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In seinem jährlichen Antisemitismusbericht sammelt und analysiert der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) in Zusammenarbeit mit der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) seit 2008 antisemitische Vorfälle aus der deutschsprachigen, rätoromanischen und italienischsprachigen Schweiz. Die Vorfälle sammelt der SIG zum einen über eine interne Meldestelle, andererseits werden auch Fälle aufgenommen, über welche die Medien berichten, sowie vom SIG im Internet selbst recherchierte Fälle. Als Grundlage nutzt der SIG dabei die Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance. Für die Westschweiz erstellt die CICAD einen eigenen Antisemitismusbericht, der jedoch methodisch vom Bericht des SIG abweicht.

Wie bereits im Vorjahr verzeichnete der SIG 2022 erneut einen Anstieg an antisemitischen Vorfällen. Wie sein jährlicher Antisemitismusbericht zeigte, kam es 2022 zu insgesamt 910 gemeldeten oder beobachteten antisemitischen Übergriffen (2021: 859). Davon fanden 57 in der realen und 853 in der digitalen Welt statt. In der grossen Mehrheit der Fälle handelte es sich dabei um antisemitische Aussagen (96.3%), deutlich seltener waren Beschimpfungen (1.7%), Schmierereien (1.0%), Karikaturen (0.5%), Plakate/Banner (0.1%) oder Auftritte (0.1%). Zudem gab es gemäss CICAD-Bericht auch wieder einen physischen Übergriff (0.1%) sowie einen Angriff auf eine Synagoge in der Westschweiz. Wie bereits in den beiden Jahren zuvor handelte es sich dabei inhaltlich hauptsächlich um antisemitische Verschwörungstheorien (54.8%) und allgemeinen Antisemitismus, der die Verbreitung von antisemitischen Stereotypen beinhaltet (33.8%), während Israel-bezogener Antisemitismus (6,4%) oder eine Leugnung oder Banalisierung des Holocaust (5.0%) seltener vorkamen.

Gemäss Bericht fördern gewisse Trigger auf internationaler oder nationaler Ebene jeweils antisemitische Übergriffe, so auch im Jahr 2022. Im Untersuchungsjahr wurde der Antisemitismus vor allem durch die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg angetrieben, wobei die beiden Themen häufig inhaltlich verknüpft würden. Dabei komme der Antisemitismus gemäss Bericht aus einer eher neuen, generell «staats- und gesellschaftsfeindliche[n] Subkultur», welche sich aus dem Milieu der Coronagegnerinnen und -gegner entwickelt habe. Wie bereits in den Vorjahren nutzte diese Gruppierungen insbesondere soziale Medien als Kanal für die Verbreitung solcher antisemitischer Verschwörungstheorien oder für antisemitische Übergriffe. Im Vergleich zum Vorjahr sei es in diesem Jahr aber deutlich seltener zu Widerstand gegen antisemitische Posts gekommen, sogar bei offenem Antisemitismus. Dies könne gemäss SIG entweder daran liegen, dass Antisemitismus innerhalb dieser Gruppierungen mehrheitsfähig geworden sei oder dass diese Kreise ein sehr breit gefasstes Verständnis von Meinungsfreiheit hätten, wodurch auch Hassrede als Meinung akzeptiert werde. Gemäss CICAD-Bericht sei in der Westschweiz auch die Präsidentschaftswahl in Frankreich ein Trigger für Antisemitismus gewesen.

Wie bereits im Jahr zuvor enthielt der Bericht des SIG auch Empfehlungen an die Politik und definierte Handlungsfelder. Dazu gehörten insbesondere bessere rechtliche Möglichkeiten, Antisemitismus im Internet zu bekämpfen, sowie ein Verbot der Verwendung von Nazi-Symbolen in der Öffentlichkeit. Drei Vorstösse zum Thema (Mo. 21.4354, Pa.Iv. 21.524, Pa.Iv. 21.525) veranlassten das BJ Ende 2022 zur Veröffentlichung eines Berichts zur Machbarkeit eines solchen Verbotes, welcher zum Schluss kam, dass dies durchaus möglich sei. Um diese und andere Punkte gezielt angehen zu können, forderte der SIG zudem eine nationale Strategie gegen Antisemitismus. Positiv wertete der SIG hingegen, dass der Bund nach der entsprechenden Kritik über die letzten Jahre das Budget zum Schutz jüdischer und muslimischer Gemeinschaften vorerst bis 2028 von CHF 500'000 auf CHF 2.5 Mio. pro Jahr erhöht habe.

Antisemitismus 2022

Im Dezember 2022 veröffentlichte das Bundesamt für Justiz einen Bericht zum Verbot von nationalsozialistischen, rassistischen, gewaltverherrlichenden und extremistischen Symbolen. Bundesrätin Karin Keller-Sutter hatte den Bericht in Reaktion auf mehrere eingereichte Vorstösse zum Thema (Mo. 21.4354, Pa.Iv. 21.524, Pa.Iv. 21.525) anfertigen lassen. Gemäss der aktuellen Rechtslage könne eine öffentliche Verwendung solcher Symbole von der Antirassismus-Strafnorm in Artikel 261bis StGB erfasst werden. Straflos sei die Verwendung nur, wenn die Symbole ohne Propagandaabsicht – die Absicht, andere Personen von dieser Ideologie überzeugen zu wollen –, in nicht gegen die Menschenwürde verstossender Weise und ohne Diskriminierungs- oder Herabsetzungsabsicht gezeigt würden. Es bestehe diesbezüglich ein weiter Ermessensspielraum, konstatierte das BJ. Im Bericht zeigte das Bundesamt verschiedene Möglichkeiten auf, wie ein weitergehendes Verbot auf Bundes- oder kantonaler Ebene verankert werden könnte. Neben einer Erweiterung von Artikel 261bis StGB um ein explizites Verbot der Verwendung nationalsozialistischer und rassistischer Symbole wäre auch die Schaffung eines neuen Spezialgesetzes denkbar. Dies erlaubte eine spezifischere Regelung und die Ahndung von Verstössen im Ordnungsbussenverfahren. Für eine weniger straf- sondern mehr präventionsfokussierte Lösung sah das BJ eine Verankerung im kantonalen Polizeirecht als gangbaren Weg. Ungeachtet der gewählten Variante stelle die Formulierung des Verbots eine Herausforderung dar, so die Schlussfolgerung des Berichts: Das Verbot müsse einerseits bestimmt genug formuliert sein, damit die Bevölkerung weiss, was verboten und was erlaubt ist. Bereits eine Klassifizierung in verbotene und erlaubte Symbole erweise sich allerdings als schwierig, da manche von Extremistinnen und Extremisten verwendete Symbole – etwa Buchstaben- und Zahlenkombinationen – je nach Zusammenhang eine extremistische oder eine alltägliche Bedeutung haben könnten. Weiter müsste die Verwendung zu wissenschaftlichen, schulischen, künstlerischen oder journalistischen Zwecken geregelt werden. Andererseits müsste die Verbotsnorm offen genug formuliert sein, damit die Gerichte die Aktualität und den Kontext des Einzelfalls berücksichtigen können.
In einer Medienmitteilung, aus der etwa die Aargauer Zeitung zitierte, betonten die beiden jüdischen Dachverbände SIG und PLJS, dass in dieser Frage dringender Handlungsbedarf bestehe. Das geltende Recht habe Lücken, die gezielt ausgenutzt würden. Sie forderten Bundesrat und Parlament auf, rasch ein Verbot von nationalsozialistischen Symbolen umzusetzen, denn bei der Verwendung dieser Symbole dürfe es keinen Graubereich mehr geben.

Bericht zum Verbot von nationalsozialistischen und rassistischen Symbolen
Dossier: Verbot der öffentlichen Verwendung von nationalsozialistischen Symbolen

Auf Antrag seiner RK und des Bundesrats sprach sich der Ständerat in der Wintersession 2022 als Zweitrat stillschweigend für eine Reformation der Stiefkindadoption aus. Die entsprechende Motion der RK-NR zielte darauf ab, die Stiefkindadoption für Paare zu vereinfachen. Bisher musste vor der Adoption ein einjähriges Pflegeverhältnis zum nicht-leiblichen Elternteil bestehen. Die Motion forderte indes, dass sich beide Elternteile bei der Geburt des Kindes lediglich in einer Lebensgemeinschaft im gleichen Haushalt befinden müssen.

Keine unnötigen Hürden bei der Stiefkindadoption (Mo. 22.3382)

Eine vom Nationalrat unterstützte Motion der RK-NR wollte es gleichgeschlechtlichen Paaren, die ihr Kind entweder ausserhalb der Schweiz oder mittels privater Samenspende gezeugt haben, ermöglichen, bereits ab Geburt als rechtliche Eltern ihres Kindes anerkannt zu werden. Dies ist heute nur bei professionellen, inländischen Samenspenden möglich. Sowohl die RK-SR als auch der Bundesrat sprachen sich gegen die Motion aus, da sie Forderungen bereits behandelter Vorstösse aufgreife (Mo. 22.3382, Mo. 22.3235), die teilweise vom Parlament bereits angenommen wurden. Folglich bedürfe es keiner weiteren Anpassung des Schweizer Rechts. Vor diesem Hintergrund lehnte die kleine Kammer den Vorstoss in der Wintersession 2022 stillschweigend ab.

Alle Kinder ab Geburt rechtlich absichern (Mo. 22.3383)

Zwischen Mitte 2021 und Mai 2022 wurde ein Pilotprojekt unter dem Namen «Sensibilisierung zu Diversität und Inklusion in der Armee» (SEDIA) durchgeführt, wie der Bundesrat in einer Medienmitteilung verkündete. Initiiert wurde das Projekt von Korpskommandant Hans-Peter Walser (Chef der Kommando Ausbildung) und unter Leitung der Armeeseelsorge gemeinsam mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) durchgeführt. Unter dem Einbezug des Berufsmilitärs und Kaderangehörigen der Milizarmee fanden diverse Veranstaltungen statt, welche mehrheitlich von Mitgliedern der SIG mit speziell auf dieses Projekt angepassten Konzepten durchgeführt worden seien.
Das Projekt steht in Zusammenhang mit der verstärkten Bekenntnis der Schweizer Armee zu Diversität und Inklusion per Anfang 2022, als zudem eine Fachstelle «Frauen in der Armee und Diversity» (FiAD) geschaffen wurde.

Armeeseelsorge

Nachdem der Bundesrat infolge eines 2019 überwiesenen Postulats Rechsteiner (sp, SG) einen Bericht zur Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) veröffentlicht hatte, beantragte er im Rahmen seines Berichts über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahr 2021 die Abschreibung des Postulats. Der Ständerat folgte dieser Empfehlung im Sommer 2022 und schrieb den Vorstoss stillschweigend ab.

Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (Po. 19.3942)

Mit Annahme der «Ehe für alle» ist es gewissen gleichgeschlechtlichen Paaren möglich geworden, dass bei professionellen, inländischen Samenspenden nach dem schweizerischen Fortpflanzungsmedizingesetz beide Elternteile ab der Geburt rechtlich gesehen als Eltern anerkannt werden. Damit entstand eine Ungleichbehandlung gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren, die ihr Kind ausserhalb der Schweiz oder durch private Samenspende gezeugt haben und denen diese Möglichkeit verwehrt blieb. Um diesen Umstand zu ändern, lancierte die RK-NR im Frühjahr 2022 eine Motion, die es auch letzteren Paaren ermöglichen will, dass beide Elternteile rechtlich bereits ab Geburt als Eltern anerkannt werden, sofern das Recht der Kinder auf die Kenntnis ihrer Abstammung gewährleistet werden kann. Der Nationalrat nahm die Motion in der darauffolgenden Sommersession entgegen dem Antrag des Bundesrates mit 96 zu 83 Stimmen (3 Enthaltungen) an. Neben den geschlossen dafür stimmenden Fraktionen der SP, Grünen und Grünliberalen erhielt die Motion Unterstützung von 10 respektive 9 Mitgliedern der FDP.Liberalen- und der Mitte-Fraktion.

Alle Kinder ab Geburt rechtlich absichern (Mo. 22.3383)

Auf Antrag von Christa Markwalder (fdp, BE) lancierte die RK-NR im Frühjahr 2022 eine Kommissionsmotion zur Reformation der Stiefkindadoption, welche bestehende Hürden bei ebendieser abbauen soll. Insbesondere in Angesicht der Annahme der «Ehe für alle» im September 2021 seien bestehende Regelungen zur Stiefkindadoption weiterhin zu kompliziert, da unter anderem in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft der nicht-leibliche Elternteil das Kind erst nach einem mindestens einjährigen Pflegeverhältnis adoptieren könne. Mit einer Revision der Stiefkindadoption zielte die Kommissionsmehrheit darauf ab, dass auf ein Pflegeverhältnis verzichtet werden kann, wenn sich der leibliche und der adoptionswillige Elternteil beim Zeitpunkt der Geburt des Kindes in einer Lebensgemeinschaft im gleichen Haushalt befinden. Der Nationalrat folgte in der Sommersession 2022 dem Antrag des Bundesrats und nahm die Motion mit 133 zu 40 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) an. Während sich die geschlossen stimmenden Fraktionen der SP, Grünen, Grünliberalen und FDP.Liberalen für die Vorlage aussprachen, lehnten die Mehrheit der SVP-Fraktion sowie ein Mitglied der Mitte-Fraktion die Motion ab.

Keine unnötigen Hürden bei der Stiefkindadoption (Mo. 22.3382)

Der Bundesrat soll klar festlegen, nach welchen Kriterien NGOs im In- und Ausland von der Schweiz finanziert werden, und diesbezüglich wirksame Kontrollvorschriften erlassen, so die Forderung einer Motion Matter (glp, GE). Ziel des Motionärs war es, dass NGOs, die sich an Hassreden und insbesondere an Gewaltaufrufen gegen andere Glaubensrichtungen beteiligen, nicht länger Schweizer Unterstützungsbeiträge erhalten. Er verlangte zudem ausdrücklich, dass die geforderten Rechtsgrundlagen auch eine Bestimmung zum Antisemitismus enthalten, die sich auf die Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) stützt. In der Begründung des Vorstosses führte er an, dass «gewisse von der Schweiz unterstützte NGOs in Verbindung mit der Volksfront zur Befreiung Palästinas» stünden, die auf der EU-Liste der an Terrorhandlungen beteiligten Vereinigungen und Körperschaften figuriere und deren Tätigkeiten unter der Definition der IHRA als antisemitisch eingestuft würden. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion, da er die bestehenden Regelungen für die Kooperation mit NGOs als ausreichend ansah. Er verwies in seiner Stellungnahme insbesondere auf den Bericht über die Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen in Partnerländern der internationalen Zusammenarbeit, den er Anfang 2020 in Erfüllung einer Motion Imark (svp, SO; Mo. 16.3289) sowie eines Postulats Bigler (fdp, ZH; Po. 18.3820) veröffentlicht hatte. Mit der Frage der Verwendung der Antisemitismus-Definition der IHRA beschäftige er sich ausserdem im Zuge der Beantwortung eines Postulats Rechsteiner (sp, SG; Po. 19.3942). «Il faut faire plus, faire mieux», appellierte der Motionär in der Frühjahrssession 2022 an das Nationalratsplenum und erreichte damit eine knappe Mehrheit: Die Volkskammer nahm die Motion mit 92 zu 84 Stimmen bei 9 Enthaltungen an.

Massnahmen gegen Hass oder Gewalt verherrlichende Reden bei NGO, die von der Schweiz unterstützt werden (Mo. 20.4559)
Dossier: NGOs und der israelisch-palästinensische Konflikt

À la suite d'un article publié dans ses colonnes, le Tages Anzeiger a licencié l'un de ses journalistes, auteur de l'article, en raison de clichés antisémites contenus dans le texte. Cette décision a provoqué des remous, car le texte, avant d'être publié, avait été relu par au moins quatre autres personnes, sans que les propos problématiques ne soient décelés. L'article dressait le portrait de Sonja Rueff-Frenkel (ZH, plr). De confession juive, la juriste et avocate était candidate au conseil de ville de Zurich. Dans une contribution publiée par la Weltwoche, le conseiller national UDC Alfred Heer (ZH), qui soutenait la candidate libérale-radicale, a reproché au Tages Anzeiger de colporter des stéréotypes antisémites depuis des années. Plusieurs articles de la Weltwoche ont attaqué frontalement le groupe Tamedia, et notamment son rédacteur en chef Arthur Rutishauser, tenu pour responsable de la polémique. D'autres critiques ont émané du magazine Republik, qui a laissé entendre que le journaliste licencié l'aurait été pour des raisons politiques, plus que pour son article controversé.

Accusations d'antisémitisme à l'encontre du Tages-Anzeiger

Jahresrückblick 2021: Soziale Gruppen

Eine überaus wichtige Neuerung im Themenbereich der sozialen Gruppen wurde 2021 für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt. Im September nahm die Stimmbevölkerung mit einem deutlichen Ja-Anteil von 64 Prozent die «Ehe für alle» an. Neben der Möglichkeit der Eheschliessung waren damit für gleichgeschlechtliche Paare weitere Ungleichheiten im Familienleben beseitigt worden: In Zukunft ist es auch ihnen möglich, gemeinsam ein Kind zu adoptieren, zudem erhalten verheiratete Frauenpaare Zugang zur Samenspende. Die Relevanz dieser Abstimmung widerspiegelt sich im Ergebnis der APS-Zeitungsanalyse 2021, die einen diesem Ereignis geschuldeten Höchststand an Artikeln zur Familienpolitik im Abstimmungsmonat aufzeigt (vgl. Abbildung 1 im Anhang). Kein anderes Thema im Bereich der sozialen Gruppen erzielte im beobachteten Jahr eine ähnlich hohe mediale Aufmerksamkeit.

Erstmals in der Geschichte der Schweizer Frauen- und Gleichstellungspolitik veröffentlichte der Bundesrat 2021 eine nationale Gleichstellungsstrategie, die jedoch von Frauenorganisationen und linken Parteien kritisiert wurde. Ferner gaben die Kommissionen einer parlamentarischen Initiative Folge, welche die befristete Finanzierung für die familienergänzende Kinderbetreuung durch eine dauerhafte, vom Bund unterstützte Lösung ersetzen will. Der 2022 vorzulegende Entwurf soll die Eltern bei der Finanzierung der Betreuungsplätze massgeblich entlasten und somit zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen. Gleichzeitig wurden im Berichtsjahr aber verschiedene Vorstösse mit ähnlichen, bereits konkreter ausformulierten Vorstellungen in Form einer parlamentarischen Initiative, einer Standesinitiative und einer Motion abgelehnt. Ebenfalls zur Verbesserung der Stellung der Frauen im Beruf beitragen soll die 2018 geschaffene Revision des Gleichstellungsgesetzes, mit der Unternehmen mit über 100 Mitarbeitenden zur Durchführung von Lohnanalysen verpflichtet worden waren. Erste, im August 2021 publizierte Analyseergebnisse von ausgewählten Unternehmen zeichneten ein positives Bild, das jedoch unter anderem wegen fehlender Repräsentativität in Zweifel gezogen wurde. Nach wie vor sind Unternehmen nicht verpflichtet, die Ergebnisse ihrer Lohnanalysen an den Bund zu übermitteln. Gegen eine entsprechende Regelung hatte sich der Ständerat im Juni erfolgreich gewehrt.

Nachdem im Vorjahr der zweiwöchige Vaterschaftsurlaub in einer Volksabstimmung angenommen worden war, gingen die politischen Diskussionen rund um die Ausdehnung von Urlaubsmöglichkeiten für Eltern 2021 weiter. Eine Standesinitiative aus dem Kanton Jura und eine parlamentarische Initiative mit diesem Ziel stiessen im Parlament indes auf wenig Gehör. Der Nationalrat verabschiedete jedoch ein Kommissionspostulat, das die volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer Elternzeit aufzeigen soll. In den Räten setzte sich zudem mit Annahme einer Vorlage zum Adoptionsurlaub eine langjährige Forderung in der Minimalvariante durch: Eltern, die ein Kind unter vier Jahren adoptieren, haben künftig Anrecht auf einen zweiwöchigen Urlaub.

Auch das Thema der Gewalt gegen Frauen blieb 2021 auf der politischen Agenda, immer wieder angetrieben durch Zeitungsberichte über häusliche Gewalt und Femizide. Das Parlament überwies drei Motionen, welche die Bereitstellung eines 24-stündigen Beratungsangebots für von Gewalt betroffene Personen forderten, wozu sich die Schweiz 2017 im Rahmen der Ratifikation der Konvention von Istanbul verpflichtet hatte. Ein Zeichen gegen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche setzte der Nationalrat auch durch Befürwortung einer Motion, die das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung im Zivilgesetzbuch verankern möchte. Der Ständerat äusserte sich bis Ende Jahr noch nicht zum Geschäft. Ebenfalls kam es zu breiten medialen Vorwürfen bezüglich Gewalt in Bundesasylzentren, woraufhin das SEM einen Bericht erarbeiten liess.

Nicht zuletzt wurde im Berichtsjahr mit verschiedensten Publikationen und Aktionen auf das 50-jährige Bestehen des Frauenstimm- und -wahlrechts Bezug genommen. Mit Corona-bedingter Verspätung fand im September die offizielle Feier des Bundes statt. Ende Oktober tagte zum zweiten Mal nach 1991 die Frauensession, die insgesamt 23 Forderungen zu unterschiedlichen Themen als Petitionen verabschiedete. Darüber hinaus wurde an diesen Anlässen auch über die Gewährung politischer Rechte an weitere Gruppen diskutiert, so etwa an Personen ohne Schweizer Pass, Minderjährige und Menschen mit einer Beeinträchtigung. Bezüglich Letzteren nahm der Ständerat im Herbst 2021 ein Postulat an, das den Bundesrat aufforderte, Massnahmen aufzuzeigen, damit auch Menschen mit einer geistigen Behinderung uneingeschränkt am politischen und öffentlichen Leben teilhaben können.

Wie die APS-Zeitungsanalyse 2021 zeigt, erhielten Fragen rund um die Familien- und Gleichstellungspolitik im Jahr 2021 im Gegensatz zu Fragen zur Asyl- und Migrationspolitik überaus starke mediale Aufmerksamkeit. Der Zeitvergleich macht überdies deutlich, dass die Berichterstattung im Bereich Asyl und Migration über die letzten Jahre konstant an Bedeutung eingebüsst hat.

Dieses fehlende Interesse der Medien ist ob der umstrittenen Gesetzesänderungen des Parlaments im Bereich Asylpolitik, welche die Grundrechte der Asylsuchenden einschränkten, bemerkenswert. So können Schweizer Behörden künftig mobile Geräte der Asylsuchenden verwenden, um beim Fehlen von Ausweispapieren Rückschlüsse auf die Identität einer Person zu gewinnen. Dieser Beschluss provozierte eine negative Reaktion des UNHCR. Zudem schuf das Parlament ein Reiseverbot für vorläufig aufgenommene Personen und entschied, dass Personen in Ausschaffungshaft zum Wegweisungsvollzug zur Durchführung eines Covid-19-Tests gezwungen werden können. Unterschiedliche Ansichten vertraten die beiden Räte in Bezug auf junge Asylbewerbende. So lehnte es der Ständerat ab, die Administrativhaft für Minderjährige abzuschaffen, nachdem sich der Nationalrat für diese Forderung im Vorjahr noch offen gezeigt hatte. Ebenso setzte sich der Nationalrat im Berichtsjahr durch Unterstützung einer Motion dafür ein, dass Personen mit abgewiesenem Asylentscheid ihre berufliche Ausbildung beenden dürfen, während sich der Ständerat nach der Beratung einer anderen Motion gegen diese Möglichkeit aussprach. Schliesslich wollte der Ständerat den Familiennachzug von Schutzbedürftigen erschweren, wogegen sich der Nationalrat aber erfolgreich sträubte. Im Sammelstadium scheiterte überdies eine Volksinitiative des ehemaligen Nationalrats Luzi Stamm, gemäss welcher Asylbewerbende in der Schweiz nur noch mit Sachleistungen hätten unterstützt werden sollen: Seine Volksinitiative «Hilfe vor Ort im Asylbereich», die in erster Linie Flüchtlingen primär in der Nähe der Krisengebiete und nicht in der Schweiz helfen wollte, scheiterte an den direktdemokratischen Hürden.

Jahresrückblick 2021: Soziale Gruppen
Dossier: Jahresrückblick 2021

Im Dezember 2021 gab das Kunstmuseum Bern bekannt, dass zwei Kunstwerke aus der umstrittenen Gurlitt-Sammlung an die ursprünglichen Besitzenden zurückgegeben werden. Dies sorgte für mediale Reaktionen, da gemäss Schweizer Gesetzgebung eine Restitution von Kulturgütern nur dann zwingend ist, wenn die Provenienzforschung eindeutig aufzeigen konnte, dass es sich bei den betreffenden Werken um sogenannte NS-verfolgungsbedingte Raubkunst handelte. Eine lückenhafte Provenienzforschung verhinderte jedoch eine solche abschliessende Beurteilung bei den betreffenden Werken der Gurlitt-Sammlung, wie die Zeitung «Der Bund» berichtete. Dass sich das Kunstmuseum trotzdem für eine Restitution entschied, lobten die Medien als klare Haltung – der Raubkunstexperte Thomas Buomberger sprach gegenüber dem Blick gar von einem «Paradigmenwechsel».

Gurlitts Kunstsammlung

Gemäss der VOX-Nachbefragung zu den eidgenössischen Abstimmungen vom September 2021 entsprach die Vorlage zur «Ehe für alle» dem Zeitgeist, da sie breite Unterstützung aus (fast) allen politischen Lagern und Altersgruppen erfuhr. Ferner vermochte das Ja-Lager besser zu mobilisieren und die Pro-Argumente – etwa die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare und das Argument, dass Fürsorge und Zuwendung wichtiger seien als das Geschlecht der Eltern – erzielten im gegnerischen Lager mehr Unterstützung als die Contra-Argumente. Personen über 70 Jahre lehnten die Vorlage mehrheitlich ab, dies im Gegensatz zu Personen aller anderen Alterskategorien. Darüber hinaus stellten sich Personen, die eine starke Nähe zu Freikirchen aufweisen, ebenso gegen die Vorlage wie Personen, die der Wahrung der Schweizer Traditionen hohe Wichtigkeit beimessen. Neun von zehn Sympathisierenden der SP, Grünen und GLP befürworteten die Initiative, bei der FDP-Anhängerschaft legten noch sechs von zehn Personen ein Ja ein. Sympathisierende der SVP lehnten die Vorlage mit 70 Prozent relativ deutlich ab. Ebenso wurde die Ehe für alle von einer knappen Mehrheit der Mitte-Anhängerschaft (51%) abgelehnt, die sich somit gegen die Parole ihrer Partei stellte. Das Gegenargument, das bei den Nein-Stimmenden am meisten verfing, war dasjenige, dass Kinder jeweils eine Frau und einen Mann als elterliches Vorbild haben sollten. Etwas weniger Nein-Stimmende störten sich am Zugang zur Samenspende für lesbische Paare oder äusserten sich ablehnend gegenüber der Möglichkeit auf Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare.

Le mariage pour tous (Pa.Iv. 13.468)

In seinem Bericht zu den parlamentarischen Vorstössen im Jahre 2020 (BRG 21.006) beantragte der Bundesrat die Abschreibung der Motion Jositsch (sp, ZH) zum Schutz religiöser Gemeinschaften vor terroristischer und extremistischer Gewalt. Zu diesem Zweck war 2017 ein Aktionsplan mit 26 Massnahmen erarbeitet, verabschiedet und mit einer Impulsfinanzierung von CHF 5 Mio. unterstützt worden. 2019 war zudem die Verordnung über Massnahmen zur Unterstützung der Sicherheit von Minderheiten mit besonderen Schutzbedürfnissen (SR 311.039.6) in Kraft getreten. Damit seien die Forderungen der Motion erfüllt worden. Der Ständerat nahm den Antrag des Bundesrates in der Sommersession 2021 kommentarlos an.
Da bloss Abklärungen vorgenommen worden und noch keine konkrete Umsetzung erfolgt sei, beantragte die SiK-NR im Zweitrat hingegen, die Motion zu gegebenem Zeitpunkt nicht abzuschreiben. Der Nationalrat folgte seiner Kommission und lehnte die Abschreibung ab. In der Differenzbereinigung im Herbst stimmte der Ständerat schliesslich dem Nationalrat zu, womit die Motion noch nicht abgeschrieben wurde.

Schutz religiöser Gemeinschaften vor terroristischer und extremistischer Gewalt (Mo. 16.3945)

Ende September 2021 durfte die «Ehe für alle» schliesslich den von ihren Befürwortenden bereits lang ersehnten Erfolg in der Volksabstimmung feiern, womit auch die Schweiz als beinahe letztes Land Westeuropas ihren gleichgeschlechtlichen Paaren das Recht zur Eheschliessung zugestand. Bei einer Stimmbeteiligung von 52.6 Prozent befürworteten deutliche 64.1 Prozent der Stimmenden die Möglichkeit der zivilen Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Besonders erfreut zeigten sich die Befürwortenden auch darüber, dass sich die Stimmbevölkerung in allen 26 Kantonen mehrheitlich für die Vorlage ausgesprochen hatte. «Eine Abstimmung wird zum Triumph für die gleichgeschlechtliche Liebe», titelte etwa die NZZ und wertete die Zustimmung der Kantone als Bestätigung dafür, dass die Vorlage auch dann erfolgreich gewesen wäre, wenn sie mittels Verfassungsänderung umgesetzt worden wäre, wie dies die Gegnerschaft mehrfach verlangt hatte. Nicht zuletzt zeige die Volksabstimmung auch einen spürbaren Wertewandel in den ländlichen Gebieten, denn bei der 2005 erfolgten Volksabstimmung über die eingetragene Partnerschaft hätten sich einige ländlich geprägte Kantone noch mehrheitlich gegen mehr Rechte für gleichgeschlechtliche Paare ausgesprochen, so die NZZ weiter.
Gleichwohl variierte die Zustimmung zwischen den Kantonen auch bei dieser Abstimmung beträchtlich und zwar von einem relativ knappen Ja im Kanton Appenzell Innerrhoden (50.8%) bis zu einem überaus klaren Ja im Kanton Basel-Stadt (74%). Der Deutschschweizer Stadtkanton blieb jedoch eine Ausnahme; in allen anderen Kantonen betrugen die ablehnenden Stimmen jeweils mindestens 30 Prozent.

Das klare Ja wurde von verschiedensten Akteuren auch als Zeichen interpretiert, dass es Zeit sei, weitere Debatten in diesem Bereich anzustossen oder zu intensivieren. Andrea Caroni (fdp, AR) etwa meinte, nun müsse man auch an diejenigen Personen denken, die sich gegen eine Heirat entscheiden, aber trotzdem rechtlich absichern möchten, was ein Pacte civil de solidarité (Pacs) ermöglichen würde. Laura Zimmermann, Co-Präsidentin der Operation Libero, sah die Zeit gekommen, um über die Öffnung der Fortpflanzungsmedizin für unverheiratete Paare oder für alleinstehende Frauen zu diskutieren. Die Frage, ob nun auch die Leihmutterschaft bald eingeführt werde, wie Gegnerinnen und Gegner der «Ehe für alle» befürchteten, verneinte Bundesrätin Karin Keller-Sutter nach der Abstimmung gegenüber der Aargauer Zeitung deutlich. Zum einen könnte eine solche Forderung klar nur durch eine Verfassungsänderung erfüllt werden und zum anderen würden sich hier auch «schwierige ethische Fragen» stellen. Etwa bestehe die Gefahr, dass Leihmütter ausgebeutet werden könnten. Dass auch der vor der Abstimmung lauter gewordene Unmut gegen Konversionstherapien in den Medien die Politik in Zukunft stärker beschäftigen könnte, zeigten drei parlamentarische Initiativen zu diesem Thema, die um den Abstimmungstermin herum im Parlament eingereicht wurden (Pa.Iv. 21.483; Pa.Iv. 21.496; Pa.Iv. 21.497).


Abstimmung vom 26. September 2021

Beteiligung: 52.6%
Ja: 1'828'642 Stimmen (35.9%)
Nein: 1'024'307 Stimmen (64.1%)

Parolen:
-Ja: FDP (1*), GLP, GPS, Mitte (2*), SP; Amnesty International, Evangelisch-reformierte Kirche, diverse LGBTQ+-Organisationen, Pro Familia, Pro Juventute, Schweizerischer Katholischer Frauenbund, SGB
-Nein: EDU, EVP, SVP (3*), Schweizer Bischofskonferenz, Freikirchen.ch
* in Klammern Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Le mariage pour tous (Pa.Iv. 13.468)

Dass die «Ehe für alle» an der Urne wohl angenommen werden würde, zeichnete sich bereits relativ früh in der Abstimmungskampagne ab. Schon die ersten Umfragen von Tamedia und SRG ab Mitte August zeigten komfortable Mehrheiten für die Vorlage von weit über 60 Prozent, woraufhin die Medien die Abstimmung bereits für gewonnen erklärten. Dies tat der Intensität, mit der sie über die Abstimmungsvorlage berichteten, indes keinen Abbruch. Häufig porträtierten sie gleichgeschlechtliche Paare oder homosexuelle Prominente, die der Vorlage ein Gesicht gaben. Weiter machte die Befürwortendenseite zwar nicht mit einer breiten Inseratekampagne, aber vor allem mit bunten Aktionen auf sich aufmerksam, welche die Medien in Druckerschwärze übersetzten. So planten die Befürwortenden zum Kampagnenstart Ende Juni Aktionen in zwanzig Städten, führten Hochzeitszeremonien auf dem Berner Helvetiaplatz durch oder weibelten an Pride-Umzügen für die Vorlage. Über 20'000 Teilnehmende verzeichnete etwa die Zurich Pride, nachdem LGBTQ+-Organisationen auf die «wichtigste gesellschaftspolitische Abstimmung seit Jahrzehnten» hingewiesen und zur Teilnahme an der Demonstration durch die Innenstadt aufgerufen hatten. Beim Umzug mit dabei waren nicht nur Angehörige der LGBTQ+-Gemeinschaft, sondern unter anderem auch Grossunternehmen wie IKEA, UBS und Swiss sowie Sektionen der Polizei und der Armee. Dass die Unterstützung in der Gesellschaft ausgesprochen breit war, zeigte sich somit also nicht nur an der klar positiven Tonalität in den Medien, welche das FÖG festgestellt hatte, oder an der öffentlichen Unterstützung durch viele Prominente, sondern auch durch klare Positionsbezüge von Unternehmen – ein in der Schweiz während Abstimmungskampagnen eher selten beobachteter Umstand. Dass sich IKEA in einen Schweizer Abstimmungskampf einschaltete, war indes nicht ganz neu: Bereits im Vorjahr hatte sich das Möbelunternehmen mit Inseraten und Clips für die Einführung des Vaterschaftsurlaubs ausgesprochen.

Das im Abstimmungskampf immer wieder vorgebrachte Argument der Befürwortenden lautete, dass es die Annahme der Vorlage ermögliche, eine nach wie vor bestehende und für viele Menschen unbegründet erscheinende rechtliche Ungleichbehandlung zu beseitigen, ohne dass anderen Personen daraus Nachteile erwachsen würden. Es sei nicht die Aufgabe des Staates, private Beziehungen zu werten oder Menschen vorzuschreiben, wie sie ihr Privat- und Familienleben zu führen hätten, führte Bundesrätin Keller-Sutter an ihrer Medienkonferenz zur Eröffnung der Abstimmungskampagne weiter aus. Mit der zivilen Ehe könnten Ungleichheiten für gleichgeschlechtliche Paare in Bezug auf die gemeinsame Adoption, den Zugang zu Fortpflanzungsmedizin und bei der Einbürgerung beseitigt werden, die trotz der Möglichkeit der eingetragenen Partnerschaft bisher fortbestanden hätten. Zudem hätten Studien gezeigt, «dass für die Entwicklung der Kinder nicht die Familienkonstellation entscheidend ist, sondern die Fürsorge und die Zuwendung, die sie in der Familie erhalten». Dies brachte die Bundesrätin vor, um eines der Hauptargumente der Gegnerschaft zu entkräften.

Denn insbesondere Letzteres bestritten Angehörige des Referendumskomitees nämlich vehement und richteten sich dezidiert gegen die mit der Vorlage zu schaffende Neuerung, welche lesbischen Paaren in der Schweiz Zugang zur Samenspende verschaffen wollte. Die Argumente der Gegnerschaft gründeten dabei auf dem Kindeswohl – die «Psyche der Kinder bleibt auf der Strecke», titelt etwa die Weltwoche, deren Redaktion sich hauptsächlich gegen die Vorlage stellte. Jedes Kind habe ein Recht auf einen Vater. Ein Kind brauche Vorbilder von beiden Geschlechtern und «die Verwurzelung in der Ursprungsfamilie [sei] für die kindliche Identitätsbildung zentral», argumentierte die Gegnerschaft im Abstimmungsbüchlein. In den Medien zu reden gab in diesem Zusammenhang auch ein von gegnerischen Kreisen unter der Leitung des ehemaligen Walliser Nationalrats Oskar Freysinger lanciertes Abstimmungsplakat, das in schwarzweisser Farbgebung grossflächig das Gesicht eines Zombies mit stechenden Augen zeigte, begleitet vom Slogan «Enfants avec un mort» respektive «Kinder mit einem Toten». Nach Berichten aus einer Walliser Gemeinde, in der ein Plakat in der Nähe einer Primarschule aufgestellt worden war und daraufhin wegen verängstigten Reaktionen hatte entfernt werden müssen, wurden hingegen die Auswirkungen des Plakats selber auf das Kindswohl diskutiert. Nicht zuletzt sei der Zugang zur Samenspende für lesbische Paare auch nicht verfassungskonform, da Art. 119 der BV die medizinisch unterstützte Fortpflanzung nur bei Unfruchtbarkeit oder Gefahr einer schweren Krankheit erlaube, argumentierten die Gegnerinnen und Gegner weiter. Es gehe nicht, lesbische Paare aufgrund eines unerfüllten Kinderwunsches als unfruchtbar einzustufen. Als weitere negative Folge des Zugangs zur Samenspende für lesbische Paare befürchtete die Gegnerschaft bereits weitere Lockerungsschritte in der medizinisch unterstützten Fortpflanzung, namentlich die Eizellenspende und die Leihmutterschaft, da auch Alleinstehende oder schwule Paare sich bald auf ihr Recht auf Kinder berufen könnten.

Überaus häufig berichteten die Medien im Laufe der Abstimmungskampagne auch über die Positionsbezüge von Parteien und Kirchen, da sich die Haltungen auch innerhalb gewisser Parteien und kirchlicher Kreise teilweise stark unterschieden. Während sich alle Sektionen der SP, Grünen, GLP und auch der FDP – nach einigen Wirren bei den Jungfreisinnigen in Genf und mit Ausnahme der Stimmfreigabe der Kantonalsektion Jura – für die Vorlage ausgesprochen hatten, zeigte sich das Bild bei der Mitte und der SVP etwas weniger klar. Schliesslich kam es zwar nur zu wenigen abweichenden kantonalen Parolenfassungen, aber dennoch äusserten sich prominente Aushängeschilder öffentlich mit abweichenden Parteimeinungen. Bei der Mitte scherten etwa der Tessiner Nationalrat Marco Romano und sein Walliser Ratskollege Benjamin Roduit aus. Beide engagierten sich im Referendumskomitee, obwohl die Mitte an ihrer Delegiertenversammlung ein deutliches Ja beschlossen hatte. Auf der anderen Seite gab es bei der SVP, die das Referendum ergriffen hatte, vor allem junge Parteimitglieder, welche die Vorlage öffentlich unterstützten. Präsent in den Medien waren vor allem Michael Frauchiger, Vorstandsmitglied der SVP Zürich und als Homosexueller potentiell von der Vorlage betroffen, sowie die Aargauer Nationalrätin Martina Bircher. Frauchiger lancierte ein eigenes Ja-Komitee aus SVP-Mitgliedern, um sichtbar zu machen, dass die SVP keine Hinterwäldler-Partei sei, wie er gegenüber den Medien erklärte. Gegenüber dem Blick liess Bircher verlauten, dass sie innerhalb der SVP in dieser Frage einen Graben zwischen der älteren und der jüngeren Generation vermute, wobei erstere auch religiöse Werte in den Vordergrund stelle, während sich letztere primär gegen jegliche Einmischung durch den Staat zur Wehr setze.
Nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb der Kirchen unterschieden sich die Positionen zur «Ehe für alle»: Während die Schweizerische Bischofskonferenz (SBK) ein Nein beschloss, portierte der Katholische Frauenbund ein Ja, ebenso wie die evangelisch-reformierte Kirche. Expertinnen und Experten stellten bei den Kirchen in Fragen rund um die Homosexualität in den letzten Jahren einen zunehmenden Wertewandel fest, was eine aktuelle GFS-Studie zumindest nicht widerlegte. Gemäss dieser befürworteten zwei Drittel der Katholikinnen und Katholiken die zur Abstimmung stehende Vorlage. Hingegen warfen einzelne im Vorfeld der Abstimmungen publizierte Zeitungsberichte Licht auf die in gewissen Kreisen noch immer existierende Praxis der Konversionstherapie.

Le mariage pour tous (Pa.Iv. 13.468)

In Erfüllung des 2019 überwiesenen Postulats Rechsteiner (sp, SG) veröffentlichte der Bundesrat Anfang Juni 2021 einen Bericht zur Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA). Darin anerkannte die Regierung den Wert und die praktische Relevanz der rechtlich nicht bindenden Definition «als Leitfaden für die Identifikation antisemitischer Vorfälle». Sie könne insbesondere als Ausgangspunkt dienen, um spezifische, auf den jeweiligen Anwendungsbereich und -zweck ausgerichtete Definitionen zu verfassen. Allerdings erachtete der Bundesrat eine explizite Bestätigung der Definition durch die Schweizer Behörden als nicht angezeigt, weil es sich um einen nicht bindenden internationalen Text handle. Bei der Verwendung der Definition müsse überdies darauf geachtet werden, dass die Meinungsfreiheit gewahrt werde; Kritik an der israelischen Politik müsse beispielsweise – auch in einem politisch heiklen Kontext – frei geäussert werden können. Es seien in diesem Sinne immer alle Bestandteile der Definition – sie umfasst neben der Basisdefinition auch Erläuterungen, Erklärungen und Beispiele – heranzuziehen sowie situativ und kontextuell zu beurteilen. In der Rechtsprechung könne die Anwendung der Definition «helfen, mögliche Verschleierungsstrategien zu entlarven, und dazu führen, dass antisemitische Motivationen bei der Strafverschärfung berücksichtigt werden». Im zweiten Teil des Berichts betrachtete die Regierung die Politik und Massnahmen gegen Antisemitismus auf nationaler und internationaler Ebene und formulierte eine Reihe von konkreten Empfehlungen, um gesamtschweizerisch noch umfassender und konsequenter gegen Antisemitismus vorzugehen. Demnach wünschte sich der Bundesrat eine bessere Koordination von Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene durch die Klärung von Verantwortlichkeiten, die Stärkung des Austauschs und die Förderung einer gemeinsamen strategischen Planung. Auf Bundesebene betraute er die Fachstelle für Rassismusbekämpfung (FRB) und die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) mit der Umsetzung.

Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (Po. 19.3942)

In seinem jährlichen Antisemitismusbericht sammelt und analysiert der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) in Zusammenarbeit mit der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) seit 2008 antisemitische Vorfälle aus der deutschsprachigen, rätoromanischen und italienischsprachigen Schweiz. Die Vorfälle sammelt der SIG zum einen über eine interne Meldestelle, andererseits werden auch Fälle aufgenommen, über welche die Medien berichten, sowie vom SIG im Internet selbst recherchierte Fälle. Als Grundlage nutzt der SIG dabei die Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA). Für die Westschweiz erstellt die CICAD einen eigenen Antisemitismusbericht, der jedoch methodisch vom Bericht des SIG abweicht.

Im Jahr 2021 verzeichnete der Antisemitismusbericht einen deutlichen Anstieg an antisemitischen Vorfällen. So kam es insgesamt zu 859 gemeldeten oder beobachteten Fällen von Antisemitismus – dies beinhaltete Übergriffe in der realen, aber auch der digitalen Welt, wobei letztere mit 806 Fällen deutlich die Mehrheit bildeten. In der Mehrheit der Fälle – nämlich in 95.5 Prozent der Fälle – handelte es sich um antisemitische Aussagen, die restlichen 4.5 Prozent der Fälle setzten sich aus Beschimpfungen (2.0%), Karikaturen (1.2%), Schmierereien (0.8%), Auftritten (0.3%) und Sachbeschädigungen (0.1%) zusammen. In der Westschweiz kam es gar zu zwei körperlichen Angriffen auf jüdische Menschen, wie der CICAD-Bericht zeigte. Dabei kam es im Jahr 2021 aufgrund von Strafanzeigen durch den SIG und der GRA zu insgesamt sechs Verurteilungen gegen rechtsextreme und antisemitische Personen. Inhaltlich standen antisemitische Verschwörungstheorien (48.4%) und Fälle des allgemeinen Antisemitismus, also die Verbreitung von antisemitischen Stereotypen (38.5%) im Zentrum. Dazu kam noch Israel-bezogener Antisemitismus (8.6%) und Leugnung oder Banalisierung des Holocaust (4.5%).

Gemäss Bericht können jeweils sogenannte «Trigger» ausgemacht werden, die zu einer Häufung von antisemitischen Vorfällen führen. Für das Jahr 2021 hätten etwa Diskussionen um ein Schweizer Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus oder die Eskalation des Israel-Palästina-Konflikts solche Trigger dargestellt und insbesondere zu einem deutlichen Anstieg des Israel-bezogenen Antisemitismus in der Schweiz geführt. Doch der mit Abstand grösste Trigger sei wie bereits im Vorjahr die Covid-19-Pandemie gewesen, die über das ganze Jahr hinweg zu Verschwörungstheorien geführt habe. Jedoch seien die antisemitischen Verschwörungstheorien bei den Schweizer Gegnerinnen und -gegnern der Corona-Massnahmen nach wie vor nicht mehrheitsfähig. Zugenommen hätten zudem die Vergleiche der Massnahmen gegen Covid-19, insbesondere des Covid-Zertifikats, mit dem Holocaust. Obwohl der SIG diesen Vergleich als «absolut abstossend» erachte, fliessen diese Fälle jedoch nicht als Antisemitismusfälle in die Statistiken ein, da sie gemäss der verwendeten IHRA-Antisemitismusdefinition nicht automatisch antisemitisch seien – auch wenn sie wegen einer Verharmlosung des Holocaust und dessen Folgen gefährlich seien.

Der Bericht schloss mit diversen Empfehlungen und identifizierte fünf Handlungsfelder, um einer weiteren Zunahme von Antisemitismus entgegenzuwirken. So solle der Bund etwa für eine bessere Datenlage sorgen oder soziale Medien sollten vermehrt in die Verantwortung gezogen werden, damit antisemitische Aussagen auf ihren Plattformen durch gute Moderation besser erkannt und gelöscht werden könnten. Der SIG führte gemäss Bericht auch eigene Präventionsmassnahmen durch, etwa Schulbegegnungen und Aufklärung rund um das Judentum. Zudem startete 2021 ein Pilotprojekt mit der Schweizer Armee, um für Diversität und Inklusion zu sensibilisieren.

Auch in den Medien wurde der Antisemitismus thematisiert. So berichteten die Medien etwa, dass der SIG Strafanzeige gegen die PNOS eingereicht hatte. Diese hatte in ihrem Parteimagazin Teile der «Protokolle der Weisen von Zion», einer der gemäss SIG am weitesten verbreiteten antisemitischen Hetzschriften weltweit, veröffentlicht. Nachdem im März 2021 antisemitische Aussagen und Symbole an der Synagoge in Biel angebracht worden waren, forderten der SIG sowie Mitglieder des Berner Kantonsrats gemäss Medien, dass der Kanton Bern seine Bemühungen zum Schutz der jüdischen Gemeinschaft erhöhe. In den vergangenen zwei Jahren habe sich gezeigt, dass die CHF 500'000, welche der Bund für Sicherheitsmassnahmen für bedrohte Minderheiten gesprochen hatte, nicht ausreichten. Das Budget sei in den letzten beiden Jahren jeweils ausgeschöpft worden, wobei nicht alle Anträge hätten genehmigt werden können – für 2022 seien insgesamt Anfragen in der Höhe von CHF 1 Mio. eingegangen.

Antisemitismus 2021

In seinem jährlichen Antisemitismusbericht sammelt und analysiert der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) in Zusammenarbeit mit der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) seit 2008 antisemitische Vorfälle aus der deutschsprachigen, rätoromanischen und italienischsprachigen Schweiz. Die Vorfälle sammelt der SIG zum einen über eine interne Meldestelle, andererseits werden auch Fälle aufgenommen, über welche die Medien berichten, sowie vom SIG im Internet selbst recherchierte Fälle. Als Grundlage nutzt der SIG dabei die Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance. Für die Westschweiz erstellt die CICAD einen eigenen Antisemitismusbericht, der jedoch methodisch vom Bericht des SIG abweicht.

Im Antisemitismusbericht für das Jahr 2020 verzeichnete der SIG insgesamt 532 klar antisemitische Vorfälle (grenzwertige Fälle: 126). 47 der Vorfälle fanden in der «realen» Welt statt, die restlichen 485 Vorfälle wurden online verzeichnet. Am verbreitetsten waren antisemitische Aussagen (92.3%), Schmierereien (2.8%), Karikaturen (2.4%) und Beschimpfungen (2.3%). Im Vergleich zum Vorjahr nahmen sowohl der Anteil antisemitischer Verschwörungstheorien (2020: 46.7%, 2019: 36.5%) als auch der allgemeine Antisemitismus, welcher die Verbreitung von stereotypischen Bildern über die jüdische Gemeinschaft umfasst (2020: 36.9%, 2019: 29%) und Leugnungen oder Banalisierungen des Holocaust (2020: 4.7%, 2019: 3.5%) zu. Israel-bezogener Antisemitismus wurde dagegen weniger erfasst (2020: 11.7%, 2019: 31.0%), was der SIG darauf zurückführte, dass auf Grund der Covid-19-Pandemie der Fokus in den Medien weniger auf dem Nahostkonflikt gelegen habe.

Da in den sozialen Medien teilweise unter echtem Namen strafrechtliche Aussagen gemacht wurden, reichte der SIG insgesamt fünf Strafanzeigen ein. Einem spezifischen Milieu könnten die Täterinnen und Täter derweil gemäss Bericht nicht zugeteilt werden – von rechts- bis linksextremen Personen, radikalen Tierschützerinnen und -schützern, Islamgläubigen oder eben auch von Personen aus der «Mitte der Gesellschaft» sei es im Netz zu Antisemitismus gekommen.

Genauer untersuchte der SIG die Verschwörungstheorien, von denen während der Covid-19-Pandemie eine Vielzahl entstanden war – wie etwa, dass jüdische Personen das Virus absichtlich in die Welt gesetzt hätten. Jedoch seien diese Meinungen gemäss Bericht innerhalb der Gruppierungen der Gegnerinnen und Gegner der Corona-Massnahmen nicht mehrheitsfähig. Zudem wehrte sich der SIG gegen die Instrumentalisierung und Verharmlosung des Holocaust durch Mitglieder dieser Gruppierungen, als sie beispielsweise Parallelen zwischen den Massnahmen gegen die Pandemie und dem Holocaust zogen.

Neben dem SIG-Bericht veröffentlichte die ZHAW in Zusammenarbeit mit der GRA eine Studie zur Wahrnehmung von Antisemitismus in der Schweiz durch Jüdinnen und Juden. Gemäss der Befragung von 487 Jüdinnen und Juden sei ein Grossteil der jüdischen Gemeinschaft in der Schweiz mit Antisemitismus konfrontiert: 50 Prozent gaben an, in den letzten fünf Jahren Antisemitismus erfahren zu haben, 75 Prozent nahmen Antisemitismus in der Schweiz als ein zunehmendes Problem wahr. Die Studie kam weiter zum Schluss, dass die Angriffe mehrheitlich online stattfinden und Antisemitismus aus der «Mitte der Gesellschaft» komme. Insbesondere streng-orthodoxe Jüdinnen und Juden seien regelmässig Opfer von Angriffen. Diese Angst wirke sich konkret auf das Leben der jüdischen Menschen in der Schweiz aus, indem beispielsweise ein Drittel der Befragten aus Angst vor Übergriffen auf dem Hinweg jüdische Veranstaltungen meiden würden.
Der SIG betonte, dass er von einer grossen Dunkelziffer ausginge, da für den eigenen Bericht beispielsweise nicht das gesamte Internet nach Antisemitismus durchsucht werden könne und nicht alle betroffenen Personen nach einem antisemitischen Angriff eine Anzeige erstatten würden. Die Studie der ZHAW konnte hier etwas Licht auf die Dunkelziffer werfen. So gaben etwa 75 Prozent der Befragten an, dass sie Übergriffe wie Belästigungen oder Beleidigungen vielfach nicht melden würden. Bei Sachbeschädigungen oder physischer Gewalt liege die Meldequote dagegen bei 71.4 Prozent, respektive 63.6 Prozent. Dirk Baier, Leiter der ZHAW-Studie, hielt in der Medienmitteilung zur Studie fest, dass es zentral sei, dass der Bund die Sicherheitssorgen wahrnehme und in einen Dialog mit den jüdischen Gemeinschaften trete, um entsprechende Lösungen für deren Sicherheit zu suchen.

Antisemitismus 2020

En 1945, au sortir de la Seconde Guerre mondiale, la Suisse a accueilli de jeunes juifs et juives rescapé.e.s des camps de concentration. Inspirée de ces événements, l'intrigue de la série «Frieden» – «Le Prix de la paix» en français – se déroule dans un foyer où sont hébergés des survivants du camp de concentration de Buchenwald. Diffusée en novembre 2020 sur les chaînes nationales, cette série historique dévoile un pan méconnu de l'histoire suisse. Les trois personnages principaux incarnent les paradoxes auxquels furent confrontés la population et les autorités de l'époque. Klara, enseignante dans le foyer, partage le quotidien des survivants des camps de concentration. Afin de remettre l'entreprise familiale sur les rails, son mari Johann Leutenegger doit engager un chimiste allemand au passé obscur, relié au régime nazi. Des nazis que traque avec ardeur Egon, le frère de Johann. Employé par la Confédération, il cherche à amener devant la justice les anciens criminels de guerre qui se cachent sous de fausses identités en Suisse. Pour créer la série au plus gros budget jamais réalisée en Suisse, la scénariste Petra Volpe – réalisatrice de «l'ordre Divin» – a effectué des recherches historiques approfondies, s'appuyant notamment sur les publications de la commission Bergier au sujet de la politique d'asile de la Confédération pendant et après la Seconde Guerre mondiale.
Un regard critique est porté sur l'accueil des rescapé.e.s, qui résulterait surtout d'un calcul politique pour figurer dans les bons papiers des Alliés, vainqueurs de la guerre. Officiellement, c'était pour faire honneur à sa longue tradition humanitaire que la Suisse avait accepté d'accueillir des enfants. Les «Buchenwaldkinder» – 374 jeunes garçons juifs arrivés en juin 1945 – avaient cependant entre 16 et 22 ans, ce à quoi les structures d'accueil n'étaient pas préparées. D'abord mis en quarantaine, les jeunes gens furent ensuite placés dans des foyers et des camps, parfois sous surveillance militaire. Un accueil chaotique dans un environnement où l'antisémitisme était encore latent. Dans le même temps, il est avéré que de nombreux membres du régime nazi ont au moins momentanément trouvé refuge en Suisse dans leur fuite pour échapper à la justice.
L'histoire du chimiste allemand engagé par une entreprise suisse repose également sur une histoire vraie. L'entreprise Ems-Chemie, qui n'était à l'époque pas encore propriété de la famille Blocher, produisait durant la guerre des carburants synthétiques subventionnés par la Confédération pour faire face à la pénurie d'essence. Obligée de se réinventer après la guerre, l'entreprise engagea le chimiste Johann Giesen, qui occupait auparavant une fonction dirigeante dans une firme du régime nazi. Ses compétences permirent le développement de la production de fibres synthétiques, sauvant plus de 1000 emplois. Malgré son passé obscur, le chimiste n'a jamais été condamné et il travailla même avec les Alliés. Son arrivée en Suisse fût par ailleurs rendue possible par Robert Grimm, un influent politicien socialiste et anti-fasciste notoire, qui le mit en contact avec Werner Oswald, le fondateur d'Ems-Chemie. De telles collaborations furent fréquentes après la guerre. La Sonntagszeitung rappelle en effet que les américains et les russes engagèrent eux-mêmes de nombreux scientifiques nazis.

Si la série a été globalement bien reçue, certaines critiques lui ont néanmoins été adressées. La Sonntagszeitung lui reproche notamment son ton accusateur, présentant la Suisse comme un pays «sans coeur et opportuniste, où les criminels nazis en fuite vivaient en toute tranquillité dans des hôtels de luxe, tandis que les enfants sans défense des camps de concentration n'avaient droit qu'à un maigre séjour – et encore, c'était à des fins de relations publiques, afin de mieux paraître.» Ici se pose la question de la perception actuelle des événements survenus au siècle passé. S'il paraît aujourd'hui inacceptable que de jeunes gens traumatisés aient été placés dans des camps et traités avec une sévérité militaire, le journaliste de la Sonntagszeitung Rico Bandle rappelle que cela correspondait à la façon dont les juifs étaient traités dans toute l'Europe après la libération par les Alliés. Cela justifie-il pour autant la manière de faire des autorités suisses?
Dans son livre «Buchenwaldkinder – eine Schweizer Hilfsaktion», Madeleine Lerf s'est intéressée au destin des rescapés. Leur séjour en Suisse, qui devait initialement durer six mois, a ensuite été rallongé à un an, la plupart d'entre eux étant des apatrides n'ayant nulle part où aller. La Suisse avait développé sa politique d'accueil pendant la Seconde Guerre mondiale sur le principe de la transmigration, qui permettait aux réfugié.e.s d'être hébergé.e.s pour une durée limitée, sans droit de séjour. Ce principe, maintenu après la guerre, s'est donc appliqué au groupe de Buchenwald. Une partie d'entre eux est finalement partie en Israël, avec l'aide d'organisations juives. D'autres ont rejoint des parents aux États-Unis ou en Australie, alors qu'une trentaine de personnes ont pu rester en Suisse, car elles souffraient de la tuberculose ou avaient des parrains. Par ailleurs, selon des sondages effectués plus tard, les enfants de Buchenwald ont malgré tout majoritairement gardé des souvenirs positifs de leur séjour en Suisse.

Série Frieden

La population suisse a accepté le 9 février 2020 de pénaliser les propos homophobes à 61.3 pourcent des voix. Avec une participation de 41.69 pourcent, le référendum contre l'initiative parlementaire Reynard n'a pas passé la rampe. L'initiative du socialiste valaisan bénéficiait d'un large soutien. A l'exception de l'UDC, tous les partis représentés sous la coupole et leur section jeunes se sont prononcés pour, ainsi que le jeune parti évangélique et le parti pirate. Dans la société civile, outre les associations LGBTQIA+, des organisations féministes et de défense des droits humains ont soutenu la campagne, de même que l'USS et pro familia. Du côté des Eglises, la fédération suisse des communautés israélites et les Eglises évangéliques réformées ont offert un soutien remarqué. Les affiches du comité «pour une protection contre les discriminations» mettaient en scène, sur fond rose pâle, deux cœurs entrelacés à l'abri d'un parapluie. Ces affiches, portant le slogan «non à la haine» pouvaient être aperçues dans de nombreux magasins, bars et restaurants les semaines précédant la votation.
Le résultat de la votation n'a pas créé la surprise, l'analyse SRG Trend estimait en décembre 2019 à 69 pourcent les votant-e-s en faveur de l'objet, une erreur de 8 points de pourcentage par rapport au résultat effectif. Seuls les cantons d'Uri, Appenzell Rhodes Intérieures et Schwyz se sont opposés à la loi contre les discriminations.
L'analyse VOTO révèle que les participant-e-s au sondage ont voté en faveur de l'objet principalement pour lutter contre les discriminations et protéger les personnes LGBTQIA+. L'argument brandis par les adversaires de l'initiative, à savoir que l'élargissement de la norme antiraciste représentait une limitation de la liberté d'expression n'a convaincu que 10% des enquêté-e-s. Il s'agissait plutôt pour les adversaires de ne pas ajouter d'interdictions à une loi en vigueur selon elles et eux déjà suffisante.

Votation du 9 février 2020
Participation: 41.69%
Oui: 1'414'160 (63.1%) / Cantons: 20 1/2
Non: 827'235 (36.9%) / Cantons: 2 1/2

Consignes de vote:
- Oui: Les Verts, PS, PLR, PDC, Vert'libéraux, Union des villes suisses, Union syndicale suisse (USS), Eglise évangélique-réformée (EERS), Fédération suisse des communautés israélites (FSCI)
- Non: UDC. UDF, Association des propriétaires fonciers (HEV), Réseau évangélique suisse
- Liberté de vote: PEV

Pénaliser les propos homophobes (Iv.pa. 13.407)

Jahresrückblick 2019: Kultur, Sprache, Kirchen

2019 war hinsichtlich der Kultur-, Sprach- und Kirchenpolitik vergleichsweise ein eher moderater Jahrgang, sowohl im Vergleich zu anderen Politikbereichen, als auch im direkten Vergleich zu den Vorjahren. Eine APS-Zeitungsanalyse zeigt auf, dass alle drei Politikbereiche von einem rückläufigen Trend betroffen sind, wobei sich dieser besonders in der Medienberichterstattung zur Kirchen- und Religionspolitik am stärksten zeigt – hier hat sich der Anteil themenspezifischer Artikel seit 2016 nahezu halbiert. Im Jahresverlauf wurden über die drei Themenbereiche betrachtet unterschiedliche Entwicklungen ersichtlich: Während die Sprachthemen auf nationaler Ebene offensichtlich im Allgemeinen wenig Beachtung fanden, wurden kirchenpolitische Themen besonders Anfangs und Ende Jahr stark diskutiert und fielen dann dem obligaten «Sommerloch» zum Opfer. Die Kulturpolitik hingegen sah sich mit einem regelrechten «Sommerhoch» konfrontiert, nachdem es ab März 2019 eher ruhig geworden war.

Das Hauptaugenmerk der Parlamentarierinnen und Parlamentarier lag 2019 hinsichtlich der kulturpolitischen Entwicklungen mit Sicherheit auf der Revision des Schweizer Urheberrechts. Nach rund 7-jähriger Vorarbeit und einer vom Ständerat im Frühjahr 2019 zwecks Sondierung der Lage des europäischen Urheberrechts auferlegten Rückweisung, wurden im Sommer schliesslich die Weichen gestellt und das Gesamtpaket im Herbst gebündelt. Da die angestrebte Revision Einfluss auf verschiedene Bereiche hat, blieben die negativen Reaktionen indes nicht aus; deshalb ist es auch wenig erstaunlich, dass kurz nach der Schlussabstimmung bereits das Referendum ergriffen wurde. Ob die URG-Revision effektiv gelungen ist, wird sich Mitte Januar 2020 zeigen, wenn die Referendumsfrist abgelaufen ist.
Die Ratifizierungen internationaler Abkommen wie des Übereinkommens über den Schutz des Unterwasser-Kulturerbes und des Rahmenübereinkommens des Europarats über den Wert des Kulturerbes standen hingegen ausser Diskussion.
Ein anderer Fokus wurde im Kulturjahr 2019 wiederum auf die Kulturförderung gelegt. Im Frühjahr wurde die Kulturbotschaft 2021–2024 in die Vernehmlassung geschickt und bis im September zur Stellungnahme freigegeben. Der Ergebnisbericht lag Ende Jahr zwar noch nicht vor, jedoch geben die im Verlauf des Jahres gefällten Entscheide zu diversen Vorstössen mit Referenz auf die Kulturbotschaft (Kulturabgeltung an die Stadt Bern, Einführung eines schweizerischen Jugendkulturgutscheins, Auswirkungen der Urbanisierung auf die Kulturförderung, Aufgabenteilung zwischen SBFI und BAK, Erhöhung des Kredits für die Förderung des Sprachaustausches) einen ersten Hinweis auf mögliche Herausforderungen hinsichtlich der weiteren Beratungen .
Auch im Bereich Heimatschutz und Denkmalpflege blieben die Institutionen nicht untätig. So wurde eine Motion Regazzi (cvp, TI; Mo. 17.4308), die eine Anpassung der Bewertungskriterien für die ISOS-Aufnahme verlangte, stillschweigend angenommen und die Vernehmlassungsergebnisse zur Totalrevision des VISOS vielen mehrheitlich positiv aus, was auf ein Inkrafttreten der revidierten Verordnung auf den 1. Januar 2020 hindeutete.
In der ausserparlamentarischen Debatte fand das Fête de Vignerons, das drei Jahre nach seiner Aufnahme ins UNESCO Weltkulturerbe und 20 Jahre nach der letzten Austragung neuerlich in Vevey (VD) stattfand, grosse Beachtung – leider aufgrund der finanziellen Bruchlandung nicht nur positive. Ein wiederkehrendes Thema war 2019 auch die Raubkunst, wobei der Fokus in diesem Jahr auf den afrikanischen Kontinent und die im Kontext der Kolonialisierung erbeuteten Schätze gerichtet wurde. Auch das Volk der Fahrenden war 2019 insbesondere in den Kantonen ein Thema, da sich die Frage der Durchgangsplätze nicht nur im Kanton Bern aufgetan hatte.

Im Bereich der Sprachpolitik standen in diesem Jahr die Mehrsprachigkeit und damit zusammenhängend die Förderung des Austausches zwischen den Sprachgemeinschaften sowie der Erhalt des Rätoromanischen im Fokus. So forderte eine Motion Bourgeois (fdp, FR; Mo. 17.3654), dass öffentliche Ausschreibungen des Bundes künftig in den wichtigsten Landessprachen zu erfolgen hätten, und eine Motion Gmür-Schönenberger (cvp, LU; Mo. 18.4156), dass TV-Produktionen nicht mehr synchronisiert, sondern sowohl Eigenproduktionen in den Landessprachen, als auch englischsprachige Produktionen in der Originalsprache ausgestrahlt und lediglich noch untertitelt werden sollen.
Mit dem Begehen der 100-Jahr-Feier der Lia Rumantscha wurden indes Bestrebungen aufgezeigt, das Rätoromanische wieder mehr aufs Parkett zu bringen und insbesondere auch einem Publikum ausserhalb des Bergkantons ins Gedächtnis zu rufen. Nicht zuletzt seit einem im Frühjahr erschienene Bericht des ZDA war deutlich geworden, dass es für das Rätoromanische in der Schweiz fünf vor zwölf geschlagen hat.

In Bezug auf kirchen- und religionspolitische Themen stand in diesem Jahr die SVP mit ihren islamkritischen Parolen auf prominentem Parkett. Mit ihrem Vorstoss zur Bekämpfung der Ausbreitung eines radikalen Islams war sie im Parlament zwar gescheitert, generierte aber mit den daraus resultierenden Wahlplakaten des der SVP nahestehenden Egerkinger-Komitees im Vorfeld der eidgenössischen Wahlen 2019 ein grosses Medienecho. Auch die Motion Wobmann (svp, SO; Mo. 17.3583), die ein Verbot der Verteilaktion «Lies!» zum Ziel hatte, scheiterte – nach einer rund 1.5-jährigen Sistierung – am Ständerat. Wie eine bereits im Sommer veröffentlichte Studie aufzeigte, nahm die SVP auch in den Kantonen eine dominante Rolle in der Religionsdebatte ein. So war es nur wenig erstaunlich, dass die Anfangs Jahr neuerlich aufkommende Frage, ob man als guter Christ noch die SVP wählen dürfe, wieder zu diskutieren gab; nicht zuletzt, weil damit auch verschiedentliche Kirchenaustritte – nebst den ohnehin zunehmenden Kirchenaustritten – von SVP-Politikerinnen und -Politikern einhergingen, welche sich lieber dem Churer Bischof Huonder zuwenden wollten. Dieser seinerseits wurde schliesslich nach zweijährigem Aufschub zu Pfingsten Abberufen, nutzte die Zeit bis dahin aber für einen Rundumschlag gegen die Landeskirchen und stellte sich noch immer quer zu den Missbrauchsvorwürfen in der Kirche.
Wie sich die Kirche zum Staat verhalten soll und in welchem Masse sich Theologen in die politische Debatte einbringen dürfen, wurde seit Anfang Jahr im Rahmen eines von Gerhard Pfister (cvp, ZG) neu gegründeten Think-Tanks «Kirche/Politik» erläutert.
Eine für viele eher überraschende Kunde kam im Herbst von Seiten der reformierten Kirchen: Diese hatten sich nach langen Diskussionen für die «Ehe für alle» ausgesprochen, wobei sie im Wissen um die konservativen Kräfte innerhalb der Glaubensgemeinschaft die Gewissensfreiheit der Pfarrpersonen gewährleisten wollten. Unerfreulich waren 2019 die Meldungen über die Rückkehr und rasche Zunahme des Antisemitismus in der Schweiz.

Die 2019 im Vorfeld des angekündigten Frauenstreiks virulent diskutierte Genderthematik fand ihren Einzug auch im Bereich der Kultur, Sprache und Kirche. So wurden Frauen, und spezifisch ihr Schaffen und ihre Stellung in der Kunst und Kultur, wesentlich stärker thematisiert als in den vergangenen Jahren. Auch die Diskussion um gendergerechte Sprache wurde in diesem Jahr wieder virulenter aufgegriffen. Besonders überraschend kam auch die Ankündigung der Kirchenfrauen, sich am diesjährigen Frauenstreik zu beteiligen, um ein Zeichen gegen die männliche Dominanz innerhalb der Institution zu setzen.

Jahresrückblick 2019: Kultur, Sprache, Kirchen
Dossier: Jahresrückblick 2019

Die 2013 von der grünliberalen Fraktion eingereichte parlamentarische Initiative «Ehe für alle» beschäftigte in den Folgejahren verschiedenste Gruppierungen weit über das Parlament hinaus. Mit besonderer Spannung wurde auch die Positionierung der Schweizer Kirchen erwartet. Entgegen der weitläufigen Erfahrung sorgte für einmal aber nicht die römisch-katholische Kirche, sondern die evangelisch-reformierte für grosses Aufsehen, wie viele Medien berichteten.
Im Rahmen der im März 2019 eröffneten Vernehmlassung gingen Stellungnahmen verschiedener religiös-kirchlicher Organisationen ein, die sich unterschiedlich zu besagtem Sachverhalt äusserten. So zeigten sich beispielsweise die christkatholische Kirche, der Schweizerische Katholische Frauenbund oder die Evangelischen Frauen Schweiz deutlich positiv gegenüber der Kernvorlage. Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund verkündete, er könne die Gesetzesänderung zwar nicht kommentieren, akzeptiere diese aber als einen Ausdruck der Tatsache, dass persönliche Freiheit und individuelle Autonomie in einem weltlichen Wertesystem einen anderen Stellenwert einnähmen als in einem religiös-ethisch orientierten. Die evangelisch-methodistische Kirche hatte zwar keine Stellungnahme eingereicht, in den Medien wurde aber spekuliert, dass der Schweizer Ableger vor einer Zerreissprobe stehe, da die internationale Vereinigte Methodistenkirche die Ehe für alle deutlich ablehne. Die Schweizer Bischofskonferenz empfahl offiziell zwar kein Nein – kümmere sich die sakramentale Eheschliessung in den Augen der katholischen Kirche doch in erster Linie um die Verbindung von Mann und Frau vor Gott, und nicht um die zivile Ehe –, äusserte aber in ihrer Eingabe bei der RK-NR grosse Bedenken gegenüber dem Vorhaben. Lediglich der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK) konnte sich in dieser Frage nicht einig werden und musste eine Fristverlängerung über den 21. Juni 2019 hinaus beantragen, was ihm von der RK-NR auch gewährt wurde. Die offizielle Antwort fiel dennoch sehr ernüchternd aus: Viele seiner Mitgliedkirchen träten zwar für eine weitgehende oder gar vollständige Gleichbehandlung von hetero- und homosexuellen Paaren auf rechtlicher und kirchlicher Ebene ein, da sich aber einige dieser Mitglieder noch im Klärungsprozess befänden, werde der Urteilsbildungsprozess in der Abgeordnetenversammlung noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Gerade diese Spaltung der reformierten Kirche wurde in vielen Medien als die eigentliche Überraschung gehandelt und vielseitig diskutiert. Man war sich im Grundsatz einig, dass die reformierte Kirche allgemein als progressiver einzustufen sei als die katholische Kirche und sich daher bei gesellschaftlichem Wandel auch wesentlich schneller einbringe als der Vatikan, zumal das reformierte Verständnis der Trauung seit dem 19. Jahrhundert eine Bestätigung dessen sei, was der Staat vollziehe. Wie sich herausstellte, handelte es sich bei den innerkirchlichen Gräben weitestgehend um regionale Gräben, zum einen zwischen Stadt und Land und zum anderen zwischen der Deutschschweiz und der lateinischen Schweiz. Während man in den Städten und in der Deutschschweiz die Ehe eher als eine Gemeinschaft zweier Menschen betrachte, werde diese in den anderen Regionen eher als eine Verbindung von Mann und Frau und als eine von Gott eingesetzte Institution verstanden. Diese Ansicht kam besonders deutlich in einer von 200 Pfarrern unterzeichneten Erklärung zum Vorschein, in der gemäss dem Tages-Anzeiger vermerkt war, dass die Öffnung der Ehe für homosexuelle Menschen nichts anderes als ein «Segen ohne Segenszusage Gottes» sei und einem «Missbrauch» von Gottes Namen gleichkomme.
Das über Monate andauernde Hickhack fand schliesslich am 4. November 2019 ein Ende: Die Delegierten des SEK stellten sich an der Abgeordnetenversammlung mit 49 zu 11 Stimmen hinter die Vorlage. Sie empfahlen ihren Mitgliedkirchen die Ehe für alle, wie auch den damit einhergehenden allfälligen neuen zivilrechtlichen Ehebegriff für die kirchliche Trauung vorauszusetzen. Zugleich empfahlen die Delegierten, dass bei der kirchlichen Trauung auch in Zukunft die Gewissensfreiheit der Pfarrerinnen und Pfarrer gewahrt bleiben solle – wohl auch, um den Haussegen weitestgehend vor der Schieflage zu bewahren. Den Lohn dieser Arbeit sprachen die Medien im Wesentlichen dem SEK-Präsidenten Gottfried Locher zu. Er habe die Öffnung der Ehe stets mit guten Argumenten begründet und auch deutlich gemacht, dass die Ehe nicht zu den Grundfragen des Glaubens – im Sinne des Sakraments – gehöre und der gesellschaftliche Konsens ebenso wichtig sei, wie die biblischen Grundlagen, auch wenn einige Bibeltreue das anders sähen.

Ehe für alle - Kirchenposition

2019 war das Jahr der Grünen: Nicht nur erreichte die Partei sehr gute Resultate in den kantonalen Erneuerungswahlen, sondern sie konnte mit 17 zusätzlichen Mandaten (neu: 28 Sitze) und einem Anstieg des Wähleranteils um 6.1 Prozentpunkte (neu: 13.2 Prozent) auch in den Nationalratswahlen 2019 einen grossen Sieg erzielen. Wie die NZZ berichtete, gewannen die Grünen in fast allen Kantonen – nur an den Innerschweizer Kantonen ging der Erfolg der Partei vorbei. In einem Interview im Blick Anfang Januar 2019 hatte sich Parteipräsidentin Regula Rytz (gp, BE) gewünscht, dass die Partei in den Nationalratswahlen vier oder fünf Sitze zulegen könnte; ein Ziel, das wider Erwarten gänzlich übertroffen wurde. Nicht überraschend zeigte sich die Parteipräsidentin folglich nach den Wahlen gegenüber den Medien extrem zufrieden und bedankte sich in einem NZZ-Interview bei den jungen Mitgliedern der Klimabewegung, die zur Politisierung der Jugend beitrügen.
Die positiven Resultate der Grünen brachten auch einen finanziellen Vorteil für die Partei mit sich: Wie der Tages-Anzeiger berechnete, erhält die Partei zukünftig bis zu CHF 600'000 mehr an Fraktionsbeiträ­gen. Hinzu kommen die Mandatsabgaben der Neu­gewählten – bisher CHF 9'000 für Nationalrätinnen und Nationalräte –, was wei­tere CHF 150'000 in die Kas­se spülen soll. Dies seien bedeutende Mittel bei einem Budget von bisher CHF 1.2 Mio., betonte die Zeitung.
Klima- und Frauenpolitik waren die zwei Hauptthemen der Grünen in der Wahlkampagne, Themen, die seit der Gründung der Partei schwerpunktmässig bewirtschaftet werden. Regula Rytz erklärte in einem Interview im April 2019, dass die Klima- und Frauenbewegung zu einer Politisierung von Wählergruppen führten, die bei den Wahlen derjenigen Partei ihre Stimme gaben, die diese Themen schon lange auf der Agenda haben - so eben die Grünen.
Wie eine statistische Analyse der Kandidaturen nach Geschlecht, Kanton und Partei im Auftrag der EKF zeigte, hatte die Partei das Thema der Gleichstellung auch bei den Wahllisten aufgenommen. Die Grünen zeigten den höchsten Frauenanteil unter den Kandidierenden: 55.4 Prozent der Kandidierende auf den Wahllisten waren Frauen. Insgesamt hatten die Grünen in 13 Kantonen eine Frauenmehrheit auf ihren Wahllisten und standen somit an der Spitze.
Während der Wahlkampagne der Grünen berichteten die Medien viel über die Kandidatur von Tamy Glauser – dem berühmten Schweizer Topmodel – für den Nationalrat. In einem Tages-Anzeiger-Interview machte Glauser klar, dass sie keine «One-Woman-Show» für die Partei sei, sondern dass sie sich für die Umwelt und die Rechte der LGBT+-Community einsetzen wolle. Für Furore sorgte Glauser in der Folge, als sie auf den sozialen Medien in einem Post erklärte, dass das «Blut von Veganern und Veganerinnen zum Beispiel Krebszellen töten kann», wie der Blick berichtete. Diese Aussage wurde in den Medien und in der Öffentlichkeit laut kritisiert. Dass eine solche Aussage über Veganismus und Krebs ihrerseits derartige Reaktionen auslösen könne, habe sie nicht erwartet, betonte Glauser. Diese Episode habe ihr gezeigt, dass sie für die Politik noch nicht bereit gewesen sei, wie sie auf Instagram schrieb. Aus diesem Grund zog sie ihre Kandidatur Ende Juli 2019 zurück. Für die Nationalratsliste der Grünen wurde daraufhin die Zürcher Kantonsrätin Esther Guyer (ZH, gp) nachnominiert.

Resultate der Grünen bei den Nationalratswahlen

Anfangs Oktober 2019 gab der Bundesrat in einer Medienmitteilung bekannt, dass sich der Bund neu pro Jahr mit bis zu CHF 500'000 an den Sicherheitskosten von «besonders gefährdeten Minderheiten» beteiligen wird. Die entsprechende Verordnung sei auf ein Konzept des Sicherheitsverbundes Schweiz (SVS) zurückzuführen. Die Gelder sollen gemäss Medienmitteilung für Massnahmen eingesetzt werden, mit denen Straftaten verhindert werden können – wie beispielsweise durch die Installation von Überwachungskameras –, jedoch nicht für Sicherheitspersonal. Um Unterstützungsleistungen zu erhalten, wird nebst einem erhöhten Sicherheitsrisiko verlangt, dass die Minderheitsgruppen über eine «gefestigte Bindung zur Schweiz und ihren Werten» verfügen. Jüdische und muslimische Glaubensgemeinschaften dürften gemäss Medienmitteilung im Zentrum dieser Massnahme stehen. Die Verordnung trat am 1. November 2019 in Kraft.

Beteiligung Bund an den Sicherheitskosten für besonders gefährdete Minderheiten