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Anfangs Juni 2023 schickte der Bundesrat die Botschaft über die Förderung der Kultur für die Periode 2025–2028 in die Vernehmlassung.
Die Covid-19-Pandemie und das damit verbundene Veranstaltungsverbot im Kulturbereich hätten die Relevanz der Kultur für die Gesellschaft, aber auch einige strukturelle Probleme der Kulturbranche aufgedeckt, wie etwa die schlechte soziale Absicherung der Kulturschaffenden, so der Bundesrat. Letztere sei etwa auch in einem Bericht analysiert worden. Basierend auf diesen Erkenntnissen habe der Bundesrat zusammen mit dem BAK, Pro Helvetia und dem Schweizerischen Nationalmuseum sechs Handlungsfelder für die Kulturförderung definiert. So möchte der Bundesrat etwa digitale Angebote stärker unterstützen. Weiter soll die Nachhaltigkeit der Kultur durch eine Strategie für eine hohe Baukultur gesteigert werden. Nicht zuletzt möchte der Bundesrat die Wertschätzung von Kultur und den Umgang mit «historisch belastetem Kulturerbe in der Schweiz» sowie die internationale Kulturpolitik stärken. Die Kulturbotschaft sieht einen Zahlungsrahmen von CHF 1001,9 Mio. für diese vier Jahre vor. Die Vernehmlassung endet am 22. September 2023.

Kulturbotschaft 2025-2028

Auf Antrag seiner RK und des Bundesrats sprach sich der Ständerat in der Wintersession 2022 als Zweitrat stillschweigend für eine Reformation der Stiefkindadoption aus. Die entsprechende Motion der RK-NR zielte darauf ab, die Stiefkindadoption für Paare zu vereinfachen. Bisher musste vor der Adoption ein einjähriges Pflegeverhältnis zum nicht-leiblichen Elternteil bestehen. Die Motion forderte indes, dass sich beide Elternteile bei der Geburt des Kindes lediglich in einer Lebensgemeinschaft im gleichen Haushalt befinden müssen.

Keine unnötigen Hürden bei der Stiefkindadoption (Mo. 22.3382)

Eine vom Nationalrat unterstützte Motion der RK-NR wollte es gleichgeschlechtlichen Paaren, die ihr Kind entweder ausserhalb der Schweiz oder mittels privater Samenspende gezeugt haben, ermöglichen, bereits ab Geburt als rechtliche Eltern ihres Kindes anerkannt zu werden. Dies ist heute nur bei professionellen, inländischen Samenspenden möglich. Sowohl die RK-SR als auch der Bundesrat sprachen sich gegen die Motion aus, da sie Forderungen bereits behandelter Vorstösse aufgreife (Mo. 22.3382, Mo. 22.3235), die teilweise vom Parlament bereits angenommen wurden. Folglich bedürfe es keiner weiteren Anpassung des Schweizer Rechts. Vor diesem Hintergrund lehnte die kleine Kammer den Vorstoss in der Wintersession 2022 stillschweigend ab.

Alle Kinder ab Geburt rechtlich absichern (Mo. 22.3383)

Im zweiten Jahr der Covid-19-Pandemie verbesserte sich die Situation der Museen wieder, wie die Museumsstatistik des BFS und des BAK für das Jahr 2021 aufzeigte. Die Eintrittszahlen stiegen im Vergleich zu 2020 um 26 Prozent (auf 10.3 Mio. Eintritte), die Zahlen vor der Pandemie konnten jedoch noch nicht wieder erreicht werden (2019: 14.2 Mio. Eintritte). Zudem zogen mehr Museen als 2020 mehr als 50'000 Besuchende an, wobei auch hier das Niveau von 2019 noch nicht erreicht wurde (2021: 46; 2020: 32; 2019: 60). Ein ähnliches Bild zeigte sich gemäss Medienmitteilung auch in Bezug auf die Kulturvermittlung: Insgesamt boten die Museen 2021 70'000 Führungen an (2019: 107'000 Führungen) und während 2020 nur 46 Prozent aller Museen Veranstaltungen durchführen konnten, waren es 2021 wieder 78 Prozent aller Museen (2019: 88%).
Ergänzend wurden 2021 auch Zahlen zum Personal der Schweizer Museen erhoben. Dabei zeigte sich, dass Freiwilligenarbeit einen grossen Teil der Arbeitstätigkeit ausmachte, arbeiteten doch schweizweit insgesamt 40 Prozent des Personals ohne Entlöhnung. Besonders stark auf Freiwilligenarbeit angewiesen waren die kleineren Museen: Während in Museen mit weniger als 5'000 Besucherinnen und Besucher pro Jahr 73 Prozent aller Angestellten ehrenamtlich arbeiteten, waren es in jenen mit mehr als 50'000 Besucherinnen und Besuchern jährlich 33 Prozent. Zudem fand die Studie weiter, dass es auch Unterschiede bezüglich der Geschlechter bei den Angestellten gab: Obwohl Frauen den grösseren Anteil der Angestellten in Museen ausmachten (62%), hatten nur 6 Prozent der Frauen, aber 10 Prozent der Männer eine Führungsposition inne.

Schweizer Museumsstatistik

In der Herbstsession 2022 beschäftigte sich der Ständerat als Zweitrat mit einer Motion der WBK-NR, welche die Schaffung einer Plattform für die Provenienzforschung von Kulturgütern in der Schweiz verlangte.
Die WBK-SR hatte im August 2022 einstimmig beschlossen, dem Anliegen ihrer Schwesterkommission zu folgen. Um die Provenienzforschung voranzutreiben, welche einen «rechtlich und ethischen verantwortungsvollen Umgang» mit Kulturgütern ermögliche, erachte sie eine webbasierte Datenbank als passend. Beteiligte Akteure könnten so etwa auf internationaler Ebene besser zusammenarbeiten, zudem fördere eine solche Datenbank die Transparenz. Kommissionssprecher Benedikt Würth (mitte, SG) hielt in der Ständeratsdebatte ergänzend fest, dass die Kommission insbesondere Fragen zur Umsetzung und Kosten der Plattform gestellt habe. Zudem solle im Rahmen eines externen Mandats überprüft werden, ob eine neue Plattform geschaffen werden oder man sich auf international bestehende stützen solle. Kulturminister Alain Berset hielt fest, dass es wichtig sei, dass die Erkenntnisse der Provenienzforschung – sei es in Bezug auf NS-Raubkunst oder auf Diebstähle aus kolonialen Kontexten – im Parlament behandelt würden, etwa auch im Zusammenhang mit der Motion 21.4403. Der Ständerat nahm die Motion, seiner Kommission und dem Nationalrat folgend, stillschweigend an.

Plattform für Provenienzforschung von Kulturgütern in der Schweiz (Mo. 22.3023)

Mit dem Bericht zur Umsetzung des Archivierungsgesetzes erachtete der Bundesrat das Postulat Janiak (sp, BL) als erfüllt. Dementsprechend wurde das Geschäft vom Ständerat in der Sommersession 2022 abgeschrieben.

Umsetzung des Bundesgesetzes über die Archivierung (Po. 18.3029)

Mit der Veröffentlichung des Berichts über die Wirksamkeit der Revision des Urheberrechtsgesetzes erachtete der Bundesrat das Kommissionspostulat der WBK-SR als erfüllt. In der Sommersession 2022 schrieb der Ständerat das Postulat stillschweigend ab.

Wirksamkeitsüberprüfung der Urheberrechtsrevision (Po. 19.3421)
Dossier: Revision des Urheberrechts

Mit Annahme der «Ehe für alle» ist es gewissen gleichgeschlechtlichen Paaren möglich geworden, dass bei professionellen, inländischen Samenspenden nach dem schweizerischen Fortpflanzungsmedizingesetz beide Elternteile ab der Geburt rechtlich gesehen als Eltern anerkannt werden. Damit entstand eine Ungleichbehandlung gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren, die ihr Kind ausserhalb der Schweiz oder durch private Samenspende gezeugt haben und denen diese Möglichkeit verwehrt blieb. Um diesen Umstand zu ändern, lancierte die RK-NR im Frühjahr 2022 eine Motion, die es auch letzteren Paaren ermöglichen will, dass beide Elternteile rechtlich bereits ab Geburt als Eltern anerkannt werden, sofern das Recht der Kinder auf die Kenntnis ihrer Abstammung gewährleistet werden kann. Der Nationalrat nahm die Motion in der darauffolgenden Sommersession entgegen dem Antrag des Bundesrates mit 96 zu 83 Stimmen (3 Enthaltungen) an. Neben den geschlossen dafür stimmenden Fraktionen der SP, Grünen und Grünliberalen erhielt die Motion Unterstützung von 10 respektive 9 Mitgliedern der FDP.Liberalen- und der Mitte-Fraktion.

Alle Kinder ab Geburt rechtlich absichern (Mo. 22.3383)

Auf Antrag von Christa Markwalder (fdp, BE) lancierte die RK-NR im Frühjahr 2022 eine Kommissionsmotion zur Reformation der Stiefkindadoption, welche bestehende Hürden bei ebendieser abbauen soll. Insbesondere in Angesicht der Annahme der «Ehe für alle» im September 2021 seien bestehende Regelungen zur Stiefkindadoption weiterhin zu kompliziert, da unter anderem in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft der nicht-leibliche Elternteil das Kind erst nach einem mindestens einjährigen Pflegeverhältnis adoptieren könne. Mit einer Revision der Stiefkindadoption zielte die Kommissionsmehrheit darauf ab, dass auf ein Pflegeverhältnis verzichtet werden kann, wenn sich der leibliche und der adoptionswillige Elternteil beim Zeitpunkt der Geburt des Kindes in einer Lebensgemeinschaft im gleichen Haushalt befinden. Der Nationalrat folgte in der Sommersession 2022 dem Antrag des Bundesrats und nahm die Motion mit 133 zu 40 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) an. Während sich die geschlossen stimmenden Fraktionen der SP, Grünen, Grünliberalen und FDP.Liberalen für die Vorlage aussprachen, lehnten die Mehrheit der SVP-Fraktion sowie ein Mitglied der Mitte-Fraktion die Motion ab.

Keine unnötigen Hürden bei der Stiefkindadoption (Mo. 22.3382)

Die WBK-NR forderte in Form einer Motion im Februar 2022 den Bundesrat dazu auf, eine Plattform für die Provenienzforschung von Kulturgütern in der Schweiz zu schaffen. Öffentliche und private Museen und Sammlungen aus dem In- und Ausland sollen ihre Erkenntnisse über die Herkunft ihrer Kulturgüter auf dieser Plattform bereitstellen und somit der Forschung sowie interessierten Kreisen zur Verfügung stellen. Damit solle die Qualität und Transparenz der Forschung, sowie die Vernetzung zwischen den Forschenden verbessert werden.
Der Nationalrat folgte dem Bundesrat, welcher die Motion zur Annahme empfahl, und stimmte der Vorlage in der Sondersession im Mai 2022 stillschweigend und diskussionslos zu. Damit geht die Motion weiter in die kleine Kammer.

Plattform für Provenienzforschung von Kulturgütern in der Schweiz (Mo. 22.3023)

Die RK-NR hatte im Januar 2021 an ihrem Beschluss festgehalten, der parlamentarischen Initiative von Philippe Nantermod (fdp, VS), welche die Abschaffung der Vergütung auf Werkverwendungen in privaten Räumlichkeiten von Hotels, Ferienwohnungen, Spitälern und Gefängnissen forderte, Folge zu geben. Der Nationalrat war dieser Empfehlung in der Frühlingssession 2021 gefolgt, weshalb das Geschäft abermals zurück an die RK-SR ging. Diese beharrte im Januar 2022 ebenfalls auf ihrer Position und empfahl, wenn auch weniger deutlich als zuvor – dieses Mal mit 8 zu 4 Stimmen (bei 1 Enthaltung) – der parlamentarischen Initiative keine Folge zu geben, womit eine Beratung in der kleinen Kammer in der Frühlingssession 2022 nötig wurde.
Als Hauptargument gegen Eintreten, führte Carlo Sommaruga (sp, GE) als Sprecher für die ständerätliche Kommissionsmehrheit im Rat an, dass der so genannte «AGUR-Kompromiss», welcher im Rahmen der jüngsten Revision des Urheberrechtsgesetzes erarbeitet worden sei, nicht in Frage gestellt werden sollte. Er betonte, wie schwierig es gewesen sei, diesen Kompromiss zu finden. Beat Rieder (mitte, VS), welcher sich im Namen der Kommissionsminderheit für Eintreten aussprach, hielt dagegen, dass der AGUR-Kompromiss den Bundesgerichtsentscheid von 2012, der festgelegt hatte, dass die genannten Bereiche als private Zonen einzustufen seien und Abgaben somit ungerechtfertigt seien, quasi ausgehebelt habe. Würde keine Folge gegeben, würde damit also akzeptiert, dass Vereinbarungen, die ausserhalb des Parlaments getroffen werden, Bundesgerichtsentscheide aushebeln können. Zudem werde damit das Signal vermittelt, dass man sich in solchen Fällen nicht einmal mehr wage, in einer Gesetzesberatung zu prüfen, ob nicht einzelne Ausnahmen gewährt werden sollten. Der Ständerat hielt allerdings an der Mehrheitsposition der RK-SR fest und versenkte die parlamentarische Initiative mit 29 zu 10 Stimmen bei einer Enthaltung endgültig.

Abschaffung der Vergütung auf Werkverwendung in privaten Räumlichkeiten von Hotels, Ferienwohnungen, Spitälern und Gefängnissen (Pa. Iv. 16.493)
Dossier: Revision des Urheberrechts

Jahresrückblick 2021: Soziale Gruppen

Eine überaus wichtige Neuerung im Themenbereich der sozialen Gruppen wurde 2021 für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt. Im September nahm die Stimmbevölkerung mit einem deutlichen Ja-Anteil von 64 Prozent die «Ehe für alle» an. Neben der Möglichkeit der Eheschliessung waren damit für gleichgeschlechtliche Paare weitere Ungleichheiten im Familienleben beseitigt worden: In Zukunft ist es auch ihnen möglich, gemeinsam ein Kind zu adoptieren, zudem erhalten verheiratete Frauenpaare Zugang zur Samenspende. Die Relevanz dieser Abstimmung widerspiegelt sich im Ergebnis der APS-Zeitungsanalyse 2021, die einen diesem Ereignis geschuldeten Höchststand an Artikeln zur Familienpolitik im Abstimmungsmonat aufzeigt (vgl. Abbildung 1 im Anhang). Kein anderes Thema im Bereich der sozialen Gruppen erzielte im beobachteten Jahr eine ähnlich hohe mediale Aufmerksamkeit.

Erstmals in der Geschichte der Schweizer Frauen- und Gleichstellungspolitik veröffentlichte der Bundesrat 2021 eine nationale Gleichstellungsstrategie, die jedoch von Frauenorganisationen und linken Parteien kritisiert wurde. Ferner gaben die Kommissionen einer parlamentarischen Initiative Folge, welche die befristete Finanzierung für die familienergänzende Kinderbetreuung durch eine dauerhafte, vom Bund unterstützte Lösung ersetzen will. Der 2022 vorzulegende Entwurf soll die Eltern bei der Finanzierung der Betreuungsplätze massgeblich entlasten und somit zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen. Gleichzeitig wurden im Berichtsjahr aber verschiedene Vorstösse mit ähnlichen, bereits konkreter ausformulierten Vorstellungen in Form einer parlamentarischen Initiative, einer Standesinitiative und einer Motion abgelehnt. Ebenfalls zur Verbesserung der Stellung der Frauen im Beruf beitragen soll die 2018 geschaffene Revision des Gleichstellungsgesetzes, mit der Unternehmen mit über 100 Mitarbeitenden zur Durchführung von Lohnanalysen verpflichtet worden waren. Erste, im August 2021 publizierte Analyseergebnisse von ausgewählten Unternehmen zeichneten ein positives Bild, das jedoch unter anderem wegen fehlender Repräsentativität in Zweifel gezogen wurde. Nach wie vor sind Unternehmen nicht verpflichtet, die Ergebnisse ihrer Lohnanalysen an den Bund zu übermitteln. Gegen eine entsprechende Regelung hatte sich der Ständerat im Juni erfolgreich gewehrt.

Nachdem im Vorjahr der zweiwöchige Vaterschaftsurlaub in einer Volksabstimmung angenommen worden war, gingen die politischen Diskussionen rund um die Ausdehnung von Urlaubsmöglichkeiten für Eltern 2021 weiter. Eine Standesinitiative aus dem Kanton Jura und eine parlamentarische Initiative mit diesem Ziel stiessen im Parlament indes auf wenig Gehör. Der Nationalrat verabschiedete jedoch ein Kommissionspostulat, das die volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer Elternzeit aufzeigen soll. In den Räten setzte sich zudem mit Annahme einer Vorlage zum Adoptionsurlaub eine langjährige Forderung in der Minimalvariante durch: Eltern, die ein Kind unter vier Jahren adoptieren, haben künftig Anrecht auf einen zweiwöchigen Urlaub.

Auch das Thema der Gewalt gegen Frauen blieb 2021 auf der politischen Agenda, immer wieder angetrieben durch Zeitungsberichte über häusliche Gewalt und Femizide. Das Parlament überwies drei Motionen, welche die Bereitstellung eines 24-stündigen Beratungsangebots für von Gewalt betroffene Personen forderten, wozu sich die Schweiz 2017 im Rahmen der Ratifikation der Konvention von Istanbul verpflichtet hatte. Ein Zeichen gegen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche setzte der Nationalrat auch durch Befürwortung einer Motion, die das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung im Zivilgesetzbuch verankern möchte. Der Ständerat äusserte sich bis Ende Jahr noch nicht zum Geschäft. Ebenfalls kam es zu breiten medialen Vorwürfen bezüglich Gewalt in Bundesasylzentren, woraufhin das SEM einen Bericht erarbeiten liess.

Nicht zuletzt wurde im Berichtsjahr mit verschiedensten Publikationen und Aktionen auf das 50-jährige Bestehen des Frauenstimm- und -wahlrechts Bezug genommen. Mit Corona-bedingter Verspätung fand im September die offizielle Feier des Bundes statt. Ende Oktober tagte zum zweiten Mal nach 1991 die Frauensession, die insgesamt 23 Forderungen zu unterschiedlichen Themen als Petitionen verabschiedete. Darüber hinaus wurde an diesen Anlässen auch über die Gewährung politischer Rechte an weitere Gruppen diskutiert, so etwa an Personen ohne Schweizer Pass, Minderjährige und Menschen mit einer Beeinträchtigung. Bezüglich Letzteren nahm der Ständerat im Herbst 2021 ein Postulat an, das den Bundesrat aufforderte, Massnahmen aufzuzeigen, damit auch Menschen mit einer geistigen Behinderung uneingeschränkt am politischen und öffentlichen Leben teilhaben können.

Wie die APS-Zeitungsanalyse 2021 zeigt, erhielten Fragen rund um die Familien- und Gleichstellungspolitik im Jahr 2021 im Gegensatz zu Fragen zur Asyl- und Migrationspolitik überaus starke mediale Aufmerksamkeit. Der Zeitvergleich macht überdies deutlich, dass die Berichterstattung im Bereich Asyl und Migration über die letzten Jahre konstant an Bedeutung eingebüsst hat.

Dieses fehlende Interesse der Medien ist ob der umstrittenen Gesetzesänderungen des Parlaments im Bereich Asylpolitik, welche die Grundrechte der Asylsuchenden einschränkten, bemerkenswert. So können Schweizer Behörden künftig mobile Geräte der Asylsuchenden verwenden, um beim Fehlen von Ausweispapieren Rückschlüsse auf die Identität einer Person zu gewinnen. Dieser Beschluss provozierte eine negative Reaktion des UNHCR. Zudem schuf das Parlament ein Reiseverbot für vorläufig aufgenommene Personen und entschied, dass Personen in Ausschaffungshaft zum Wegweisungsvollzug zur Durchführung eines Covid-19-Tests gezwungen werden können. Unterschiedliche Ansichten vertraten die beiden Räte in Bezug auf junge Asylbewerbende. So lehnte es der Ständerat ab, die Administrativhaft für Minderjährige abzuschaffen, nachdem sich der Nationalrat für diese Forderung im Vorjahr noch offen gezeigt hatte. Ebenso setzte sich der Nationalrat im Berichtsjahr durch Unterstützung einer Motion dafür ein, dass Personen mit abgewiesenem Asylentscheid ihre berufliche Ausbildung beenden dürfen, während sich der Ständerat nach der Beratung einer anderen Motion gegen diese Möglichkeit aussprach. Schliesslich wollte der Ständerat den Familiennachzug von Schutzbedürftigen erschweren, wogegen sich der Nationalrat aber erfolgreich sträubte. Im Sammelstadium scheiterte überdies eine Volksinitiative des ehemaligen Nationalrats Luzi Stamm, gemäss welcher Asylbewerbende in der Schweiz nur noch mit Sachleistungen hätten unterstützt werden sollen: Seine Volksinitiative «Hilfe vor Ort im Asylbereich», die in erster Linie Flüchtlingen primär in der Nähe der Krisengebiete und nicht in der Schweiz helfen wollte, scheiterte an den direktdemokratischen Hürden.

Jahresrückblick 2021: Soziale Gruppen
Dossier: Jahresrückblick 2021

In Erfüllung eines Kommissionspostulates der WBK-SR veröffentlichte der Bundesrat im Dezember 2021 einen Bericht über die Wirksamkeit der Revision des Urheberrechtsgesetzes (URG) von 2022. Der Bericht umfasste zwei Teile, wobei jeweils die Wirksamkeit der Gesetzesänderungen in der Schweiz sowie jene auf EU-Ebene untersucht und verglichen wurden.
Im ersten Teil wurde die Wirksamkeit der Revision untersucht, welche in drei Ziele gegliedert war: «Effizienz», «Zugang» und «Stärkung der Kulturschaffenden». Der Bericht kam zum Schluss, dass sowohl die effizientere Durchsetzung des Urheberrechts im digitalen Umfeld als auch die Verbesserung der Vergütung der Kulturschaffenden bei der Online-Nutzung ihrer Werke grundsätzlich erfolgreich gewesen sei.
Der zweite Schwerpunkt der Revision hatte einen verbesserten Zugang zu Werken zum Ziel. Zu diesem Zweck wurde beispielsweise eine Schranke für verwaiste Werke eingeführt, welche die Nutzung von Werken, deren Rechteinhaberinnen oder Rechteinhaber unbekannt sind, ermöglichen sollte. Seit der Revision seien so bereits 32 Lizenzen zu historisch und kulturell interessanten verwaisten Werken ermöglicht worden, war dem Bericht zu entnehmen. Trotzdem sehe der Bundesrat hier noch Spielraum für eine Steigerung. So sei etwa eine international vereinbarte Schrankenbestimmung wünschenswert, um auch grenzüberschreitende Nutzungen zu ermöglichen. Zudem sollten die praktischen Erfahrungen mit den «erweiterten Kollektivlizenzen» weiter aktiv geprüft werden, um deren Effekte klarer einschätzen zu können. Diese sollen es ermöglichen, «mit vertretbarem Aufwand eine Vielzahl urheberrechtlich geschützter Werke zu nutzen».

Der zweite Teil des Berichts widmete sich der «Sicherung des Qualitätsjournalismus und einer freien pluralistischen Presse» sowie einer möglichen Einführung eines Leistungsschutzrechts in der Schweiz.
Journalistische Medien seien zusehends mit verstärkter Konkurrenz der neueren Online-Dienste, wie etwa Twitter, konfrontiert, was zu Schwierigkeiten bei der Finanzierung der journalistischen Angebote führe. Zum einen würden Online-Dienste für ihre Nutzerinnen und Nutzer Übersichten mit den wichtigsten Informationen und entsprechenden Links zur Verfügung stellen – ohne dafür die kostspieligen und zeitaufwendigen Inhalte selbst erstellen zu müssen. Die journalistischen Medien können zwar auch davon profitieren, weil ihre Dienstleistungen so häufiger aufgerufen werden. Wenn aber Online-Dienste auf sogenannte «Snippets» zurückgreifen – das sind kurze Textausschnitte, die einen Einblick in den Inhalt gewähren –, kann dies auch dazu führen, dass die Personen bereits die Informationen haben, die sie wollten und somit den eigentlichen Artikel gar nicht mehr aufrufen. Dies führe dann unter anderem dazu, dass Online-Dienste attraktivere Werbeplattformen darstellten als die klassischen journalistischen Medien, wie dem Bericht zu entnehmen war.
Ein grosses Problem sei nun, dass diese «Snippets» teilweise so kurz seien, dass sie nicht mehr unter das Urheberrecht fallen, womit die journalistischen Medien bei den Online-Diensten keine angemessene Entschädigung für ihren Aufwand einfordern können. Ein Leistungsschutzrecht würde genau hier ansetzen und den Schutz auch auf diese kurzen Textauszüge ausdehnen. Konkret könnten journalistischen Medien ihre Inhalte damit lizenzieren, um damit ihre hohen Schaffungskosten der Inhalte amortisieren zu können. Da die Schweiz in der Revision des URG vorerst auf die Einführung eines solchen Leistungsschutzrechts verzichtet hatte, untersuchte der Bericht stattdessen die Situation in der EU, welche ein solches 2019 im Rahmen der EU-Richtlinie zum Urheberrecht geschaffen hatte. Der Bericht kam zum Schluss, dass das koordinierte Vorgehen in der EU erste positive Ergebnisse gezeigt habe und die journalistischen Medien ihre Einnahmen dank dieser Ausweitung des Urheberrechts steigern konnten.
In Frankreich hätten sich die positiven Erfolge aber erst nach einem Gerichtsentscheid gezeigt: Der Grosskonzern Google hatte versucht das neue Gesetz zu umgehen, indem er die verwendeten «Snippets» einfach soweit gekürzt hatte, dass sie nicht mehr unter das Leistungsschutzrecht fielen. Das Gericht hatte festgestellt, dass Google sich «wettbewerbsmissbräuchlich» verhalten hatte. Dem Grosskonzern wurde «eine marktbeherrschende Stellung» zugesprochen, wodurch es ihm möglich gewesen sei, die journalistischen Medien zu zwingen, die Inhalte auch ohne Vergütung zu teilen. Ob das Schweizer Wettbewerbsrecht einen gleichen Entscheid ermöglichen würde, und ob das Gesetz auch ohne ein solches Urteil Wirkung zeigen würde, sei noch unklar. Daher solle das EJPD prüfen, ob eine unveränderte Übernahme dieser EU-Richtlinie überhaupt zielführend wäre. Der Bundesrat wolle bis Ende 2022 ausserdem eine Vernehmlassungsvorlage ausarbeiten, in der er die «Ansätze zur Regelung eines Leistungsschutzrechtes» vertieft, um die für die direkte Demokratie wichtigen journalistischen Beiträge auf Online-Plattformen zu vergüten.

Wirksamkeitsüberprüfung der Urheberrechtsrevision (Po. 19.3421)
Dossier: Revision des Urheberrechts

Im Dezember 2021 gab das Kunstmuseum Bern bekannt, dass zwei Kunstwerke aus der umstrittenen Gurlitt-Sammlung an die ursprünglichen Besitzenden zurückgegeben werden. Dies sorgte für mediale Reaktionen, da gemäss Schweizer Gesetzgebung eine Restitution von Kulturgütern nur dann zwingend ist, wenn die Provenienzforschung eindeutig aufzeigen konnte, dass es sich bei den betreffenden Werken um sogenannte NS-verfolgungsbedingte Raubkunst handelte. Eine lückenhafte Provenienzforschung verhinderte jedoch eine solche abschliessende Beurteilung bei den betreffenden Werken der Gurlitt-Sammlung, wie die Zeitung «Der Bund» berichtete. Dass sich das Kunstmuseum trotzdem für eine Restitution entschied, lobten die Medien als klare Haltung – der Raubkunstexperte Thomas Buomberger sprach gegenüber dem Blick gar von einem «Paradigmenwechsel».

Gurlitts Kunstsammlung

Gemäss der VOX-Nachbefragung zu den eidgenössischen Abstimmungen vom September 2021 entsprach die Vorlage zur «Ehe für alle» dem Zeitgeist, da sie breite Unterstützung aus (fast) allen politischen Lagern und Altersgruppen erfuhr. Ferner vermochte das Ja-Lager besser zu mobilisieren und die Pro-Argumente – etwa die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare und das Argument, dass Fürsorge und Zuwendung wichtiger seien als das Geschlecht der Eltern – erzielten im gegnerischen Lager mehr Unterstützung als die Contra-Argumente. Personen über 70 Jahre lehnten die Vorlage mehrheitlich ab, dies im Gegensatz zu Personen aller anderen Alterskategorien. Darüber hinaus stellten sich Personen, die eine starke Nähe zu Freikirchen aufweisen, ebenso gegen die Vorlage wie Personen, die der Wahrung der Schweizer Traditionen hohe Wichtigkeit beimessen. Neun von zehn Sympathisierenden der SP, Grünen und GLP befürworteten die Initiative, bei der FDP-Anhängerschaft legten noch sechs von zehn Personen ein Ja ein. Sympathisierende der SVP lehnten die Vorlage mit 70 Prozent relativ deutlich ab. Ebenso wurde die Ehe für alle von einer knappen Mehrheit der Mitte-Anhängerschaft (51%) abgelehnt, die sich somit gegen die Parole ihrer Partei stellte. Das Gegenargument, das bei den Nein-Stimmenden am meisten verfing, war dasjenige, dass Kinder jeweils eine Frau und einen Mann als elterliches Vorbild haben sollten. Etwas weniger Nein-Stimmende störten sich am Zugang zur Samenspende für lesbische Paare oder äusserten sich ablehnend gegenüber der Möglichkeit auf Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare.

Le mariage pour tous (Pa.Iv. 13.468)

Passend zum 50-jährigen Jahrestag des Frauenstimmrechts meldeten diverse Berner Medien anfangs 2021, dass das Gosteli-Archiv, welches die Geschichte der Schweizer Frauenbewegung aufbewahrt, gerettet sei. So werde die Stiftung neu als Forschungseinrichtung von nationaler Bedeutung eingestuft, wie die Berner Zeitung berichtete. Silvia Bühler, Leiterin des Archivs, bestätigte gegenüber der NZZ, dass die Stiftung in den nächsten vier Jahren insgesamt CHF 2.2 Mio. vom Bund erhalten werde.
Gegründet wurde das Archiv 1982 von Marthe Gosteli, welche durch ihren Kampf für das Frauenstimmrecht berühmt geworden war. Gemäss NZZ habe die Bernerin das Archiv in ihrem Elternhaus in Worblaufen geschaffen, wo sie alles rund um die Frauenbewegung gesammelt und archiviert und mit eigenen Mitteln finanziert hatte. Das rund 1'000 Laufmeter lange Archiv sei gemäss Bühler im Jahr 2019 von insgesamt 150 Personen an 230 Tagen benutzt worden. Nach dem Tod von Marthe Gosteli 2017 geriet das Archiv jedoch in finanzielle Schieflage, woraufhin der Nationalrat im Sommer 2020 eine Motion für eine Rettung durch Bundesgelder guthiess. Im darauffolgenden Sommer 2021 lehnte der Ständerat die Motion jedoch ab, da dem Gosteli-Archiv bereits in der Botschaft über die Bildung, Forschung und Innovation 2021-2024 finanzielle Unterstützung zugesprochen worden war. Auch die Bevölkerung setzte sich mit einer Petition für den Erhalt des Archivs ein, die Stiftung selbst war gemäss Medien bereits 2019 mit einem Gesuch um Unterstützungsgelder beim Bund aktiv geworden.
Im September 2021 hatte dann auch der Berner Grosse Rat mit 141 zu 6 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) eine überparteiliche Finanzmotion der Berner Finanzkommission gutgeheissen, welche eine Erhöhung der Unterstützungsgelder für das Archiv von bisher CHF 100'000 auf CHF 450'000 pro Jahr beinhaltet hatte. Gemäss der Berner Finanzkommission solle das Archiv in Zukunft zu 50 Prozent vom Bund, zu 40 Prozent vom Kanton Bern und zu 10 Prozent durch eigene Mittel finanziert werden. Die Kantonsregierung hatte sich wegen der finanziellen Lage des Kantons Bern und der fehlenden gesetzlichen Grundlage gegen eine solche Unterstützung ausgesprochen, wie Christoph Auer, Staatsschreiber der Berner Regierung, gemäss der Berner Zeitung im Grossen Rat hatte verlauten lassen.

Sauver les archives Gosteli
Dossier: Gosteli-Archiv

Die Museumsstatistik für das Jahr 2020, welche im November 2021 vom BFS veröffentlicht worden war, zeigte insbesondere die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Schweizer Museumslandschaft auf. So wurden im ersten Pandemiejahr schweizweit nur noch 1'053 Museen registriert (2019: 1128), was jedoch gemäss Medienmitteilung grösstenteils auf vorübergehende Schliessungen im Zuge der Corona-Massnahmen zurückzuführen sei. Zudem sanken die Eintrittszahlen um 43 Prozent gegenüber dem Vorjahr, statt 60 Museen wie 2019 konnten ferner etwa nur noch 32 Museen mehr als 50'000 Eintritte pro Jahr verzeichnen. Auch die Anzahl Veranstaltungen und Führungen nahm stark ab: 2020 fanden etwa 14'000 entsprechende Events statt, während es 2019 noch 37'000 waren; 2020 bot nur noch gut zwei Drittel aller Museen solche Events an (2019: 88%). Zwar reduzierte sich die Anzahl Führungen ebenfalls gut um die Hälfte, jedoch konnten nach wie vor 91 Prozent aller Museen 2020 mindestens eine Führung anbieten.
Als Reaktion auf die Covid-19-Massnahmen setzten die Museen verstärkt auf digitale Angebote. Dabei lag der Fokus etwa auf dem Ausbau der Webseiten oder der Social Media-Auftritte. Zudem wurden auch Inhalte digital angeboten: 26 Prozent der Museen veröffentlichten beispielsweise Videos und 22 Prozent der Museen gewährten einen Einblick in das Funktionieren eines Museums «hinter den Kulissen».

Schweizer Museumsstatistik

Ende September 2021 durfte die «Ehe für alle» schliesslich den von ihren Befürwortenden bereits lang ersehnten Erfolg in der Volksabstimmung feiern, womit auch die Schweiz als beinahe letztes Land Westeuropas ihren gleichgeschlechtlichen Paaren das Recht zur Eheschliessung zugestand. Bei einer Stimmbeteiligung von 52.6 Prozent befürworteten deutliche 64.1 Prozent der Stimmenden die Möglichkeit der zivilen Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Besonders erfreut zeigten sich die Befürwortenden auch darüber, dass sich die Stimmbevölkerung in allen 26 Kantonen mehrheitlich für die Vorlage ausgesprochen hatte. «Eine Abstimmung wird zum Triumph für die gleichgeschlechtliche Liebe», titelte etwa die NZZ und wertete die Zustimmung der Kantone als Bestätigung dafür, dass die Vorlage auch dann erfolgreich gewesen wäre, wenn sie mittels Verfassungsänderung umgesetzt worden wäre, wie dies die Gegnerschaft mehrfach verlangt hatte. Nicht zuletzt zeige die Volksabstimmung auch einen spürbaren Wertewandel in den ländlichen Gebieten, denn bei der 2005 erfolgten Volksabstimmung über die eingetragene Partnerschaft hätten sich einige ländlich geprägte Kantone noch mehrheitlich gegen mehr Rechte für gleichgeschlechtliche Paare ausgesprochen, so die NZZ weiter.
Gleichwohl variierte die Zustimmung zwischen den Kantonen auch bei dieser Abstimmung beträchtlich und zwar von einem relativ knappen Ja im Kanton Appenzell Innerrhoden (50.8%) bis zu einem überaus klaren Ja im Kanton Basel-Stadt (74%). Der Deutschschweizer Stadtkanton blieb jedoch eine Ausnahme; in allen anderen Kantonen betrugen die ablehnenden Stimmen jeweils mindestens 30 Prozent.

Das klare Ja wurde von verschiedensten Akteuren auch als Zeichen interpretiert, dass es Zeit sei, weitere Debatten in diesem Bereich anzustossen oder zu intensivieren. Andrea Caroni (fdp, AR) etwa meinte, nun müsse man auch an diejenigen Personen denken, die sich gegen eine Heirat entscheiden, aber trotzdem rechtlich absichern möchten, was ein Pacte civil de solidarité (Pacs) ermöglichen würde. Laura Zimmermann, Co-Präsidentin der Operation Libero, sah die Zeit gekommen, um über die Öffnung der Fortpflanzungsmedizin für unverheiratete Paare oder für alleinstehende Frauen zu diskutieren. Die Frage, ob nun auch die Leihmutterschaft bald eingeführt werde, wie Gegnerinnen und Gegner der «Ehe für alle» befürchteten, verneinte Bundesrätin Karin Keller-Sutter nach der Abstimmung gegenüber der Aargauer Zeitung deutlich. Zum einen könnte eine solche Forderung klar nur durch eine Verfassungsänderung erfüllt werden und zum anderen würden sich hier auch «schwierige ethische Fragen» stellen. Etwa bestehe die Gefahr, dass Leihmütter ausgebeutet werden könnten. Dass auch der vor der Abstimmung lauter gewordene Unmut gegen Konversionstherapien in den Medien die Politik in Zukunft stärker beschäftigen könnte, zeigten drei parlamentarische Initiativen zu diesem Thema, die um den Abstimmungstermin herum im Parlament eingereicht wurden (Pa.Iv. 21.483; Pa.Iv. 21.496; Pa.Iv. 21.497).


Abstimmung vom 26. September 2021

Beteiligung: 52.6%
Ja: 1'828'642 Stimmen (35.9%)
Nein: 1'024'307 Stimmen (64.1%)

Parolen:
-Ja: FDP (1*), GLP, GPS, Mitte (2*), SP; Amnesty International, Evangelisch-reformierte Kirche, diverse LGBTQ+-Organisationen, Pro Familia, Pro Juventute, Schweizerischer Katholischer Frauenbund, SGB
-Nein: EDU, EVP, SVP (3*), Schweizer Bischofskonferenz, Freikirchen.ch
* in Klammern Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Le mariage pour tous (Pa.Iv. 13.468)

Im Februar 2018 hatte Claude Janiak (sp, BL) in einem Postulat gefordert, dass die Umsetzung des Bundesgesetzes über die Archivierung (BGA), welches im Jahr 1998 verabschiedet worden war, evaluiert und das weitere Vorgehen dargelegt werden soll. In Erfüllung des Postulats veröffentlichte der Bundesrat im September 2021 seinen Bericht zur Umsetzung des Archivierungsgesetzes, der auf Auswertungen des Forschungsbüros «Büro Vatter» beruhte. Der Bericht zog grundsätzlich ein positives Fazit zu den im BGA festgelegten Archivierungsabläufen, diese hätten sich bewährt. Nichtsdestotrotz eröffneten die Auswertungen insgesamt neun Handlungsfelder, aufgrund derer der Bundesrat verschiedene Massnahmen definierte.
Die konsequente Umsetzung der Ordnungssysteme sowie der neuen digitalen Informationsverwaltung soll durch sogenannte «GEVER-Systeme» sichergestellt werden, forderte der Bundesrat. Zudem soll ein «Aufräumprojekt» gestartet werden, wodurch liegengebliebene Unterlagen in diversen Archivierungsstellen doch noch ihren Weg ins Archiv finden sollen. Da die Weisungs- und Aufsichtskompetenzen des Bundesarchivs nicht genügten, um die gesetzlichen Standards durchsetzen zu können, soll entschieden werden, ob die Eigenverantwortung der archivierenden Stellen oder die Durchsetzungsmacht des Bundesarchives gestärkt werden soll. Weiter soll untersucht werden, ob es neue Arten der Archivierung gibt, die der rasant fortschreitenden Digitalisierung auch in Zukunft gerecht werden können. Um diese Probleme anzugehen, wurde das Bundesarchiv beauftragt, in Zusammenarbeit mit den betreffenden Stakeholdern Lösungen auszuarbeiten und umzusetzen.
Die weiteren Probleme, welche der Bericht aufzuzeigen vermochte, benötigten gemäss Bundesrat eine Revision des BGA, weshalb das EDI damit beauftragt wurde, bis Ende 2021 ein Aussprachepapier zu allfälligen Gesetzesänderungen zu erarbeiten. Darunter fiel etwa die Frage, ob die Einführung einer Kontrollinstanz, welche die Rechtmässigkeit einer Verlängerung von Schutzfristen gewisser Dokumente überwacht, nötig ist. Zudem sollen die Einspruchsmöglichkeiten bei der Verwehrung des Zugangs zu gewissen Dokumenten überarbeitet werden, da diese sehr komplex und mit hohen Kostenfolgen verbunden sind. Zuletzt gibt es seit der Einführung des Öffentlichkeitsgesetzes (BGÖ) nebst dem BGA ein zweites Regelwerk, was teilweise zu Widersprüchen in der gesetzlichen Grundlage führt, die es zu beheben gelte. Ausserdem sei zu diesem Zeitpunkt nicht gewährleistet, dass alle Stellen, welche dem BGA unterstellt seien, auch dementsprechend archivieren würden. Schliesslich bestünde eine Kluft zwischen dem Soll- und Ist-Zustand bei selbstständig Archivierenden. Hier sei zu klären, ob eine Vereinheitlichung aller archivierenden Stellen unter dem RVOG sinnvoll wäre.

Umsetzung des Bundesgesetzes über die Archivierung (Po. 18.3029)

Dass die «Ehe für alle» an der Urne wohl angenommen werden würde, zeichnete sich bereits relativ früh in der Abstimmungskampagne ab. Schon die ersten Umfragen von Tamedia und SRG ab Mitte August zeigten komfortable Mehrheiten für die Vorlage von weit über 60 Prozent, woraufhin die Medien die Abstimmung bereits für gewonnen erklärten. Dies tat der Intensität, mit der sie über die Abstimmungsvorlage berichteten, indes keinen Abbruch. Häufig porträtierten sie gleichgeschlechtliche Paare oder homosexuelle Prominente, die der Vorlage ein Gesicht gaben. Weiter machte die Befürwortendenseite zwar nicht mit einer breiten Inseratekampagne, aber vor allem mit bunten Aktionen auf sich aufmerksam, welche die Medien in Druckerschwärze übersetzten. So planten die Befürwortenden zum Kampagnenstart Ende Juni Aktionen in zwanzig Städten, führten Hochzeitszeremonien auf dem Berner Helvetiaplatz durch oder weibelten an Pride-Umzügen für die Vorlage. Über 20'000 Teilnehmende verzeichnete etwa die Zurich Pride, nachdem LGBTQ+-Organisationen auf die «wichtigste gesellschaftspolitische Abstimmung seit Jahrzehnten» hingewiesen und zur Teilnahme an der Demonstration durch die Innenstadt aufgerufen hatten. Beim Umzug mit dabei waren nicht nur Angehörige der LGBTQ+-Gemeinschaft, sondern unter anderem auch Grossunternehmen wie IKEA, UBS und Swiss sowie Sektionen der Polizei und der Armee. Dass die Unterstützung in der Gesellschaft ausgesprochen breit war, zeigte sich somit also nicht nur an der klar positiven Tonalität in den Medien, welche das FÖG festgestellt hatte, oder an der öffentlichen Unterstützung durch viele Prominente, sondern auch durch klare Positionsbezüge von Unternehmen – ein in der Schweiz während Abstimmungskampagnen eher selten beobachteter Umstand. Dass sich IKEA in einen Schweizer Abstimmungskampf einschaltete, war indes nicht ganz neu: Bereits im Vorjahr hatte sich das Möbelunternehmen mit Inseraten und Clips für die Einführung des Vaterschaftsurlaubs ausgesprochen.

Das im Abstimmungskampf immer wieder vorgebrachte Argument der Befürwortenden lautete, dass es die Annahme der Vorlage ermögliche, eine nach wie vor bestehende und für viele Menschen unbegründet erscheinende rechtliche Ungleichbehandlung zu beseitigen, ohne dass anderen Personen daraus Nachteile erwachsen würden. Es sei nicht die Aufgabe des Staates, private Beziehungen zu werten oder Menschen vorzuschreiben, wie sie ihr Privat- und Familienleben zu führen hätten, führte Bundesrätin Keller-Sutter an ihrer Medienkonferenz zur Eröffnung der Abstimmungskampagne weiter aus. Mit der zivilen Ehe könnten Ungleichheiten für gleichgeschlechtliche Paare in Bezug auf die gemeinsame Adoption, den Zugang zu Fortpflanzungsmedizin und bei der Einbürgerung beseitigt werden, die trotz der Möglichkeit der eingetragenen Partnerschaft bisher fortbestanden hätten. Zudem hätten Studien gezeigt, «dass für die Entwicklung der Kinder nicht die Familienkonstellation entscheidend ist, sondern die Fürsorge und die Zuwendung, die sie in der Familie erhalten». Dies brachte die Bundesrätin vor, um eines der Hauptargumente der Gegnerschaft zu entkräften.

Denn insbesondere Letzteres bestritten Angehörige des Referendumskomitees nämlich vehement und richteten sich dezidiert gegen die mit der Vorlage zu schaffende Neuerung, welche lesbischen Paaren in der Schweiz Zugang zur Samenspende verschaffen wollte. Die Argumente der Gegnerschaft gründeten dabei auf dem Kindeswohl – die «Psyche der Kinder bleibt auf der Strecke», titelt etwa die Weltwoche, deren Redaktion sich hauptsächlich gegen die Vorlage stellte. Jedes Kind habe ein Recht auf einen Vater. Ein Kind brauche Vorbilder von beiden Geschlechtern und «die Verwurzelung in der Ursprungsfamilie [sei] für die kindliche Identitätsbildung zentral», argumentierte die Gegnerschaft im Abstimmungsbüchlein. In den Medien zu reden gab in diesem Zusammenhang auch ein von gegnerischen Kreisen unter der Leitung des ehemaligen Walliser Nationalrats Oskar Freysinger lanciertes Abstimmungsplakat, das in schwarzweisser Farbgebung grossflächig das Gesicht eines Zombies mit stechenden Augen zeigte, begleitet vom Slogan «Enfants avec un mort» respektive «Kinder mit einem Toten». Nach Berichten aus einer Walliser Gemeinde, in der ein Plakat in der Nähe einer Primarschule aufgestellt worden war und daraufhin wegen verängstigten Reaktionen hatte entfernt werden müssen, wurden hingegen die Auswirkungen des Plakats selber auf das Kindswohl diskutiert. Nicht zuletzt sei der Zugang zur Samenspende für lesbische Paare auch nicht verfassungskonform, da Art. 119 der BV die medizinisch unterstützte Fortpflanzung nur bei Unfruchtbarkeit oder Gefahr einer schweren Krankheit erlaube, argumentierten die Gegnerinnen und Gegner weiter. Es gehe nicht, lesbische Paare aufgrund eines unerfüllten Kinderwunsches als unfruchtbar einzustufen. Als weitere negative Folge des Zugangs zur Samenspende für lesbische Paare befürchtete die Gegnerschaft bereits weitere Lockerungsschritte in der medizinisch unterstützten Fortpflanzung, namentlich die Eizellenspende und die Leihmutterschaft, da auch Alleinstehende oder schwule Paare sich bald auf ihr Recht auf Kinder berufen könnten.

Überaus häufig berichteten die Medien im Laufe der Abstimmungskampagne auch über die Positionsbezüge von Parteien und Kirchen, da sich die Haltungen auch innerhalb gewisser Parteien und kirchlicher Kreise teilweise stark unterschieden. Während sich alle Sektionen der SP, Grünen, GLP und auch der FDP – nach einigen Wirren bei den Jungfreisinnigen in Genf und mit Ausnahme der Stimmfreigabe der Kantonalsektion Jura – für die Vorlage ausgesprochen hatten, zeigte sich das Bild bei der Mitte und der SVP etwas weniger klar. Schliesslich kam es zwar nur zu wenigen abweichenden kantonalen Parolenfassungen, aber dennoch äusserten sich prominente Aushängeschilder öffentlich mit abweichenden Parteimeinungen. Bei der Mitte scherten etwa der Tessiner Nationalrat Marco Romano und sein Walliser Ratskollege Benjamin Roduit aus. Beide engagierten sich im Referendumskomitee, obwohl die Mitte an ihrer Delegiertenversammlung ein deutliches Ja beschlossen hatte. Auf der anderen Seite gab es bei der SVP, die das Referendum ergriffen hatte, vor allem junge Parteimitglieder, welche die Vorlage öffentlich unterstützten. Präsent in den Medien waren vor allem Michael Frauchiger, Vorstandsmitglied der SVP Zürich und als Homosexueller potentiell von der Vorlage betroffen, sowie die Aargauer Nationalrätin Martina Bircher. Frauchiger lancierte ein eigenes Ja-Komitee aus SVP-Mitgliedern, um sichtbar zu machen, dass die SVP keine Hinterwäldler-Partei sei, wie er gegenüber den Medien erklärte. Gegenüber dem Blick liess Bircher verlauten, dass sie innerhalb der SVP in dieser Frage einen Graben zwischen der älteren und der jüngeren Generation vermute, wobei erstere auch religiöse Werte in den Vordergrund stelle, während sich letztere primär gegen jegliche Einmischung durch den Staat zur Wehr setze.
Nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb der Kirchen unterschieden sich die Positionen zur «Ehe für alle»: Während die Schweizerische Bischofskonferenz (SBK) ein Nein beschloss, portierte der Katholische Frauenbund ein Ja, ebenso wie die evangelisch-reformierte Kirche. Expertinnen und Experten stellten bei den Kirchen in Fragen rund um die Homosexualität in den letzten Jahren einen zunehmenden Wertewandel fest, was eine aktuelle GFS-Studie zumindest nicht widerlegte. Gemäss dieser befürworteten zwei Drittel der Katholikinnen und Katholiken die zur Abstimmung stehende Vorlage. Hingegen warfen einzelne im Vorfeld der Abstimmungen publizierte Zeitungsberichte Licht auf die in gewissen Kreisen noch immer existierende Praxis der Konversionstherapie.

Le mariage pour tous (Pa.Iv. 13.468)

In der Frühjahrssession 2021 wurde eine im Sommer 2020 eingereichte Motion Sommaruga (sp, GE), die vom Bundesrat unterstützende Massnahmen für Schweizer Museen bei der Rückgabe und Rückführung von Kulturgütern mit kolonialzeitlichem Hintergrund forderte, zurückgezogen. Der Motionär führte an, dass, auch wenn die Schweiz keine Kolonialmacht per se war, sie stark von der westlichen Dominanz der Kolonialzeit profitiert habe, weshalb entsprechende Massnahmen zur technischen, finanziellen und logistischen Unterstützung seitens des Bundes zur Rückführung angebracht seien.
Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme vom August 2020 mit Verweis auf seine Stellungnahmen zur Motion Wermuth (sp, AG; Mo. 18.4236) sowie die Anfrage (18.1092) und Interpellation (18.4067) Sommaruga den Vorstoss zur Ablehnung beantragt. Im Weiteren hatte er darauf verwiesen, dass der Bund bereits seit 2016 im Rahmen der Provenienzforschung öffentliche und private Museen unterstütze und diese angehalten seien, ihre Forschungsresultate mit dem Internetportal der Anlaufstelle Raubkunst des BAK zu verlinken. Auch stehe der Bund bereits heute bei Kulturgüterstreitigkeiten als intermediärer Partner zur Verfügung und mit dem Kulturgütertransfergesetz bestehe auch schon eine allgemeine Rechtsgrundlage für entsprechende Belange.
In der Herbstsession 2020 hatte der Ständerat die Motion gemäss einem Ordnungsantrag Gapany (fdp, FR) an die WBK-SR zur Vorberatung überwiesen. Diese hatte in ihrem Bericht vom Februar 2021 mit 4 zu 4 Stimmen und Stichentscheid von Vizepräsident Thomas Hefti (fdp, GL) den Vorstoss zur Ablehnung beantragt. Die Kommissionsmehrheit anerkenne die Bedeutung der Provenienzforschung, sehe aber keinen unmittelbaren gesetzgeberischen Handlungsbedarf, da die Unterstützungsleistungen in diesem Bereich bereits sehr gut von der Anlaufstelle Raubkunst wahrgenommen würden, war argumentiert worden. Die Kommissionsminderheit war hingegen der Ansicht, dass die laufenden Arbeiten in diesem Bereich sowie die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure und die Rolle der Schweiz auf internationaler Ebene durch diesen Vorstoss gestärkt werden könnten. Im März 2021 führte Kulturminister Berset im Rahmen der Ständeratsdebatte an, dass man sich aufgrund der grossen Relevanz des Themas vorstellen könne, nach Möglichkeit bis Ende Jahr einen Bericht vorzulegen, der aufzeige ob und in welchem Umfang die bestehenden Massnahmen funktionierten und ob es doch noch allfälligen Anpassungsbedarf gebe. Die Aussicht auf diesen Bericht bewegte schliesslich den Motionär zum Rückzug seines Vorstosses.

Beteiligung der Schweizer Museen an der Rückgabe von Kulturgütern, die in der Kolonialzeit weggenommen wurden: Einrichtung eines bundesrechtlichen Verfahrens (Mo. 20.3754)

Nachdem die RK-NR 2018 der parlamentarischen Initiative Nantermod (fdp, VS) Folge gegeben, sich ihre Schwesterkommission aber im Herbst 2019 mit 8 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung gegen die Abschaffung der Vergütung auf Werkverwendungen in privaten Räumlichkeiten von Hotels, Ferienwohnungen, Spitälern und Gefängnissen ausgesprochen hatte, kam die Vorlage in der Frühjahrssession 2021 in die grosse Kammer. Die Rechtskommission des Nationalrats beantragte in ihrem Bericht vom Januar 2021 zwar weiterhin, der Initiative Folge zu geben, dies jedoch mit einem neuen Stimmenverhältnis von 13 zu 11 bei einer Enthaltung und einem Minderheitsantrag Brenzikofer (gp, BL) auf Ablehnung. Die Kommissionsmehrheit erachtete es als notwendig, insbesondere den Begriff «private Räumlichkeiten» neu zu definieren und so dafür zu sorgen, dass in diesen privaten Räumlichkeiten keine Urheberrechtsentschädigungen anfallen. Dies könne in der von der Coronakrise stark gebeutelten Hotelbranche zu Kostensenkungen führen. Die Minderheit vertrat hingegen die Ansicht, dass man den äusserst fragilen AGUR-Kompromiss zur URG-Revision nicht gefährden dürfe, zumal sich der Konsum von Multimediainhalten verändert habe, was von der betroffenen Branche berücksichtigt werden müsse. Im Weiteren handle es sich bei den zu entrichtenden Beiträgen um so geringe Summen, dass eine Annahme des Vorstosses die Hotellerie nicht wirklich entlasten würde.
Der Nationalrat schloss sich mit 119 zu 65 Stimmen bei einer Enthaltung dem Mehrheitsantrag an und sprach sich für Folgegeben aus. Wohl nicht zuletzt teilte der Rat die Auffassung von Nationalrat Bregy (cvpo, VS), dass man mit diesem Vorstoss die Möglichkeit habe, ein Zeichen für den Abbau von Gebühren, Abgaben und der Bürokratie zu setzen – auch wenn es sich hierbei um verhältnismässig kleine Beträge handle. Die parlamentarische Initiative ging in der Folge für weitere Beratungen an die Rechtskommission des Ständerats (RK-SR).

Abschaffung der Vergütung auf Werkverwendung in privaten Räumlichkeiten von Hotels, Ferienwohnungen, Spitälern und Gefängnissen (Pa. Iv. 16.493)
Dossier: Revision des Urheberrechts

Jahresrückblick 2020: Kultur, Sprache, Kirchen

Das Krisenjahr 2020 verlief hinsichtlich der Kultur-, Sprach- und Kirchenpolitik, gerade im direkten Vergleich mit anderen Politikbereichen, sowohl bezüglich der parlamentarischen Geschäfte als auch der medialen Berichterstattung überraschenderweise ruhig. Insbesondere wenn man bedenkt, dass der Kultursektor mitunter einer der stärksten von der Corona-Pandemie getroffenen Bereiche war. Die APS-Zeitungsanalyse zeigt zwar auf, dass sich der Anteil der Medienartikel zu Kultur, Sprache und Kirchen an der Gesamtberichterstattung im Vergleich zum Vorjahr leicht erhöht hat, dieser Wert liegt aber mit knapp 3 Prozent noch immer tiefer als in den Jahren 2017 und 2018. Abermals machte die Kulturpolitik mit rund Zweidritteln der Medienberichte den grössten Teil der drei Themengebiete aus, gefolgt von der Kirchenpolitik mit rund einem Drittel; die sprachpolitisch relevanten Berichte hingegen waren in diesem Jahr nahezu inexistent.

Wie viele andere Bereiche auch wurde die Kulturlandschaft in der Schweiz und mit ihr die Kulturpolitik massgeblich vom Diktat der Corona-Pandemie gesteuert. Während das Jahr sowohl für das Parlament als auch die Medien eher ruhig begann, machte sich mit der Mitte März vom Bundesrat ausgerufenen ausserordentlichen Lage ein deutlicher Ausschlag in der Medienberichterstattung bemerkbar. Fortan war das kulturpolitische Jahr von gefällten Massnahmen im Kampf gegen Covid-19 und der sich aus diesen ergebenden Folgen für die Kulturschaffenden geprägt. Das auferlegte Veranstaltungsverbot und die damit einhergehenden Restriktionen hatten gravierende finanzielle Auswirkungen auf sämtliche Bereiche der Kulturindustrie: Von nahezu einem Tag auf den anderen sahen sich Musik-, Film-, Theater-, Literaturschaffende und viele mehr in ihrer Existenz bedroht. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken sprach ihnen der Bundesrat im Frühjahr zwar im Rahmen der «Covid-Verordnung Kultur» finanzielle Unterstützung zu, jedoch zeigte sich im weiteren Verlauf des Jahres, dass dies längerfristig kaum ausreichen würde. Entsprechend versuchten auch die Zivilgesellschaft und die Kulturschaffenden selbst, Hand zu bieten, und lancierten diverse Solidaritätsaktionen oder nutzten diese Gelegenheit gar dazu, gänzlich neue Wege zu beschreiten und das Kulturschaffen sowie die Kulturvermittlung auf neue Kanäle umzuleiten.
Zwischenzeitlich war auch das Parlament darum bemüht, dem Kultursektor nach Möglichkeit unter die Arme zu greifen. Bei den in der Herbstsession eröffneten Beratungen der Botschaft zur Förderung der Kultur in den Jahren 2021–2024 war man sich einig, dass sich der Stellenwert der Kultur in und für die Gesellschaft gerade in der Corona-Krise deutlich gezeigt habe und die Kultur daher auch entsprechend gefördert werden müsse. Entsprechend war auch relativ rasch klar, dass man diversen Kürzungsanträgen von Seiten einzelner SVP-Exponentinnen und -exponenten nicht entgegenkommen würde. Lediglich darüber, wie die Kulturförderung genau ausgestaltet werden sollte, war man sich zunächst nicht ganz einig. Besonders bei den Mitteln für den Austausch zwischen den Sprachregionen und den Finanzhilfen für das Bundesamt für Kultur (BAK) diskutierten die Räte lange, konnten sich aber schlussendlich auf den Nationalratsvorschlag einigen. Zu Jahresende noch ausstehend waren die Beratungen des Bundesgesetzes über Filmproduktion und Filmkultur (Entwurf 2 der Kulturbotschaft), das bereits vor den Verhandlungen für weitreichende Diskussionen gesorgt hatte. Die Beratung war zwar für die Wintersession vorgesehen gewesen, wird sich aber voraussichtlich in das erste Quartal des neuen Jahres verschieben. Ein weiteres bedeutendes Bundesratsgeschäft, dessen Botschaft im Herbst 2020 verabschiedet wurde und das voraussichtlich ebenfalls 2021 zur Behandlung anstehen wird, stellt das neue Bundesgesetz über den Jugendschutz bei Filmen und Videospielen dar.

Auch das kirchen- bzw. religionspolitische Jahr war zunächst stark von der Corona-Pandemie geprägt. Besonders das Verbot von Gottesdiensten und anderen religiösen Veranstaltungen, gerade auch im Vorfeld der Osterfeiertage, erhitzte die Gemüter mancherorts stark und wurde auch in Form einer Motion Addor (svp, VS; Mo. 20.3332) – die jedoch kein Gehör fand – ins Parlament getragen. Tatsächlich schien sich dieses reduzierte Angebot an religiösen Partizipationsmöglichkeiten aber auch auf die Wahrnehmung und Definition von Kirche und Religion auszuwirken, wurde in den Medien über weite Strecken doch nahezu ein philosophischer Diskurs über deren Rolle und Funktion, gerade auch in Krisenzeiten, geführt. Nicht zuletzt auch, weil Kirchenvertreterinnen und -vertreter sich sehr bemühten, teilweise auf äusserst innovative Art und Weise, alte Botschaften über neue Medien zu vermitteln.
Im späten Frühjahr verlagerte sich der Fokus in diesem Themenbereich aber von der Pandemie auf die Landeskirchen. Was zunächst als Intransparenzvorwürfe hinsichtlich eines Kirchengeschäfts begann, mündete im Sommer in veritablen Missbrauchs- und Grenzverletzungsvorwürfen gegenüber Gottfried Locher, die zu einer regelrechten Kirchenkrise und schliesslich zum Rücktritt des obersten Reformierten führten. Diese Vakanz begünstigte aber zugleich ein absolutes Novum in der reformierten Kirche: Im November wurde Rita Famos als erste Frau als Lochers Nachfolgerin und somit zur höchsten Reformierten der Schweiz gewählt. Während die Reformierten in der Folge ein Krisenjahr durch eine Wahl beendeten, schienen sich die Katholiken durch die auftretende Uneinigkeit bei der Nachfolgebestimmung für den Bischof von Chur] in eine neuerliche Krise zu manövrieren.
Weit über die Kirchenkreise hinaus sorgte hingegen der Schulterschluss der beiden Landeskirchen im Kampf gegen die Ende November zur Abstimmung gekommene Konzernverantwortungsinitiative für grosse Aufregung. Nicht zuletzt wurde den Kirchen vorgeworfen, dass sie durch ihre offene Zurschaustellung der orangen Transparente, durch die geschalteten Inserate und die öffentlichen Stellungnahmen die grundsätzliche Grenze der Trennung von Kirche und Staat und somit auch ihre Kompetenzen deutlich überschritten hätten.

Jahresrückblick 2020: Kultur, Sprache, Kirchen
Dossier: Jahresrückblick 2020

Noch in der Herbstsession 2020 bereinigte das Parlament die verbliebenen zwei Differenzen der Kulturbotschaft 2021-2024.

Bei der ersten Differenz handelte es sich um die Frage, wie hoch die Finanzhilfen des BAK ausfallen sollten. Der Nationalrat wollte das bundesrätliche Budget um CHF 1.2 Mio. für «Memoriav» aufstocken, der Ständerat stattdessen um CHF 800'000 für die schweizerische Fotostiftung. Eine Mehrheit der WBK-NR wollte an der nationalrätlichen Version festhalten, da sie die Förderung von «Memoriav» als dringend notwendig erachtete, während eine Minderheit Gutjahr (svp, TG) in Anbetracht der tieferen Aufgabenlast von Memoriav, weil der SRG neu die Archivierung selbst durchführt, auf eine Aufstockung verzichten wollte. Die dadurch freiwerdenden Mittel könnten bei der Schweizer Fotostiftung eingesetzt werden, wie Gutjahr argumentierte. Mit 99 zu 96 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) folgte der Nationalrat knapp seiner Kommissionsmehrheit. Ebenfalls erfolglos (mit 114 zu 81 Stimmen bei 3 Enthaltungen) blieb eine Minderheit Fivaz (gp, NE), welche auch die vom Ständerat beschlossene Aufstockung für die Fotostiftung vornehmen wollte.
Der Ständerat folgte daraufhin stillschweigend der Version des Nationalrates, womit die erste Differenz beseitigt werden konnte. Es liege in der Entscheidungsmacht des Bundesrates, welcher Organisation welche Beträge zugesprochen würden, hatte Kommissionssprecher Matthias Michel (fdp, ZG) zuvor erläutert.

Beim Bundesbeschluss über den Zahlungsrahmen für den Bereich «Sprache und Verständigung» sprach sich die WBK-NR erneut für die nationalrätliche Aufstockung zur Förderung der rätoromanischen Sprache und gegen die ständerätliche Aufstockung für die Strategie «Austausch und Mobilität» aus, während eine Minderheit Locher Benguerel (sp, GR) die zusätzlichen Mittel für Sprachaufenthalte sprechen wollte – auch in Anbetracht einer angenommenen Motion der WBK-NR (Mo. 20.3918). Der Nationalrat folgte seiner Kommissionsmehrheit, woraufhin der Ständerat auch diesem Entscheid beipflichtete. Mit 23 zu 21 Stimmen sprach er sich in Übereinstimmung mit der Kommissionsmehrheit gegen einen Kompromissvorschlag von Johanna Gapany (fdp, FR) für eine um die Hälfte reduzierte Aufstockung um CHF 5 Mio. aus.

Da damit alle Differenzen bereinigt waren, war die Vorlage noch in derselben Session für die Schlussabstimmungen bereit. Abgestimmt werden musste derweil nur noch über die vier Bundesgesetzesänderungen, da die bereits genehmigten Finanzbeschlüsse nicht dem Referendum unterlagen und somit keine Schlussabstimmungen nötig waren.
Beide Kammern nahmen in der Folge alle vier Gesetzesänderungen deutlich mit einzelnen Gegenstimmen und Enthaltungen, oder gar einstimmig an. Alle Stimmen gegen die Vorlagen stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion. Als einziges Geschäft der Kulturbotschaft 2021-2024 war somit die Revision des Filmgesetzes noch offen, mit welcher sich der Ständerat in der Sommersession 2021 als Zweitrat befasste.

Kulturbotschaft 2021–2024 (BRG 20.030)
Dossier: Cultura quo vadis? Die Botschaften über die Förderung der Kultur im Überblick