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Ende November präsentierte der Bundesrat seine Botschaft zur Förderung der Kultur für die nächste Kreditperiode (Kulturbotschaft 2016-2020). Im Vergleich zur ersten Kulturbotschaft 2012-2015 wurde die Kreditperiode, wie bereits in der Vernehmlassung angekündigt, aufgrund besserer Abstimmung mit anderen mehrjährigen Finanzierungsbeschlüssen um ein Jahr verlängert. Aufgrund verschiedener Entwicklungen der Moderne, namentlich der Globalisierung, Digitalisierung und Urbanisierung, sieht sich der Bundesrat veranlasst, im Sinne einer "Nationalen Kulturpolitik" die Zusammenarbeit zwischen allen Staatsebenen zu verstärken, um diesen Herausforderungen geschlossen entgegenzutreten. Da der Begriff der "Nationalen Kulturpolitik" bei vielen Vernehmlassern, insbesondere bei den Kantonen, auf föderal motivierte Bedenken stiess, konkretisierte der Bundesrat in der definitiven Botschaft die "Nationale Kulturpolitik" als von allen Staatsebenen in Zusammenarbeit getragene Aufgabe, wobei die Kulturhoheit der Kantone jedoch gewahrt werden soll. Der Bundesrat plant, seine Fördermassnahmen auf den drei Handlungsachsen "Kulturelle Teilhabe", "Gesellschaftlicher Zusammenhalt" und "Kreation und Innovation" auszurichten.
Bei der ersten Handlungsachse will der Bundesrat die Teilhabe von Personen verschiedenster Kulturen am kulturellen Leben fördern sowie die musikalische Bildung verstärken, was aufgrund der Annahme des direkten Gegenentwurfs zur zurückgezogenen Volksinitiative "jugend+musik" einem Bedürfnis der Bevölkerung entspricht. In diesem Zusammenhang soll das neue Programm "Jugend und Musik" ins Leben gerufen werden, welches analog dem Programm "Jugend und Sport" ausgestaltet sein soll. Weiter gedenkt der Bund, seine Leseförderung auszubauen, was neu auch die Unterstützung von Einzelvorhaben, wie etwa die Organisation von Lesetagen, ermöglichen soll. Zu guter Letzt soll die Bundeskunstsammlung online und digital zugänglich gemacht werden, obwohl die Idee einer "Virtuellen Nationalgalerie" in der Vernehmlassung bei vielen Kantonen auf Kritik gestossen war.
Betreffend "Gesellschaftlichem Zusammenhalt" liegt ein Schwerpunkt auf Massnahmen zur Unterstützung der sprachlichen Vielfalt, was unter anderem durch Förderung der dritten Landessprache ausserhalb der italienischsprachigen Schweiz sowie generell durch verstärkten schulischen Austausch zwischen den Sprachregionen erreicht werden soll. Ausserdem sollen die Lebensbedingungen von Schweizer Fahrenden und Angehörigen der jenischen Bevölkerung als kulturelle Minderheit weiterhin verbessert werden. Bereits durch die Kulturbotschaft 2012-2015 bemächtigt, unterstützte der Bundesrat die "Radgenossenschaft der Landstrasse" und die Stiftung "Zukunft für Schweizer Fahrende", was jedoch nicht sonderlich zur Verbesserung der Lage beigetragen hatte. Obwohl die Zahl der Standplätze in der betreffenden Periode von 11 auf 15 angestiegen war, nahm die Zahl der Durchgangsplätze von 51 auf 45 ab. Darüber hinaus verknappt sich die Raumsituation aufgrund kürzlich erfolgter Zunahme ausländischer Durchreisender, namentlich Angehörigen der Sinti und Roma. Auch die Europäische Kommission gegen Rassismus (ECRI) zeigte sich besorgt über die ausbleibenden Verbesserungen und empfahl in ihrem Bericht vom September 2014, die Raumsituation möglichst rasch zu verbessern und etwas gegen die in der Bevölkerung herrschende Intoleranz und Ablehnung gegenüber Fahrenden und Jenischen zu unternehmen. Im Rahmen der neuen Kulturbotschaft will der Bundesrat in diesen Bereichen aktiv werden.
Um kulturelle "Kreation und Innovation" zu fördern, sieht der Bundesrat verschiedene Massnahmen vor. Eine der Massnahmen umfasst die Schaffung von finanziellen Anreizen, damit Schweizer Filme und Koproduktionen mit dem Ausland vermehrt in der Schweiz realisiert werden können. Hierzu soll das Programm "Filmstandort Schweiz" (FiSS) geschaffen werden.
Die beantragten finanziellen Mittel für die gesamte Kreditperiode belaufen sich auf CHF 1,12 Mrd., womit der Betrag die vorgesehenen Mittel in der Finanzplanung des Bundes um 6,2% oder CHF 65,1 Mio. übersteigt. Der jährliche Betrag ist somit auch um durchschnittlich 3,4% höher als der während der Kulturbotschaft 2012-2015 gesprochene. Hier unternahm der Bundesrat trotz gewichtiger Kritik von Seiten der Economiesuisse, des SGV sowie der beiden bürgerlichen Parteien FDP und SVP keine Änderungen im Vergleich zur Vernehmlassungsvorlage.

Kulturbotschaft 2016-2020 (BRG 14.096)
Dossier: Cultura quo vadis? Die Botschaften über die Förderung der Kultur im Überblick

2015 jährt sich die Eroberung des Kantons Aargau durch die acht Alten Orte zum 600sten Mal. Die Errichtung von Gemeinen Herrschaften im ehemaligen habsburgischen Baden und im Freiamt gilt als wichtige und verstärkende Klammer der Allianz der alten Eidgenossenschaft. Der Kanton plant deshalb für das Jubeljahr eine Reihe von Festivitäten.

Eroberung des Kantons Aargau

Der hundertste Jahrestag des Ausbruchs des 1. Weltkriegs war für verschiedene Akteure Anlass, die Rolle der Schweiz während dieser Zeit zu beleuchten. Die Schweiz wurde damals vom Krieg weitgehend verschont. Dies wurde in verschiedenen Stellungnahmen auf den entschiedenen Wehrwillen und die Abwehrfestungen, aber auch auf die Rohstoffarmut zurückgeführt, die die Schweiz als Angriffsziel unattraktiv machten. Geboren wurde damals die Vorstellung von der Schweiz als geeinte, humanitäre und barmherzige Friedensinsel inmitten des barbarischen Krieges. Dieses Bild wird von Seiten der Geschichtswissenschaft als zumindest teilweise verklärt betrachtet. So war die Schweiz zum einen auf Rohstoffimporte angewiesen, zum anderen riss der Krieg, bzw. vielmehr die unterschiedliche Parteinahme in den Sprachregionen, einen Graben auf, der lange Zeit offen blieb. Diesen Graben vermochte auch der zu einem eigentlichen Mythos gewandelte Aufruf Carl Spittelers für einen gemeinsamen, neutralen Standpunkt nicht zu schliessen. Sympathisierte die Deutschschweiz mehrheitlich mit Deutschland, ergriff die Westschweiz eher für Frankreich Partei. Die Schweiz wurde so zu einem eigentlichen Propagandaschlachtfeld.

1. Weltkriegs

Auch 2015 wird es zu einigen Jubiläen kommen, die sowohl hinsichtlich Organisation, aber auch bezüglich historische Deutung ihre Schatten ins 2014 warfen (Schlacht am Morgarten 1315, Eroberung des Aargaus 1415, Schlacht bei Marignano 1515, Wiener Kongress 1815 oder Ende des Zweiten Weltkrieges 1945). Die Festivitäten für die Jubiläen werden bisher samt und sonders von Privaten oder den Kantonen geplant und getragen. Der Bundesrat hielt sich bisher auffällig zurück. In ihren Antworten auf entsprechende Interpellationen, die sich nach dem Einsatz des Bundes erkundigten, erklärte die Regierung, dass sich die Eidgenossenschaft bei Erinnerungsfeiern für historische Ereignisse bisher immer eher zurückhaltend gezeigt habe. Der Bund könne aber eine koordinative Tätigkeit übernehmen und unterstütze die geplanten Ausstellungen des Landesmuseums. Seitens des Bundes seien bisher lediglich drei Jubiläen aktiv durchgeführt worden: 1891 (600 Jahre Eidgenossenschaft), 1941 (650 Jahre Eidgenossenschaft) und 1991 (700 Jahre Eidgenossenschaft). Hingegen hatte die Regierung noch 2013 eine Motion Markwalder (fdp, BE) zur Annahme empfohlen, die den Bund aufforderte, den vierzigsten Jahrestag der Ratifikation der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) gebührend zu feiern. In seiner positiven Antwort bot der Bundesrat seine Beteiligung an verschiedenen Aktivitäten an, bei denen die Bedeutung der EMRK bewusst gemacht werden soll, an denen aber auch kritische Auseinandersetzungen mit der Konvention möglich sein sollen. Im Rat war die Annahme allerdings von Schwander (svp, SZ) bekämpft worden. In eine ähnliche Kerbe hieb das noch nicht behandelte Postulat Müller-Altermatt (cvp, SO), das einen Bericht verlangt, mit dem die wichtigsten Ereignisse beschrieben werden sollen, die verantwortlich sind für die Erlangung der bürgerlichen Freiheiten in der Schweiz. Für die Willensnation Schweiz sei es zentral zu wissen, welche Grundwerte und Ereignisse diese ausmachten. Der Bericht solle dann Grundlage bilden für Gedenkfeiern, Kampagnen oder Schriftlichkeiten, mit denen die Kenntnisse über die Erringung der bürgerlichen Freiheiten vertieft und die Willensnation Schweiz gestärkt werde. Unterschiedliche Geschichtsbilder und entsprechend unterschiedliche Betonungen der verschiedenen Jubiläen lassen sich auf der Links-Rechts-Achse verorten. Während die rechts-konservative Seite die alten Schlachten (Morgarten, Marignano) als wegweisende Wurzeln der heutigen Schweiz ehren will, sieht die Linke hier eher zu dekonstruierende Mythen. Gemäss der Linken seien die Wurzeln der Schweiz vielmehr in modernen Ereignissen zu verorten, wie etwa der Gründung des Bundesstaates 1848 oder der sich 2015 zum 70sten Mal jährenden Befreiung Europas. Bei ihrer Delegiertenversammlung im Juni in Winterthur begann die SP ein Jubiläum für das Oltener Aktionskomitee und den Landesstreik von 1918 zu planen.

Jubiläen

Ende Mai eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung zur Kulturbotschaft 2016-2019, welche die Finanzierung der Kulturförderung des Bundes für die anstehende Beitragsperiode regeln soll. Bis zum Ablauf der Frist gingen 339 Stellungnahmen ein. Während die zukünftigen Herausforderungen und die zentralen Handlungsfelder auf wenig Widerstand stiessen, äusserten die Kantone mit Ausnahme des Kantons Genf auf föderalen Aspekten beruhende Bedenken gegenüber dem eingeführten Begriff der "Nationalen Kulturpolitik", begrüssten aber im Grunde die verstärkten Kooperationsbestrebungen zwischen den verschiedenen Staatsebenen. Auch die FDP und die SVP sahen die Kompetenzen der Kantone gefährdet. Die grosse Mehrheit der eingegangenen Stellungnahmen zeigte sich mit der Höhe der einzusetzenden Mittel, die im Vergleich zur Vorperiode eine Erhöhung um 3,4% bedeuten würden, zufrieden. Demgegenüber wollte die FDP die Mittel auf dem Niveau der Kulturbotschaft 2012-2015 belassen, Economiesuisse und der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) verlangten, die Erhöhung auf 2,6%, resp. 3% zu beschränken, und die SVP plädierte gar für eine Kürzung der Mittel. Auf der anderen Seite des Spektrums verlangten SP und Grüne sowie 24 Kantone, der Schweizerische Video-Verband (SVV) und weitere Kulturverbände eine Aufstockung der Beiträge in einzelnen Förderbereichen. Auf grosse Vorbehalte oder gar Ablehnung stiess bei der Mehrheit der stellungnehmenden Kantone das Vorhaben des Bundes, Werke der Bundeskunstsammlung sowie der Gottfried-Keller-Stiftung in einer "Virtuellen Nationalgalerie" zu veröffentlichen. Während die Kantone Waadt und Wallis sich daran störten, dass die virtuelle Plattform nur Werken der Bundeskunstsammlung offen stehen sollte, würden es zahlreiche weitere Kantone - darunter insbesondere die Innerschweiz - vorziehen, wenn man die Werke in einem physischen Museum betrachten könnte. Der Kanton Zürich lehnte das Vorhaben unter anderem aus dem Grund ab, dass die beiden Kunstsammlungen grössere Lücken aufweisen würden. Betreffend verstärkter Förderung der musikalischen Bildung, die Volk und Stände im September 2012 mit Annahme des Bundesbeschlusses über die Jugendmusikförderung gefordert hatten, gingen die vom Bundesrat vorgeschlagenen Bestimmungen vielen gewichtigen Vernehmlassern zu wenig weit. Neben verschiedenen Verbänden forderten auch Grüne, SP, GLP und CVP ein separates Rahmengesetz für die musikalische Bildung. Auf der anderen Seite erachteten ebenso viele Vernehmlasser die im Entwurf zur Kulturbotschaft enthaltenen Bestimmungen diesbezüglich als zu weitgehend und zu konkret.

Kulturbotschaft 2016-2020 (BRG 14.096)
Dossier: Cultura quo vadis? Die Botschaften über die Förderung der Kultur im Überblick

Mitte April 2014 verabschiedete die Regierung ein Verhandlungsmandat über die Teilhabe am EU-Kulturförderungsprogramm (2014-2020). Wie das europäische Filmförderungsabkommen MEDIA ist das Programm "Kultur" Teil des neuen Rahmenprogrammes "Creative Europe". Das Programm bezweckt die Förderung des internationalen Kulturaustausches und ist für die betreffende Periode mit einem Budget von EUR 453 Mio. dotiert. Mitte November konnte die Schweiz die Verhandlungen mit der EU zur Teilnahme der Schweiz an "Creative Europe" aufnehmen.

Kulturförderungsprogramm der EU

Die europäische Zusammenarbeit im Kulturbereich möchte der Bundesrat aufgrund der durch die Teilnahme am MEDIA-Programm erzielten positiven Erfahrungen in Zukunft auch auf das Kulturförderungsprogramm der EU ausdehnen. Am wichtigsten Kulturförderinstrument auf europäischer Ebene, das sich die Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt und des kulturellen Erbes sowie eine stärkere grenzüberschreitende Mobilität von Kulturschaffenden zum Ziel setzt, nehmen 37 Staaten teil. Ende Jahr verabschiedete die Regierung den Entwurf eines Verhandlungsmandats zuhanden der Aussenpolitischen Kommission.

Kulturförderungsprogramm der EU

Nachdem die Buchpreisbindung im Vorjahr an der Volksabstimmung gescheitert war, gab das BAK eine Studie zur bestehenden Literaturförderung in der Schweiz in Auftrag. Ziel der Studie war das Aufzeigen von Schwachstellen in der bestehenden Förderung sowie von zusätzlichen Möglichkeiten zur gezielten Unterstützung der Branche nach dem Volksentscheid. Ende 2013 präsentierte das zuständige Bundesamt die Ergebnisse der Studie. Die aus Vertretern von Bund, Kantonen und Städten zusammengesetzte Arbeitsgruppe kam zum Schluss, dass insbesondere das Verlagswesen, Übersetzungsarbeiten zur Gewährleistung des Austausches zwischen den Sprachregionen sowie literarische Zeitschriften zusätzlicher Fördermittel bedürfen. Die Ergebnisse der Studie sollen im Rahmen der Verhandlungen zur Kulturbotschaft 2016-2019 diskutiert und berücksichtigt werden. Nach Ablehnung der Buchpreisbindung verlangten ferner zwei Postulate die Schaffung einer besseren Datengrundlage zum Schweizer Buchmarkt sowie das Aufzeigen von Massnahmen zur Verbesserung der aktuellen Situation.

Literaturförderung in der Schweiz

Neben dem BAK und der SRG mit ihrem „pacte de l’audiovisuel“ zählen auch die Kantone zu wichtigen Akteuren in der Filmförderung. Letztere engagieren sich jedoch nicht überall in gleichem Masse. Während in der Westschweiz durch die im 2011 gegründete kantonsübergreifende Organisation „Cinéforom“ beträchtliche Mittel für die überregionale Filmförderung zur Verfügung stehen, verfügt in der Deutschschweiz nur der Kanton Zürich mit seiner Filmstiftung über ähnlich hohe Fördergelder für Filme mit Bezug zum eigenen Kanton. Eine überregionale Zusammenarbeit in der Deutschschweiz stand bis anhin nicht zur Debatte. Am Filmfestival in Locarno rief der Branchenverband GARP (Gruppe Autoren, Regisseure, Produzenten) zum Widerstand gegen den Deutschschweizer Kantönligeist in der Filmförderung auf und versammelte 35 National- und Ständeräte sowie kantonale Politiker und Filmschaffende zur Diskussion über die vorherrschende Situation.

Kantönligeist in der Filmförderung

An einer Medienkonferenz im Rahmen des Internationalen Filmfestivals in Locarno plädierte Bundesrat Berset (sp) für die Entwicklung einer nationalen Kulturförderungspolitik. Die veränderten Bedingungen für die Kulturproduktion sowie neue Konsumformen würden nach besser aufeinander abgestimmten Massnahmen verlangen. Die Zusammenarbeit zwischen Bund, Kanton und Gemeinden solle dabei verstärkt werden. Des Weiteren solle die bestehende nationale Filmförderung ausgebaut werden. Zusammen mit der SRG beschloss das BAK im Anschluss neue Massnahmen im Bereich der Drehbuchförderung. Durch eine Revision der Filmverordnung sollen zudem flexiblere Koproduktionsbedingungen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit geschaffen werden.

Entwicklung einer nationalen Kulturförderungspolitik

Um die Jahresmitte äusserten die Betreiber von rund 100 alternativen Kunsträumen, den sogenannten Off-Spaces, die Kunstschaffenden ausserhalb von Mainstream-orientierten Galerien und Kunsthäusern eine Bühne bieten, Kritik am neuen Kulturförderungsgesetz (KFG). Seit Pro Helvetia die Förderung der freien Szene übernommen habe, werden keine Preise mehr für Kunsträume vergeben. Das von Pro Helvetia im Gegenzug eingeführte Förderprogramm „Nachwuchsförderung visuelle Kunst“, das Off-Spaces und kleinen bis mittleren Kulturinstitutionen offen steht, findet in der Szene wenig Anklang. Aufgrund der bürokratischen Vorgaben seien viele Künstler von der Förderung ausgeschlossen, da sie mit ihrer Kunst von Ort zu Ort ziehen würden. Die freien Kunstschaffenden schlossen sich daraufhin zur „Charta 2016“ zusammen und forderten für die Kulturbotschaft 2016-2019 eine finanzielle Unterstützung der Kunsträume im Umfang von CHF 1 Mio. Mit ihrer Petition „Hundert Räume geben mehr Licht als ein Leuchtturm“ forderten freie Künstler und Kuratoren mehr (finanzielle) Anerkennung für die Alternativkultur.

keine Preise mehr für Kunsträume

Im Nachgang zum Beschluss des Schwyzer Kantonsrates, die Vereinbarung zum interkantonalen Kulturlastenausgleich kündigen zu wollen, handelte der Regierungsrat bei den Standortkantonen erfolgreich Rabatte für den Kanton Schwyz aus, wie sie in ähnlicher Form auch für die anderen Geberkantone bestanden. Ferner beschloss er eine beträchtliche Erhöhung der aus dem Lotteriefonds zur Verfügung gestellten Mittel für die innerkantonale Kulturförderung um CHF 100'000, womit diese neu CHF 800'000 beträgt. Aufgrund dieser Errungenschaften sprach sich die Regierung für den Verbleib des Kantons im Kulturlastenausgleich aus. Diesem Antrag folgte der Kantonsrat Ende Mai 2013 grossmehrheitlich mit 71 zu 23 Stimmen.

Schwyzer Kantonsrat will Ausstieg aus dem Kulturlastenausgleich
Dossier: Interkantonaler Kulturlastenausgleich

Zu Beginn des Berichtsjahres zogen die Aargauer und die Luzerner Zeitung Bilanz aus dem einjährigen Bestehen des Kulturförderungsgesetzes (KFG) und liessen dabei verschiedene Kulturverbände zu Wort kommen. Heinrich Gartentor, Präsident des Berufsverbandes der bildenden Künstlerinnen und Künstler (Visarte) bedauerte, dass die visuelle Kunst durch die Reorganisation der Kulturförderpolitik über einen Viertel ihrer Fördergelder verloren habe. Ebenfalls ungerecht behandelt fühlte sich in dieser Hinsicht der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein (SIA). Die zeitgenössische Architektur und Baukultur finde gar keine Berücksichtigung im KFG. Auf der anderen Seite zeigten sich die Autoren der Schweiz (ADS) grundsätzlich zufrieden. Der Literatur- und Leseförderung werde in der Kulturbotschaft eine wichtige Rolle zugeschrieben. Nichtsdestotrotz seien die Mittel für eidgenössische Literaturpreise zu knapp bemessen. Positiv bewerteten hingegen Pro Helvetia und das Bundesamt für Kultur (BAK) das neue Gesetz. Hervorgehoben wurden insbesondere die verstärkten Bemühungen zur Schaffung einer engen Zusammenarbeit zwischen Verbänden und den verschiedenen Verwaltungsebenen sowie die Möglichkeit einer ganzheitlichen Laufbahnförderung in allen Sparten.

Bilanz aus dem einjährigen Bestehen des Kulturförderungsgesetzes
Dossier: Die Neuorganisation der Kulturförderung mit dem Kulturförderungsgesetz

Im Rahmen der Kulturbotschaft 2012-2015 erfuhr auch die Pro Helvetia einige Veränderungen im Sinne einer Aufgabenverschiebung. Allerdings geriet die Stiftung nicht deswegen in die Schlagzeilen. Für grosses Aufsehen sorgte vielmehr ihr Direktor Pius Knüsel. Er stellte als Mitautor des Buches „Der Kulturinfarkt“ die gesamte schweizerische Kulturpolitik in Frage. Für besonderen Zündstoff sorgte seine Aussage, die Anzahl an Theatern, Museen, Bibliotheken, Konzerthäusern etc. sei zu halbieren. Dies sei nötig, da die staatliche Kulturförderung versagt habe, indem sie zu oft an der tatsächlichen Nachfrage des Publikums vorbei fördere, so die These Knüsels. Schon kurz nach Erscheinen des Buches distanzierte sich der Stiftungsrat der Pro Helvetia von den Aussagen Knüsels, stellte dessen Leistungen als Direktor der Stiftung jedoch keineswegs in Frage. Trotzdem gab Knüsel knapp zwei Monate später sein Amt ab, worauf im Oktober des Berichtjahres bekannt wurde, dass Andrew Holland das Amt neu übernehmen würde.

Pro Helvetia

In Umsetzung der Kulturbotschaft 2012-2015 hatten Bund, Kantone, Städte und Gemeinden Ende Oktober 2011 eine Vereinbarung zur Schaffung eines Nationalen Kulturdialogs unterzeichnet. In diesem Rahmen sollte ein allgemeiner Dialog zur Kulturpolitik gefördert und die kulturpolitische Zusammenarbeit zwischen den Staatsebenen gestärkt werden, wie in der Medienmitteilung des Bundes zu lesen war. Als zentrales Arbeitsmittel nutzt der Nationale Kulturdialog Arbeitsprogramme, in denen jeweils die Stossrichtung der Schweizer Kulturpolitik für die nächsten Jahre festgelegt wird. Die ersten beiden Arbeitsprogramme für die Jahre 2012–2013 und 2014–2015 umfassten dabei sieben, respektive acht inhaltliche Schwerpunkte. In beiden wurden unter anderem die Zusammenarbeit bei der Museumspolitik oder bei der Abstimmungskampagne und der späteren Umsetzung der Volksinitiative «jugend+musik» thematisiert. Zudem wurde in beiden Arbeitsprogrammen gefordert, dass bei der Erarbeitung der Kulturbotschaft 2016-2019 alle Staatsebenen frühzeitig involviert werden sollten.

Nationaler Kulturdialog

Im Nationalrat abgelehnt wurde hingegen eine Motion Prelicz-Huber (gp, ZH) mit der Forderung nach einer unverzüglichen Beteiligung der Schweiz am Kulturprogramm der EU. Die Zusammenarbeit im Rahmen dieses Programms würde den Austausch mit der europäischen Kulturszene intensiieren, es Schweizer Kulturschaffenden aber auch ermöglichen, von EU-Fördergeldern zu profitieren. Der Vorstoss erhielt fast ausschliesslich Unterstützung aus dem links-grünen Lager und wurde nicht überwiesen.

Beteiligung der Schweiz am Kulturprogramm der EU

Das in Bern geplante „Haus der Religionen“, unter dessen Dach gemäss Vereinszweck Muslime, Aleviten, Hindus, Buddhisten, Christen, Juden, Baha’i und Sikh zum friedlichen Dialog zusammenfinden sollen, erhielt Ende Juli die Gesamtbaubewilligung. Eine Mantelnutzung (Wohnen, Verwaltung, Gewerbe) des durch private Investoren getragenen Baus soll die Errichtung und den Unterhalt des eigentlichen Kultuszentrums querfinanzieren und langfristig absichern. Stadt und Kanton Bern engagieren sich mit diversen finanziellen Beiträgen.

„Haus der Religionen“

Im August des Berichtsjahres eröffnete das eidgenössische Departement des Innern das Anhörungsverfahren zur Kulturbotschaft 2012-2015, welche gemäss dem im Vorjahr verabschiedeten Kulturförderungsgesetz neu die Steuerung der eidgenössischen Kulturförderungsgelder regeln soll. Neben den benötigten finanziellen Mitteln definiert die Botschaft des Bundesrates auch die strategische Ausrichtung der Kulturförderung für die alten und neuen Förderungsbereiche der Kulturinstitutionen des Bundes und umschreibt die Kulturförderung so erstmals als eigenständigen Politikbereich. Schwerpunkte plant der Bundesrat in der Förderung des Zugangs zur Kultur und der Bewahrung und Entwicklung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt. Die eidgenössischen Kulturinstitutionen werden sich in der ersten vierjährigen Kreditperiode erstmals gemeinsam mit zwei transversalen Themen auseinandersetzen. Das erste dieser Projekte, „Kultur Digital“, soll die Auswirkungen der fortschreitenden Digitalisierung auf Kulturproduktion, -vermittlung und -rezeption aufzeigen. In diesem Zusammenhang lancierte Pro Helvetia zusammen mit dem Bundesamt für Kultur (BAK) im Herbst das Projekt „GameCulture“, welches unter anderem vorsieht, die Entwicklung „künstlerisch anspruchsvoller“ Videospiele zu unterstützen. Das Projekt „Lebendige Traditionen“ will die kulturellen Traditionen der Schweiz aufrechterhalten und stützt sich dabei auf die im 2008 unterzeichneten UNESCO-Konventionen zur Förderung der kulturellen Vielfalt und Bewahrung des immateriellen Kulturerbes. Zusammen mit der Botschaft sollen dem Parlament insgesamt acht Kreditbeschlüsse in einer Gesamthöhe von 632,7 Mio Fr. unterbreitet werden, was dem bisherigen Kreditvolumen entspricht.

Kulturbotschaft 2012-2015 (BRG 11.020)
Dossier: Cultura quo vadis? Die Botschaften über die Förderung der Kultur im Überblick

In der Herbstsession ging das Geschäft zur Differenzbereinigung an den Nationalrat. Auf Anraten der Kommission beschloss er diskussionslos, Pro Helvetia in den Artikel 8a aufzunehmen. Bei den restlichen drei Differenzen hielt er jedoch an seiner Position fest. Bezüglich der Zuständigkeiten des BAK und der Stiftung präsentierte der Ständerat daraufhin einen Kompromissvorschlag. Die Nachwuchsförderung solle in die Kompetenz der Stiftung fallen, die musikalische Bildung jedoch dem BAK unterstellt bleiben. Zusätzlich einigte sich der Ständerat darauf, dass besonders innovative Projekte, die sich dazu eignen, neue kulturelle Impulse zu schaffen, in den Zuständigkeitsbereich von Pro Helvetia fallen sollen. Er stellte sich jedoch erneut gegen eine direkte Koordination von EDA und Stiftung und hielt daran fest, dass der Bundesrat die strategischen Ziele der Stiftung festlegen sollte. Zu letzterem räumte er jedoch ergänzend ein, dass der Bundesrat dabei die operative und künstlerische Freiheit von Pro Helvetia zu beachten habe. Ebenfalls in der Wintersession befasste sich der Nationalrat erneut mit dem Geschäft. Er stimmte dem ständerätlichen Kompromissvorschlag betreffend der Zuständigkeiten von BAK und Stiftung zu und fand auch eine Mehrheit für den Vorschlag des Ständerates zu der strategischen Zielsetzung durch den Bundesrat. Gegen letzteres votierten im Nationalrat noch immer die Grünen und die SVP. Ebenfalls angenommen wurde die neue Formulierung der WBK-NR, welche davon absah, die Stiftung und das EDA bei Aktivitäten im Ausland auf die gleiche Hierarchiestufe zu stellen. Schlussendlich stimmte der Nationalrat mit Opposition der SVP auch für die Entfernung des Begriffes der Volkskultur aus dem Gesetz und folgte somit dem Ständerat. Dies geschah auf Empfehlung der WBK-NR, welche zur Meinung gelangt war, dass eine künstliche Unterscheidung von Kultur und Volkskultur schlussendlich das Gegenteil dessen bewirken könnte, was die Antragssteller ursprünglich geplant hatten. Das bereinigte Geschäft ging am 11. Dezember 2009 in die Schlussabstimmung. Während der Ständerat dem neuen Gesetz einstimmig zustimmte, wurde es im Nationalrat unter Opposition der SVP angenommen.

Das neue Kulturförderungsgesetz (BRG 07.043)
Dossier: Die Neuorganisation der Kulturförderung mit dem Kulturförderungsgesetz

Der Ständerat trat als Zweitrat ohne Gegenstimme auf die Vorlage ein. Er folgte dem Nationalrat und sprach sich ebenfalls für die Zusammenlegung des KFG und des PHG aus. Der Ständerat schuf jedoch verschiedene Differenzen zum Nationalrat; die meisten betrafen die Stiftung Pro Helvetia. Der Artikel 8a, welchen der Nationalrat in der vorjährigen Detailberatung eingeführt hatte und welcher festlegt, dass der Bund von den Unterstützungsbeiträgen einen von ihm festgelegten prozentualen Betrag an eine gebundene Vorsorgeeinrichtung des Empfängers zu entrichten hat, fand zwar auch im Ständerat eine Mehrheit. Auf Wunsch des Bundesrates beschloss der Ständerat aber eine andere Formulierung, welche ergänzend zum Bund auch Unterstützungsbeiträge von Pro Helvetia erwähnt. Zweitens beschloss der Ständerat mit 22 zu 17 Stimmen, die Ausrichtung der Stiftung auf die Förderung der Kunstvermittlung und des künstlerische Schaffens sowie auf die Unterstützung des Kulturaustausches zu beschränken. Die Nachwuchsförderung, die Unterstützung von Anlässen und Projekten von nationaler Bedeutung sowie die musikalische Bildung wollte er nach wie vor dem Bundesamt für Kultur (BAK) überlassen. Drittens lehnte der Ständerat im Gegensatz zum Nationalrat eine direkte Koordination der Stiftung mit dem EDA bei kulturellen Anlässen im Ausland ab. Der Ständerat folgte dabei seiner Kommission, welche sich einstimmig für diese Regelung gemäss Bundesrat ausgesprochen hatte. Eine letzte grössere Differenz bezüglich Pro Helvetia schuf der Ständerat bei der Festlegung der strategischen Ziele. Während der Nationalrat diese durch den Stiftungsrat festlegen lassen wollte, beschloss der Ständerat, diese Kompetenz dem Bundesrat zu überlassen. Eine weitere Differenz entstand, weil der Ständerat nur Projekte unterstützen lassen wollte, welche den Zugang zur Kultur erleichtern, während der Nationalrat auch den Zugang zur Volkskultur auf diese Weise vereinfachen wollte.

Das neue Kulturförderungsgesetz (BRG 07.043)
Dossier: Die Neuorganisation der Kulturförderung mit dem Kulturförderungsgesetz

Im März setzte der Nationalrat die Detailberatung des Entwurfs für ein Kulturförderungsgesetz (KFG) fort. Ein Antrag Leutenegger Oberholzer (sp, BL) setzte sich für die Verankerung der Förderung der musikalischen Bildung ein und wurde mit 89 zu 80 Stimmen angenommen. Unterstützung erhielt der Antrag von der Ratslinken und einer beinahe geschlossenen CVP. Der Nationalrat lieferte mit diesem Entscheid bereits eine erste Antwort auf das Anliegen der Volksinitiative „jugend + musik“, welche Ende des Vorjahres mit über 150'000 Unterschriften eingereicht worden war. Minderheitsanträge der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK) blieben beinahe ausnahmslos chancenlos. So lehnte der Nationalrat unter anderem die Minderheitsanträge Pfister (svp, SG) ab, welche die Bekämpfung des Illetrismus und die Förderung des Lesens sowie die Unterstützung der Fahrenden nicht im KFG verankern wollten. Ebenso deutlich abgelehnt wurde ein Minderheitsantrag aus den Reihen der SP, welcher den Bund bei seinen Entscheiden zu Schwerpunkten der Kulturförderung und Finanzierung zur vermehrten Absprache mit den Kantonen, Städten und Gemeinden verpflichten wollte. Mit 94 zu 70 Stimmen angenommen wurde hingegen ein Minderheitsantrag aus dem bürgerlichen Lager, welcher sich gegen die Einführung eines Kulturrates stellte, der den Bundesrat bei den Beratungen zu kulturpolitischen Belangen unterstützen sollte. SVP, FDP, BDP, EVP und eine starke Minderheit der CVP unterstützten den Antrag. Da der Nationalrat die Integration des Pro-Helvetia-Gesetzes (PHG) in das neue KFG im Vorjahr bereits beschlossen hatte, beschäftigte er sich in der Detailberatung auch mit diesen Regelungen. Wie auch im ersten Teil der Beratung des KFG wurde eine Vielzahl formeller Anträge der WBK-NR diskussionslos angenommen. Die Anliegen zweier SVP-Minderheitsanträge, welche im sieben- bis neunköpfigen Stiftungsrat einen Sitz für einen Vertreter der Volkskultur reservieren und eine angemessene Repräsentation der Sprachgruppen gewährleistet haben wollten, wurden als nicht umsetzbar erachtet und von einer Mehrheit abgelehnt. Vom bürgerlichen Lager deutlich abgelehnt wurde des Weiteren ein Minderheitsantrag Gilli (gp, SG), welcher Kultur- und Kunstpreise von der Steuer befreien wollte.

Das neue Kulturförderungsgesetz (BRG 07.043)
Dossier: Die Neuorganisation der Kulturförderung mit dem Kulturförderungsgesetz

Der Nationalrat befasste sich als erster mit dem vom Bundesrat 2007 vorgelegten Entwurf für ein Kulturförderungsgesetz (KFG). Wegen der Parallelität der Geschäfte beschloss die vorberatende Kommission, das ebenfalls zur Totalrevision stehende Pro-Helvetia-Gesetz (PHG) ins KFG zu integrieren, wobei die Sprecherin im Nationalrat deutlich machte, dass dieses Vorgehen nur im Sinn einer Einheit der Materie zu sehen sei und keinesfalls eine Schmälerung der Autonomie der Pro Helvetia bezwecke.
Für das KFG stellte die SVP einen Nichteintretensantrag, für das PHG einen Rückweisungsantrag an den Bundesrat mit dem Auftrag, das Gesetz auf der Basis des bisherigen Gesetzes zu gestalten; zudem seien die Verwaltungskosten der Pro Helvetia massiv zu reduzieren, die Auslandsvertretungen nicht weiter auszubauen und die Rekursmöglichkeiten der Gesuchsteller auf das Notwendigste zu beschränken. Für ihre Ablehnung machte sie geltend, mit dem KFG werde die Grundlage für eine „Staatskultur“ gelegt, die sich einseitig an gewissen politischen und gesellschaftlichen Modellen orientiere, konkret an den Idealen der 68er-Generation mit ihren Vorstellungen von Multikulturalität, Gleichstellung und nachhaltiger Entwicklung. Kunst sei dort zu fördern, wo sie entstehe, nämlich in den Kantonen und Gemeinden, weshalb der allgemeine Verfassungsauftrag genüge und es kein eigenständiges Gesetz brauche. Beim PHG bemängelte sie vor allem, dass die „Volkskultur“ nicht mehr im Entwurf figuriere, weshalb es besser wäre, beim heutigen Gesetz zu bleiben, welches diese explizit erwähne. Die Kommissionssprecher machten allerdings darauf aufmerksam, dass dies keinesfalls zutreffe; im Gegenteil, in der Kommission seien fast alle Anträge der SVP auf Einbezug der Volkskultur genehmigt worden.
Die Verfechter der neuen Kulturgesetzgebung – ausser der SVP die Vertreter aller Parteien – vertraten die Auffassung, Kultur sei ein wichtiges Element der Identitätsbildung in einem föderalistisch organisierten Land mit unterschiedlichen Landessprachen. Gerade zur Überwindung der Sprachgrenzen sei eine Förderung durch den Bund zentral. Kultur nehme wie ein Seismograph die unterschwelligen Bewegungen innerhalb der Gesellschaft auf, verbinde Tradition mit Zukunft und zeuge vom Geist einer Epoche. Zudem präge das kulturelle Schaffen ganz wesentlich die Sicht des Auslandes auf die Schweiz und sei ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor und ein wichtiger Standortvorteil. Betont wurde aber auch die Bedeutung der Unabhängigkeit der Pro Helvetia. Im Forschungsbereich begnüge sich der Staat ebenfalls damit, wissenschaftliches Arbeiten zu ermöglichen, ohne auf die Inhalte Einfluss zu nehmen.
Bundesrat Couchepin sparte nicht mit Kritik an der Arbeit der Kommission. Die Vermengung der Kompetenzen von BAK und Pro Helvetia führe zu einem Verlust von Know-how; durch die Verschiebung der Nachwuchsförderung vom BAK zur Pro Helvetia müsse diese neue Strukturen ausbilden, die im BAK seit Jahren bestens funktioniert hätten. Die Übertragung der Organisation von kulturellen Veranstaltungen mit nationaler Ausstrahlung an die Pro Helvetia berge die Gefahr einer Politisierung der Stiftung, da diese damit eine strategische Rolle erhalte, die der Bundesrat eigentlich sich selber vorbehalten wollte. Anstatt dass mit dem vorgesehenen vierjährigen Rahmenkredit Ruhe einkehre, werde es weiterhin zum üblichen Geplänkel in der Budgetberatung kommen, weil einer Gruppe im Parlament der eine oder andere Entscheid der Pro Helvetia nicht passe. Er bezweifelte auch die Tauglichkeit des von Kulturorganisationen geforderten und von der Kommission eingefügten „Kulturrats“, welcher ohne eigene Budgetverantwortung den Bundesrat beraten soll. Mit all diesen von der Kommission beantragte Änderungen werde nur ein ineffizienter Kompetenzenwirrwar provoziert. Zudem würden diese Korrekturen des bundesrätlichen Vorschlags jährliche Mehrkosten von rund 18 Mio Fr. auslösen. Dennoch sprach er sich für Eintreten aus, hatte auch nichts gegen die vorläufige Zusammenführung von KFG und PHG, drückte aber die Hoffnung aus, dass der Ständerat, falls der Rat an den Änderungsvorschlägen der Kommission festhalten sollte, den Entwurf nachbessern werde. Eintreten wurde mit 122 zu 52 Stimmen beschlossen.
In der Detailberatung kam zwar eine gewisse Unzufriedenheit über die Vorlage zum Ausdruck, dennoch wurden nur zwei Minderheitsanträge angenommen, ansonsten folgte der Nationalrat mit geringen, in erster Linie redaktionellen Änderungen seiner Kommission. Bei der Einleitung setzte sich mit 94 zu 82 Stimmen ein von der FDP, der SVP und einem Drittel der CVP unterstützter Antrag Wasserfallen (fdp, BE) durch, bei der Fassung des Bundesrates zu bleiben, wonach dieser lediglich die Durchführung der Kulturförderung übernimmt; die Mehrheit der Kommission wollte dem Bundesrat eine aktivere Rolle übertragen und hier neben der Kunst auch die Unterstützung der Kulturschaffenden und der Nachwuchsausbildung explizit erwähnen. Ein Antrag Freysinger (svp, VS), anstatt des Begriffs, dass der Bundesrat den Austausch zwischen den kulturellen und sprachlichen Minderheiten fördert, nur den Austausch über die Sprachgrenzen festzuschreiben, da sonst auch kulturelle Ghettos unterstützt werden müssten, was deren gesellschaftlicher Integration hinderlich wäre, wurde dagegen mit 121 zu 53 Stimmen abgelehnt. Ein weiterer Antrag aus der SVP, welcher die nach der Vernehmlassung fallen gelassenen „Leuchttürme“, d.h. Institutionen, die nicht im Kompetenzbereich des Bundes liegen, aber doch eine grosse Ausstrahlung haben (Opernhäuser, Museen etc.), sowie „anerkannte Kompetenzzentren“ wieder in die Vorlage einzubeziehen, wurde aus Kostengründen – und weil man der SVP in diesem Bereich nicht unbedingt lautere Absichten unterstellte, da dies ja auch eine Unterstützung der von ihr vehement bekämpften „elitären“ Kultur sein könnte – mit 110 zu 63 Stimmen verworfen. Während Anträge der Ratslinken, den sozialen Schutz der Kunstschaffenden insbesondere bei der Altersvorsorge klar festzuschreiben von fast allen bürgerlichen Vertretern abgelehnt wurden (die Ausnahmen stammten aus der CVP), nahm die grosse Kammer mit 101 zu 77 Stimmen einen Antrag Bortoluzzi (svp, ZH) an, wonach der Bund von seinen Unterstützungsbeiträgen einen Anteil an die Vorsorgeeinrichtung der Kunstschaffenden überweist.

Das neue Kulturförderungsgesetz (BRG 07.043)
Dossier: Die Neuorganisation der Kulturförderung mit dem Kulturförderungsgesetz

Anlässlich der traditionellen Pressekonferenz beim Filmfestival von Locarno (TI) gab Bundesrat Couchepin die neue Förderungspolitik des Bundes bei den Filmfestivals und die zur Verfügung gestellten Beiträge (rund 2,5 Mio Fr. pro Jahr) für die nächsten drei Jahre bekannt. Von den etablierten grossen Veranstaltungen gehen das Internationale Filmfestival Locarno mit 1,35 Mio Fr. (+150 000) und das Dokumentarfilm-Festival „Visions du réel“ in Nyon (VD) mit 400 000 Fr. (+70 000) gestärkt aus der Förderrunde hervor; die Filmtage Solothurn als Schaufenster fürs nationale Filmschaffen bleiben bei einem Bundesbeitrag von 300 000 Fr. pro Jahr.

Förderungspolitik des Bundes bei den Filmfestivals

Vor allem bei der SP stiess dieser Entwurf für ein neues Kulturförderungsgesetz auf breiten Widerstand. Die SP sah im Verzicht des Bundes auf die direkte Werkförderung einen eigentlichen Kulturförderungsabbau und war enttäuscht darüber, dass die bundesrätliche Vorlage keine Massnahmen zur Verbesserung der sozialen Sicherheit der Kulturschaffenden vorsieht. Die SP hatte bereits im Februar in einem Positionspapier eine bessere sozialversicherungsrechtliche Absicherung der Kulturschaffenden gefordert. Diese seien in den meisten Fällen Selbständigerwerbende mit geringem Einkommen und damit v.a. im Alter schlecht geschützt.

Das neue Kulturförderungsgesetz (BRG 07.043)
Dossier: Die Neuorganisation der Kulturförderung mit dem Kulturförderungsgesetz

Nach einer längeren Vorlaufphase verabschiedete der Bundesrat im Frühsommer die Entwürfe zu einem neuen Kulturförderungsgesetz und zu einem revidierten Pro-Helvetia-Gesetz zuhanden des Parlaments. Mit diesen Rechtsgrundlagen wird eine klare Aufgabenverteilung zwischen Bund, Kantonen und der Schweizer Kulturstiftung angestrebt. Wegleitend dafür ist Art. 69 der Bundesverfassung, wonach die Kantone die Kulturhoheit innehaben. Während das Bundesamt für Kultur (BAK) auf politischer Ebene für die Formulierung der Schwerpunkte im Bereich der Kulturförderung zuständig sein soll, wird Pro Helvetia vermehrt auf dem Gebiet der Kulturvermittlung und des Kulturaustausches aktiv werden, im Speziellen auch im Ausland. Demgegenüber sollen die Kantone und die Städte künstlerisches Schaffen in ihren jeweiligen Verantwortungsbereichen direkt unterstützen. Auf Werkbeiträge von Pro Helvetia soll hier künftig verzichtet werden. Im Rahmen dieser neuen Organisation soll eine Finanzierungsbotschaft alle vier Jahre das Budget und die strategischen Schwerpunkte der Kulturförderung des BAK, der Pro Helvetia sowie des zu gründenden Schweizerischen Nationalmuseums festlegen. Definitiv verzichtet wurde im Entwurf des Bundesrates auf die Unterstützung bedeutender kantonaler oder städtischer Kultureinrichtungen (so genannte Leuchttürme) und auf Massnahmen zur Verbesserung der sozialen Sicherheit der Kulturschaffenden.

Das neue Kulturförderungsgesetz (BRG 07.043)
Dossier: Die Neuorganisation der Kulturförderung mit dem Kulturförderungsgesetz