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  • Jositsch, Daniel (sp/ps, ZH) NR/CN

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Die mittels vier parlamentarischen Initiativen Poggia (mcg, GE; Pa.Iv. 12.463, 12.492) und Jositsch (sp, ZH; Pa.Iv. 12.495, 12.497) geforderten Anpassungen der Strafprozessordnung wurden von der RK-NR im Rahmen der laufenden StPO-Revision diskutiert. Dabei nahm sie die Forderungen nach der Möglichkeit zur Untersuchungshaft bei qualifizierter Wiederholungsgefahr (Pa.Iv. 12.495) sowie nach der Ausweitung der Beschwerdeberechtigung bei Haftentscheiden auf die Staatsanwaltschaft (Pa.Iv. 12.497) in die StPO-Revision auf. Bei den anderen beiden Anliegen betreffend die Privatklägerschaft im Strafprozess (Pa.Iv. 12.463) und die Zulassung zum Bundesgericht (Pa.Iv. 12.492) sah sie keinen Handlungsbedarf. Nach ihrer intensiven Auseinandersetzung mit der Thematik beantragte die RK-NR ihrem Rat, die vier parlamentarischen Initiativen abzuschreiben, was dieser in der Frühjahrssession 2021 stillschweigend tat.

Parlamentarische Initiativen zur Anpassung der Strafprozessordnung (Pa.Iv. 12.463, 12.492, 12.495 und 12.497)
Dossier: Revision der Strafprozessordnung (Umsetzung der Mo. 14.3383)

In der Frühjahrssession 2021 begrüsste Kommissionssprecher Beat Flach (glp, AG) seine Ratskolleginnen und -kollegen zur «kleinen Monsterdebatte» über die Revision der Strafprozessordnung. Der Nationalrat nahm sich der punktuellen Anpassung der StPO zur Verbesserung ihrer Praxistauglichkeit (in Umsetzung der Mo. 14.3383) als Erstrat an. Er trat ohne Gegenantrag auf die Vorlage ein. Zwei Minderheitsanträge Nidegger (svp, GE) und Addor (svp, VS) auf Rückweisung an den Bundesrat mit dem Auftrag, noch verschiedene zusätzliche Punkte in die Revision zu integrieren, fanden ausserhalb der SVP-Fraktion keine Zustimmung und blieben damit chancenlos.
Erster Kernpunkt der Diskussion war die Einschränkung der Teilnahmerechte der beschuldigten Person. Die aktuell geltende Regelung wurde in der Debatte immer wieder als einer der Auslöser für die vorliegende StPO-Revision genannt. Der Bundesrat hatte im Entwurf vorgesehen, dass die beschuldigte Person von einer Einvernahme ausgeschlossen werden kann, solange sie sich zum Gegenstand der Einvernahme noch nicht selber einlässlich geäussert hat. Er wollte damit der Strafverfolgung die Wahrheitsfindung erleichtern, wie Justizministerin Karin Keller-Sutter erklärte. Indem Beschuldigte unter bestimmten Voraussetzungen von der Einvernahme anderer Personen ausgeschlossen werden können, soll verhindert werden, dass sie ihre Aussagen einander anpassen. Befürworterinnen und Befürworter im Nationalrat argumentierten überdies, dass Zeuginnen und Zeugen durch die Anwesenheit der beschuldigten Person – oder letztere durch die Anwesenheit des «Bandenboss[es]» (Barbara Steinemann, svp, ZH) – eingeschüchtert und unter Druck gesetzt werden könnten, was die Qualität der Aussagen beeinträchtige. Vertreterinnen und Vertreter der Gegenseite warnten dagegen vor der Einführung einer «faktische[n] Mitwirkungspflicht» (Ursula Schneider Schüttel, sp, FR): Die neue Regelung bewirke, dass die beschuldigte Person sich zur betreffenden Sache im Detail äussern – d.h. auf ihr Aussageverweigerungsrecht verzichten – müsse, um bei den Beweiserhebungen dabei sein zu dürfen. Für jemand Unschuldiges sei das besonders schwierig, führte Philipp Matthias Bregy (mitte, VS) aus, «[d]enn der kann nämlich nichts anderes sagen, als dass er unschuldig ist». Den Beweiserhebungen nicht beizuwohnen und daher nicht genau zu wissen, was einem vorgeworfen werde, erschwere indessen die eigene Verteidigung, so Ursula Schneider Schüttel weiter. Zwar gab auch Bundesrätin Karin Keller-Sutter den Gegenstimmen recht, dass das Teilnahmerecht der Beschuldigten «als Ausgleich für die strukturell starke Stellung der Staatsanwaltschaft notwendig» sei, hielt die vorgeschlagene Einschränkung jedoch für «massvoll und zurückhaltend». Für ihre Fraktion sei der Artikel allerdings die «Pièce de Résistance» der Vorlage, bekundete SP-Vertreterin Ursula Schneider Schüttel ebenso wie Christian Lüscher (fdp, GE), der für die Mehrheit der FDP-Fraktion sprach. Sinngleich erklärte auch Sibel Arslan (basta, BS), im Falle der Annahme der neuen Einschränkung werde die Grüne Fraktion «die ganze Vorlage infrage stellen müssen». Mit 103 zu 85 Stimmen bei zwei Enthaltungen folgte die grosse Kammer schliesslich ihrer Kommissionsmehrheit, die beim Status quo bleiben wollte. SP und Grüne setzten sich mit Unterstützung von Teilen der FDP- und der Mitte-Fraktionen durch.
Erfolgreicher war der Bundesrat mit seinem Ansinnen, die Voraussetzungen für die Untersuchungs- und Sicherheitshaft bei Wiederholungsgefahr zu lockern, wobei der Nationalrat seiner Kommissionsmehrheit folgend eine vom Bundesrat abweichende Formulierung wählte. Justizministerin Karin Keller-Sutter stellte im Rat jedoch fest, dass nach Ansicht des Bundesrates kein materieller Unterschied zwischen den beiden Formulierungen bestehe. Eine weitere Niederlage musste der Bundesrat bei der vorgesehenen Beschwerdemöglichkeit für die Staatsanwaltschaft gegen Entscheide des Zwangsmassnahmengerichts hinnehmen. Er hatte diese in der StPO festschreiben wollen, um die ohnehin bereits vom Bundesgericht angewandte Praxis gesetzlich zu verankern. «Es ist unbefriedigend, wenn sich weder die Legitimation noch das Verfahren aus dem Gesetz ergeben», begründete die Justizministerin diese Neuerung. Der Nationalrat folgte auch in dieser Frage mit 98 zu 89 Stimmen seiner Kommissionsmehrheit und strich den betreffenden Absatz aus der Vorlage. Die geschlossen für die Version des Bundesrates stimmenden Fraktionen der SVP und der FDP sowie einzelne Stimmen aus der Mitte- und der GLP-Fraktion befürchteten, ohne Beschwerdemöglichkeit für die Staatsanwaltschaft könnte «eine zu Unrecht erfolgte Nichtanordnung von Haft» in gewissen Fällen «eine Fortsetzung der Strafuntersuchung illusorisch» machen, wie es Christa Markwalder (fdp, BE) formulierte. Die Ratsmehrheit folgte indessen der Argumentation von Mitte-Vertreter Philipp Matthias Bregy: Wenn die Staatsanwaltschaft Beschwerde gegen die Nichtanordnung, Nichtverlängerung oder Aufhebung der Untersuchungshaft einlegen könne, könne die Untersuchungshaft «durch systematische Beschwerden der Staatsanwaltschaften unnötig verlängert» werden. Selbst Bundesrätin Karin Keller-Sutter gab zu bedenken, es sei «alles andere als klar», ob sich die Beschwerdeberechtigung für die Staatsanwaltschaft mit den Vorgaben der EMRK vereinbaren lasse. Weil die Überführung der bundesgerichtlichen Praxis in das Gesetz von einer angenommenen parlamentarischen Initiative Jositsch (sp, ZH; Pa.Iv. 12.497) gefordert und in der Vernehmlassung mehrheitlich begrüsst worden sei, habe sich die Regierung «trotz aller Bedenken und Unsicherheiten» entschieden, die nun im Nationalrat durchgefallene Regelung in den Entwurf aufzunehmen, so die Justizministerin.
Weiter sollten DNA-Profile gemäss dem Entwurf des Bundesrates neu auch dann erstellt werden dürfen, wenn «erhebliche und konkrete Anhaltspunkte» für eine Verwicklung der beschuldigten Person in bereits begangene oder künftige Delikte bestimmter Schwere bestünden, und nicht mehr nur zur Aufklärung von Verbrechen, die Gegenstand des aktuellen Verfahrens sind. Die Kommissionsmehrheit wollte hier einerseits einen Schritt weiter gehen und schlug vor, dass bei vergangenen Straftaten eine «gewisse Wahrscheinlichkeit» bereits genügen sollte; für die Aufklärung zukünftiger Straftaten lehnte sie andererseits die Erstellung eines DNA-Profils gänzlich ab. Die Volkskammer folgte diesen beiden Anträgen, wobei die Verschärfung bezüglich der vergangenen Straftaten gegen den Widerstand des links-grünen Lagers und die Streichung bezüglich der zukünftigen Straftaten gegen die SVP- und Teile der Mitte-Fraktion durchgesetzt wurde.
Überdies nahm der Nationalrat mit grosser Mehrheit auch einen Einzelantrag Regazzi (mitte, TI) an, der darauf zielte, die Möglichkeiten zur verdeckten Ermittlung im Bereich der Kinderpornografie zu erweitern. Bundesrätin Karin Keller-Sutter hatte vergeblich darauf hingewiesen, dass der Antrag in die sorgfältig austarierte Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Kantonen eingreife und deshalb abzulehnen sei. Ebenfalls gegen den Willen des Bundesrates fügte die grosse Kammer einen neuen Artikel über die restaurative Gerechtigkeit («justice restaurative», Wiedergutmachungsjustiz) in die StPO ein. Die Kommission habe sich mit 15 zu 6 Stimmen bei 3 Enthaltungen zu diesem «mutigen Schritt» entschieden, berichtete Kommissionssprecher Beat Flach. Wenn beide Seiten damit einverstanden sind, soll neu eine Art Mediation zwischen Opfern und Tätern durchgeführt werden können. Es gehe nicht darum, wie von ablehnenden Stimmen aus SVP und Mitte kritisiert, die Verfahren zu verlängern oder «dem Straftäter gegenüber irgendwie Milde walten zu lassen», sondern dem Opfer eine Möglichkeit zu geben, sich mit dem Geschehenen zu beschäftigen und es aufzuarbeiten. Erfahrungen aus der Westschweiz und aus Belgien zeigten, dass solche Prozesse das «rein[e] Aburteilen und Strafen» gut ergänzen und vor allem für die Opfer «eine Hilfe auf dem weiteren Lebensweg» sein könnten. Bundesrätin Karin Keller-Sutter betonte, dass der Bundesrat die «justice restaurative» nicht generell ablehne, mahnte den Nationalrat aber zur Vorsicht, nicht übereilt zu handeln. Sie kritisierte die unpräzise Formulierung, die sowohl den Anwendungsbereich als auch die Folgen einer allenfalls erfolgreichen Wiedergutmachung zu stark offen lasse; das sei «unter dem Aspekt der rechtsgleichen Behandlung heikel». Auch müsste die Frage zuerst mit den Kantonen diskutiert werden, die die StPO schliesslich anwendeten. Den Einwand, das Konzept sei zu wenig ausgereift, liess Kommissionssprecher Flach nicht gelten: Der Ständerat könne als Zweitrat noch «nachjustieren». Mit 122 zu 71 Stimmen sah das auch der Nationalrat so und hiess den Vorschlag seiner Kommissionsmehrheit gut, wobei sich die SVP-Fraktion geschlossen und die Mitte-Fraktion mehrheitlich gegen die Einführung der Wiedergutmachungsjustiz aussprach.
Eine weitere Neuerung, die der Bundesrat nicht durchsetzen konnte, war das Ansinnen, die Staatsanwaltschaft zu verpflichten, die beschuldigte Person im Strafbefehlsverfahren zwingend einzuvernehmen, wenn ihr eine unbedingte Freiheitsstrafe droht. Eine Einvernahme erhöhte die Akzeptanz eines Strafbefehls, begründete die Justizministerin diesen Schritt. Während eine links-grüne Minderheit die Einvernahme auch bei hohen Geldstrafen verpflichtend machen wollte, erachtete die bürgerliche Ratsmehrheit die heutige Regelung als ausreichend und strich den Artikel gänzlich aus dem Entwurf.
Damit hatte der Nationalrat der Revisionsvorlage einige Zähne gezogen, die insbesondere den Strafverfolgungsbehörden zugute gekommen wären. Von der Ratslinken hatte sich der Bundesrat zunächst vorwerfen lassen müssen, einer «durchaus beeindruckende[n] PR-Offensive» (Min Li Marti, sp, ZH) der Staatsanwaltschaft erlegen zu sein. Gegen die Vorlage, wie sie nun vom Nationalrat angepasst worden war, regte sich in der Gesamtabstimmung von linker Seite aber kein Widerstand mehr. «Den Ton gaben Anwältinnen und Anwälte an», resümierte denn auch die NZZ die Debatte. Mit dem Ergebnis explizit unzufrieden zeigte sich die SVP-Fraktion. Die versprochene Verbesserung der Praxistauglichkeit der StPO für die Strafverfolgungsbehörden sei «heute in diesem Saal nicht passiert», so SVP-Vertreter Pirmin Schwander (svp, SZ), weil die Ratsmehrheit die zentralen Neuerungen verworfen habe. Die grosse Kammer verabschiedete den Entwurf schliesslich mit 139 zu 54 Stimmen an den Zweitrat. Stillschweigend schrieb er die Motionen 09.3443, 11.3223, 11.3911, 12.4077 und 14.3383 sowie die Postulate 15.3447 und 15.3502 ab. Die vom Bundesrat ebenfalls beantragte Abschreibung des Postulats 18.4063 zur Wiedergutmachungsjustiz lehnte er jedoch ab.

Änderung der Strafprozessordnung (BRG 19.048)
Dossier: Revision der Strafprozessordnung (Umsetzung der Mo. 14.3383)

Um den Vorschlägen des Bundesrates zur Anpassung der Strafprozessordnung nicht vorzugreifen – diese sollten Anfang 2019 dem Parlament vorgelegt werden –, verlängerte der Nationalrat auf Antrag seiner Rechtskommission die Frist für die vier parlamentarischen Initiativen Poggia (mcg, GE; Pa.Iv. 12.463 und Pa.Iv. 12.492) und Jositsch (sp, ZH; Pa.Iv. 12.495 und Pa.Iv. 12.497) um weitere zwei Jahre bis zur Wintersession 2020.

Parlamentarische Initiativen zur Anpassung der Strafprozessordnung (Pa.Iv. 12.463, 12.492, 12.495 und 12.497)
Dossier: Revision der Strafprozessordnung (Umsetzung der Mo. 14.3383)

Die geltende Rechtslage lässt Angehörige von Opfern, die durch eine Straftat ums Leben gekommen sind, nur dann als Privatkläger auftreten, wenn sie Zivilklage gegen die beschuldigte Person erheben. Kann gegen die beschuldigte Person keine Zivilklage erhoben werden, beispielsweise gegen medizinisches Personal öffentlicher Spitäler, können die Angehörigen der verstorbenen Person keine unmittelbare Verletzung ihrer eigenen geistigen, körperlichen oder sexuellen Integrität geltend machen (Pa.Iv. 12.463). Auch bei einem überlebenden Opfer sei nicht klar, ob dieses im Prozess als Partei auftreten könne, selbst wenn es gegen die beschuldigte Person keine zivilrechtlichen Ansprüche geltend machen kann (Pa.Iv. 12.492). Zur Beseitigung dieser Ungleichheiten und Unklarheiten betreffend die Privatklägerschaft im Strafprozess hatte Mauro Poggia (mcg, GE) im Jahr 2012 zwei parlamentarische Initiativen zu entsprechenden Anpassungen der Strafprozessordnung eingereicht.

Auch Daniel Jositsch (sp, ZH) wollte mit zwei im gleichen Jahr eingereichten parlamentarischen Initiativen die Strafprozessordung ändern. Zum einen soll die Gefahr einer Wiederholungstat auch bei Ersttätern und nicht wie bisher nur bei Wiederholungstätern als Haftgrund vorgesehen werden (Pa.Iv. 12.495), zum anderen soll bei Haft- und Haftentlassungsentscheiden nicht nur der verhafteten Person, sondern auch der Staatsanwaltschaft ein Beschwerderecht zukommen (Pa.Iv. 12.497).

Allen vier Initiativen wurde von den Rechtskommissionen beider Räte Folge gegeben. Der Nationalrat verlängerte im Frühling 2016 auf Antrag seiner Kommission die Frist zur Ausarbeitung eines Erlassentwurfs bis zur Frühjahrssession 2018. Bei Anpassungen der Strafprozessordnung will man vorerst Zurückhaltung üben, bis der Bundesrat dem Parlament bis spätestens Ende 2018 ohnehin einen Revisionsentwurf zur Strafprozessordnung vorgelegt haben wird.

Parlamentarische Initiativen zur Anpassung der Strafprozessordnung (Pa.Iv. 12.463, 12.492, 12.495 und 12.497)
Dossier: Revision der Strafprozessordnung (Umsetzung der Mo. 14.3383)

Das Unmittelbarkeitsprinzip im Strafverfahren wird nicht gestärkt. Der Nationalrat gab in der Wintersession einer entsprechenden parlamentarischen Initiative Jositsch (sp, ZH) mit 103 zu 75 Stimmen keine Folge. Der Initiant hatte verlangt, dass bei schweren Fällen die wichtigsten Beweise nicht im Untersuchungsverfahren, sondern in der Hauptverhandlung abgenommen würden. Die grosse Kammer entschied sich jedoch mit Blick auf die anstehende Revision der Strafprozessordnung, Zurückhaltung zu üben.

Stärkung unmittelbarer Beweisabnahme im Strafprozess (Pa.Iv. 12.494)
Dossier: Revision der Strafprozessordnung (Umsetzung der Mo. 14.3383)

Das abgekürzte Verfahren, bei dem sich die Staatsanwaltschaft und der Beschuldigte auf einen Urteilsvorschlag einigen können, bleibt bestehen. Der Nationalrat sprach sich mit der Ablehnung einer parlamentarischen Initiative Jositsch (sp, ZH) gegen die Abschaffung des 2011 eingeführten Verfahrens aus. Zwar sei es möglich, dass das Verfahren mehr zur Anwendung komme, als der Gesetzgeber beabsichtigt hatte. Dennoch würden die Vorteile die Nachteile überwiegen.

abgekürzte Verfahren (Pa.Iv. 12.496)

Um Straftaten aufzuklären, werden oft Polizeibeamte in das kriminelle Umfeld eingeschleust. Solche als verdeckte Ermittlungen bezeichnete Massnahmen waren bis zum Inkrafttreten der Strafprozessordnung 2011 im Bundesgesetz über verdeckte Ermittlungen (BVE) geregelt. In seiner ständigen Praxis hielt das Bundesgericht fest, dass nur verdeckte Ermittlungen von gewisser Intensität und Dauer unter diese Regelungen fielen, einfache Lügen oder einfache Scheinkäufe jedoch keine gerichtliche Bewilligung bräuchten. 2008 änderte das Bundesgericht seine Meinung und stellte fortan jede verdeckte Ermittlung unter die Regelung des BVE (6B 777/2007 Erw. 3.6.4). Diese Praxisänderung konnte nicht mehr in die neue Strafprozessordnung aufgenommen werden. Damit ergab sich, dass für die präventive verdeckte Ermittlung und für selbstständige, polizeiliche verdeckte Ermittlung seit dem Inkrafttreten der Strafprozessordnung keine gesetzliche Grundlage mehr im Bundesrecht bestand. Scheinkäufe der Polizei im Drogenkleinhandel waren so fortan nicht mehr möglich. Um diese Lücke zu beheben, reichte Nationalrat Jositsch (sp, ZH) 2008 eine parlamentarische Initiative ein, welche die Wiedereinführung der engen Definition von verdeckten Ermittlungen in der Strafprozessordnung fordert. Nach der Zustimmung beider Rechtskommissionen (RK-NR und RK-SR) erarbeitete die Rechtskommission des Nationalrates einen Entwurf zu einem Bundesgesetz über die verdeckte Ermittlung und Fahndung. Dieser Entwurf sieht vor, dass der Begriff der verdeckten Ermittlung nur noch jene Ermittlungshandlungen erfasst, bei denen Angehörige der Polizei nicht als solche erkennbar sind und im Rahmen eines auf längere Dauer angelegten Einsatzes, unter Verwendung einer durch falsche Urkunden abgesicherten Identität, in ein kriminelles Milieu einzudringen versuchen, um besonders schwere Straftaten aufzuklären. Massnahmen von minderer Art sollen neu als verdeckte Fahndungen bezeichnet und separat in der Strafprozessordnung geregelt werden. Nicht geregelt werden jedoch weiterhin die präventiven verdeckten Ermittlungen, da diese unter das Polizeirecht und somit in den Kompetenzbereich der Kantone fallen. Die vom Bundesrat beantragte Änderung, dass nicht nur aktives, sondern auch passives, täuschendes Verhalten unter die neue Regelung fallen sollte, wurde von beiden Kammern angenommen und das Gesetz in der Wintersession von beiden Räten einstimmig verabschiedet.

verdeckte Ermittlungen

Im Anschluss an die Motionen Jositsch (sp, ZH) (08.3806) und Janiak (sp, BL) (08.3930), welche die Verlängerung der Verjährungsfristen bei Wirtschaftsdelikten forderten, gab der Bundesrat eine Änderung des StGB in die Vernehmlassung. Der Vorentwurf sieht nicht eine spezielle Verjährungsfrist für Wirtschaftsdelikte vor, sondern will die Verjährungsfrist je nach Tatschwere erhöhen.

Verjährungsfristen bei Wirtschaftsdelikten verlängert (BRG 12.082)
Dossier: Verlängerung der Verjährungsfristen bei Wirtschaftsdelikten 2013

Da die Ermittlungen bei grossen Wirtschaftsdelikten oft sehr umfangreich, komplex und damit zeitraubend sind, beantragte Nationalrat Jositsch (sp, ZH) mit einer Motion eine Verlängerung der Verjährungsfristen für derartige Delikte, damit ein Strafprozess überhaupt durchgeführt werden kann. Mit dem Einverständnis des Bundesrates überwiesen beide Parlamentskammern den Vorstoss.

Verlängerung der Verjährungsfristen bei Wirtschaftsdelikten (Mo. 08.3806)
Dossier: Verlängerung der Verjährungsfristen bei Wirtschaftsdelikten 2013