (Spitalplanung und Ärztetarif TarMed) mit der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen und mit den vom Bundesrat ergriffenen Massnahmen zu deren Eindämmung. Sie anerkannte, dass den Bundesbehörden im KVG nur wenige Instrumente zur Verfügung stehen, meinte aber, diese würden zu wenig oder falsch genutzt. Es fehle die politische Führung und eine eigentliche Steuerung des Gesundheitswesens. Bei der Spitalplanung sende der Bundesrat widersprüchliche Signale aus. Seine Rolle als Rekursinstanz für Beschwerden gegen die kantonalen Spitallisten schränke den ohnehin geringen politischen Handlungsspielraum zusätzlich ein, da die Rekurse nach rein juristischen Kriterien beurteilt werden müssten, was dazu geführt habe, dass die Spitallisten eher erweitert worden seien und in den Kantonen eine gewisse Rechtsunsicherheit bezüglich der Planung herrsche. Die GPK unterstützte deshalb den Vorschlag des Bundesrates, im Rahmen der Totalrevision der Bundesrechtspflege die Rechtssprechungsfunktion des Bundesrates im KVG-Bereich an das geplante Bundesverwaltungsgericht zu übertragen. Bei den TarMed-Verhandlungen habe der Bundesrat seine Führungsrolle zu wenig wahrgenommen. Der neue Tarif, der mehr Transparenz und bessere Kostenkontrolle ermöglichen soll, sei verschleppt worden und werde frühestens fünf Jahre nach seiner beabsichtigten Einführung wirksam. In diesem Zusammenhang wies die GPK auf die Problematik der Rollenvielfalt des Bundes als Genehmigungs- und Vermittlungsinstanz hin. Sie empfahl dem Bundesrat, sich künftig auf die Vorgabe von politischen Zielsetzungen zu beschränken und die Vermittlerrolle einer neutralen und professionellen Mediation zu überlassen.

Die GPK konstatierte aber auch eine ganze Reihe von „falschen Anreizen“ im Gesetz selber. Zum einen sei die Trennung von staatlicher Planung im Bereich der obligatorischen Grundversicherung und von Marktmechanismen in der Zusatzversicherung hinsichtlich des Ziels der Kostendämpfung ineffizient. Zum anderen begünstige das KVG die Tendenz, dass die Kantone den Anteil der ausserkantonalen Behandlungen aus Kostengründen minimieren, möglichst viel innerhalb des Kantons anbieten und deshalb unkoordiniert planen. Auch das Instrument der Kapazitätsplanung sei hinsichtlich der Kosteneindämmung inadäquat. Der Bettenabbau in öffentlichen Spitälern sei durch den Ausbau in Privatkliniken kompensiert worden. Zudem sei eine Umlagerung vom (von den Kantonen mit zu finanzierenden) stationären in den (ausschliesslich von den Kassen zu bezahlenden) ambulanten Bereich erfolgt.

GPK des Ständerates Spitalplanung TarMed „falschen Anreizen“

Mit dem auf Anfang 1996 in Kraft getretenen Krankenversicherungsgesetz (KVG) wurde der Bundesrat beauftragt, bis 2002 mit Wirkungsanalysen abzuklären, ob die Hauptziele des neuen Gesetzes (kostendämpfender, aber sozial gelenkter Wettbewerb, qualitativ hochstehende und umfassende Grundversorgung und verstärkte Solidarität unter den Versicherten) tatsächlich erreicht werden, sowie allfällige Mängel, deren Ursachen und mögliche Lösungswege aufzuzeigen. Im Berichtsjahr stellte das EDI zwei Studien zur Prämienverbilligung und zum Risikoausgleich vor. Dabei zeigte sich, dass die Prämienverbilligungen generell das gesteckte sozialpolitische Ziel erreichen, dass aber der Mittelstand weiterhin überproportional belastet wird. Die in der KVG-Botschaft genannte „Schmerzensgrenze“ von 8% des steuerbaren Einkommens wird für diese Bevölkerungskategorie nach wie vor in 12 Kantonen überschritten. Bundespräsidentin Dreifuss appellierte denn auch an die Kantone, die Bundessubventionen voll auszuschöpfen und nicht auf diese Beiträge zu verzichten, um die eigenen Leistungen drosseln zu können. Der Risikoausgleich zwischen den Kassen wurde als grundsätzlich gut, aber noch nicht effizient genug erachtet. Insbesondere wurde festgestellt, dass die Risiken (ältere Personen und Frauen) nach wie vor ungleich unter den Kassen verteilt sind, weshalb der Risikoausgleich nicht – wie vom KVG vorgesehen – 2005 aufgehoben werden dürfe.

Wirkungsanalysen zum KVG bezüglich der Entlastung des Mittelstands
Dossier: Prämienverbilligung

Anfangs Oktober, bei der Präsentation der Prämienentwicklung für 2000 (+3,5% im Durchschnitt), erklärte Bundespräsidentin Dreifuss vor den Medien, das System der Kopfprämien sei an seine Limiten gestossen, und es müsse nun ernsthaft über einen Übergang zu einkommensabhängigen Beiträgen diskutiert werden. Mit diesem Vorschlag stiess sie im Bundesrat aber auf wenig Gegenliebe. Dieser beschloss im November, die SP-Initiative abzulehnen und auf die Ausarbeitung eines Gegenvorschlags zu verzichten, obgleich er anerkannte, dass die Finanzierung der obligatorischen Krankenversicherung noch Probleme aufwirft und nicht zufriedenstellend gelöst ist. Er beauftragte deshalb das EDI, verschiedene Modelle für eine Reform des Finanzierungssystems zu prüfen. Dabei soll am heutigen System der Kopfprämien grundsätzlich festgehalten werden. Bundesrat Couchepin ging sogar noch weiter und sprach sich für eine – durch das neue KVG abgeschaffte – Abstufung der Prämien in der Grundversicherung nach Alter aus. Er begründete dies nicht nur mit den höheren Kosten der älteren Generation, sondern (eigentlich ganz im Sinn von Dreifuss) auch mit deren besseren finanziellen Situation.

Volksinitiative „Gesundheit muss bezahlbar bleiben"

Kurz vor Weihnachten stellte das EDI den zweiten Bericht der interdepartementalen Arbeitsgruppe Finanzierung der Sozialversicherung (IDA-FiSo-2) der Öffentlichkeit vor. Nachdem der erste Bericht die finanziellen Folgen der Weiterführung des geltenden Leistungssystems in den Jahren 2010 und 2025 dargestellt hatte, wurden mit dem zweiten Bericht die möglichen Aus-, Um- oder Abbauszenarien im Leistungsbereich dargestellt. IDA-FiSo-1 war im Vorjahr zum Schluss gelangt, dass im Jahre 2010 15,3 Mia. Fr. mehr nötig sind, um die heutigen Sozialleistungen inklusive Mutterschaftsversicherung zu finanzieren. Der Bundesrat hatte IDA-FiSo-2 daraufhin den Auftrag erteilt, anhand von drei Szenarien darzustellen, was getan werden müsste, um den Mehrbedarf auf 9 Mia. Fr. zu beschränken, welche Massnahmen die Fortführung des Status quo fordert und welche die Erhöhung der Ausgaben auf 18 Mia. Fr. Der IDA-FiSo-2-Bericht zeigte den Gestaltungsraum innerhalb der einzelnen Sozialversicherungszweige auf sowie die Auswirkungen für das ganze System, die Versicherten und die Wirtschaft. Bei allen Varianten wurde mit einem finanziellen Mehrbedarf gerechnet.

Sowohl die bürgerlichen Parteien und die Arbeitgeber auf der einen, als auch die SP und die Gewerkschaften auf der anderen Seite sahen sich von den Schlussfolgerungen des Berichtes in ihren Ansichten bestätigt. Die FDP fand, dass jetzt weder ein Ausbau noch die Schliessung von Lücken im sozialen Netz möglich sei. Sie forderte den Bundesrat auf, für die mittel- und langfristigen Aspekte der Finanzierung der Sozialwerke zu einem Gespräch am runden Tisch einzuladen. Die SVP verlangte ein Sanierungspaket, das auf der Leistungsseite zwingende Korrekturen vornehme. Die Arbeitgeber vertraten die Auffassung, dass nur das Szenario "gezielter Abbau" wirtschaftsverträglich sei, und dass im jetzigen Zeitpunkt die Einführung einer Mutterschaftsversicherung nicht zur Diskussion stehen könne. Gegen jeglichen Ausbau war auch der Schweizerische Gewerbeverband; er verlangte unter anderem ein einheitliches Rentenalter von mindestens 65 Jahren, eine Kürzung der Bezugsdauer bei der Arbeitslosenversicherung sowie Kostendämpfungen im Gesundheitswesen.

Ganz andere Schlüsse zogen SP und Gewerkschaften aus dem Bericht. Für die Sozialdemokraten zeigte dieser, dass kein Bedarf für Leistungsabbauszenarien im Sozialversicherungsbereich bestehe und auch ein Moratorium wirtschaftspolitisch nicht zu rechtfertigen sei. Aus dem Bericht sei zudem ersichtlich, dass die Politik in der Ausgestaltung der sozialen Schweiz der nächsten Jahrzehnte einen sehr grossen Spielraum habe. Für den Christlichnationalen Gewerkschaftsbund (CNG) stellte der Bericht eine gute Ausgangslage dar, um die Auseinandersetzungen über die künftige Ausgestaltung der Sozialwerke zu versachlichen. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) hingegen bezeichnete den Bericht als mangelhaft. Er liste unzählige Abbauvorschläge auf und beschränke sich dabei auf die Bezifferung der möglichen Einsparungen. Dabei hätten die Experten vergessen, die Folgen für die Betroffenen darzulegen. SP und SGB verlangten die rasche Realisierung der Mutterschaftsversicherung und der Ruhestandsrente.

Einmal mehr zwischen den Fronten versuchte sich die CVP zu positionieren. Die Partei sprach sich sowohl gegen den Abbau als auch gegen den Ausbau, sondern für den Umbau der Sozialversicherungen auf dem Niveau der heutigen Sozialleistungsquote sowie für eine Mutterschaftsversicherung aus. Sie kritisierte aber, die Arbeitsgruppe sei von zu optimistischen Arbeitslosenquoten (maximal 3,5%) ausgegangen. Sparpotential ortete sie in mehr Eigenverantwortung und in der Missbrauchsbekämpfung.

Drei-Säulen-Bericht/IDA FiSo

Der neue Preisüberwacher Werner Marti ortete die hauptsächlichsten Transparenzprobleme bezüglich der Kosten im Gesundheitswesen nicht bei den Krankenkassenprämien, wie dies die kantonalen Sanitätsdirektoren gerügt hatten, sondern in erster Linie bei den Leistungserbringern, insbesondere bei den Spitälern. Bei seinen Stellungnahmen zu verschiedenen Tarifanpassungen von Spitälern habe er feststellen können, dass so bedeutende Parameter wie eine einheitliche Kostenrechnung, Leistungsstatistiken, Betriebsvergleiche und häufig auch Spitalplanungen fehlten. Diese Unterlagen wären aber nötig, um die Wirtschaftlichkeit eines Spitals sowie die Betriebskostenanteile aus Überkapazitäten beurteilen zu können. Gemäss Marti müssten nun die Kantone selbst die Anstrengungen für mehr Transparenz in den Spitälern verstärken, da hier zweifelsohne ein grosses Sparpotential vorhanden sei.

Preisüberwacher ortet Transparenzprobleme im Gesundheitswesen vor allem bei den Spitälern (1996)