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Jahresrückblick 2021: Soziale Gruppen

Eine überaus wichtige Neuerung im Themenbereich der sozialen Gruppen wurde 2021 für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt. Im September nahm die Stimmbevölkerung mit einem deutlichen Ja-Anteil von 64 Prozent die «Ehe für alle» an. Neben der Möglichkeit der Eheschliessung waren damit für gleichgeschlechtliche Paare weitere Ungleichheiten im Familienleben beseitigt worden: In Zukunft ist es auch ihnen möglich, gemeinsam ein Kind zu adoptieren, zudem erhalten verheiratete Frauenpaare Zugang zur Samenspende. Die Relevanz dieser Abstimmung widerspiegelt sich im Ergebnis der APS-Zeitungsanalyse 2021, die einen diesem Ereignis geschuldeten Höchststand an Artikeln zur Familienpolitik im Abstimmungsmonat aufzeigt (vgl. Abbildung 1 im Anhang). Kein anderes Thema im Bereich der sozialen Gruppen erzielte im beobachteten Jahr eine ähnlich hohe mediale Aufmerksamkeit.

Erstmals in der Geschichte der Schweizer Frauen- und Gleichstellungspolitik veröffentlichte der Bundesrat 2021 eine nationale Gleichstellungsstrategie, die jedoch von Frauenorganisationen und linken Parteien kritisiert wurde. Ferner gaben die Kommissionen einer parlamentarischen Initiative Folge, welche die befristete Finanzierung für die familienergänzende Kinderbetreuung durch eine dauerhafte, vom Bund unterstützte Lösung ersetzen will. Der 2022 vorzulegende Entwurf soll die Eltern bei der Finanzierung der Betreuungsplätze massgeblich entlasten und somit zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen. Gleichzeitig wurden im Berichtsjahr aber verschiedene Vorstösse mit ähnlichen, bereits konkreter ausformulierten Vorstellungen in Form einer parlamentarischen Initiative, einer Standesinitiative und einer Motion abgelehnt. Ebenfalls zur Verbesserung der Stellung der Frauen im Beruf beitragen soll die 2018 geschaffene Revision des Gleichstellungsgesetzes, mit der Unternehmen mit über 100 Mitarbeitenden zur Durchführung von Lohnanalysen verpflichtet worden waren. Erste, im August 2021 publizierte Analyseergebnisse von ausgewählten Unternehmen zeichneten ein positives Bild, das jedoch unter anderem wegen fehlender Repräsentativität in Zweifel gezogen wurde. Nach wie vor sind Unternehmen nicht verpflichtet, die Ergebnisse ihrer Lohnanalysen an den Bund zu übermitteln. Gegen eine entsprechende Regelung hatte sich der Ständerat im Juni erfolgreich gewehrt.

Nachdem im Vorjahr der zweiwöchige Vaterschaftsurlaub in einer Volksabstimmung angenommen worden war, gingen die politischen Diskussionen rund um die Ausdehnung von Urlaubsmöglichkeiten für Eltern 2021 weiter. Eine Standesinitiative aus dem Kanton Jura und eine parlamentarische Initiative mit diesem Ziel stiessen im Parlament indes auf wenig Gehör. Der Nationalrat verabschiedete jedoch ein Kommissionspostulat, das die volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer Elternzeit aufzeigen soll. In den Räten setzte sich zudem mit Annahme einer Vorlage zum Adoptionsurlaub eine langjährige Forderung in der Minimalvariante durch: Eltern, die ein Kind unter vier Jahren adoptieren, haben künftig Anrecht auf einen zweiwöchigen Urlaub.

Auch das Thema der Gewalt gegen Frauen blieb 2021 auf der politischen Agenda, immer wieder angetrieben durch Zeitungsberichte über häusliche Gewalt und Femizide. Das Parlament überwies drei Motionen, welche die Bereitstellung eines 24-stündigen Beratungsangebots für von Gewalt betroffene Personen forderten, wozu sich die Schweiz 2017 im Rahmen der Ratifikation der Konvention von Istanbul verpflichtet hatte. Ein Zeichen gegen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche setzte der Nationalrat auch durch Befürwortung einer Motion, die das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung im Zivilgesetzbuch verankern möchte. Der Ständerat äusserte sich bis Ende Jahr noch nicht zum Geschäft. Ebenfalls kam es zu breiten medialen Vorwürfen bezüglich Gewalt in Bundesasylzentren, woraufhin das SEM einen Bericht erarbeiten liess.

Nicht zuletzt wurde im Berichtsjahr mit verschiedensten Publikationen und Aktionen auf das 50-jährige Bestehen des Frauenstimm- und -wahlrechts Bezug genommen. Mit Corona-bedingter Verspätung fand im September die offizielle Feier des Bundes statt. Ende Oktober tagte zum zweiten Mal nach 1991 die Frauensession, die insgesamt 23 Forderungen zu unterschiedlichen Themen als Petitionen verabschiedete. Darüber hinaus wurde an diesen Anlässen auch über die Gewährung politischer Rechte an weitere Gruppen diskutiert, so etwa an Personen ohne Schweizer Pass, Minderjährige und Menschen mit einer Beeinträchtigung. Bezüglich Letzteren nahm der Ständerat im Herbst 2021 ein Postulat an, das den Bundesrat aufforderte, Massnahmen aufzuzeigen, damit auch Menschen mit einer geistigen Behinderung uneingeschränkt am politischen und öffentlichen Leben teilhaben können.

Wie die APS-Zeitungsanalyse 2021 zeigt, erhielten Fragen rund um die Familien- und Gleichstellungspolitik im Jahr 2021 im Gegensatz zu Fragen zur Asyl- und Migrationspolitik überaus starke mediale Aufmerksamkeit. Der Zeitvergleich macht überdies deutlich, dass die Berichterstattung im Bereich Asyl und Migration über die letzten Jahre konstant an Bedeutung eingebüsst hat.

Dieses fehlende Interesse der Medien ist ob der umstrittenen Gesetzesänderungen des Parlaments im Bereich Asylpolitik, welche die Grundrechte der Asylsuchenden einschränkten, bemerkenswert. So können Schweizer Behörden künftig mobile Geräte der Asylsuchenden verwenden, um beim Fehlen von Ausweispapieren Rückschlüsse auf die Identität einer Person zu gewinnen. Dieser Beschluss provozierte eine negative Reaktion des UNHCR. Zudem schuf das Parlament ein Reiseverbot für vorläufig aufgenommene Personen und entschied, dass Personen in Ausschaffungshaft zum Wegweisungsvollzug zur Durchführung eines Covid-19-Tests gezwungen werden können. Unterschiedliche Ansichten vertraten die beiden Räte in Bezug auf junge Asylbewerbende. So lehnte es der Ständerat ab, die Administrativhaft für Minderjährige abzuschaffen, nachdem sich der Nationalrat für diese Forderung im Vorjahr noch offen gezeigt hatte. Ebenso setzte sich der Nationalrat im Berichtsjahr durch Unterstützung einer Motion dafür ein, dass Personen mit abgewiesenem Asylentscheid ihre berufliche Ausbildung beenden dürfen, während sich der Ständerat nach der Beratung einer anderen Motion gegen diese Möglichkeit aussprach. Schliesslich wollte der Ständerat den Familiennachzug von Schutzbedürftigen erschweren, wogegen sich der Nationalrat aber erfolgreich sträubte. Im Sammelstadium scheiterte überdies eine Volksinitiative des ehemaligen Nationalrats Luzi Stamm, gemäss welcher Asylbewerbende in der Schweiz nur noch mit Sachleistungen hätten unterstützt werden sollen: Seine Volksinitiative «Hilfe vor Ort im Asylbereich», die in erster Linie Flüchtlingen primär in der Nähe der Krisengebiete und nicht in der Schweiz helfen wollte, scheiterte an den direktdemokratischen Hürden.

Jahresrückblick 2021: Soziale Gruppen
Dossier: Jahresrückblick 2021

In Erfüllung eines Postulats Caroni (fdp, AG) veröffentlichte der Bundesrat Ende 2021 einen Bericht zur rechtlichen Ungleichbehandlung von Frauen und Männern im Bundesrecht. Der Bundesrat hatte dazu ein Rechtsgutachten zu direkter Ungleichbehandlung der Geschlechter in den neun Bänden des Landesrechts erstellen lassen. Eine direkte Ungleichbehandlung wurde dabei als bundesrechtliche Regelung definiert, welche nur ein Geschlecht betrifft oder in welcher die Geschlechter nicht gleich behandelt werden. Unterschieden wurde dabei in gerechtfertigte und nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung – eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung verstosse gegen das Grundrecht der Gleichstellung von Mann und Frau in der BV.
Der Bundesrat erachtete die meisten Ungleichbehandlungen aufgrund von biologischen und funktionalen Unterschieden oder zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichberechtigung als gerechtfertigt. So seien beispielsweise verschiedene Regelungen im Bereich von Schwangerschaft und Mutterschaft biologisch und funktional bedingt und somit weitgehend gerechtfertigt. Weiter seinen geschlechtsspezifische Unterschiede im Asylwesen, bei der Förderung von Frauen im Sport und in der Forschung oder aufgrund des Fokus auf Frauen mit einer Behinderung in den Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen für Menschen mit Behinderungen angemessen und tragbar. Im Strafrecht seien beispielsweise der Schwangerschaftsabbruch, die weibliche Genitalverstümmelung oder Kindstötung zu Recht nur auf Frauen bezogen. Ebenfalls als gerechtfertigt erachtete der Bundesrat die primäre Anknüpfung an der Mutter zur Entstehung des Kindsverhältnisses. Hier lag die einzige Unstimmigkeit zwischen dem Bundesrat und dem externen Rechtsgutachten, welches diesen Unterschied als ungerechtfertigt erachtete.
Es gebe aber durchaus einige ungerechtfertigte Unterschiede in bundesrechtlichen Regelungen, erklärte der Bundesrat; diese bedingten möglicherweise eine Anpassung. Nicht gerechtfertigt sei die ausschliessliche Dienstpflicht in der Armee für Männer, zudem könnten das unterschiedliche Rentenalter, die Unterschiede zwischen Witwen- und Witwerrenten, oder die Definition von Vergewaltigung, die nur Frauen als Opfer zulässt, als diskriminierend gewertet werden.
Schliesslich unterstrich der Bundesrat die Bedeutung der Förderung der Gleichstellung von Mann und Frau, zu welcher eben auch die rechtliche Gleichberechtigung gehöre. So habe die Gleichstellungsstrategie 2030 unter anderem zum Ziel, geschlechterdiskriminierende Regelungen im Bundesrecht zu überarbeiten. Der Bundesrat wies zudem darauf hin, dass verschiedene Geschäfte und Reformen hängig seien, durch welche rechtliche Ungleichbehandlungen zwischen Mann und Frau wegfallen könnten. So seien neue Modelle der Dienstpflicht und die obligatorische Teilnahme von Frauen am Orientierungstag der Armee in Prüfung, die Revision des Sexualstrafrechtes sei in der Vernehmlassung und die Reform «AHV 21» könnte eine Angleichung des Rentenalters etablieren.

Rechtliche Ungleichbehandlung von Frauen und Männern im Bundesrecht (Po. 19.4092)

Mit 27 zu 13 Stimmen (4 Enthaltungen) beschloss der Ständerat im Dezember 2021, einer Standesinitiative des Kantons Tessin mit der Forderung einer Ausdehnung des Kündigungsschutzes nach dem Mutterschaftsurlaub keine Folge zu geben. Damit folgte der Standerät seiner Kommissionsmehrheit, welche sich gegen einen Eingriff in das bestehende Vertragsrecht zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden aussprach. Dies, da die Kommissionsmehrheit unter anderem negative Konsequenzen auf die Anstellbarkeit von jungen Frauen bei Umsetzung der Standesinitiative erwartete, weil diese allenfalls mit einem organisatorischen Mehraufwand für KMU verbunden wäre. Die Kommissionsminderheit dagegen hob hervor, dass nach wie vor viele Arbeitnehmerinnen nach einer Schwangerschaft kündigten, entweder auf Anraten der Arbeitgebenden oder weil sie ihr Pensum nicht reduzieren können. Damit schieden weibliche Fachkräfte aus dem Arbeitsmarkt aus, was durch einen verlängerten Kündigungsschutz verhindert werden könne.

Ausdehnung des Kündigungsschutzes nach dem Mutterschaftsurlaub (Kt.Iv. 20.322)
Dossier: Verstärkung des Kündigungsschutzes bei Mutterschaft

Die grossen Dachverbände der Arbeitgebenden und der Gewerkschaften sowie zahlreiche Branchenverbände bezogen zu verschiedenen Zeitpunkten im Jahr 2021 Position zur Pandemiepolitik der Behörden und stellten Forderungen dazu auf. Während Arbeitgebendenverbände aus verschiedenen Branchen wie auch die Gewerkschaften sich in ihrer Unterstützung für Hilfsgelder und Kurzarbeit im Grossen und Ganzen einig waren, traten bei anderen Massnahmen deutliche Interessengegensätze zutage.

Die Gewerkschafts-Dachverbände SGB und Travail.Suisse unterstützten die beiden Covid-Vorlagen in den Abstimmungen vom Juni und November 2021. Auch darüber hinaus wiesen die Gewerkschaften immer wieder auf die zentrale Bedeutung der Kurzarbeit, des Erwerbsersatzes und der Unterstützungsgelder für betroffene Unternehmen hin, um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zu begrenzen; Travail.Suisse forderte überdies die Verlängerung dieser Massnahmen, bis die Wirtschaft das Niveau vor März 2020 wieder erreicht hat. Bei Diskussionen über Massnahmenlockerungen mahnten SGB und Travail.Suisse meist zu behutsamen Schritten, denn ein vorsichtiger Weg führe letztlich schneller aus der Krise. Zu ihren Hauptforderungen zählten im Weiteren die Umsetzung und Kontrolle von Schutzkonzepten am Arbeitsplatz sowie die Sicherstellung der Fürsorgepflicht der Arbeitgebenden auch im Homeoffice. Der SGB wies darauf hin, dass es als Folge der Pandemie zu einer Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse etwa bei Kurierdiensten oder im Onlinehandel gekommen sei, was die Notwendigkeit von Gesamtarbeitsverträgen für diese Branchen verstärke. Travail.Suisse setzte sich zudem für eine Beibehaltung der öffentlichen Finanzierung der Testkosten ein und erklärte sich mit der Zertifikatspflicht im Grundsatz einverstanden, warnte aber vor deren Anwendung am Arbeitsplatz.

Besonders stark profilierte sich der Arbeitgebendenverband des Gastgewerbes, GastroSuisse, mit seinem Präsidenten Casimir Platzer, in der Öffentlichkeit. Platzer äusserte sich im Frühjahr immer wieder mit markigen Worten gegen die Schliessung der Innenräume von Gastbetrieben und sprach von einer drohenden «Zerstörung der Branche». Die Öffnung der Innenräume kam schliesslich im Rahmen eines Lockerungspakets per Anfang Juni, freilich mit gewissen Einschränkungen – etwa einer Sitzpflicht und einer Begrenzung auf vier Personen pro Tisch. Vor der Abstimmung vom 13. Juni sprach sich GastroSuisse für ein Ja zum Covid-19-Gesetz aus, das unter anderem die gesetzliche Grundlage für die Härtefallgelder an die Gastrobranche enthielt. Auch wenn Platzer in diesem Abstimmungskampf auf derselben Seite stand wie der Bundesrat, wiederholte er in einem Interview mit der BZ im selben Monat eine Aussage, die er schon im Vorjahr gemacht hatte: Er bewerte die Coronapolitik des Bundesrats weiterhin mit der Note «ungenügend». Seit Ende 2020 machten die Behörden «Panik mit diesen Varianten und Mutanten», was aus Platzers Sicht übertrieben sei, die bis Ende Mai 2021 anhaltenden Einschränkungen der Wirtschaft seien nicht gerechtfertigt. Zudem flössen die Hilfsgelder an die Gastrobetriebe unregelmässig und langsam; damit dies bei einer künftigen Pandemie rascher gehe, hatte GastroSuisse bereits im März eine Volksinitiative angekündigt.
Nach den Sommerferien opponierte GastroSuisse dann scharf, aber vergeblich, gegen die Pläne des Bundesrats zur Ausweitung der Zertifikatspflicht auf die Innenräume von Gastrobetrieben. Weil Ungeimpfte nicht bereit sein dürften, sich für jeden Restaurantbesuch testen zu lassen, befürchtete GastroSuisse – unter anderem gestützt auf eine Umfrage unter seinen Mitgliedern – massive Umsatzeinbussen insbesondere bei Betrieben auf dem Land, wo die Impfquote geringer war als in der Stadt. GastroSuisse-Präsident Platzer sprach in dem Zusammenhang davon, dass der Bundesrat die Impfquote auf dem Buckel des Gastgewerbes steigern wolle; zumindest müsse der Bund die zusätzlichen Umsatzverluste durch Hilfsgelder entschädigen.
In der Folge äusserten nicht nur Medien öffentliche Kritik an Platzer – der Blick nannte ihn etwa «den Dauerempörten», für den «immer die Beizer die Opfer sind» –, sondern vermehrt auch Stimmen aus der Branche selbst. Dazu zählten etwa die Direktorin der Hotelfachschule Luzern Christa Augsburger, der langjährige Präsident des Zürcher Wirteverbands Ernst Bachmann und Präsidenten weiterer Kantonalverbände. Sie machten geltend, dass es auch im Sinn des Gastgewerbes sei, wenn die Zertifikatspflicht zu einer Reduktion der Fallzahlen führe; andernfalls drohe mit einem erneuten Lockdown ein weit schlimmeres Szenario. Ausserdem bedeute das «ewige Gejammer» einen Imageschaden für die Branche. Die Energie solle besser auf den Einsatz für angemessene Hilfsgelder konzentriert werden. Mit Blick auf die Abstimmung über die zweite Revision des Covid-19-Gesetzes im November, bei der sich die Diskussion vor allem um das Zertifikat drehte, beschloss GastroSuisse dann Stimmfreigabe. Hotelleriesuisse und der Schweizer Tourismusverband unterstützten die Vorlage hingegen, auch weil eine Zertifikatspflicht vielen Gästen – gerade auch aus dem Ausland – Sicherheit gebe.

Manche dieser Forderungen von GastroSuisse waren nicht nur intern umstritten, sondern wurden auch von den grossen Dachverbänden Economiesuisse und Schweizer Arbeitgeberverband (SAV) nicht geteilt. Zu Dissonanzen führte zunächst, dass die beiden Dachverbände im Februar einen Vorschlag für eine stufenweise Lockerung des Lockdowns vorlegten, der die Öffnung der Restaurants erst relativ spät, nach Impfung aller Risikopersonen, ansetzte. Economiesuisse begründete dies damit, dass man mit dem Plan ein «ausgewogenes» Konzept habe vorlegen wollen, «mit dem alle Planungssicherheit gewinnen». Ein erneuter Konflikt mit GastroSuisse entbrannte, als sich Economiesuisse-Präsident Christoph Mäder im August für eine Zertifikatspflicht auch in Gastbetrieben aussprach. GastroSuisse und Hotelleriesuisse zeigten sich irritiert darüber, dass sie als direkt betroffene Branchenverbände von Economiesuisse vorgängig nicht einmal konsultiert worden seien.
Im Allgemeinen gaben sich Economiesuisse und SAV in ihren Positionen zur Pandemiepolitik vergleichsweise staatstragend und versuchten insbesondere auf mehr Planungssicherheit hinzuwirken. Zumindest in ihren öffentlich vorgetragenen Forderungen war ein gewisses Bestreben zu erkennen, auf Maximalforderungen zugunsten kurzfristiger Wirtschaftsinteressen zu verzichten und vielmehr eine nachhaltige, letztlich auch im Interesse der Wirtschaft liegende Pandemiebewältigung zu unterstützen. Im April handelten sich die beiden Verbände allerdings heftige Kritik ein, als sie davon sprachen, dass bis zu 30'000 Covid-19-Neuinfektionen pro Tag «verkraftbar» seien, sobald die Risikopersonen geimpft seien. Sie mussten diese Aussage in der Folge relativieren, hielten aber daran fest, dass sich die Massnahmen nach einer Impfung breiterer Bevölkerungsgruppen weniger an den Ansteckungszahlen und mehr an den Hospitalisationszahlen orientieren sollten. Ebenfalls im April forderten Economiesuisse und SAV eine Öffnung der Restaurantterrassen und die Umwandlung der Homeoffice-Pflicht in eine Empfehlung. Im Herbst befürworteten die beiden Dachverbände die Zertifikatspflicht, um drastischere Einschränkungen zu vermeiden, und vertraten diese Haltung auch im Abstimmungskampf über die zweite Revision des Covid-19-Gesetzes. Economiesuisse-Präsident Christoph Mäder argumentierte in einem Gastbeitrag in der NZZ, das Zertifikat helfe «ein Stück Normalität im Alltag» zu ermöglichen und weitere Lockdowns zu vermeiden. Ausserdem erleichtere es den internationalen Reiseverkehr, was gerade für Geschäftsreisen wichtig sei. Ein Wunsch nach Planungssicherheit war auch in der Forderung von Economiesuisse und SAV vom Herbst zu erkennen, dass der Bund verbindlich erklären solle, ab welchen Impfquoten er einen Ausstieg aus den Massnahmen beschliessen werde. Der Bundesrat lehnte einen solchen Automatismus indessen ab, da die Entwicklung der Pandemie zu unberechenbar sei.

Der Gewerbeverband (SGV) gab wie der SAV und Economiesuisse bei beiden Abstimmungen über das Covid-19-Gesetz die Ja-Parole heraus, markierte aber ansonsten grössere Distanz zu den Massnahmen des Bundes. So forderte er etwa bereits im April eine sofortige Öffnung aller damals aufgrund der zweiten Pandemiewelle geschlossenen Wirtschaftszweige. Als der Bundesrat Ende Juni die Homeoffice-Pflicht und das Testregime für Unternehmen aufhob, begrüsste der SGV dies, forderte aber weitergehende Schritte: So sollten etwa auch die Einschränkungen für Gruppengrössen in Restaurants und – von deutlich grösserer Tragweite – die besondere Lage gemäss Epidemiengesetz aufgehoben werden. Die «Sonderrechte», welche die besondere Lage dem Bundesrat verschaffe, drohten gemäss SGV «die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kosten ins Unermessliche steigen» zu lassen. Der SGV drang mit dieser Forderung indessen nicht durch; wie die NZZ zu bedenken gab, hätte eine Aufhebung der besonderen Lage zur Folge, dass Massnahmen wie etwa die Maskenpflicht im ÖV oder Vorgaben für Veranstaltungen dann wieder den Kantonen obliegen würden, womit ein Flickenteppich uneinheitlicher Massnahmen drohen würde.

Arbeitgebendenverbände und Gewerkschaften zu Corona-Massnahmen

Im November 2021 erschien der Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulates Cramer (gp, GE) über die Regelung der Arbeit auf Abruf. Wie das Postulat verlangte, wurde im Bericht geprüft, ob die Form der Arbeit auf Abruf im OR zufriedenstellend geregelt ist. Zudem erläuterte der Bericht die Regelung der Arbeit auf Abruf im AVIG.
Wie dem Bericht zu entnehmen ist, wird Arbeit auf Abruf im OR nicht definiert. Der Bericht definiert sie daher als diejenige Arbeit, bei welcher Arbeitnehmende vom Arbeitgebenden abgerufen werden, wenn sie gebraucht werden. Dabei sind sie «verpflichtet [...], die Angebote des Arbeitgebers anzunehmen». Im Bericht wurde erläutert, dass flexible Arbeitsformen mit unregelmässigen Arbeitszeiten wie die Arbeit auf Abruf aufgrund eines Bundesgerichtsentscheids mit schweizerischem Recht kompatibel sind, auch wenn der Arbeitsvertrag keine fixe Arbeitszeit vorsieht. Dabei setzt das Bundesgericht der Freiheit des Arbeitgebenden, die Arbeitszeit der Arbeitnehmenden frei festzulegen, basierend auf dem OR jedoch gewisse Grenzen. Erstens darf der Arbeitgebende das Arbeitspensum nicht «in bedeutendem Umfang» verringern, nachdem der Arbeitsvertrag aufgelöst worden war. Wird dies trotzdem gemacht, muss der Arbeitgeber den Lohn für den Arbeitszeitausfall fortzahlen. Weiter darf das Betriebsrisiko nicht auf die Arbeitnehmenden übertragen werden. Verweigert also der Arbeitgebende die Annahme der Arbeitsleistung aus wirtschaftlichen Gründen, gerät er in Annahmeverzug und ist zur Lohnzahlung verpflichtet. Drittens wird die Zeit, während sich der Arbeitnehmende bereithält – die sogenannte Bereitschaftszeit – als Arbeitszeit betrachtet und muss entschädigt werden – ausser ein Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag sieht keine Entschädigung der Bereitschaftszeit vor. Somit schützen die bindenden gesetzlichen Grundlagen des Arbeitsvertragsrechtes die Arbeit auf Abruf zumindest teilweise.
Auch aus Sicht der Arbeitslosenversicherung besteht gemäss dem Bericht ein Schutz für Arbeitnehmende, die auf Abruf arbeiten: Diese haben unter anderem Anspruch auf Leistungen für Arbeitslose – wie alle anderen Arbeitnehmenden auch. Falls aber die Anzahl der Abrufe durch die Arbeitgebenden reduziert wird oder diese ganz entfallen, erleiden die Arbeitnehmenden keinen anrechenbaren Arbeits- beziehungsweise Verdienstausfall und haben folglich keinen Anspruch auf Arbeitslosenleistungen. Der Bericht schildert jedoch auch Ausnahmen zu diesem Grundsatz aus der Praxis und der Rechtsprechung. Unter anderem zahlt die Arbeitslosenversicherung eine Arbeitslosenentschädigung, wenn «begründete Zweifel darüber [bestehen], ob die versicherte Person für die Zeit ihres Arbeitsausfalls gegenüber ihrem Arbeitgeber Lohn- oder Entschädigungsansprüche [...] hat oder ob ihre Forderungen erfüllt werden». Zudem verbietet das AVIG eine ständige Abrufbereitschaft der Arbeitnehmenden «über den Umfang der garantierten Beschäftigung hinaus», da dies die Vermittlungsfähigkeit der Betroffenen senkt.
Insgesamt erachtete der Bundesrat damit den Schutz der Arbeit auf Abruf als zufriedenstellend, da ihr sowohl das OR, als auch das AVIG Grenzen setzen. Er machte daher keinen Bedarf aus, die entsprechenden Regelungen zu ändern oder zu ergänzen.

Réglementer le travail sur appel (Po. 19.3748)

Mit 7 zu 5 Stimmen (0 Enthaltungen) beschloss die RK-SR im November 2021, einer Standesinitiative des Kantons Tessin mit der Forderung nach einer Ausdehnung des Kündigungsschutzes nach dem Mutterschaftsurlaub keine Folge zu geben. Die Kommissionsmehrheit erachtete den bestehenden Kündigungsschutz von 16 Wochen nach der Geburt als ausreichend: «[I]n den allermeisten Fällen» könnten die angestellten Mütter und die Arbeitgebenden eine für beide Parteien befriedigende Lösung finden, wie verschiedene Studien gezeigt hätten. Zudem seien Kündigungen wegen Mutterschaft aktuell schon generell widerrechtlich, weswegen die Frauen bereits über die nötigen Instrumente verfügen würden, um sich dagegen zu wehren. Eine Verlängerung des Kündigungsschutzes würde ferner die Wirtschaftsfreiheit einschränken und könnte sich gar kontraproduktiv auswirken: Aufgrund eines «zu grossen Planungsrisikos» könnten Arbeitgebende weniger gewillt sein, junge Frauen einzustellen.
Anders sah dies die Kommissionsminderheit. Sie sah in dieser Massnahme positive Effekte für Wirtschaft und Gesellschaft, da weniger weibliche Fachkräfte aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden würden. Darüber hinaus würden die Studien nicht das gesamte Ausmass der Problematik aufzeigen: Wenn Frauen nach der Mutterschaft selber kündigten, geschehe dies auch, weil der Arbeitgebende sie zu diesem Schritt bewegt habe oder weil eine Pensumsreduktion nicht möglich gewesen sei.

Ausdehnung des Kündigungsschutzes nach dem Mutterschaftsurlaub (Kt.Iv. 20.322)
Dossier: Verstärkung des Kündigungsschutzes bei Mutterschaft

Auch die WBK-NR wollte auf die Schaffung eines spezifischen Verfassungsartikels verzichten, der den Bund zur dauerhaften Förderung von familienergänzenden Betreuungsangeboten im Vorschulalter verpflichten würde, wie dies eine Standesinitiative aus dem Kanton Genf forderte. Die Kommission lehnte dieses Anliegen im November 2021 mit 20 zu 4 Stimmen (1 Enthaltung) ab. Eine Minderheit hatte vergeblich für Folgegeben plädiert, um die Überlegungen der Initiative in die laufenden Arbeiten zur eigenen Kommissionsinitiative (Pa.Iv. 21.403) einfliessen zu lassen. Besser erging es einer parlamentarischen Initiative Brenzikofer (gp, BL; Pa.Iv. 21.412) mit der Forderung nach einer gesetzlichen Grundlage zur Finanzierung von Tagesschulangeboten: Hier entschloss sich eine Mehrheit der Kommission für Folgegeben, um das Anliegen in die Umsetzung der Kommissionsinitiative zu integrieren.

Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung (Pa.Iv. 21.403)
Dossier: Finanzhilfen zur Förderung familienergänzender Kinderbetreuung

Im November 2021 gab die WBK-NR mit 15 zu 9 Stimmen einer parlamentarischen Initiative Brenzikofer (gp, BL) Folge, welche die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für eine finanzielle Unterstützung von Tagesschulangeboten verlangte. Die Kommissionsmehrheit hatte vor, das Anliegen der Initiative in die Umsetzung der eigenen, hängigen Kommissionsinitiative zur Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung zu integrieren (Pa.Iv. 21.403).

Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für eine finanzielle Unterstützung von Tagesschulangeboten (Pa.Iv. 21.412)
Dossier: Finanzhilfen zur Förderung familienergänzender Kinderbetreuung

Auf ein medial stärkeres Echo als die offizielle Feier zu 50 Jahre Frauenstimm- und -wahlrecht stiess die ebenfalls zu diesem Anlass im Oktober 2021 durchgeführte Frauensession. Zum zweiten Mal seit der Einführung des Frauenstimmrechts – das erste Mal war 1991 zum 20. Jahrestag der Einführung – debattierten 200 in einer offenen Wahl gewählte Frauen zwischen 17 und 82 Jahren, mit oder ohne Schweizer Staatsbürgerschaft und in den meisten Fällen ohne bisherige politische Erfahrung, während zweier Tage über Vorstösse, die im Vorfeld von den Teilnehmerinnen in acht verschiedenen Kommissionen ausgearbeitet worden waren. Während der Frauensession gesellten sich 46 aktive und ehemalige Bundesparlamentarierinnen und Regierungsrätinnen zu den gewählten Frauen. Auch die drei aktuellen Bundesrätinnen, Viola Amherd, Karin Keller-Sutter und Simonetta Sommaruga, sowie Bundesrat Alain Berset würdigten die Frauen und deren Anliegen mit Ansprachen an der Frauensession.

Als solidarisch und inklusiv beschrieb «Le Temps» das Klima an der vom Frauendachverband Alliance f organisierten Session. Weitere Zeitungen bezeichneten die dort herrschende Stimmung auch als laut und euphorisch. Die ehemalige Nationalrätin Cécile Bühlmann, die zwischen 1991 und 2005 für die Grünen im eidgenössischen Parlament gesessen war und der Frauensession 2021 beiwohnte, drückte ihre Empfindungen zur aktuell stattfindenden Mobilisierung von Frauen, wie sie auch mit der Frauensession geschehe, gegenüber «Le Temps» gar als «la politisation des femmes la plus forte à laquelle j’assiste depuis celle de mai 1968» aus. Die Frauensession, die in den Beschluss von über 20 Petitionen ans Parlament mündete, wurde in den Medien auf der einen Seite als «umfassende Standortbestimmung», «starkes Statement» (Sonntags-Blick) oder «signal fort» (Le Temps) aufgefasst. Auf der anderen Seite sprach die NZZ von «fröhlichem Geldverteilen in Bern» und Markus Somm stellte in der Sonntagszeitung die Bedeutung der Frauensession als «Pseudosession für unsere lieben Frauen» in Frage.

Inwiefern die aus der Frauensession resultierenden Forderungen tatsächlich wegweisend für die künftige Gleichstellungspolitik in der Schweiz sein werden, wird sich zeigen müssen. Einige der vor 30 Jahren an der Frauensession 1991 geäusserten Forderungen hatten die Diskussionen um die Gleichstellungspolitik in den Folgejahren sehr wohl geprägt – zu nennen ist etwa die Einführung von Betreuungsgutschriften, die 1995 mit der 10. AHV-Revision erfüllt worden war. Unter den 1991 geäusserten Forderungen gab es jedoch solche, die auch im Jahr 2021 noch immer aktuell waren und an der zweiten Frauensession erneut gestellt wurden, so diejenige zur Erhöhung der Chancengleichheit im Erwerbsleben durch Herstellung von Lohngleichheit oder adäquate ausserfamiliäre Kinderbetreuungsstrukturen. Bisher ebenfalls noch unerfüllt waren weitere in Petitionen eingebrachte Forderungen, wie diejenigen zur Einführung der Individualbesteuerung oder einer Elternzeit, zur Verbesserung der finanziellen Situation von Bäuerinnen oder zur Einführung politischer Rechte für Personen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft. Eine zentrale Forderung der Frauensession war insbesondere auch die verstärkte Bekämpfung der geschlechtsspezifischen Gewalt. Aber auch neue Forderungen fanden Eingang in die Petitionen. Als Beispiel genannt sei hier die Forderung nach verstärkter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Unterschiede im Gesundheitsbereich, denen mit einem nationalen Forschungsprogramm auf den Grund gegangen werden soll.

Frauensession 2021
Dossier: Behandlung der Petitionen der Frauensession 2021 in parlamentarischen Vorstössen

Auch die WBK-NR als zuständige Kommission des Nationalrats beantragte ihrem Rat, der Standesinitiative des Kantons Jura, die für die Kantone eine explizite Kompetenz verlangte, über die bundesrechtlichen Bestimmungen hinausgehende Regelungen zu Eltern- oder Vaterschaftsurlaub zu beschliessen, keine Folge zu geben. Sie fasste diesen Entschluss mit 15 zu 10 Stimmen. Während sich die Kommissionsminderheit von der Zustimmung die Möglichkeit einer harmonisierten Lösung erhoffte, vertrat die Kommissionsmehrheit die Meinung, dass den Kantonen durch das Bundesrecht bereits ein gewisser Handlungsspielraum eingeräumt werde.

Möglichkeit für Kantone, Ausgebaute Lösungen zum Eltern- oder Vaterschaftsurlaub zu beschliessen

Der Ständerat beschäftigte sich im Rahmen der Herbstsession 2021 mit der Motion Grüter (svp, LU), die den Bundesrat beauftragen wollte, die Zahl der ausgesteuerten Arbeitnehmenden in die Arbeitslosenstatistik aufzunehmen. Die dafür zuständige SGK-SR beantragte mit 7 zu 4 Stimmen (bei 1 Enthaltung), die Motion abzulehnen. Kommissionssprecher Peter Hegglin (mitte, ZG) erklärte, dass eine Aufnahme der Ausgesteuerten in die Statistik deren weitere Anmeldung beim RAV notwendig machen würde. Zudem wäre durch eine solche Änderung die zeitliche Kontinuität der Statistik nicht mehr gewährleistet. Der Ständerat lehnte die Motion stillschweigend ab, womit das Geschäft erledigt war.

Motion "Aufnahme der Ausgesteuerten in die Arbeitslosenstatistik"

In der nationalrätlichen Herbstsession 2021 wurde die Forderung nach einem ergänzenden, bezahlten Vaterschaftsurlaub von maximal 14 Wochen, eingebracht in Form einer parlamentarischen Initiative Bertschy (glp, BE), mit 38 zu 110 Stimmen (bei 38 Enthaltungen) klar abgelehnt. Unterstützung erhielt das Anliegen lediglich von der geschlossenen GLP-Fraktion, einer Mehrheit der SP-Fraktion und insgesamt drei Mitgliedern aus den Fraktionen der Grünen und der Mitte. Die Grünen-Fraktion enthielt sich beinahe gänzlich der Stimme – ebenso wie eine Minderheit der SP und zwei Ratsmitglieder der Mitte. Fünf SP-Mitglieder stellten sich gar gegen die Initiative. Die fehlende Unterstützung aus dem linken Lager war in der Ausgestaltung der Vorlage begründet. So befürchtete Flavia Wasserfallen (sp, BE) im Rat, dass bestehende, grosszügigere Urlaubsregelungen für die Mutter bei Annahme der Initiative auf 14 Wochen reduziert werden könnten. Die Bestärkungen der GLP-Nationalrätin Bertschy, dass es ihr keinesfalls um die Kürzung bestehender Lösungen gehe, sondern um eine ergänzende Lösung für den Vater im selben, bekannten Umfang, verfingen im Nationalrat auf linker Seite nicht. Min Li Marti (sp, ZH) bestätigte ferner gegenüber dem Tages-Anzeiger, dass je 14 Wochen einigen Linken zu wenig weit gingen.

14 Wochen Elternurlaub für beide Elternteile (Pa.Iv. 20.472)

Die EO ermächtigt die Kantone explizit in Artikel 16h, ausgebautere Varianten des 14-wöchigen Mutterschaftsurlaubs zu beschliessen. Eine ebensolche Regelung verlangte eine Standesinitiative aus dem Kanton Jura: Sie wollte den Kantonen im Gesetz explizit die Kompetenz gewähren, über weitergehende Bestimmungen zum bestehenden Vaterschaftsurlaub oder über die Einführung eines Elternurlaubs auf ihrem Kantonsgebiet zu befinden, die nicht nur für öffentlich-rechtliche, sondern auch für privatrechtliche Arbeitsverhältnisse Gültigkeit hätten. Im Ständerat, der die Standesinitiative des Kantons Jura beriet, dominierten juristische Fragen. Benedikt Würth (mitte, SG) bestätigte für die Kommissionsmehrheit, dass im vorliegenden Fall nicht klar sei, ob hier ein öffentliches Interesse vorliege, das vom Bund nicht abschliessend geregelt werde. Sollte ein solches vorliegen – argumentiert werden könnte etwa mit dem Kindeswohl oder der Gleichstellung zwischen Mann und Frau –, erübrige sich eine explizite Kompetenzgewährung, da die Kantone so bereits die Möglichkeit hätten, in ihrem Kompetenzbereich öffentlich-rechtliche Normen zu beschliessen. Für den Fall, dass ein öffentliches Interesse verneint würde, könnte nur eine explizite Erwähnung im Gesetz die rechtliche Unsicherheit beseitigen. Genau die Beseitigung dieser Unsicherheit durch Folgegeben verlangte eine Minderheit Baume-Schneider (sp, JU) und betonte, dass es nicht um die finanzielle Unterstützung einer kantonalen Regelung durch den Bund gehe. Sie verwies dabei auf verschiedene laufende Bestrebungen in unterschiedlichen Kantonen – neben ihrem eigenen Kanton in den Kantonen Tessin, Genf und Bern –, die allesamt vor dieser rechtlichen Unsicherheit stünden. Mit 25 zu 13 Stimmen bei einer Enthaltung folgte der Ständerat seiner Kommissionsmehrheit und gab der Initiative keine Folge.

Möglichkeit für Kantone, Ausgebaute Lösungen zum Eltern- oder Vaterschaftsurlaub zu beschliessen

Nachdem der Ständerat die Motion von Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU) aufgrund eines Ordnungsantrages an die SPK-SR zur Vorberatung überwiesen hatte, empfahl diese den Vorstoss im März 2021 mit 8 zu 4 Stimmen zur Ablehnung. In der Herbstsession 2021 beugte sich sodann der Ständerat über die Motion, welche forderte, dass der Bundesrat in Krisenzeiten die Situation von Menschen, die keinen rechtlich geregelten Status haben, berücksichtigt. Eine Kommissionsmehrheit und der Bundesrat lehnten den Vorstoss unter anderem ab, weil es sich erstens um Personen handle, die eigentlich gar nicht in der Schweiz sein dürften, sie zweitens bereits jetzt Zugang zum Gesundheitswesen sowie zu Nothilfe hätten und weil drittens das AIG während Krisenzeiten bereits erlaube, dass Härtefälle eine Aufnahmebewilligung erhielten, wie Philippe Bauer (fdp, NE) für die Kommission ausführte. Mathias Zopfi (gps, GL) hielt im Namen der Minderheit dagegen, dass sich gerade Sans-Papiers aus Angst vor einer Abschiebung eben nicht trauen würden, mit den Behörden in Kontakt zu treten, um Nothilfe zu beantragen, weshalb diese Motion aus seiner Sicht zielführendere Lösungen in Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen vorsehe. Dies schien den Ständerat aber nicht zu überzeugen – er lehnte die Vorlage mit 27 zu 13 Stimmen (1 Enthaltung) ab.

Prendre en considération la situation des personnes sans statut légal (Mo. 20.3420)

Am 2. September 2021 fand mit coronabedingter Verspätung im Nationalratssaal die offizielle Feier zum 50-jährigen Bestehen des Frauenstimm- und -wahlrechts statt. Dass die Schweiz den Frauen die politischen Rechte erst 1971 gewährte und diese somit im internationalen Vergleich ausserordentlich spät zu einer «ganzen Demokratie» wurde, habe mit den direkten Beteiligungsmöglichkeiten zu tun, erklärte Justizministerin Karin Keller-Sutter in ihrer Rede zur Feier. Mit Ausnahme von Liechtenstein hätten sonst in keinem Land der Welt die Männer über die Einführung des Frauenstimmrechts befunden. Neben dem Bundespräsidenten Guy Parmelin, der die Eröffnungsrede hielt, sprachen auch die ehemalige Bundesrätin Ruth Dreifuss, der frühere CVP-Generalsekretär Iwan Rickenbacher und eine der ersten Nationalrätinnen, Hannah Sahlfeld-Singer, zu den geladenen Gästen aus Politik und Verwaltung, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft. Hanna Sahlfeld-Singer – mit ihren zum Zeitpunkt der Wahl damals 28 Jahren jüngste Parlamentarierin und dazu die erste, die während ihrer Amtszeit Mutter wurde – richtete sich in ihrer Rede auch an die Männer: «Habt keine Angst vor selbstbewussten Frauen», meinte sie. «Seid gleichberechtigte Partner! Dann kann es gut für alle werden.» Auch Karin Keller-Sutter plädierte in ihrer Rede für mehr Gleichberechtigung, denn man könne «auch heute noch nicht das Ende der Geschichte ausrufen». Insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf müsse verbessert werden – letzteres nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer. Darüber hinaus forderte die Bundesrätin auch eine stärkere Bekämpfung von sexueller und häuslicher Gewalt.
Auch die nur wenige Tage später zum selben Anlass durchgeführte gemeinsame Tagung des BJ und der Universität Bern gedachte nicht nur historischer Ereignisse, sondern blickte ebenso nach vorne, indem sie sich mit aktuellen Gleichstellungsfragen und Fragen zur Erteilung des Stimmrechts an weitere Gruppen befasste – so an Personen ohne Schweizer Pass, Minderjährige oder Personen unter umfassender Beistandschaft.

50 Jahre Frauenstimm- und Wahlrecht

Um die Lohngleichheit durchzusetzen, hatte das Parlament 2018 eine Revision des Gleichstellungsgesetzes angenommen, mit der um die 5000 Schweizer Unternehmen mit über 100 Angestellten zur Durchführung von Lohnanalysen verpflichtet worden waren. Im August 2021 veröffentlichten zwei Unternehmen, die Zertifikate für die Einhaltung fairer Löhne vergeben, – das Competence Centre for Diversity & Inclusion an der Universität St. Gallen und das aargauische Unternehmen Comp-On – erstmals entsprechende Ergebnisse für 300 Unternehmen. Die Ergebnisse der Studien zeigten ein fast durchwegs positives Bild: Nur bei einem von zwanzig untersuchten Unternehmen liessen sich die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern nicht durch objektive Merkmale erklären. Comp-On zeigte sich gegenüber dem Tages-Anzeiger positiv überrascht ob dieser Ergebnisse, wies jedoch auch darauf hin, dass die ausgewerteten Daten allenfalls nicht für alle grossen Unternehmen repräsentativ seien, da «Un­ternehmen, die sich zertifizieren lassen möchten, sich bereits für das Thema Lohngleichheit enga­gieren». Dementsprechend äusserten auch Lohngleichheitsexpertinnen Zweifel an der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf alle (grossen) Schweizer Unternehmen. Nur zwei Monate zuvor hatte der Ständerat eine weitere Revision des Gleichstellungsgesetzes bachab geschickt, die alle Unternehmen zur Übermittlung ihrer Lohnanalyseergebnisse an den Bund verpflichtet und somit auch eine lückenlosere Datenauswertung ermöglicht hätte.

000_Erste Ergebnisse Lohnanalysen

Eine noch vor der Volksabstimmung zum indirekten Gegenentwurf zur Volksinitiative «für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub» eingereichte Standesinitiative des Kantons Jura wollte den Kantonen die Kompetenz zur Einführung eines Vaterschafts- oder Elternurlaubs einräumen – unabhängig vom Ausgang der Volksabstimmung. Die Vernehmlassungsantworten zum indirekten Gegenentwurf hätten gezeigt, dass zwei Drittel der Kantone die Einführung eines Vaterschaftsurlaubs begrüssten, einzelne Kantone stünden gar für einen längeren Urlaub ein als die im Gegenentwurf enthaltenen zwei Wochen. Die WBK-SR, die sich im Juni 2021 und somit nach Annahme des zweiwöchigen Vaterschaftsurlaubs an der Urne mit der Standesinitiative befasste, kam mit 6 zu 5 Stimmen bei einer Enthaltung zum Schluss, dass mit dem Volks-Ja keine weiteren Revisionen nötig seien und beantragte, der Standesinitiative keine Folge zu geben.

Möglichkeit für Kantone, Ausgebaute Lösungen zum Eltern- oder Vaterschaftsurlaub zu beschliessen

Eine parlamentarische Initiative Bertschy (glp, BE) verlangte eine Änderung der Erwerbsersatzordnung, um im Falle der Erwerbstätigkeit beider Elternteile die bestehende 14-wöchige Mutterschaftsentschädigung um einen maximal 14-wöchigen bezahlten Vaterschaftsurlaub zu ergänzen. Zum einen begründete die Initiantin ihre Forderung damit, dass eine familienexterne Betreuung nach Ablauf der bestehenden 14 Wochen Mutterschaftsurlaub oftmals nicht möglich sei. Zum anderen argumentierte sie, dass damit die traditionelle Rollenteilung aufgeweicht und die Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern im Erwerbsleben verbessert werden könne. Eine verstärkte Einbindung der Frauen in den Arbeitsmarkt hätte mittel- bis längerfristig positive Auswirkungen auf die Wirtschaft; so könnten etwa der Fachkräftemangel entschärft und die Einnahmen bei den Steuern und Sozialversicherungen erhöht werden, zeigte sich die Berner Nationalrätin überzeugt. Die SGK-NR, die sich im Juni 2021 mit der parlamentarischen Initiative auseinandersetzte, beantragte mit 13 zu 5 Stimmen bei 6 Enthaltungen, der Initiative keine Folge zu geben. Ein zentrales Motiv für die ablehnende Haltung stellten die Kosten zur Finanzierung eines solchen Elternzeitmodells dar. Im Zuge der Beratungen zur Initiative lancierte die Kommission jedoch ein Postulat, das den Bundesrat beauftragen möchte, eine volkswirtschaftliche Gesamt-Kosten-Nutzen-Analyse unterschiedlicher Elternzeitmodelle zu erstellen.

14 Wochen Elternurlaub für beide Elternteile (Pa.Iv. 20.472)

Gemäss einer Unicef-Studie aus dem Jahr 2019 ist die Schweiz das familienunfreundlichste Land in Europa – neben den hohen Kosten für die familienexterne Kinderbetreuung unter anderem auch wegen der Kürze bestehender Urlaubsmöglichkeiten bei der Geburt eines Kindes. Auf diesen Umstand wies die SGK-NR hin, als sie ein Postulat lancierte, das die volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer Elternzeit in einem Bericht aufzeigen sollte. Beschlossen hatte die Kommission ihren Vorstoss während der Beratung einer parlamentarischen Initiative Bertschy (glp, BE), die bestehend zum 14-wöchigen Mutterschaftsurlaub einen gleich langen, bezahlten Vaterschaftsurlaub einführen wollte (Pa.Iv. 20.472). Die SGK-NR begründete ihren Vorstoss damit, dass bislang keine volkswirtschaftliche Studie bestehe, die den Status quo in der Schweiz mit anderen in Europa praktizierten Modellen vergleiche und die «neben den breit diskutierten Kosten auch eine Abschätzung des Nutzens» – etwa in Bezug auf die Steuereinnahmen, die Altersvorsorge, die Ergänzungsleistungen oder die Amortisation der Ausbildungskosten – vornehme. Bei den zu überprüfenden Varianten soll der bestehende Mutterschaftsurlaub nicht verhandelbar sein. Zu prüfen seien demnach folgende Modelle: Gleiche Elternzeit für beide Elternteile (etwa 14/14 oder 18/18) sowie eine zum bestehenden Mutterschaftsurlaub ergänzende Elternzeit, entweder mit bestimmten Pflichtanteilen für beide Elternteile oder eine frei aufteilbare Elternzeit. Der Bundesrat empfahl die Annahme des Postulats.
In der Herbstsession 2021 lag dem Nationalrat ein Minderheitsantrag Aeschi (svp, ZG) auf Ablehnung des Vorstosses vor. Der Zuger SVP-Nationalrat ortete aufgrund der jüngst erfolgten Annahme eines zweiwöchigen Vaterschaftsurlaubs an der Urne eine Salamitaktik. Die Minderheit lehnte die Forderung des Postulats ab, weil sie die zu überprüfenden Modelle als zu weitgehend erachtete. Das Postulat passierte den Nationalrat mit 110 zu 67 Stimmen (3 Enthaltungen). Neben der geschlossen gegen das Postulat stimmenden SVP-Fraktion stand auch eine Mehrheit der FDP.Liberalen-Fraktion für ein Nein ein.

Volkswirtschaftliches Gesamtmodell (Kosten-Nutzen) von Elternzeitmodellen (Po. 21.3961)

Der Ständerat befasste sich in der Sommersession 2021 mit der Forderung nach einer Sensibilisierungskampagne gegen Belästigungen an den ETH. Dieses von der WBK-NR eingebrachte Anliegen stiess grundsätzlich auch in der WBK-SR auf Zuspruch, wie Andrea Gmür-Schönenberger (mitte, LU) erläuterte. Die Kommissionsmehrheit beantragte jedoch die Ablehnung der Motion, weil der ETH-Bereich bereits zahlreiche Schritte zur Sensibilisierung unternommen habe. Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) deutete eine allfällige Ablehnung der Motion als falsches Signal. Sie forderte im Namen der Kommissionsminderheit die Annahme des Vorstosses, da es notwendig sei, einen umfassenden kulturellen Wandel herbeizuführen. Auch müssten die Studierenden stärker einbezogen werden, dies sei bis anhin nicht geschehen.
Die kleine Kammer folgte in der anschliessenden Abstimmung der Kommissionsmehrheit und lehnte die Motion mit 22 zu 14 Stimmen ab.

Kampagne gegen Belästigungen an den ETH (Mo. 21.3010)

La Commission des sciences, de l'éducation et de la culture du Conseil des Etats (CSEC-CE) s'est penchée sur l'initiative cantonale vaudoise. Par 8 voix contre 3, elle a préconisé le rejet de l'initiative. En effet, elle souhaite laisser le temps à la modification de la loi sur l'égalité (17.047) de faire effet, avant d'envisager une révision.
Les sénateurs et sénatrices ont suivi l'opinion de leur commission. Ils ont rejeté tacitement l'initiative. L'objet a été débattu en parallèle de l'initiative parlementaire 20.400.

Modifier les dispositions légales permettant d'instaurer un contrôle institutionnel des entreprises et entités privées (Iv.ct. 18.323)
Dossier: Lohngleichheitsanalysen und Diskussionen über die Einführung von Sanktionen

Mittels parlamentarischer Initiative plante die WBK-NR im Jahr 2020 und somit bereits kurz nach Verabschiedung der ersten Revision des Gleichstellungsgesetzes (GlG), mit der Unternehmen ab hundert Mitarbeitenden zur Durchführung von Lohnanalysen verpflichtet worden waren, eine weitere GlG-Revision. Damit sollten die Unternehmen verpflichtet werden, die Ergebnisse ihrer Lohnanalysen an den Bund zu übermitteln. Gemäss geltender Regelung im Gleichstellungsgesetz ist der Bund zur Evaluation der Lohnanalyse-Ergebnisse verpflichtet, die Unternehmen jedoch nicht zur Übermittlung der Ergebnisse an den Bund. Letzterer müsste somit eine Umfrage bei den Unternehmen durchführen, um an die vollständigen Resultate zu gelangen. Der Aufwand für die Unternehmen verkleinere sich dadurch, hatte Valérie Piller Carrard (sp, FR) im Dezember 2020 für die Kommission im Nationalrat ausgeführt, «car la transmission des données représente une charge beaucoup plus faible qu'une éventuelle enquête menée par la Confédération auprès des entreprises en vue de cette évaluation». Darauf gab die grosse Kammer der Initiative Folge.
Ende März 2021 sprach sich die ständerätliche WBK mit 6 zu 4 Stimmen (1 Enthaltung) gegen die Initiative aus, da sie zuerst die Auswirkungen der erst kurz zuvor verabschiedeten Gesetzesrevision abwarten wollte. In der Sommersession 2021 stützte der Ständerat diesen Entscheid, womit die parlamentarische Initiative in der Vorprüfung scheiterte.

Égalité salariale. Transmission des résultats de l'analyse à la Confédération (Iv.pa. 20.400)
Dossier: Lohngleichheitsanalysen und Diskussionen über die Einführung von Sanktionen

Christian Dandrès (sp, GE) forderte im Dezember 2020 in seiner parlamentarischen Initiative, dass die Unterstützungsmassnahmen für Freischaffende in Theater und Film ausgebaut werden. Konkret verlangte der Sozialdemokrat, dass die Rahmenfristen für die Beitragszeit und für den Leistungsbezug für die Betroffenen von zwei auf vier Jahre verdoppelt werden sollen und die ersten 60 Tage der Beitragszeit bei befristeten Stellen doppelt gezählt wird.
Der Kultursektor sei einer der am stärksten durch die Massnahmen gegen die Corona-Pandemie betroffenen Bereichen, wie Dandrès in der Nationalratsdebatte in der Sommersession 2021 argumentierte. Trotz der Öffnungsschritte bleibe die Zukunft der Schweizer Kulturszene ungewiss, Planung sei quasi unmöglich. Dies werde nach Dandrès dazu führen, dass Kulturschaffende defacto bis zu zwei Jahre nicht arbeiten könnten, was starke Auswirkungen auf ihren Anspruch auf Arbeitslosenhilfe gehabt habe und haben werde. Dabei sei zu betonen, dass die Situation von Freischaffenden im Kultursektor bezüglich Arbeitslosenversicherung bereits vor Corona prekär gewesen sei, wie bereits im Postulat Maret (mitte, VS) anerkannt wurde.
Die WBK-NR beantragte mit 16 zu 9 Stimmen, der parlamentarischen Initiative keine Folge zu geben, da die aktuellen Unterstützungsmassnahmen bereits ausreichten und die in der Initiative vorgeschlagenen Massnahmen zu einer Ungleichbehandlung der verschiedenen von der Krise betroffenen Sektoren führen würde. Eine Minderheit Piller-Carrard (sp, FR) beantragte die Annahme der Initiative, weil dadurch die prekäre Situation der Freischaffenden in Theater und Film, welche die Pandemie ans Tageslicht gebracht habe, dauerhaft verbessert werden könne.
Die grosse Kammer folgte der WBK-NR und lehnte die parlamentarische Initiative mit 120 zu 69 Stimmen deutlich ab. Einzig die Fraktionen der SP und der Grünen stimmten geschlossen für Annahme, unterstützt wurden sie von Jacqueline de Quattro (fdp, VD) und Benjamin Roduit (mitte, VS).

Unterstützungsmassnahmen für Freischaffende in Theater und Film. Für die Rettung der Kultur und der Kulturschaffenden

In der Sommersession 2021 bestätigte der Ständerat den Entscheid seiner WBK-SR und gab einer Standesinitiative aus dem Kanton Genf zur Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung keine Folge. Er stellte sich somit gegen die Schaffung eines spezifischen Verfassungsartikels, der eine dauerhafte Bundesbeteiligung für die Finanzierung familienergänzender Kinderbetreuungsplätze sowie die Förderung von vorschulischen Betreuungsplätzen auf Kantons- und Gemeindeebene verankern sollte. Stattdessen verwies er auf die hängige parlamentarische Initiative der WBK-NR, welche die Überführung der Anstossfinanzierung in eine stetige Lösung für die familienexterne Kinderbetreuung forderte. Zum Zeitpunkt der Beratung der Genfer Standesinitiative lag jedoch noch kein Entwurf der Kommission zur parlamentarischen Initiative vor.

Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung (Pa.Iv. 21.403)
Dossier: Finanzhilfen zur Förderung familienergänzender Kinderbetreuung

Mit 122 – mit einer Ausnahme – bürgerlichen gegen 66 Stimmen von Links-Grün gab der Nationalrat seiner WBK-NR folgend einer parlamentarischen Initiative Prelicz-Huber (gp, ZH) keine Folge. Die Initiative verlangte, dass die familien- und schulergänzende Betreuung für die Familien künftig kostenlos angeboten würde.

Familien- und schulergänzende Betreuung als Teil des Service public (Pa.Iv. 20.413)