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Nachdem der Abschreibungsantrag zum Postulat Frehner (svp, BS) zu den Massnahmen gegen die Überversorgung im Gesundheitswesen im Jahr 2017 vom Nationalrat abgelehnt worden war, erfolgte die Abschreibung durch die grosse Kammer im Herbst 2023. Sie stand in Zusammenhang mit dem zweiten Massnahmenpaket zur Kostendämpfung, mit welchem sich der Nationalrat während der Herbstsession 2023 erstmals befasste.

Massnahmen gegen die Überversorgung im Gesundheitswesen

Jahresrückblick 2022: Sozialversicherungen

Im Zentrum des Themenbereiches «Sozialversicherungen» standen im Jahr 2022 – wie in den meisten Jahren zuvor – die Altersvorsorge und die Krankenkassen.

Bei der Altersvorsorge wurde insbesondere über die AHV21 diskutiert, insbesondere vor der Abstimmung im September, wie Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse 2022 verdeutlicht. Das Parlament hatte die neuste AHV-Reform im Dezember 2021 fertig beraten und dabei entschieden, das Rentenalter der Frauen auf 65 Jahre zu erhöhen und somit demjenigen der Männer anzupassen. Als Kompensation sollten die am stärksten von der Änderung betroffenen neun Jahrgänge entweder einen Rentenzuschlag erhalten oder bei einem frühzeitigen Rentenbezug geringere Renteneinbussen hinnehmen müssen. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0.4 Prozentpunkte sollte zusätzliche Mehreinnahmen für die AHV generieren. Nachdem die SP vor allem aufgrund der Rentenaltererhöhung der Frauen das Referendum ergriffen hatte – sie störte sich insbesondere am Umstand, dass die Renten der Frauen noch immer um einen Drittel tiefer liegen als diejenigen der Männer –, sprachen sich die Stimmberechtigten im September 2022 mit Ja-Anteilen von 50.6 Prozent und 55.1 Prozent für die Änderung des AHV-Gesetzes und für die Mehrwertsteuererhöhung zugunsten der AHV aus. Laut Nachbefragungen hatten sich Frauen mehrheitlich gegen die Erhöhung ihres Rentenalters ausgesprochen, waren aber von einer Mehrheit der Männer überstimmt worden.

Weil Frauen vor allem in der zweiten Säule deutlich tiefere Renten erhalten als Männer, wurde die Diskussion um die Angleichung des Rentenalters auch mit der Besserstellung der Frauen in der beruflichen Vorsorge verknüpft. Deren Revision war 2021 erstmals vom Nationalrat beraten worden. Im Zentrum stand dabei eine Senkung des Mindestumwandlungssatzes. Für Frauen besonders zentral war die vom Bundesrat geplante Senkung des Koordinationsabzugs sowie die von der SGK-NR ergänzte Senkung der Eintrittsschwelle, welche den versicherten Lohn von Teilzeiterwerbstätigen erhöhen sollen. Statt die BVG21-Revision in der Frühjahrssession 2022 merklich voranzutreiben, schickte der Ständerat das Geschäft für vertiefte Abklärungen zurück an die Kommission. Damit verärgerte er jene Kreise, die ihre Unterstützung der AHV21 von einer Verbesserung der Situation von Teilzeiterwerbstätigen in der beruflichen Vorsorge abhängig machten. Für neuerliche Enttäuschung sorgte in diesen Kreisen dann die Meldung der Kommission, die Vorlage nicht in der Herbstsession, also noch vor der Abstimmung über die AHV21, zur Beratung bereit zu haben. Der Ständerat setzte sich also erst nach erfolgter Annahme der AHV21-Reform in der Wintersession mit der BVG-Reform auseinander und entschied sich dabei unter anderem für einen Mittelweg zwischen Bundesrat und Nationalrat bei der Eintrittsschwelle und für einen prozentualen Abzug beim Koordinationsabzug anstelle der vom Nationalrat geplanten Halbierung des bisherigen Abzugs.

Neben dem Gleichstellungsargument betonten die Gegnerinnen und Gegner der AHV21 im Abstimmungskampf auch ihre Befürchtung, dass die Rentenaltererhöhung der Frauen nur ein erster Schritt für weitere Erhöhungen des Pensionsalters sei. Dabei verwiesen sie unter anderem auf die Initiative der Jungfreisinnigen «Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge (Renteninitiative)», welche eine automatische Anpassung des Rentenalters an die Lebenserwartung fordert. Diese empfahl der Bundesrat im Juni zur Ablehnung. Zudem beklagten die Gegnerinnen und Gegner der AHV21 die steigenden Lebenshaltungskosten – auch im Rahmen der Teuerung – und forderten einen Leistungsausbau bei der AHV. Dies bezweckt etwa die vom Gewerkschaftsbund eingereichte Initiative «Für ein besseres Leben im Alter (Initiative für eine 13. AHV-Rente)». Der Bundesrat empfahl jedoch auch dieses Anliegen zur Ablehnung und der Nationalrat teilte diesen Antrag in der Wintersession. Stattdessen behandelte das Parlament die Teuerung in einer ausserordentliche Session, wobei eine Motion für einen vollständigen Teuerungsausgleich bei der AHV vom National- und Ständerat angenommen wurde.

Bei den Krankenversicherungen standen – nach einer dreijährigen Erholungspause, in der die Krankenkassenprämien jeweils weniger als 0.6 Prozent pro Jahr angestiegen waren – 2022 die Gesundheitskosten und Prämien im Mittelpunkt des Interesses. Bereits Mitte Jahr wurde aufgrund der steigenden Gesundheitskosten darüber spekuliert, dass die Krankenkassenprämien auf das Jahr 2023 hin wohl einen grossen Sprung machen würden – und tatsächlich musste Gesundheitsminister Berset Ende September eine Erhöhung der mittleren Prämie um 6.6 Prozent bekannt geben. Dies führte in den Medien einmal mehr zur Forderung an die Politik, den Anstieg der Gesundheitskosten endlich in den Griff zu bekommen, was gemäss APS-Zeitungsanalyse insbesondere im September ausführlich diskutiert wurde.
Bundesrat und Parlament beschäftigen sich in der Tat auch 2022 mit verschiedenen Projekten zur Dämpfung des Kostenanstiegs im Gesundheitswesen, etwa im Rahmen des ersten Massnahmenpakets zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen. Im Jahr zuvor hatte das Parlament bereits das Teilpaket 1a gutgeheissen und unter anderem entschieden, auch ambulante Behandlungen zukünftig durch Patientenpauschalen abzurechnen und dafür eine neue Tarifstruktur zu schaffen. Die Frage der Tarifstrukturen im ambulanten Bereich beschäftigte die Tarifpartner denn auch während des ganzen Jahres.
Im Teilpaket 1b, welches das Parlament im Jahr 2022 verabschiedete, wurde unter anderem ein Beschwerderecht der Krankenversicherungen gegen Spitalplanungsentscheide der Kantone sowie ein «Monitoring der Entwicklung der Mengen, Volumen und Kosten» geschaffen. Ein ausführlicheres Kostenmonitoring mit verpflichtenden Massnahmen bei zu starkem Kostenanstieg schlug der Bundesrat zudem als indirekten Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei vor. Eine solche Massnahme war zuvor im zweiten Massnahmenpaket zur Kostendämpfung vorgesehen gewesen.
Auch zur Prämien-Entlastungs-Initiative der SP, die gleichzeitig zur Debatte stand, schuf der Bundesrat einen indirekten Gegenvorschlag, mit dem er zukünftig einen Mindestbeitrag an Prämienverbilligungen für die Kantone festsetzen wollte. Der Nationalrat hiess diesen Vorschlag in der Sommersession gut, der Ständerat trat in der Wintersession jedoch nicht auf den Gegenvorschlag ein.
Einen anderen Ansatz zur Kostendämpfung verfolgte das Parlament schon seit mehreren Jahren: Seit 2011 wird an einer einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (EFAS) gearbeitet. Im Jahr 2022 nahm sich der Ständerat dieses Themas an und schuf zahlreiche gewichtige Differenzen zum Erstrat: So entschied er unter anderem, bereits jetzt die Integration der Pflegeleistungen in EFAS zu regeln und mehr Steuerungsmöglichkeiten und Pflichten für die Kantone zu schaffen.
Eine Möglichkeit, die Prämien zu senken, sahen verschiedene Kantone der Romandie sowie das Tessin in den hohen Reserven der Krankenversicherungen. Ihre Standesinitiativen sowie weitere Vorstösse für eine verbindlichere Rückzahlung der zu hohen Reserven scheiterten 2022 jedoch allesamt im Parlament. Vielmehr wurden die im Vorjahr erfolgten Rückzahlungen der Reserven in verschiedenen Kommentaren als Mitgrund für den hohen aktuellen Prämienanstieg erachtet: Einerseits hätten die Rückzahlungen den Anstieg der Gesundheitskosten überdeckt, andererseits seien deshalb für das neue Jahr weniger Reserven zur Prämienreduktion vorhanden gewesen.

Nicht in erster Linie eine Senkung der Gesundheitskosten, sondern weniger Ärger für die Versicherten erhofften sich Bundesrat und Parlament durch das Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit. Damit soll der Bundesrat Branchenlösungen der Krankenversicherungen im Bereich der Vermittlertätigkeit allgemeinverbindlich erklären können, wodurch Werbeanrufe für Krankenversicherungen bei Personen, die nicht bereits bei der entsprechenden Krankenkasse versichert sind, verboten würden. Strittig war hier zwischen den Räten insbesondere, ob die Branchenlösungen zu Entschädigungen und Ausbildung neben den externen auch für interne Mitarbeitende gelten sollen. Nach der Durchführung einer Einigungskonferenz lenkte der Nationalrat diesbezüglich ein und das Parlament verzichtete auf die Schaffung einer entsprechenden Unterscheidung.

Jahresrückblick 2022: Sozialversicherungen
Dossier: Jahresrückblick 2022

Die sozialdemokratische Fraktion wollte mittels einer während der Covid-19-Pandemie im Herbst 2020 eingereichten Motion erreichen, dass dem Personal von Krankenhäusern sowie vergleichbaren stationären und ambulanten Einrichtungen, welche Covid-19-Patientinnen und -Patienten behandeln, eine einmalige Corona-Prämie von CHF 4'000 zugestanden wird. Das Geschäft kam anlässlich der Herbstsession 2022 in den Nationalrat. Dort setzte sich Barbara Gysi (sp, SG) für das Anliegen ihrer Fraktion ein: Die Prämie sei angesichts der grossen Belastung und der unternommenen Anstrengungen und Überstunden der Betroffenen, mit denen sie die Gesundheitsversorgung während der Covid-19-Pandemie gewährleistet hatten, gerechtfertigt. Weiter betonte sie die Wichtigkeit der Wertschätzung des Gesundheitspersonals. Bundesrat Guy Parmelin anerkannte zwar den Beitrag, den das Gesundheitspersonal während der Pandemie geleistet hatte, gab aber zu bedenken, dass sich viele Arbeitnehmende aus unterschiedlichen Berufen in dieser Zeit speziell engagiert hätten. Eine Corona-Prämie sei nicht angebracht, weil diese einer Bevorzugung einer bestimmten Gruppe gleichkäme. Zudem wies der Wirtschaftsminister auf die Pflegeinitiative hin, mit deren Annahme sich die Stimmbevölkerung für eine Verbesserung der Situation von qualifizierten Arbeitskräften im Gesundheitswesen ausgesprochen habe. Der Bundesrat empfahl die Motion daher zur Ablehnung. Mit 118 zu 64 Stimmen folgte der Nationalrat dieser Empfehlung. Während sich die Fraktionen der SP und der Grünen geschlossen für den Vorstoss aussprachen, lehnten ihn die anderen Fraktionen geschlossen ab.

Corona-Prämie (Mo. 20.4307)

Mit Annahme eines Postulats der SGK-NR hatte der Nationalrat einen Bericht über die Praxis zur Vergütung von Medikamenten für krebskranke Kinder durch die Krankenkassen gefordert. Ziel war es, «Ungleichbehandlungen zu vermeiden», die dadurch entstehen könnten, dass einige Krankenkassen bei der Kostenübernahme kulanter sind als andere. Die Studie von BSS Volkswirtschaftliche Beratung Basel konzentrierte sich insbesondere auf die Vergütung von Arzneimitteln im Einzelfall gemäss KVV, wobei die Bewilligungsquote gemäss Krankenkassen und Kinderonkologinnen und -onkologen fast bei 100 Prozent liege. In den seltenen Fällen, in denen die Finanzierung nicht übernommen werde, hätten andere Finanzierungsmöglichkeiten, etwa über Stiftungen, gefunden werden können. Bei «verhältnismässig tiefen Kosten» hätten teilweise jedoch auch die Familien die Finanzierung übernommen. Folglich bestehe diesbezüglich kein Handlungsbedarf, schloss der Bericht.

Gemäss Le Temps reagierten verschiedene Pädiatrie-Verbände mit Unverständnis auf diesen Bericht. Einerseits kritisierte etwa Pierluigi Brazzola, Leiter der Abteilung für Hämatologie und Onkologie des Spitals Bellinzona, der an der Studie teilgenommen hatte, dass die Resultate im Bericht nicht mit seinen Aussagen übereinstimmten, da sie zu stark vereinfacht und verallgemeinert worden seien. Allgemein seien die Aussagen der pädiatrischen Onkologinnen und Onkologen von der Studienautorenschaft vereinfacht worden. Andererseits wurden auch die Schlussfolgerungen des Berichts kritisiert, insbesondere die Angabe, dass die Kosten in fast 100 Prozent der Fälle von den Krankenkassen übernommen würden. «Diese Aussage steht in klarem Widerspruch zu dem, was Kinderonkologen und betroffene Eltern im Alltag erleben», erklärte der Verein «Kinderkrebs Schweiz» in einer Medienmitteilung. Allgemein hätten die betroffenen Familien regelmässig Probleme aufgrund der hohen Therapiekosten, zumal sich die Krankenversicherungen häufig viel Zeit liessen mit der Entscheidung, ob sie die Kosten für die Medikamente, welche mangels Forschung häufig nur für Erwachsene, nicht aber für Kinder zugelassen seien, übernehmen. Das BAG setzte in der Folge ein Treffen mit dem Verein «Kinderkrebs Schweiz» an. Dabei habe man auf die «Schwächen des Berichts» hingewiesen, gab Kinderkrebs Schweiz in der Folge bekannt. Zudem habe man erfahren, dass die fast hundertprozentige Übernahmequote der Behandlungskosten aufgrund von nur acht Rückmeldungen zustande gekommen sei.

Vergütung von Medikamenten für krebskranke Kinder (Po. 18.4098)

Im Juni 2022 entschied der Bundesrat einmal mehr, die neue Tarifstruktur TARDOC noch nicht zu genehmigen. Zwar seien gegenüber den Vorgängerversionen Verbesserungen erzielt worden, noch immer würden jedoch insbesondere die Anforderungen an die Kostenneutralität und die Wirtschaftlichkeit nicht eingehalten, kritisierte er. Folglich sollten die beteiligten Tarifpartner Curafutura und FMH die Tarifstruktur bis Ende 2023 erneut überarbeiten – bestenfalls in Zusammenarbeit mit zusätzlichen Tarifpartnern – sowie ein langfristiges Monitoring von TARDOC und ein Konzept zur Behebung der Mängel beilegen. Der Bundesrat präzisierte überdies die für eine Genehmigung notwendigen Bedingungen. Die Tarifpartner sprachen in der Folge von einem «unverständliche[n] Entscheid, der die Tarifpartnerschaft nachhaltig schwächt». So erfülle TARDOC die gesetzlichen Genehmigungskriterien und wäre dank Effizienzsteigerungen und der Beseitigung von Fehlanreizen eine Verbesserung gegenüber TARMED. Insbesondere sei die vom Bundesrat im Juni 2021 geforderte Kostenneutralität sichergestellt gewesen, der Bundesrat habe jedoch die entsprechenden Spielregeln in der Zwischenzeit geändert. Zudem kritisierten Curafutura und FMH, dass damit die «Verweigerungshaltung» der nicht an TARDOC beteiligten Akteurinnen und Akteure belohnt werde.
Santésuisse, das Ende 2022 zusammen mit H+ ambulante Pauschalen für eine alternative Tarifstruktur zur Prüfung eingereicht hatte, zeigte sich über diesen ablehnenden Entscheid des Bundesrates erleichtert und forderte alle Tarifpartner auf, ein gemeinsames Modell auszuarbeiten, etwa im Rahmen eines gemeinsamen nationalen Tarifbüros. Die Medien betonten in der Folge einhellig die Relevanz der Ablösung von TARMED. Die aktuell noch verwendete Tarifstruktur, über die Zahlungen in der Höhe von CHF 12 Mrd. jährlich abgerechnet werden, sei veraltet und bilde die tatsächlichen Kosten nicht mehr genügend ab – diese würden folglich je nach Kostenpunkt über- oder unterschätzt.

Tarifstruktur TARDOC
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

Mit Verweis auf die seit 2017 vom Bundesrat durchgeführten Tarifprüfungen bei der Analyseliste (AL), die zur Dämpfung des Kostenwachstums vorangetrieben werden müssten, empfahl die SGK-SR die Motion Lohr (mitte, TG) zur Senkung der Preise der Laboranalysen zur Annahme. In der Wintersession 2021 pflichtete auch der Ständerat dieser Ansicht bei und nahm die Motion stillschweigend an.

Laborkosten zulasten der OKP

im Juni 2021 gab der Bundesrat das Ergebnis seiner Prüfung der neuen Tarifstruktur TARDOC bekannt: Diese sei in ihrer aktuellen Form nicht genehmigungsfähig, weil sie «gewichtige materielle Mängel aufweist und eine kostenneutrale Einführung nicht sichergestellt ist». Unerfüllt blieben die Anforderungen im Bereich der Kostenneutralität sowie insbesondere bezüglich Wirtschaftlichkeit und Billigkeit der Tarifstruktur, wie der Bundesrat erklärte. Überdies zeigte er sich aber auch mit der Vereinfachung der Tarifstruktur, ihrer Anpassung an aktuelle Gegebenheiten und ihrer Transparenz nicht zufrieden, insbesondere nachdem er diese Punkte in seinem Prüfbericht von November 2020 bereits hervorgehoben habe. Schliesslich störte sich der Bundesrat daran, dass weder Santésuisse noch der Spitalverband (H+) den Tarifvertrag unterzeichnet hätten. Daher forderte er die Tarifpartner zu einer gemeinsamen Überarbeitung auf.
Die beteiligten Tarifpartner zeigten sich mit diesem Entscheid des Bundesrats nicht einverstanden, in einer Medienmitteilung nannten sie ihn «unverständlich und nicht nachvollziehbar». Die aktuelle Version von TARDOC erfülle die gesetzlich vorgeschriebenen Kriterien, betonten sie. Gar von einer «Art Todesstoss für die Tarifautonomie» sprach alt-Ständerat Joachim Eder, Präsident des Tarifbüros ats-tms. Schliesslich sei TARMED nicht mehr zeitgemäss, wodurch die medizinischen Leistungen unsachgemäss vergütet würden. Man werde prüfen, «inwieweit die Forderungen nach Anpassungen des TARDOC überhaupt sachgerecht und umsetzbar sind».
Ende Dezember 2021 reichten die betroffenen Tarifpartner eine von ihnen als «finale Version des TARDOC» bezeichnete Überarbeitung zur Genehmigung ein. Man habe dabei wie gefordert die Kostenneutralität verlängert, den Tarif vereinfacht und die Transparenz erhöht, erklärten sie in einer Medienmitteilung. Sie wiesen überdies auf die fehlenden Alternativen bezüglich einer Tarifrevision hin und hofften entsprechend auf eine Inkraftsetzung von TARDOC per 1. Januar 2023.

Tarifstruktur TARDOC
Dossier: Tarifstrukturen im Gesundheitswesen

Im November 2019 reichte der Kanton Genf eine Standesinitiative ein, welche die Übernahme der Kosten von zahnärztlichen Behandlungen, die aufgrund der Einnahme eines von der OKP übernommenen Medikaments nötig werden, durch die OKP zum Ziel hatte. Heute werden entsprechende Kosten nur übernommen, wenn die Medikamenteneinnahme durch eine schwere Krankheit nötig ist und aufgezeigt werden kann, dass die Zahnprobleme der Betroffenen dadurch begründet sind – in seiner Begründung verwies der Kanton Genf insbesondere auf die Nebenwirkungen von Krebsmedikamenten auf die Zahngesundheit. Jedoch übernähmen die Krankenversicherungen die entsprechenden Zahnbehandlungskosten nicht in allen Fällen, kritisierte der Kanton Genf. Die SGK-NR erachtete die Forderung der Initiative mit 8 zu 0 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) weitgehend als erfüllt, zumal die zahnärztlichen Kosten gerade bei Krebsbehandlungen gemäss KLV bereits übernommen würden. Allfällige kleinere Änderungen hätten auf Verordnungsebene zu erfolgen, betonte die Kommission. Stillschweigend lehnte der Ständerat die Standesinitiative in der Sommersession 2021 ab.

Zahnärztliche Behandlungen infolge von ärztlichen Behandlungen. Übernahme der Kosten durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung (Kt.Iv. 19.318)

Eine Gleichstellung von Hospizen mit Geburtshäusern im KVG war Gegenstand einer parlamentarischen Initiative Flückiger-Bäni (svp, AG), die in der Sommersession 2021 im Nationalrat behandelt wurde. Verena Herzog (svp, TG), welche das Geschäft nach dem Ausscheiden der Initiantin aus der grossen Kammer übernommen hatte, wies darauf hin, dass viele Hospize aufgrund ihres Pflegeheimstatus Verluste schrieben und daher auf Spendengelder angewiesen seien. Zudem komme ein Hospizaufenthalt auch die Patientinnen und Patienten teuer zu stehen, da sie selber für «Pension, Betreuung und einen Pflegeanteil» aufkommen müssten. Dennoch kosteten Hospizeinrichtungen verglichen mit Palliativstationen von Spitälern vergleichsweise wenig, da die zu betreuenden Personen trotz ihrer schweren Krankheit einen stabilen Zustand aufwiesen. Ein Ausbau der Hospizinfrastrukturen könne daher zur Entlastung des Gesundheitssystems beitragen. So sei gemäss Hans-Peter Stutz, dem Geschäftsführer des Dachverbandes Hospize Schweiz, von Kosteneinsparungen um die CHF 50 Mio. pro Jahr die Rede, erklärte Herzog weiter. Manuela Weichelt-Picard (al, ZG) erläuterte als Kommissionssprecherin die ablehnende Position der SGK-NR. Diese hatte seit dem Beginn der Beratungen einen Meinungswandel durchgemacht – in der ersten Behandlung hatte sie sich noch für Folgegeben ausgesprochen. Es sei der Kommission zwar ein Anliegen, den Betroffenen zu ermöglichen, «ihre letzten Tage in Ruhe und Würde verbringen [zu] können». Trotzdem könnten Hospize nicht mit Geburtshäusern verglichen werden, da ein Aufenthalt in letzteren im Gegensatz zu ersteren zeitlich limitierbar sei. Eine Kommissionsmehrheit halte es folglich für sinnvoller, die Hospizfrage im übergeordneten Kontext der Palliativversorgung zu behandeln. Deshalb unterstütze sie eine Motion ihrer Schwesterkommission zur Gewährleistung einer landesweiten «bedarfsgerechte[n] Palliative Care» und beantrage, der parlamentarischen Initiative keine Folge zu geben. Mit 131 zu 60 Stimmen kam die grosse Kammer diesem Antrag nach. Einzig die SVP-Fraktion stimmte geschlossen für Folgegeben.

Stärkung der Palliative Care. Entlastung der stationären Strukturen durch Gleichstellung von Hospizen mit Geburtshäusern (Pa.Iv. 18.437)

Nachdem das Parlament den indirekten Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative in der Frühjahrssession verabschiedet hatte, musste der Ständerat in der Sommersession 2021 noch über die Volksinitiative selbst befinden – der Nationalrat hatte seine ablehnende Empfehlung bereits in der Wintersession 2019 gefällt. Kommissionssprecher Erich Ettlin (mitte, OW) fasste noch einmal die Anliegen des Initiativkomitees zusammen und legte dar, inwiefern diese Forderungen im Gegenvorschlag aufgenommen worden waren. Er sei der Ansicht, dass man dem Initiativkomitee bereits «weit entgegengekommen» sei, weshalb die SGK-SR die Initiative zur Ablehnung empfehle. Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) erklärte als Mitglied des Initiativkomitees, dass zwar die beiden Punkte zur Ausbildungsoffensive und zur Vergütung gewisser Pflegeleistungen durch die OKP ohne die Notwendigkeit einer ärztlichen Anordnung in den indirekten Gegenvorschlag integriert worden seien, dass aber mit den verbesserten Arbeitsbedingungen ein zentraler Aspekt der Initiative im Gegenvorschlag fehle. Es sei daher noch offen, ob das Initiativkomitee die Initiative zurückziehen werde. Für Gesundheitsminister Berset stand die Relevanz der Pflegebranche ausser Frage, er gab allerdings unter anderem zu bedenken, dass es nicht ideal sei, Details in die Verfassung zu schreiben, die einen Effekt auf bestimmte Berufsgruppen hätten. Vielmehr seien dazu andere Mittel und Wege nötig. Mit 28 zu 14 Stimmen empfahl das Stöckli die Initiative daraufhin den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern zur Ablehnung. In den beiden Schlussabstimmungen, welche noch in der gleichen Session stattfanden, sprachen sich die grosse Kammer mit 116 zu 74 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) und die kleine Kammer mit 30 zu 14 Stimmen für den Bundesbeschluss auf Empfehlung zur Ablehnung aus.

Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative). Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 18.079 & Pa.Iv. 19.401)
Dossier: Die Pflegeinitiative und ihre Umsetzung

In Erfüllung eines Postulats der SGK-NR zur rechtlichen Gleichstellung der öffentlichen und privaten Spitex publizierte der Bundesrat im Mai 2021 einen Bericht. Während Erstere einen gemeinnützigen Zweck verfolgten, seien Letztere gewinnorientiert, erklärte er darin. Der Bericht befasste sich in der Folge mit potenziellen Ungleichbehandlungen zwischen den beiden Spitextypen bezüglich OKP, Subventionen nach dem AHVG, Mehrwertsteuer und direkten Steuern sowie bezüglich Anstellungsbedingungen und eventuellen Verpflichtungen zu Aus- und Weiterbildung bei den Gesundheitsberufen: Hinsichtlich der Zulassung von Leistungserbringenden und Qualitätsanforderungen im Rahmen der OKP lassen sich die Anforderungen zwischen den beiden Organisationsarten nicht unterscheiden. Keine Ungleichbehandlung liegt auch in den Bereichen Anstellungsbedingungen und mögliche Aus- und Weiterbildungsverpflichtungen vor. Über eine Subventionsberechtigung in puncto Finanzhilfevergabe an Altersorganisationen verfügen hingegen nur gemeinnützige Organisationen. Aufgrund der kantonalen Restfinanzierung existiere im Zusammenhang mit der Finanzierung von Pflegeleistungen bei Krankheit möglicherweise eine Ungleichheit, welche jedoch erkannt wurde und zu deren Lösung Gespräche in Gang gesetzt wurden. Bedingt durch die unterschiedlichen Zwecke zwischen der öffentlichen und der privaten Spitex bestehe zudem eine Ungleichbehandlung bei der Mehrwertsteuer und bei den direkten Steuern, die allerdings beabsichtigt sei.

Im Bericht zu den Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahre 2021 beantragte die Landesregierung die Abschreibung des Postulats, da sie dieses durch den Bericht als erfüllt betrachtete. Der Nationalrat kam dieser Aufforderung im Sommer 2022 nach.

Rechtliche Gleichstellung der öffentlichen und privaten Spitex (Po. 16.3909)
Dossier: Rechte und Pflichten diverser Spitex-Organisationen

Die Einigungskonferenz zum indirekten Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative empfahl dem Parlament mit 23 zu 0 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) bei der noch offenen Differenz zur selbständigen Erbringung und Abrechnung von Pflegeleistungen dem vom Ständerat ausgearbeiteten Kompromiss zu folgen. Dies taten die beiden Kammern in der Frühjahrssession 2021 denn auch mit 175 zu 2 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) respektive ohne Gegenstimme mit 42 Stimmen (ohne Enthaltungen). In der Schlussabstimmung stimmte die grosse Kammer dem Geschäft mit 194 zu 1 Stimme zu, die kleine Kammer mit 43 zu 0 Stimmen (bei 1 Enthaltung). Der einzige Parlamentarier, der sich gegen den Gegenvorschlag aussprach, war Nationalrat Philippe Nantermod (fdp, VS).

Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative). Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 18.079 & Pa.Iv. 19.401)
Dossier: Die Pflegeinitiative und ihre Umsetzung

Fünf Tage nach der Nationalratsdebatte war es im März 2021 bereits wieder am Ständerat, die beiden noch offenen Differenzen bezüglich des Gegenvorschlags zur Pflegeinitiative zu debattieren. Erich Ettlin (mitte, OW) verkündete, es hätten im Nachgang der Behandlungen in der Wintersession 2020 vielversprechende Gespräche zwischen Vertreterinnen und Vertretern der beiden Kammern, des Initiativkomitees und der Arbeitgeberorganisationen stattgefunden, mit dem Ziel, eine Kompromisslösung zu finden. Vor dem Hintergrund dieser Gespräche schlug Ettlin im Namen der SGK-SR vor, bezüglich der Differenz zu den Ausbildungsbeiträgen dem Vorschlag des Nationalrates zuzustimmen und somit die Kantone zur Finanzierung entsprechender Beiträge in die Pflicht zu nehmen. Für die zweite Differenz, bei welcher es um die selbständige Erbringung von Pflegeleistungen und um die Abrechnung über die OKP ging, sah die Kommission eine Kompromisslösung vor. Sie hielt zwar daran fest, dass Vereinbarungen zwischen Leistungserbringenden und Versicherungen getroffen werden sollten, um eine Mengenausweitung zu verhindern. Anders als ursprünglich vorgesehen sollten die entsprechenden Verträge allerdings nicht zwischen einzelnen Leistungserbringenden und der OKP abgeschlossen werden, sondern landesweit zwischen ihren Verbänden. Ettlin erachtete die Vorlage in dieser Form als «einen griffigen und auch für die Initiantinnen vorteilhaften Gegenvorschlag». Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) sicherte als Mitglied des Initiativkomitees dem vorliegenden Kompromiss ihre Unterstützung zu. Stillschweigend folgte der Ständerat in beiden Punkten seiner Kommission. Da immer noch eine Differenz vorhanden war, gelangte das Geschäft in die Einigungskonferenz.

Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative). Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 18.079 & Pa.Iv. 19.401)
Dossier: Die Pflegeinitiative und ihre Umsetzung

In der Frühjahrssession 2021 setzte sich der Ständerat mit der Motion von Lorenz Hess (bdp, BE) für einen Intransparenzabzug für Leistungserbringende, die systematisch auf die Sendung von Rechnungskopien verzichten, auseinander. Dabei folgte er stillschweigend dem Antrag der SGK-SR, welche die Motion zur Ablehnung empfohlen hatte, da die im Vorstoss geforderte Pflicht zur Zustellung von Rechnungskopien bereits im ersten Massnahmenpaket zur Kostendämpfung beschlossen worden war.

Intransparenzabzug für Leistungserbringer, die den Patienten keine Rechnungskopie zustellen (Mo. 18.3777)

Der Nationalrat folgte in der Frühjahrssession 2021 der Mehrheit seiner vorberatenden SGK-NR, die – wie bereits zuvor der Ständerat und die SGK-SR – nicht bereit war, vom eigenen Standpunkt bezüglich der beiden verbleibenden Differenzen zum indirekten Gegenvorschlag der Pflegeinitiative abzurücken. Sinnbildlich dafür stand Manuela Weichelt-Picards (al, ZG) Aussage, wonach «[i]m Yoga [...] gerne gesagt [wird], dass man ein Mantra mindestens 108-mal wiederholen soll. Zum Glück haben wir das Parlamentsgesetz, das uns ein 108-maliges Pingpong nicht erlaubt».
Die erste noch bestehende Differenz hatte die Ausbildungsbeiträge durch die Kanton zum Inhalt. Verena Herzog (svp, TG) appellierte für eine zum Grossenteil aus SVP-Mitgliedern bestehende Minderheit, die Lebensunterhaltsbeiträge an angehende Pflegefachpersonen für die Kantone nicht verpflichtend, sondern – wie vom Ständerat vorgesehen – freiwillig zu gestalten. Dadurch würde der jeweiligen Situation der Kantone Rechnung getragen. Denn diese wären am besten dazu in der Lage, den eigenen Handlungsbedarf einzuschätzen. Barbara Gysi (sp, SG) hielt dem allerdings entgegen, dass ein drastischer Mangel an Pflegefachpersonen bestehe und viele interessierte Personen gerade durch diese Freiwilligkeit und den tiefen Ausbildungslohn von einer entsprechenden Ausbildung abgebracht würden. Es sei daher wichtig, an der Beitragspflicht festzuhalten. Mit 115 zu 72 Stimmen (bei 8 Enthaltungen) stimmte die grosse Kammer für den Antrag der Kommissionsmehrheit, die ebendiese Pflicht vorsah.
Der zweite Punkt, in dem die Volksvertreterinnen und -vertreter mit den Standesvertreterinnen und -vertrern uneinig waren, betraf die selbständige Abrechnung durch Pflegefachpersonen, Spitex-Organisationen und Pflegeheime mit der OKP. Anders als das Stöckli wollte der Nationalrat mit 109 zu 84 Stimmen (bei 1 Enthaltung) von einer im Vorfeld getroffene Vereinbarung mit den Versicherern bezüglich der entsprechenden Leistungen absehen. Die gleiche Kommissionsminderheit wie bei der ersten Differenz argumentierte vergeblich mit Mengenausweitungen, die ohne entsprechende Vereinbarung aufträten – ein Einwand, den Kommissionssprecherin Ruth Humbel (mitte, AG) nicht gelten liess, da mit der direkten Abrechnung auch eine Reduktion der Arztbesuche einhergehe und somit Arztkosten verringert werden könnten.

Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative). Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 18.079 & Pa.Iv. 19.401)
Dossier: Die Pflegeinitiative und ihre Umsetzung

In der Wintersession 2020 beschäftigte sich der Ständerat erneut mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative. Dabei hielt er an den beiden bestehenden Differenzen fest. Zum einen stimmte die kleine Kammer mit 29 zu 14 Stimmen dafür, dass die Kantone angehende Pflegefachpersonen mit Ausbildungsbeiträgen ausstatten können und dabei vom Bund während acht Jahren unterstützt werden, allerdings – anders als vom Nationalrat gefordert – nicht dazu verpflichtet werden sollen. Während Gesundheitsminister Berset die Kann-Formulierung befürwortete und argumentierte, auf diese Weise würden CHF 100 Mio. eingespart, fanden die Worte von Minderheitssprecherin und Mitglied des Initiativkomitees, Marina Carobbio Guscetti (sp, TI), welche von 65'000 fehlenden Pflegefachkräften im Jahr 2030 und der Abhängigkeit vom Ausland sprach, bei ihren Ratskolleginnen und -kollegen nicht genügend Gehör. Zum anderen beharrte das Stöckli mit 23 zu 18 Stimmen darauf, dass bezüglich der selbständigen Abrechnung von Leistungen durch die Pflegefachpersonen mit der OKP die Leistungserbringenden im Vorfeld eine Vereinbarung mit den Versicherern abschliessen müssten. Auch hier hielt Carobbio vergeblich entgegen, dass es sich dabei «faktisch [um] eine Aufhebung des Vertragszwangs durch die Hintertür» handle, wodurch ein Rückzug der Initiative unwahrscheinlich werde.

Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative). Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 18.079 & Pa.Iv. 19.401)
Dossier: Die Pflegeinitiative und ihre Umsetzung

Gut sechs Jahre, nachdem das Postulat Humbel (cvp, AG) für die Entlastung der Krankenversicherung von ungerechtfertigten Kosten angenommen worden war, legte der Bundesrat seinen Bericht vor. Konkret ging es um die Frage, welche Kosten der OKP durch Arztbesuche aufgrund von Arztzeugnissen, welche die Arbeitgebenden nach kürzester Zeit verlangten, entstehen.
Der Bundesrat erachtete es als schwierig, die Kostenfolgen durch entsprechende Zeugnisse abzuschätzen. Das Ausstellen eines Zeugnisses sei nur ein Nebenaspekt der Behandlung und werde folglich in der Rechnungsstellung nicht als Kostenpunkt vermerkt. Zudem werde nirgends zwischen notwendigen, sinnvollen und nicht notwendigen, nicht sinnvollen Behandlungen unterschieden. Bei einer Umfrage durch das BAG schätzte Santésuisse die entsprechenden vermeidbaren Kosten auf CHF 200 Mio. pro Jahr (0.6% der OKP-Bruttokosten), Curafutura und der Haus- und Kinderärzteverband MFE konnten keine entsprechenden Schätzungen abgeben. Dieselbe Umfrage ergab, dass die meisten Arbeitgebenden nach drei Tagen ein Arbeitszeugnis verlangten, üblich seien aber auch Regelungen zwischen einem und fünf Tagen. Santésuisse schätzte denn auch das Einsparpotenzial einer Regelung, gemäss der Arbeitgebende erst nach fünf Tagen ein Arbeitszeugnis verlangen könnten, auf CHF 100 Mio. pro Jahr. Dieser Betrag lasse sich jedoch aufgrund der Franchisen nicht 1:1 auf die OKP übetragen, gab der Verband zu bedenken. Heute bestehe weder im OR noch im Arbeitsgesetz eine Regelung zum Arztzeugnis, wurde im Bericht weiter ausgeführt; stattdessen werde dies jeweils im Arbeitsvertrag oder im Gesamtarbeitsvertrag geregelt.
Diskutiert wurden auch verschiedene Möglichkeiten zur Änderung der bisherigen Regelung: Eine Kostenübernahme durch die Versicherten kritisierte MFE mit der Befürchtung, dass Arbeitnehmende damit seltener oder später zum Arzt gingen, wodurch sich das Ansteckungsrisiko für andere Personen erhöhe oder sich die Krankheit verschlimmere, was eine lange Arbeitsunfähigkeit nach sich ziehen könnte. Eine Übernahme der Zeugniskosten durch die Arbeitgebenden lehnten SAV und SGV ab und auch eine Aufteilung der Kosten, bei der die Patientinnen und Patienten für den Arztbesuch, die Arbeitgebenden für das Arztzeugnis aufkommen würden, bezeichnete der SAV als «weder denkbar noch angemessen», während der SGV auf Kostenfolgen von mehreren Tausend Franken pro Jahr für die Unternehmen verwies. Eine Festsetzung der Zeugnispflicht auf den vierten Tag lehnte der SAV wiederum ab, weil er einerseits ungerechtfertigte Absenzen befürchtete und ein zu einem früheren Zeitpunkt erstelltes Arztzeugnis oft für die Kostenübernahme der Taggeldversicherung nötig sei. Den Vorschlag von MFE, diese Frage neu im OR zu regeln, lehnte wiederum der Bundesrat aus formellen Gründen ab: Eine entsprechende Regelung sei untypisch für das OR, ihre Aufnahme brauche daher wichtige Gründe. Man solle entsprechend nicht das Gesetz, sondern die Vertragspraxis ändern. Zusammenfassend erklärte der Bundesrat, dass eine Übernahme der Kosten von Akteuren ausserhalb der OKP zu wenig Kosteneinsparungen, aber zu zahlreichen Folgeproblemen führen würde, und empfahl daher mangels Alternativen, dass die OKP die Kosten auch zukünftig übernehmen solle.

Einholen von Arbeitsunfähigkeitszeugnissen (Po. 13.3224)

Im Oktober 2020 befasste sich die SGK-SR mit den Differenzen bezüglich des indirekten Gegenvorschlags zur Pflegeinitiative. Dabei wollte sie für die beiden verbleibenden Differenzen an der Version des Ständerates festhalten. Zum einen war sie der Ansicht, dass die Kantone vom Bund finanzielle Unterstützung erhalten sollten, falls sie Pflegefachpersonen in Ausbildung mit einem gewissen Betrag zur Deckung ihrer Lebenshaltungskosten unter die Arme greifen. Anders als der Nationalrat stimmte die Kommission jedoch mit 8 zu 5 Stimmen dafür, dass es den Kantonen selber überlassen sein sollte, ob sie den angehenden Pflegefachfrauen und -männern solche Beiträge überhaupt zur Verfügung stellen wollen. Zum anderen sprach sich die SGK-SR mit 7 zu 6 Stimmen dafür aus, dass die Abrechnung gewisser Pflegeleistungen ohne ärztliche Anordnung lediglich durch Pflegefachpersonen, Spitexorganisationen und Pflegeheime erfolgen dürfe, die im Vorfeld mit den Krankenversicherungen eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben. Im Hinblick auf die Behandlung des Geschäfts im Ständerat gibt es für beide Differenzen je einen Minderheitsantrag, der jeweils den im Nationalrat getroffenen Beschlüssen entspricht.

Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative). Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 18.079 & Pa.Iv. 19.401)
Dossier: Die Pflegeinitiative und ihre Umsetzung

Nachdem der Nationalrat die Frist zur Behandlung der Motion Kessler (glp, SG) bezüglich der Unterbindung der Risikoselektion durch die Krankenkassen von Patientinnen und Patienten mit teuren Medikamenten zweimal verlängert hatte, schrieb er den Vorstoss in der Herbstsession 2020 stillschweigend ab. Zwar sei es gemäss Medienmitteilung der SGK-NR noch zu früh, um Aussagen über die Auswirkungen des neuen Indikators zu machen. Da jedoch auch die letzte grosse Versicherung, welche Arzneimittel noch im Tiers garant vergütet hatte, nun bei Rechnungen ab CHF 200 das Tiers payant anwende, sei eine Gesetzesänderung nicht mehr nötig, betonte die Kommission.

Risikoselektion von Patienten mit teuren Medikamenten

Zu Beginn der Corona-Pandemie berichteten die Medien über warnende Stimmen, wonach die Krankenkassenprämien 2021 durch die hohen Kosten im Jahr 2020 stark ansteigen könnten; Politikerinnen und Politiker aus dem linken sowie dem bürgerlichen Lager warnten im Blick vor einem regelrechten «Prämienschock». Gleichzeitig wiegelten die Medien selber jedoch grösstenteils ab: Da die Prämien nicht auf den Kosten des Vorjahrs, sondern aufgrund einer Schätzung der Ausgaben des jeweiligen Jahres berechnet würden, sei für das Jahr 2021 kein starker Prämienanstieg zu erwarten. Selbst wenn die Krankenversicherungen im Jahr 2020 mehr ausgeben müssten, als sie durch die Prämien eingenommen hätten, würden sich die Prämien des Folgejahres nicht direkt erhöhen: Für solche ausserordentlichen Grossereignisse hätten die Krankenversicherungen Reserven gebildet, die Anfang 2019 bei CHF 9.5 Mrd. lagen und damit doppelt so hoch waren, wie gesetzlich verlangt. Da die Reservesituation nicht für alle Krankenversicherungen gleich gut sei, gebe es zudem noch den Sicherungsfonds, der in solchen Fällen aushelfe, war den Medien weiter zu entnehmen. Schliesslich sei es noch nicht einmal sicher, dass die Kosten der Krankenversicherungen im Jahr 2020 höher ausfallen würden als erwartet. Zwar seien Therapien auf der Intensivstation – wie sie zur Behandlung von schweren Fällen von Covid-19 häufig sind – teuer, diese würden aber zu mehr als der Hälfte von den Kantonen übernommen. Die grossen Kosten der Pandemie im Gesundheitsbereich fielen denn auch nicht bei den Krankenkassen, sondern bei den Kantonen an, war man sich einig. Diese müssten die Massnahmen der Spitäler zur Pandemie bezahlen, während das bundesrätliche Verbot von nicht dringenden Behandlungen gleichzeitig ein Loch in die Kassen der Spitäler reisse. Dies habe zu der paradoxen Situation geführt, dass die Spitäler im Frühjahr 2020 einerseits unter Personalmangel litten, weil insbesondere im Pflegebereich zu wenig Fachkräfte vorhanden seien und viele davon zum Beispiel wegen eigener Infektion mit dem Corona-Virus ausfielen, und andererseits Kurzarbeit anmelden mussten, zumal Behandlungen in vielen Bereichen stark eingeschränkt waren und die Mitarbeitenden entsprechend nicht ausgelastet werden konnten. Letzteres habe denn auch zu teilweise sehr hohen Umsatzeinbussen für die Spitäler geführt.
Dennoch konnte nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Corona-Pandemie nicht doch noch auf die Krankenkassenprämien auswirken würde, insbesondere durch die Verlagerung von Eingriffen auf die Folgejahre. Entsprechend forderten die SP-Fraktion (Mo. 20.3202) sowie Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH; Mo. 20.3313), dass die Krankenkassenprämien in den Jahren 2021 bis 2023 nicht erhöht werden dürfen. Stattdessen sollen die Kosten wenn nötig vollständig durch Bund und Kantone (SP-Fraktion) oder durch die Reserven und bei kleinen Kassen durch den Bund (Prelicz-Huber) finanziert werden. Ein allgemeines Verbot für einen Anstieg der Krankenkassenprämien-Gesamtsumme während der nächsten zehn Jahre forderte Lukas Reimann (svp, SG; Mo. 20.3434). Falls die Kosten der Leistungserbringenden das Total der Prämien übersteigen sollten, sollen diese angewiesen werden, ihre Ausgaben entsprechend zu reduzieren. Gar eine Reduktion der Prämien für einkommensschwache Personen um 50 Prozent während zwei Jahren forderte Valérie Piller Carrard (sp, FR; Mo. 20.3574). Bund und Kantone sollen via Prämienverbilligungen für die entsprechenden Kosten aufkommen, schlug sie vor. Auch eine Standesinitiative des Kantons Genf (Kt.Iv. 20.337) verlangte einen dreimonatigen Verzicht auf die Erhebung der Prämien sowie eine zweijährige Beibehaltung der Prämienhöhe. Finanziert werden solle dies durch eine 50-prozentige Reduktion der Reserven der Krankenversicherungen. Auf diese Reserven hatten aber auch andere ein Auge geworfen: So forderten gemäss Presse verschiedene Kantons- oder Spitalvertretende, dass sich die Krankenversicherungen mit ihren Reserven am finanziellen Schaden der Spitäler durch die Pandemie beteiligen. Die Reserven seien für die Deckung epidemiebedingter Kosten geschaffen worden, entsprechend sollten sie jetzt auch dafür eingesetzt werden, wurde argumentiert. Dagegen wehrten sich vor allem die Krankenkassen: Die Reserven gehörten den Versicherten, zudem schreibe das KVG unmissverständlich vor, dass sie ausschliesslich für Kosten für Diagnose und Heilung von Krankheiten ausgegeben werden dürften.

Im September 2020 hatte das Warten schliesslich ein Ende, das EDI gab in einer Medienmitteilung die Prämien für das Jahr 2021 bekannt. Die mittlere Prämie stieg für das Jahr 2021 um 0.5 Prozent, was im mittelfristigen Vergleich einen eher geringen Anstieg bedeutete – seit 2010 liegt der durchschnittliche Anstieg bei 3.1 Prozent. Bereits in den letzten zwei Jahren war der Anstieg jedoch deutlich unterdurchschnittlich gewesen. Auch die kantonalen Unterschiede waren deutlich geringer als in anderen Jahren, die kantonalen Prämienanstiege schwankten zwischen -1.6 und 2.1 Prozent. Die Reserven der Krankenkassen stiegen bis Ende 2020 auf mehr als CHF 11 Mrd. an.

Gesundheitskosten in der Corona-Pandemie & Krankenkassenprämien 2021
Dossier: Covid-19-Kosten im Gesundheitsbereich
Dossier: Prämien- und Kostenentwicklung in der Krankenversicherung (seit 2010)

Im Dezember 2019 reichte Christian Lohr (cvp, TG) eine Motion ein, wonach der Bundesrat die Preise von Laboranalysen zulasten der OKP senken solle. Kurz zuvor habe das Konsumentenmagazin der Romandie, Bon à savoir, aufgezeigt, dass Laboranalysen in der Schweiz bis zu 18 Mal teurer seien als in Frankreich, Österreich und Deutschland. Durch eine Preisreduktion liessen sich somit «mehrere hundert Millionen Franken pro Jahr» einsparen, betonte der Motionär. Der Bundesrat erklärte, dass er 2017 eine Revision der Analyseliste (AL) begonnen habe, wobei das EDI die neuen Tarife entsprechend den Gestehungskosten der Analysen bei effizienter Erbringung in der notwendigen Qualität neu berechnen werde – wie es das KVG vorsehe. Es würden zwar keine pauschalen Tarifsenkungen vorgenommen, wie es die Motion fordere, dennoch erwarte er insgesamt eine Senkung der Preise, erklärte der Bundesrat. Ergänzend wies er darauf hin, dass eine solche Anpassung durch den Bundesrat nicht mehr möglich sein werde, wenn die überwiesene Motion der SGK-SR (Mo. 17.3969) für eine Aushandlung der Tarife von Laboranalysen durch die Tarifpartner umgesetzt sei.
Nachdem Therese Schläpfer (svp, ZH) die Motion im Juni 2020 bekämpft hatte, behandelte sie der Nationalrat in der Herbstsession 2020. Schläpfer argumentierte, dass der internationale Vergleich hinke, da verschiedene relevante Unterschiede zwischen den Staaten unberücksichtigt blieben; etwa die deutlich grössere Auftragsmenge und die entsprechend niedrigeren Grenzkosten in den deutschen Labors. Folglich bat sie um Ablehnung der Motion, um die Qualität der Schweizer Tests nicht zu gefährden. Mit 141 zu 46 Stimmen (bei 1 Enthaltung) sprach sich die grosse Kammer für Annahme der Motion aus.

Laborkosten zulasten der OKP

Obwohl die Leistungserbringenden im Tiers payant die Pflicht hätten, den Patientinnen und Patienten Rechnungskopien zuzustellen, verzichten einige von ihnen systematisch darauf und verunmöglichen dadurch die Kontrolle der Rechnungen durch die Patientinnen und Patienten. Entsprechend forderte Lorenz Hess (bdp, BE) in einer Motion die Schaffung einer Möglichkeit im KVG, Leistungserbringende, die systematisch auf die Sendung von Rechnungskopien verzichten, mit einem Intransparenzabzug – zum Beispiel in der Höhe von CHF 40 pro Rechnung – zu belegen. Der Bundesrat verwies in seiner Antwort auf das erste Kostendämpfungspaket, welches die bisher in der KVV aufgeführte Pflicht zur Zustellung einer Rechnungskopie ins KVG aufnehmen und klarer definieren sowie Sanktionsmassnahmen festlegen will. Entsprechend empfahl er die Motion zur Ablehnung. Obwohl der erste Teil des Kostendämpfungspakets I, der die Frage der Rechnungszustellung beinhaltete, in der Zwischenzeit vom Nationalrat behandelt und mit einigen Änderungen angenommen worden war, sprach sich der Nationalrat mit 187 zu 1 Stimme (bei 1 Enthaltung) fast einstimmig für Annahme der Motion aus. Nicht überzeugt zeigten sich einzig Alfred Heer (svp, ZH; Ablehnung) und Beat Walti (fdp, ZH; Enthaltung).

Intransparenzabzug für Leistungserbringer, die den Patienten keine Rechnungskopie zustellen (Mo. 18.3777)

Obwohl sich National- und Ständerat einig waren, dass es einer Stärkung des Pflegesektors bedürfe, gingen die Meinungen zur diesbezüglichen Umsetzung im Rahmen des indirekten Gegenvorschlags zur Pflegeinitiative auseinander. In der Herbstsession 2020 nahm sich der Nationalrat erneut dem Geschäft an.
Mit 115 zu 76 Stimmen hielt er an seiner Position fest, dass die Kantone dazu verpflichtet werden sollen, Pflegefachkräften in Ausbildung mit einem Beitrag an die Lebenshaltungskosten finanziell unter die Arme zu greifen. Die Kantone sollen dabei während acht Jahren vom Bund unterstützt werden. Für die Ausbildungsoffensive kalkulierte die grosse Kammer CHF 469 Mio. seitens des Bundes ein. Damit blieb die Differenz zum Ständerat bestehen, der sich für die Freiwilligkeit seitens der Kantone ausgesprochen hatte und dessen Ansichten auch von Bundesrat Berset vertreten wurden. Durch das Prinzip der Freiwilligkeit könne eine übermässige Einmischung in die Autonomie der Kantone vermieden werden und die Kosten um rund CHF 100 Mio. auf CHF 369 Mio. gesenkt werden, so der Gesundheitsminister. Während Regine Sauter (fdp, ZH) derselben Auffassung war, da durch die Covid-19-Pandemie die öffentlichen Gelder bereits genug strapaziert würden, machte sich Barbara Gysi (sp, SG) für eine Verpflichtung der Kantone stark. Eine Kann-Formulierung könne zur Folge haben, dass sich nicht alle Kantone zur Unterstützung der angehenden Pflegefachleute bereiterklärten. Es sei allerdings notwendig, dass sich alle an der Pflegeoffensive beteiligen, denn um den Beruf attraktiver zu machen, müsse in die Ausbildung investiert werden. Nur so könne man verhindern, dass bis 2030 65'000 Pflegefachmänner und -frauen fehlten. Manuela Weichelt-Picard (al, ZG) merkte zudem an, dass gerade in den Grenzregionen viele Einrichtungen ohne die Grenzgängerinnen und -gänger schliessen müssten, die etwa im Kanton Genf 38 Prozent des Personals ausmachten.
Die zweite Differenz betraf die Kompetenzerweiterung bezüglich selbständiger Abrechnung gewisser Leistungen durch die Pflegenden ohne ärztliche Anordnung, wobei der Bundesrat diese Leistungen festlegen soll. Verena Herzog (svp, TG) erklärte für die SVP, dass man aufgrund der grösseren Zahl an Leistungserbringenden mit Mehrkosten rechnen müsse. Ähnlich sah dies die FDP.Liberale-Fraktion. Daher unterstützten die beiden Parteien die Version des Ständerates, der die selbständige Leistungsabrechnung an eine im Vorfeld mit den Krankenkassen abgeschlossene Vereinbarung binden wollte. Mitglieder der Ratslinken erachteten die Angst vor Mehrkosten hingegen als unbegründet und hoben hervor, dass durch die Kompetenzerweiterung vielmehr Kosten gespart werden könnten, da die Ärzteschaft, die nicht mehr für jede Leistung eine Anordnung verfassen müsste, entlastet würde. Diese Worte schienen den Nationalrat mehr zu überzeugen und so sprach er sich mit 114 zu 79 Stimmen (bei 1 Enthaltung) gegen eine Vereinbarungspflicht mit den Versicherern aus.
Bezüglich der Ausweitung der Kompetenzen im Bereich der Delegation von Aufgaben an weniger qualifiziertes Personal durch Pflegefachpersonen folgte die grosse Kammer auf Anraten ihrer Kommission jedoch der kleinen, womit zumindest eine Differenz beseitigt werden konnte.

Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative). Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 18.079 & Pa.Iv. 19.401)
Dossier: Die Pflegeinitiative und ihre Umsetzung

Ende August 2020 machte sich die SGK-NR an die Differenzbereinigung zum indirekten Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative. Sie teilte dabei in den wesentlichen Punkten die vom Nationalrat eingenommene Haltung. Mit 14 zu 11 Stimmen bekräftigte die Kommission ihre Position zur Verpflichtung der Kantone, Auszubildende im Pflegebereich finanziell zu unterstützen, indem sie mit einem gewissen Betrag dazu beitragen, ihren Lebensunterhalt zu decken, wobei sich auch der Bund an den Kosten beteiligen soll. Hinsichtlich der Kompetenzen des Pflegepersonals folgte die SGK-NR mit 20 zu 5 Stimmen dem Ständerat und forderte, diese so zu erweitern, dass neben der Erbringung von Pflegeleistungen auch die Delegation von einfachen Aufgaben an weniger gut qualifiziertes Personal möglich sein soll. Im Unterschied zum Stöckli lehnte die Kommission mit einer knappen Mehrheit von 13 zu 12 Stimmen die Forderung ab, dass Pflegepersonen, Spitex-Organisationen und Pflegeheime selbständig erbrachte Leistungen nur dann in Rechnung stellen dürfen, wenn sie zuvor eine Vereinbarung mit den Krankenkassen getroffen haben.

Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative). Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 18.079 & Pa.Iv. 19.401)
Dossier: Die Pflegeinitiative und ihre Umsetzung

Anders als ihre Schwesterkommission erteilte die SGK-SR im August 2020 der parlamentarischen Initiative Flückiger (svp, AG) (übernommen von Verena Herzog (svp, TG)) zur Gleichstellung von Hospizen mit Geburtshäusern mit 8 zu 0 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) eine Absage. Sie sei zwar ebenfalls der Meinung, dass im Bereich Palliative Care gehandelt werden müsse, möchte aber noch weiteren Fragen im Zusammenhang mit der Versorgung von Menschen in ihrem letzten Lebensabschnitt nachgehen, so die Kommission in ihrer Medienmitteilung. Mit einem Verweis auf das von ihr eingereichte Postulat zur besseren Betreuung und Behandlung von Menschen am Lebensende (Po. 18.3384), das vom Ständerat angenommen worden war, erklärte sie, sie werde sich aller Voraussicht nach im nächsten Vierteljahr mit dem bundesrätlichen Postulatsbericht befassen und auf Grundlage dessen ihre Arbeiten weiterführen sowie über die folgenden Schritte befinden.

Stärkung der Palliative Care. Entlastung der stationären Strukturen durch Gleichstellung von Hospizen mit Geburtshäusern (Pa.Iv. 18.437)