Suche zurücksetzen

Inhalte

  • Sexualstraftaten

Akteure

  • Freysinger, Oskar (svp/udc, VS) NR/CN

Prozesse

2 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Im Mai 2014 wurde die 2009 von der Marche Blanche lancierte und 2011 zustande gekommene Volksinitiative „Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen“ von 63,5% der Stimmbevölkerung bei einer Stimmbeteiligung von 54,9% angenommen. Über hundert Mitglieder zählte das überparteiliche Pro-Komitee „Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen“. Unter den Vertretern aus der BDP, CVP, FDP, SVP, MCG, Lega und EDU befanden sich auch bekannte Politikerinnen und Politiker, wie etwa Oskar Freysinger (svp, VS), Natalie Simone Rickli (svp, ZH) und Thomas Minder (parteilos, SH). Ausgehend von der Ansicht, dass der vom Bundesrat ausgearbeitete und vom Parlament 2013 verabschiedete indirekte Gegenvorschlag zu wenig weit gehe, um Opfer vor Wiederholungstätern zu schützen, eröffnete das Komitee am 25. März den Abstimmungskampf.

Ihm stand das Contra-Komitee „Nein zur Pädophilie-Initiative“ gegenüber, welches sich erst kurz zuvor formiert hatte und von Andrea Caroni geleitet wurde. Obwohl alle Parteien ausser der SVP die Nein-Parole herausgegeben hatten, wurde das Nein-Komitee erst spät aktiv. Das aus Mitte-Links-Parlamentariern zusammengesetzte Komitee stellte sich hinter den indirekten Gegenvorschlag und kritisierte die Initiative aus dieser Perspektive als überflüssig, unvollständig und unverhältnismässig: Seiner Meinung nach biete das Bundesgesetz über das Tätigkeitsverbot und das Kontakt- und Rayonverbot einen umfassenderen Schutz der Kinder und wahre gleichzeitig den Rechtsstaat. Auch der Bundesrat empfahl die Volksinitiative zur Ablehnung. Das Parlament konnte sich bis zum Schluss nicht auf eine Abstimmungsempfehlung einigen.

Der Abstimmungskampf drehte sich folglich nicht um die Frage, ob Kinder vor sexuellen Übergriffen geschützt werden sollten, sondern durch welche Regelung dies geschehen sollte. Da es sich beim Kindsmissbrauch um ein emotionales Thema handelt, hatten die Gegner der Initiative mit ihren Argumenten der Rechtsstaatlichkeit und der Verhältnismässigkeit einen schweren Stand. Hinzu kam, dass dem Gegnerkomitee kaum finanzielle Mittel zur Verfügung standen und es sich auf eine Website und eine Pressekonferenz beschränken musste. So trug am Schluss das Pro-Komitee, welches mit seinen Teddybär-Plakaten und -Inseraten aktiv auftrat, den klaren Sieg davon. Es nützte auch nichts, dass der Bundesrat kurz vor der Abstimmung den Gegenvorschlag per 1. Januar 2015 in Kraft setzte.

Die grösste Zustimmung fand die Initiative in der Romandie (FR 68,8%, VD 68,7%, VS 74,3%, NE 70%, GE, 73,6%, JU 71,5%) und im Tessin (83%). Am wenigsten Ja-Stimmen bekam das Anliegen im Heimatkanton von Andrea Caroni (AR 55%).


Abstimmung vom 18. Mai 2014

Beteiligung: 54,9%
Ja: 1'818'658 (63,5%) / 20 6/2 Stände
Nein: 1'044'753 (36,5%) / 0 Stände

Parolen:
– Ja: BDP (1*), JCVP, SVP, EDU, MCR/MCG.
– Nein: CVP (10*), FDP (6*), SP, CSP, EVP, GLP (3*), Grüne (2*); LCH, SAJV, SGB, Travail.Suisse, VPOD, Jungwacht Blauring Schweiz, Pfadibewegung Schweiz, SATUS Schweiz, Stiftung Kinderschutz Schweiz.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen


Die Vox-Analyse ergab, dass es zwar durchaus einen klaren Konfliktgraben zwischen linken Gegnern und rechten Befürwortern gab. Schliesslich gab aber vor allem die persönliche Bedeutung der Vorlage den Ausschlag, wobei das Argument „Der Schutz des Kindes steht über allem“ überwog. Insgesamt waren die Stimmbürger gut über die Vorlage informiert und ihre Stimmmotivation spiegelte im Wesentlichen die Argumente der Abstimmungskomitees wieder. Dennoch schien vielen nicht klar gewesen zu sein, dass es neben der vorgelegten Initiative auch einen indirekten Gegenvorschlag in der Form eines Gesetzes gab.

Nach der Abstimmung stand das Parlament ein weiteres Mal vor der schwierigen Aufgabe, eine neue Verfassungsbestimmung umsetzen zu müssen, die einer anderen Bestimmung der Bundesverfassung – dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit – widerspricht. Noch im Berichtsjahr wollte die Justizministerin einen Entwurf in Form einer Änderung des Bundesgesetzes über das Tätigkeitsverbot und das Kontakt- und Rayonverbot in die Vernehmlassung schicken.

Volksinitiative „Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen“ (12.076)
Dossier: Pädophilen-Initiative

In der Debatte über die Volksinitiative und den Gegenvorschlag befasste sich der Nationalrat auch mit drei im Jahre 2004 eingereichten parlamentarischen Initiativen, welche das Ziel verfolgten, Kinder besser vor Übergriffen durch Pädophile zu schützen. Chiara Simoneschi-Cortesi (cvp, TI) verlangte (parl. Iv. 04.469), dass Personen, die mit Kindern arbeiten, bei ihrer Anstellung einen Strafregisterauszug vorlegen müssen. Oskar Freysinger (svp, VS) forderte (parl. Iv. 04.441), dass Verurteilungen wegen Pädokriminalität nie aus dem Strafregister gelöscht werden. CVP-Präsident Darbellay (VS) beantragte in seinem Vorstoss für Personen, die mit unter 16jährigen sexuelle Handlungen begangen haben, ein mindestens zehnjähriges Verbot von beruflichen und ausserberuflichen Aktivitäten mit regelmässigem Kontakt zu Kindern. Die CVP unterstützte alle drei Initiativen, da es trotz allen juristischen Einwänden darum gehe, hier ein Zeichen zugunsten des Schutzes der Kinder zu setzen. Die SVP stellte sich aus denselben Gründen hinter die Anträge von Simoneschi-Cortesi und Freysinger. Die FDP, die SP und die GP anerkannten zwar, dass im Bereich der Prävention der Pädokriminalität ein Handlungsbedarf bestehe, lehnten jedoch alle drei Vorstösse wegen ihrer juristischen Mängel ab. Der Nationalrat entschied sich knapp für die Initiativen von Simoneschi-Cortesi und Darbellay, die von deutlichen Mehrheiten der SVP und der CVP und jeweils kleinen Minderheiten der SP, der FDP und der GP unterstützt wurden. Der Ständerat gab ihnen hingegen keine Folge. Die grosse Kammer überwies in der Herbstsession oppositionslos auch noch eine Motion Sommaruga (sp, GE), welche diese Forderungen zum Schutz von Kindern vor rückfallgefährdeten Sexualtätern in allgemeiner Form aufnimmt, die Ausarbeitung der konkreten Massnahmen und strafrechtlichen Bestimmungen aber der Regierung überlässt.

parlamentarischen Initiativen Kinder besser vor Übergriffen durch Pädophile zu schützen