Suche zurücksetzen

Inhalte

  • Erwerbsersatz bei Mutterschaft

Akteure

Prozesse

  • Bundesratsgeschäft
22 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Im November 2018 veröffentlichte der Bundesrat die Botschaft für eine Änderung des Erwerbsersatzgesetzes (EOG) zur Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen, wie sie die Motion der SGK-SR vom August 2016 (Mo. 16.3631) gefordert hatte. Grund für die Revision des EOG sei eine Rechtslücke bei der Mutterschaftsentschädigung, da die Mütter bei über dreiwöchigem Spitalaufenthalt der Neugeborenen heute zwar die Mutterschaftsentschädigung aufschieben könnten, jedoch weder das EOG noch eine andere Versicherung bei Aufschub der Mutterschaftsentschädigung Leistungen vorsähen. Daher schlug der Bundesrat 56 zusätzliche Entschädigungstage (Wochentage, nicht Arbeitstage) sowie eine Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs und des Schutzes vor Kündigung zur Unzeit vor, sofern Neugeborene mindestens drei Wochen im Spital verbleiben müssten und die Mütter nach dem Mutterschaftsurlaub ihre Erwerbstätigkeit wieder aufnähmen. Die Zusatzkosten von jährlich CHF 5.9 Mio. würden durch die aktuellen Einnahmen der EO gedeckt.

Bei der Vernehmlassung von März bis Juni 2018, an der sich alle 26 Kantone, fünf im eidgenössischen Parlament vertretene Parteien sowie zahlreiche Verbände beteiligten, traf der Vorschlag ausser bei der SVP und dem Gewerbeverband mehrheitlich auf Zustimmung. Die SVP argumentierte, dass die Erholung der Mutter und der Aufbau einer Bindung zum Kind – der Zweck des Mutterschaftsurlaubs – auch im Spital geschehen könnten. Der SGV hielt die Nachweispflicht für die Mütter, dass sie bereits vor der Geburt geplant hätten, nach dem Mutterschaftsurlaub wieder zu arbeiten, für unpraktikabel und forderte das Vorliegen eines gültigen Arbeitsvertrags. Auch SAV, SGB und Travail.Suisse erachteten diesen Nachweis als zu komplex und sprachen sich stattdessen für eine Überprüfung durch die Ausgleichskassen anhand der später entrichteten Beiträge aus, während die SP eine Ausdehnung der Entschädigung auf alle Frauen unabhängig ihrer Erwerbstätigkeit forderte. Darüber hinaus kritisierten SGB und Travail.Suisse, dass die Vorlage nicht alle Lücken im sozialen Netz bezüglich Mutterschaftsentschädigung schliesse.

Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen (BRG 18.092)

In der Herbstsession 2018 behandelte der Ständerat die Revision des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts (ATSG). Für die SGK-SR erklärte Pirmin Bischof (cvp, SO), dass es sich dabei um eine «Klammergesetzgebung» handle, deren Regeln mit Ausnahme der beruflichen Vorsorge für alle Sozialversicherungszweige gelten würden. Das ATSG sei seit seiner Inkraftsetzung 2003 nicht überarbeitet worden, daher sollten nun diverse Revisionsanliegen umgesetzt werden. Ohne Gegenantrag trat die kleine Kammer auf die Vorlage ein. Die SGK-SR hatte sich bei ihren Behandlungen der Vorlage im Frühling und Sommer 2018 mehrheitlich zufrieden gezeigt und mit deutlichen 10 zu 0 Stimmen (bei 1 Enthaltung) vor allem einen grösseren Änderungsantrag geschaffen: Die Bundesversammlung sollte nicht die Kompetenz erhalten, internationale Sozialversicherungsabkommen mit einem einfachen Bundesbeschluss genehmigen zu können. Kommissionssprecher Bischof erklärte, es spiele eben durchaus eine Rolle, ob ein Abkommen zum Beispiel mit Deutschland oder mit der Dominikanischen Republik abgeschlossen werde, da Bestimmungskategorien nicht in allen Staaten gleich beurteilt werden könnten. Deshalb reiche es für die Beurteilung eines Abkommens nicht aus, dass eine ähnliche Bestimmung in einem anderen Abkommen bereits existiere. Gesundheitsminister Berset wies insbesondere darauf hin, dass ein Verzicht auf diese Kompetenzübertragung nicht den Spielraum des Bundesrates, sondern des Parlaments einschränken würde. Stillschweigend folgte die kleine Kammer ihrer Kommission.
Zudem entschied sich der Ständerat, den Versicherten nicht die vollständigen Kosten, die durch Überwachungen bei einem ungerechtfertigten Leistungsbezug entstanden sind, aufzuerlegen, sondern diese auf die «angemessenen Mehrkosten» zu beschränken. Daneben sorgte auch ein Minderheitsantrag Bruderer Wyss (sp, AG) für Diskussionen; mit diesem sollten die neu geschaffene Kostenpflicht bei den Verfahren gestrichen und Kosten wie bisher nur bei mutwilligem oder leichtsinnigem Verhalten einer Partei auferlegt werden. Im IV-Bereich, wo die Kostenpflicht bereits bestehe, habe diese zu einer stärkeren Belastung der Kantone geführt, erklärte die Minderheitsführerin dem Rat. So habe die Anzahl «aussichtsloser» Beschwerden nicht ab-, die Anzahl Gesuche um Gewährung einer unentgeltlichen Prozessführung jedoch zugenommen. Dennoch folgte der Ständerat dem Mehrheitsantrag auf Zustimmung zum bundesrätlichen Entwurf mit 29 zu 14 Stimmen. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat die Revision des ATSG schliesslich ohne Gegenstimme mit 38 Stimmen und 2 Enthaltungen an.

Revision des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts (BRG 18.029)
Dossier: Überwachung von Versicherten (2016-2019)

Im März 2018 legte der Bundesrat die Botschaft zur Revision des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vor. Die geplanten Massnahmen, von denen viele aufgrund von parlamentarischen Vorstössen in die Gesetzesrevision aufgenommen wurden, teilte er in drei Bereiche ein: Missbrauchsbekämpfung, Anpassung an den internationalen Kontext und Optimierung des Systems.
Zur Missbrauchsbekämpfung schlug der Bundesrat insbesondere Massnahmen vor, die bereits im Rahmen der (abgelehnten) IV-Revision 6b behandelt und anschliessend in einer Motion Schwaller (cvp, FR; Mo. 13.3990) erneut gefordert worden waren. Unter anderem sollen bei begründetem Verdacht auf unrechtmässige Leistungserwirkung, bei Meldepflichtverletzung oder bei nicht fristgerechter Teilnahme an Lebens- oder Zivilstandskontrollen Leistungen der Sozialversicherungen vorsorglich eingestellt werden können. Die Verwirkungsfrist für die Rückforderung unrechtmässig bezogener Leistungen soll verlängert werden und bei Nichtantreten eines Straf- oder Massnahmenvollzugs sollen Sozialversicherungsleistungen nicht mehr ausbezahlt werden müssen, wie es die Motion Lustenberger (cvp, NR; Mo. 12.3753) gefordert hatte. Die meisten dieser Regelungen entsprachen der Praxis der Sozialversicherungen, sollen nun aber kodifiziert werden. Mit den gesetzlichen Grundlagen für die Überwachung der Versicherten war ein Grossteil der Massnahmen zur Missbrauchsbekämpfung zuvor bereits in ein eigenes Geschäft ausgelagert und vordringlich behandelt worden.
Bei den Anpassungen an den internationalen Kontext geht es einerseits darum, eine Gesetzesgrundlage für die Umstellung des internationalen Informationsaustauschs auf eine elektronische Übermittlung zu schaffen. Andererseits sollen internationale Sozialversicherungsabkommen zukünftig mit einfachem Bundesbeschluss genehmigt werden können und somit dem fakultativen Referendum entzogen werden. Es entspricht der langjährigen Praxis, Abkommen, die über ein ähnliches Verpflichtungsniveau verfügen wie eine grosse Anzahl vergleichbarer, bereits abgeschlossener Abkommen, nicht dem fakultativen Referendum zu unterstellen. Nachdem das Bundesamt für Justiz 2014 in einem Bericht beschieden hatte, dass das Kriterium der Neuheit einer Bestimmung für ein solches Vorgehen nicht ausreiche, entschied der Bundesrat, diese Praxis im ATSG festzuschreiben.
Optimiert werden soll das Sozialversicherungssystem schliesslich durch eine Anpassung der Regressbestimmungen, bei denen dieselben Mitwirkungspflichten geschaffen werden sollen wie bei der Prüfung eines Leistungsanspruchs, sowie durch die Schaffung einer differenzierten Kostenpflicht für alle Sozialversicherungsverfahren – ähnlich der Regelung, welche die SVP-Fraktion in einer Motion gefordert hatte (Mo. 09.3406). Hier entschied sich der Bundesrat für die erste Variante, die er in der Vernehmlassung vorgeschlagen hatte und die dort auf mehr Gegenliebe gestossen war als ein fixer Kostenrahmen zwischen CHF 200 und 1000 (Variante 2).

Revision des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts (BRG 18.029)
Dossier: Überwachung von Versicherten (2016-2019)

Im Februar 2017 schickte der Bundesrat die Revision des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) in die Vernehmlassung. Das ATSG enthält diejenigen Regelungen, die ausser der beruflichen Vorsorge für alle Sozialversicherungszweige gelten. Die Revision des seit 2000 geltenden Gesetzes war durch die Motionen Lustenberger (cvp, LU; Mo. 12.3753), Schwaller (cvp, FR; Mo. 13.3990) und der SVP-Fraktion ausgelöst und aufgrund von «optimierten Prozessen, aktueller Rechtsprechung und internationalen Verträgen» nötig geworden.
Insbesondere sollen in der Revision die Grundlagen für Observationen bei Verdacht auf Versicherungsmissbrauch nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) 2016 ergänzt und die bestehenden Bestimmungen sowie die Abläufe zur Missbrauchsbekämpfung verbessert werden. Geplant sind zudem neue Regelungen bezüglich der Kostenpflicht der kantonalen sozialversicherungsrechtlichen Gerichtsverfahren, eine bessere Koordination der Systeme der sozialen Sicherheit zwischen der Schweiz und der EU wie auch eine rechtliche Verankerung der bisherigen Praxis, Sozialversicherungsabkommen nicht dem fakultativen Referendum zu unterstellen.
Die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden, insbesondere die Kantone und die Durchführungsstellen, bewertete die Revision positiv und kritisierte nur vereinzelte Punkte. Auf Widerstand stiessen insbesondere die Massnahmen zur Missbrauchsbekämpfung sowie die Einführung einer Kostenpflicht bei Sozialversicherungsverfahren.

Revision des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts (BRG 18.029)
Dossier: Überwachung von Versicherten (2016-2019)

Im Rahmen der Revision des Erwerbsersatzgesetzes, mit der – ausgehend von einer vom Nationalrat angenommen parlamentarischen Initiative – ein Mutterschaftstaggeld von 80% des vor der Niederkunft erzielten Erwerbseinkommens eingeführt werden soll, wurden im Gegenzug auch die Taggelder der Dienstleistenden im Militär- und Zivildienst von 65 auf 80% des entgehenden Lohnes (bis zur Höhe des maximal versicherbaren Salärs) angehoben, womit eine Gleichstellung beim Erwerbsausfall und eine Harmonisierung mit den Taggeldern der Unfallversicherung und der IV erreicht wurde. Da der Bundesrat in der Zwischenzeit in Ausführung einer als Postulat überwiesenen Motion des Nationalrats vorgeschlagen hatte, die Rekrutenentschädigung mit der Einführung von «Armee XXI» von 20 auf 25% des Höchstbetrages der Gesamtentschädigung zu erhöhen, beantragte die Kommission erfolgreich, den bundesrätlichen Entwurf nicht separat zu behandeln, sondern direkt in diese Revision einzubeziehen. Diesem Entscheid schloss sich der Nationalrat stillschweigend an und übernahm auch diskussionslos die vorgeschlagenen Erhöhungssätze.

Revision des Erwerbsersatzgesetzes Taggelder der Dienstleistenden

Getreu seinem Versprechen nach der negativ verlaufenen Volksabstimmung von 1999 legte der Bundesrat im Sommer seine Vorschläge für einen rein obligationenrechtlich geregelten bezahlten Mutterschaftsurlaub für alle Arbeitnehmerinnen vor. Der Urlaub sollte allein von den Arbeitgebern finanziert werden und entweder je nach Dienstalter 8 bis 14 Wochen oder generell 12 Wochen dauern. Ein Lastenausgleich für Unternehmen und Branchen mit einem hohen Anteil an jungen Frauen unter den Angestellten war nicht vorgesehen.

Ausweitung der Erwerbsersatzansprüche auf erwerbstätige Mütter (Pa.Iv. 01.426)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Bereits in den ersten Tagen nach der Ablehnung wurde im Parlament ein ganzer Strauss von Vorlagen eingereicht, welche die gesetzlichen Lücken beim Mutterschutz schliessen wollten oder anderweitige Entlastungen der Familien mit Kindern anregten. Der Bundesrat beantwortete alle diese Vorstösse am 20. September, wobei er einige in Postulatsform annehmen, andere hingegen ablehnen wollte. Er gab seinem Bedauern über die Verwerfung in der Volksabstimmung Ausdruck und erklärte, er halte am Ziel fest, die heutige, sozialpolitisch ungenügende Regelung des Erwerbsausfalles bei Mutterschaft gesetzgeberisch zu korrigieren. Er beabsichtige deshalb, dem Parlament zu Beginn der nächsten Legislaturperiode einen entsprechenden Lösungsvorschlag vorzulegen, wobei prioritär die Situation der unselbstständig erwerbstätigen Frauen berücksichtigt werden müsse.

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Um so mehr erstaunte das klare Verdikt des Stimmvolkes. 61% sprachen sich an der Urne gegen die Mutterschaftsversicherung aus. Nach drei Anläufen (1984, 1987 und 1999) bleibt die Schweiz damit das einzige Land Europas, welches den Frauen keine gesetzlichen Leistungen bei Mutterschaft zuerkennt. Einmal mehr Anlass zu staatspolitischen Bedenken gab der tiefe Graben zwischen der deutschen und der lateinischen Schweiz. Alle Deutschschweizer Kantone lehnten die Vorlage ab, zum Teil mit Mehrheiten von über 80%. Am deutlichsten wurde die MSV in Appenzell-Innerrhoden mit rund 86% Nein-Stimmen verworfen, gefolgt von den Innerschweizer Kantonen mit annähernd 80%, also den eigentlichen Stammlanden der CVP, die sich neben der SP am stärksten für die Vorlage engagiert und die umstrittenen Grundleistungen an alle (erwerbstätigen oder nichterwerbstätigen) Mütter besonders forciert hatte. Am wenigsten ablehnend verhielten sich Kantone Basel-Stadt (43,5% Ja), Zürich (37,2%) und Bern (36,2%). Ganz anders präsentierte sich das Bild in der Romandie, wo praktisch alle Parteien die Ja-Parole ausgegeben hatten. Das Spitzenresultat erzielte die Vorlage im Kanton Genf mit 74,3% Zustimmung, gefolgt von Jura (70,3%), Waadt (64,0%) und Neuenburg (62,8%). Das Tessin hiess die Vorlage mit 62,6% gut, Freiburg mit 54,1%. Das Wallis lehnte die MSV knapp mit 49% ab, wobei das deutschsprachige Oberwallis entscheidend zur Verwerfung beitrug.


Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung
Abstimmung vom 13. Juni 1999

Beteiligung: 45,9%
– Ja: 822 458 (39%)
– Nein: 1 286 824 (61%)

Parolen:
– Ja: CVP (1*), SP, Grüne, LPS (*1), EVP, LdU, PdA; SGB, CNG, VSA, SBV, FDP-Frauen Schweiz.
– Nein: FDP (7*), SVP (2*), FPS, SD (*1), EDU; Vorort, Arbeitgeber, SGV.

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Bereits mehrere Wochen bevor das Referendum am 9. April fristgerecht mit 70'320 gültigen Unterschriften eingereicht wurde, verlautete, der Bundesrat habe (wenn auch noch informell) beschlossen, die Volksabstimmung über die MSV auf den 13. Juni anzusetzen. Begründet wurde dies damit, dass wegen der eidgenössischen Wahlen für den Herbst kein Abstimmungstermin vorgesehen war; eine Verschiebung auf das Jahr 2000 lehnte der Bundesrat ab, weil der über 50jährige Verfassungsauftrag keinen weiteren Aufschub dulde. Dieses recht unschweizerische Tempo gab zu der Vermutung Anlass, die Befürworter der MSV in der Landesregierung wollten die Abstimmung unbedingt noch im Wahljahr durchpauken, weil damit wiederkandidierende Parlamentarierinnen und Parlamentarier besser auf ihrem Ja des Vorjahres behaftet werden könnten. Je nach Standpunkt wurde dieses Vorgehen des Bundesrates als geschickter Schachzug oder aber als politische „Zwängerei“ eingestuft. Jedenfalls entstand dadurch die ungewohnte Situation, dass das Referendumskomitee mitten in der Phase der Unterschriftensammlung bereits ihr Argumentarium für das "Bundesbüchlein" abliefern musste. Zudem blieben nur ganz wenige Tage, um die eingegangenen Unterschriften auszuzählen und zu beglaubigen, da der Bundesrat spätestens zwei Monate vor einem eidgenössischen Urnengang bekannt geben muss, welche Geschäfte zur Abstimmung gelangen.

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Das Vorpreschen des Bundesrates führte auch dazu, dass die Abstimmungskampagne unmittelbar nach Einreichung des Referendums einsetzte. Dabei waren die Meinungen bei den meisten Parteien, Gruppierungen und Vereinigungen von Anfang an klar. Die CVP, das links-grüne Lager sowie die EVP und der LdU waren ebenso dezidiert dafür wie die SVP und die rechts-bürgerlichen Parteien dagegen. Nicht recht entscheiden mochte sich angesichts des Widerstands aus der Wirtschaft die FDP, deren Abgeordnete im Vorjahr noch mehrheitlich der MSV zugestimmt hatten. Neben der nicht definitiv geregelten Finanzierung kritisierten die Gegner vor allem die Grundleistungen für alle werdenden Mütter, welche den eigentlichen Versicherungsgedanken sprengten. Am meisten fielen bei den Freisinnigen jedoch die Unterschiede zwischen den Landesteilen ins Gewicht. Während sich in der Deutschschweiz zusehends Opposition gegen die Vorlage breit machte, stellten sich die welschen Kantonalsektionen nach wie vor geschlossen dahinter. An der Delegiertenversammlung in Brig schwang die ablehnende Haltung der Deutschschweizer nach einer hitzigen Debatte mit 85 zu 73 Stimmen obenaus, und die Partei beschloss die Nein-Parole. Da in der Zwischenzeit jedoch in Arbeitgeberkreisen die Nein-Front bröckelte, weil immer mehr Firmenverantwortliche realisierten, dass sie mit einer MSV finanziell eher entlastet würden, schien die Ausgangslage am Vorabend der Abstimmung noch völlig offen.

Offiziell wurde die Abstimmungskampagne Ende April mit einer gemeinsamen Pressekonferenz von BR Dreifuss und BR Villiger lanciert; Villiger stellte sich „nicht bedingungslos“ hinter die Vorlage, bezeichnete sie aber als „wirtschaftsverträglich und vernünftig“

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Wie bereits bei der Behandlung im Parlament angedroht, wurde im Januar von der Jungen SVP mit Unterstützung bürgerlicher Politikerinnen sowie der Präsidenten von Arbeitgeber- und Gewerbeverband das Referendum gegen die vom Parlament im Vorjahr verabschiedete Mutterschaftsversicherung ergriffen. Hauptargument der Gegnerinnen und Gegner der Vorlage war, mit den Beschlüssen des Parlaments sei ein neuer Sozialversicherungszweig „auf Pump“ eingeführt worden, der mit dem Verzicht auf eine vorgängige Mehrwertsteuerabstimmung am Volk „vorbeigemogelt“ werden solle und erst noch nach dem Gieskannenprinzip funktioniere. Prominent im Referendumskomitee vertreten waren die Nationalrätinnen Egerszegi (fdp, AG), Fehr (svp, ZH), Florio (lp, VD) sowie deren Vorgängerin Sandoz. Praktisch gleichzeitig konstituierte sich ein bürgerliches Pro-Komitee, dem auf FDP-Seite – neben der Zürcherin Nabholz – mehrheitlich Parlamentarierinnen aus der Romandie angehörten. Aus der CVP engagierten sich vor allem Dormann (LU) und Zapfl (ZH). Die SVP war hier lediglich mit Gadient (GR) vertreten; immerhin erhielt sie Unterstützung von der ehemaligen SVP-Generalsekretärin Welti.

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

In der Wintersession debattierte der Ständerat noch einmal heftig über die Finanzierung bzw. über deren Fahrplan. Mit 23 zu 21 Stimmen schloss sich die kleine Kammer dann doch dem Nationalrat an, was bedeutet, dass die MSV auch ohne vorgängige MWSt-Abstimmung eingeführt werden kann. Zu verdanken war der Entscheid vor allem der Geschlossenheit und Diszipliniertheit der CVP, welche die Linke unterstützte. Die Freisinnigen (mit Ausnahme von Saudan, GE), die SVP und die Liberalen stimmten dagegen. Nach diesem Grundsatzentscheid waren nur noch unwesentliche Details zu bereinigen. In der Gesamtabstimmung wurde das Gesetz im Nationalrat mit 116 zu 58 Stimmen verabschiedet, mit 25 zu 10 Stimmen im Ständerat.

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Die Junge SVP kündigte bereits im Vorfeld der Differenzbereinigung an, dass sie das Referendum ergreifen werde, falls die MSV ohne vorgängige MWSt-Abstimmung eingeführt werden sollte. Obgleich sich die Arbeitgeber durch die MSV mehrheitlich entlastet sähen, da die tariflich vereinbarten internen Lohnfortzahlungen weitgehend wegfallen würden, erklärten sie dennoch, ihre Fundamentalopposition gegen dieses neue Sozialversicherungswerk beizubehalten und das Referendum höchst wahrscheinlich zu unterstützen. Die gleiche Haltung nahm auch der Gewerbeverband ein.

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Im Nationalrat sprach sich ebenfalls (mit 139 zu 38 Stimmen) eine Mehrheit für die Eintreten aus. Einzig die SVP – mit Ausnahme ihrer weiblichen Abgeordneten , ein paar Freisinnige um Egerszegi (AG) sowie die äussere Rechte hatten Nichteintreten beantragt. In der Detailberatung war der Grundsatz, dass auch nichterwerbstätige Mütter eine Grundleistung beziehen sollen, kaum bestritten, ebensowenig wie das Prinzip, die Adoption der natürlichen Geburt gleichzusetzen. Zu etwas mehr Diskussionen führte die Ausgestaltung der Lohnfortzahlung für die erwerbstätigen Mütter. Gegen Bundesrat und Ständerat schlug die Kommission vor, hier 16 anstatt 14 Wochen vorzusehen, da dies auch dem internationalen Vergleich standhalten würde. Der Berner CVP-Vertreter Hochreutener warnte aber davor, das Fuder zu überladen, worauf sich der Rat mit 101 zu 75 Stimmen für die kürzere Frist entschied. Zweiter Diskussionspunkt war die Frage, welcher Prozentsatz des Lohnes entschädigt werden soll. Der Ständerat war hier dem Bundesrat gefolgt und hatte 80% des letzten Lohnes beschlossen. Die Grüne Baselbieterin Gonseth beantragte, den Lohnausfall zu 100% auszugleichen. Sie argumentierte, mit 14 Wochen Schwangerschaftsurlaub und 80% stehe die Schweiz im europäischen Vergleich immer noch am Schluss. Zapfl (cvp, ZH) gab demgegenüber zu bedenken, mit einer Pauschalleistung für alle Mütter und einem 80-prozentigem Lohnersatz biete dies Frauen mit einem Jahreseinkommen bis CHF 48'000 vollen Ausgleich. Mit 105 zu 67 Stimmen entschied der Rat gegen den Antrag Gonseth.

Bei der Finanzierung folgte der Nationalrat im Grundsatz diskussionslos der kleinen Kammer. Damit waren allfällige Lohnprozente definitiv vom Tisch. Um so heftiger war die Frage umstritten, ob der Start der MSV so lange ausgesetzt werden soll, bis die für eine langfristige Finanzierung nötigen Mehrwertsteuerzuschläge in einer Gesamtabstimmung vom Volk bewilligt sind. SP, CVP und GP erklärten, gegen das neue Gesetz könne ohnehin noch das Referendum ergriffen werden; jene (rechts)bürgerlichen Kreise, welche eine separate MWSt-Vorlage verlangten, wollten nur den neuen Versicherungszweig am Ständemehr scheitern lassen. Die SVP, die äussere Rechte und ein Teil der FDP bezeichneten die Vorlage ohne vorgängige langfristig sichergestellte Finanzierung hingegen einmal mehr als ”Mogelpackung”. Überraschend deutlich mit 111 zu 68 Stimmen setzte sich schliesslich die Auffassung durch, die vorläufige Finanzierung der MSV mit den Mitteln der EO sei legitim, weil dieser Fonds stark überschüssig sei und seit Beginn seines Bestehens mit Beiträgen erwerbstätiger Frauen gespiesen worden sei; der allfällig notwendig werdende Rückgriff auf die MWSt solle erst später im Rahmen eines ohnehin vorgesehenen Gesamtpaketes erfolgen.

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Eintreten auf die Vorlage war in der kleinen Kammer nicht bestritten, doch ertönten sehr kritische Voten aus den Reihen der FDP. Am heftigsten äusserte sich Schiesser (GL). Er gestand zwar gute Gründe für eine MSV ein und bezeichnete die Vorlage als letztlich moderat. Er erinnerte Bundesrätin Dreifuss aber auch an die ungelösten Finanzierungsprobleme in den anderen Sozialversicherungen und stellte bei der Landesregierung einen Mangel an klaren Vorstellungen und nachhaltigen Konzepten zum Sozialversicherungssystem fest. Die Vorlage fand hingegen Unterstützung bei den beiden FDP-Frauen Saudan (GE) und Forster (SG), welche betonten, die heutigen Ungleichheiten im arbeitsrechtlichen Mutterschaftsschutz müssten unbedingt korrigiert werden. Die Vertreter der CVP stellten sich – traditionellerweise – voll und ganz hinter die MSV, vor allem da mit dem neuen Finanzierungsmodell ein durchaus wirtschaftsfreundlicher Vorschlag zur Debatte stehe. Die SP beteiligte sich nicht an der Eintretensdebatte.

Zu Beginn der Detailberatung stellte Beerli (fdp, BE) den Antrag, auf die Grundleistung für alle Mütter zu verzichten. Die Grundbeiträge stellten in Tat und Wahrheit eine ”Geburtsprämie” dar, die in einer liberalen Gesellschaft nicht zu suchen habe. Eine Versicherung könne nur einen Schaden ausgleichen, und der erfolge eben beim Erwerbseinkommen. Mit der Einführung der Grundbeiträge werde das Versicherungs- mit einem Bedarfssystem im gleichen Gesetz vermischt, wobei es sich bei der Geringfügigkeit der Beträge gar nicht um echte Bedarfsleistungen handle, für die ohnehin die Kantone zuständig wären. Mit ihrer Argumentation fand die Bernerin nicht viel Gehör. Sowohl Brunner (sp, GE) wie Delalay (cvp, VS) erinnerten an die vielen Frauen, die aufgrund ihrer familiären Pflichten gar nicht auswärts arbeiten können; ohne Grundleistung würden diese Frauen für ihr Engagement zugunsten der Familie quasi bestraft. Simmen (cvp, SO) setzte sich ebenfalls klar für die Grundbeiträge ein; es gehe weniger um die Frage, ob es eine echte Versicherung sei oder nicht, sondern vielmehr um einen gesellschaftspolitischen Entscheid für die Zukunft der Familien. Mit 25 zu 8 Stimmen wurde der Antrag Beerli deutlich abgelehnt. Mehr Glück hatte Respini (cvp, TI) mit seinem Antrag, die Adoption der leiblichen Geburt gleichzusetzen und mit analogen Leistungen zu honorieren. Die Kommission hatte diesen Vorschlag des Bundesrates wieder aus der Vorlage gekippt. Mit Unterstützung von Bundesrätin Dreifuss setzte er sich mit 23 zu 11 Stimmen durch.

Die Geister schieden sich dann aber vor allem an der Frage, ob die Erhöhung der MWSt in einer speziellen Abstimmung oder zusammen mit dem Gesamtpaket, das der Bundesrat im Jahr 2000 oder 2001 für die finanzielle Sicherung der Sozialwerke (AHV und IV) vorlegen will, erfolgen soll. Vor allem die Vertreter der FDP und SVP bezeichneten eine generelle Abstimmung als ”Mogelpackung” und drängten auf eine Grundsatzabstimmung vor Einführung der MSV, da es nicht angehe, einen neuen Versicherungszweig einzuführen, bevor dessen langfristige Finanzierung gesichert sei. Von ihren Kontrahenten aus SP und CVP mussten sie sich deshalb den Vorwurf gefallen lassen, auf diese Weise die gesamte Vorlage torpedieren zu wollen. Auch Bundesrätin Dreifuss plädierte für eine Verschiebung der Abstimmung, da Kaskadenabstimmungen zur MWSt vermieden werden sollten, und zu verhindern sei, dass die verschiedenen Sozialwerke gegeneinander ausgespielt werden. Schliesslich stand eine Gruppe aus FDP, SVP und einzelnen Christdemokraten einer gleich starken Koalition bestehend aus der SP, der Mehrheit der CVP und einzelnen Freisinnigen aus der Romandie gegenüber. Mit 20 zu 20 Stimmen führte die Abstimmung denn auch zu einem Patt. Ratspräsident Zimmerli (svp, BE) gab den Stichentscheid zugunsten einer vorgezogenen Abstimmung.

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Die vorberatende Kommission des Ständerates trug den Bedenken aus dem bürgerlichen Lager Rechnung und erarbeitete für die Mutterschaftsversicherung (MSV) ein von den Vorschlägen des Bundesrates abweichendes Finanzierungsmodell unter Ausschluss von Lohnprozenten. Alle Leistungen für erwerbstätige und nichterwerbstätige Mütter (gesamthaft jährlich rund eine halbe Milliarde Franken) sollen aus einem neuen gemeinsamen Fonds bezahlt werden. Dieser soll in einer ersten Phase mit Geldern aus der Erwerbsersatzordnung für Militärdienstpflichtige (EO) gespiesen werden, die über ein Reservepolster von gut 2,5 Mia Fr. verfügt. Zeichnet sich ab, dass der Fonds unter den Betrag einer halben Jahresausgabe fällt, soll mit der Zustimmung der Stimmberechtigten die Mehrwertsteuer (MWSt) angezapft werden, und zwar mit 0,25% Prozent. Im Fall einer Ablehnung durch das Volk hätte der Bundesrat die Kompetenz, den EO-Lohnabzug von 0,3 auf 0,5% zu erhöhen. Die vom Bundesrat vorgeschlagenen Leistungen schienen der Mehrheit der Kommission hingegen angemessen.

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Im September des Vorjahres hatte der Bundesrat erklärt, er wolle noch vor Abschluss der Arbeiten von IDA-FiSo-2 die 4. IV-Revision, die 6. EO-Revision sowie die Einführung einer Mutterschaftsversicherung vorantreiben und dabei mögliche finanzielle Interdependenzen berücksichtigen sowie die drei Vorlagen zeitlich aufeinander abstimmen. Während die Verknüpfung zwischen IV und EO beibehalten wurde, beschloss der Bundesrat, die Vorlage zur Mutterschaftsversicherung nicht mit den beiden anderen Vorlagen zu koppeln. Aufgrund der in der Vernehmlassung zu einem ersten Entwurf gemachten Einwände wurden dabei neue Ausrichtungen für die Finanzierung und die vorgesehenen Leistungen vorgenommen. Entgegen den früheren Vorschlägen soll die Mutterschaftsversicherung nun doch allen Frauen zugute kommen, unabhängig davon, ob sie erwerbstätig sind oder nicht. Eine Grundleistung von maximal 3980 Fr. wird allen Müttern ausgerichtet, allerdings abhängig vom Familieneinkommen; bei einem Einkommen von 71'640 Fr. (sechsfache AHV-Mindestrente) sinkt sie auf null. Diese Grundleistung, welche auf 58 Mio. Fr. pro Jahr geschätzt wurde, soll aus allgemeinen Bundesmitteln finanziert werden. Zusätzlich dazu erhalten erwerbstätige Frauen einen Erwerbsersatz. Um Kosten zu sparen und die Wirtschaft nicht allzu sehr zu belasten, wurde der Mutterschaftsurlaub von 16 auf 14 Wochen verkürzt und die Ersatzquote von 100% auf 80% des versicherten Verdienstes herabgesetzt; diese deckt maximal den für die Unfallversicherung geltenden Höchstbetrag des versicherten Verdienstes ab (momentan 97'200 Franken). Finanziert werden soll der Erwerbsersatz paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern mit je 0,1 Lohnprozenten. Die Bestimmungen über den Mutterschaftsurlaub in den Gesamtverträgen sollen in Kraft bleiben, allerdings nur, wenn sie sich für die Frauen günstiger auswirken als die gesetzliche Regelung.

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Mitte Juni präsentierte Bundesrätin Dreifuss ihren Kollegen ihren Vorschlag für die Mutterschaftsversicherung. Danach sollen alle Frauen in den Genuss von 16 Wochen bezahlten Mutterschaftsurlaub gelangen. Die Lohnfortzahlung an die berufstätigen Mütter (693 Mio. Fr. pro Jahr) würde über eine Erhöhung der Lohnprozente von 0,24%, die Entschädigung an die nichtberufstätigen Mütter (125 Mio. Fr.) zu Lasten der Bundeskasse erfolgen. Der Bundesrat nahm den Vorschlag durchaus wohlwollend zur Kenntnis, vertagte aber seinen Entscheid über die Form der Finanzierung. Kaum zwei Wochen später distanzierte sich Finanzminister Villiger jedoch bereits wieder von der Aussage, der Bundesrat habe dem Modell grundsätzlich zugestimmt, und er sprach sich für eine Lösung aus, die allein die erwerbstätigen Frauen berücksichtigt. Gleichzeitig scherten auch die FDP-Frauen aus der gemeinsamen Plattform aus, indem sie einen Brief von Vertreterinnen der CVP, SP und SVP, welche die Aufschiebung eines verbindlichen Beschlusses kritisierten, nicht unterzeichneten. Nach der Sommerpause fiel der für August versprochene Entscheid über die Finanzierung erneut nicht. Der Bundesrat nahm die Diskussion erst wieder bei seiner Beratung des IDA-FiSo-Berichts im September auf. Dabei beschloss er, die Frage der Finanzierung erneut auszusetzen und an die anstehenden Revisionen von IV und EO zu koppeln.

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Im Rahmen der Legislaturplanung 1995-1999 präzisierte der Bundesrat seine Vorstellungen zu einer Mutterschaftsversicherung. Im Zentrum steht für ihn der Erwerbsersatz für berufstätige Mütter. Er möchte aber auch prüfen, in welcher Form Leistungen an nicht erwerbstätige Mütter ausgerichtet werden sollen.

Präzisierung der Mutterschaftsversicherung im Rahmen der Legislaturplanung (BRG 96.016)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Im Rahmen der Legislaturplanung 1995-1999 hielt der Bundesrat fest, dass seit mehreren Jahren die sozialen Unterschiede in der Schweiz wieder zunehmen. Daraus zog er den Schluss, dass zu den wesentlichen Aufgaben der laufenden Legislatur zwei Prioritäten im Bereich der Sozialpolitik gehören, nämlich die Bewahrung der bereits bestehenden Sozialversicherungen durch die Sicherstellung ihrer finanziellen Grundlagen und die Schliessung von Lücken, wo solche offensichtlich sind. Als wichtige subsidiäre Ziele nannte er die Beseitigung von kostentreibenden Strukturen im Gesundheitswesen, die Existenzsicherung aller Einwohner durch eine bessere Koordination bestehender Instrumente (AHV/IV/EL/BVG) sowie einen besseren Schutz der Mutterschaft.

Bewahrung der bereits bestehenden Sozialversicherungen (96.016)

Fast 50 Jahre nach der Annahme einer entsprechenden Verfassungsgrundlage (Art. 34quinquies Abs. 4) schickte der Bundesrat Ende Juni seinen Vorentwurf zum Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung in die Vernehmlassung. Die Vorsteherin des dafür zuständigen EDI betonte, der Bundesrat erachte die Realisierung der obligatorischen Mutterschaftsversicherung für dringlich, da es gelte, die heute je nach Arbeitsvertrag unterschiedlich definierte und oftmals ungenügende Urlaubsregelung und Lohnfortzahlungspflicht, welche stossende Ungleichbehandlungen der verschiedenen Arbeitnehmerinnen bewirkten, abzulösen.

Der Bundesrat sieht die Mutterschaftsversicherung als eine eigenständige, obligatorische und von der Krankenversicherung unabhängige Sozialversicherung vor. In einem ersten Schritt sollen selbständig und unselbständig erwerbstätige Frauen Anspruch auf einen bezahlten 16-wöchigen Mutterschaftsurlaub erhalten, wovon mindestens acht Wochen auf die Zeit nach der Niederkunft fallen müssen. Die Entschädigung soll grundsätzlich den ganzen Lohnausfall decken, wie bei der Unfallversicherung aber höchstens 97'200 Fr., und unabhängig davon bestehen, ob die Mutter nach dem Urlaub weiterarbeitet oder nicht.

Für die Beitragserhebung und Auszahlung der Leistungen schlug der Bundesrat vor, diese über die AHV-Kassen abzuwickeln, wo bereits sämtliche Arbeitgeber und Selbständigerwerbenden angeschlossen sind. Die Kosten seien von den Sozialpartnern solidarisch zu tragen, wobei Arbeitnehmer und Arbeitgeber je 0,2% Lohnprozente aufzubringen hätten. Nach Ansicht des Bundesrates bleibt die Belastung für die Arbeitgeber ungefähr gleich hoch wie heute, da durch die Mutterschaftsversicherung die in vielen Gesamtarbeitsverträgen vereinbarten Lohnfortzahlungen wegfallen. Für Bund und Kantone entstehen keine Mehrkosten.

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Anlässlich der Beratung des revidierten Krankenversicherungsgesetzes im Nationalrat reichte eine links-grüne Minderheit der vorberatenden Kommission einen Antrag auf Einführung eines Mutterschaftsurlaubs von 16 Wochen ein, wobei dies über eine Revision der arbeitsrechtlichen Bestimmungen im Obligationenrecht erfolgen sollte. Das Plenum anerkannte zwar, dass bei der Mutterschaftsversicherung nach wie vor die gesetzliche Umsetzung des Verfassungsauftrages von 1945 fehle, wollte aber eingedenk des Abstimmungsresultates von 1987, wo die Revision des Krankenversicherungsgesetzes unter anderem am Einbezug eines Mutterschaftstaggeldes gescheitert war, die laufende Vorlage nicht unnötig belasten und lehnte den Antrag mit 97 zu 55 Stimmen ab.

Revision der Krankenversicherung – Schaffung des KVG (BRG 91.071)
Dossier: Schaffung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; 1988-1994)
Dossier: Prämienverbilligung