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Im Ende September erschienenen Jahrbuch „Qualität der Medien“ des Forschungsinstituts Öffentlichkeit und Gesellschaft (Fög) meldeten die Autoren aufgrund zunehmender Kommerzialisierung und Konzentration der Medienlandschaft ihre Bedenken zur Medienvielfalt an. Während sich zwischen 2001 und 2012 zwölf Medienhäuser vom Verlag herkömmlicher, deutschsprachiger Pressetitel zurückgezogen hatten, waren die Marktanteile der drei grössten Schweizer Verleger beträchtlich gestiegen. Die Tamedia AG konnte seit dem Millennium ihren Anteil in der deutschsprachigen Schweiz praktisch verdoppeln und kontrollierte im Jahr 2012 mehr als einen Drittel (36%) des dortigen Pressemarkts. Hauptsächlich infolge der kürzlich erfolgten Übernahme von Edipresse betrug der Marktanteil von Tamedia in der Westschweiz im Vorjahr gar 68%. Die NZZ-Mediengruppe erhöhte ihre Marktbeteiligung an deutschsprachigen Pressetiteln im untersuchten Zeitraum von 7% auf 19% und der Ringier-Verlag steigerte seine ursprünglich 21-prozentige Quote bis zum Vorjahr um weitere sechs Prozentpunkte. Als weitere bedenkliche Tendenzen identifizierten die Autoren des Jahrbuchs die abnehmende Reichweite von Qualitätszeitungen im Gegensatz zur zunehmenden Etablierung von Boulevardblättern und Gratiszeitungen, die Verlagerung der Werbeausgaben hin zur Gratispresse, die besonders eingeschränkte Vielfalt auf dem Online-Markt sowie die abnehmende Einbindung von Hintergrundwissen und Wirkungszusammenhängen in die journalistische Berichterstattung. Der Schweizer Verlegerverband reagierte postwendend mit Vorwürfen an die Verfasser der Studie. Der Verband kritisierte insbesondere die Erhebungsmethode, welche sich auf Stichproben und die Untersuchung von Frontseiten und Aufmachern gestützt habe. Die französischsprachige Presse kritisierte zudem die Auswahl der regionalen Pressetitel in der Westschweiz. Weiter wurde bezweifelt, dass die Qualität von Medien und ihren Inhalten überhaupt qualitativ erfasst werden kann. Oswald Sigg, Mitglied des Stiftungsrates „Öffentlichkeit und Gesellschaft“, reagierte selbstkritisch auf die Vorwürfe aus der Medienbranche. In der Tat vermöge die verwendete Erhebungsmethode die Qualität der regionalen Presseerzeugnisse der Romandie nicht im Detail zu erfassen. Sigg stellte eine Spezialstudie zur Situation der französischsprachigen Regionalmedien für das Folgejahr in Aussicht.

Jahrbuch «Qualität der Medien» 2013

Am Jahrestreffen des Schweizer Medienkongresses äusserte sich Bundesrat Maurer (svp) äusserst kritisch zur aktuellen Medienlandschaft. Es herrsche überwiegend ein „mediales Meinungskartell“, das die Staatstätigkeit selten hinterfrage und Themen, die das Volk beschäftigten, kaum aufgreifen würde. Die „selbstverfügte Gleichschaltung“ der Medien, die nach bestimmten Glaubenssätzen – wie beispielsweise, dass der Mensch den Klimawandel verschulde oder dass Alternativenergien der Atomenergie vorzuziehen seien – operiere, könne nicht durch eine Erhöhung der Anzahl an Presseerzeugnissen verhindert werden. Was nach wie vor fehle sei Meinungsvielfalt. Als Reaktion auf seine Rede erhielt Maurer Pfiffe und Buhrufe, was laut Angaben der „Schweiz am Sonntag“ einem Regierungsmitglied zuletzt 1995 widerfuhr, nämlich der damaligen Bundesrätin Ruth Dreifuss (sp), die am Eidgenössischen Schwingfest für den EU-Beitritt geworben hatte.

Jahrestreffen des Schweizer Medienkongresses

Mit Verkauf des eigenen Aktienanteils von 70,5% des „Landboten“ an Tamedia verabschiedete sich mit der Ziegler Druck- und Verlags-AG ein weiteres kleines Verlagshaus vom Pressemarkt. Somit hält Tamedia insgesamt 90,5% der Aktien der Winterthurer Tageszeitung; ein knapper Zehntel verbleibt bei einem Einzelaktionär.

Ziegler Druck- und Verlags-AG

Weitere Verschiebungen auf dem Zeitungsmarkt wurden Mitte Jahr bekannt und gingen alle zu Lasten der „Südostschweiz“. Mit dem „Werdenberger und Obertoggenburger“, der „Rheintalischen Volkszeitung“ und dem „Liechtensteiner Vaterland“, die bis anhin der Südostschweizer Mediengruppe angehörten, schliessen sich ab 2014 drei Regionalzeitungen dem von der NZZ-Gruppe dominierten „St. Galler Tagblatt“ an. Weiter kooperiert der „Bote der Urschweiz“ per 2014 mit der NZZ-Tochter „Neue Luzerner Zeitung“, um sich mit der „Neuen Schwyzer Zeitung“ zusammen zu schliessen. Durch diese Wechsel bedingt sinkt die Auflage der „Südostschweiz“ von 121'000 auf rund 82'000 Exemplare.

Verschiebungen auf dem Zeitungsmarkt

Ausgehend von zwei im Vorjahr erschienenen Publikationen zur Geschichte der „Basler Zeitung“ trafen sich Ende April unter regem Beisein eines interessierten Publikums die wichtigsten Vertreter der breit gefächerten Medienlandschaft im Raum Basel zur Podiumsdiskussion mit dem Titel „Die Basler Medienlandschaft – Quo vadis?“. Die ganze Veranstaltung hindurch dominierte die Diskussion um die Situation der Pressetitel, insbesondere um diejenige der „Basler Zeitung“ (BaZ) seit Bekanntgabe des finanziellen Engagements von alt-Bundesrat Christoph Blocher und die Frage, ob und inwiefern Medien eine politische Ausrichtung haben dürfen. Neben zahlreichen Gegnern von politischen Medien fanden sich auch ausserhalb der BaZ Befürworter einer politisch fragmentierten Medienlandschaft im Sinne der Vielfalt und unter Berücksichtigung von Kriterien der Transparenz. Neue Erkenntnisse oder gar ein endgültiges Fazit brachte das Podium laut Angaben der „Basellandschaftlichen Zeitung“ und der BaZ aber weder zu diesem Punkt noch zu anderen Angelegenheiten, so beispielsweise zu Möglichkeiten der nachhaltigen Finanzierung von Qualitätsjournalismus, hervor.

„Die Basler Medienlandschaft – Quo vadis?“

Im März fusionierte der „Sonntag“ der AZ-Medien mit der „Südostschweiz am Sonntag“ zum neuen Sonntagsblatt mit dem Titel „Schweiz am Sonntag“. Im gleichen Monat stellte die „Basler Zeitung“ die eigene Sonntagsausgabe ein und bot ihren Lesern ab diesem Zeitpunkt – wie dies der „Bund“ bereits seit 2012 handhabte – die „Sonntags-Zeitung“ der Tamedia-Gruppe an. Mit Lancierung einer siebten Ausgabe versuchte das „St. Galler Tagblatt“ der NZZ-Mediengruppe, der Pressekonzentration am Ruhetag Gegensteuer zu geben.

Sonntagsblatt

Die Studie zur Meinungsvielfalt in ausgewählten Regionen kommt zum Schluss, dass ein dominantes Medienunternehmen pro Region die Regel ist. Die demokratierelevante Berichterstattung, insbesondere über den lokalen politischen Entscheidungsprozess werde unterschiedlich umfassend gewährleistet und beschränke sich oft auf kritiklose gesellschaftspolitische Ereignisberichterstattung. Gemäss den befragten Medienschaffenden wirkt sich die mangelnde publizistische Konkurrenz nachteilig aus.

Meinungsvielfalt in ausgewählten Regionen

Die Presselandschaft entwickelte sich im Berichtsjahr weiter. Die AZ-Medien verkauften das „Langenthaler Tagblatt“ im Dezember 2011 an die Espace Media, wobei die Zustimmung der Wettbewerbskommission Ende des Berichtsjahrs noch ausstand. Seit September des Berichtjahrs verlegt Tamedia „20 Minuten“ in italienischer Sprache und kooperiert dabei mit dem Verleger der Zeitung „La Regione Ticino“. Damit machte Tamedia, nach dem Zusammenschluss mit der Westschweizer Edipresse, ihren Einfluss auch im Tessin geltend.In Konkurrenz dazu lancierte der frühere Lega-Nationalrat und Herausgeber der Sonntagszeitung „Il Mattino della Domenica“ Giuliano Bignasca mit „10 minuti“ eine eigene Gratiszeitung. Diese erschien dreimal in der Woche. Der Name des Bignasca-Titels wurde von „20 Minuten“-Herausgeberin Tamedia beim zuständigen Gericht in Lugano eingeklagt. Ende Oktober erschien in Basel zum ersten Mal die Wochenzeitung „TagesWoche“. Sie war rund um die Aufregung über das Beratermandat von Christoph Blochers Robinvest bei der „Basler Zeitung“ lanciert worden und versteht sich als publizistisches Gegengewicht zur BaZ im Raum Basel.

Presselandschaft

Alle sechs vom Bakom veröffentlichten Studien sind sich einig, dass der Konzentrationsprozess im Zeitungswesen voranschreitet. Die Medienwirtschaftsstudie zeigt die veränderten Besitzverhältnisse der meistgelesenen Kauf- und Gratis-Tageszeitungen auf. Die Zahl der Kaufzeitungen sank zwischen 1960 und 2009 von 368 auf 198. Im gleichen Zeitraum ging die Anzahl ausgebauter Redaktionen von 45 auf 32 zurück und die fünf grössten Verlage haben in der Deutschschweiz mittlerweile einen Marktanteil von über 90%. Die verbleibenden vier Verlage in der französischsprachigen Schweiz beherrschen sogar 100% des Marktes. Hatten vor zehn Jahren noch drei von vier Personen regelmässig eine Kaufzeitung gelesen, waren es im Berichtsjahr noch zwei von drei. Personen unter 30 Jahren lesen gemäss der Studie häufiger die Gratispresse als gekaufte Zeitungen.

Studien zeigen einen voranschreitenden Konzentrationsprozess im Zeitungswesesn

Im Zusammenhang mit den undurchsichtigen Besitzerwechseln bei der BaZ sowie der unklaren Rolle Christoph Blochers war es 2010 zur Kündigung von über 1600 Abonnementen und zu Protestaktionen auf der Redaktion gekommen. Im Februar des Berichtsjahres wurde bekannt, dass der derzeitige Besitzer Moritz Suter die BaZ für nur CHF 1 Mio. übernommen hatte. Suter war nicht bereit offenzulegen, wer seine Übernahme mitfinanziert hatte. Es wurde spekuliert, dass Christoph Blocher hinter dem BaZ-Deal stecke. Im Sommer forderte der Presserat eine Offenlegung der Besitzverhältnisse. Mitte Dezember schliesslich, übernahm abermals der Tessiner Tito Tettamanti mit einer „MedienVielfalt Holding AG“ die BaZ, die zwei Tage zuvor von Moritz Sutter an die Familie Blocher gegangen war. Diese gab bekannt, dass sich ihr finanzielles Engagement auf eine Defizitgarantie zugunsten des Druckgeschäfts der BaZ beschränkt habe.

Besitzerwechsel bei der BaZ

In der Ostschweiz und in der Region Zürich setzte sich die Pressekonzentration in besonders grossem Ausmass fort. Die „Thurgauer Zeitung“ wurde von der NZZ-Gruppe zum Kopfblatt des „St. Galler Tagblatts“ mit eigenem Kantons- und Regionalteil umgebaut. Der Mantelteil und das Layout werden neu aus St. Gallen übernommen. Gleichzeitig erschienen der „Landbote“, der „Zürcher Oberländer“, die „Zürichsee-Zeitung“ und der „Zürcher Unterländer“ neu mit einer gemeinsamen überregionalen Berichterstattung. Dieser Zürcher Regionalzeitungsverbund war entstanden, nachdem die Tamedia-Mediengruppe 2010 bei der Zürichsee-Zeitung und dem Zürcher Unterländer die Mehrheitsbeteiligung übernommen hatte.

Die Pressekonzentration nimmt in der Ostschweiz und in der Region Zürich zu

Während die Anzahl Gratistitel im letzten Jahr stabil blieb, setzte sich die Strukturbereinigung im Bereich der Printpresse sowohl in der französisch- als auch in der deutschsprachigen Schweiz fort. Im Januar wurden die NZZ-Gruppe, Tamedia und der Tessiner Financier Tito Tettamanti als mögliche Käufer der kriselnden BaZ gehandelt. Anfang Februar gab die bisherige BaZ-Besitzerin Familie Hagemann den Verkauf der Basler Zeitung Medien (BZM) an Tettamanti und den Basler Medienanwalt Martin Wagner bekannt. Während die neuen Besitzer die BaZ-Übernahme als Zeichen gegen eine zunehmend zürichlastige Medienkonzentration und als Fortbestandsgarantie einer unabhängigen Zeitung in der Region Basel sahen, wurden auch Vorbehalte laut. Tettamantis Engagement sei kurzfristiger und gewinnoptimierender Natur, wurde moniert. Ende August sahen sich die linken Kritiker der BaZ-Übernahme mit der Ernennung des stellvertretenden Chefredaktors der Weltwoche und Verfassers einer Biografie über Christoph Blocher Markus Somm zum neuen BaZ-Chefredaktor in ihrer Befürchtung bestätigt, dass dem als weltoffen eingeschätzten Blatt ein Rechtsrutsch drohte. Im November machte die „NZZ am Sonntag“ ein Mandat der neuen BaZ-Besitzer an Christoph Blochers Beratungsfirma Robinvest publik. Laut Medienberichten beinhaltete dieses Vorgaben zur organisatorischen und strategischen Neuausrichtung. Danach sollte die BaZ innerhalb eines Jahrs mittels Kostensenkungen in der Druckerei und einem Ausbau der Reichweite von einem zweistelligen Millionenverlust in die Gewinnzone (+10%) geführt werden. Während die lokalen Liberaldemokraten und einige Freisinnige den Umbau der Zeitung zum gesamtschweizerischen Sprachrohr des Zürcher SVP-Flügels befürchteten, schätzten SP und andere Freisinnige eine solche Gefahr mit Hinweis auf die starke Verankerung des Blatts Basler Bürgertums als weniger immanent ein. Erstmals seit Februar äusserte sich die BaZ-Redaktion und erinnerte Martin Wagner an sein Versprechen, ihr Blatt als unabhängige, auf die regionalen Bedürfnisse ausgerichtete Zeitung zu positionieren. Gleichzeitig forderte sie eine Diskussion über die Besetzung der Chefredaktorenstelle und den Rückzug von Robinvest. Ende November wurde der Verkauf der BaZ an Moritz Suter (als Alleinaktionär) und die Beendigung des Engagements von Robinvest bekannt gegeben.

Besitzerwechsel bei der BaZ

Die Editions Suisses Holding SA, die Schweizer Tochter des französischen Medienkonzerns Hersant übernahm im Sommer von der Rhône Média die Aktienmehrheit am Unterwalliser „Le Nouvelliste“ und schloss diesen der gemeinsamen Redaktionsplattform der Hersant-Titel „La Côte“, „L’Impartial“, „L’Express“ und auch des affiliierten „Journal du Jura“ an. Im Kanton Zürich vermochte die Tamedia ihre Vormachtstellung gegenüber der NZZ-Gruppe zu stärken. Im April einigten sich die beiden Konkurrentinnen auf ein Tauschgeschäft. Dabei ging die „Thurgauer Zeitung“ von der Tamedia an die NZZ-Gruppe. Gleichzeitig verkaufte letztere ihre 40%-Beteiligung an der „Zürichsee-Zeitung“ an die Tamedia, die mit dem Erwerb des verbleibenden Aktienpakets von der Verlegerfamilie Gut die „Zürichsee-Zeitung“ in der Folge ganz übernahm. Damit kontrolliert sie nun die Zürcher Landzeitungen und über deren Zusammenarbeit in redaktionellen und werblichen Belangen indirekt auch die „Schaffhauser Nachrichten“. Diese bleiben aber in verlegerischer und redaktioneller Hinsicht unabhängig. Die „Thurgauer Zeitung“ ihrerseits wurde unter ihrer neuen Besitzerin auf Anfang 2011 zum Kopfblatt des „Sankt Galler Tagblatts“ umgebaut. Im November gaben der „Rheintaler“ und die „Rheintalische Volkszeitung“ bekannt, auf Anfang 2011 mit der Rheintal Verlag AG ein gemeinsames Verlagsdach zu gründen.

Verschiedene Zeitungen werden zusammengelegt oder wechseln ihren Besitzer

Die Bereinigung auf dem Zeitungsmarkt verstärkte die Tendenz zur überregionalen Vereinheitlichung der internationalen und nationalen Berichterstattung in der Form von Mantellösungen. Parallel dazu führt das Kopfblattsystem zu einer zunehmenden Fokussierung auf die Regionalberichterstattung. Eine integrierte Antwort auf das zunehmend crossmediale Informationsverhalten der Bevölkerung versucht die Gossweiler Media AG mit ihrem Konzept der Mikrozeitung. Die Initianten verstehen ihr Produkt sowohl als lokalen Gegenentwurf zur Pressekonzentration als auch als flexible Antwort auf die Medienkonvergenz. Im Frühling 2010 wurde mit der „Obwalden- und Nidwalden-Zeitung“ die erste Lizenzausgabe der Mikrozeitung lanciert, die sich am Verlags- und Redaktionsmodell der 2000 gegründeten „Jungfrau Zeitung“ orientiert. Aus den fortlaufend aufbereiteten Inhalten der kostenlosen Online- bzw. Smartphone-Ausgaben werden zweimal in der Woche eine Printausgabe zusammengestellt und kostenpflichtig vertrieben. Gegen Jahresende legte auch die „Berner Zeitung“ mit der Umsetzung ihres neuen Redaktionskonzepts den Fokus auf das lokale Geschehen und stellte in ihrer Druckausgabe den regionalen vor den Schweizer Bund. Die Auslandberichterstattung wurde auf die Wiedergabe von SDA-Meldungen reduziert.

überregionalen Vereinheitlichung der internationalen und nationalen Berichterstattung

Aufgrund seines grossen publizistischen Potenzials hat sich das Internet im Verlauf der letzten Jahre zum Impulsgeber und Innovationstreiber des Mediensektors entwickelt. Seine zunehmende Bedeutung für die mediale Kommunikation bewirkte einen tiefgreifenden Strukturwandel, der im Phänomen der Medienkonvergenz zum Ausdruck kommt. Die bis anhin klare Trennung zwischen gedruckten und elektronischen Medien mit gesonderten technischen Produktionsverfahren und eigenständiger unternehmerischer Organisation beginnt sich aufzulösen. Im Berichtsjahr äusserte sich die Entwicklung bei den Printmedien zum einen unternehmensübergreifend in der fortschreitenden Pressekonzentration. Zum anderen suchten die Verlagshäuser unternehmensintern nach adäquaten Antworten, indem sie ein diversifiziertes Angebot räumlich an einem Standort konzentrierten. Noch vor der Publizistikbranche hatten bereits das öffentliche Radio und Fernsehen mit einer schweizweiten, umfassenden Unternehmensreorganisation, dem sogenannten Konvergenzprojekt, auf den digital getriebenen Strukturwandel reagiert. Ende des Berichtsjahrs hatte die SRG die Integration von Radio, Fernsehen und Internet in allen drei Sprachregionen zu wichtigen Teilen umgesetzt. Begleitet wurde die Medienkonvergenz von einer verstärkt regionalen Ausrichtung der Inhalte insbesondere bei Privatradio und -fernsehen sowie einer Intensivierung der regionalen Berichterstattung der Printpresse.

Internet Impulsgeber und Innovationstreiber des Mediensektors

Die Medienkonvergenz und Pressekonzentration hinterliessen ihre Spuren auch auf dem Arbeitsmarkt. Wie schon in den vorangegangenen Jahren waren v.a. Redaktionsstellen der Printmedien, aber auch der einzig verbleibenden schweizerischen Presseagentur vom Arbeitsplatzabbau betroffen. Mit dem Ziel, bis Ende des Jahres 2 Mio. Fr. einzusparen, schloss die SDA ihre Regionalbureaus in Freiburg, Neuenburg sowie dem Kanton Thurgau und strich insgesamt fünf Stellen. Die Einrichtung des multimedialen Newsrooms im März führte bei Ringier zur Streichung von gegen 30 Vollzeitstellen in Redaktion und Produktion. Die LZ Medien Holding begründete die Streichung von 20 Stellen bei der „Neuen Luzerner Zeitung“ (NLZ) mit einem Einbruch des Betriebsgewinns, betonte jedoch, dass die Zahl der Beschäftigten der gesamten Gruppe (NLZ, Tele 1, Zentralschweiz am Sonntag, Online-Plattform und Radio Pilatus) zunehme. Nachdem die AZ-Mediengruppe in den beiden vorangehenden Jahren bereits 95 Stellen abgebaut hatte, gingen im Berichtsjahr in ihren Redaktionen 25 weitere Stellen verloren. Das Zusammenführen der Lokalredaktionen von „Tages-Anzeiger“ und den Zürcher Landzeitungen, nach deren Übernahme durch Tamedia führte zum Verlust von 37 weiteren Stellen, 28 davon in der Lokalredaktion des „Tages-Anzeigers“. Tamedia hatte diese ab 2004 massiv aufgestockt, um mit der Produktion von sogenannten Splitausgaben des „Tages-Anzeigers“, die Landzeitungen publizistisch zu bedrängen. Mit dem Wechsel der „Thurgauer Zeitung“ in die NZZ-Gruppe und ihrem Umbau zum Kopfblatt des „Sankt Galler Tagblatts“, verlor der Tamedia nahe „Landbote“ seine Kooperationspartnerin. Unter der Leitung seiner Chefredaktorin wurde er auf Anfang 2011 mit den anderen Zürcher Landzeitungen („Zürcher Unterländer“, „Zürcher Oberländer“, „Zürichsee-Zeitung“) in einer überregionalen Mantelredaktion zum Verbund der Zürcher Regionalzeitungen zusammengefasst. Dabei gingen weitere zehn Stellen verloren. Schliesslich gab gegen Ende Jahr auch die BaZ bekannt, eine noch unbenannte Anzahl Redaktionsstellen zu streichen.

Arbeitsmarkt

Die Pressekonzentration fand ihren Ausdruck auch in der Monopolisierung des Schweizer Agenturdienstes durch die SDA. Diese Entwicklung auf dem inländischen Agenturmarkt wurde mit Besorgnis zur Kenntnis genommen, zumal sie durch die Strukturbereinigung im Verlagswesen noch akzentuiert wurde. Mit der Übernahme von Edipresse durch Tamedia 2009 hatte sich der Anteil letzterer am Aktienkapital der SDA auf über 20% erhöht. Verschiedene parlamentarische Vorstösse verlangten vom Bundesrat eine Stellungnahme zur Beteiligungssituation bei der SDA. Mit Hinweis auf die Statuten der Nachrichtenagentur, die ein korrigierendes Einschreiten des Verwaltungsrats ermöglichen, sobald Beteiligungen ein Fünftel des gesamten Aktienkapitals übersteigen, verlangte Nationalrat Jean-Claude Rennwald (sp, JU) in einer Motion Regulierungsmassnahmen zum Schutz von Informationsvielfalt und Meinungsfreiheit. Mit Hinweis auf fehlende verfassungs- und aktienrechtliche sowie ungeeignete vertragsrechtliche Grundlagen beantragte der Bundesrat die Ablehnung der Motion. Der Vorstoss gelangte im Berichtsjahr noch nicht zur Behandlung im Plenum.

Motion zur Monopolisierung des Schweizer Agenturdienstes durch die SDA (10.3368)

Die Strukturkrise der Medienbranche erfasste auch die Nachrichtenagenturen. Im März übernahm die Schweizerische Depeschenagentur SDA, die Inlandlizenz des Deutschen Depeschendienstes DDP, die dieser 2009 mit dem Kauf des deutschsprachigen Dienstes von Associated Press AP erworben hatte. Im Gegenzug verpflichtete sich die SDA, die deutschen DDP-Textdienste sowie die Ausland-Depeschen von AP zu übernehmen. Mit diesem Tausch erlangte die SDA das Monopol über Schweizer Agenturmeldungen. Kommentiert als weiteres Krisenzeichen der Medienbranche und als Gefahr für die freie Meinungsbildung, fand das Geschäft ein medienpolitisch breites Echo.

Nachrichtenagenturen

2009 kam es zu einer Bereinigung auf dem Gratiszeitungsmarkt. Gleich vier Zeitungen wurden eingestellt: „Le Matin Bleu“ aufgrund der Übernahme von Edipresse durch Tamedia, „Cash Daily“ (zuletzt „Cash“), „.ch“ und „News“. In der Romandie ist damit „20 minutes“ das einzige verbleibende Gratisblatt. Die Gratiszeitung „Cash Daily“ hatte Ringier 2006 lanciert, sie ergänzte die damalige Wochenzeitung „Cash“. Diese wurde jedoch 2007 eingestellt und das Gratisblatt in „Cash“ umbenannt. „.ch“, das 2007 lanciert worden war, musste bereits nach weniger als zwei Jahren aufgeben. Als Grund wurde angegeben, dass die Zeitung nicht wie geplant bis 2011 die Gewinnzone hätte erreichen können. Der Versuch, sie direkt in die Haushalte zu verteilen, war bereits nach einem Jahr gescheitert. Danach war „.ch“ wie andere Gratiszeitungen in Verteilboxen aufgelegt worden. Das Tamedia-Produkt „News“ wurde ebenfalls eingestellt. Auf dem Deutschschweizer Markt sind nun mit „20 Minuten“ (Tamedia) und „Blick am Abend“ (Ringier) noch zwei Gratiszeitungen präsent. Das erfolgreiche „20 Minuten“ feierte seinen zehnjährigen Geburtstag. „Blick am Abend“ erweiterte sein Verbreitungsgebiet auf Luzern, Zug und St. Gallen.

Bereinigung auf dem Gratiszeitungsmarkt

Edipresse verkaufte seinen 37,5%-Anteil an der Walliser Zeitung „Le Nouvelliste“ an Jacques Lathion. Dieser hält nun mehr als 75% von Rhône Media, welche den „Nouvelliste“ herausgibt. Diskutiert wurde ein möglicher Einstieg des französischen Medienkonzerns „Hersant“, der bereits an den Neuenburger Zeitungen „L’Express“ und „L’Impartial“ beteiligt ist.

„Le Nouvelliste“

Der Aargauer Verleger Peter Wanner (AZ Medien AG) kaufte den Solothurner Verlag Vogt-Schild, der die „Solothurner Zeitung“ herausgibt. Die AZ Medien AG hielt schon zuvor einen 35%-Anteil an Vogt-Schild und die „Solothurner Zeitung“ war am Verbund „Mittelland Zeitung“ beteiligt, für den die „Aargauer Zeitung“ den Mantelteil liefert. Verleger Wanner gab bekannt, vor allem Synergien im Bereich der Informatik und im Werbemarkt nutzen zu wollen. Zur „Solothurner Zeitung“ gehören die Kopfblätter „Grenchner Tagblatt“, „Langenthaler Tagblatt“ und „Berner Rundschau“. Die zu Tamedia gehörende Konkurrentin der „Solothurner Zeitung“, das „Solothurner Tagblatt“, wurde im Berichtsjahr eingestellt. Diese Regionalausgabe der BZ war vor acht Jahren gegründet worden und hatte Verluste in der Höhe von 35 Mio Fr. angehäuft.

Verkauf des Verlags Vogt-Schild

Im Juni informierte Tamedia über die Zukunft der Berner Tageszeitung „Der Bund“. Zwei Modelle waren zur Diskussion gestanden: Eine Fusion mit der „Berner Zeitung“ oder eine enge Zusammenarbeit mit dem Zürcher „Tages-Anzeiger“. Man entschied sich für letzteres. Der „Bund“ wird zwar als eigenständiger Titel weiterbestehen, jedoch viele überregionale Inhalte vom „Tages-Anzeiger“ beziehen. Der „Bund“ betreibt die gemeinsame Bundeshausredaktion der beiden Zeitungen und deckt regionale Themen ab. Die wöchentliche Beilage „Der Kleine Bund“ verschwindet. In Bern wurde das Weiterbestehen der traditionsreichen Zeitung mit Erleichterung zur Kenntnis genommen, allerdings wurde auch kritisiert, dass der „Bund“ mit der gefundenen Lösung zu einem Beinahe-Kopfblatt des „Tages-Anzeigers“ verkomme.

Zukunft der Berner Tageszeitung „Der Bund“

Die Zeitung „Der Bund“ muss um ihr Fortbestehen bangen. Der Tamedia Konzern gab im Dezember bekannt, dass das Berner Traditionsblatt als eigenständige Zeitung keine wirtschaftliche Perspektive mehr habe. Bis Mitte 2009 will er zwei Modelle prüfen: Im einen Fall würde der Bund mit der Tages-Anzeiger-Redaktion kooperieren. Im anderen Szenario ginge er in der Berner Zeitung auf. Im Anschluss an die Ankündigung von Tamedia formierte sich ein Komitee, welches sich die Rettung des Bundes zum Ziel gesetzt hat und zu diesem Zweck auch eine Online-Petition lancierte. Nebst den beiden Berner Ständeräten Sommaruga (sp) und Luginbühl (bdp) sind auch die Nationalräte Joder (svp, BE), von Graffenried (gp, BE), Markwalder (fdp, BE) sowie mehrere Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Kultur vertreten.

Zukunft der Berner Tageszeitung „Der Bund“

Die Medienhäuser wurden im Berichtsjahr zusätzlich von der Finanzkrise in Mitleidenschaft gezogen. Die Einnahmen aus kommerziellen Inseraten in Schweizer Zeitungen und Zeitschriften brachen im September im Vergleich zum Vorjahr um 13,6% auf 172,6 Mio Fr. ein. Insbesondere die Anzeigen aus der Finanz- und Automobilbranche gingen deutlich zurück. Zahlreiche Verlagshäuser (Edipresse, NZZ-Gruppe, Publigroupe, Ringier, Société neuchâteloise de presse, Tamedia, Weltwoche) bauten im Berichtsjahr Arbeitsplätze ab oder kündigten Stellenstreichungen an.

Einnahmen aus kommerziellen Inseraten

Der einzigen romanischen Tageszeitung „La Quotidiana“, die durch die Südostschweiz Presse und Print AG herausgegeben wird, drohte aus wirtschaftlichen Gründen die Rückstufung zu einem Wochenblatt. Um das Überleben der Zeitung zu sichern, wurde im Dezember eine enge Zusammenarbeit mit der staatlich subventionierten Agentura da Novitats Rumantscha (ANR) beschlossen. Teile der „Quotidiana“ werden künftig in einem aus dem ANR-Budget finanzierten Redaktionspool generiert. Die Kooperation wurde von der Bündner Regierung und vom Bundesamt für Kultur abgesegnet; mit der Auflage, dass die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der ANR vertraglich gewährleistet werden müsse.

„La Quotidiana“