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  • Politische Vertretung von Frauen

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Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats hielt an ihrem im Vorjahr vom Plenum gutgeheissenen Vorhaben fest, der Volksinitiative „für eine gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden“ (Quoteninitiative) einen indirekten Gegenvorschlag (99.403) entgegen zu setzen. Dieser sah einen obligatorischen Frauenanteil von mindestens 30% auf gemischtgeschlechtlichen Listen für die Nationalratswahl vor. Da sich im Vorjahr der Ständerat geweigert hatte, darauf einzutreten bevor der Nationalrat zur Initiative selbst Stellung genommen hat, legte die Kommission ihr Projekt nun nochmals vor. Allerdings musste sie aus terminlichen Gründen ihr Projekt insofern abändern, als es nur noch für die Wahlen 2003 und 2007 Gültigkeit haben soll, nicht aber für die Wahlen vom Herbst 1999.

Im Nationalrat sprachen sich die SP und die Grünen sowohl für die Volksinitiative als auch für die parlamentarische Initiative (Gegenvorschlag) aus. Die CVP und die EVP/LdU-Fraktion unterstützten immerhin noch die parlamentarische Initiative (Listenquoten), während alle anderen Fraktionen beide Vorschläge ablehnten (allerdings empfahl auch die Freisinnige Vallender (AR) im Namen einer Minderheit ihrer Fraktion die Zustimmung zu den Listenquoten). In der Gesamtabstimmung lehnte der Rat die Initiative mit 98:56 Stimmen ab, äusserst knapp sprach er sich anschliessend auch gegen die parlamentarische Initiative aus (76:75). Der Ständerat lehnte die Volksinitiative mit 34:5 Stimmen ab. Die immer noch pendente ursprüngliche parlamentarische Initiative des Nationalrats vom Herbst 1998 für Listenquoten (98.429) lehnte er mit 25:11 Stimmen ab, worauf auch der Nationalrat dieses Geschäft aus der Traktandenliste strich.

Initiative "für eine gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden (Initiative 3. März; Quoteninitiative; BRG 97.031)
Dossier: Bestrebungen für Frauenquoten in politischen Ämtern, Kommissionen und der Verwaltung
Dossier: Frauenanteil im Parlament
Dossier: Frauenanteil im Bundesrat
Dossier: Frauenanteil in Verwaltung und Justiz

Am 9. Dezember – am Ende des Jubeljahres zum 150. Geburtstag des modernen Bundesstaates und 27 Jahre nach Einführung des Frauenstimmrechts – wurde Ruth Dreifuss turnusgemäss zur ersten Bundespräsidentin der Schweiz gewählt. Sie wird dem Bundesrat im Jahr 1999 vorstehen.

Ruth Dreifuss turnusgemäss zur ersten Bundespräsidentin der Schweiz gewählt

Der Nationalrat stimmte gegen den Widerstand der SVP, der LdU/EVP, der FP und einer Mehrheit der FDP-Fraktion mit 87 zu 57 Stimmen für den Kommissionsvorschlag der Listenquoten und auch für eine Fristverlängerung für die Volksinitiative. In der Detailberatung zur Listenquotenregelung war ein Antrag Roth (sp, GE), die Quote von 33% auf 50% zu erhöhen, mit 66:59 Stimmen abgelehnt worden. Im Ständerat stiess das Vorgehen des Nationalrats auf Widerstand. Auf Empfehlung seiner SPK beschloss der Rat, auf die parlamentarische Initiative der grossen Kammer erst dann einzutreten, wenn diese als Erstrat auch zur Volksinitiative Stellung bezogen hat. Das Hauptargument für den Antrag der SPK bestand darin, dass die Bundeskanzlei zu bedenken gegeben hatte, dass es angesichts der Referendumsdrohung aus terminlichen Gründen nicht möglich sein werde, die Listenquote bereits für die Nationalratswahlen vom Herbst 1999 vorzuschreiben. Die Verlängerung der Behandlungsfrist für das Volksbegehren um ein Jahr wurde gutgeheissen.

Initiative "für eine gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden (Initiative 3. März; Quoteninitiative; BRG 97.031)
Dossier: Bestrebungen für Frauenquoten in politischen Ämtern, Kommissionen und der Verwaltung
Dossier: Frauenanteil im Parlament
Dossier: Frauenanteil im Bundesrat
Dossier: Frauenanteil in Verwaltung und Justiz

Das Bundesgericht nahm zu einer Beschwerde gegen die 1997 durch den Urner Landrat (Parlament) erfolgte Ungültigkeitserklärung einer kantonalen Volksinitiative für eine Frauenquote für die Behörden Stellung. Es bestätigte dabei sein Urteil aus dem Vorjahr zu einer ähnlichen Solothurner Initiative, dass generelle Wahlquoten im Widerspruch zur Bundesverfassung stehen, da sie bei durch das Volk gewählten Behörden einer Einschränkung des freien und gleichen Wahlrechts gleichkommen würden. Geschützt wurden hingegen diejenigen Teile der Initiative, welche Quoten für Kommissionen und Behörden, die nicht direkt vom Volk gewählt werden, sowie für die Wahllisten der Parteien fordern.

Ungültigerklärung der kantonalen Urner Volksinitiative "für gleiche Wahlchancen"
Dossier: Bestrebungen für Frauenquoten in politischen Ämtern, Kommissionen und der Verwaltung

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats fasste ihre Beschlüsse zur sogenannten Quoteninitiative, welche eine zahlenmässig ausgeglichene Vertretung der Geschlechter im Parlament, im Bundesrat und im Bundesgericht fordert. Die Initiative selbst lehnte sie mit den gleichen Argumenten wie der Bundesrat ab: die Wahlfreiheit der Bürgerinnen und Bürger bei der Bestellung des Parlaments würde damit unzulässig eingeschränkt. Aus der Überzeugung, dass eine rasche Verbesserung des Frauenanteils im Nationalrat (1995: 21,5%) wünschbar ist und es dazu staatlicher Massnahmen bedarf, beschloss jedoch die SPK, der Initiative wenigstens einen indirekten Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Dieser sieht vor, dass bei den nächsten drei Nationalratswahlen auf den gemischtgeschlechtlichen Listen die Frauen mindestens einen Drittel aller Kandidaturen ausmachen sollen. Reine Männerlisten wären nur zugelassen, wenn sie mit einer Frauenliste gleicher Bezeichnung verbunden sind. Dieser Eingriff ins Vereinsrecht ist nach Ansicht der Kommission zur Verwirklichung des Gleichstellungsgebots der Verfassung in Kauf zu nehmen. In einer Vernehmlassung hatten sich die FDP, die CVP, die SP und die GP – die beiden letzteren allerdings nur als Minimallösung – für diesen Vorschlag ausgesprochen; SVP, LP, SD und EDU lehnten ihn ab. Auswirkungen dieser neuen Regel verspricht sich die SPK bei denjenigen Parteien (v.a. SVP, FPS und SD) resp. Kantonen, wo es die Frauen bisher schwer hatten, nominiert zu werden (gesamtschweizerisch hatte der Frauenanteil an den Kandidierenden bereits 1995 34,9% betragen). Die Kommission beantragte dem Plenum zusätzlich, die Beratung der Volksinitiative zu verschieben und die Behandlungsfrist um ein Jahr bis auf März 2000 zu verlängern. Dieser Aufschub würde es erlauben, die Initiative in Kenntnis der Resultate der vorgeschlagenen Listenquoten zu beurteilen.

Der Bundesrat äusserte sich skeptisch zu diesem Gegenvorschlag, der ohne Einbettung in andere, von den Parteien zu ergreifende Massnahmen wenig bringen werde. Er wies zudem das Parlament darauf hin, dass ein allfälliger Beschluss bis spätestens am 20. März 1999 definitiv verabschiedet sein müsste, um bereits bei den Nationalratswahlen 1999 zur Anwendung zu gelangen.

Initiative "für eine gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden (Initiative 3. März; Quoteninitiative; BRG 97.031)
Dossier: Bestrebungen für Frauenquoten in politischen Ämtern, Kommissionen und der Verwaltung
Dossier: Frauenanteil im Parlament
Dossier: Frauenanteil im Bundesrat
Dossier: Frauenanteil in Verwaltung und Justiz

Die Frauen von SP, FDP, CVP, SVP, Grünen und EVP unterstützen ein Manifest der Eidg. Frauenkommission zu den Wahlen 1999. Das Manifest fordert die Parteien auf, sich konsequent für eine paritätische Vertretung von Frauen und Männern im eidgenössischen Parlament einzusetzen und spezifische Frauenstrukturen zu schaffen. In allen Parteigremien sollen Quoten beiden Geschlechtern eine Mindestvertretung sichern. Bei Parteiveranstaltungen und in den Medien müssten Frauen mindestens so oft zum Zug kommen wie Männer. Frauen seien frühzeitig aufzubauen und an die Spitze der Liste zu setzen. Auch Amtszeitbeschränkungen und frühzeitige Rücktritte von Männern sollten den Weg für Frauen freimachen.

Manifest der Eidg. Frauenkommission zu den Wahlen 1999

Um die Wahlchancen von Frauen im Herbst 1999 zu verbessern, stellten sich die Frauen der FDP, CVP, SVP, SP, GPS und EVP hinter das von der Eidgenössischen Frauenkommission (EFK) lancierte 12-Punkte-Manifest «Mehr Frauen ins Parlament!», das u.a. mehr Unterstützung der Frauen im Wahlkampf, die Förderung von Gleichstellungsbemühungen sowie spezifische Frauenstrukturen und Frauenbeauftragte in den Parteien forderte.

Unterstützung für das 12-Punkte-Manifest «Mehr Frauen ins Parlament!» der EFK

Der Bundesrat beantragte dem Parlament, die Volksinitiative "für eine gerechte Verteilung der Frauen in den Bundesbehörden (Initiative 3. März)" abzulehnen sowie auf einen Gegenvorschlag zu verzichten. Er befand, die Initiative sei zu rigide, unverhältnismässig und ein allzu offensichtlicher Verstoss gegen die Wahlfreiheit. Die Situation der Frauen in den Behörden der Schweiz sei nicht so unbefriedigend, dass dermassen starre und absolute Quoten notwendig wären. Mit seiner Einschätzung stellte er sich gegen das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann. Dieses beurteilte die Initiative als einen wichtigen Vorschlag. Quoten seien ein Mittel, um die Gleichstellung der Frauen innert nützlicher Frist zu realisieren.

Initiative "für eine gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden (Initiative 3. März; Quoteninitiative; BRG 97.031)
Dossier: Bestrebungen für Frauenquoten in politischen Ämtern, Kommissionen und der Verwaltung
Dossier: Frauenanteil im Parlament
Dossier: Frauenanteil im Bundesrat
Dossier: Frauenanteil in Verwaltung und Justiz

Gemäss einer Studie des Bundesamtes für Statistik verbessert sich die Stellung der Frauen in der Politik langsam aber kontinuierlich. So nahm der Anteil in den kantonalen Parlamenten von 22% im Jahr 1995 auf 23% im April 1997 zu. Bemerkenswert war namentlich die Steigerung bei den Regierungsrätinnen, deren Anzahl im gleichen Zeitraum von 19 auf 25 anstieg, womit sich der Anteil der Frauen in den Kantonsregierungen auf 15% erhöhte. Aufgrund einer schriftlichen Umfrage bei rund 115 Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern wurde auch die Situation der Frauen in den Gemeindeexekutiven untersucht. Wie auf eidgenössischer und kantonaler Ebene erwies sich auch hier, dass die Frauen von linken und grünen Parteien relativ grössere Wahlchancen haben als die Frauen der bürgerlichen Parteien. So betrug der Frauenanteil bei der SP 32% und bei den Grünen 44%, während sich ihr Anteil bei den bürgerlichen Bundesratsparteien lediglich zwischen 15% und 22% bewegte. Es zeigte sich auch, dass die Wahlchancen der Frauen für die Gemeindeexekutive in der deutschsprachigen Schweiz grösser sind als in der Romandie oder im Tessin.

verbessert sich die Stellung der Frauen in der Politik langsam aber kontinuierlich Steigerung bei den Regierungsrätinnen Gemeinden Frauen von linken und grünen Parteien relativ grössere Wahlchancen haben

Mit der Wahl Kochs begab sich die SP fest in Frauenhand; an ihrer Spitze standen neben Koch die Fraktionspräsidentin Ursula Hafner (SH) und die Parteisekretärin Barbara Haering Binder (ZH). Nachdem Haering Binder aber schon bei der Wahl Kochs hatte durchblicken lassen, dass sie Hämmerle bevorzugt hätte, kam es Anfang Dezember zum öffentlichen Zerwürfnis. Haering Binder gab ihren Rücktritt auf März 1998 bekannt. Der Eklat machte deutlich, dass die SP-Fraktion auch ein halbes Jahr nach der Wahl Kochs noch in ein «Koch»- und ein «Bodenmann/Hämmerle»-Lager gespalten war. Die SP-Frauen Schweiz stellten sich in einer Pressemitteilung hinter ihre Präsidentin.

SP fest in Frauenhand nach der Wahl Kochs

Anfang November beschloss das Zuger Stadtparlament, im Geschäftsreglement des Grossen Gemeinderates alle Bezeichnungen für die öffentliche Ämter der Stadt allein in der weiblichen Form aufzuführen, wobei in einer Fussnote vermerkt wurde, dass damit die Männer mitgemeint seien.

Zuger Stadtparlament allein in der weiblichen Form
Dossier: Vorstösse für eine geschlechtergerechte Sprache in der Politik und Verwaltung

Nach der Rücktrittsankündigung Bodenmanns begann sich das Kandidatenkarussell rasch zu drehen. Insbesondere die SP-Frauen meldeten ihren Anspruch auf das Parteiamt an, wobei sie ein Kopräsidium forderten. Gleichzeitig führten Parteiexponenten - weitgehend via Medien - eine teils gehässige Diskussion über den Zustand und die künftige Ausrichtung der Partei. Nachdem sich chancenreiche Kandidaten wie Ständerätin Christiane Brunner (GE) oder Nationalrat Franco Cavalli (TI) zurückgezogen hatten, verblieben am Schluss nur der Nationalrat und Biobauer Andrea Hämmerle (GR) und die - erst im letzten Augenblick kandidierende - Zürcher Stadträtin Ursula Koch. Diese machte Ende Juni an einem Parteitag in Thun als Frau, Städterin und einen neuen Stil versprechende Politikerin klar das Rennen gegen den «Bergler« und Kontinuität garantierenden Hämmerle, obwohl sie keine politische Erfahrung auf nationaler Ebene mitbrachte. Koch kündigte nach ihrer Wahl Grundwertediskussionen in der SP an, versprach der Parteibasis mehr Macht und forderte die Wiederherstellung des Primats der Politik vor der Wirtschaft.
Die SP-Frauen setzten ihre Forderung nach einem Co-Präsidium auch selbst um: Als Nachfolgerinnen von Margrith von Felten (BS) wählten sie Jacqueline Fehr (ZH) und Véronique Pürro (GE) gemeinsam ins Präsidentinnenamt der SP-Frauen.

Präsidiumswechsel bei der SP

Im März legte der Bundesrat seine Botschaft zur 1995 eingereichten Volksinitiative „für eine gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden“ vor. Er empfahl eine Ablehnung dieses Begehrens ohne Gegenvorschlag. Als Hauptargument führte er an, dass mit Quotenvorschriften die Wahlfreiheit der Bürgerinnen und Bürger übermässig eingeschränkt würde. Daneben rief er auch in Erinnerung, dass weltweit für keine demokratisch vom Volk gewählte Behörde ein gesetzlicher Geschlechterquotenanspruch besteht. In seiner Antwort auf eine Interpellation Langenberger (fdp, VD) (97.3105) gab der Bundesrat bekannt, dass sich der Anteil der Frauen in Expertenkommissionen des Bundes von 8 Prozent (1989-92) auf 28 Prozent gesteigert hat.

Initiative "für eine gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden (Initiative 3. März; Quoteninitiative; BRG 97.031)
Dossier: Bestrebungen für Frauenquoten in politischen Ämtern, Kommissionen und der Verwaltung
Dossier: Frauenanteil im Parlament
Dossier: Frauenanteil im Bundesrat
Dossier: Frauenanteil in Verwaltung und Justiz

Zwei Interpellationen (Langenberger, fdp, VD und Vermot, sp. BE) zur nach wie vor unterproportionalen Vertretung der Frauen in den Expertenkommissionen des Bundes sowie den internen Arbeitsgruppen der Bundesverwaltung wurden vom Bundesrat etwas ausweichend mit dem Argument der relativ wenigen zur Verfügung stehenden Frauen beantwortet. Immerhin habe sich der Anteil der Frauen in Expertenkommissionen in den letzten zehn Jahren von 8% auf 28% gesteigert.

in den Expertenkommissionen des Bundes sowie den internen Arbeitsgruppen der Bundesverwaltung

Die Richter in Lausanne stützten einen Entscheid des Solothurner Kantonsrates, der im Vorjahr eine Initiative, welche Quoten in den kantonalen Behörden verlangte, für ungültig erklärt hatte. Sie wiesen die Stimmrechtsbeschwerde der Initiantinnen mit der Begründung ab, starre Quoten bedeuteten faktisch eine Sperre für Kandidaten des anderen Geschlechts und seien deshalb unverhältnismässig. Männer würden einzig ihres Geschlechtes wegen diskriminiert; sie könnten über längere Zeit nicht mehr für Ämter kandidieren. Dies sei ein schwerer Eingriff in die verfassungsmässige Garantie des Wahl- und Stimmrechts. Zwar zeigten einige der sieben Bundesrichter durchaus Sympathien für die Quote als spezielle Form der Frauenförderung. Es überwog aber das Argument, das öffentliche Interesse an frei wählbaren Personen sei grösser.

Ungültigerklärung der kantonalen Solothurner Volksinitiative für eine Quotenregelung (1997)
Dossier: Bestrebungen für Frauenquoten in politischen Ämtern, Kommissionen und der Verwaltung

Das Urner Kantonalparlament erklärte Anfang Juni die von der Grünen Bewegung Uri eingereichte kantonale Volksinitiative "für gleiche Wahlchancen" für ungültig, weil sie Bundesrecht verletze. Die Initiative verlangte, dass alle Behörden und Kommissionen, die vom Volk gewählt oder durch gewählte Organe bestimmt werden, annähernd zur Hälfte mit Frauen und Männern besetzt sein müssen. Jedes Geschlecht sollte jedoch mindestens zu einem Drittel vertreten sein.

Ungültigerklärung der kantonalen Urner Volksinitiative "für gleiche Wahlchancen"
Dossier: Bestrebungen für Frauenquoten in politischen Ämtern, Kommissionen und der Verwaltung

Mit 142 von 162 Stimmen wurde die Luzernerin Judith Stamm klar zur Präsidentin des Nationalrates für 1997 gewählt. Als CVP-Vertreterin, die seit 1983 im Nationalrat sitzt, übernimmt sie als vierte Frau das Amt als höchste Schweizerin.

Judith Stamm Präsidentin des Nationalrates

Die Medienpräsenz der Kandidatinnen im Vorfeld der eidgenössischen Wahlen war auch 1995 im Vergleich zu ihren männlichen Konkurrenten unterproportional. Dennoch konnten sich die Frauen im Wahlkampf besser profilieren als noch vier Jahre zuvor. Dies zeigte eine Studie, welche von der Eidg. Frauenkommission in Auftrag gegeben wurde. Untersucht wurden für die Zeit vom 11. September bis 21. Oktober 1995 nach Sprachregionen ausgewählte Printmedien sowie die Sendegefässe von Schweizer Fernsehen und Radio. Bei 5057 Namensnennungen in fünf Deutschschweizer Zeitungen entfielen 27% auf Kandidatinnen und 73% auf Kandidaten, obgleich die Frauen 36% aller Kandidierenden in der Deutschschweiz ausmachten. Parteibezogen erreichten die SP-Kandidatinnen die meisten Nennungen, gefolgt von jenen der FDP. Besser sah es in der Romandie aus, wo rund 34% der Nennungen auf Frauen entfielen.

Quantitativ geschlechtergerecht verhielt sich Radio DRS 1, in dessen Sendungen die Frauen 36% der Redezeit erhielten, wobei hier sogar mit der Berner Ständeratskandidatin Christine Beerli (fdp) eine Frau deutlich am längsten das Wort hatte. Anders verhielt es sich bei der Radio Suisse romande La Première, wo den Frauen nur gerade 25% Antennenpräsenz vergönnt war. Schlecht kamen die Kandidatinnen auch beim Fernsehen weg (23% in der Deutschschweiz und 27% in der Romandie). Insbesondere FS DRS bat mit Vorliebe männliche Politprominenz vor die Kamera. Hinter Bodenmann rangierten neben dem Zürcher SVP-Mann Blocher die Vorsitzenden der drei bürgerlichen Bundesratsparteien an der Spitze. Erst als sechste folgte Monika Weber, vor Spoerry als achter und der Zürcher Grünen Verena Diener als neunter.

geschlechtergerecht Radio DRS 1 Fernsehen

Im Nationalrat war es der Thurgauer Gusset, der im Namen der FP argwöhnte, die Frauenkonvention sei wohl das Mittel, um sozialistische Anliegen wie das Recht auf Arbeit und die Mutterschaftsversicherung durch die Hintertür einzuführen. Vorbehalte brachten auch die Liberalen an, während die SVP sich eines Kommentars enthielt. Auch hier konterte Bundesrätin Dreifuss, die UNO-Konvention werde das politische Leben in der Schweiz nicht auf den Kopf stellen, sondern könne höchstens den Prozess zur Umsetzung der Gleichstellung von Frau und Mann in allen Lebensbereichen dynamisieren. Einig waren sich die Rednerinnen von CVP, FDP und SP, dass die Ratifizierung des Abkommens aus dem Jahr 1979 nun überfällig sei. Die Konvention wurde schliesslich mit 99 gegen 22 Stimmen und bei 14 Enthaltungen gutgeheissen.

Ratifizierung des UNO-Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau
Dossier: Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Namensrecht

Der 5. Schweizerische Frauenkongress, der vom 19. bis 21. Januar in Bern stattfand, und an dem weit über 2000 Frauen aus allen Landesteilen sowie allen politischen, sozialen, kirchlichen und kulturellen Kreisen teilnahmen, stand unter dem Motto "L'avenir au féminin - Visionen unserer Zukunft - donne 2099". Den Auftakt der Veranstaltung machte Bundesrätin Ruth Dreifuss mit einer Rede, in der sie insbesondere die Rolle des Staates bei der Verwirklichung der Gleichstellung herausstrich. Nötig seien eine Feminisierung des Staates und mehr Frauen in allen Institutionen. Bei der Frauenförderung gehe es nicht darum, Frauen zu bevorzugen, sondern nicht länger systematisch Männer vorzuziehen. Herzstück des Kongresses waren 80 Workshops, die in vier Foren die Themen "Offene Schweiz - globale Verantwortung", "Neue Lebens- und Arbeitsformen", "Soziale Sicherheit im 21. Jahrhundert" und "Gewaltfreie Gesellschaft" diskutieren. Zum Abschluss wurden in einer Plenarversammlung knapp 80 Resolutionen verabschiedet. Als vordringlich wurde die Einführung einer Mutterschaftsversicherung für alle Frauen gefordert. Verlangt oder zumindest angeregt wurden ein flexibles Rentenalter mit ungekürztem Rentenanspruch, die gerechtere Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit, die Aufwertung der Familienbetreuung, die Förderung der Friedensforschung, die finanzielle Unterstützung der Frauenhäuser, die Aufhebung der Verjährung bei sexueller Ausbeutung, die Ratifikation der UNO-Konventionen über Frauen- und Kinderrechte sowie der Beitritt zu UNO und EU.

5. Schweizerische Frauenkongress Rolle des Staates bei der Verwirklichung der Gleichstellung knapp 80 Resolutionen

Aus Anlass des 25. Jahrestages seit Einführung des Stimm- und Wahlrechts der Frauen auf Bundesebene untersuchte ein politologisches Forschungsinstitut Unterschiede im Wahl- und Abstimmungsverhalten zwischen Frauen und Männern. Die Auswertung listete 14 Abstimmungen auf, bei denen das Geschlecht den Ausschlag für ein Ja oder ein Nein gab. Die Erfolgsquote ist ausgeglichen: Siebenmal setzten sich die Frauen und siebenmal die Männer durch. Viermal erkämpften die Frauen ein Ja, nämlich beim neuen Ehe- und Erbrecht, dem Kernkraftmoratorium, der Alpeninitiative und dem Antirassismusgesetz. Dreimal gaben Frauenmehrheiten den Ausschlag zu einem Nein: bei der Fristenlösung, der Herabsetzung des Stimm- und Wahlrechtsalters auf 18 Jahre (1979) und der Lockerung der Lex Friedrich (1995). Umgekehrt siegten die neinsagenden Männer beim Ausstieg aus der Atomenergie (1990), bei Atom- und Energieinitiativen (1979 und 1984), beim einem liberaleren Ausländergesetz (1982), der Kleinbauerninitiative, der Waffenplatzinitiative und der Initiative "Weg vom Tierversuch" gegen Ja-Mehrheiten der Frauen. Unterschiede wurden aber auch dort deutlich, wo sie auf das Abstimmungsergebnis keinen Einfluss hatten. Die Rekordabweichung wurde beim Werbeverbot für Tabakwaren erreicht, wo 18% mehr Frauen zustimmten.

Die Autoren der Studie konstatierten set der Mitte der achtziger Jahre einen Trend der Frauen zu eigenständigerem Stimmverhalten. Frauen hätten den Wertewandel hin zu vermehrter Ökologie und zum Schutze des Menschen schneller und nachhaltiger vollzogen als die Männer. Dies zeige sich insbesondere bei ethischen Forderungen, sowie in der Sicherheits- und Ausländerpolitik. Das Nein der Frauen zur Lockerung der Lex Friedrich erklärten sie weniger mit fremdenfeindlichen denn mit ökologischen Motiven.

Bei den Wahlen liessen sich geringere Unterschiede zwischen den Geschlechtern feststellen. Wie eine Auswertung der eidgenössischen Wahlen von 1995 zeigte, wurden nur gerade die Grünen häufiger von Frauen als von Männern gewählt. Interessant waren die geringen Unterschiede bei den Regierungsparteien. 45% der SP-Wählerschaft waren Frauen; 44% waren es auch bei der SVP, obwohl im Parlament weit mehr SP- als SVP-Frauen sitzen. Nach Meinung der Politologen ist dies ebenfalls Ausdruck eines qualitativen Wandels. Im rot-grünen Lager sei es inzwischen mehrheitsfähig geworden, Frauen gleichberechtigten Raum zuzugestehen. Rechtsstehende Parteien zögen hingegen Wählerinnen an, die beim traditionellen Rollenverständnis bleiben wollten.

Wahlen geringere Unterschiede

In ihrer Vernehmlassung zur Totalrevision der Bundesverfassung sprach sich die Eidg. Frauenkommission deutlich für die Einführung von Quotenregelungen als Übergangslösung aus. Es genüge nicht, die Gleichstellung rein formal festzuschreiben, dabei aber keine Massnahmen vorzusehen, welche die immer noch real existierende Benachteiligung der Frauen abbauten.

Vernehmlassung und «Volksdiskussion» zur Reform der Bundesverfassung
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 1/2: Vorgeschichte (1966 bis 1996)

Der Regierungsrat des Kantons Solothurn erachtete die im Vorjahr eingereichte "Initiative 2001", welche eine gleich starke Vertretung der Frauen und Männer in allen Behörden des Kantons verlangte, als verfassungswidrig, da sie mit dem Diskriminierungsverbot kollidiere, die Männer benachteilige, und den Grundsatz des allgemeinen Stimm- und Wahlrechts verletze. Der Kantonsrat folgte dieser Argumentation und erklärte die Initiative für ungültig, worauf die Initiantinnen Beschwerde beim Bundesgericht einreichten.

Ungültigerklärung der kantonalen Solothurner Volksinitiative für eine Quotenregelung (1997)
Dossier: Bestrebungen für Frauenquoten in politischen Ämtern, Kommissionen und der Verwaltung

Eine Studie über die Rolle der Frauen in der Lokalpolitik kam zu ernüchternden Resultaten. Von den rund 18 000 Gemeinderatssitzen (Exekutive), die es in den 3000 Schweizer Gemeinden gibt, wurden Ende 1994 nur gerade 13,6% von Frauen belegt. In 40% der Gemeinden waren zu diesem Zeitpunkt in den kommunalen Exekutiven überhaupt keine Frauen vertreten, in 45% sass nur gerade eine Frau, in lediglich 15% amteten zwei Gemeinderätinnen oder mehr. Seit 1988 hat sich der Frauenanteil nur gerade um sechs Prozentpunkte erhöht.

Rolle der Frauen in der Lokalpolitik