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Im Jahr 2021 erzielte der AHV/IV/EO-Ausgleichsfonds an der Börse eine Nettorendite von 5.28 Prozent (2020: 5.22%). Wider Erwarten habe sich die Wirtschaft rasch von der Covid-19-Pandemie erholt, berichtete die Compenswiss. Die Netto-Rendite des IV-Vermögens betrug 4.1 Prozent, womit die IV im Jahr 2021 zusätzlich CHF 159 Mio. erhielt. Wie bereits im Vorjahr war jedoch das Umlageergebnis der IV mit CHF -366 Mio. erneut negativ, die IV verzeichnete somit mehr Aufwände als Erträge. Folglich reichte auch das positive Anlageergebnis nicht für ein positives Betriebsergebnis: Die IV erzielte im Jahr 2021 ein negatives Jahresergebnis von CHF -207 Mio.

Jahresergebnis 2021 der IV
Dossier: Jahresergebnisse der IV

Eine sehr spezifische Verordnungsänderung verlangte Baptiste Hurni (sp, NE) im September 2021; er wollte nämlich einen jährlichen Anspruch auf mindestens ein Paar orthopädische Schuhe in der HVA schaffen. Ein solcher bestehe aktuell bei der IV (konkret in der HVI), von der aktuellen Regelung einer zweijährigen Übernahme der Kosten in der AHV könne jedoch nur aus medizinischen Gründen abgewichen werden, nicht aber, wenn die entsprechenden Schuhe abgenützt oder nicht für die jeweilige Jahreszeit geeignet sind. Entsprechend solle diese Verschlechterung, welche die Betroffenen nach ihrer Pensionierung und nach ihrem Wechsel von der IV zur AHV erfahren, korrigiert werden. Stillschweigend nahm der Nationalrat die Motion in der Wintersession 2021 an.

Orthopädische Schuhe für Personen mit Diabetes (Mo. 21.4036)

Wie sie gleich nach der ersten Abstimmung über das Covid-19-Gesetz angekündigt hatten, ergriffen die Freunde der Verfassung, das Netzwerk Impfentscheid und das Aktionsbündnis Urkantone auch das Referendum gegen die zweite Revision des Covid-19-Gesetzes, unterstützt wurden sie dabei von der Jungen SVP. Innert drei Wochen – mehr Zeit hatte das Referendumskomitee nach der erfolglosen Abstimmung über das Covid-19-Gesetz nicht zur Verfügung – sammelten sie 187'239 Unterschriften. 5'401 Unterschriften wiesen dabei bereits eine Stimmrechtsbescheinigung auf, für weitere 75'526 Unterschriften liess die Bundeskanzlei eine entsprechende Prüfung vornehmen – aufgrund des Covid-19-Gesetzes war es zu diesem Zeitpunkt möglich, auch unbescheinigte Unterschriften einzureichen. In der Folge bestätigte die Bundeskanzlei das Zustandekommen des Referendums mit 74'469 gültigen Unterschriften. Diese hohe Anzahl Unterschriften in so kurzer Zeit sorgte in der Presse für einige Anerkennung bezüglich der Organisationsfähigkeit und des breiten Netzwerks des Komitees, die NZZ sprach etwa von einem (erneuten) «Achtungserfolg». Die Medien wiesen aber auch auf die hohen Kosten und die entsprechenden finanziellen Mittel hin, welche für das Zustandekommen des Referendums nötig gewesen seien.

Ins Zentrum gegen die zweite Revision des Covid-19-Gesetzes stellte das Referendumskomitee vier Argumente: Als besonders kritisch erachtete es erstens das Covid-19-Zertifikat, welches zu einer «Zweiklassengesellschaft» und zur Diskriminierung von 2 Mio. Menschen führe. Teilweise wurde das Zertifikat gar mit der Rassentrennung des Apartheids-Regimes Südafrikas verglichen. Zweitens kritisierten die Gegnerinnen und Gegner der Reform die Befreiung der Geimpften – nicht aber der Ungeimpften – von der Quarantänepflicht, womit Letztere diskriminiert würden. Bei beiden Massnahmen werde ignoriert, dass auch Geimpfte ansteckend sein und sich selbst anstecken könnten. Drittens erkannte das Komitee in den Regelungen zur Kontaktrückverfolgung eine Möglichkeit zur Massenüberwachung der Bevölkerung. Und schliesslich kritisierte es viertens die weitreichenden zusätzlichen Kompetenzen, welche die Revision für den Bundesrat mit sich bringe und welche die Gefahr einer Diktatur verstärkten. Insgesamt seien dies «radikale und extreme Umkehrungen in unserer Gesellschaft», welche man mit dem Referendum verhindern wolle.

Früh zeichnete sich ab, dass diesmal auch die SVP das Referendum unterstützen würde. Hatte sie bei der Juni-Abstimmung aufgrund der breiten wirtschaftlichen Unterstützungsmassnahmen noch Stimmfreigabe erteilt, standen die Wirtschaftshilfen in dieser Revision deutlich weniger im Zentrum. Zudem mache ein Engagement gegen das Gesetz für die SVP Sinn, zumal es in keiner Partei mehr Personen gebe, welche die offizielle Corona-Politik des Bundes ablehnten, hob die Weltwoche hervor. Ende August 2021 fasste die Delegiertenversammlung der SVP mit 181 zu 23 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) die Nein-Parole zum Gesetz deutlich. In der Folge sprachen sich zwar mit Aargau und Glarus zwei Kantonalsektionen für das Gesetz aus, ansonsten zeigte sich die Partei aber deutlich geeinter als noch bei der Juni-Abstimmung, als 16 Kantonalparteien von der nationalen Parole abgewichen waren.

Daneben machten vor allem ein linkes Komitee «Geimpfte gegen das Covid-Gesetz» und dessen prominenteste Vertreterin, die Schriftstellerin Sibylle Berg, von sich reden. Das Komitee kritisierte einerseits, dass mit dem Zertifikat Ungeimpften – aber etwa auch Sans-Papiers – der Zugang zum gesellschaftlichen Leben verweigert werde, und äusserte andererseits Datenschutzbedenken. Es werde eine «Infrastruktur für totale Überwachung geschaffen», wurde gar argumentiert. Jedoch warf die WOZ dem Komitee selbst mangelnde Transparenz vor, nachdem sie bei einer Inserateanfrage festgestellt hatte, dass das Inserat über den SVP-Werber Alexander Segert bezahlt worden war. Das Komitee selbst habe zugegeben, dass es nicht wisse, wer genau das Inserat finanziert habe, betonte die Zeitung.

Neben der SVP sprach sich von den nationalen Parteien nur die EDU gegen das Gesetz aus, jedoch gaben auch die Jungfreisinnigen des Kantons Thurgau, die Mitte-Partei des Kantons Neuenburg sowie die Schweizer Demokraten des Kantons Bern Nein-Parolen aus. Unterstützt wurden die Referendumsführenden erneut auch von der Organisation «Mass-Voll», was aufgrund ihres radikaleren Stils vereinzelt zu Spannungen führte.

Anders als bei der Juni-Abstimmung setzten die Befürworterinnen und Befürworter der zweiten Revision diesmal weniger stark auf das Wirtschaftsargument. Vielmehr stand zu Beginn der Diskussionen um die Vorlage – kurz vor und während der Sommerferien – vor allem die gefährdete Reisefreiheit im Zentrum der Kritik. So bedarf das Schweizer Zertifikat zur Anerkennung durch die EU einer gesetzlichen Grundlage, welche mit Ablehnung der Revision nicht mehr vorhanden wäre, erklärte etwa EDI-Sprecher Markus Binder. Ein freiwilliger Einsatz des Zertifikats für Reisen sei somit nicht möglich, genauso wenig wie ein erneutes dringliches Gesetz zur Schaffung einer solchen rechtlichen Grundlage. Somit müsste das Parlament den ordentlichen Weg der Gesetzgebung beschreiten, wobei unklar sei, wie lange sich dies hinziehen würde.
Als weiteres zentrales Argument warnten die Befürwortenden des Gesetzes vor dem «Schliessungshammer» (NZZ), der ohne Zertifikat drohe. Denn ohne das Zertifikat habe der Bundesrat keine «weicheren» Optionen und müsse bei einem erneuten Anstieg der Fallzahlen und vor allem der Spitalauslastung wieder mit einem Lockdown reagieren, wurde befürchtet. Somit könne sich das Nein der Gegnerinnen und Gegner zum Eigentor entwickeln, indem sie dadurch weniger Freiheiten hätten als vor dem Referendum.
Insbesondere in Kultur-, Gastro- und Hotelleriekreisen hob man schliesslich die zentrale Bedeutung des Zertifikats sowie des Schutzschirms für Grossveranstaltungen hervor, die beide nur aufgrund der Revision des Covid-19-Gesetzes möglich waren. Man habe bisher stark unter der Pandemie gelitten, könne nun aber aufgrund des Zertifikats die Lokale und Veranstaltungen wieder stärker auslasten. Gerade auch dank des Schutzschirms für Grossveranstaltungen sei überhaupt erst wieder an eine Planung für Grossanlässe zu denken.

Die Befürwortenden bildeten ein breites Spektrum der Schweizer Politiklandschaft ab: Von den nationalen Parteien sprachen sich EVP, FDP, GLP, Grüne, Mitte, PdA und SP für das Gesetz aus, ebenso wie Economiesuisse, der Gewerbeverband, der SGB, Travailsuisse sowie verschiedene Tourismus-Organisationen. Auch Swiss Olympic sprach sich mit Verweis auf die Wichtigkeit des Zertifikats für den Sport für das Gesetz aus.

Bei der medialen Berichterstattung über mögliche Folgen eines Neins standen vor allem Unsicherheiten im Vordergrund. Klar war, dass die Regelungen aus der zweiten Revision des Covid-19-Gesetzes bei einem Nein an der Urne bis ein Jahr nach ihrer Verabschiedung vom Parlament in Kraft bleiben würden – konkret somit bis zum 19. März 2022. Jedoch waren die meisten Regelungen des Covid-19-Gesetzes bis Ende 2021 begrenzt, einige zentrale Aspekte, wie zum Beispiel der Schutzschirm für die Grossveranstaltungen, aber auch Regelungen bezüglich der Arbeitslosenversicherung könnten aber noch bis Mitte 2022 oder gar Ende 2023 in Kraft bleiben. Denkbar war überdies eine Verlängerung des Covid-19-Gesetzes. Ob dies nötig sein würde, war von der Entwicklung der Pandemie abhängig: Womöglich wäre die Pandemie bereits vor Auslaufen der entsprechenden Regelungen vorbei, so dass die Unterstützungsmassnahmen für die Wirtschaft oder das Covid-19-Zertifikat gar nicht mehr vonnöten wären, spekulierten die Medien. Auch was bei einem Nein bis im März 2022 genau passieren würde, war unklar. So könnte das Covid-19-Zertifikat zwar rechtlich den Winter hindurch weiterhin in Kraft bleiben, ob dies politisch jedoch durchsetzbar wäre, war gemäss Presse fraglich. Schliesslich fragte man sich auch, ob eine durch das Epidemiegesetz begründete Einlasskontrolle das fehlende Zertifikat ersetzen könne. Diese Vermutungen unterband Bundesrat Berset jedoch, indem er klarstellte, dass zwar eine Zulasskontrolle für Geimpfte und Ungeimpfte aufgrund des Epidemiengesetzes rechtlich weiterhin möglich wäre, das dafür nötige Kontrollinstrument mit dem Zertifikat jedoch verloren ginge und es somit wenn nötig nur noch Einschränkungen für alle – Geimpfte und Ungeimpfte – gebe.

Im Abstimmungskampf dominierten anfangs die Gegnerinnen und Gegner der Revision deutlich. Sie nahmen ihren Schwung aus dem «Achtungserfolg», den sie mit über 40 Prozent Nein-Stimmen bei der Juni-Abstimmung und dem grossen Sammelerfolg bei den Unterschriften erzielt hatten, mit. Die Gegnerschaft der Revision begann demnach früh, Flyer, Inserate und Plakate zu publizieren – immer wieder sprachen die Medien von 50 Tonnen Werbematerial, welches die Gegnerschaft für den Abstimmungskampf produzierte. Gleichzeitig warben sie auf Youtube und Telegram für ein Nein zur Änderung des Gesetzes und gingen letztlich gemäss Zeitungsberichten gar von Haustür zu Haustür. Überdies verschafften sie sich mit fast wöchentlichen Demonstrationen Aufmerksamkeit – insbesondere die sogenannten Freiheitstrychler wurden bald zum Symbol des Protests gegen die bundesrätlichen Massnahmen – und eine Möglichkeit, ein breites Netzwerk zu erreichen, wie die Medien betonten. Lange Zeit waren denn sowohl in den Medien als auch werbetechnisch fast ausschliesslich die Gegnerinnen und Gegner zu sehen und zu hören. Organisiert wurde ihre Kampagne von der PR-Firma von Alexander Segert, der zuvor bereits mit verschiedenen umstrittenen Kampagnen für die SVP aufgefallen war. In einem Crowdfunding hatte das Contra-Komitee gemäss eigenen Angaben in wenigen Tagen CHF 300'000 eingenommen, die Medien berichteten aber auch über hohe Einzelbeträge von vermögenden Personen.

Bereits Mitte August wurden die Befürworterinnen und Befürworter der Revision für ihr fehlendes Engagement im Abstimmungskampf kritisiert. Als Mitte Oktober noch immer nichts von einer koordinierten überparteilichen Pro-Kampagne zu sehen war, wurden die Medien langsam ungeduldig. Sie befürchteten, dass sich die Befürwortenden ob der hohen Rate an Geimpften und später auch der Vorumfragen, die auf eine Zustimmung zwischen 61 Prozent (1. & 2. Welle SRG) und 69 Prozent (3. Welle Tamedia) hindeuteten, in falscher Sicherheit wiegten. So sei es deutlich schwieriger, «eine schweigende Mehrheit zu mobilisieren […] als eine laute Minderheit» (NZZ). Sie zeigten aber auch Verständnis für die Probleme der befürwortenden Parteien: Diese hätten kaum Geld zur Verfügung, zumal die Wirtschaftsverbände kein Geld für eine Kampagne aufwenden wollten. «Weil lange rein gar nichts ging», wie er erklärte, gründete der Zürcher FDP-Lokalpolitiker Peter Metzinger ein zivilgesellschaftliches Pro-Komitee. Sein Komitee verfügte nur über wenig Geld, bekam aber nach einer Weile «einen Zustupf im überschaubaren Rahmen» von der Economiesuisse, wie Michael Wiesner, Kommunikationsleiter von Economiesuisse, erklärte.
Mitte Oktober folgte dann zwar eine gemeinsame Pressekonferenz der Parteipräsidentinnen und -präsidenten von EVP, FDP, GLP, Grünen, Mitte und SP, in dem sie das Gesetz als Schlüssel zur Freiheit und als pragmatisches Mittel, um aus der Krise zu kommen, präsentierten. Die Medien erkannten in der nüchternen Kommunikationsweise zwar durchaus eine Notwendigkeit – man hatte weder das Geld noch die Zeit für eine emotionale Kampagne –, erachteten diese ob der lauten und emotionalen Gegnerschaft aber auch als sinnvolle Taktik. In der Folge lancierten verschiedene Parteien und Verbände Aufrufe und Appelle für eine Annahme der Revision, etwa über die sozialen Medien.
Eine eigene Kampagne lancierte schliesslich die sogenannte Tourismus-Allianz unter der Führung des Schweizer Tourismus-Verbands, die für ein Ja zur Gesetzesrevision als Basis für grenzüberschreitenden Tourismus und für EU-kompatible Nachweise warb. Aufmerksamkeit erzielte auch Andreas Kyriacou, Präsident der Freidenker-Vereinigung, der anfangs nur ein Plakat mit dem Slogan «Impfen statt Schimpfen» und der Unterschrift «Freiheitsimpfler» veröffentlichte. Dieses fand rasch Verbreitung in den sozialen Medien und generierte Spenden, dank denen es in der Folge in über 100 Gemeinden aufgehängt wurde.

Je näher der Abstimmungssonntag rückte, desto nervöser wurden sowohl das Pro- als auch das Contra-Lager, wie die Medien ausführlich berichteten. So beklagten sich etwa beide Seiten über fehlende Akzeptanz und Diskussionsbereitschaft der anderen Seite. Immer wieder war in den Medien von einer «Spaltung der Gesellschaft» die Rede. Die Gegnerschaft monierte einerseits die fehlende Nennung der Zertifikate im Gesetzestitel – was auf die nachträgliche Ergänzung der Regelungen zum Covid-19-Zertifikat durch das Parlament zurückzuführen war – und reichte gemäss NZZ am Sonntag 750 – häufig identische – Abstimmungsbeschwerden bei den Kantonen ein. Andererseits kritisierten die Gegnerinnen und Gegner, dass sie mehrfach unter fadenscheinigen Begründungen davon abgehalten worden seien, ihre Plakate aufzuhängen, oder dass diese gezielt heruntergerissen worden seien.
Die Befürworterinnen und Befürworter monierten hingegen insbesondere den rauen Ton der Gegnerschaft, der sich zudem verstärkt habe und schliesslich gar in Todesdrohungen gegen einen Politiker ausgeartet seien. Insbesondere die Mahnung des Berner Sicherheitsdirektors Reto Nause (BE, mitte) kurz vor dem Urnengang warf in den Medien grosse Wellen: «Wir erwarten einen unruhigen Abstimmungssonntag. Was, wenn die Gegner des Covid-Gesetzes das demokratische Verdikt nicht akzeptieren?», fragte er rhetorisch. So sei von vereinzelten Personen im Internet bereits zur Bewaffnung aufgerufen worden. Auf beiden Seiten berichteten die Medien überdies von Stimmen, die sich vor Ungereimtheiten bei der Abstimmung durch die andere Seite fürchteten – etwa versperrte Abstimmungslokale oder Manipulation der brieflichen Stimmen. Umgehend beteuerten jedoch verschiedene Mitglieder der Gegnerschaft, etwa der Sprecher des Aktionsbündnisses Urschweiz und Organisator der Contra-Kampagne, Josef Ender, oder die Präsidentin der Jungen SVP Zürich, Camille Lothe, dass es keine Hinweise auf Manipulation der Stimmabgabe oder der Auszählung gebe.
Die Medien sprachen ob diesen Vorwürfen von einer Gefahr für die Demokratie: Dass eine Seite die Einhaltung der demokratischen Regeln in Frage stelle, habe es so noch nie gegeben und sei brandgefährlich, war der Tenor. Der emeritierte Politikwissenschaftsprofessor Wolf Linder versuchte hingegen, die Geschehnisse zu relativieren: So würden «keine Parteien oder signifikanten politischen Kräfte die Verlässlichkeit unserer Abstimmungsergebnisse ernsthaft hinterfragen», daher solle man diesen Einzelmeinungen nicht zu viel Gewicht beimessen. Gar etwas Positives konnte Stefan Schmid von CH Media der aufgeheizten Situation abgewinnen: Sie steigere die erwartete Beteiligung an der Abstimmung. Die Pandemie habe denn auch die Gesellschaft nicht gespalten, sondern nur entsprechende Unterschiede sichtbarer gemacht. «Wichtig ist jetzt freilich, dass sich nach geschlagener Schlacht Siegerinnen und Verlierer, wie das hierzulande üblich ist, die Hand reichen und das Sägemehl von der Schulter klopfen», betonte er. Andere Kommentatorinnen und Kommentatoren zweifelten jedoch daran, ob dies allen Gegnerinnen und Gegner bei einer allfälligen Niederlage gelingen würde.

Neben den Kampagnen von Befürwortenden und Gegnerschaft wurde die Abstimmung zur zweiten Revision des Covid-19-Gesetzes auch stark von den äusseren Umständen, allen voran von der Entwicklung der Pandemie beeinflusst. So begannen Mitte Oktober 2021 die Covid-19-Fallzahlen in der Schweiz, vor allem aber auch im benachbarten Ausland, wieder zu stiegen. Teile Deutschlands reagierten beispielsweise bereits im September 2021 mit einer Verschärfung der 3G-Regel hin zu einer 2G-Regel, bei der nur noch Geimpfte oder Genesene, nicht aber Getestete Zulass zu öffentlichen Innenräumen erhielten. Eine solche Verschärfung blieb in der Schweiz lange Zeit kaum vorstellbar und wurde von verschiedenen Sprechenden deutlich zurückgewiesen. Trotz der steigenden Fallzahlen verzichtete der Bundesrat vor der Abstimmung weitgehend auf Verschärfungen der Corona-Regelungen, was bei den Medien die Vermutung weckte, er wolle die Chancen des Gesetzes im Referendum nicht schmälern. Hingegen gab die Regierung Ende Oktober bekannt, verschiedene Regelungen des Covid-19-Gesetzes verlängern zu wollen – wie es die Kritikerinnen und Kritiker bereits in der Kampagne zur ersten Abstimmung befürchtet hatten. Darüber hinaus sprach der Bundesrat etwa zeitgleich eine Empfehlung für eine Auffrischungsimpfung für über 65-Jährige aus und nährte damit auch die Befürchtungen der Gegnerschaft, wonach zukünftig immer wieder neue Impfungen nötig sein würden. Schliesslich startete der Bundesrat drei Wochen vor dem Urnengang mit einer nationalen Impfwoche einen letzten Versuch, die Schweizer Impfquote vor dem Winter zu erhöhen. Dabei setzte er CHF 100 Mio. ein und startete eine umfassende Werbekampagne für die Impfung. In den Inseratespalten publizierte er denn auch ähnlich viele Inserate zur Impfwoche und zur Impfung wie die Gegnerschaft gegen die Revision des Covid-19-Gesetzes.
In der Woche vor dem Abstimmungssonntag wurde schliesslich bekannt, was vielerseits befürchtet worden war: In der Zwischenzeit war eine neue Virusvariante, Omikron, festgestellt worden, die deutlich ansteckender zu sein schien als die bisher vorherrschende Deltavariante. Unklar war auch, wie die vorhandenen Impfungen gegen die neue Variante wirken würden. Dies versetzte die Schweiz gemäss NZZ endgültig in einen «Schwebezustand, epidemiologisch und politisch gesehen».

Am Abstimmungssonntag folgte dann ein «klares Verdikt einer leisen Mehrheit», wie die AZ das Abstimmungsresultat betitelte: Mit 62.0 Prozent Ja-Stimmen und zwei ablehnenden Kantonen – in Appenzell Innerrhoden und Schwyz sagte die Mehrheit der Stimmenden Nein zur Revision – war die Zustimmung zum Gesetz gegenüber der ersten Abstimmung im Juni (60.2%) gar noch angestiegen. Zahlreiche Gemeinden und sechs Kantone (AR, GL, NW, OW, TG, UR) waren verglichen mit der Juni-Abstimmung neu ins Ja-Lager gewechselt. Die Medien hoben die hohe Stimmbeteiligung von 65.7 Prozent hervor und interpretierten das Ergebnis der Abstimmung als Vertrauensbeweis in die bundesrätliche Politik. Sie betonten aber wie bereits im Juni auch, dass dies keine Blankovollmacht für den Bundesrat darstelle. Die SVP wollte das Resultat denn auch nicht als Einladung für Massnahmenverschärfungen verstanden wissen. Gesundheitsminister Berset forderte die Gegnerinnen und Gegner auf, das Abstimmungsresultat zu akzeptieren: Zur Schweiz gehöre es, dass man sich nach der Abstimmung zusammenraufe. «Wir dürfen nicht endlos streiten.» Zu grossen Streitereien kam es denn in der Folge nicht mehr: Der befürchtete Grossaufmarsch blieb aus, nur vereinzelte Protestierende fanden sich auf dem Bundesplatz ein. Die meisten Sprechenden der Gegnerschaft akzeptierten das Ergebnis, lediglich «Mass-Voll» liess verlauten, dass das Resultat wegen «beispiellosen Unregelmässigkeiten [...] nicht legitim und für uns nicht bindend» sei.


Abstimmung vom 28. November 2021

Beteiligung: 65.7%
Ja: 2'222'594 Stimmen (62.0%)
Nein: 1'361'084 Stimmen (38.0%)

Parolen:
- Ja: EVP, FDP, GLP, GPS, Mitte*, PdA, SPS; Economiesuisse, Gemeindeverband, KdK, SGB, SGV*, SSV, TravailSuisse, VöV, Schweizer Tourismusverband, Hotelleriesuisse, Verband Seilbahnen Schweiz, Swissmem, Freidenker-Vereinigung
- Nein: EDU, SVP*; «Freunde der Verfassung», Aktionsbündnis «Urkantone für eine vernünftige Corona-Politik», Netzwerk Impfentscheid, «Mass-Voll»
- Stimmfreigabe: SD*; GastroSuisse, Piratenpartei
* verschiedene abweichende Kantonalsektionen: Ja: SVP AG, SVP GL; Nein: Mitte NE, SD BE; Stimmfreigabe: SGV AG


Anhand der Gemeindeergebnisse zeigte sich in der Folge, dass die Opposition in der Innerschweiz im Vergleich zum Juni abgenommen hatte, in der Westschweiz hingegen angestiegen war. Gemäss der Vox-Nachabstimmungsbefragung hätten sich die Lager jedoch weiter polarisiert: Die SVP-Sympathisierenden hätten klarer Nein, diejenigen der FDP- und GLP klarer Ja gesagt als noch im Juni 2021. Mehrheitlich Nein gestimmt hatten neben den Sympathisantinnen und Sympathisanten der SVP auch Personen, die sich selbst auf der Links-Rechts-Achse als «rechtsaussen» einstufen, sowie Personen mit traditioneller Werthaltung und solche mit tiefem oder mittlerem Vertrauen in den Bundesrat. Als Hauptgrund für ihre Ablehnung der Gesetzesänderung nannten sie die empfundene Bevormundung durch die Behörden und entsprechend die fehlenden Freiheiten (zusammen 17%), ebenso übten viele Kritik an der indirekt wahrgenommenen Impfpflicht (10%). Die Befürwortenden hingegen wollten mit Annahme der Änderung vor allem die Corona-Politik des Bundesrates unterstützen (36%).

Zweite Revision des Covid-19-Gesetzes (Änderung und Zusatzkredit; BRG 21.016)
Dossier: Covid-19-Gesetz und Revisionen

Wie in der IV-Revision «Weiterentwicklung der IV» entschieden worden war, setzte der Bundesrat im November 2021 eine «Eidgenössische Kommission für Qualitätssicherung in der medizinischen Begutachtung» ein. Diese sollte unter anderem Kriterien für das Begutachtungsverfahren, für die Tätigkeit der Gutachterinnen und Gutachter, für die Zulassung von Gutachterstellen und für die Beurteilung der Qualität von Gutachten erstellen. Die Kommission besteht aus zwölf Personen: drei Ärztinnen und Ärzten, je zwei Vertretenden der IV/Unfallversicherung, von Patienten- und Behindertenorganisationen sowie der Wissenschaft, einer Neuropsychologin oder einem Neuropsychologen und je einer vertretenden Person der Gutachterstellen sowie des versicherungsmedizinischen Ausbildungswesens. Der Bundesrat wählte die Mitglieder der Kommission bis Ende 2023. Mit der Schaffung dieser Kommission wollten Bundesrat und Parlament auf die zunehmende Kritik an den IV-Gutachten reagieren.

Weiterentwicklung der IV (BRG 17.022)
Dossier: Weiterentwicklung der IV (2015-2020) und die dazu führenden Vorstösse

Ende November 2021 publizierte der Bundesrat die Botschaft zur Änderung des Gaststaatgesetzes, die aufgrund neuer Entwicklungen in Bezug auf das IKRK im Bereich der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge nötig geworden war. Dem Bundesrat soll damit die Kompetenz verliehen werden, dem IKRK zu ermöglichen, jene Mitarbeitenden, welche nicht bei der eidgenössischen AHV versichert sind, der Gesetzgebung über die berufliche Vorsorge zu unterstellen. Der Bundesrat argumentierte in der Botschaft, dass die Gaststaatpolitik ein wichtiger Bestandteil der Schweizer Aussenpolitik sei, die in den Massnahmen zur Stärkung der Rolle als Gaststaat 2020-2023 festgelegt ist. Das Gaststaatgesetz bestehe aus sieben Kapiteln, wobei durch die Änderung nur eine Bestimmung im zweiten Kapitel über die Gewährung von Vorrechten, Immunitäten und Erleichterungen angepasst werden würde.

Änderung des Gaststaatgesetzes

Gemäss der VOX-Nachbefragung zu den eidgenössischen Abstimmungen vom September 2021 entsprach die Vorlage zur «Ehe für alle» dem Zeitgeist, da sie breite Unterstützung aus (fast) allen politischen Lagern und Altersgruppen erfuhr. Ferner vermochte das Ja-Lager besser zu mobilisieren und die Pro-Argumente – etwa die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare und das Argument, dass Fürsorge und Zuwendung wichtiger seien als das Geschlecht der Eltern – erzielten im gegnerischen Lager mehr Unterstützung als die Contra-Argumente. Personen über 70 Jahre lehnten die Vorlage mehrheitlich ab, dies im Gegensatz zu Personen aller anderen Alterskategorien. Darüber hinaus stellten sich Personen, die eine starke Nähe zu Freikirchen aufweisen, ebenso gegen die Vorlage wie Personen, die der Wahrung der Schweizer Traditionen hohe Wichtigkeit beimessen. Neun von zehn Sympathisierenden der SP, Grünen und GLP befürworteten die Initiative, bei der FDP-Anhängerschaft legten noch sechs von zehn Personen ein Ja ein. Sympathisierende der SVP lehnten die Vorlage mit 70 Prozent relativ deutlich ab. Ebenso wurde die Ehe für alle von einer knappen Mehrheit der Mitte-Anhängerschaft (51%) abgelehnt, die sich somit gegen die Parole ihrer Partei stellte. Das Gegenargument, das bei den Nein-Stimmenden am meisten verfing, war dasjenige, dass Kinder jeweils eine Frau und einen Mann als elterliches Vorbild haben sollten. Etwas weniger Nein-Stimmende störten sich am Zugang zur Samenspende für lesbische Paare oder äusserten sich ablehnend gegenüber der Möglichkeit auf Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare.

Le mariage pour tous (Pa.Iv. 13.468)

Im November 2021 gab der Bundesrat bekannt, die Weiterentwicklung der IV per 1. Januar 2022 in Kraft zu setzen. Vorgängig hatte er zur Umsetzung der Gesetzesänderungen überdies umfassende Verordnungsänderungen an der IVV, an der Verordnung über Geburtsgebrechen und an der Verordnung über ambulant erbrachte Leistungen vorgenommen. Nach einer zwischen Dezember 2020 und März 2021 durchgeführten Vernehmlassung gab er seine Änderungen bezüglich der Optimierung der Eingliederung (u.a. Früherfassung und Frühintervention oder Integrationsmassnahmen), medizinischen Massnahmen (u.a. eine Änderung der Definitionskriterien von Geburtsgebrechen und eine Aktualisierung der Geburtsgebrechenliste), zu einem Kompetenzzentrum Arzneimittel, zu Tarifierung und Rechnungskontrolle, zum stufenlosen Rentensystem, zur Fallführung sowie zu Verfahren und Begutachtung bekannt.

Weiterentwicklung der IV (BRG 17.022)
Dossier: Weiterentwicklung der IV (2015-2020) und die dazu führenden Vorstösse

Im Oktober 2021 erschien der Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulates Bruderer Wyss (sp, AG) über die Flexibilisierung des Sozialversicherungsrechtes, auch Flexi-Test genannt. Dabei wurde im Bericht geprüft, ob es nötig sei, das Sozialversicherungsrecht zu flexibilisieren, zudem wurden die Vor- und Nachteile konkreter Flexibilisierungsmöglichkeiten dargestellt. Der Bericht beschränkte sich jedoch auf die in der Schweiz noch wenig verbreitete Form der Plattformarbeit, welche der Bericht unter anderem darüber definiert, dass drei Parteien vorhanden sind – Plattformbetreibende, Plattformbeschäftigte und Auftraggebende –, wobei die Auftraggebenden die Plattformbeschäftigten über die Plattform kurzfristig und «ausserhalb herkömmlicher Betriebsstrukturen» mit einzelnen Aufträgen betrauen. Diese Arbeitsform eröffne nun den «Erwerbstätigen bezüglich der sozialen Absicherung neue Chancen und Risiken», wurde im Bericht erklärt.

Zuerst ging der Bericht auf den in der Schweiz bestehenden rechtlichen Rahmen der Sozialversicherungen ein. Demnach kann sich das aktuelle Sozialversicherungssystem den neuen Arbeitsformen anpassen und ist entsprechend flexibel. Gerade die Unsicherheit über die Frage, ob eine Tätigkeit auf einer Arbeitsplattform selbständig oder unselbstständig ist, und die damit verbundenen langen Wartefristen führten jedoch zu Problemen. Zudem habe eine «Neueinstufung der Plattform als Arbeitgeberin statt als einfache Vermittlerin beträchtliche finanzielle Auswirkungen». Hingegen könne ein fehlender oder teilweiser Sozialversicherungsschutz bei Anstellungen mit kleinem Pensum sowie bei Nebentätigkeiten sinnvoll sein, da sie einen Verbleib oder Einstieg in die Erwerbstätigkeit ermöglichten. Dennoch solle eine Anbindung dieser Personen an die zweite Säule geprüft werden.

Améliorer la protection sociale des indépendants travaillant à la tâche (Po.18.3936)

Johanna Gapany (plr, FR) a retiré sa motion par soucis d'efficacité, la majorité de la CER-CE soutenant une proposition identique d'ores et déjà acceptée par le Conseil national et qui sera, quelques minutes plus tard, acceptée à l'unanimité par les membres de la chambre haute.

Couverture sociale pour le ou la conjointe travaillant sur l'exploitation (Mo. 20.4574)
Dossier: Lage der Bäuerinnen verbessern

C'est à l'unanimité et avec le soutien du Conseil fédéral que le Conseil des Etats a accepté la motion de Montmollin (plr, GE) visant à améliorer la couverture sociale du ou de la partenaire qui travaille sur les exploitations agricoles. Comme précisé par la rapporteuse de la CER-CE, Adèle Thorens Goumaz (verts, VD), cette question touche principalement des paysannes, trop peu assurées, alors que plus de 43'000 femmes travaillent sur des exploitations familiales. Le but serait de mieux les protéger en cas d'accident, de maladie et d'invalidité, ce qu'il serait possible d'atteindre avec une modification de l'article 70a de la LAgr, selon la motionnaire.
Le Conseil fédéral s'est dit prêt à mettre rapidement en œuvre cette mesure, qui devrait être relativement contraignante, le versement des paiements directs devant être à l'avenir couplé à une protection sociale suffisante du ou de la conjointe qui travaille sur le domaine. Lors d'un même débat, la motion Gapany (plr, FR), au contenu identique, a été retirée pour des raisons d'efficacité, tandis que la motion 19.3445 sur l'amélioration de la situation des conjoint.e.s en cas de divorce a été acceptée et la motion 19.3446 du PBD sur l'allocation maternité a été rejetée.

Améliorer sans délai la situation du conjoint travaillant sur l'exploitation (Mo. 21.3374)
Dossier: Lage der Bäuerinnen verbessern

Die SGK-SR forderte im Mai 2021 in einem Postulat einen Bericht zur Trennung der Durchführungs- und Aufsichtsfunktionen der Zentralen Ausgleichsstelle (ZAS). Die ZAS ist für die Vollzugsaufgaben in der 1. Säule zuständig, unter anderem für die Kontrolle der Buchführung der Ausgleichskassen, die Führung der zentralen Register, die Abwicklung von Rentenzahlungen ins Ausland und die Durchführung der AHV für das Bundespersonal. Sie ist der EFV angegliedert, was die EFK aufgrund unklarer Aufsichtszuständigkeiten bei der EFV und beim BSV kritisierte. Infolgedessen forderte die Kommission, dass die Trennung der Aufsichtsaufgaben und der Durchführungsaufgaben geprüft werde, wobei Letztere aus der Bundesverwaltung auszugliedern seien. Der Bundesrat hiess das Anliegen gut, wollte aber eine ergebnisoffene Prüfung durchführen und den Ausgliederungsentscheid folglich nicht bereits vorgängig treffen. Stillschweigend stimmte der Ständerat dem Postulat in der Herbstsession 2021 zu.

Bericht zu den Durchführungs- und Aufsichtsfunktionen der Zentralen Ausgleichsstelle innerhalb der Bundesverwaltung

Nach dem Bundesrat und dem Nationalrat sprach sich in der Herbstsession 2021 auch der Ständerat stillschweigend für eine automatische Ausstellung eines IV-Ausweises für bestimmte Personengruppen aus, nachdem zuvor auch die SGK-SR die Annahme der Motion befürwortet hatte. Gemäss Kommission könne die Umsetzung auf Weisungsebene erfolgen und bedürfe somit keiner Gesetzesänderung. Damit soll sichergestellt werden, dass die Anspruchsberechtigten über einen entsprechenden Ausweis verfügen – bisher hätten die Betroffenen gemäss dem Motionär häufig gar nichts von ihrem Anspruch gewusst.

Automatische Ausstellung eines Ausweises für den Bezug einer Hilflosenentschädigung

In der Herbstsession 2021 folgte der Ständerat stillschweigend dem Erstrat und seiner SGK-SR in der Frage der Ergänzungen der IV-Verfügungen in leichter Sprache. Die Kommission hatte Annahme der Motion empfohlen, um zukünftig Verständigungsschwierigkeiten zwischen den Versicherten und den IV-Stellen zu verhindern. Als positiv hob die Kommission zudem hervor, dass die Mitarbeitenden der IV-Stellen bereits in entsprechenden Formulierungen geschult würden.

IV-Verfügungen mit leichter Sprache ergänzen

In der Herbstsession 2021 lehnte der Ständerat eine Motion von Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) ab. Die Motionärin hatte eine Vereinfachung und Erweiterung der Regelungen zur Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit in zahlreichen Gesetzen gefordert, etwa im AVIG, IVG, UVG, EOG oder im VVG. Zudem verlangte sie eine ergänzende Regelung für einen «Verdienstersatz bei Erwerbsausfall bei Personen in atypischen und prekären Arbeitsformen, für Selbstständigerwerbende und für Freischaffende in Theater und Film». Um zukünftig grosse finanzielle Probleme durch Erwerbslücken aufgrund von Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Unfall bei den Selbständigerwerbenden zu verhindern, solle ihr Versicherungsschutz und ihr Verdienstausfall zukünftig garantiert werden. Der Bundesrat entgegnete in seiner Stellungnahme, dass ein entsprechender Versicherungsschutz bei der IV und der EO bereits gegeben sei, bei der Unfallversicherung und der Krankentaggeldversicherung müssten sich die Selbständigerwerbenden hingegen freiwillig versichern, wie auch im Rahmen des Postulats Nordmann (sp, VD; Po. 12.3087) noch einmal bestätigt worden sei. Nicht möglich sei schliesslich eine Arbeitslosenversicherung für Selbständigerwerbende, wie sie auch das Postulat Roduit (mitte, VS; Po. 20.4141) vorsehe, zumal hier das Missbrauchspotenzial zu gross sei. Mit 25 zu 11 Stimmen lehnte der Ständerat die Motion ab.

Erwerbsersatzordnungen an die veränderte Arbeitswelt anpassen

Im September 2021 präsentierte das BSV die Finanzperspektiven der IV bis 2032, genauso wie auch diejenigen der AHV, der EO und der EL. Dabei berechnete das Bundesamt drei Szenarien, wie sich die Finanzierung der IV gemäss geltender Ordnung entwickeln könnte – bei der IV sei die Entwicklung deutlich schwieriger vorherzusehen als bei den anderen drei Sozialversicherungen, für die jeweils nur ein Szenario (EO und EL) respektive verschiedene Szenarien aufgrund von möglichen Gesetzesänderungen (AHV) berechnet wurden. Das mittlere Szenario prognostizierte der IV ein über die Jahre steigendes Umlageergebnis, das im Jahr 2032 bei CHF 740 Mio. zu liegen kommen würde. Ab dem Jahr 2031 würden die liquiden Mittel des IV-Fonds denn auch 50 Prozent übersteigen, wodurch wieder mit der Rückzahlung der Schulden beim AHV-Fonds begonnen werden könnte. Die Schulden würden sich folglich bis ins Jahr 2032 auf CHF 8.4 Mrd. reduzieren. Auch gemäss einem tieferen Szenario wäre das Umlageergebnis 2032 positiv; es käme bei CHF 429 Mio. zu liegen. Damit blieben jedoch die flüssigen Mittel bei 34 Prozent, wodurch kein Schuldenabbau möglich wäre. Im hohen Szenario würde der Schuldenabbau hingegen bereits im Jahr 2029 beginnen, das Umlageergebnis würde 2032 gar über CHF 1 Mrd. betragen.

Finanzperspektiven der IV bis 2032

Im September 2021 publizierte das BSV die Finanzperspektiven der EL zur AHV und IV bis ins Jahr 2032, wie auch zur AHV, zur IV und zur EO. Bei den EL zur AHV wurde ein Ausgaben- und Einnahmenwachstum von CHF 2.9 Mrd. (2020) auf CHF 3.6 Mrd. (2032) prognostiziert (+27%), wobei die Kosten zur Existenzsicherung etwas stärker ansteigen würden als die Heimkosten. Nur schwache Veränderungen gebe es beim Bundesanteil an den Ausgaben (2020: 30.1%, 2032: 31.0%) und bei der EL-Quote (2020: 12.6%; 2032: 12.9%). Bei der EL zur IV erwartete das BSV zwar ein schwächeres Ausgaben- und Einnahmenwachstum von CHF 2.0 Mrd. (2020) auf CHF 2.3 Mrd. (2032; +14%), wobei die zusätzlichen Kosten auch hier vor allem durch die Existenzsicherung bedingt sein sollten. Gleichzeitig wurde bei der EL zur IV aber auch ein Anstieg der EL-Quote von 49.3 Prozent (2020) auf 59.8 Prozent (2032) prognostiziert. Über beide Bereiche der EL (EL zur AHV und EL zur IV) wird somit ein Ausgabenanstieg von CHF 4.8 Mrd. (2020) auf CHF 5.9 Mrd. (2032) erwartet.

Finanzperspektiven der EL zur AHV und zur IV bis 2032

Sans discussion, le Conseil national a accepté la motion déposée par la députée genevoise Simone de Montmollin (plr) qui exige que la situation du ou de la conjoint.e travaillant sur l'exploitation agricole soit améliorée au plus vite. Simone de Montmollin explique que les conjoint.e.s ne sont pas soumis.e.s aux mêmes droits que la main d'œuvre extrafamiliale qui bénéficie, elle, d'une couverture sociale obligatoire. Le Conseil fédéral a proposé d'accepter la motion, afin que les mesures prévues en la matière dans la politique agricole 22+ (PA 22+) soient mises en œuvre. Deux autres textes similaires (Mo. 20.4592 et Mo. 20.4574) ont été déposés au Parlement suite à la suspension de la PA 22+.

Améliorer sans délai la situation du conjoint travaillant sur l'exploitation (Mo. 21.3374)
Dossier: Lage der Bäuerinnen verbessern

Das im Juni 2019 von Nationalrätin Ada Marra (sp, VD) eingereichte Postulat «Neuregelung der Finanzierung der Integration in den Arbeitsmarkt» wurde am 18. Juni 2021 abgeschrieben, da es nicht innert zwei Jahren im Nationalrat behandelt wurde. Mit dem Postulat wollte Nationalrätin Marra den Bundesrat beauftragen, mögliche Massnahmen zur Förderung und Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Invalidenversicherung (IV), Arbeitslosenversicherung (ALV), Sozialhilfe und Berufsbildung zur Integration der Arbeitslosen zu prüfen. Es sei an der Zeit, über einen vereinfachten und universellen «Marshall-Plan» für die Weiterbildung und die berufliche Integration nachzudenken, da oft verschiedene Institutionen dieselben Leistungen anbieten würden, aber zu unterschiedlichen Bedingungen. In seiner Stellungnahme hatte der Bundesrat die Notwendigkeit einer guten Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Institutionen anerkannt, weshalb er dieses Thema im Rahmen der interinstitutionellen Zusammenarbeit (IIZ) mit einer Reihe von Projekten bearbeite. Folglich hatte er das Postulat zur Ablehnung empfohlen.

Postulat "Neuregelung der Finanzierung der Integration in den Arbeitsmarkt"

Im März 2021 reichte die SGK-NR eine Motion ein, mit der sie die Vergütung von Dienstleistungen von Dritten in der Invalidenversicherung neu regeln wollte. Zur Eingliederung von IV-beziehenden Menschen in den Arbeitsmarkt kann die IV Hilfsmittel bezahlen, wozu teilweise auch Dienstleistungen Dritter gezählt werden – etwa Gebärdensprachdolmetschende, Schriftdolmetschende, Vorlesedienste oder Transportdienste. Aktuell werden solche Dienste monatlich durch die IV vergütet, wobei der Höchstbeitrag beim anderthalbfachen Mindestbetrag der ordentlichen Altersrente liegt. Diese Regelung erachtete die Kommission als zu starr, da es den Betroffenen dadurch nicht möglich sei, «arbeitsintensivere Monate mit weniger intensiven Monaten zu kompensieren». Dadurch seien die Betroffenen in ihrer Arbeitstätigkeit eingeschränkt, schlimmstenfalls drohe ihnen dadurch gar der Arbeitsplatzverlust. Neu sollen die entsprechenden Mittel folglich jährlich ausbezahlt werden, wodurch die Betroffenen die Nutzung der Dienstleistungen selbständig planen könnten.
Bei der Behandlung der Motion im Nationalrat in der Sommersession 2021 lag ein Minderheitsantrag Rösti (svp, BE) auf Ablehnung der Motion vor. Der Minderheitensprecher hob ebenfalls die Wichtigkeit dieser Instrumente für die Integration der betroffenen Personen hervor, scheute sich aber aus Finanzierungsgründen vor einem «zusätzlichen Ausbau» bei der IV. Durch die Änderung könnte der tiefere Bedarf gewisser Monate, wie er bisher aufgetreten sei, über ein Jahr hinweg kompensiert werden, was insgesamt zu höheren Kosten führen könne. Zudem habe die Verwaltung in Aussicht gestellt, dass eventuell eine beschränkte Umsetzung auf Verordnungsebene möglich sei. Gesundheitsminister Berset unterstützte die Motion im Namen des Bundesrates, schätzte die maximalen Mehrkosten auf CHF 350'000 pro Jahr und hob entsprechend den geringen Anteil dieser Änderung an den Gesamtkosten der IV hervor. Mit 133 zu 50 Stimmen nahm der Nationalrat die Motion an, abgelehnt wurde sie von einer Mehrheit der SVP-Fraktion.

Auszahlungsmodell für Dienstleistungen von Dritten im Bereich der Invalidenversicherung

In der Sommersession 2021 beriet der Nationalrat die parlamentarische Initiative von Erich Hess (svp, BE), wonach AHV- und IV-Kinderrenten zukünftig nur noch für in der Schweiz wohnhafte Kinder ausbezahlt werden sollen. Erich Hess und Andreas Glarner (svp, AG) erläuterten dabei die Funktionsweise der von ihnen angeprangerten kriminellen Machenschaften, die zu unzulässigen Bezügen von Kinderrenten im Ausland führten. So gingen beispielsweise Mütter mit vielen Kindern auf AHV-Rentner zu oder man besorge sich eine Bescheinigung für nicht vorhandene Kinder. Lorenz Hess (bdp, BE) wehrte sich einerseits gegen den Begriff «Geschäftsmodell», den Glarner verwendet hatte, da solche Machenschaften nur in Einzelfällen vorkämen. Zudem erhielten nach der Formulierung der parlamentarischen Initiative auch Personen, die mit ihren eigenen Kindern aus der Schweiz ausgereist sind, keine Kinderrenten mehr. Mit 136 zu 52 Stimmen sprach sich der Nationalrat gegen Folgegeben aus, Zustimmung fand die Initiative in der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion.

Keine Kinderrenten mehr ins Ausland ausbezahlen (Pa. Iv. 20.412)

Am 13. Juni 2021 stimmte die Schweizer Stimmbevölkerung über insgesamt fünf Vorlagen ab. Neben den drei Referenden über das Covid-19-Gesetz, das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT) sowie das CO2-Gesetz standen auch die beiden Agrarinitiativen – namentlich die Pestizid-Initiative sowie die Trinkwasser-Initiative – auf der Agenda. Letztere verlangte, dass nur noch diejenigen landwirtschaftlichen Betriebe Subventionen erhalten, welche keine Pestizide verwenden und in der Tierhaltung auf einen prophylaktischen Einsatz von Antibiotika verzichten. Ausserdem sollen die Betriebe nur noch so viele Tiere halten, dass diese mit dem Futter vom eigenen Hof ernährt werden können.
Der Verein «Sauberes Wasser für alle» um Franziska Herren, welche die Initiative lanciert hatte, wurde in seiner Kampagne von zahlreichen Umwelt- und Tierschutzorganisationen sowie von der GP, der GLP und der SP unterstützt. Dazu gesellte sich auch ein liberales Unterstützungskomitee um den Berner Nationalrat Christian Wasserfallen (fdp, BE). Daneben genoss die Initiative auch eine gewisse Unterstützung durch einige bäuerliche Kreise. Die GLP-Politikerin Tiana Angelina Moser (glp, ZH) begründete ihre Zustimmung zur Initiative mit dem Umstand, dass die Schweizer Bevölkerung durch die Steuergelder, die in die Landwirtschaft fliessen, die Zerstörung der Umwelt und damit der eigenen Lebensgrundlage mitfinanziere. Kilian Baumann (gp, BE) ergänzte, dass der hohe Pestizideinsatz zum Artensterben beitrage. Auch würden Landwirtinnen und Landwirte mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nicht nur die Qualität des Trinkwassers, sondern auch ihre eigene Gesundheit gefährden.
Das nationale Komitee «2 mal Nein zu den extremen Agrar-Initiativen», welches sich auch gegen die Pestizid-Initiative stark machte, führte die Kampagne gegen die Trinkwasser-Initiative an. Dem Komitee gehörten unter anderem Politikerinnen und Politiker des rechts-bürgerlichen Lagers an und auch zahlreiche Personen, die im landwirtschaftlichen Bereich arbeiteten (bspw. Landwirte und Landwirtinnen sowie Agronomen). Überraschenderweise gab auch der Verband BioSuisse die Nein-Parole zur Trinkwasser-Initiative heraus. Er vertrat dabei die Ansicht, dass die Trinkwasser-Initiative zu fest auf die Produktion im Inland fokussiere. Bei einer Annahme müssten allenfalls gar mehr Lebensmittel aus dem Ausland importiert werden, falls die Konsumentinnen und Konsumenten nicht auf einheimische Bio-Produkte setzen möchten. Die Gegnerinnen und Gegner der Vorlage argumentierten des Weiteren, dass mit einer Landwirtschaft, in der keine Pestizide mehr erlaubt seien, grosse Ernteausfälle zu erwarten seien. Zudem liege die Verantwortung auch bei den Konsumentinnen und Konsumenten, die perfekte Nahrungsmittel einkaufen möchten, welche ohne den Einsatz von Pestiziden gar nicht zu produzieren seien. Hier müsste zuerst ein Umdenken stattfinden. Auch würden einige Betriebe eingehen, weil sie ihren Tierbestand massiv reduzieren müssten, um die Tiere mit dem Futter vom eigenen Betrieb ernähren zu können, erläuterte beispielsweise der Präsident des SBV, Markus Ritter (mitte, SG). Werner Salzmann (svp, BE) ergänzte, dass die Bauern schon jetzt sehr ökologisch produzierten und die Trinkwasserqualität in der Schweiz dementsprechend hervorragend sei. Schliesslich würde die Trinkwasserinitiative die Lebensmittel generell verteuern und sei daher asozial.

Die Medien berichteten im Vorfeld der Abstimmungen meistens gemeinsam über die beiden Agrarinitiativen und differenzierten nicht allzu stark zwischen den beiden Vorlagen. Die Westschweizer Zeitungen Le Quotidien Jurassien und Le Temps befanden, dass die Initiativen zwar hehre Ziele verfolgen, jedoch über das Ziel hinausschiessen würden. Insbesondere bei der Trinkwasserinitiative sei nicht bedacht worden, dass mit den geforderten strengeren Regeln für die einheimische Produktion viel mehr landwirtschaftliche Güter importiert würden. Die Zeitungen waren sich darüber hinaus einig, dass die beiden Agrarinitiativen stark polarisierten – vor allem zwischen der ländlichen und der städtischen Bevölkerung. Diese Polarisierung kennzeichnete auch die teils emotional intensiv geführten Abstimmungskampagnen der Pro- und Contra-Seite. Wie die Medien berichteten, seien auch viele Plakate zerstört worden und die beiden Seiten seien des Öfteren verbal aneinander geraten. Es kam sogar soweit, dass die «Mutter der Trinkwasser-Initiative», Franziska Herren, gegen Ende der Kampagne nicht mehr öffentlich auftreten wollte, weil sie und ihre Familie bedroht worden seien. Die Inserateanalyse von Année Politique Suisse, welche einige Tage vor der Abstimmung publiziert wurde, deutete darauf hin, dass die Abstimmungskampagnen auch in den Printmedien intensiv geführt wurden. Für die Trinkwasser-Initiative wurden überdurchschnittlich viele Inserate publiziert, wobei die Gegnerschaft mehr als doppelt so viele Inserate schaltete wie die Befürworterseite.
Wie die Tamedia- und SRG-Umfragen im Vorfeld des Abstimmungstermins zeigten, hatte sich im Frühling 2021 noch eine Mehrheit der Befragten für die Trinkwasser-Initiative ausgesprochen. Diese Zustimmung nahm jedoch im Verlaufe der Abstimmungskampagnen ab; ein Muster, das bei vielen Volksinitiativen zu beobachten ist. In der dritten Umfrage, einige Tage vor dem Urnengang, zeichnete sich dann eine Ablehnung der Initiative ab.
Am Abstimmungssonntag war tatsächlich schnell klar, dass die Trinkwasser-Initiative keine Mehrheit finden würde. Sie wurde – wie auch die Pestizid-Initiative – deutlich abgelehnt. Vor allem in ländlichen Regionen fanden die beiden Vorlagen nur wenig Zustimmung.


Abstimmung vom 13. Juni 2021

Beteiligung: 59.7%
Ja: 1'276'117 Stimmen (39.3%) / Stände: 1/2
Nein: 1'970'332 Stimmen (60.7%) / Stände: 20 5/2

Parolen:
-Ja: EVP, GLP, GPS, KVP, SD, SPS (1*), VPOD, Pro Natura, Greenpeace, WWF, Fischereiverband, BirdLife, Schweizer Tierschutz, Swisscleantech, CSP OW
-Nein: EDU, FDP, Lega, MCG, Mitte, PdA, SVP, Jungfreisinnige (1*), Schweizer Forum für nachhaltige Entwicklung eco, Groupement des Entreprises Multinationales Gem, SBV, SGV, Schweizerischer Bäuerinnen- und Landfrauenverband, BioSuisse, Fleischfachverband, Obstverband, Getreideproduzentenverband, Milchproduzenten, GastroSuisse
-Stimmfreigabe: SSV
* in Klammern die Anzahl abweichender Kantonalsektionen


In den Tagen nach der Abstimmung wurde nur am Rande über die Gründe für das Scheitern der beiden Initiativen diskutiert. Die NZZ und der Blick verorteten diese vor allem in einer klugen Strategie der Bürgerlichen und des Bauernverbandes. Vielmehr wurde jedoch auf das «Wie weiter?» fokussiert. Die Medien waren sich einig, dass nun alle Akteurinnen und Akteure aufeinander zugehen müssten und am selben Strang ziehen sollten, um die Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten. In diesem Kontext wurde auch auf die Umsetzung der parlamentarischen Initiative 19.475 der WAK-SR hingewiesen, mit welcher die mit dem Einsatz von Pestiziden verbundenen Risiken für die Gewässer bis 2027 (gegenüber dem Mittel des Zeitraums 2012-2015) um 50 Prozent reduziert werden sollen. Während die Aargauer Zeitung die Umsetzung dieser Initiative als Erfolg für die Initiantinnen und Initianten der beiden Agrarinitiativen wertete, konnte die Grüne Ständerätin Céline Vara (gp, NE) dieser parlamentarischen Initiative nicht allzu viel abgewinnen.
Die im Juli 2021 publizierte Nachbefragung durch gfs.bern zeigte, dass die Stimmbevölkerung die Initiative vor allem aufgrund ihres grossen Vertrauens in die Schweizer Landwirtschaft verworfen hatte. Zudem erachteten die Gegnerinnen und Gegner die Initiative als zu extrem. Die Befürwortenden hingegen sahen in der Initiative ein Instrument, um Umwelt und Gesundheit zu schützen. Schliesslich wurde auch ein Graben zwischen der städtischen und der ländlichen Bevölkerung ausgemacht, wobei Letztere die Initiativen deutlich stärker ablehnte.

Initiative pour une eau potable propre et une alimentation saine (MCF 18.096)
Dossier: Pestizidbelastung in Fliessgewässern
Dossier: Reduktion der Verwendung von Antibiotika
Dossier: Reduzierung und Verbot des Pestizideinsatzes

Aufgrund des von den «Freunden der Verfassung» ergriffenen Referendums stimmte die Schweizer Stimmbevölkerung im Juni 2021 über das Covid-19-Gesetz ab. Dieses enthielt einerseits die Regelungen zu den Unterstützungsmassnahmen für die Unternehmen und die Bevölkerung (u.a. Härtefallhilfen, Covid-Erwerbsersatz, Kurzarbeitsentschädigung), andererseits Ermächtigungen für den Bundesrat, zeitlich begrenzt von bestehenden Gesetzen abzuweichen. Während der erste Teil auch bei den Gegnerinnen und Gegnern unumstritten war, kritisierten sie den zweiten Teil stark. Dieser Teil enthielt beispielsweise Regelungen zur Einschränkungen von Behandlungen in den Spitälern, zur Abweichungen von gesetzlichen Fristen, zur elektronischen Durchführungen von Generalversammlungen von Unternehmen oder zu Einschränkungen im Asylbereich. Das Covid-19-Gesetz war nun insofern speziell, als Gesetze üblicherweise erst nach Ablauf der Referendumsfrist in Kraft treten. Da das Gesetz jedoch von einer Mehrheit der Mitglieder beider Kammern dringlich erklärt worden war, war es gleich nach Annahme im Parlament im September 2020 in Kraft getreten – was die Abstimmung darüber gemäss Tages-Anzeiger zu einer «demokratiepolitische[n] Kuriosität» machte. Zusätzlich speziell war, dass das Covid-19-Gesetz zum Zeitpunkt der Abstimmung vom Parlament bereits zweimal revidiert worden war – einmal in der Wintersession 2020 und einmal in der Frühjahrssession 2021. Da das Gesetz mit den Corona-bedingten Veränderungen Schritt halten müsse, seien verschiedene Teile des Gesetzes zum Zeitpunkt der Abstimmung gar nicht mehr in Kraft, betonte der Tages-Anzeiger. Zudem würde das Gesetz bei einer allfälligen Ablehnung an der Urne nicht per sofort ausser Kraft treten, sondern ein Jahr nach seiner Inkraftsetzung, also am 25. September 2021. Die meisten Regelungen des Gesetzes sind auf Ende 2021 befristet, lediglich einzelne dieser Regelungen würden bis Ende 2023 (etwa Regelungen zur Kurzarbeit) oder gar bis Ende 2031 (Regelungen zu den Covid-Krediten) gültig bleiben.

Der Abstimmungskampf zum Referendum gegen das Covid-19-Gesetz war nun geprägt von der Frage, worüber am 13. Juni 2021 genau abgestimmt wird. So betonten die Gegnerinnen und Gegner des Gesetzes im Abstimmungsbüchlein, dass mit dem Referendum sichergestellt werden solle, dass die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger «die höchste Instanz im Land» bleiben. Mit der Ablehnung des Covid-19-Gesetzes solle man zeigen, «dass Krisenmanagement gegen das Volk in der Schweiz nicht geht». So befürchteten sie, dass der Bundesrat das Notrecht durch das Gesetz unnötig verlängern würde und man durch eine Annahme des Gesetzes die bisherige bundesrätliche Corona-Politik legitimiere. Andreas Glarner (svp, AG) etwa argumentierte, dass man dem Bundesrat damit einen Blankocheck für weitere Einschränkungen gebe und sprach sich damit gegen das Gesetz aus – die SVP selbst entschied sich in der Folge für Stimmfreigabe. Gegen diese Argumentationen wehrten sich die Befürworterinnen und Befürworter des Gesetzes, da sie in ihren Augen am Covid-19-Gesetz vorbeizielten. So würden die Gegnerinnen und Gegner insbesondere die Corona-Massnahmen des Bundesrates kritisieren, etwa die Schliessung der Restaurants oder Läden, die jedoch nicht im Covid-19-Gesetz geregelt seien, sondern im 2013 von der Stimmbürgerschaft angenommenen Epidemiengesetz. Diese Bestimmungen würden somit durch eine Ablehnung des Gesetzes auch nicht aufgehoben. Der Kampf gegen das Gesetz stelle gemäss den Befürwortenden folglich bloss eine Art «Stellvertreterkrieg» dar, in dem sich die Gegnerinnen und Gegner ein Misstrauensvotum gegen die bundesrätliche Covid-Politik oder einen Denkzettel an den Bundesrat wünschten.
Die Gegnerschaft kritisierte aber durchaus auch verschiedene Aspekte des Gesetzes selbst: So fürchteten sie eine Diskriminierung oder gar einen Verlust der Grundrechte von ungeimpften Personen aufgrund des Covid-19-Zertifikats, da mit diesem eine Zweiklassengesellschaft, ja gar eine «neue Form der Apartheid», geschaffen werde. Zudem diene das Contact Tracing über die SwissCovidApp zur Massenüberwachung, wie die beiden Co-Präsidenten der «Freunde der Verfassung», Marion Russek und Werner Boxler, in der Weltwoche betonten. Das anfängliche Argument, wonach es aufgrund des Gesetzes zu einer verkürzten Prüfung von Impfstoffen kommen könnte, liess das Komitee nach einer Weile fallen – der Bundesrat hatte erklärt, dass es in der betreffenden Regelung einzig um Arzneimittel, nicht aber um Impfstoffe gehe.
Neben einzelnen Bestimmungen kritisierte die Gegnerschaft aber auch die Verbindung der Unterstützungsmassnahmen mit den zusätzlichen Ermächtigungen für den Bundesrat, da man den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern damit die Möglichkeit nehme, Ersteren zuzustimmen und Letztere abzulehnen. Gleichzeitig betonten sie, dass eine Ablehnung des Covid-19-Gesetzes an der Urne nicht das Ende der Unterstützungsmassnahmen bedeute – was das Hauptargument der Befürworterinnen und Befürworter darstellte. So könne das Parlament die Unterstützungsmassnahmen durch die Annahme einer Motion von Pirmin Schwander (svp, SZ; Mo. 21.3402) innert kürzester Frist in ein eigenes Gesetz giessen. Diese Argumentation teilten die Befürwortenden nicht, vielmehr warnten sie vor drastischen Folgen durch die Ablehnung des Gesetzes: Das vorzeitige Ende der Unterstützungsmassnahmen der Wirtschaft führe nämlich zu einem starken Anstieg der Konkurse, der Arbeitslosigkeit und der Sozialhilfequote. Zwar könne das Parlament allenfalls ein neues Gesetz beschliessen, dabei müsse es sich aber um ein ordentliches Gesetz handeln – ein weiteres dringliches Gesetz sei nicht möglich –, erklärte der Bundesrat. Ein solches könne aber unter anderem aufgrund der Referendumsfrist nicht vor dem 25. September 2021 in Kraft gesetzt werden. Somit käme es bei einer Ablehnung des Covid-19-Gesetzes zu einem Unterbruch der Unterstützungsmassnahmen. Auch der Bundesrat betonte zur Lancierung seines Abstimmungskampfes an einer Pressekonferenz, bei der unter anderem Gesundheitsminister Berset und Bundespräsident Parmelin sowie KdK-Präsident Rathgeb (GR, fdp) anwesend waren, dass das Covid-19-Gesetz die einzige rechtliche Grundlage zur Unterstützung der Betroffenen sei und dessen Ablehnung grosse Unsicherheiten bei Unternehmen und Arbeitnehmenden auslösen würde. Christian Rathgeb verwies auf die zentrale Bedeutung des Gesetzes für die Kantone und mahnte vor einem Bauchentscheid: «Die Menschen brauchen jetzt nicht einen Denkzettel, sondern konkrete finanzielle Unterstützung.»
Die Befürworterinnen und Befürworter wehrten sich auch gegen den Diktatur-Vorwurf der Gegnerschaft an den Bundesrat. So werde das Notrechtregime durch das Covid-19-Gesetz nicht verlängert, sondern wie von der Verfassung verlangt in ordentliches Recht überführt – das entsprechend auch vom Parlament verabschiedet worden sei. «Alles läuft, wie es die Verfassung vorsieht – auch wenn die «Freunde der Verfassung» das nicht wahrhaben wollen», betonte etwa die NZZ. «Wenn dies die Basis für eine Diktatur sein soll, wird es eine ebenso lächerliche wie grosszügige Diktatur sein – eine Diktatur, in der es für fast jeden Zweck Milliardenhilfen gibt und für jeden LKW-Fahrer eine Toilette», verteidigte dieselbe Zeitung das Gesetz mit Verweis auf eine spezifische Regelung im Covid-19-Gesetz zum Toilettenzugang von LKW-Fahrerinnen und -Fahrern.

Zu breiteren medialen Diskussionen im Abstimmungskampf führte auch das Abstimmungsbüchlein: Die Gegnerinnen und Gegner des Gesetzes kritisierten, dass hier das ursprüngliche Covid-19-Gesetz aufgeführt worden war, obwohl dieses in der Zwischenzeit bereits mehrfach revidiert worden war. Dies sei aber insofern korrekt, als das Referendum zum ursprünglichen Gesetz gefasst worden sei – auch wenn die Ablehnung des Gesetzes auch die Revisionen ausser Kraft setzen würde, war der mediale Konsens in dieser Frage. Ansonsten stand das Referendum zum Covid-19-Gesetz deutlich im Schatten der gleichzeitig stattfindenden Abstimmungen zum CO2-Gesetz, zur Trinkwasser- und zur Pestizidinitiative sowie zum kaum beworbenen Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus. Die Studie des fög zählte etwa eine vergleichsweise geringe Anzahl Zeitungsartikel zum Covid-19-Gesetz, deren Tonalität leicht positiv war. Auch in den Inseratespalten schnitt das Covid-19-Gesetz unterdurchschnittlich ab, wie die Studie von Année Politique Suisse zeigte. Die Vorumfragen der SRG (67% Ja respektive 64% Ja) und von Tamedia (66%, 67%, 69%) liessen schliesslich kaum Zweifel an einer Annahme des Gesetzes aufkommen.

In der Zwischenzeit hatten die EDU, die «Freunde der Verfassung», das Aktionsbündnis «Urkantone für eine vernünftige Corona-Politik» sowie die Gruppe «Mass-voll» die Nein-Parole ausgegeben. Die SVP hatte unter grossem medialen Interesse bereits im März 2021 entschieden, Stimmfreigabe zu erteilen, da sie «die negativen Folgen einer Ablehnung [als] grösser [erachtete] als die einer Zustimmung». Verschiedene Kantonalsektionen wichen jedoch von dieser Parole ab, so sprachen sich die Sektionen der Kantone Bern, Luzern, Waadt und Wallis für eine Annahme und die Sektionen der Kantone Appenzell-Innerrhoden, Basel-Landschaft, Schwyz und Zürich sowie die Junge SVP für eine Ablehnung aus. Ansonsten traf das Covid-19-Gesetz weitgehend auf Unterstützung, etwa durch sämtliche anderen grösseren Parteien (EVP, FDP, GLP, GPS, Mitte, SP) und zahlreiche grösseren Verbände wie Economiesuisse, SGB und Travailsuisse, aber auch durch den SGV oder GastroSuisse.

Am Abstimmungssonntag sollte sich das Bild aus den Vorumfragen bestätigen: Mit 60.2 Prozent bei einer Stimmbeteiligung von 59.7 Prozent sprachen sich die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger für das Covid-19-Gesetz aus. Zwar war kein Ständemehr nötig, dennoch verdeutlichte die Ablehnung der Vorlage in den Kantonen Uri (45.1%), Schwyz (40.9%), Nidwalden (48.6%), Obwalden (43.3%), Glarus (49.1%), Appenzell Ausserrhoden (47.0%), Appenzell Innerrhoden (39.2%) und Thurgau (49.9%) die Unterschiede zwischen den Regionen: So lag die Zustimmung in der Romandie mit 65.5 Prozent und in der italienischsprachigen Schweiz mit 68.8 Prozent beispielsweise deutlich höher als in der Deutschschweiz (58.3 Prozent).
Die Medien waren sich nicht sicher, wie dieses Resultat zu interpretieren war. Einerseits wurde von einem «Achtungserfolg der Gegner» (AZ) gesprochen – insbesondere da diese nicht von einer grossen Partei unterstützt worden seien (TdG) –, andererseits sei die Abstimmung zuvor als «Plebiszit über die generelle Corona-Politik des Bundesrates» angepriesen worden, weshalb das Resultat nun als Bestätigung ebendieser durch die Stimmbürgerschaft verstanden werden könne (NZZ). Einig war man sich jedoch mehrheitlich, dass dies nicht als Blankocheck für den Bundesrat verstanden werden dürfe – zugleich forderte unter anderem die SVP weitere Lockerungen der Corona-Massnahmen.


Abstimmung vom 13. Juni 2021

Beteiligung: 59.7%
Ja: 1'936'344 Stimmen (60.2%)
Nein: 1'280'128 Stimmen (39.8%)

Parolen:
- Ja: EVP, FDP, GLP, GPS, KVP, Mitte, PdA, SPS; Economiesuisse, Gemeindeverband, KdK, SAV, SGB, SGV, SSV, TravailSuisse, VPOD, GastroSuisse
- Nein: EDU; «Freunde der Verfassung», Aktionsbündnis «Urkantone für eine vernünftige Corona-Politik», «Mass-voll»
- Stimmfreigabe: SD, SVP*
* verschiedene abweichende Kantonalsektionen: Ja: SVP BE, SVP LU, SVP NE, SVP VD, SVP VS; Nein: SVP AI, SVP BL, SVP SZ, SVP ZH, JSVP CH


Die Nachabstimmungsbefragung von gfs.bern zeigte einige Wochen später, dass die Vorlage von Personen unter 40 Jahren, von Sympathisantinnen und Sympathisanten der SVP sowie von Personen mit geringem bis mittlerem Vertrauen in den Bundesrat mehrheitlich abgelehnt worden war. Als Hauptgrund für ihre Ablehnung nannten die Befragten das Missbrauchspotenzial des Gesetzes (15% der Antworten), während die Befürwortenden vor allem auf die Notwendigkeit einer Gesetzesgrundlage (16%) sowie der finanziellen Unterstützung (12%) verwiesen.

Noch am Abstimmungssonntag kündigten die Junge SVP und die «Freunde der Verfassung» überdies bereits ein Referendum zur zweiten Revision des Covid-19-Gesetzes und damit hauptsächlich zum Covid-19-Zertifikat an. Die zweite Revision war Mitte März 2021 vom Parlament verabschiedet worden, weshalb die Referendumsfrist nur noch drei Wochen andauerte. Die beiden Komitees zeigten sich überzeugt, dass man die nötigen 50'000 Unterschriften innert dieser kurzen Frist zusammenbekommen werde.

Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid 19-Epidemie (Covid-19-Gesetz; BRG 20.058)
Dossier: Covid-19-Gesetz und Revisionen

Im Rahmen der Beratungen zum Bericht über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahr 2020 schrieb der Nationalrat das Postulat der SPK-NR, das eine gesamthafte Prüfung der Problematik der Sans-Papiers verlangte, in der Sommersession 2021 nach Erscheinen eines entsprechenden Berichts in Erfüllung des Vorstosses ab.

Pour un examen global de la problématique des sans-papiers (Po. 18.3381)

Am 7. Juni 2021 gab die Bundeskanzlei medial kaum beachtet das Scheitern der Volksinitiative «Ja zu steuerfreien AHV- und IV-Renten» bekannt. Die Sammelfrist der Initiative sei drei Tage zuvor ungenutzt abgelaufen.

Eidgenössische Volksinitiative «Ja zu steuerfreien AHV- und IV-Renten»
Dossier: Volksinitiativen zur Altersvorsorge (seit 2015)

Die Schaffung einer Abzugsmöglichkeit im StHG vom Erwerbseinkommen für diejenigen Fälle, bei denen der erstverdienende Ehegatte ein Renteneinkommen erzielt, verlangte Philipp Mathias Bregy (cvpo, VS) im Mai 2019 in einer Motion. Diese Abzugsmöglichkeit diene dazu, die steuerliche Benachteiligung eines Zweitverdienstes zu verringern und zu verhindern, dass aus steuerlichen Gründen auf einen Zweitverdienst verzichtet wird. Dadurch dass diese Regelung für Rentenbeziehende nicht gelte, würden aber zweitverdiendene Ehepartner von Rentenbeziehenden steuerlich benachteiligt. Der Bundesrat verwies in seiner Stellungnahme darauf, dass nicht nur in diesem Fall, sondern auch in zahlreichen weiteren Konstellationen Ungleichbehandlungen je nach Herkunft der Einkommen aufträten. Die entsprechende Problematik könne aber mit seinem Vorschlag für eine alternative Steuerberechnung für die direkte Bundessteuer entschärft werden, betonte der Bundesrat, und empfahl die Motion daher zur Ablehnung.
In der Sondersession im Mai 2021 sprach sich der Nationalrat, der den bundesrätlichen Entwurf in der Zwischenzeit an die Regierung zurückgewiesen hatte, mit 93 zu 80 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) für die Motion aus. SP, Grüne, Grünliberale und ein Mitglied der SVP sprachen sich gegen den Vorstoss aus.

Gleichstellung von Zweitverdiener/Rentner-Ehepaaren