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Einen Tag vor Ablauf der Sammelfrist Mitte September 2019 gab das Egerkinger Komitee in den Medien bekannt, die benötigten 100'000 Unterschriften für die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» beisammen zu haben und die Initiative pünktlich am 15. September bei der Bundeskanzlei einreichen zu wollen. Dies sei dem Komitee durch einen «massiven Schlussspurt» gelungen, so Initiant Walter Wobmann (svp, SO) gegenüber der Basler Zeitung. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass das Initiativkomitee mit einer massiv erhöhten Zahl an ungültigen Unterschriften zu kämpfen hatte. Mitte Oktober bestätigte die Bundeskanzlei sodann das Zustandekommen der Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» mit 105'553 gültigen Unterschriften.
Während sich emanzipierte Frauen und Feministinnen aller Couleur in den Medien um die Frage stritten, ob die Burka verboten gehört oder nicht, sprach sich die Bundeshausfraktion der CVP als erste mehrheitlich für das Verhüllungsverbot aus, wie Parteipräsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) in der Presse bekanntgab, obgleich das Verbot nicht unbedingt in der Verfassung verankert werden müsse. Auch ihre Basis stehe hinter dem Verbot, so Pfister weiter. Die SP arbeitete indessen an einem Gegenentwurf zur Stärkung der Frauenrechte. Es bestehe Handlungsbedarf, nicht nur familiäre und berufliche, sondern auch gesellschaftliche Benachteiligungen von Frauen zu beseitigen, und zwar nicht nur, aber auch bei Ausländerinnen, zitierte der Tages-Anzeiger die Berner SP-Nationalrätin Nadine Masshardt. Dazu soll der Gleichstellungsartikel in der Verfassung ausgeweitet werden. Darüber hinaus wollte der Entwurf der SP die Förderung der Gleichstellung von Mann und Frau zum expliziten Ziel der schweizerischen Aussenpolitik erklären. Für Initiant Wobmann war dieser Vorschlag «an den Haaren herbeigezogen» und ohne Bezug zur Initiative. Die Frage, ob die Gleichstellung von Migrantinnen allgemein stärker gefördert werden müsse, müsse in einem anderen Kontext diskutiert werden, liess er im Tages-Anzeiger verlauten. Ebenfalls der Initiative mit einem Gegenvorschlag gegenübertreten wollte gemäss der Sonntags-Zeitung Justizministerin Simonetta Sommaruga, wobei sie den Fokus jedoch auf das Verbot des Verhüllungszwangs zu legen plante.

Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» und indirekter Gegenvorschlag (19.023)
Dossier: Nationales Burkaverbot

Mit 60,4 Prozent Ja- gegenüber 39,6 Prozent Nein-Stimmen nahm das Schweizer Stimmvolk am 12. Februar 2017 die erleichterte Einbürgerung von Personen der dritten Ausländergeneration deutlich an. Die Stimmbeteiligung lag schweizweit bei 46,8 Prozent und schwankte zwischen 39 Prozent im Kanton Uri und rund 66 Prozent in Schaffhausen. Eher überraschend war das ebenfalls deutliche Ständemehr: 17 von 23 Ständen stimmten der Vorlage zu. Die auf frühere Abstimmungsergebnisse zur erleichterten Einbürgerung zurückgehenden Befürchtungen der Befürworter, am Ständemehr zu scheitern, wurden damit klar widerlegt. In den im Vorfeld des Urnengangs noch als „Swing States“ bezeichneten Kantonen resultierte überall ein Ja. Verglichen mit der Abstimmung von 1994, als das Anliegen am Ständemehr gescheitert war, wechselten somit die acht Kantone Luzern, Nidwalden, Solothurn, Aargau, Schaffhausen, Appenzell-Ausserrhoden, Tessin und Wallis auf die Befürworterseite, wobei es in Nidwalden, Appenzell-Ausserrhoden und Tessin ein enges Rennen war (NW 50,4%, AR 50,9%, TI 50,2% Ja-Stimmen). Die knappste Entscheidung überhaupt fiel im Kanton Thurgau, wo lediglich 24 Stimmen für die ablehnende Standesstimme ausschlaggebend waren. Ein ebenfalls hauchdünnes Nein resultierte in Glarus und St. Gallen mit Nein-Stimmenanteilen von 50,4 Prozent bzw. 50,2 Prozent. Demgegenüber stiess die Vorlage in sämtlichen Westschweizer Kantonen auf überdurchschnittlich hohe Zustimmung. Am deutlichsten stimmte der in Ausländerfragen ohnehin sehr offen eingestellte Kanton Neuenburg mit einem Ja-Stimmenanteil von 75,1 Prozent zu. Die höchste Ablehnung hingegen erfuhr die Vorlage in Appenzell-Innerrhoden, dessen Stimmbevölkerung zu 56,4 Prozent ein Nein einlegte. Augenfällig ist bei den Ergebnissen zudem das Gefälle zwischen Stadt und Land; so stimmte die Stadt Zürich zu 76 Prozent Ja (Kanton ZH: 63,2%) und die Stadt St. Gallen zu 65 Prozent (Kanton SG: 49,8%).

Bundesrätin Simonetta Sommaruga liess nach dem Urnengang verlauten, die Regierung nehme das Ergebnis „mit grosser Genugtuung“ zur Kenntnis und es stimme zuversichtlich „für weitere, ebenso umstrittene Vorlagen“. Darüber hinaus ermunterte sie junge Ausländerinnen und Ausländer der dritten Generation, nun „die Chance zu nutzen und ihre Heimat mitzugestalten“, und fügte an, die Erleichterung der Einbürgerung sollte voraussichtlich spätestens in einem Jahr in Kraft treten. Freude über den Entscheid herrschte auch beim SGB und bei der Operation Libero. Während Ersterer von einer überfälligen Reform sprach und ankündigte, nun auch die Anforderungen für andere Einbürgerungswillige senken zu wollen, sah Letztere in dieser Abstimmung einen „ersten, wichtigen Schritt zu einem liberalen Bürgerrecht“. Daran müsse man jetzt anknüpfen und beispielsweise auch die erforderliche Aufenthaltsdauer senken oder die Mindestwohnsitzfristen in den Gemeinden abschaffen. Wenig erfreut zeigte sich die SVP, die nach der Durchsetzungsinitiative und dem Asylgesetz mit dieser Abstimmung die dritte Niederlage in der Ausländerpolitik innerhalb eines Jahres hinnehmen musste. Als Kopf des Gegenkomitees und Initiator der umstrittenen Plakate machte Andreas Glarner (svp, AG) besonders die bereits Eingebürgerten für das Resultat verantwortlich und forderte die Abschaffung des Doppelbürgerrechts. Die SVP erklärte aber auch, das Verdikt von Volk und Ständen zu akzeptieren und die noch offenstehende Möglichkeit, das Referendum gegen die in dieser Sache beschlossene Gesetzesänderung zu ergreifen, nicht wahrnehmen zu wollen.


Abstimmung vom 12. Februar 2017

Beteiligung: 46,84%
Ja: 1'499'627 (60,4%) / Stände: 15 4/2
Nein: 982'844 (39,6%) / Stände: 5 2/2

Parolen:
– Ja: SP, FDP (1*), CVP (1*), Grüne, GLP, BDP (1*), EVP, Städteverband, Eidgenössische Migrationskommission, SGB, Travail.Suisse
– Nein: SVP, EDU (1*)
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

La Suisse doit reconnaître ses enfants (Iv.Pa. 08.432) / Erleichterte Einbürgerung der dritten Generation

Zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative Marra (sp, VD) hatten die eidgenössischen Räte im Herbst 2016 einerseits eine Änderung des Bürgerrechtsgesetzes verabschiedet und andererseits einen Bundesbeschluss erlassen, der die erleichterte Einbürgerung von Ausländerinnen und Ausländern der dritten Generation in der Bundesverfassung verankert. Im Hinblick auf das auf den 12. Februar 2017 angesetzte obligatorische Referendum über die Verfassungsänderung gewann das Thema im zu Ende gehenden Jahr 2016 auch in der öffentlichen Debatte langsam an Präsenz. Mit Ausnahme der „Weltwoche“, die schon Anfang November das erste Mal zum verbalen Zweihänder griff und die Linke bezichtigte, „sich von den vielen Eingebürgerten viele linke Stimmen“ zu erhoffen, sowie die „Umwälzung der politischen Entscheide, ja des ganzen politischen Erfolgsmodells der Schweiz“ befürchtete, liess das Nein-Lager lange Zeit nichts von sich verlauten. Die erste SVP-Exponentin, die sich in dieser Sache zu Wort meldete, war Nationalrätin Yvette Estermann (svp, LU); als gebürtige Slowakin, die sich nach ihrer Heirat selbst erleichtert hatte einbürgern lassen, sprach sie sich im „Blick“ allerdings für die erleichterte Einbürgerung der dritten Generation aus. So war es denn auch das Befürworter-Komitee – eine breite Allianz aus Vertreterinnen und Vertretern aller grossen Parteien ausser der SVP –, das unterstützt von den Alt-Bundesrätinnen Ruth Dreifuss (sp, GE) und Eveline Widmer-Schlumpf (bdp, GR) sowie Alt-Bundesrat Pascal Couchepin (fdp, VS) am 22. November 2016 medienwirksam den Abstimmungskampf eröffnete. Kurz darauf wurde aber bekannt, dass dem Pro-Komitee die finanziellen Mittel fehlten, um eine sichtbare Inseratekampagne zu führen, da sich die Wirtschaftsverbände in dieser Frage nicht engagierten. Neben der grossen Kontroverse um die Unternehmenssteuerreform III fristete die Debatte um die erleichterte Einbürgerung somit ein Mauerblümchendasein.

Das laue Lüftchen gegen die Vorlage – hauptsächlich Argumente bezüglich föderalistischer Bedenken oder mangelnden Handlungsbedarfs – wich Anfang 2017 jedoch schlagartig einem Wirbelsturm, der sich – für eine von SVP-Exponenten geführte Kampagne nicht ganz untypisch – einmal mehr um ein Burka-Plakat drehte. „Die kennen wir doch!“, übertitelte der „Blick“ einen Artikel, in dem er aufzeigte, dass das gleiche Sujet bereits bei den Kampagnen für das Minarettverbot und die Masseneinwanderungsinitiative sowie bei der Unterschriftensammlung für das nationale Verhüllungsverbot zum Einsatz gekommen war. Damit war die öffentliche Debatte definitiv lanciert, wenn auch vielmehr jene über die Angemessenheit der Plakate als jene über das inhaltliche Für und Wider der erleichterten Einbürgerung. Mit dem Motiv hätten die Gegner das Thema völlig verfehlt, da es sich bei den betreffenden Ausländerinnen und Ausländern der dritten Generation hauptsächlich um italienische, spanische, portugiesische und türkische Staatsangehörige handle, empörte sich die Unterstützerseite. Während Bundesrätin Simonetta Sommaruga der Gegenseite fehlende Argumente unterstellte, verkündete Initiantin Ada Marra im Radio gar, dem- oder derjenigen 2000 Franken zu bezahlen, der oder die ihr eine Burka tragende Ausländerin der dritten Generation zeige. Im Internet sorgten die Plakate mit dem „Burka-Schreckgespenst aus der Mottenkiste“ (BZ) derweil auch für Belustigung, indem das Sujet in völlig andere Kontexte gesetzt, ad absurdum geführt und durch den Kakao gezogen wurde. Selbst aus den Reihen der SVP ertönten kritische Stimmen zum umstrittenen Plakat. Während SVP-Nationalrat Maximilian Reimann (svp, AG) das Sujet als „nicht optimal“ bezeichnete, war es für Alex Kuprecht (svp, SZ) als Befürworter der Vorlage schlicht „einige Niveaus zu tief“. Die Mitglieder des Pro-Komitees legten daraufhin etwas Geld für eine eigene, kleine Plakatkampagne an einigen grossen Bahnhöfen der Deutschschweiz zusammen. Nachdem die grosse Welle der Empörung abgeebbt war, plätscherte der Abstimmungskampf wieder gemächlich vor sich hin.

Mit näher rückendem Abstimmungstermin richtete sich die Aufmerksamkeit nochmals auf einen ganz anderen Aspekt der Abstimmung: das Ständemehr. Was das Volksmehr betrifft, zeigten die letzten Umfragen eine eher klare Tendenz zu einem Ja, doch das Ständemehr war bereits früheren Bestrebungen zur erleichterten Einbürgerung zum Verhängnis geworden (insb. bei der Volksabstimmung vom 12. Juni 1994). Experten gingen davon aus, dass die Westschweizer Kantone und Zürich der Vorlage bei einem Volksmehr mit grosser Wahrscheinlichkeit zustimmen würden, während die meisten Zentral- und Ostschweizer Kantone – traditionell skeptisch in Ausländerfragen – eher zur Ablehnung der Vorlage neigen sollten. Den entscheidenden Ausschlag erwarteten sie von den als „Swing States“ bezeichneten Kantonen Basel-Landschaft, Graubünden, Luzern, Solothurn, Wallis und Zug. Dies sind zugleich jene Kantone, die die Einbürgerung der dritten Ausländergeneration im Jahr 2004 mit weniger als 60% Nein-Stimmen abgelehnt hatten. Angesichts der aktuellen, weniger radikalen Reform, die im Gegensatz zu jener von 2004 insbesondere keinen Automatismus vorsieht, ist es durchaus denkbar, dass einige der „Swing States“ nun ins andere Lager wechseln.

La Suisse doit reconnaître ses enfants (Iv.Pa. 08.432) / Erleichterte Einbürgerung der dritten Generation

La décision de l’école secondaire de Therwil, dans le canton de Bâle-Ville, de dispenser deux élèves de serrer la main de leur enseignante pour des motifs religieux a crée une vague de réactions qui a balayé toute la Suisse. Le Conseil fédéral, par l’intermédiaire de la ministre de la justice Simonetta Sommaruga, a déclaré que « la poignée de main faisait partie de notre culture ». Il estime ainsi que l’argument de la liberté de croyance n’est pas suffisant. Du côté de la Conférence des directeurs cantonaux de l’instruction publique (CDIP), Christoph Eymann considère qu’une telle exception ne rend pas service à la communauté musulmane. Après les débats sur le port du voile ou l’exemption des cours de natation, la question du serrage de main mêle, à nouveau, les questions d’intégration et la politique d’éducation.

serrer la main de leur enseignante

Le Conseil national a débattu lors de la session d'hiver 2015 la motion Munz (ps, SH) qui vise à former les réfugiés pour une intégration durable sur le marché du travail. La socialiste défend son projet par une double argumentation: l'accès au travail est une mesure rendant leur dignité aux réfugiés et permet en outre d'économiser sur l'aide sociale. Le député Schwander (udc, SZ) s'est fait le porte-parole de l’opposition, arguant que de telles mesures étaient déjà prises dans le cadre de la loi sur les étrangers et plus particulièrement dans les articles concernant l'encouragement de l'intégration. De plus, il estime que cette motion met sur un pied d'égalité les réfugiés reconnus et les personnes admises provisoirement, ce à quoi son parti s'oppose fortement. A cela, la présidente de la Confédération Simonetta Sommaruga a rétorqué que la durée de séjour en Suisse des admis provisoirement est en général suffisamment longue pour rendre nécessaire une intégration sur le marché du travail. Elle a ajouté qu'en outre il s'agit d'un remaniement de la loi sur l'asile et non de celle sur les étrangers dont il est question. Pour ces raisons, le Conseil fédéral a recommandé d'accepter la motion. La chambre basse a suivi, par 112 voix contre 75 et 2 abstentions. Les votes négatifs proviennent de la fraction udc et d'une partie du groupe pdc.

Former les réfugiés pour une intégration durable sur le marché du travail (Mo. 15.3653)

Im Wahljahr stiessen die 1.-August-Ansprachen von Bundesräten und Parteipräsidenten auf grössere mediale Resonanz. Dabei schlugen die Vertreter der Parteien lautere Töne an und richteten ihre Festreden thematisch anders aus als die Regierungsmitglieder. So warnte etwa SVP-Parteipräsident Toni Brunner vor der Zuwanderung, die noch immer nicht gestoppt worden sei. SP-Präsident Christian Levrat warf der SVP Polemik und Niveaulosigkeit vor und rief dazu auf, Menschen in Not aufzunehmen. Christophe Darbellay - Präsident der CVP - warnte vor "Brandstiftern", die Panik schürten, obwohl die Integration von Einwanderinnen und Einwandern trotz einigen Problemen gut funktioniere. Auch BDP-Präsident Martin Landolt sprach sich für eine Aufnahme von Zuflucht suchenden Menschen aus. Das seien nicht einfach Wirtschaftsflüchtlinge, sondern Menschen, die per Geburt weniger privilegiert seien als Schweizerinnen und Schweizer.
Die Bundesrätinnen und Bundesräte betonten derweil eher die Europapolitik. In ihrer Radioansprache und ihrer Festrede auf dem Rütli betonte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga, dass die anstehenden Weichenstellungen mit Europa nur mit einer lösungsorientierten politischen Kultur bewältigt werden könnten. Auch Eveline Widmer-Schlumpf betonte bei ihrer Festrede in Titterten (BL), dass schrille Töne in der Politik nicht zu Lösungen führten. Leider werde die Kultur des Ausgleichs von einigen immer stärker aufs Spiel gesetzt. Die wirtschaftliche Bedeutung der Zusammenarbeit mit der EU wurde von Doris Leuthard in Ottenbach (ZH) und Zurzach (AG) betont. Als einzige Magistratin sprach sie auch die Flüchtlingspolitik an: Die Schweiz könne im Bewusstsein ihrer humanitären Tradition mehr tun als andere Länder. Die Wirtschaft war Thema von Johann Schneider-Ammanns Rede. Auch der Wirtschaftsminister, der ebenfalls im Kanton Basel-Landschaft, in Allschwil und in Windisch (AG), auftrat, betonte dabei die Bedeutung der Zusammenarbeit mit Europa. Einer Stärkung des inneren Zusammenhaltes redeten Didier Burkhalter (in Zürich und in Sumiswald, BE) und Alain Berset (in Lindau, ZH) das Wort - Berset war der einzige Regierungsvertreter, der zudem auch noch eine Ansprache in der Romandie hielt (in Sierre, VS): Die Masseneinwanderungsinitiative scheine die Schweiz gespalten zu haben; trotz wachsender kultureller Vielfalt müsse die Gesellschaft aber zusammengehalten werden. Einzig Ueli Maurer warnte in Grosswangen (LU) und Nottwil (LU) vor einem engeren Anschluss an die EU und lobte auch bezugnehmend auf die Geschichte der Eidgenossenschaft den bewährten Weg der Unabhängigkeit.

1.-August-Ansprachen

En mars 2015, Hans Grunder (pbd, BE) déposait une motion pour une meilleure intégration des requérants d'asile sur le marché du travail. Il chargeait ainsi le Conseil fédéral de créer les bases légales permettant aux requérants d'asile d'accéder au marché du travail. Outre une modification des réglementations, le conseiller national proposait également un système d'incitations financières de la part de la Confédération. Hans Grunder motivait son projet notamment en soulignant l'allégement des coûts de l'asile ainsi qu'un besoin moindre en main-d'oeuvre étrangère que représenterait la mise au travail de requérants d'asile. Le Conseil fédéral, soulignant bien qu'il est d'accord avec le fond de cette motion, propose au Conseil national de la refuser. C'est lors de la session extraordinaire du 10 décembre: "Vague de réfugiés en Europe et contrôles aux frontières" que la présidente Simonetta Sommaruga a pu éclaircir cette position ambiguë du Conseil fédéral. Favoriser la mise au travail des requérants d'asile reconnus (permis B) et de ceux admis provisoirement (permis F) est l'un des objectifs principaux du projet de révision de la loi sur les étrangers (LEtr) envoyé en consultation en février 2015 par le Conseil fédéral. Or, la motion du député Grunder visait les requérants d'asile (permis N). Si dans le projet du Conseil fédéral leur employabilité n'est pas une priorité c'est parce que le souhait du Conseil fédéral est d'accélérer les procédures de demande d'asile. Si une telle solution est acceptée, la durée durant laquelle une personne est requérante d'asile serait significativement réduite et ne nécessiterait pas de mise au travail. En regard des positions de la présidente, le conseiller Grunder a retiré sa motion lors de cette même session extraordinaire.

pour une meilleure intégration des requérants d'asile sur le marché du travail

2015 war für die SP ein besonderes Jahr. Mit Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga, Nationalratspräsident Stéphane Rossini (sp, VS) und Ständeratspräsident Claude Hêche (sp, JU) besetzten gleich drei SP-Mitglieder die höchsten politischen Ämter, was aufgrund der Rotation zwischen den Parteien bzw. den Ämtern allerdings Zufall ist.

SP höchsten politischen Ämter

Die FDP verfolgte in ihrer Asylpolitik nach wie vor eine harte Linie. Sie machte im Oktober nicht nur mit ganzseitigen Inseraten auf eine aus ihren Augen verfehlte Politik von Bundesrätin Simonetta Sommaruga aufmerksam – die Bundesrätin wurde als untätig schlafend vor dem Bundeshaus dargestellt, das von zahlreichen unbeantworteten Asylgesuchen überquoll – sondern Parteipräsident Müller machte sich auch für einen möglichen Stopp der Gesuche aus Eritrea stark. Man sende ein falsches Signal aus, wenn man Leute aus relativ sicheren Staaten aufnehme. Diese Haltung weckte allerdings Kritik bei Länderexperten, die Eritrea auch als "Nordkorea Afrikas" bezeichneten. Müller wehrte sich mit dem Hinweis, dass es auch andere Beobachtungen zum Land gebe, die auf eine Besserung hindeuteten – eine Quelle blieb er allerdings schuldig.

FDP Asylpolitik Eritrea

Das Ziel der FDP für die eidgenössischen Wahlen 2015 hiess Wachstum. Die liberale Stimme müsse wieder gestärkt und die beiden Bundesratssitze müssten verteidigt werden. Die FDP kämpfe für ein freiheitliches Gesellschafts- und Wirtschaftssystem. Dies bedinge den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen, eine moderne Infrastruktur und sichere Sozialwerke. Ziel sei es, die SP als zweitstärkste Kraft zu überflügeln: Der Gegner der FDP sitze links. Ein Überholmanöver würde – falls die SP gleich stark bliebe – einen Zuwachs von rund vier Wählerprozentpunkten bedeuten. Ende März legte der Parteivorstand ein Strategiepapier vor, das intern diskutiert wurde. Im Zentrum des Papiers stehen die Begriffe Freiheit, Gemeinsinn und Fortschritt. Der bereits bei den letzten Wahlen verwendete Slogan ‚Aus Liebe zur Schweiz‘ soll beibehalten werden. Bereits im Juni wurden die Delegierten auf den Wahlkampf eingeschworen. Zu reden gab dabei der Begriff Gemeinsinn, der nicht sozialistische Rezepte beinhalte, sondern Grundlage für Freiheit und Fortschritt sei. Damit solle vor allem das Milizprinzip betont werden, also Freiwilligkeit ohne staatliche Abgaben. Mit der Betonung von Gemeinsinn wolle man vor allem bei Wählerinnen punkten. Offiziell lanciert wurde der Wahlkampf rund ein Jahr vor den Wahlen in Zug, wohin Mitte September rund 1000 Delegierte pilgerten. Augenfällig war – nicht nur aufgrund des bunten Festareals in Zug, sondern auch aufgrund der Slogans –, dass die FDP sich als Volkspartei, weg von ihrem elitären Image, positionierte. Parteipräsident Müller rief zu Mobilisierung und Wir-Gefühl auf. Überzeugungsarbeit müsse auf der Strasse und nicht von den Büros aus geleistet werden. Die Exzesse eines Teils der Wirtschaft seien masslos und die FDP müsse sich für ein verantwortungsbewusstes Unternehmertum und eine starke Sozialpartnerschaft einsetzen – gab etwa der in der Kritik stehende Bundesrat Schneider-Ammann zu Protokoll. Ende Oktober begann der Wahlkampf der FDP anhand von ganzseitigen Zeitungsinseraten sichtbar zu werden: Ins Visier wurde dabei Bundesrätin Simonetta Sommaruga genommen, die schlafend vor dem Bundeshaus karikiert wurde. Mit dem bestehenden Asylgesetz würde es eigentlich genügend Mittel gegen die wachsende Zuwanderung geben, aber leider würde dieses nicht konsequent umgesetzt, so der Tenor.

Ziel der FDP Wahlen 2015

Die SVP strebte weitreichende Verschärfungen in der Asylpolitik an. Wer tatsächlich an Leib und Leben bedroht sei, reise nicht in die weit entfernte Schweiz, sondern bleibe in einem sicheren Nachbarland, um später wieder in die Heimat zurückkehren zu können. Aus diesem Grund seien Asylanträge zurückzuweisen, wenn sie von aus einem sicheren Land Einreisenden gestellt würden. Konkret würde dies bedeuten, dass nur noch Asyl beantragen kann, wer mit dem Flugzeug in die Schweiz kommt. Wer trotzdem einen Antrag stelle, solle nur ein Wegweisungsverfahren durchlaufen können, während dessen Dauer ein Aufenthalt in einem Zentrum gewährt werde, wo aber lediglich Naturalien abgegeben würden. Wer sich nicht an die Regeln halte, solle in ein geschlossenes Zentrum kommen. Es solle maximal eine einzige Beschwerdemöglichkeit geben. Diese Massnahmen seien Dublin-konform, weil der Grundsatz bestehen bleibe, dass niemand in ein Land ausgeschafft werde, in dem ihm Folter oder eine andere Art grausamer und unmenschlicher Bestrafung droht. Weil die Asylzahlen laut SVP stark angestiegen seien, brauche es sofort eine Verschärfung. Zudem funktioniere der Dublin-Schengen-Vertrag nicht, der vorsieht, dass Asylgesuche nur im Erstland gestellt werden können. Weil sich Italien oder Griechenland nicht daran hielten, komme es zu einer Explosion an Asylgesuchen in der Schweiz.
Zahlen der "Sonntagszeitung" zeigten allerdings, dass die Asylgesuche in der Schweiz in den letzten Jahren eher zurückgegangen, und erst ab Anfang 2014 wieder leicht angestiegen waren, wobei sich dieses Phänomen in ganz Europa zeigte. Der Rückgang in der Schweiz konnte mit den Gesetzesverschärfungen der letzten Jahre erklärt werden. Die Volkspartei dachte trotzdem laut über eine Volksinitiative nach, mit der die Asylgesetzgebung noch strenger geregelt werden soll. Parteiintern stiess das Vorhaben allerdings auf Kritik. So sprach etwa Ständeratspräsident Hannes Germann (SH) von einem „absoluten Tabubruch angesichts unserer völkerrechtlicher Verpflichtungen“. Eine solche Initiative würde faktisch die Abschaffung des Asylrechts bedeuten, wurde vor allem auch von ausserhalb der Partei breit kritisiert. Nicht nur die Medien machten kaum einen Hehl aus ihrer Abneigung gegen eine solche Idee, sondern auch das Bundesamt für Migration, die Bischofskonferenz oder die Justizdirektorenkonferenz bezeichneten die Absichten als weltfremd oder gar als Schande. Bundesrätin Sommaruga bezeichnete das Anliegen als beschämend, menschenverachtend und als Schaumschlägerei. Mit Blick nach Syrien, Libyen, die Ukraine und die Tragödie um die Bootsflüchtlinge müsste sich die Schweiz vielmehr ihrer humanitären Tradition besinnen. Der ehemalige Bundesrat Pascal Couchepin bezeichnete das Vorhaben der SVP als "realitätsfern". Die Volkspartei habe zunehmend eine „Auslandsneurose“. Auch wenn sie bis Ende Jahr keine entsprechende Initiative einreichte – offiziell weil sie mit der Völkerrechtsinitiative (gegen fremde Richter) ein zweites Projekt habe und nicht beide gleichzeitig stemmen könne – hatte die SVP mit ihrer Forderung zumindest für zahlreiche Schlagzeilen im Sommerloch gesorgt. Als dann im November der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte der Schweiz verbot, eine afghanische Familie nach Italien auszuschaffen, weil dort die Kinder nicht angemessen untergebracht würden, griff die SVP auch die EMRK an und hatte eine willkommene Verknüpfung des Asylthemas mit ihrem zweiten Initiativvorhaben gegen fremde Richter.

SVP Asylpolitik

Die Masseneinwanderungsinitiative bescherte der SVP einen nicht wirklich erwarteten Erfolg. Umfragen im Vorfeld der Abstimmung wiesen eher auf eine Ablehnung hin. Einzelne SVP-Exponenten im Umfeld der Auns und der Jungpartei dachten im Falle einer Ablehnung laut über einen Frontalangriff gegen die Personenfreizügigkeit nach, was in der Parteizentrale allerdings als Unsinn bezeichnet wurde. Es gehe um die Begrenzung der Einwanderung. Nach der Annahme der Initiative schien die SVP eine Weile in Verlegenheit. Parteipräsident Toni Brunner sah seine Partei in einem Interview mit dem "Sonntags-Blick" bei der Umsetzung nicht in der Pflicht. Verantwortung könne man erst mit einem zweiten Bundesratssitz übernehmen. Allerdings forderte die Partei dann relativ rasch die Einsetzung einer Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Initiative, in der die SVP vertreten sei. Anders als noch bei der Ausschaffungsinitiative, als die SVP in einer solchen Gruppe Einsitz genommen hatte, weigerte sich Bundesrätin Sommaruga jedoch, eine solche Gruppe zu konstituieren. Die SVP könne – wie alle anderen Interessenten auch – via Vernehmlassung Stellung nehmen. Sollte ihr Begehren nicht nach ihrem Gusto umgesetzt werden, drohte die SVP mit einer erneuten Durchsetzungsinitiative oder laut einer Aussage von Christoph Blocher Mitte August mit einer Initiative zur Kündigung der Personenfreizügigkeit. Auch eine Kündigung der bilateralen Verträge mit der EU propagierte der ehemalige SVP-Bundesrat als gangbaren Weg, falls die EU auf eine Einschränkung der Personenfreizügigkeit nicht eingehe. Die EU sei vor allem auf den Landverkehrsvertrag – einer der sechs verbundenen Verträge – angewiesen, weil er die Durchfahrt von Nord nach Süd sichere; deshalb werde sie diese Verträge nicht aufkünden.

Kampagne der SVP gegen die Masseneinwanderungsinitiative
Dossier: Masseneinwanderungsinitiative

Die SP feierte im Berichtjahr ihr 125-jähriges Bestehen. Die ersten kantonalen sozialdemokratischen Parteien waren bereits um 1850 gegründet worden, 1888 wurde die Landespartei aus der Taufe gehoben. Nach dem Aufruf zum Generalstreik 1918, dem Erfolg mit der Proporzinitiative 1919 und der Abspaltung der Kommunistischen Partei 1921 wurde die SP stärkste Fraktion im Nationalrat und erhielt 1943 erstmals einen Bundesratssitz, der von Ernst Nobs besetzt wurde. Nach einer kurzen Phase der Opposition von 1953 bis 1959 erlangte die SP die bis heute anhaltende Doppelbesetzung in der Regierung. Mit einem Fest Ende August in Bern begingen die Genossen das Jubiläum. Zahlreiche frühere und aktuelle Parteigrössen wie Ruth Dreifuss, Moritz Leuenberger, Helmut Hubacher oder die amtierenden Bundesräte Simonetta Sommaruga und Alain Berset feierten den Geburtstag der Sozialdemokratischen Partei. In einer Würdigung der NZZ war von drei Phasen die Rede: Die ersten 50 Jahre rang die SP um politischen Einfluss, in den zweiten 50 Jahren wurde dank der Sozialdemokraten der Sozialstaat ausgebaut und die letzten 25 Jahre hätten der Partei der Verteidigung der sozialstaatlichen Errungenschaften gedient. Mit einem opulenten Bildband wurde das Jubiläum abgerundet.

125-jähriges Bestehen

Im Juni wurde die von der SVP lancierte Initiative zur Volkswahl des Bundesrates so deutlich wie noch kein SVP-Begehren zuvor abgelehnt. Die Partei hatte sich mit ihrem Begehren ziemlich schwer getan und die Abstimmungskampagne glich eher einem Pflichtprogramm denn einer überzeugenden Elektrisierung. Zudem wurden parteiintern Befürchtungen laut, dass sich das Begehren letztlich sogar zuungunsten der SVP auswirken könnte, weil man in Majorzwahlen selten erfolgreich sei. Mit der Ende April eingeläuteten Kampagne stellte sich die SVP als Partei dar, die als einzige dem Volk vertraue, ihm mehr Mitspracherecht geben wolle und dafür sorge, dass der Wille des Souveräns wieder ernst genommen werde. Mit der direkten Wahl müsse die Regierung wieder mehr Rücksicht auf den Volkswillen nehmen. Müsste sich etwa Bundesrätin Sommaruga der Wahl durch die Bevölkerung stellen, so würde sie die Ausschaffungsinitiative schneller umsetzen, warb Parteipräsident Brunner für das Anliegen. Gegnerische Argumente wurden mit dem Hinweis abgetan, dass die Volkswahl auf kantonaler Ebene ausgezeichnet funktioniere. Die laue parteiinterne Unterstützung und die lustlose Kampagne widerspiegelte sich nicht nur im Abstimmungsresultat, sondern auch im Umstand, dass – laut VOX-Analyse – lediglich 55% der SVP-Sympathisanten die eigene Initiative befürworteten.

Volkswahl des Bundesrates

Nicht zufrieden mit dem in Lugano beschlossenen Papier zur Migrationspolitik zeigten sich insbesondere die Juso. Sie beschlossen Ende Oktober, das Referendum gegen die Asylgesetzrevision zu ergreifen. Die Mutterpartei unterstützte diesen Beschluss nicht, obwohl die Fraktion sich in der Parlamentsdebatte noch stark gegen die Revisionsvorlage eingesetzt hatte. Gestützt auf die in Lugano gefassten Beschlüsse wolle man das Risiko einer wahrscheinlichen Niederlage an der Urne nicht eingehen. Eine solche könnte den weiteren Verlauf der Asyldebatte verschärfen. Parteipräsident Christian Levrat (FR) befürchtete eine erfolglose Abwehrschlacht, die den bürgerlichen Parteien eine Plattform bieten würde. Diese Position wurde aber im Verlaufe des Spätherbstes nicht nur von den Juso, sondern auch von einigen Kantonal- (BS, TG, GE, AI, TI, AG) und städtischen Sektionen (Zürich, St. Gallen) hinterfragt, die das Referendum aktiv unterstützten. Alt-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey und alt-Nationalrat Jean Ziegler kritisierten die Parteileitung ebenfalls und sagten ihre Unterstützung für das Referendum zu. Auf der Gegenseite meldeten sich prominente SP-Politiker aus der Romandie – so etwa Cesla Amarelle (VD) oder Carlo Sommaruga (GE) – aber auch die Aargauer Ständerätin Pascale Bruderer zu Wort: man müsse die Migrationspolitik aktiv und nicht defensiv mitgestalten. Die Geschäftsleitung beschloss mit nur einer Gegenstimme, der Delegiertenversammlung in Thun am 1. Dezember den Antrag zu stellen, auf ein Referendum zu verzichten. Dort spiegelte sich die interne Umstrittenheit im mit 114 zu 92 Stimmen gefassten Entscheid gegen die Ergreifung eines Referendums. Die anwesende Bundesrätin Simonetta Sommaruga zeigte sich zufrieden. Die Partei hätte in der Asyldebatte mehr zu bieten, als Vorschläge von anderen zu bekämpfen.

Die Positionen der SP in der Migrationspolitik

Lange Zeit eigentlich nicht prioritäres Thema der Sozialdemokraten, wollte man die Federführung in der Migrationspolitik nicht mehr länger der SVP überlassen. Die SP legte deshalb Anfang April in einem Positionspaper dar, was für sie kohärente und umfassende Migrationspolitik bedeutet. Hauptforderung des Papiers war die Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf Nicht-EU-Staaten. In bilateralen Handelsbeziehungen müsse künftig auch der Migrationsaspekt miteinbezogen werden. Es liege im Interesse der Schweiz, spezialisierte Arbeitskräfte aus der ganzen Welt zu rekrutieren. Den negativen Folgen der Einwanderung – die SP führt diese auf die mittels Steueranreizen organisierte Standortpolitik einzelner Kantone zurück – müssten mit flankierenden Massnahmen in der Steuer- und Bildungspolitik sowie auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt begegnet werden. Insbesondere in den Städten sei die Schmerzgrenze erreicht. Mit gemeinnützigem Wohnungsbau, Mindestlöhnen und Mindeststeuersätzen für Unternehmen, die nur noch in strukturschwachen Regionen durch Steuervergünstigungen angelockt werden dürfen, könnten die Probleme gemildert werden. Das 51 Kapitel und 149 Forderungen umfassende Papier deckte sich weitgehend mit den Plänen der SP-Justizministerin Simonetta Sommaruga. So wurde etwa auch ein effizienterer Vollzug im Asylwesen gefordert. Die Bundesrätin selber machte sich bei einer Rede in Basel für eine konsequentere Ahndung von Missbräuchen durch kriminelle Asylbewerber stark. Verantwortung übernehmen heisse auch unattraktive Entscheide mitzutragen. Das Papier stiess auf interne Kritik und fast 900 Änderungsanträge gingen ein. Bevor es im Herbst an der zweitägigen Delegiertenversammlung in Lugano diskutiert wurde, nahm die Geschäftsleitung einige Präzisierungen vor. Eine Auseinandersetzung in der Asylfrage zwischen Cédric Wermuth (AG) und Präsident Christian Levrat (FR) wurde in der Boulevardpresse zu einem Hauskrach hochstilisiert. Wermuth warf der Parteispitze vor, mit dem Papier vor der Rechten zu kuschen. In Lugano folgten die Delegierten den Vorschlägen der Parteileitung mehrheitlich. Der linke Flügel setzte sich einzig mit dem Antrag durch, dass Zwangsmassnahmen für die Ausschaffung verboten werden müssen. Angenommen wurde auch ein Antrag der SP Graubünden, allen in der Schweiz geborenen Personen automatisch das Bürgerrecht zu erteilen. Zudem fordert das verabschiedete Papier auch die Legalisierung aller Sans-Papiers.

Die Positionen der SP in der Migrationspolitik

Im September erklärte Bundesrätin Micheline Calmy-Rey ihren Rücktritt. Die SP konnte dadurch eine im Wahlkampf nicht unwichtige, verstärkte Medienaufmerksamkeit generieren, da das Karussell mit den potentiellen Nachfolgerinnen und Nachfolgern relativ rasch zu drehen begann. Früh gab die Partei bekannt, nur Kandidierende aus der lateinischen Schweiz zu berücksichtigen. Schliesslich entschied sich die Fraktion für ein Zweierticket mit dem Staatsrat Pierre-Yves Maillard aus dem Kanton Waadt und dem Freiburger Ständerat Alain Berset. Obwohl die SVP bei den Bundesratswahlen im Dezember schliesslich beide Sitze der SP angriff, wurden sowohl Simonetta Sommaruga im ersten Wahlgang bestätigt als auch Alain Berset bereits im zweiten Umgang gewählt. Sommaruga behielt das EJPD und Berset übernahm das EDI.

Wahlkampf und Resultate der SP bei den eidgenössischen Wahlen 2011
Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Ein weiteres wichtiges Ziel der SVP wurde im Wahljahr ebenfalls verpasst: Der Partei blieb ein zweiter Bundesratssitz, auf den sie aus einer arithmetisch begründeten Konkordanz Anspruch erhob, bei den Bundesratswahlen verwehrt. Dies war auf unterschiedliche Gründe zurückzuführen. Erstens nahm ihre Niederlage bei den National- und Ständeratswahlen der SVP einigen Wind aus den Segeln. Zweitens machte die Partei bei der Auswahl ihrer Bundesratsanwärter eine überaus schlechte Figur. Sie brauchte sehr lange, bis sie endlich ein Zweierticket bestehend aus Jean-François Rime (FR) und Bruno Zuppiger (ZH) bekannt gab. Zuvor war lange gerätselt worden, ob die Volkspartei ein politisches Schwergewicht (Amstutz, Baader, Brunner, Eberle, Spuhler) auf den Schild heben würde. Als unprofessionell wurde die Kandididatenkür dann schliesslich nicht nur aufgrund der langen Vorlaufzeit bezeichnet, sondern auch weil Zuppiger aufgrund eines Vorwurfs, bei einer Erbschaft unrechtmässig Geld abgezweigt zu haben, seine Kandidatur zurückziehen musste. Anscheinend hatte die SVP-Spitze davon gewusst, aber trotzdem an Zuppiger festgehalten. In einer Nacht- und Nebelaktion wurde Hansjörg Walter für Zuppiger nachnominiert. Der Partei wurde vorgeworfen, es versäumt zu haben, die nötigen Kandidaten für den eindringlich geforderten zweiten Bunderatssitz aufzubauen. Drittens erwies sich bei den Bundesratswahlen ein Umstand als zentral, der sich auch bei kantonalen Regierungswahlen und bei den Ständeratswahlen deutlich gezeigt hatte: Die Oppositionspartei hat keine verlässlichen Partner mehr. Für ihren Kandidaten stimmte ausser beim Angriff auf den Sitz von Bundesrätin Widmer-Schlumpf praktisch nur die geschlossene SVP-Fraktion. Bei der Wahl der BDP-Bundesrätin erhielt Rime 41 Stimmen und Walter, der schon vor den Wahlen angekündigte hatte, nur für dieses Manöver zur Verfügung zu stehen, 63 Stimmen. Bei der Bestätigung des Sitzes von Didier Burkhalter erhielt Jean-François Rime 24 Stimmen, bei Simonetta Sommaruga 61 Stimmen, bei Johann Schneider-Ammann 64 Stimmen. Bei der Ersatzwahl für Micheline Calmy-Rey entfielen noch 59 Voten auf den SVP-Kandidaten.

Wahlkampf und Resultate der SVP bei den eidgenössischen Wahlen 2011
Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Eher unerwartet konnte die SP auch bei den Ständeratswahlen zulegen. Die zwei Sitzgewinne in den Kantonen Aargau (Bruderer) und St. Gallen (Rechsteiner) und die Rückeroberung des Berner Sitzes (Stöckli), den die SP aufgrund der Ersatzwahl für Bundesrätin Sommaruga im Frühjahr noch an die SVP verloren hatte, sorgten dafür, dass die Sozialdemokraten die höchste Zahl an Ständeratsmandaten in ihrer Geschichte erreichten. Mit elf Mandaten war man in der kleinen Kammer neu sogar gleich stark wie die FDP. Die acht Sitze in den Kantonen FR (Berset), SO (Zanetti) BS (Fetz), BL (Janiak), VD (Savary), NE (Berberat), GE (Maury Pasquier) und JU (Hêche) konnten relativ problemlos verteidigt werden. Nur im Kanton Waadt musste die SP in einen zweiten Wahlgang. Ohne Erfolg blieben die Sozialdemokraten in den Kantonen ZH, LU, OW (mit der Juso), ZG, SH, TG, TI und VS.

Wahlkampf und Resultate der SP bei den eidgenössischen Wahlen 2011
Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Mit den Behauptungen, die „Dunkelkammer Ständerat“ werde immer linker und „europhiler“ und die „Heimatmüdigkeit“ in der kleinen Kammer könne nur gestoppt werden, wenn mehr SVP-Kandidierende in den Ständerat gewählt würden, gelang es der Volkspartei nicht nur, den eigentlich kantonal ausgetragenen Ständeratswahlen nationale Bedeutung und Medienaufmerksamkeit zu verleihen, sondern sie verabreichte ihnen auch einen gehörigen Schuss Themenzentriertheit: Erst mit der Wahl von SVP-Personal – so die zugrunde liegende Idee – würde der Ständerat wieder für Schweizer Werte, also gegen Migration und EU, einstehen. Das Vorhaben, das in den Medien unter dem Titel „Sturm aufs Stöckli“ Niederschlag fand, muss im Nachhinein allerdings als gescheitert betrachtet werden. Zwar trat die SVP mit Ausnahme von lediglich sechs Ständen (OW, NW, AR, AI, TI und GE) in allen Kantonen mit teilweise namhaften und landesweit bekannten Personen zu den Wahlen in die kleine Kammer an und war damit auch für die zahlreichen nötigen zweiten Umgänge mitverantwortlich. Letztlich musste sie im Vergleich zu 2007 per Saldo aber sogar zwei Sitzverluste verkraften und sitzt lediglich noch mit fünf Vertretern im Ständerat. Einer ihrer Sitze war bereits während der vorangehenden Legislatur mit der Abspaltung der BDP verloren gegangen. Zwar vermochte die Partei bei den Ersatzwahlen für Bundesrätin Sommaruga im Frühling des Berichtsjahrs mit Adrian Amstutz kurzfristig das zweite Berner Mandat zu besetzen, nach wenigen Monaten in der kleinen Kammer musste dieser dann aber Hans Stöckli (sp) Platz machen. Weitere Sitzverluste erlitt die SVP in den Kantonen Graubünden und Aargau. In Graubünden war die SVP aufgrund der dortigen Stärke der BDP nach dem Rücktritt von Christoffel Brändli (svp) gar nicht erst angetreten und im Kanton Aargau scheiterte die angestrebte Rochade zwischen dem ehemaligen Nationalrat Giezendanner und dem ehemaligen Ständerat Reimann. Hier verlor die Volkspartei den Ständeratssitz an die SP (Bruderer). Einen Sitz gewinnen konnte die SVP im Kanton Schwyz, wo neu beide Kantonsvertreter der Volkspartei angehören. Alex Kuprecht wurde im ersten Wahlgang bestätigt und der für den zweiten Wahlgang nach seinem eigentlichen Rücktritt als Nationalrat reaktivierte Peter Föhn konnte den Sitz der CVP erobern. Die Angriffe in den weiteren Kantonen (ZH, LU, UR, ZG, FR, SO, BS, BL, SG, VD, VS, NE und JU), die mit bekannten Namen geführt wurden (z.B. Blocher, ZH, Baader, BL, Rime, FR, Brunner, SG, Parmelin, VD oder Freysinger, VS) führten zwar zu zweiten Wahlgängen, waren aber letztlich alle erfolglos. Verteidigen konnte die SVP ihre Sitze in jenen Kantonen, in denen eher als konziliant geltende Persönlichkeiten ihre Sitze verteidigten (Jenny in GL, Germann in SH, Roland Eberle neu in TG).

Wahlkampf und Resultate der SVP bei den eidgenössischen Wahlen 2011
Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Vorschläge in der Asylpolitik stellte die SVP-Spitze im Rahmen einer Medienkonferenz in Bern vor. Anlass dafür war die Präsentation der Zusatzanträge zur Asylgesetzrevision von Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Die SVP hielt die Vorschläge zur Verkürzung der Asylverfahren für wirkungslos. Auch die SVP wolle kürzere Verfahren, dies aber durch eine Einschränkung der Rechtsmittel der Asylsuchenden erreichen. Mehrfach- oder Wiedererwägungsgesuche sollen verboten und der Familiennachzug für vorläufig Aufgenommene eingeschränkt werden. Zudem sollen die Abkommen von Schengen und Dublin gekündigt und die Kontrollen an den Schweizer Grenzen intensiviert werden.

Asylpolitik

Seit jeher schwer tut sich die SP mit der Migrationspolitik. Ihre Bundesrätin und Vorsteherin des Justiz- und Polizeidepartements Simonetta Sommaruga sorgte allerdings mit Pragmatismus und viel Tatendrang dafür, dass sich die SP auch in diesem Politikfeld ins Gespräch brachte. Parteiintern nicht unumstrittenen waren die Lösungsansätze der Magistratin zur massiven Verkürzung der Asylverfahren. Trotz Widerstands gegen die Marschrichtung der Bundesrätin aus den eigenen Reihen, bezeichnete Präsident Levrat sie bezüglich der Flüchtlingspolitik als Glücksfall für die Partei.

Migrationspolitik

Für einen Eklat sorgte SP-Präsident Christian Levrat, der – unzufrieden mit der Departementsverteilung nach den Bundesratsersatzwahlen – den Präsidenten der FDP Fulvio Pelli der Lüge bezichtigte. Die FDP hätte versprochen, dass sie einen Departementswechsel der Bundesräte Maurer und Widmer-Schlumpf verhindern würde und einer Sitzverteilung nach dem Anciennitätsprinzip nicht entgegenstehen würde, unter der Bedingung, dass die SP den FDP-Bundesratssitz unterstützte. Beide Versprechen hätten die Freisinnigen nicht eingehalten. Die grosse Rochade bei der Departementsverteilung hatte zur Folge, dass die SP nicht nur das Uvek an die CVP abgeben musste, sondern auch, dass Bundesrätin Sommaruga als Konsumentenschützerin nicht das Volkswirtschaftsdepartement erhielt, sondern als Nichtjuristin das EJPD übernehmen musste. Pelli seinerseits kündigte eine Verleumdungsklage gegen Levrat an. Die Causa Levrat-Pelli beschäftigte die Presse einige Tage lang, bevor der Streit Mitte Oktober mit einer dürren Medienmitteilung beigelegt wurde.

Streit zwischen SP und FDP bei Departementsverteilung