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Nach einer längeren Debatte nahm in der Frühjahrssession 2017 auch der Nationalrat Kenntnis vom Service-public-Bericht und dessen Zusatzbericht. Im Namen der Grünen Fraktion lobte Adèle Thorens Goumaz (VD) die Leistungen der SRG für die lateinische Schweiz und wies auf jüngste Entwicklungen auf dem französischsprachigen Zeitungsmarkt in der Schweiz hin, welche die Notwendigkeit eines marktunabhängigen Mediums zur Erhaltung der Medienvielfalt und Berücksichtigung von Sprachminderheiten aufzeigten. Wie diverse Sprecherinnen und Sprecher aus anderen Fraktionen zeigte sich auch die BDP-Fraktion besorgt ob der zunehmenden Medienkonzentration auf dem Pressemarkt. Aus diesen Gründen bedürfe es auch eines funktionierenden Service public im Online-Bereich, dessen Berichterstattung sich nicht nur an der Anzahl Klicks und Höhe der Werbeeinnahmen orientiere, so die Ausführungen von Bernhard Guhl (bdp, AG). Als Vertreter der FDP-Fraktion äusserten Frédéric Borloz (VD) und Thierry Burkart (AG) hingegen Bedenken zu einem ausgebauten Internetauftritt der SRG, da dies die privaten Medien stark konkurrenzieren könnte. Eine verstärkte Digitalisierung der SRG verlangte hingegen die SP und erhofft sich damit, die jüngere Generation in Zukunft besser anzusprechen, so Edith Graf-Litscher (TG). Martin Candinas (GR) lobte als Sprecher der CVP-Fraktion die Qualität des Service public in allen vier Landesteilen, betonte jedoch, dass diese auch weiterhin ohne Aufstockung der finanziellen Mittel und in erster Linie durch Wahrung des Informationsauftrags gewährleistet werden solle; der Einkauf von Fernsehserien und Filmen soll kritisch überprüft werden. Kritischer äusserten sich Vertreter der SVP-Fraktion, stellten dabei jedoch nicht die Existenzgrundlage der SRG in Frage, wie den Voten von Natalie Rickli (ZH) und Gregor Rutz (ZH) zu entnehmen ist. Ihre Kritik richtete sich in erster Linie gegen diejenigen Tätigkeiten der SRG, die stärker in Konkurrenz zu privaten Angeboten stehen, so etwa Angebote im Unterhaltungs- und Sportsektor. Verstärkte Subsidiarität forderte etwa auch Jürg Grossen (BE) im Namen der GLP-Fraktion.
Im Rahmen dieser parlamentarischen Beratung äusserte sich die grosse Kammer auch zu drei Geschäften, die in nahem Bezug zu Inhalten des Berichts, resp. zur Service-public-Debatte im Allgemeinen, stehen. Einer mitte-linken Kommissionsminderheit folgend lehnte der Nationalrat ein Anliegen seiner KVF ab, das eine duale Konzessionskompetenz für Parlament und Bundesrat forderte und somit den Einfluss des Parlaments in diesem Bereich stärken wollte. Ebenso verweigerte er seine Zustimmung zu einer weitergehenden parlamentarischen Initiative, die eine ausschliessliche Konzessionsvergabe durch das Parlament forderte. Letzteres tat der Nationalrat auf Anraten seiner Kommissionsmehrheit, die ordnungspolitische Bedenken geäussert und das Vorhaben als nicht realisierbar eingestuft hatte. Allenfalls geändert werden soll hingegen der im Bericht festgestellte Umstand, dass die Schweiz zu einigen wenigen demokratischen Ländern gehört, die über keine verwaltungsunabhängige Aufsichtsbehörde für Radio und Fernsehen verfügen. Ein Postulat, welches Möglichkeiten zur Schaffung einer solchen Instanz aufzeigen soll, stiess im Rat auf stillschweigende Zustimmung. Die parlamentarische Beratung der in Reaktion auf den Zusatzbericht eingereichten Vorstösse steht noch aus.

Bericht (und Zusatzberichte) zum Service public (BRG 16.043)
Dossier: Bericht zum Service public im Medienbereich: Anforderungen, Ergebnisse und Stellungnahmen
Dossier: Service public-Diskussion nach knappem Volks-Ja zum RTVG (2015)

An ihrer Sitzung am 13.2.17 beriet die KVF-NR die im Januar vorgelegten Zusatzberichte zum Service public und beschloss auf deren Grundlage die Lancierung verschiedenster Kommissionsvorstösse: Zur Förderung der elektronischen Service-public-Angebote ausserhalb der SRG sieht eine Motion (17.3008), die durch eine deutliche Kommissionsmehrheit gestützt wird, die Vergrösserung der Verbreitungsgebiete sowie die Aufhebung der 2+2-Regel vor. Besagte Regel hindert ein Unternehmen oder einen Veranstalter momentan daran, mehr als zwei Fernseh- und zwei Radio-Konzessionen zu besitzen. Zu dieser Massnahme hatte sich das BAKOM in seinem Bericht nicht nur positiv geäussert. Das Bundesamt befürchtet mit Aufhebung dieser Regelung eine Medienkonzentration sowie die Schlechterstellung kleiner und unabhängiger Veranstalter. Zudem sei mit der letzten RTVG-Revision bereits eine Aufweichung dieser Regelung beschlossen und unterdessen in Kraft gesetzt worden: Für die Einführung neuer Verbreitungstechnologien kann der Bundesrat neuerdings Ausnahmen bewilligen.
Um Marktverzerrungen zu minimieren, verlangt eine relativ knappe Mehrheit der Kommission mittels einer weiteren Motion (17.3009) die Erarbeitung einer Vorlage zur Umsetzung eines Open-Content-Modells, wonach die SRG ihre Eigenproduktionen allen Privaten zur freien Verfügung bereitstellen müsste. Die Initiative zu diesem Vorstoss stammte von GLP-Nationalrat und Kommissionsmitglied Jürg Grossen (BE), was den Eindruck erwecken lässt, dass sich auch in der politischen Mitte Befürworter für diese Idee finden lassen. Eine der Kommission im Januar vorgelegte externe Studie hatte nachgewiesen, dass Marktverzerrungen mit diesem Vorgehen verhindert werden könnten. Auch hierzu hatte sich das BAKOM aus diversen Gründen in seinen gleichzeitig mit der Auftragsstudie präsentierten Berichten kritisch geäussert.
Ferner gerieten diverse SRG-Sender, die keinen eigentlichen Service-public-Auftrag wahrnehmen, in die Kritik der Kommission. Ebenfalls eine knappe Mehrheit beschloss die Einreichung einer dritten Motion (17.3010) zur Abschaffung von solchen Radio-Spartensendern und eine damit einhergehende Senkung der Gebührengelder. Neben den reinen Musiksendern, die bereits in der Auftragsstudie namentlich erwähnt worden waren, nannte die Motion auch Radio SRF Virus, Radio SRF Musikwelle und Radio RTS Option Musique namentlich als Sender dieser Sparte. Nicht zuletzt hielt die KVF-NR an ihrem bereits im Vorjahr gefällten und der ständerätlichen Kommission entgegengesetzten Entschluss fest, einer parlamentarischen Initiative Rutz (svp, ZH) Folge zu geben, welche die nichtkonzessionierten Tätigkeiten der SRG einschränken will.
Abschliessend erteilte die Kommission der Verwaltung zwei Aufträge, mit denen Doppelspurigkeiten zwischen den Regionaljournalen der SRG und der regionalen Berichterstattung privater Radioanbieter aufgezeigt werden sollen und dargelegt werden soll, wie sich zusätzliche Werbeeinschränkungen für die SRG auswirken würden.

Bericht (und Zusatzberichte) zum Service public (BRG 16.043)
Dossier: Bericht zum Service public im Medienbereich: Anforderungen, Ergebnisse und Stellungnahmen
Dossier: Service public-Diskussion nach knappem Volks-Ja zum RTVG (2015)

Im Gegensatz zum Ständerat und dessen Kommission hatte sich die grossmehrheitliche KVF-NR mit dem vorliegenden Bericht nicht zufrieden gezeigt und bereits im Spätsommer 2016 nach der Durchführung einer breiten Anhörung einen Zusatzbericht zum Service public verlangt. Ganz konkret sollte dieser aufzeigen, wie die Entwicklung privater elektronischer Medien gefördert werden könnte und ob die SRG künftig einen Open-Content-Ansatz verfolgen soll. Mit 14 zu 11 Stimmen verworfen wurde hingegen die Forderung, in einem weiteren Zusatzbericht Möglichkeiten zur Steigerung der Programmattraktivität für die Jugend aufzuzeigen. Im Januar 2017 wurden der Kommission nun insgesamt drei von der Bundesverwaltung erarbeitete Berichte sowie eine Studie vorgelegt.
Zur Frage, ob es für die Medienvielfalt förderlich wäre, wenn die SRG ihre Eigenproduktionen privaten Anbietern kostenfrei zur Weiterverbreitung anbieten würde (Open Content) – durch eigene Recherchen angereichert oder nicht – äusserte sich das BAKOM in einem dieser Berichte kritisch. Die Wahrscheinlichkeit, dass die privaten Medienanbieter die SRG-Inhalte durch eigene Recherchen ergänzen würden, erachtet das Bundesamt als gering, was zu abnehmender Medienvielfalt führen würde. Ferner könne durch die Drittverwertung nicht garantiert werden, dass Werbeeinnahmen, die durch gebührenfinanzierte Inhalte erzielt werden, wieder in die journalistische Leistung zurück fliessen würden. Und nicht zuletzt verwies das BAKOM auf den seit Anfang 2017 bestehenden, neuen Dienst der sda, der ihren Kunden ohne Zusatzkosten nationale und regionale Videoinhalte von nationalem Interesse zur Verfügung stellt. Eine kürzlich getroffene Vereinbarung zwischen der sda und der SRG eröffne sda-Kunden zudem ein kostenpflichtiges Zusatzangebot, mit dem sie tagesaktuelle Videos von SRF oder RTS nutzen können. Aus aktueller urheberrechtlicher Sicht schliesslich müsste das Recht zur Weiterverwendung im Sinne des Open Contents bei allen betroffenen Rechteinhabern eingeholt werden; wo ausländische Rechteinhaber tangiert sind, müssten ferner internationale Vereinbarungen beachtet werden.
Im Bericht zu den Entwicklungsmöglichkeiten privater elektronischer Medien verwies das BAKOM auf bereits beschlossene Massnahmen. Gemäss der im September 2014 beschlossenen und an der Urne angenommenen Teilrevision des RTVG sind regionale TV-Sender und DAB+ verbreitende konzessionierte Gebührenradios ermächtigt, auch ausserhalb ihres Verbreitungsgebiets zu senden; ferner werden die regionalen Gebührenanteile bis 2020 gestaffelt von 4% auf 6% erhöht. Darüber hinaus wägt der interne Bericht Vor- und Nachteile sowie gesetzgeberischen Änderungsbedarf verschiedener weiterer, potentiell möglicher Massnahmen ab, so etwa im Bereich der Onlineförderung, der Aus- und Weiterbildung oder in Anbetracht der bereitgestellten finanziellen Mittel oder des gewährten Spielraums. Möglichkeiten der Kooperation zwischen der SRG und privaten Anbietern oder von privaten Anbietern untereinander werden im Bericht ebenfalls aufgezeigt. Als freiwillige und ohne Gesetzesänderung sofort umsetzbare Massnahme denkbar, wäre gemäss Bericht die Konzentration der Regionalsender auf ihre Kernkompetenz, wobei sie nationale und internationale Inhalte zu einem zu definierenden, "vernünftigen" Preis bei der SRG beziehen würden.
In den Zusatzabklärungen des BAKOM zum Service public im Medienbereich hält das Bundesamt unter anderem fest, dass der Schwerpunkt kommerzieller Privat-TV-Sender im Unterhaltungsbereich liege und dass die privaten Anbieter die SRG demzufolge in erster Linie in den Sparten Sport und Unterhaltung einschränken möchten. Neben den reinen SRG-Musiksendern wie Radio Swiss Pop bemängelten die Privatradios auch die ausgebauten Deutschschweizer Regionaljournale; auch in dieser Sparte möchten sie ihre Programme gerne ausbauen, fühlten sich aber durch die SRG zu stark konkurrenziert. Stellung nahm das BAKOM im Folgenden zum Unterhaltungsbereich der SRG. Publikumsattraktive Sendungen wie Casting- oder Quizshows könnten auch von Privaten produziert werden; hier seien jedoch Vorgaben in der Produktion oftmals ein Hindernis für Private. Das BAKOM vermutet, dass wahrscheinlich kein Privater anstelle der SRG solche Sendungen programmieren würde. Ein ähnliches Argument führte das Bundesamt betreffend Sendung von Grossanlässen – beispielsweise das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest oder Spiele der Fussball- und Eishockey-Nationalmannschaft – ins Feld: Hohe Kosten für Produktion und Übertragungsrechte würden viele private Anbieter daran hindern, solche Ereignisse auszustrahlen, da dies kaum kostendeckend geschehen könne. Ob Private deswegen auf die Ausstrahlung solcher Geschehnisse verzichten würden, lasse sich aber nicht abschliessend beantworten. Bezüglich der reinen SRG-Musik-Radiosender vertrat das BAKOM ebenfalls die Ansicht, dass diese von Privaten angeboten werden könnten, Letztere aber nicht in der Lage wären, solche Sender werbefrei zu gestalten, womit die Publikumsattraktivität gemindert würde. Stellung nahm das BAKOM ferner zur in Auftrag gegebenen und oben erwähnten Studie, deren Aufgabe es war, Möglichkeiten zur Korrektur von Wettbewerbsverzerrungen aufzuzeigen. Solche könnten minimiert werden, wenn ein öffentlicher Anbieter Service-public-Inhalte produziere und diese privaten Anbietern zur Verbreitung bereitstelle, schliesst die Studie. Eine solche Regelung hätte jedoch "gewichtige volkswirtschaftliche und staatspolitische Nachteile", wie das BAKOM im Bericht zu den Zusatzabklärungen schreibt. Neben dem Abfluss von Werbegeldern ins Ausland – eine Konsequenz, die auch in der Auftragsstudie in Betracht gezogen wird – nannte das Bundesamt unter anderem den Wegfall des Regionalausgleichs als Folgen dieser Änderungen.

Bericht (und Zusatzberichte) zum Service public (BRG 16.043)
Dossier: Bericht zum Service public im Medienbereich: Anforderungen, Ergebnisse und Stellungnahmen
Dossier: Service public-Diskussion nach knappem Volks-Ja zum RTVG (2015)

Der Ständerat, der den Bericht zum Service public in der Herbstsession 2016 als Erstrat behandelte, nahm mit 37 zu 5 Stimmen und 1 Enthaltung vom Bericht Kenntnis. Damit lehnte er einen Rückweisungsantrag einer Kommissionsminderheit Germann (svp, SH) – gestützt durch Kollege Hösli (svp, GL) – ab, der einen Zusatzbericht mit weiteren Konkretisierungen, unter anderem zum Grundversorgungsauftrag und zur Berücksichtigung neuer technologischer Entwicklungen, gefordert hätte. Er tat dies jedoch erst nach längerer und breit gefächerter Diskussion, wobei zahlreiche Kommissionsmitglieder sowie einige weitere Mitglieder des Rats ihr Votum abgaben. Die Grundhaltung dabei war, dass der Bericht den im Kommissionspostulat enthaltenen Auftrag, nämlich die Leistungen des Service public der SRG "unter Berücksichtigung der Stellung und Funktion privater Rundfunkanbieter zu überprüfen und darzustellen", zufriedenstellend erfülle und es nicht Aufgabe des Berichts sei, Antworten auf alle hängigen Fragen rund um den Service public zu liefern. Diesbezüglich gingen die Meinungen der Ständeratsmitglieder natürlich nach wie vor auseinander, wie sich etwa in divergierenden Voten zum Joint Venture der SRG mit der Swisscom und Ringier oder zur Anwendbarkeit des Subsidiaritätsprinzips zeigte.

Bericht (und Zusatzberichte) zum Service public (BRG 16.043)
Dossier: Bericht zum Service public im Medienbereich: Anforderungen, Ergebnisse und Stellungnahmen
Dossier: Service public-Diskussion nach knappem Volks-Ja zum RTVG (2015)

Im Juni 2016 präsentierte der Bundesrat den spätestens seit der rekordknappen Annahme des revidierten RTVG mit Spannung erwarteten und in Erfüllung eines Kommissionspostulats verfassten Bericht zum Service public. Dieser plädierte im Grunde für den Erhalt des Status quo – ein Ergebnis, das auf unterschiedliche Reaktionen stiess. Während der Bericht für die Befürworter die Bestätigung darstellte, dass ein starker Service public benötigt werde, monierten die Gegner, dass im Bericht gar keine Alternativen aufgezeigt würden und vieles zu vage bliebe. Einige Änderungen sah der Bericht dennoch vor: So soll etwa der Informationsauftrag verstärkt und die Integrationsleistung insofern gesteigert werden, dass vermehrt junge Leute erreicht werden sollen – ein Unterfangen, das den Ausbau des Online-Tätigkeitsfeld verlangt. Gerade Letzteres stiess den Kritikern der SRG sauer auf; der Druck auf private Anbieter werde so in diesem Bereich noch zusätzlich verstärkt. Der Bundesrat erwartet ferner, dass sich die Programme und das Online-Angebot der SRG in Zukunft deutlicher vom kommerziellen Angebot Privater unterscheidet. Dies zu definieren wird die Aufgabe im Rahmen der Neukonzessionierung 2019 sein. Dabei sollen auch zusätzliche Vorgaben für Unterhaltungssendungen gemacht werden. Festhalten will der Bundesrat am bestehenden Mitteleinsatz von CHF 1,2 Mrd. sowie an den aktuellen Werbeeinschränkungen, die auch ein Werbeverbot im Online-Angebot beinhalten. Bezüglich Werbeverbot im Online-Bereich behält sich der Bundesrat jedoch dessen Aufhebung vor, sollten die Erträge aus der Fernsehwerbung und den Empfangsgebühren rückläufig werden. Der Verband Schweizer Medien (VSM) stellte sich sowohl gegen die Plafonierung der Mittel – der VSM forderte eine Reduktion auf CHF 1 Mrd. – als auch gegen die geltenden Werbeeinschränkungen, die dem Verband nicht streng genug waren: Er forderte für das Schweizer Fernsehen ein komplettes Werbeverbot ab 20 Uhr. Ferner plant die Regierung im Sinne einer Modernisierung in mittlerer Zukunft, das Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (RTVG) in ein Gesetz über elektronische Medien zu überführen. Und nicht zuletzt schien gerade auch der in den Medien vorherrschende, eher negative Tenor zum Bericht die Notwendigkeit zu verdeutlichen, der Gesellschaft die Mehrwerte des bestehenden Service public in Zukunft deutlicher aufzuzeigen. Die Stärkung der Legitimation über einen intensivierten Dialog mit der Öffentlichkeit erachtete der Bundesrat in seinem Bericht denn auch als unabdingbar.

Bericht (und Zusatzberichte) zum Service public (BRG 16.043)
Dossier: Bericht zum Service public im Medienbereich: Anforderungen, Ergebnisse und Stellungnahmen
Dossier: Service public-Diskussion nach knappem Volks-Ja zum RTVG (2015)

Die Vox-Nachbefragung zur RTVG-Abstimmung zeigte unter anderem, dass es sich bei der Abstimmung um die Einführung eines neuen Gebührensystems um einen deutlichen Links-Rechts-Konflikt handelte. Während Personen, die sich mit der SP verbunden fühlen, der Vorlage beinahe mit einer Dreiviertelmehrheit (73%) zustimmten, fand das revidierte RTVG nur bei etwas mehr als einem Viertel der SVP-SympathisantInnen Zuspruch (28%). Gespalten zeigte sich die Anhängerschaft der FDP (46% Ja-Anteil) und der CVP (58%). Diese tiefe Befürwortungsrate ist insbesondere im Falle der Christdemokraten bemerkenswert; hatte die CVP doch die Geschäftsstelle des offiziellen Ja-Komitees inne und mit der UVEK-Vorsteherin ein Bundesratsmitglied aus den eigenen Reihen, das für das RTVG-Dossier zuständig ist. Ferner war es die Zufriedenheit mit den Leistungen der SRG und nicht etwa die Befürwortung oder Ablehnung von Staatseingriffen (obwohl auch hier ein Zusammenhang feststellbar war), die den Stimmentscheid ebenso stark prägte wie die politische Ideologie es tat. Dennoch fand sich auch unter den Nein-Stimmenden eine Mehrheit von immerhin 61%, die sich mit den Leistungen der SRG zufrieden zeigte. Ausschlaggebend für deren ablehnende Haltung war vielmehr die Ansicht, eine obligatorische Abgabe sei nicht angemessen und dass es vor der Abstimmung über ein neues Gebührensystem einer Grundsatzdiskussion zum Service public bedurft hätte – letzteres eine Ansicht, die auch eine knappe Mehrheit des Ja-Lagers teilte. Auch die persönliche finanzielle Lage beeinflusste den Stimmentscheid; die Vorlage wurde erst von Personen mit einem Haushaltseinkommen über CHF 7000 mehrheitlich befürwortet. Den Sprachgraben führten die Autoren der VOX-Analyse darauf zurück, dass die Westschweiz mit ihrem Ja teilweise auch ein Votum für die SRG und den Service public abgab, während in der Deutschschweiz eher technische Überlegungen zur Anpassung des Gebührensystems im Vordergrund standen. Dass die Debatte im Vorfeld der Abstimmung nicht unbedingt sachlich verlaufen war, spiegelte sich auch in den Ergebnissen der VOX-Analyse wider: Trotz hoher Intensität in der Berichterstattung gaben nur 34% der Befragten und 48% der Stimmenden an, dass mit der RTVG-Vorlage über die Einführung einer obligatorischen Abgabe für Haushalte und Unternehmen abgestimmt wurde und ein weiterer Drittel (32%) der Befragten und 12% der Stimmenden konnte die Vorlage inhaltlich gar nicht einordnen. Gemäss den Autoren der VOX-Studie war den Stimmenden aber bewusst, dass nicht die SRG oder der Servic public Gegenstand der Abstimmung war. Gleichwohl erachtete es etwas mehr als jeder zehnte Stimmende als legitim, mit seiner Stimme in erster Linie entweder seine Kritik an der SRG und deren Leistungen oder seine Unterstützung für das öffentlich-rechtliche Radio und Fernsehen kundzutun.

Änderung des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG) vom 26. September 2014
Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

"Rösti- und Polentagraben sind programmiert", titelte die NZZ bereits am 5. Juni, mit dem Argument, dass insbesondere die Sprachminderheiten von einem ausgebauten Service public profitieren und dies mit einem befürwortenden Stimmentscheid untermauern würden. Zumindest was das Resultat betrifft behielt die alte Tante grösstenteils recht: An der Volksabstimmung zur RTVG-Vorlage vom 14. Juni 2015, wurde das Bundesgesetz über Radio und Fernsehen bei einer Stimmbeteiligung von 43,7% mit einer hauchdünnen Mehrheit von 3'649 Stimmen – und somit noch leicht knapper als die vorläufigen amtlichen Ergebnisse vermuten liessen, und gar knapper als jedes andere seit der Einführung des Frauenstimmrechts erzielte Abstimmungsresultat – angenommen. Treibende Kraft hinter diesem Hauch von Ja war in der Tat die Romandie (mit Ausnahme des Wallis), wo die Vorlage teilweise beträchtlichen Zuspruch erhielt – an vorderster Front vom Kanton Waadt, der die Vorlage, gefolgt von den Kantonen Genf (61,9%), Neuenburg (59,6%) und Jura (58,6%), mit einem Ja-Anteil von 62,5% deutlich befürwortete. Abgesehen von der Romandie legten lediglich Basel-Stadt (51,2%) und Graubünden (50,9%) ein Ja ein; in allen anderen Kantonen – inklusive dem Tessin (48,0%) – fand die Vorlage keine Mehrheit. Während der Ja-Anteil in den grösseren, städtisch geprägten Kantonen immerhin die 47%-Marke überschritt, bewegte sich dieser in den ländlichen Kantonen der Zentral- und Innerschweiz zwischen 40% und 45%. Das knappe Ergebnis führte denn auch nicht zum Abflauen der politischen Diskussionen, sondern zu deren intensiven Weiterführung. Die GLP, die ebenso wie die SVP und die FDP zu den Abstimmungsverliererinnen gehörte, kündigte beispielsweise an, eine Motion zur Definition des medialen Service public in der Bundesverfassung einzureichen. Dass hier Handlungsbedarf bestehe, habe die Debatte zum RTVG gezeigt. Nationalrätin Natalie Rickli (svp, ZH) kommentierte die Befunde des Tagesanzeigers, wonach die Auslandschweizer für das Ja zum RTVG verantwortlich seien: Es sei "irritierend, dass Leute mitentscheiden, die gar nicht bezahlen müssen". Nichtsdestotrotz seien jedoch diejenigen Gegnerinnen und Gegner, welche ihr Stimmrecht nicht wahrgenommen hatten, zu grossen Teilen für die Niederlage verantwortlich. Rickli rief zur Unterstützung der sich dazumals im Sammelstadium befindenden No-Billag-Initiative auf, mit der der Druck auf die SRG aufrechterhalten werden könne. Die Initiative erhielt nach der Referendumsniederlage nun auch Unterstützung vom Schweizerischen Gewerbeverband. Der Verband Schweizer Medien zeigte sich mit dem Abstimmungsresultat und gar mit dessen Knappheit zufrieden, denn Letzteres sei ein Warnsignal an die SRG. Diese solle sich auf einen Service public im engeren Sinne beschränken und ausschliesslich über die neue Abgabe finanziert werden, was einem Werbeverbot für die SRG gleichkäme.


Abstimmung vom 14. Juni 2015

Beteiligung: 43.7%
Ja: 1'128'522 (50.1%)
Nein: 1'124'873 (49.9%)

Parolen:
– Ja: SP, CVP, GPS, BDP (2*), EVP; Economiesuisse, SGB, Travail.Suisse, VSM.
– Nein: SVP, FDP (3*), GLP; SGV, SBV, Konsumentenforum.
– Stimmfreigabe: SAV, SKS.
* Anzahl abweichende Kantonalsektionen in Klammern

Änderung des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG) vom 26. September 2014
Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Der Abstimmungskampf zur RTVG-Vorlage wurde von Beginn an kontrovers geführt und von den Medien in einer Ausführlichkeit begleitet, die im Vergleich zu den anderen zur Abstimmung stehenden Vorlagen beispiellos blieb. Dabei liess sich nicht verhindern, dass die Debatte nicht nur eine technische und die Umstellungen im Gebührensystem betreffende blieb, sondern gemäss Medien eher in eine Grundsatzdebatte zum Service public und zur Rolle der SRG mündete. Rückblickend ist jedoch auch dieser Beschrieb des Abstimmungskampfes nicht ganz zutreffend, denn die Debatte enthielt wenig Substanz und dafür umso mehr Polemik.
Bereits Mitte Februar und somit gut vier Monate vor dem angesetzten Abstimmungstermin, dem 14. Juni 2015, war der Direktor des Gewerbeverbandes (SGV) und Referendumsergreifer – gemäss dem Blick – "stinksauer". In einem Brief warf er der SRG vor, dass diese ihre redaktionelle Neutralität nicht wahre und "völlig einseitig" und "auf Kosten der Gebührenzahler" über die Referendumsvorlage berichte. Der SGV und mit ihm die SVP zogen aus diesen Gründen ihre Teilnahme an einer Podiumsdiskussion zur RTVG-Vorlage zurück, welche von Karin Frei, der Moderatorin der Diskussionssendung "Club" und somit SRG-Mitarbeiterin, geleitet worden wäre. Laut Daten des BAKOM erhält die SRG 92% aller Gelder aus dem Gebührentopf. Diskutieren wollte der Gewerbeverband hingegen in einem anderen Forum, und zwar in der Frühjahrssession im Parlament, wo von der UVEK-Vorsteherin Auskünfte über die Rolle der SRG verlangt wurden. Im Abstimmungskampf zeigte sich die SRG nicht präsent im gekauften Raum, listete auf ihrer Webseite jedoch ausführliche Pro-Argumente auf, wobei sie sich auf den Standpunkt stellte, dass sie sich bereits in der Vernehmlassung und somit für alle einsehbar positiv zur Vorlage geäussert habe. Ferner gehöre die Förderung der Diskussion über den Service public zum Leistungsauftrag der SRG. Die Diskussion um den Service public lieber vertagen wollte hingegen Bundesrätin Leuthard, welche an der Eröffnung zum Abstimmungskampf betonte, man solle mit dieser Diskussion bis zum Erscheinen des vom Bundesrat zu erarbeitenden Berichts zu den Service-public-Leistungen warten.
Die Referendumsergreifer äusserten ihre Empörung zum Vorgehen der SRG in einem Brief an das BAKOM sowie mit der Forderung, die Finanzkontrolle solle die Finanzströme der SRG untersuchen – dies aufgrund eines Berichts der Zentralschweiz am Sonntag, wonach die Regionalgesellschaften mit Mittelzuweisungen der SRG Abstimmungskampf betreiben würden. Ebenfalls unzufrieden zeigte sich die Gegnerschaft mit dem Text im Abstimmungsbüchlein und reichte eine Stimmrechtsbeschwerde ein. Bei der Formulierung der gegnerischen Argumente durch das Referendumskomitee hatte die Bundeskanzlei korrigierend eingegriffen, indem sie ergänzte, dass "nach Ansicht des Komitees" in den nächsten Jahren bereits mit 1000 Franken Mediensteuer pro Haushalt und Jahr zu rechnen sei (der Bundesrat ging von einem Betrag von CHF 400 aus). Vizekanzler André Simonazzi wies die Anschuldigungen des Referendumskomitees zurück, bezeichnete diese als "tout bonnement absurde" und betonte, dass sich die vom Bundesrat eingebrachten Änderungen darauf beschränkt hätten, dem Stimmbürger die Urheberschaft dieser Behauptung erkennbar zu machen.
Durchs Band war die Kampagne geprägt von diversen, beinahe im Akkord präsentierten Enthüllungen, welche von den Medien nicht in ihrer Breite ausgeschlachtet wurden – evtl. auch aus dem Grund, da bereits wenige Tage später der nächste Vorfall darauf wartete, dargelegt zu werden. So etwa wurde im Rahmen der RTVG-Abstimmung über die bekannt gewordene Höhe des Lohns von SRG-Generaldirektor Roger de Weck berichtet, ebenso über die zuerst mutmassliche und danach tatsächliche Ständeratskandidatur vom damaligen SRG-Verwaltungsratspräsidenten Raymond Loretan und über das vom Bundesgericht festgelegte Verbot, die Empfangsgebühren der Mehrwertsteuer zu unterstellen. Ferner zogen sich durch die gesamte Kampagne gegenseitige Beschuldigungen der Falschinformation, wobei der SGV diese nicht etwa ans Pro-Komitee adressierte, sondern in erster Linie an die SRG – so etwa zur Frage, ob die SRG bei Annahme der Vorlage mehr Geld erhalte oder ob die jetzige Regelung tatsächlich keine Möglichkeit zur Gebührenbefreiung für Unternehmen erlaube, wie die SRG in einer Broschüre festhielt. Auf der anderen Seite schlug der Behauptung des SGV, in einigen Jahren werde der Gebührenzahler bereits CHF 1000 pro Jahr entrichten müssen, heftiger Gegenwind entgegen. Ferner wurde Mitte Mai bekannt, dass das Nein-Komitee auf seiner Homepage Personen als Anhänger des gegnerischen Komitees aufführte, welche diesem gar nicht angehörten.
Auch dass die erste Trendumfrage in der ersten Maihälfte von einem Patt zwischen den Befürwortern und Gegnern sprach, trug nicht unbedingt zur Abkühlung des hitzig geführten Abstimmungskampfes bei – obwohl das Ja-Komitee unter der Führung der CVP laut eigenen Aussagen bereits zu diesem Zeitpunkt das gesamte Abstimmungskampfbudget aufgebraucht hatte. Tatsächlich blieb es um das offizielle Pro-Komitee im weiteren Verlauf der Abstimmungskampagne relativ still. Ferner formierten sich regionale Komitees, bestehend aus lokalen Radio- und TV-Stationen, um für ein Ja an der Urne zu werben. Nicht zuletzt war es denn auch die SRG, welche ihre 23'000 Mitglieder in einem Brief aufforderte, aktive Mobilisierungs- und Überzeugungsarbeit zu leisten. Finanziell besser aufgestellt zeigte sich das gegnerische Komitee, welches mit einer provokanten Abstimmungszeitung aufwartete, die mit einer Auflage von 2,5 Mio. in den grösseren Städten und Agglomerationen verteilt wurde. "Not amused" gab sich in diesem Zusammenhang der Zürcher Stadtrat Filippo Leutenegger (fdp), welcher sich auf Seite 3 der Zeitung gegen die SRG wetternd wiederfand. Er habe keine Kenntnisse über seine Rolle in der Abstimmungszeitung gehabt; die Macher hätten Auszüge aus einem vergangenen Interview zusammengeschnitten und aus dem Kontext gerissen. Der Redaktionsleiter der Abstimmungszeitung gab auf Anfrage denn auch zu, dass Leutenegger weder Autor des Artikels sei noch von dessen Erscheinen gewusst habe. Der grundsätzliche Stil der SGV-Kampagnenführung wurde als gehässig aufgefasst, was jedoch aufgrund der Zusammenarbeit mit der Werbeagentur Goal, unter anderem Erfinder der Minarett-Raketen und der Messerstecherplakate, nicht erstaunt: Auf gewissen Inseraten der Gegner war eine blutige Hand mit abgehackten Fingern zu sehen, die in eine Mausefalle (als Metapher für die "Steuerfalle") getappt war. Bezüglich Ausgewogenheit der Inseratekampagne in den Printmedien registrierte Année Politique Suisse beinahe ein Gleichgewicht zwischen Befürwortern und Gegnern in Bezug auf die Anzahl der publizierten Inserate, wobei sich die gegnerische Seite für leicht mehr Inserate verantwortlich zeigte. Die Tonalität der Kampagne in der Berichterstattung der Medien fiel gemäss dem Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) zu Gunsten der Gegner aus.

Änderung des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG) vom 26. September 2014
Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

In der Differenzbereinigung im September schaffte der Nationalrat als Erstrat bereits alle bis auf eine der bestehenden Differenzen bei der RTVG-Revision aus der Welt: Einer Minderheit Lehmann (cvp, BS) folgend schloss er sich gegen die Fraktionen der BDP und SVP sowie einer qualifizierten FDP-Minderheit dem ständerätlichen Vorschlag zur Erhöhung der Abgabenanteile an private Veranstalter an. Oppositionslos beschloss die grosse Kammer, dem Ständerat folgend, auf eine Fixierung der Abgabenanteile für Radio und Fernsehen zu verzichten. Entgegen einer starken Kommissionsminderheit Rickli (svp, ZH) schloss sich der Nationalrat mit knappen 98 zu 90 Stimmen bei zwei Enthaltungen ebenfalls dem ständerätlichen Vorschlag an, dass die Überschüsse aus den Gebührenanteilen nicht an die Gebührenzahlenden zurückzuerstatten seien. Erfolgreich beharrte der Nationalrat entgegen einer breiten Kommissionsminderheit aus Mitte-Links auf der Möglichkeit eines fünfjährigen Opting-outs für Personen ohne Empfangsgerät. Nachdem der Nationalrat sich in insgesamt fünf Differenzen dem Ständerat angeschlossen hatte, beschloss die kleine Kammer, in dieser letzten Differenz auf die Version des Nationalrats umzuschwenken. So konnte die Gesetzesvorlage noch in der Herbstsession verabschiedet werden. Im Nationalrat stellten sich die Fraktionen der GLP und SVP mit einer Mehrheit der FDP/Liberalen-Fraktion gegen die Vorlage, womit diese mit 109 zu 85 Stimmen verabschiedet wurde. Etwas klarer waren die Mehrheitsverhältnisse im Ständerat, wo mit 28 zu 14 Stimmen zwei Drittel der Kantonsvertreter die Vorlage befürworteten.

Änderung des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG) vom 26. September 2014
Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Beinahe sieben Stunden dauerte die Debatte zur Änderung des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG), welche der Nationalrat in der Frühjahrssession als Erstrat führte und die in erster Linie zum Ziel hatte, die geräteabhängige Gebühr für Radio und Fernsehen durch ein geräteunabhängiges System zu ersetzen. Zuerst hatte die grosse Kammer über einen Nichteintretensantrag einer Minderheit der KVF-NR, angeführt durch Natalie Rickli (svp, ZH) zu befinden. Diese argumentierte, die generelle Abgabepflicht käme einer Mediensteuer gleich und zusätzliche Steuern könnten lediglich über den Verfassungsweg eingeführt werden. Mit 119 zu 68 Stimmen lehnte der Nationalrat dieses Begehren schliesslich ab, womit die Mehrheit der grossen Kammer zum Ausdruck brachte, dass es sich ihrer Ansicht nach im vorliegenden Fall um eine Abgabe handle, was ebenfalls den Schlussfolgerungen eines 2010 erschienenen juristischen Gutachtens entsprach. Als einzige Fraktion stellte sich die SVP geschlossen gegen Eintreten auf die Vorlage. Die FDP-Liberale Fraktion war in der Eintretensfrage "ziemlich exakt geteilter Meinung", wie Gabi Huber (fdp, UR) als Fraktionssprecherin bemerkte. Alle anderen Fraktionen lehnten den Minderheitsantrag bei vereinzelten Enthaltungen geschlossen ab. Ebenfalls mit ähnlichen Mehrheiten abgelehnt wurde ein Rückweisungsantrag einer beinahe identischen Kommissionsminderheit und zwar mit den Aufträgen, zuerst eine Botschaft über den verfassungsmässigen Leistungsauftrag der SRG vorzulegen und das Volk zur Einführung einer Mediensteuer zu befragen. Ferner verlangte ein Einzelantrag Grossen (glp, BE) die Rückweisung des Geschäfts, um eine Vorlage auszuarbeiten, welche eine Finanzierung über den Bundeshaushalt vorsähe, womit sich eine private Inkassostelle erübrigen würde. Auch dieser Antrag wurde relativ deutlich abgelehnt, fand nebst der SVP-Fraktion und einer qualifizierten FDP-Minderheit jedoch auch Unterstützung bei einer geeinten GLP-Fraktion. In der Detailberatung stellten mehrheitlich SVP-dominierte aber auch links-grüne oder gar gemischte Kommissionsminderheiten zahlreiche Anträge, die jedoch fast ausnahmslos chancenlos blieben. Die Kommissionsmehrheit konnte sich mit ihren Änderungsanträgen auch erfolgreich gegen einen Minderheitsantrag Hurter (svp, SH) durchsetzen, als es darum ging, die Gebührenanteile für private Radio- und Fernsehveranstalter auf eine Spannbreite von 4-5% zu erhöhen. Ebenfalls obsiegte sie gegen eine Minderheit Huber (fdp, UR), welche die Aufteilung der Gelder zwischen Radio und Fernsehen analog Bundesrat nicht auf ein bestimmtes Verhältnis (36% zu 64%) festsetzen wollte. Als beinahe einziger Minderheitsantrag erfolgreich war ein von Kurt Fluri (fdp, SO), Olivier Français (fdp, VD) und Gabi Huber (fdp, UR) getragener Kompromissvorschlag für ein eingeschränktes Opting out: Bis fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes sollen sich Haushalte ohne Empfangsmöglichkeiten von der Abgabe befreien können. Weder die Allianz aus Grünen und SVP, welche sich für eine generelle Befreiungsmöglichkeit einsetzte, noch die Kommissionsmehrheit, die analog Bundesrat kaum Möglichkeiten für ein Opting-Out schaffen wollte, konnten entsprechende Mehrheiten finden. Der zweite und letzte, durch eine marginale Mehrheit von einer Stimme angenommene Minderheitsantrag, eingebracht durch Christian Wasserfallen (fdp, BE), verhinderte den Ausbau der Regionaljournale der SRG, damit diese den privaten Anbietern keine Konkurrenz machen. Ein bedeutender Streitpunkt zeigte sich in der Frage, ob Unternehmen mit einem Mindestumsatz von CHF 50'000 ebenfalls generell eine Abgabe zu entrichten hätten. Zwei Einzelanträge Grossen (glp, BE) und Schilliger (fdp, LU), welche Unternehmen ganz von der Abgabepflicht befreien wollten, wurden mit 92 zu 92 Stimmen bei zwei Enthaltungen lediglich durch Stichentscheid des Präsidenten Lustenberger (cvp, LU) abgelehnt. Gegen die Abgabepflicht für Unternehmen stellten sich die Fraktionen der GLP, BDP, und SVP und die Mehrheit der FDP-Liberalen sowie einzelne CVP/EVP-Fraktionsmitglieder. Im Unterschied zu der fixen, durch Privathaushalte zu entrichtenden Abgabe sieht die bundesrätliche Fassung vor, die Höhe der Abgabe für Unternehmen nach deren Umsatz zu bestimmen. In dieser Form verabschiedete der Nationalrat, unter Opposition der GLP- und SVP-Fraktionen sowie einer starken FDP-Minderheit, den Entwurf an den Ständerat, welcher das Geschäft in der Sommersession als Zweitrat behandelte.

Änderung des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG) vom 26. September 2014
Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Nach einer im Vorjahr durchgeführten Vernehmlassung präsentierte die Landesregierung dem Parlament im Mai des aktuellen Jahres eine Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG). Der Bundesrat optierte gemäss Auftrag des Parlaments und in Erfüllung einer Motion der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats (KVF-NR) für eine generelle Abgabepflicht für Radio und Fernsehen, welche die in der Vergangenheit mehrfach in Kritik geratene, geräteabhängige Billag-Empfangsgebühr ablösen soll. Trotz Kritik von einigen gewichtigen Vernehmlassern hielt der Bundesrat somit an dem in seiner ursprünglichen Vorlage enthaltenen Vorschlag fest, kaum Möglichkeiten zur Abgabebefreiung vorzusehen. Für ein „Opting out“ für Personen mit bewusstem Verzicht auf Radio- und Fernsehkonsum hatten sich in der Vernehmlassung unter anderem die Piratenpartei, Economiesuisse und mit dem Aargau, Genf und Schwyz drei Kantone ausgesprochen. Die Mehrheit der Vernehmlasser, darunter alle Kantone mit Ausnahme des Kantons Zürich sowie unter anderem die WEKO, Billag und die stellungnehmenden Parteien ohne die SVP und die FDP, hatte sich jedoch im Grunde hinter einen Systemwechsel gestellt und den Entwurf begrüsst. Von der neuen Abgaberegelung ausgenommen werden sollen laut Vorlage des Bundesrats wie bisher Bezüger von Ergänzungsleistungen (EL) der AHV und IV, wobei eine neue Regelung die rückwirkende Befreiung ab Leistungsbezug einführen will. Ebenfalls neu sollen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von unter CHF 500'000 von der Abgabe befreit werden. Nach aktuellem Stand hätten aufgrund letzterer Bestimmung 70% der in der Schweiz angesiedelten Unternehmen keine Abgabe zu entrichten. Ob und inwiefern Unternehmen überhaupt abgabepflichtig sein sollen, wurde in der Vernehmlassung äusserst kontrovers diskutiert. Während der festgesetzte Grenzwert einigen Vernehmlassern zu hoch angesetzt war, fanden ihn andere zu tief und wieder andere schlugen neue Kriterien zur Bestimmung der Abgabepflicht vor. In seiner Botschaft zum Entwurf vertrat der Bundesrat nach wie vor den ursprünglich genannten Grenzwert, der jedoch in einem weiteren Schritt auf Verordnungsstufe festgelegt werden muss. Die Vorlage sieht weiter vor, für die Eintreibung der Abgaben natürlicher Personen eine nach Kriterien des öffentlichen Beschaffungsrechts ausgewählte private Erhebungsstelle zu beauftragen, welche die Haushaltsdaten von den Einwohnerregistern der Kantone und Gemeinden bezieht. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) soll die Abgabe der Unternehmen direkt im Rahmen der Mehrwertsteuererhebungen einziehen. Betreffend Letzterem präsentierte die Regierung in der Vernehmlassung zwei Varianten. Die Abgabeerhebung via ESTV wurde von der Mehrheit der Stellungnehmenden als effizienter und kostengünstiger eingestuft als ein alternativ möglicher Einzug über die private Erhebungsstelle, welche die Daten der Unternehmen über die ESTV bezogen hätte. Als Gründe für den Systemwechsel gibt der Bundesrat in erster Linie die technologische Entwicklung, welche den Empfang von Radio und Fernsehen auf neuen Geräten ermöglicht, sowie den durch das aktuelle System verursachten hohen administrativen Aufwand an. Aus finanzieller Perspektive soll die neue Regelung keine zusätzlichen Erträge generieren, was tendenziell zu einer tieferen Abgabe pro Haushalt führen würde, so die entsprechenden Ausführungen in der Botschaft. Weiter präsentiert der Bundesrat in seinem Entwurf den Vorschlag einer Flexibilisierung der Gebührenanteile für private Radio- und Fernsehveranstalter zwischen 3 und 5%. Der bisherige, fixe Prozentsatz von 4% hatte beim Gebührensplitting zur Anhäufung von Überschüssen geführt, was mit einem variablen Gebührenanteil vermieden werden soll. Wegen entgegengesetzter Ansichten der Vernehmlasser beschloss der Bundesrat, bei seinem ursprünglichen Vorschlag zu bleiben. Die Vorlage, welche 2014 dem Parlament zur Behandlung vorgelegt wird, enthält darüber hinaus Bestimmungen zu Kompetenzregelungen, Konzessionsvoraussetzungen sowie weitere Regelungen für die privaten Radio- und Fernsehveranstalter.

Änderung des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG) vom 26. September 2014
Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Im Berichtsjahr feierte Swissinfo, neu unter dem Namen Internetdienst über die Schweiz für das Ausland laufend, sein 75-jähriges Bestehen. Nachdem der Dienst in den vergangenen zwölf Jahren zwei Fünftel seines Budgets eingebüsst hatte, gab der Bundesrat im Rahmen seiner Botschaft zu einem „Bundesgesetz über das Konsolidierungsprogramm 2012-2013“ das Ansinnen bekannt, die Bundesmittel zugunsten von Swissinfo (rund die Hälfte des jährlichen Gesamtbudgets von 26 Mio. Fr.) auf Mitte 2012 zu streichen und die Finanzierung des Angebots ganz der SRG zu überlassen, die ihrerseits 7 Mio. Fr. einzusparen gedenkt. Falls die Bundesversammlung dem Konsolidierungsprogramm und einer entsprechenden Revision des Radio- und Fernsehgesetzes zustimmt, wird dies voraussichtlich eine weitere Redimensionierung von Swissinfo oder die Schaffung einer Ersatzlösung im Rahmen der SRG-Konzession zur Folge haben.

Konsolidierungsprogramm 2011-2013 (10.075)

Im April setzte der Bundesrat das neue Radio- und Fernsehgesetz und die dazugehörige Verordnung in Kraft. Die neue Verordnung räumt privaten Veranstaltern wesentlich mehr kommerzielle Freiheiten ein, etwa hinsichtlich der Unterbrecherwerbung, der Werbedauer und der Werbung auf geteilten Bildschirmen. Die SRG darf Kino- und Fernsehfilme weiterhin einmalig mit Werbespots unterbrechen und auch die Produktplacierung bleibt ihr erlaubt. Die Internetseiten der SRG müssen dagegen von kommerziellen Botschaften frei bleiben. Bezüglich der Zuteilung von Empfangsgebühren für private Radio- und Fernsehstationen wurde festgelegt, dass die Gebührenfinanzierung höchstens die Hälfte der Betriebskosten eines Senders ausmachen soll. Bei Veranstaltern mit besonders aufwendig zu versorgenden Gebieten darf dieser Anteil auf maximal 70% ansteigen. Weiter werden Kabelnetzbetreiber verpflichtet, konzessionierte Schweizer Sender sowie die ausländischen Programme Arte, 3sat, Euronews, TV5, ARD, ORF 1, France 2 und Rai Uno analog zu verbreiten.
Die Verordnung regelt auch die Erhöhung der Empfangsgebühren. Der Bundesrat hatte 2006 den Vorentscheid getroffen, die Gebühren um insgesamt 2,5% zu erhöhen. Er setzte ihn nun in der Verordnung so um, dass die Fernseh-Empfangsgebühren um 4,1% ansteigen und jene fürs Radio unverändert bleiben. Damit berücksichtigte er die unterschiedliche Kostenentwicklung in den beiden Mediengattungen. Der Nationalrat lehnte eine Motion Hegetschweiler (fdp, ZH) (Mo. 06.3664) zum Verzicht auf die Erhöhung der Empfangsgebühren ab.

Totalrevisison des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) vom 24. März 2006
Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

In der Herbstsession begann der Nationalrat mit der Differenzbereinigung, welche aber im Berichtsjahr noch nicht beendet werden konnte. Er schloss sich bei der politischen und religiösen Werbung sowie beim Sponsoring dem Ständerat an. Bei allen anderen wichtigen Differenzen beharrte er jedoch auf seinen Positionen. Er hielt am Verbot für Wein- und Bierwerbung in den ausländischen Programmfenstern fest, sprach sich für einen fixen Satz von 4% der zu verteilenden Gebühren aus (in erster Lesung hatte er sich für einen Maximalsatz von 4% ausgesprochen), wollte nur höchstens je zwei Fernseh- und Radiokonzessionen pro Anbieter vergeben, und hielt daran fest, die Nutzungsforschung und die UBI als von der SRG unabhängige Institutionen neu zu gründen.

Totalrevisison des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) vom 24. März 2006
Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Als Zweitrat befasste sich der Ständerat in der Frühlingssession mit der Totalrevision des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG). Nachdem der Nationalrat das revidierte RTVG in der Frühlingssession 2004 gutgeheissen hatte, war im Ständerat Eintreten unbestritten. Kommissionssprecher Escher (cvp, VS) hob in der Eintretensdebatte das Hauptmerkmal dieser Revision hervor, nämlich einen Ausgleich zwischen der SRG und den privaten Anbietern. Auch Bundesrat Leuenberger lenkte die Aufmerksamkeit auf die Erleichterung des Marktzutritts für Private. Die Dualität, die sich durch die gesamte Detailberatung und die vielfältigen Anträgen zog, lautete: „eine starke, aber nicht allmächtige SRG einerseits und gestärkte private Veranstalter andererseits“. So wurde immer wieder für bessere Bedingungen für Private plädiert, allerdings stets unter Betonung der Wichtigkeit des Service public, auch bei privaten Programmveranstaltern. Unablässig und über Parteigrenzen hinweg wurden die Berücksichtigung aller Sprachregionen und der politisch identitätsstiftende Beitrag der SRG betont. Die Beratung zog sich über mehrere Tage hinweg und war von vielen Minderheits- und Mehrheitsanträgen gekennzeichnet. Die Differenzbereinigung konnte 2005 noch nicht abgeschlossen werden.

In der Detailberatung lehnte der Ständerat die vom Nationalrat beschlossene Zulassung der politischen und religiösen Werbung bei den privaten Stationen ab. Die Werbung für Wein und Bier bei privaten Sendern fand hingegen auch in der kleinen Kammer Zustimmung. Sie lehnte es aber mit 18:17 Stimmen ab, das für die SRG geltende Alkohol- und Tabakwerbeverbot auch auf die Programm- und Werbefenster ausländischer Fernsehsender auszuweiten. Weitere Differenzen zum Nationalrat gab es bei der Unterbrecherwerbung und beim Sponsoring. Die Unterbrecherwerbung wurde gänzlich untersagt, das Sponsoring hingegen auch für Radiosender zugelassen.

Beim Gebührensplitting zugunsten der privaten Veranstalter standen fünf Varianten zur Diskussion. Die vom Nationalrat vorgenommene Aufteilung in einen Topf für das Fernsehen und einen für das Radio wurde bestätigt. Anstelle der von der grossen Kammer beschlossenen Obergrenze von je 4% legte der Ständerat die zu verteilenden Anteile an den Gebühren auf 3-5% für Radio- und 2-5% für Fernsehveranstalter fest. Die vom Nationalrat eingeführte Bestimmung, die Anzahl der Konzessionen auf zwei Fernseh- und zwei Radiosender je Unternehmen zu beschränken, fand in der kleinen Kammer keine Zustimmung und wurde ersatzlos gestrichen. Nicht einverstanden war eine Mehrheit im Ständerat auch mit der vom Nationalrat beschlossenen Herauslösung der Nutzungsforschung und der Unabhängigen Beschwerdeinstanz (UBI) aus dem Bereich der SRG. In der Gesamtabstimmung hiess der Ständerat die Gesetzesrevision mit 23 zu 0 Stimmen gut.

Totalrevisison des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) vom 24. März 2006
Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Im Februar konnten sich dann diverse Interessengruppen zum RTVG-Entwurf äussern, der in der Stossrichtung dem Grundsatz eines starken durch die SRG erbrachten Service public und eines grösseren Handlungsspielraums privater Regionalsender verpflichtet war. Einigkeit schien hinsichtlich des Gebührensplittings zu herrschen, von dem laut Bundesrat die Privaten vermehrt profitieren sollten, nicht ohne aber dafür Leistungen für den Service public zu erbringen. Wie schon beim Vorentwurf zum RTVG ging für die SRG dieser neue Gesetzesentwurf ebenfalls zu stark ins Detail. Die SRG sah ihre Programmautonomie in Frage gestellt und lehnte zudem die Schaffung eines Beirats zur Überprüfung der Leistungsaufträge ab. Der Verband Schweizer Privatradios (VSP) lobte seinerseits die Absicht, die Funktion der privaten Radio- und Fernsehveranstalter als Träger des regionalen Service public auf Gesetzesstufe zu verankern; die privilegierte Stellung der SRG bei der Programmanzahl, der Finanzierung über Gebühren und Werbung sowie bei der Verbreitung sei jedoch zu relativieren.

Totalrevisison des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) vom 24. März 2006
Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Das zu revidierende Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) war auch im Berichtsjahr heiss umstritten und bot Anlass zur Austragung von Kämpfen um Besitzstände und Gebührenanteile. Zu Jahresbeginn war noch mit einer parlamentarischen Behandlung des lang ersehnten und Ende 2002 vorgelegten Gesetzesentwurfs in der Sommersession gerechnet worden – die Beratungen in der zuständigen Nationalratskommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) sollten sich aber im Laufe des Jahres als äusserst langwierig erweisen. Im Januar äusserten die politischen Parteien ihre Standpunkte zum Gesetzesentwurf. Zu reglementarisch und zu kompliziert, meinte die SVP, die sich eine klarere Definition vom Begriff „Service public“ und eine Senkung der Gebühren wünschte. Die FDP fand Gefallen an der asymmetrischen Werbeordnung und an der Anerkennung des regionalen Service public, kritisierte jedoch die Verwässerung des dualen Mediensystems und die fehlenden Parameter zum Gebührensplitting. Am Status quo festhalten wollte die SP, die sich gegen die gebührenfinanzierte Unterstützung von defizitären Lokalsendern regionaler Zeitungsmonopolisten wehrte. Die CVP schliesslich verteidigte den Gesetzesentwurf als ausgewogene Lösung und gab zu bedenken, dass der Service public so eng nicht zu definieren und das duale System beim Radio nur möglich sei, weil die SRG in den Radioprogrammen nicht werben dürfe.

Totalrevisison des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) vom 24. März 2006
Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Schwerwiegende Kritik am RTVG-Entwurf meldete die SRG an ihrer Jahresmedienkonferenz an. Das geplante duale System – eine starke SRG mit Service-public-Auftrag und Gebührenmonopol sowie ein freier Wettbewerb zwischen Privatanbietern – führe unweigerlich zu einer Überreglementierung, die das Funktionieren beider Seiten bedrohe. Die Zentralisierung der Kontrolle sowie die strenge Fassung des Service public widersprächen den legitimen Ansprüchen des Publikums, denn stark sei die SRG im Laufe der Zeit nicht zuletzt dank der ihr zugestandenen Freiheit geworden. SRG-Generaldirektor Armin Walpen plädierte dafür, private Anbieter grundsätzlich nicht mehr dem Rundfunkrecht zu unterstellen. Im weiteren seien statt Prozess-Kontrollen Resultate-Kontrollen zu institutionalisieren sowie bei einem allfälligen Ausbau des Gebührensplittings auch der SRG Radiowerbung zuzugestehen.

Totalrevisison des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) vom 24. März 2006
Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

Kritik wurde an der im Rahmen der RTVG-Revision geplanten Behördenorganisation geübt, welche alle Mitglieder der entscheidenden Gremien der Wahl durch den Bundesrat unterstellt und unter anderem die Einsetzung einer Kommission für Fernmeldewesen und elektronische Medien vorsieht. Insbesondere der Presserat widersetzte sich in seiner Vernehmlassungsantwort vehement einer intensivierten staatlichen Kontrolle und Verrechtlichung des Journalismus. Er schlug mehr Selbstregulierung und die Schaffung eines einfacheren Kontrollsystems in Form eines Medienrats mit Branchen- und Publikumsvertretern vor, der den Presserat selbst und die im Gesetzesentwurf vorgesehenen neuen Kontrollinstanzen ersetzen würde. Zu zaghaft erschien die Liberalisierung den Westschweizer Lokalradios sowie dem Westschweizer Radio RSR, die sich erstmals gemeinsam äusserten, um ihrer ablehnenden Haltung dem neuen RTVG-Entwurf gegenüber mehr Gewicht zu verleihen. Der Entwurf zwinge die Schweizer Sender, mit ungleich langen Spiessen gegenüber den ausländischen zu kämpfen, zementiere eine schwerfällige Staatskontrolle und präsentiere mit der Abkehr von der gemischten Finanzierung einen unbrauchbaren Finanzierungsplan. Gute Noten erhielt der Gesetzesentwurf wiederum vom Verband Schweizer Privatradios (VSP), der nur an den Wettbewerbsvorteilen der SRG etwas zu bemängeln hatte und dementsprechend die weitgehende Gleichstellung der Privaten mit der SRG forderte.

Totalrevisison des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) vom 24. März 2006
Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)

In seiner Erklärung zu den Jahreszielen 2001 des Bundesrates erwähnte Bundespräsident Ogi unter anderem die Erarbeitung einer neuen Medienordnung, die einen leistungsfähigen Service public und mehr Gestaltungsspielraum für private Initiative gewährleisten soll. In diesem Sinn präsentierte der Bundesrat zu Jahresbeginn die Leitplanken für die Revision des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) von 1991 und schickte im Dezember einen entsprechenden Gesetzesentwurf in die Vernehmlassung. Die künftige Medienordnung soll strikt zwischen der öffentlich-rechtlichen SRG mit ihrer Verantwortung für den Service public sowie ihrem Anspruch auf Empfangsgebühren einerseits und den sich frei auf dem Markt bewegenden, privaten Anbietern andererseits trennen. Das hiesse Abschied nehmen vom seit 1991 geltenden Drei-Ebenen-Modell, welches den Markt aufgrund geographischer Kriterien in einen lokalen, einen sprachregionalen und einen internationalen Sektor aufteilt. Stattdessen soll mit dem dualen System eine starke SRG mit Service-public-Auftrag und Gebührenmonopol sowie ein freier Wettbewerb zwischen Privatanbietern gefördert werden. Der Gesetzesentwurf sieht beim SRG-Radio nicht nur wie bis anhin ein Verbot der Werbung vor, sondern erteilt dem Bundesrat auch die Kompetenz, ein Sponsoringverbot für Radio und Fernsehen der SRG zu verordnen. Im weiteren soll die Untersagung von Werbung für Heilmittel am SRG-Fernsehen weiterhin gelten. Andererseits stellt die Vorlage eine weitgehende Liberalisierung des Markts für private Veranstalter in Aussicht, indem die Konzessionspflicht und die Konzessionsabgabe auf den Werbeeinnahmen sowie jegliche Service-public-Vepflichtungen für Private entfallen und die Werbeordnung an das europäische Niveau angepasst wird. Empfangsgebühren für Privatveranstalter sind dabei nur noch in Sonderfällen vorgesehen – so für zweisprachige Programme und Privatradios in aufwendig zu erschliessenden Bergtälern. Für die SRG wie für Private sollen gesetzliche Bestimmungen hinsichtlich Rassismus und Pornographie sowie ein Werbeverbot in den Bereichen Alkohol, Religion und Politik gelten – laut Medienminister Leuenberger die drei grossen Suchtgefahren dieser Welt. Das unmittelbare Echo auf den Entwurf war kontrovers und spiegelte den Verteilkampf um Konzessionsgelder und Werbeeinnahmen wider. Die SRG bemängelte die sie betreffenden Einschränkungen als zu streng – so insbesondere das neu vorgesehene generelle Sponsoring-Verbot, das der Anstalt Einnahmeverluste von 30 bis 40 Mio Fr. bescheren würde. Kritik wurde auch von seiten Westschweizer Privatradios laut, die ohne Konzessionsgebühren um ihr Überleben fürchteten. Die Deutschschweizer Privatsender werteten ihrerseits die Werbeeinschränkungen bei der SRG als positiv.

Totalrevisison des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) vom 24. März 2006
Dossier: Revisionen des Bundesgesetzes über Radio- und Fernsehen (RTVG)