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Das Parlament überwies eine Motion Ingold (evp, ZH), die den Bundesrat beauftragt, zusammen mit der Inkraftsetzung der Jugendstrafprozessordnung Massnahmen zu treffen, die die Zielerreichung der Verkürzung der Jugendstrafrechtsverfahren und seine Wirksamkeit in einer Evaluation messen.

Jugendstrafrechtsverfahren

Die erst am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Schweizerische Strafprozessordnung (StPO), in welcher erstmals das formale Strafrecht gesamtschweizerisch geregelt wird, war bereits Gegenstand heftiger Kritik. So wollte Staatsrechtsprofessor Martin Killias gegen die Strafprozessordnung vorgehen. Seiner Ansicht nach mache sie Gerechtigkeit zur Geldfrage und gewähre den Opferschutz nur ungenügend.

Schweizerische Strafprozessordnung

Ein vom Nationalrat überwiesenes Postulat Pius Segmüller (cvp, LU) beauftragte den Bundesrat zu prüfen, ob die Strafprozessordnung dahingehend zu ändern ist, dass künftig Raser, die schwere Verkehrsunfälle mit Toten und Verletzten verursachen, konsequent in Untersuchungshaft gesetzt werden könnten. Der Bundesrat beantragte eine Ablehnung des Postulats, da die Untersuchungshaft eine schwere strafprozessuale Zwangsmassnahme darstelle.

Raser

Da die Ermittlungen bei grossen Wirtschaftsdelikten oft sehr umfangreich, komplex und damit zeitraubend sind, beantragte Nationalrat Jositsch (sp, ZH) mit einer Motion eine Verlängerung der Verjährungsfristen für derartige Delikte, damit ein Strafprozess überhaupt durchgeführt werden kann. Mit dem Einverständnis des Bundesrates überwiesen beide Parlamentskammern den Vorstoss.

Verlängerung der Verjährungsfristen bei Wirtschaftsdelikten (Mo. 08.3806)
Dossier: Verlängerung der Verjährungsfristen bei Wirtschaftsdelikten 2013

In der Fortsetzung der Differenzbereinigung bei der Vereinheitlichung der Jugendstrafprozessordnung war zuerst der Nationalrat an der Reihe. Er lehnte die Möglichkeit des Beizugs einer Vertrauensperson durch den Angeklagten weiterhin ab. Auch bei der Pflichtverteidigung beharrte er darauf, dass diese erst dann eingesetzt wird, wenn eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Monat droht und nicht bloss vierzehn Tage. Bei der Frage der Anrechnung einer stationären Beobachtung an eine Freiheitsstrafe übernahm die grosse Kammer den Kompromissvorschlag des Ständerats. Letzterer gab dann in der Frage der Pflichtverteidigung nach, bestätigte aber seinen Entscheid zugunsten des Beizugs einer Vertrauensperson. Die Einigungskonferenz bevorzugte diese Variante. Nachdem der Nationalrat damit einverstanden war, wurde die neue Jugendstrafprozessordnung in der Schlussabstimmung im Ständerat einstimmig und im Nationalrat gegen den geschlossenen Widerstand der SVP verabschiedet.

Vereinheitlichung der kantonalen Jugendstrafprozessordnungen
Dossier: Vereinheitlichung des Strafprozessrechts (2010)

Als Zweitrat befasste sich der Nationalrat mit der Vereinheitlichung der Jugendstrafprozessordnung. Eintreten war unbestritten. Auf Antrag seiner Rechtskommission lehnte der Rat die vom Ständerat gutgeheissene Möglichkeit ab, dass ein jugendlicher Angeklagter in allen Phasen des Verfahrens eine Vertrauensperson beiziehen kann, wenn nicht die Interessen des Verfahrens dagegen sprechen. Umstritten war, wann ein jugendlicher Angeklagter Anrecht auf einen Pflichtverteidiger haben soll. Durchgesetzt hat sich eine härtere Lösung als im Ständerat. Gegen die Linke beschloss die Ratsmehrheit, dass diese unentgeltliche Verteidigung erst dann zwingend ist, wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten droht. Auch beim Beschluss des Ständerats, dass die stationäre Beobachtung eines Verurteilten gleich wie die Untersuchungshaft an die Freiheitsstrafe anzurechnen ist, setzte sich die bürgerliche Mehrheit durch und strich diese Bestimmung. In der Differenzbereinigung hielt der Ständerat mit 17 zu 8 Stimmen an der Möglichkeit des Beizugs einer Vertrauensperson durch den Angeklagten fest. Auch bei der Pflichtverteidigung hielt er an seinem ersten Beschluss fest, der diese bereits dann vorsieht, wenn eine Freiheitsstrafe von mindestens vierzehn Tagen droht. Bei der Frage der Anrechnung einer stationären Beobachtung an eine Freiheitsstrafe machte der Ständerat einen Kompromissvorschlag, indem diese „angemessen“, das heisst unter Umständen nicht vollumfänglich angerechnet werden soll.

Vereinheitlichung der kantonalen Jugendstrafprozessordnungen
Dossier: Vereinheitlichung des Strafprozessrechts (2010)

Im Anschluss an die Verabschiedung der neuen Strafprozessordnung machte sich der Ständerat an die vom Bundesrat in der gleichen Botschaft von 2005 vorgeschlagene Vereinheitlichung der Jugendstrafprozessordnung. Nachdem vor allem die kleinen Kantone befürchtet hatten, den neuen Anforderungen in personeller und finanzieller Hinsicht nicht gewachsen zu sein, hatte der Bundesrat seine Vorschläge seit der Publikation der Botschaft überarbeitet. Insbesondere hatte er auf die ursprüngliche Absicht verzichtet, das in der Romandie, Bern und Thurgau übliche Jugendrichtermodell für alle Kantone verbindlich zu erklären. Zugelassen soll weiterhin auch das Jugendanwaltsmodell bleiben. Gegen den Antrag seiner Rechtskommission stellte sich der Ständerat hinter die vom Bundesrat vorgeschlagene Einrichtung von Mediationsstellen. Er nahm auch sonst am Projekt der Regierung nur kleinere Änderungen vor.

Vereinheitlichung der kantonalen Jugendstrafprozessordnungen
Dossier: Vereinheitlichung des Strafprozessrechts (2010)

Das Parlament verabschiedete in der Herbstsession die Vorlage über die Vereinheitlichung des Strafprozessrechts. Als Zweitrat hatte sich der Nationalrat in der Sommersession mit dieser neuen Strafprozessordnung auseinandergesetzt. Zuerst lehnte er mit klarem Mehr einen von den Grünen und einigen welschen Freisinnigen und Sozialdemokraten unterstützten Rückweisungsantrag ab. Dieser hatte verlangt, dass entweder anstelle des Staatsanwalts- das Untersuchungsrichterprinzip, wie es vor allem in der Romandie bisher praktiziert wurde, eingeführt wird, oder aber, dass in der Untersuchungsphase die Polizeikompetenzen ab- und die Verteidigerrechte ausgebaut werden. Entsprechende Anträge der Linken für eine Einschränkung der Kompetenzen des Staatsanwalts und der Polizei und verbesserte Verteidigerrechte scheiterten dann auch in der Detailberatung. Eine Differenz zum Ständerat schuf der Rat mit der Bestimmung, dass bei polizeilichen Einvernahmen eine vorläufig festgenommene Person das Recht hat, frei mit ihrer Verteidigung zu kommunizieren. Bei der Mediation lehnte die Mehrheit des Nationalrats gegen den Widerstand der Linken das neue Institut der Mediation ab. Gemäss Beschluss der grossen Kammer kann der Staatsanwalt bei Antragsdelikten die Parteien immerhin zu einer Vergleichsverhandlung einladen. Für Offizialdelikte ist jedoch kein Vergleich und schon gar keine Mediation vorgesehen. Nach Ansicht des Nationalrats würde die vom Ständerat beschlossene Lösung, den Kantonen individuell zu erlauben, eine Mediationsstelle einzuführen (Art. 217), auch der Zielsetzung der nationalen Vereinheitlichung der Strafprozessordnung widersprechen. In der Differenzbereinigung hielt der Ständerat zuerst an seiner Lösung fest, konnte sich aber nicht durchsetzen. Der Nationalrat überwies in diesem Zusammenhang auch eine Motion seiner Rechtskommission (Mo. 07.3281), die den Juristen in einer Unternehmung dieselben Rechte und Pflichten (d.h. vor allem Berufsgeheimnis und Zeugnisverweigerungsrecht) zuerkennen will wie den freiberuflichen Anwälten.

Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen
Dossier: Vereinheitlichung des Strafprozessrechts (2010)

In der Wintersession begann der Ständerat die Beratung der Vorlage über die Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, welche sich über drei Tage erstrecken sollte. Grund für die lange Verhandlungsdauer war nicht die Umstrittenheit der Vorlage an sich, sondern die Vielzahl der von der Rechtskommission vorgeschlagenen Änderungen von prozesstechnischen Details. Diese wurden in der Regel auch vom Bundesrat als Verbesserungen eingestuft und deshalb unterstützt. Nichteintretensanträge gab es keine, und auch Anträge von Kommissionsminderheiten waren selten. Eine der materiell bedeutenderen Änderungen betraf das neue Institut der Mediation im Strafrecht (Art. 316 und 317). Der Vorschlag des Bundesrates, eine solche aussergerichtliche Vermittlung zwischen Opfer und Täter einzuführen, wurde bei Antragsdelikten beibehalten. Bei Offizialdelikten, wo sich der Staat und der Täter gegenüberstehen, setzte sich hingegen ein Kompromissvorschlag durch, welcher den Kantonen erlaubt, sie aber nicht dazu verpflichtet, eine solche Mediationsstelle einzuführen.

Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen
Dossier: Vereinheitlichung des Strafprozessrechts (2010)

Ende Dezember veröffentlichte der Bundesrat eine Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts. Mit der Zustimmung zur Justizreform im Jahr 2000 hatten Volk und Stände ihre grundsätzliche Zustimmung zu einer Ersetzung der bisherigen 29 Strafprozessordnungen (26 kantonale und drei des Bundes) gegeben. Die Vorschläge des Bundesrates unterschieden sich in den Hauptpunkten nicht von der Vernehmlassungsvorlage des Jahres 2003. Insbesondere bestätigte die Regierung ihren Entscheid für das Staatsanwaltsmodell, bei dem nicht ein Untersuchungsrichter als quasi neutrale Instanz eine Untersuchung leitet, sondern der Staatsanwalt, der dann auch vor dem Richter die Anklage vertritt. Als Gegengewicht zu diesem Machtgewinn für die Anklage sollen bestimmte Verteidigungsrechte ausgebaut werden (so etwa das Recht auf sofortigen Beizug eines Anwalts). Neu in die Strafprozessordnung aufgenommen werden sollen auch Mechanismen, welche dem Staatsanwalt oder dem Opfer die Möglichkeit einer aussergerichtlichen Einigung eröffnen (so genanntes bargaining). Aus rechtsstaatlichen Gründen soll hingegen auf einen Strafverzicht oder -erlass für Täter, welche sich als Kronzeugen zur Verfügung stellen, verzichtet werden. Formal werden die Neuerungen in zwei Gesetzen formuliert: einer Strafprozessordnung (für Erwachsene) und einer Jugendstrafprozessordnung. In letzterer sind die Unterschiede zur normalen Strafprozessordnung festgehalten. Dazu gehört etwa der Entscheid für das Jugendrichtermodell, bei dem die Untersuchungsleitung und die Beurteilung in einer einzigen Instanz zusammengefasst sein können.

Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen
Dossier: Vereinheitlichung des Strafprozessrechts (2010)

Bei der Neuregelung der Bestimmungen über die Aufteilung von eingezogenen kriminell erworbenen Vermögenswerten an die an der Ermittlung beteiligten Gemeinwesen fand im Parlament die zweite Runde der Differenzbereinigung statt. Gegen den Widerstand der Linken konnte sich die Version des Ständerates durchsetzen, welche auf jegliche Vorgaben für die Kantone bezüglich der Verwendung der Gelder verzichtet.

Bundesgesetz zur Aufteilung von staatlich beschlagnahmten deliktisch erworbener Gelder

Der Nationalrat überwies diskussionslos eine Motion seiner Rechtskommission, die verlangt, Massnahmen zum Schutz von Opfern und Zeuginnen in das StGB aufzunehmen. Diese scheinen der Kommission unabdingbar, um den Kampf gegen den internationalen Menschenhandel, wo Betroffene (hauptsächlich zur Prostitution gezwungene Frauen) oft brutal eingeschüchtert werden, effizient führen zu können.

Motion zum Schutz von Opfern und Zeuginnen

Der Ständerat setzte sich in der Sommersession mit den Vorschlägen des Bundesrates über die Aufteilung von eingezogenen kriminell erworbenen Vermögenswerten an die an der Ermittlung beteiligten Gemeinwesen auseinander. Es handelt sich dabei in der Regel um gut 20 Mio Fr. pro Jahr. Der Rat hiess die Regierungsvorlage ohne Änderungen gut. Ein Antrag der Ratslinken, der Bund habe seinen Anteil (drei Zehntel) für Entwicklungshilfeprojekte im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Drogenanbaus und der sexuellen Ausbeutung von Kindern zu verwenden, wurde deutlich abgelehnt. Als Gegenargumente wurden angeführt, dass nur ein kleiner Teil der beschlagnahmten Werte aus den beiden angegebenen Deliktkategorien stammen würden, und es zudem grundsätzlich nicht sinnvoll sei, einen von den Budgetierungsregeln ausgenommenen Spezialfonds für bestimmte Entwicklungshilfeprojekte zu bilden. Im Nationalrat unterlag ein Antrag der Linken für einen zweckgebundenen Fonds für die dem Bund zufallenden Gelder ebenfalls. Vorgeschlagen hatte sie, dass zwei Drittel für Suchtprävention und -behandlung im Inland und ein Drittel für die Bekämpfung des Drogenanbaus im Ausland verwendet werde. Durchsetzen konnte sich hingegen ein Kompromissvorschlag, welcher auf die Schaffung eines Fonds verzichtet, aber die Kantone verpflichtet, einen nicht näher quantifizierten Teil der Gelder für die Suchtprävention und -behandlung zu verwenden, und einen ebenfalls nicht spezifizierten Teil des Bundesanteils für Entwicklungsprojekte in ausländischen Drogenanbaugebieten einsetzt. In der ersten Runde der Differenzbereinigung in der Wintersession hielten beide Ratskammern an ihrer Version fest.

Bundesgesetz zur Aufteilung von staatlich beschlagnahmten deliktisch erworbener Gelder

Der Bundesrat nahm von der weitgehend positiven Reaktion auf seine Vorschläge für die Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen Kenntnis und beauftragte das EJPD mit der Ausarbeitung einer Vorlage. Inhaltlich hat er sich auf das Staatsanwaltmodell festgelegt. Als weitere wichtige Neuerungen sind das Recht eines Festgenommenen auf den sofortigen Beizug eines Anwalts sowie die Möglichkeit, dass sich die Staatsanwaltschaft und der Angeschuldigte über Schuldspruch und Strafe vorgerichtlich einigen können (sog. plea bargain) vorgesehen.

Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen
Dossier: Vereinheitlichung des Strafprozessrechts (2010)

Das im Jahre 2000 gutgeheissene neue Anwaltsgesetz wurde vom Parlament in dem Sinne angepasst, dass die darin geregelte Freizügigkeit für Anwälte aus der EU auch auf diejenigen der EFTA-Staaten ausgeweitet wurde.

Anpassung des Anwaltsgesetz
Dossier: Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (2002)

In der Vernehmlassung wurde der Vorentwurf für eine Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen mehrheitlich begrüsst. Von den Parteien lehnte ihn einzig die SVP als zu detailliert und zu zentralistisch ab. Sowohl bei den Strafuntersuchungsbehörden als auch bei den Parteien waren die Meinungen zum so genannten Staatsanwaltmodell geteilt, bei dem nicht wie bisher in den meisten Kantonen auch noch ein Untersuchungsrichter tätig ist.

Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen
Dossier: Vereinheitlichung des Strafprozessrechts (2010)

Im Herbst legte der Bundesrat den Entwurf für ein Gesetz über die Verteilung von eingezogenen deliktisch erworbenen Vermögenswerten an die an der Ermittlung Beteiligten vor. Er beantragte, wie bereits im Vernehmlassungsentwurf vorgesehen, dass fünf Zehntel an jenes Gemeinwesen (Kanton oder Bund) gehen sollen, welches das Strafverfahren geleitet und die Einziehung ausgesprochen hat. Die Kantone, in denen sich die deliktischen Vermögenswerte befinden, erhalten einen Anteil von zwei Zehnteln, weil sie am Strafverfahren mitgewirkt haben. Drei Zehntel der eingezogenen Vermögenswerte sollen an den Bund gehen, da sich für ihn aufgrund der neuen Strafverfolgungskompetenzen in Fällen von organisierter Kriminalität beträchtliche Mehrausgaben ergeben. In der Vernehmlassung hatten sich fast alle Kantone gegen diese Aufteilungsregel ausgesprochen, da sie damit zugunsten des Bundes benachteiligt würden.

Bundesgesetz zur Aufteilung von staatlich beschlagnahmten deliktisch erworbener Gelder

In Bezug auf die Beteiligung der Kantone an den Kosten des Bundes für seine verstärkte Aktivität im Bereich der Bekämpfung der organisierten Kriminalität zeigte sich der Ständerat skeptisch. Er überwies eine entsprechende Motion der grossen Kammer aus dem Vorjahr bloss in Postulatsform. Der Bundesrat selbst sah auch wenig Chancen, die Kantone nachträglich für die Entlastung zur Kasse zu bitten und setzte deshalb auf sein Projekt für eine Neuregelung der Verteilung der von den Behörden eingezogenen deliktisch erworbenen Vermögenswerte. Die kleine Kammer überwies zudem eine parlamentarische Initiative Schmid (svp, BE), welche verlangt, dass der Bund bei internationalen Rechtshilfebegehren von nationaler Bedeutung einen Teil der dem zuständigen Kanton erwachsenden Kosten übernimmt.

Massnahmen zur Verbesserung der Effizienz und der Rechtsstaatlichkeit in der Strafverfolgung

Im Sommer gab der Bundesrat den Vorentwurf für eine Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen in die Vernehmlassung. Federführend bei Strafuntersuchungen soll in Zukunft ein Staatsanwalt sein. Dieses Staatsanwaltschaftsmodell ist in Europa stärker verbreitet als das zur Zeit in den meisten Kantonen praktizierte Untersuchungsrichtermodell. Es bietet gemäss dem Bundesrat den Vorzug, dass im Vorverfahren kein Handwechsel mehr vom Untersuchungsrichter zum Staatsanwalt stattfinden muss und so ein grosser zeitlicher und personeller Aufwand entfällt. Als weitere wichtige Neuerung soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass Beschuldigte und Strafverfolgungsbehörden sich bezüglich Schuldspruch und Strafe absprechen, um das Verfahren abzukürzen (sog. plea bargain).

Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen
Dossier: Vereinheitlichung des Strafprozessrechts (2010)

Als Zweitrat hatte sich der Ständerat Ende 1999 mit dem neuen Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte befasst. Am umstrittensten war die von der grossen Kammer aufgenommene Bestimmung, dass ein ins Register eingetragener Anwalt unabhängig sein muss, d.h. nicht einer Person unterstellt sein darf, die nicht selbst eingetragen ist. Grundsätzlich stimmte er dieser Regelung zu, nahm aber auf Antrag Schiesser (fdp, GL) Anwälte, die von nichtgewinnorientierten Organisationen (z.B. Berufsverbände, Umweltschutz- oder Mieterorganisationen) angestellt sind, davon aus. In der Differenzbereinigung beschloss der Nationalrat gegen die Stimmen der Linken, dass diese Ausnahme nur für anerkannte gemeinnützige Organisationen, nicht aber für Interessenverbände gelten soll. Diese restriktivere Regelung benachteiligt gemäss ihren Befürwortern die Interessenorganisationen kaum, da sie ihre Mitglieder weitgehend in Spezialgerichten vertreten (z.B. Arbeitsgericht, Mietgericht). Für diese gibt es in keinem Kanton ein Anwaltsmonopol; d.h. ein Eintrag ins Anwaltsregister ist nicht erforderlich. Mit Stichentscheid des Präsidenten schloss sich der Ständerat dem Nationalratsbeschluss an. In der Sommersession konnte das neue Freizügigkeitsgesetz verabschiedet werden. Im Nationalrat geschah dies gegen die Stimmen der SP, welche sich mit den Vorschriften über die Unabhängigkeit der Anwälte nicht anfreunden konnte.

Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte
Dossier: Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (2002)

Der im Vorjahr vom Bundesrat in die Vernehmlassung gegebene Vorentwurf für ein Sistieren des Laufens der zehnjährigen Verjährungsfrist bei sexuellen Delikten mit Kindern bis zum 18. Altersjahr der Opfer rief ein gemischtes Echo hervor. Die beiden Strafrechtler Martin Killias und Guido Jenny, aber auch die SP befürchteten, dass es bei einer derart verlängerten Verjährungsfrist zu Fehlurteilen kommen könnte und die Gefahr von verleumderischen Anzeigen bestehen würde. Neben der SP zeigte sich auch die SVP skeptisch.

Vernehmlassung zur StGB-Revison (kinderpornografie/sexueller Missbrauch von Kindern)
Dossier: Revision des StGB betreffend Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch von Kindern

Der Nationalrat stimmte dem neuen Gesetz zu. Dabei nahm er allerdings eine Änderung vor, die im Rat heftig debattiert wurde. Auf Antrag von Baumberger (cvp, ZH) beschloss er unter dem Titel „Unabhängigkeit der Anwälte gegenüber Dritten“ Restriktionen bei der Zulassung zur Registrierung. Die Registrierung und damit die Zulassung als Rechtsvertreter vor Gericht sollen nur unabhängige Anwälte oder solche, deren Vorgesetzter selbst als Anwalt registriert ist, erhalten. Nicht registrieren lassen dürfen sich hingegen die nicht von einer Anwaltsfirma (z.B. eine Versicherung) angestellten Anwälte, da bei ihnen die Unabhängigkeit gegenüber Dritten nicht gegeben sei. Ein Antrag Nabholz (fdp, ZH), wenigstens diejenigen Anwälte davon auszunehmen, die bei einer nichtgewinnorientierten Organisation (z.B. Umweltschutzverband) angestellt sind, scheiterte.

Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte
Dossier: Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (2002)

Der Bundesrat gab den Kantonen Basel-Land, Basel-Stadt, Bern, Genf, Tessin und Waadt die Erlaubnis, vom Herbst an Versuche mit dem elektronisch überwachten Strafvollzug zu beginnen. Dabei werden Personen, die zu einer kürzeren Freiheitsstrafe verurteilt worden sind, mit einem am Fuss- oder Handgelenk befestigten Sender überwacht und können ihre Strafe zu Hause oder an einem anderen zugewiesenen Ort (z.B. gemeinnütziger Arbeitsplatz) absitzen.

Kantonale Versuche zum elektronisch überwachten Strafvollzug

Die mit der neuen Bundesverfassung möglich gewordene Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen durch den Bund kam einen weiteren Schritt voran. Im April beauftragte Bundesrat Koller den Zürcher Strafrechtsprofessor Niklaus Schmid mit der Ausarbeitung eines Gesetzesvorentwurfs. Dabei soll er sich, in Abweichung vom Expertenentwurf des Vorjahres, auf das sogenannte Staatsanwaltsmodell konzentrieren, bei dem nicht ein Untersuchungsrichter sondern ein Staatsanwalt die zentrale Figur der Voruntersuchung ist. Gestützt auf die Ergebnisse von Hearings mit Fachorganisationen über den Expertenentwurf hatte sich das EJPD für diese als effizienter beurteilte Lösung entschieden.

Justizreform (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)