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Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) eröffnete gegen Jahresende das Vernehmlassungsverfahren für die Teilrevision des Ausländergesetzes (AuG). Laut EJPD seien die Bestimmungen dieses Gesetzes an den Integrationsplan des Bundes anzupassen, welcher eine verbindlichere Integration nach dem Grundsatz „Fördern und Fordern“ festschreiben möchte.

Integrationsplan des Bundes

Eine Parlamentarische Initiative Roth-Bernasconi (sp, GE) (siehe auch hier), die ein Verbot der sexuellen Verstümmelung (Beschneidung und Infibulation) von Frauen verlangte, tangierte sowohl gesellschafts- und religionspolitische Fragen als auch Aspekte des Persönlichkeitsschutzes. Der Nationalrat hatte einer entsprechenden Anpassung des Strafgesetzbuchs (StGB) Ende 2010 auf Empfehlung seiner Kommission zugestimmt, während der Ständerat in der Detailberatung davon abgewichen war. In der Differenzbereinigung schloss sich der National- dem Ständerat an, so dass im Herbst des Berichtsjahrs beide Räte dem Verstümmelungsverbot zustimmten.

Verbot der sexuellen Verstümmelung

Die Ende des Vorjahres eingereichte Motion Tschümperlin (sp, SZ) mit der Forderung nach Berücksichtigung der Integration von Kindern bei Härtefallprüfungen kam im Juni in der grossen Kammer zur Erstbehandlung. Der Motionär begründete sein Anliegen damit, dass die Situation von Kindern bei Härtefällen nicht beachtet würde und der Entscheid von den Behörden oftmals ausschliesslich aufgrund der Integration der Eltern gefällt werde. Störend und nach Ansicht des Motionärs gegen das durch die UNO-Kinderrechtskonvention geschützte Kinderwohl verstossend sei dies besonders in Fällen, wo Kinder und Jugendliche seit Jahren in der Schweiz sind, hier die Schulen absolviert haben und über einen hohen Integrationsgrad verfügen. Im Nationalrat stimmte die SVP geschlossen gegen das Anliegen. Zusammen mit marginaler Unterstützung von FDP- und CVP-Parlamentariern kam die Opposition aber nur auf 63 Stimmen und die Motion wurde mit 113 Stimmen an den Ständerat überwiesen, wo sie im Herbst zur Diskussion stand. Die vorberatende Staatspolitische Kommission empfahl den Ständevertretern mit 8 zu 1 Stimme, die Motion anzunehmen. Kommissionssprecher Schwaller (cvp, FR) unterstrich die Notwendigkeit des Begehrens damit, dass – obwohl das Bundesamt für Migration den Kantonen bereits empfehle, die Kindesintegration bei Härtefällen ebenfalls zu berücksichtigen – dies noch nicht schweizweite Praxis sei. Der Ständerat folgte seiner Kommission und überwies die Motion an den Bundesrat.

Berücksichtigung der Integration von Kindern bei Härtefallprüfungen

In der Frühjahrssession wurde die Motion der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates für die Ausarbeitung eines Integrationsrahmengesetzes vom Ständerat beraten. Da die Integration von Ausländern eine Querschnittsaufgabe darstellt, legte der Bundesrat in seinem Bericht dar, dass nicht nur das Ausländergesetz, sondern 16 weitere, sehr diverse Gesetzestexte – vom Jugend- und Kulturförderungsgesetz bis hin zum Raumplanungsgesetz – einer Ergänzung bedürften. Trotz Widerstand seitens der SVP wurde der Vorstoss Ende des Vorjahres vom Nationalrat gutgeheissen. Bei den Beratungen im Ständerat gab es zwei Anträge. Die ständerätliche Sicherheitspolitische Kommission (SPK-SR) forderte eine Anpassung des Motionstextes, so dass die Integration auch im Ausländergesetz festgeschrieben werden könnte. Wie Kommissionssprecher Büttiker (fdp, SO) betonte, berücksichtige dieser Vorschlag die Bedenken der Kantone, die eine Beschränkung ihrer Kompetenzen im Integrationsbereich befürchteten. Der zweite Antrag im Ständerat stammte von der Minderheit Reimann (svp, AG) und forderte die Ablehnung der Motion. Nach Ansicht dieser Minderheit habe das Volk seinen Willen klar kundgetan, indem es den Gegenentwurf zur Ausschaffungsinitiative verworfen hatte, der verschiedene Integrationsmassnahmen vorgesehen hätte. Bei der eingehenden Diskussion in der kleinen Kammer erhielt der Entwurf der SPK-SR sowohl von Bundesrätin Sommaruga als auch von links-liberalen Rednern Zustimmung. Ständeräte, welche den Minderheitsantrag begrüssten, taten dies im Namen der Kantone, welche sich, wie durch die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) kommuniziert, gegen neue Bundeskompetenzen im Integrationsbereich wehrten. Deren ablehnende Haltung gegenüber dem Gesetzesvorschlag sei zu respektieren und zudem seien sie bereits heute im Bereich der Integration sehr aktiv. Dennoch wurde der abgeänderte Motionstext mit 22 zu 12 Stimmen angenommen. Ende des Berichtsjahres fand im Nationalrat die Differenzenbereinigung statt. Die Mehrheit forderte die Zustimmung zum abgeänderten Entwurf des Ständerates, während die Minderheit Fehr (svp, ZH) die Ablehnung befürwortete, da die Bemühungen der Schweiz im Bereich der Integrationsförderung bereits ausreichend seien und die Hauptverantwortung zur Integration bei den Ausländern selbst liege. Dieser Minderheitsantrag erhielt jedoch nur 42 Stimmen, praktisch ausschliesslich aus der SVP-Fraktion, und wurde zugunsten des Antrags der Mehrheit, welcher 108 Stimmen erhielt, verworfen. Damit wurde die abgeänderte Motion an den Bundesrat überwiesen. Gleichzeitig wurde im Nationalrat eine parlamentarische Initiative der FDP-Fraktion mit ähnlichem Wortlaut zurückgezogen.

Integrationsrahmengesetzes

Die Luzerner Kantonalsektion der CVP gründete im Februar die Vereinigung Christlich-Demokratischer Kosovaren (CDK). Ziel sei die Unterstützung der politischen Integration der zweiten Ausländergeneration. Zuvor war das Vorhaben bei einer parteiinternen Umfrage mehrheitlich begrüsst worden. Trotzdem wurden nach der Vereinsgründung parteiintern auch kritische Stimmen laut. Der Luzerner CVP-Präsident Martin Schwegler beschwichtigte, dass die Gründung der Vereinigung keinen Wandel in der Ausländerpolitik bedeute, die nach wie vor relativ strikt sei und auf die Sprache als wichtigsten Integrationsfaktor abstelle. Die Vereinigung hatte in der Folge regen Zulauf und ihre Exponenten kündigten an, in Zukunft auf Gemeindeebene politische Verantwortung übernehmen zu wollen.

Vereinigung Christlich-Demokratischer Kosovaren gegründet

Die staatpolitische Kommission des Nationalrats (SPK) empfahl mit präsidialem Stichentscheid (bei 12 zu 12 Stimmen) Folgegeben für eine parlamentarische Initiative Glanzmann-Hunkeler (cvp, LU), die christlichen Symbolen im öffentlichen Raum ein verfassungsrechtliches Vorrecht vor anderen religiösen Zeichen einräumen möchte. Damit soll verhindert werden, dass mit Berufung auf die Glaubens- und Gewissensfreiheit eine Entfernung der im gesellschaftlichen Alltag verankerten Insignien christlicher Kultur und Tradition erwirkt werden könnte. Da die ständerätliche SPK im Herbst des Berichtsjahrs mit Verweis auf die geforderte religiöse Neutralität des Staats gegenteiliger Meinung war, gelangt das Geschäft zum Entscheid an die Räte. Dieser ist für 2012 vorgesehen.

Präsenz von Kruzifixen und Kreuzen im öffentlichen Raum

Der Nationalrat nahm eine Motion Reimann (svp, SG) teilweise an, die den Bundesrat beauftragte, sich gegen religiöse Intoleranz, insbesondere die Verfolgung von Christen durch islamistische Kräfte im Irak einzusetzen. In ihrer Stellungnahme wies die Regierung darauf hin, dass nicht nur die irakischen Christen, sondern die dortige Bevölkerung als Ganzes von religiös mitbegründeter Intoleranz und Gewalt betroffen seien. Folglich lehne er es ab, eine UNO-Resolution einzubringen, welche die Errichtung einer Schutzzone für den christlichen Teil der Bevölkerung zum Ziel hätte. Jede Form religiöser Intoleranz sei, unabhängig von der Zielgruppe, international zu bekämpfen. Der Nationalrat pflichtete in der Resolutionsfrage dem Bundesrat bei und stimmte den anderen Punkten des Anliegens stillschweigend zu. Der Ständerat hat das Geschäft im Berichtsjahr noch nicht behandelt.

Verfolgung religiöser Minderheiten im Irak (Mo. 10.4158)

Auf Mehrheitsantrag seiner Aussenpolitischen Kommission (APK) wies der Nationalrat eine Petition der Arbeitsgemeinschaft Religionsfreiheit mit dem Titel „Volle Religionsfreiheit und Gleichberechtigung für Christen in islamischen Ländern“ mit 177 zu 66 Stimmen ab. Neben der geschlossen stimmenden SVP, vermochten sich nur einige Vertreter der CVP- und SP-Fraktionen für das Anliegen erwärmen. Die Petitionäre hatten zum einen verlangt, dass der Bundesrat sich für die volle Religionsfreiheit und Gleichberechtigung von Christen in islamischen Ländern verwende. Zum anderen hatten sie gefordert, dass der Schweiz die Unterzeichnung internationaler Abkommen nur noch mit jenen Ländern erlaubt sein soll, die den Minderheitenschutz verfassungs-, allenfalls vertragsrechtlich garantierten.

volle Religionsfreiheit und Gleichberechtigung von Christen

Im Rahmen der ausserordentlichen Session zu Migration überwies der Nationalrat ein Postulat der CVP/EVP/glp-Fraktion betreffend der Erneuerung von Aufenthaltsbewilligungen von EU/EFTA-Bürgern im Falle von Arbeitslosigkeit. In einem Bericht soll die Landesregierung darlegen, wie die nach Ansicht der Verfasser der Motion zu liberale Vergabe von Aufenthaltsbewilligungen eingeschränkt werden könnte. Die Verfasser des Postulats störten sich insbesondere daran, dass auch Ausländer, welchen die Arbeitslosigkeit droht, die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung relativ einfach erhalten.

Einbürgerungscharta

Im Rahmen der ausserordentlichen Session zur Migrationspolitik im September beschäftigte sich nach der Kleinen auch die Grosse Kammer mit einem Vorstoss für ein generelles Vermummungsverbot im öffentlichen Raum. Eine Motion Freysinger (svp, VS) „Runter mit den Masken“ suchte den Weg über das Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit. Der Bundesrat erkannte keine Bundeskompetenz und verwies auf die beiden unteren Staatsebenen. Der Nationalrat nahm die Motion aber mit 101 zu 77 Stimmen bei neun Enthaltungen und zwölf unbegründeten Absenzen an. Die BDP und die SVP-Fraktion stimmten einstimmig, die CVP-Fraktion mit überwiegender Mehrheit, die FDP-Fraktion (acht der neun Enthaltungen stammten von den Freisinnigen) zur Hälfte dafür. Grüne und Sozialdemokraten stellten sich geschlossen dagegen. Der Ständerat lehnte die Motion im Folgejahr hingegen ab.

generelles Vermummungsverbot im öffentlichen Raum

Im Nachgang der Minarettinitiative bemühten sowohl Befürworter als auch Gegner des Minarettverbots die Gerichte. Das Langenthaler Komitee „Stopp Minarett“ war nach der Ablehnung seiner Baubeschwerde gegen das Minarett an das Berner Verwaltungsgericht gelangt, dessen Entscheid Ende 2011 noch ausstand. Muslimische Organisationen reichten beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zwei Einsprachen ein. Erstmals in der Geschichte ihrer Beziehungen zum EGMR legte die Schweiz ihr Veto ein und blockierte damit die Behandlung der beiden Einsprachen durch die Grosse Kammer des EGMR. Eine kleine Kammer beurteilte die Klagen im Juli, allerdings ohne dabei auf die Frage der Vereinbarkeit von Minarettverbot und der durch die europäische Menschenrechtskonvention geschützten Religionsfreiheit einzutreten. Das Gericht hielt – inhaltlich übereinstimmend mit dem EJPD – fest, dass die Kläger den nationalen Instanzenweg hätten gehen müssen. Das Klagerecht beim EGMR wäre ihnen unter der Bedingung gewährt worden, dass Schweizer Behörden und Gerichte ein konkret geplantes oder eingereichtes Baugesuch mit Berufung auf das Minarettverbot abgelehnt hätten.

Volksinitiative «Gegen den Bau von Minaretten» (BRG 08.061)

Im Mai des Berichtsjahr reichte das überparteiliche Komitee „Guastafeste“ (Spielverderber) rund um den streithaften Journalisten Giorgio Ghiringhelli im Kanton Tessin eine Volksinitiative ein, die ein Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum verlangt. Damit wird die Stimmbevölkerung des Kantons Tessin als erster Schweizer Souverän zu einem Verhüllungsverbot Stellung nehmen.

Volksinitiative ein, die ein Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum

Das in Bern geplante „Haus der Religionen“, unter dessen Dach gemäss Vereinszweck Muslime, Aleviten, Hindus, Buddhisten, Christen, Juden, Baha’i und Sikh zum friedlichen Dialog zusammenfinden sollen, erhielt Ende Juli die Gesamtbaubewilligung. Eine Mantelnutzung (Wohnen, Verwaltung, Gewerbe) des durch private Investoren getragenen Baus soll die Errichtung und den Unterhalt des eigentlichen Kultuszentrums querfinanzieren und langfristig absichern. Stadt und Kanton Bern engagieren sich mit diversen finanziellen Beiträgen.

„Haus der Religionen“

Der Ständerat beschäftigte sich im März als Erstrat mit der im Vorjahr vom Kanton Aargau eingereichten Standesinitiative für ein nationales Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum. Dieses fusst auf einem durch die zuständige Aargauer Parlamentskommission für Sicherheit abgeänderten Vorstoss der Schweizer Demokraten für ein schweizweites Burkaverbot, der vom aargauischen Grossen Rat deutlich angenommen worden war. Während die Mehrheit der SPK-SR die Initiative zur Ablehnung empfahl, hoffte eine rechtsbürgerliche Kommissionsminderheit vergeblich auf deren Annahme: Mit 24 zu vier Stimmen gab die Kleine Kammer der Initiative keine Folge. Die Befürworter der Vorlage bemühten sich hervorzuheben, dass die öffentliche Sicherheit (auch und gerade vor vermummten Randalierern) im Zentrum ihres Anliegens stünde. Auf eine Darlegung der primär religions- und gesellschaftspolitisch begründeten Motivation des Anliegens (Burka-/Niqab- bzw. Verschleierungsverbot im öffentlichen Raum), wie sie noch auf kantonaler Ebene diskutiert worden war, wurde verzichtet. Auch die Initiativgegner rangen um eine politisch korrekte Begründung ihres Standpunkts. Staatspolitisch argumentierend, identifizierten sie die Kantone als Garanten der öffentlichen Sicherheit und sprachen dem Bund die entsprechende Kompetenz ab. Der Nationalrat hat das Geschäft noch nicht behandelt. Zum Verschleierungsverbot aus Sicht der geltenden Rechtsordnung siehe hier.

Standesinitiative für ein generelles nationales Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum

Der Dialog, den das Bundesamt für Migration nach der Annahme der Minarettinitiative mit muslimischen Vertretern lanciert hatte, wurde von beiden Seiten als konstruktiv bezeichnet. Im Mai verabschiedeten die Gesprächsparteien einen im Konsensverfahren erstellten Bericht. Darin wurden Verfassungsgrundsätze wie die Demokratie, die Rechtsgleichheit und die Rechtsstaatlichkeit als allgemeinverbindliche politische Werte festgehalten und das integrationspolitische Instrumentarium ausgelegt, das die Chancengleichheit von Personen muslimischen Glaubens im öffentlichen Raum verankern soll. Der Bundesrat nahm den Bericht im Dezember zur Kenntnis. Das Bestreben des Bundes, ein ständiges Muslimforum zu gründen, war aufgrund des breiten innerislamischen Meinungsspektrums in den Gesprächen nicht mehrheitsfähig gewesen, obschon die beiden grössten islamischen Dachorganisationen KIOS (Koordination Islamischer Organisationen Schweiz) und FIDS (Föderation Islamischer Dachorganisationen Schweiz) sich öffentlich für die religionspolitische Gleichstellung der Schweizer Muslime mit den staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften (Landeskirchen) aussprachen.

Dialog muslimischen Vertretern

Die Frage, inwiefern dem Islam über seine religiösen und gesellschaftlich-kulturellen Symbole wie dem Kopftuch oder der Burka in einer säkularen, aber in christlicher Tradition stehenden Gesellschaft Sichtbarkeit zugestanden wird, beschäftigte nicht nur die Legislativen. So fanden sich etwa die öffentlich-rechtlichen Medien unverhofft im Spannungsfeld zwischen den von der Gesellschaftsmehrheit vertretenen Werte und der durch eine Minorität gleichermassen beanspruchten Glaubens- und Religionsfreiheit wieder. Der Fall einer Westschweizer Journalistin und kopftuchtragender Muslima, die sich um eine Stelle beim öffentlichen Westschweizer Radio bewarb, drängte die Journalistenzunft zur Auseinandersetzung mit ihrem gesellschafts- und verfassungspolitischen Selbstverständnis. Dabei gingen die Meinungen über die Gewichtung der Glaubens- und Religionsfreiheit im grundsätzlich religionsneutralen Angebot des öffentlich-rechtlichen Senders auch SRG-intern weit auseinander. Mit Hinweis auf die Singularität des Falls sah die SRG von einer schweizweiten Regelung der Kopftuchfrage ab und überliess den Entscheid der Westschweizer RTS, die ihren Mitarbeitenden das sichtbare Tragen religiöser, aber auch politischer Symbole im Rahmen ihrer Berufsausübung in der Öffentlichkeit verbot.

Islam religiösen und gesellschaftlich-kulturellen Symbole

In der Wintersession hiess der Nationalrat ohne eigentliche Debatte eine Motion der Staatspolitischen Kommission für ein Integrationsrahmengesetz mit 111 zu 59 Stimmen gegen den Widerstand der SVP gut. Der Bundesrat wird damit beauftragt, auf der Grundlage des Berichts zur Weiterentwicklung der Integrationspolitik ein Integrationsrahmengesetz und die damit einhergehenden rechtlichen Anpassungen auszuarbeiten. Im Bericht hatte der Bundesrat festgehalten, dass er Integration als Querschnittsaufgabe versteht und dementsprechend vorgeschlagen, nicht nur das Ausländerrecht anzupassen, sondern den Einschluss von Migranten und die Chancengleichheit in etwa 15 Erlassen ausdrücklich zu verankern. Als relevante Bereiche erwähnte er beispielsweise die Jugend- und die Sportförderung, die Krankheitsprävention, Sozialversicherungen und auch die Raumplanung. Die Motion geht nun an die Kleine Kammer. Der Bundesrat muss diesen Entscheid aber nicht abwarten und er kündigte dementsprechend auch an, dass er Mitte 2011 einen Vorentwurf in die Vernehmlassung schicken möchte.

Integrationsrahmengesetzes

Im Dezember verabschiedete der Bundesrat eine Änderung der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit. Mit der Teilrevision werden zwei Kategorien von Kontingenten für Kurzaufenthalts- und Aufenthaltsbewilligungen geschaffen: Ein Kontingent für Kurzaufenthalter und Aufenthalter für Nicht-EU/EFTA-Staatsangehörige sowie ein Kontingent für Kurzaufenthalter und Aufenthalter aus EU-EFTA-Staaten, die in der Schweiz länger als 120 Tage eine grenzüberschreitende Dienstleistung erbringen.

Änderung der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit.

Ebenfalls als Folge der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes wurde in der Schweiz die Visumspflicht für Staatsangehörige aus Albanien, Bosnien und Herzegowina sowie für Inhaber eines taiwanesischen Passes und für Bürger der nördlichen Marianen aufgehoben. Die Befreiung von der Visumspflicht gilt für einen Aufenthalt von höchstens drei Monaten ohne Erwerbstätigkeit im Schengen-Raum.

Visumspflicht

Die Gewährung einer Aufenthaltsbewilligung für Hochschulabsolventinnen und -absolventen, die sechs Monate über den Studienabschluss hinausreicht, wurde auch mit einer Motion der FDP-Liberale-Fraktion gefordert. Der Nationalrat hatte sie in der Frühjahrssession mit 128 zu 56 Stimmen gutgeheissen. Der Ständerat lehnte sie in der Herbstsession ab, weil das Anliegen mit der parlamentarischen Initiative Neirynck (cvp, VD) bereits umgesetzt worden sei.

Investitionen in die Ausbildung ausländischer Akademiker am Standort Schweiz nutzen (Mo. 083376)
Dossier: Zulassung für Ausländerinnen und Ausländer mit Schweizer Hochschulabschluss

Das Resultat der Minarett-Initiative wurde zum Ausgangspunkt dreier weiterer Anliegen, welche das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Religionsgruppen fördern wollten. So verlangte eine parlamentarische Initiative Zisyadis (pda, VD) zur Verstärkung des interreligiösen Dialogs die Schaffung einer eidgenössischen Kommission für Religionsfragen. Eine Motion Rennwald (sp, JU) forderte die Einrichtung eines interparlamentarischen Dialoges zum Abbau der durch die Annahme der Minarett-Initiative erzeugten Misstöne im Ausland. Beide Vorstösse wurden vom Nationalrat deutlich abgelehnt, da sie Kommission und Bundesrat folgend, die Anliegen durch bestehende Strukturen bereits als erfüllt erachteten. Auf mehr Zustimmung vom Bundesrat stiess das Postulat Amacker-Amann (cvp, BS), mit welchem die Diskussion zur Verankerung eines Religionsartikels in der Bundesverfassung wieder aufgenommen wurde. Dieser soll das Verhältnis zwischen Kirchen, anderen Religionsgemeinschaften und dem Staat konkret und verbindlich regeln. Im Parlament wurde die Diskussion über dieses Postulat in der Sommersession bekämpft und verschoben. Schlussendlich wurde das Geschäft 2012 abgeschrieben, da es mehr als zwei Jahre hängig war.

friedliche Zusammenleben der verschiedenen Religionsgruppen fördern

In der Frühjahrssession hatte sich der Nationalrat im Rahmen einer Sondersession zur Zuwanderung mit einer Reihe von Vorstössen zu befassen, die auch Einbürgerungsfragen betrafen (vgl. auch Kapitel 7d). Vier Motionen und ein Postulat wurden überwiesen. Die sprachliche Integration war Thema der Motionen Schmidt (cvp, VS; Mo. 08.3499) und Tschümperlin (sp, SZ; Mo. 09.4230). Erstere verlangt, dass im Bürgerrechtsgesetz die Kenntnis einer Landessprache als Voraussetzung für die Erlangung des Bürgerrechtes festgeschrieben wird. Letztere verlangt die finanzielle Unterstützung von Projekten, die als Integrationsmassnahme das Erlernen einer Landessprache fördern. Während die vom Bundesrat zur Annahme empfohlene Motion Schmidt nicht auf nennenswerten Widerstand stiess, fiel der Entscheid zugunsten der Motion Tschümperlin erst mit dem Stichentscheid der Ratspräsidentin. Der Ständerat nahm beide Motionen ebenfalls an.

Sondersession des Nationalrates 2010 zur Zuwanderung (sprachliche Integration)

Personen ausländischer Herkunft, die an einer Schweizer Universität einen Abschluss erlangt haben, erhalten künftig eine Arbeitsbewilligung für Jobs von hohem wirtschaftlichem oder wissenschaftlichem Wert. Zudem wird ihnen für die Dauer von sechs Monaten nach dem Abschluss ihrer Ausbildung eine vorläufige Aufenthaltsbewilligung erteilt, damit sie eine entsprechende Stelle suchen können. Diese Änderungen gehen auf eine parlamentarische Initiative Neirynck (cvp, VD) zurück und sie wurden in der Vernehmlassung mehrheitlich begrüsst. Auch der Bundesrat erachtete sie grösstenteils als gerechtfertigt, allerdings sprach er sich gegen die nachträglich zum Vernehmlassungsverfahren vorgeschlagene vorläufige Aufenthaltsbewilligung aus. Der Entwurf der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats wurde von beiden Kammern diskussionslos verabschiedet. In der Schlussabstimmung wurde die Vorlage im Nationalrat mit 145 zu 39 Stimmen und im Ständerat einstimmig gutgeheissen.

Erleichterte Zulassung und Integration von Ausländerinnen und Ausländern mit Schweizer Hochschulabschluss (Pa.Iv. 08.407)
Dossier: Zulassung für Ausländerinnen und Ausländer mit Schweizer Hochschulabschluss

National- und Ständerat stimmten im Berichtsjahr einer Vorlage zur Einführung biometrischer Ausländerausweise zu. Beide Kammern hiessen dabei den Entwurf des Bundesrates unverändert gut. Mit der Revision des Ausländergesetzes und des Bundesgesetzes über das Informationssystem für den Ausländer- und den Asylbereich wird eine Verordnung der EU umgesetzt, welche die Schweiz aufgrund des Schengen-Abkommens übernehmen muss. Die Ausländerausweise enthalten künftig einen Datenchip mit einem Gesichtsbild und zwei Fingerabdrücken. Die biometrischen Daten werden während fünf Jahren im zentralen Migrationsinformationssystem (ZEMIS) gespeichert. Im Dezember verabschiedete der Bundesrat auch die erforderlichen Anpassungen auf Verordnungsstufe.

Einführung biometrischer Ausländerausweise (BRG 09.085)

Seit Mitte Dezember brauchen Bürger von Mazedonien, Montenegro und Serbien bei der Einreise in den Schengen-Raum kein Visum mehr. Als Schengen-Vertragspartner ist auch die Schweiz zur Übernahme dieser Änderung verpflichtet. Die Befreiung von der Visumspflicht gilt jedoch nur für Personen, die höchstens drei Monate in der Schweiz bleiben und dabei keiner Erwerbsarbeit nachgehen. Ausserdem müssen die Betroffenen einen biometrischen Pass besitzen.

Befreiung von der Visumspflicht