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  • Geflüchtete

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  • Flach, Beat (glp/pvl, AG) NR/CN
  • Klopfenstein Broggini, Delphine (gp/verts, GE) NR/CN

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Im September 2021 reichte Nationalrätin Delphine Klopfenstein Broggini (gp, GE) eine Motion ein, mit der sie vom Bundesrat die Schaffung zusätzlicher Resettlement-Kontingente für die Aufnahme afghanischer Flüchtlinge, insbesondere von Frauen, forderte. Resettlement bezeichnet die dauerhafte Neuansiedlung besonders schutzbedürftiger Geflüchteter in einem zur Aufnahme bereiten Drittstaat. Die Motionärin verwies auf verschiedene Kantone, Gemeinden und Städte, die ihre Bereitschaft zur Aufnahme von mehr afghanischen Flüchtlingen kundgetan hätten. Der Bundesrat erklärte in seiner Stellungnahme, dass das Resettlement-Programm 2020/21 die Aufnahme von bis zu 1600 besonders vulnerabler Flüchtlinge vorsehe und auch für die Jahre 2022/23 ein Kontingent von bis zu 1600 Resettlement-Flüchtlingen beschlossen worden sei. Der Bundesrat gab jedoch zu Bedenken, dass zurzeit die Hilfe vor Ort im Vordergrund stehe, also der Schutz von intern Vertriebenen und von afghanischen Bürgerinnen und Bürgern, die in Nachbarländern Schutz suchten. Dafür setze der Bund seit September 2021 Beiträge in der Höhe von CHF 33 Mio. ein, wovon CHF 23 Mio. über einen Nachtragskredit finanziert werden. Bis Ende 2022 soll die afghanische Bevölkerung mit rund CHF 60 Mio. unterstützt werden. Aus diesen Gründen beantragte die Exekutive die Ablehnung der Motion.

Der Nationalrat befasste sich in der Sondersession 2023 mit der Motion. Nationalrätin Broggini appellierte an den Rat, den afghanischen Frauen zusätzlichen Schutz vor dem Taliban-Regime zu gewähren, welches mit seiner gewaltsamen Machtübernahme die letzten Jahrzehnte der Demokratisierung und der Emanzipation der Frauen bedrohe. Frauen seien besonders schutzbedürftig und die Hilfe vor Ort reiche schlicht nicht aus, so die Motionärin. Bundesrätin Baume-Schneider räumte zwar ein, dass sich gewisse Städte in Zusammenarbeit mit NGOs zur Aufnahme von Geflüchteten bereit erklärt hätten, bei der Frage der finanziellen Beteiligung herrsche jedoch wenig Klarheit. Die Schweiz habe seit 2021 insgesamt 602 Personen aus Afghanistan aufgenommen. Seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 und dem daraus resultierenden Anstieg der Asylgesuche stehe die Schweiz unter starkem internen und externen Druck, weswegen der Sonderstab Asyl einen Aufnahmestopp per 1. April 2023 für das Ressetlement-Programm beschlossen habe. Das EJPD bereite jedoch ein neues Programm zuhanden des Bundesrates vor. Der Nationalrat folgte schliesslich der Empfehlung des Bundesrates und lehnte die Motion mit 98 zu 85 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) ab. Die Ja-Stimmen stammten mehrheitlich von den Fraktionen der SP, der Grünen und der Grünliberalen.

Solidarität mit den afghanischen Frauen: Für zusätzliche Resettlement-Kontingente
Dossier: Humanitäres Engagement der Schweiz in Afghanistan

In der Sommersession 2022 debattierte der Nationalrat über die parlamentarische Initiative von Jean-Luc Addor (svp, VS), welche verlangte, dass nur noch Personen als Flüchtlinge anerkannt werden, die bei der Anreise keinen sicheren Staat passiert haben. Addor erläuterte, dass er eine Lücke im Gesetz sehe: Wenn das Dublin-Abkommen konsequent umgesetzt würde, könnten in der Schweiz nur Personen ein Asylgesuch stellen, welche per Luftweg angekommen sind. Delphine Klopfenstein Broggini (gp, GE) argumentierte für die Kommissionsmehrheit, dass es nie angebracht sei, das Völkerrecht in Frage zu stellen, wie es dieser Vorstoss tue. Für die Kommissionsmehrheit sei klar, dass das Recht, einen Asylantrag zu stellen, sowie das Recht auf Prüfung jedes Asylantrages unbedingt garantiert werden müssten. Entsprechend der Kommissionsmehrheit – bestehend aus 17 befürwortenden zu 7 ablehnenden Stimmen – entschied der Nationalrat mit 136 zu 51 Stimmen (bei 3 Enthaltungen), der parlamentarischen Initiative keine Folge zu geben, wobei die 51 Stimmen für die Vorlage allesamt von Mitgliedern der SVP-Fraktion stammten.

Asylsuchende, die ein sicheres Land durchqueren, sollen nicht als Flüchtlinge gelten (Pa.Iv. 21.420)

In der Herbstsession 2021 befasste sich der Nationalrat mit den parteiübergreifend gleichlautenden Motionen Flach (glp, AG; Mo. 19.4319), Mazzone (gp, GE; Mo. 19.4034; von Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH) übernommen), Barazzone (cvp, GE; Mo. 19.4033; von Vincent Maitre (mitte, GE) übernommen), Fluri (fdp, SO; Mo. 19.4037), Sommaruga (sp, GE; Mo. 19.4035; von Mattea Meyer (sp, ZH) übernommen) und Quadranti (bdp, ZH; Mo. 19.4036; von Irène Kälin (gp, AG) übernommen). Diese forderten eine Beteiligung der Schweiz am Verteilungsmechanismus der «Koalition der Willigen». Nationalrat Maitre lobte den flexiblen und pragmatischen Charakter des Verteilmechanismus, bei dem Länder eigene Aufnahmekriterien festlegen und diese dem EASO melden können. Da die Teilnahme nicht verbindlich sei, müsse man auch keine Anpassung im Asylrecht vornehmen. Katharina Prelicz-Huber insistierte, dass man nicht auf eine Lösung im Rahmen des Dublin-Abkommens warten könne, «während weiterhin Tausende von Menschen ertrinken», auch wenn der Bundesrat ad-hoc-Lösungen nicht gerne sehe. Kurt Fluri, der nach eigener Aussage spontane Lösungen ebenfalls ablehne, kritisierte, dass noch immer keine gesamthafte Lösung im Rahmen des Dublin-Systems absehbar sei. Da sich die Schweiz aber bereits an den Verteilungsabläufen beteilige, wäre die Annahme der Motion nur symbolisch, weshalb er seine Motion zurückziehe. Bundesrätin Keller-Sutter wies darauf hin, dass sich die meisten EU-Staaten nie an der «Koalition der Willigen» beteiligt hätten und sich unterdessen selbst anfängliche Befürworter aufgrund der enttäuschenden Resultate daraus zurückgezogen hätten. Man wolle das Dublin-System nicht unterlaufen, indem Menschen ohne Chance auf Asyl auf verschiedene Länder verteilt würden.
Der Nationalrat lehnte die fünf verbleibenden Motionen mit 97 zu 92 Stimmen ab. SP, Grüne und Grünliberale stimmten dafür, während sich die SVP und die FDP einstimmig dagegen aussprachen. Die Mitte-Fraktion zeigte sich gespalten, wobei eine Mehrheit die Vorstösse ablehnte.

Die Schweiz soll sich am Verteilungsmechanismus der "Koalition der Willigen" beteiligen

Die Schweiz soll sich am Verteilungsmechanismus der «Koalition der Willigen« beteiligen, forderten im September 2019 Beat Flach (glp, AG; Mo. 19.4319), Lisa Mazzone (gp, GE; Mo. 19.4034), Guillaume Barazzone (cvp, GE; Mo. 19.4033), Kurt Fluri (fdp, SO; Mo. 19.4037), Carlo Sommaruga (sp, GE; Mo. 19.4035) und Rosmarie Quadranti (bdp, ZH; Mo. 19.4036) in ihren identischen Motionen. Die «Koalition der Willigen» oder eher «Aufnahmewilligen» bezeichnete in diesem Kontext eine Gruppe von EU-Staaten, die sich freiwillig zur Aufnahme geretteter Flüchtlinge bereit erklärten. Die Beteiligung der Schweiz könne gemäss Motionärinnen und Motionären entweder durch die Aufnahme eines Mindestanteils (von zwei Prozent) der Überlebenden an Bord jedes NGO-Schiffs oder durch die Unterstützung der Küstenstaaten durch die Aufnahme von Flüchtlingen aus deren Asylzentren erreicht werden. Die Schweiz beteilige sich via Frontex an der Finanzierung der libyschen Küstenwache, welche Schiffbrüchige nach Libyen zurückführe, ein Land in dem ein aktiver Konflikt schwele und in dessen «Gefangenenlagern» Menschenrechtsverletzungen weitverbreitet seien, kritisierten die Motionärinnen und Motionäre. Als Land mit einer langen humanitären Tradition müsse sich die Schweiz daher umso mehr bereit erklären, Überlebende aufzunehmen.
In seiner Stellungnahme machte der Bundesrat klar, dass die Seenotrettung eine völkerrechtliche Verpflichtung sei und man alle Beteiligten zur Einhaltung der EMRK, des internationalen Seerechts und der Genfer Flüchtlingskonvention aufrufe. Ad-hoc-Lösungen zur Verteilung von Flüchtlingen stehe die Schweiz jedoch zurückhaltend gegenüber, man setze sich eher für eine Reform des Dublin-Systems auf europäischer Ebene ein. Die Umverteilung von Personen ohne Chance auf Asyl sei ein Pull-Faktor, der falsche Anreize setze. Man werde aber weiterhin die Erstaufnahmestaaten auf bilateraler und multilateraler Ebene unterstützen, so wie das bereits durch die Beteiligung an den Plänen des EASO und dem Relocation-Programm der EU im Jahr 2015 geschehen sei. Im Rahmen des zweiten Schweizer Beitrags an ausgewählte Mitgliedstaaten der Europäischen Union werde sich die Schweiz zudem für die Stärkung des Migrationsmanagements in besonders stark betroffenen europäischen Staaten einsetzen. Der Bundesrat beantragte aus diesen Gründen in allen Fällen die Ablehnung der Motion.

Die Schweiz soll sich am Verteilungsmechanismus der "Koalition der Willigen" beteiligen