_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
Zusammenfassung
_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
Dossier: Vote électronique – 2000 bis 2022
Beauftragt durch mehrere Digitalisierungsvorstösse des Parlaments legte der Bundesrat 2002 einen Bericht zu Chancen und Risiken der elektronischen Ausübung der politischen Rechte, der so genannten «Vote électronique» vor, worunter elektronisches Abstimmen und Wählen (E-Voting), elektronisches Sammeln von Unterschriften (E-Collecting) und die elektronische Behördeninformation bei Wahlen und Abstimmungen verstanden wird.
In der Folge wurden in einzelnen Gemeinden (in den Kantonen GE, NE, ZH) vom Bund bewilligte Pilotprojekte zu E-Voting durchgeführt, über die der Bundesrat 2006 einen eher zurückhaltenden Bericht vorlegte. Es gelte «Sicherheit vor Tempo», E-Voting solle demnach vor allem Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern dienen. In der Folge führten zwölf Versuchskantone (BE, LU, FR, SO, BS, SH, SG, GR, AG, TG, NE, GE) mit drei unterschiedlichen Systemen E-Voting für im Ausland wohnhafte Stimmberechtigte ein. In den Kantonen Genf und Neuenburg konnte zudem eine begrenzte Zahl an in den beiden Kantonen wohnhaften Personen elektronisch abstimmen und wählen.
2013 legte der Bundesrat einen neuerlichen Bericht vor, in dem er für die Nationalratswahlen 2015 die Nutzung von E-Voting durch eine Mehrheit der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer ankündigte. In der Folge scheiterten verschiedene Vorstösse, die eine raschere Gangart forderten, genauso wie Vorstösse, die den Ausbau von E-Voting aus Sicherheitsbedenken bremsen wollten. Insgesamt nahm aber die Skepsis gegenüber der sicherheitstechnischen Umsetzung von E-Voting zu und 2015 erteilte der Bundesrat neun Kantonen aufgrund sicherheitstechnischer Mängel des von ihnen benutzten Systems keine Bewilligung für E-Voting mehr. In der Folge standen lediglich noch das System des Kantons Genf und ein neu entwickeltes System der Schweizerischen Post zur Verfügung.
Bis Ende 2016 hatte die Hälfte aller Kantone Erfahrungen mit E-Voting gesammelt. Der Bundesrat sprach sich 2017 für flächendeckendes E-Voting als ordentlichen dritten Kanal aus und legte 2018 eine entsprechende Revision des Bundesgesetzes über die politischen Rechte vor. Den Kantonen bliebe allerdings freigestellt, ob sie elektronisches Abstimmen und Wählen nutzen wollen.
Die bundesrätliche Unterstützung für E-Voting begegnete jedoch 2018 wachsendem Widerstand. Zwar scheiterten zwei parlamentarische Initiativen, die ein Moratorium für E-Voting verlangten, 2019 wurde aber eine entsprechende Volksinitiative lanciert (die allerdings 2020 an der Unterschriftenhürde scheiterte). Ende 2018 kündigt der Kanton Genf an, sein System aus Kostengründen nicht weiter zu betreiben. Eine Standesinitiative, die den Bund zur Mitfinanzierung aufgefordert hatte, wurde abgelehnt. Einziges verbleibendes System war damit jenes der Post, was auf Kritik stiess, auch weil es sich bei einem Stresstest 2019 als zu wenig sicher erwies. Der Bundesrat stoppte in der Folge die Bemühungen, E-Voting als dritten Kanal für die Stimmabgabe einzuführen, und richtete 2020 den Versuchsbetrieb neu aus. Die nötigen revidierten Verordnungsgrundlagen traten per 1. Juli 2022 in Kraft. Die Post entwickelte in der Zwischenzeit ein verbessertes System, das von unabhängigen Expertinnen und Experten überprüft wurde, 2022 aufgrund weiterhin bestehender Mängel aber noch keine Bewilligung erhielt.
2018 gab der Bundesrat bekannt, dass E-Collecting nicht weiterverfolgt werden sollte. Dies stiess auf Kritik, weil Digitalisierung im Sinne von «Civic Tech» laut dem Parlament möglichst viele Aspekte umfassen sollte. Die Plattform «WeCollect» und andere ähnliche Vorhaben, die Unterschriftenbögen online anbieten und Netzwerke von potenziell Unterschriftswilligen schufen, schienen Unterschriftensammlungen zu vereinfachen. 2021 verlangte der Nationalrat per Postulat einen Bericht über eine mögliche Einführung digitalen Unterschriftensammelns.
Chronologie
2000: Vorstösse zu «E-Switzerland»
2002: Bericht des Bundesrats zu Chancen, Risiken und Machbarkeit elektronischer Ausübung politischer Rechte
2002-2005: Versuche mit E-Voting (Anières, Testgemeinden Abstimmung vom 26.9.04; Testgemeinden Abstimmung vom 27.11.04)
2006: Bericht des Bundesrats zu den Pilotprojekten
2013: Evaluationsbericht des Bundesrats zu Vote électronique 2006-2012
2013-2019: Verschiedene Vorstösse zur Beschleunigung (z.B. Mo. 11.3879, Mo. 15.4260), aber auch für eine Einschränkung der Pilotprojekte (z.B. Mo. 13.3812, Pa.Iv. 15.412, Mo. 15.4237; Pa.Iv. 17.471 und Pa.Iv. 18.420; Pa.Iv. 18.427; Pa.Iv. 18.468) werden abgelehnt
2015: Keine Bewilligung für System von Konsortium aus neun Kantonen
2016/2017: Roadmap für flächendeckende Einführung von medienbruchfreiem E-Voting
2017: Sicherheitsbedenken nehmen zu
2018: Bundesrat legt Teilrevision des Bundesgesetzes über die politischen Rechte vor; Genfer System droht das Aus; Post als einzige Anbieterin stösst auf Kritik; E-Collecting soll nicht weiterverfolgt werden, was auf Kritik stösst
2019: Volksinitiative für ein E-Voting-Moratorium wird lanciert; Genf gibt eigenes System auf, weil es vom Bund nicht finanziert wird; System der Post besteht Sicherheitstests nicht, Bundesrat beschliesst, Überführung von E-Voting in ordentlichen Betrieb vorerst zu stoppen und Nationalrat beschliesst einen Marschhalt.
2020: Neuausrichtung des Versuchsbetriebs und Entwicklung eines alternativen Systems durch die Post
2021: System der Post wird vom Bund überprüft; Vernehmlassung zur Neuausrichtung fällt mehrheitlich positiv aus; Postulat fordert Bericht zu möglichen Folgen einer Einführung von E-Collecting
2022: Kantonale Versuche mit E-Voting sind grundsätzlich wieder möglich; System der Post besteht aber Sicherheitsüberprüfung nicht und muss überarbeitet werden.
_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
Vote électronique - Zusammenfassung
Dossier: Vote électronique