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Jahresrückblick 2021: Soziale Gruppen

Eine überaus wichtige Neuerung im Themenbereich der sozialen Gruppen wurde 2021 für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt. Im September nahm die Stimmbevölkerung mit einem deutlichen Ja-Anteil von 64 Prozent die «Ehe für alle» an. Neben der Möglichkeit der Eheschliessung waren damit für gleichgeschlechtliche Paare weitere Ungleichheiten im Familienleben beseitigt worden: In Zukunft ist es auch ihnen möglich, gemeinsam ein Kind zu adoptieren, zudem erhalten verheiratete Frauenpaare Zugang zur Samenspende. Die Relevanz dieser Abstimmung widerspiegelt sich im Ergebnis der APS-Zeitungsanalyse 2021, die einen diesem Ereignis geschuldeten Höchststand an Artikeln zur Familienpolitik im Abstimmungsmonat aufzeigt (vgl. Abbildung 1 im Anhang). Kein anderes Thema im Bereich der sozialen Gruppen erzielte im beobachteten Jahr eine ähnlich hohe mediale Aufmerksamkeit.

Erstmals in der Geschichte der Schweizer Frauen- und Gleichstellungspolitik veröffentlichte der Bundesrat 2021 eine nationale Gleichstellungsstrategie, die jedoch von Frauenorganisationen und linken Parteien kritisiert wurde. Ferner gaben die Kommissionen einer parlamentarischen Initiative Folge, welche die befristete Finanzierung für die familienergänzende Kinderbetreuung durch eine dauerhafte, vom Bund unterstützte Lösung ersetzen will. Der 2022 vorzulegende Entwurf soll die Eltern bei der Finanzierung der Betreuungsplätze massgeblich entlasten und somit zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen. Gleichzeitig wurden im Berichtsjahr aber verschiedene Vorstösse mit ähnlichen, bereits konkreter ausformulierten Vorstellungen in Form einer parlamentarischen Initiative, einer Standesinitiative und einer Motion abgelehnt. Ebenfalls zur Verbesserung der Stellung der Frauen im Beruf beitragen soll die 2018 geschaffene Revision des Gleichstellungsgesetzes, mit der Unternehmen mit über 100 Mitarbeitenden zur Durchführung von Lohnanalysen verpflichtet worden waren. Erste, im August 2021 publizierte Analyseergebnisse von ausgewählten Unternehmen zeichneten ein positives Bild, das jedoch unter anderem wegen fehlender Repräsentativität in Zweifel gezogen wurde. Nach wie vor sind Unternehmen nicht verpflichtet, die Ergebnisse ihrer Lohnanalysen an den Bund zu übermitteln. Gegen eine entsprechende Regelung hatte sich der Ständerat im Juni erfolgreich gewehrt.

Nachdem im Vorjahr der zweiwöchige Vaterschaftsurlaub in einer Volksabstimmung angenommen worden war, gingen die politischen Diskussionen rund um die Ausdehnung von Urlaubsmöglichkeiten für Eltern 2021 weiter. Eine Standesinitiative aus dem Kanton Jura und eine parlamentarische Initiative mit diesem Ziel stiessen im Parlament indes auf wenig Gehör. Der Nationalrat verabschiedete jedoch ein Kommissionspostulat, das die volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer Elternzeit aufzeigen soll. In den Räten setzte sich zudem mit Annahme einer Vorlage zum Adoptionsurlaub eine langjährige Forderung in der Minimalvariante durch: Eltern, die ein Kind unter vier Jahren adoptieren, haben künftig Anrecht auf einen zweiwöchigen Urlaub.

Auch das Thema der Gewalt gegen Frauen blieb 2021 auf der politischen Agenda, immer wieder angetrieben durch Zeitungsberichte über häusliche Gewalt und Femizide. Das Parlament überwies drei Motionen, welche die Bereitstellung eines 24-stündigen Beratungsangebots für von Gewalt betroffene Personen forderten, wozu sich die Schweiz 2017 im Rahmen der Ratifikation der Konvention von Istanbul verpflichtet hatte. Ein Zeichen gegen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche setzte der Nationalrat auch durch Befürwortung einer Motion, die das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung im Zivilgesetzbuch verankern möchte. Der Ständerat äusserte sich bis Ende Jahr noch nicht zum Geschäft. Ebenfalls kam es zu breiten medialen Vorwürfen bezüglich Gewalt in Bundesasylzentren, woraufhin das SEM einen Bericht erarbeiten liess.

Nicht zuletzt wurde im Berichtsjahr mit verschiedensten Publikationen und Aktionen auf das 50-jährige Bestehen des Frauenstimm- und -wahlrechts Bezug genommen. Mit Corona-bedingter Verspätung fand im September die offizielle Feier des Bundes statt. Ende Oktober tagte zum zweiten Mal nach 1991 die Frauensession, die insgesamt 23 Forderungen zu unterschiedlichen Themen als Petitionen verabschiedete. Darüber hinaus wurde an diesen Anlässen auch über die Gewährung politischer Rechte an weitere Gruppen diskutiert, so etwa an Personen ohne Schweizer Pass, Minderjährige und Menschen mit einer Beeinträchtigung. Bezüglich Letzteren nahm der Ständerat im Herbst 2021 ein Postulat an, das den Bundesrat aufforderte, Massnahmen aufzuzeigen, damit auch Menschen mit einer geistigen Behinderung uneingeschränkt am politischen und öffentlichen Leben teilhaben können.

Wie die APS-Zeitungsanalyse 2021 zeigt, erhielten Fragen rund um die Familien- und Gleichstellungspolitik im Jahr 2021 im Gegensatz zu Fragen zur Asyl- und Migrationspolitik überaus starke mediale Aufmerksamkeit. Der Zeitvergleich macht überdies deutlich, dass die Berichterstattung im Bereich Asyl und Migration über die letzten Jahre konstant an Bedeutung eingebüsst hat.

Dieses fehlende Interesse der Medien ist ob der umstrittenen Gesetzesänderungen des Parlaments im Bereich Asylpolitik, welche die Grundrechte der Asylsuchenden einschränkten, bemerkenswert. So können Schweizer Behörden künftig mobile Geräte der Asylsuchenden verwenden, um beim Fehlen von Ausweispapieren Rückschlüsse auf die Identität einer Person zu gewinnen. Dieser Beschluss provozierte eine negative Reaktion des UNHCR. Zudem schuf das Parlament ein Reiseverbot für vorläufig aufgenommene Personen und entschied, dass Personen in Ausschaffungshaft zum Wegweisungsvollzug zur Durchführung eines Covid-19-Tests gezwungen werden können. Unterschiedliche Ansichten vertraten die beiden Räte in Bezug auf junge Asylbewerbende. So lehnte es der Ständerat ab, die Administrativhaft für Minderjährige abzuschaffen, nachdem sich der Nationalrat für diese Forderung im Vorjahr noch offen gezeigt hatte. Ebenso setzte sich der Nationalrat im Berichtsjahr durch Unterstützung einer Motion dafür ein, dass Personen mit abgewiesenem Asylentscheid ihre berufliche Ausbildung beenden dürfen, während sich der Ständerat nach der Beratung einer anderen Motion gegen diese Möglichkeit aussprach. Schliesslich wollte der Ständerat den Familiennachzug von Schutzbedürftigen erschweren, wogegen sich der Nationalrat aber erfolgreich sträubte. Im Sammelstadium scheiterte überdies eine Volksinitiative des ehemaligen Nationalrats Luzi Stamm, gemäss welcher Asylbewerbende in der Schweiz nur noch mit Sachleistungen hätten unterstützt werden sollen: Seine Volksinitiative «Hilfe vor Ort im Asylbereich», die in erster Linie Flüchtlingen primär in der Nähe der Krisengebiete und nicht in der Schweiz helfen wollte, scheiterte an den direktdemokratischen Hürden.

Jahresrückblick 2021: Soziale Gruppen
Dossier: Jahresrückblick 2021

Im Dezember 2021 verabschiedete der Bundesrat in Erfüllung eines Postulats der RK-SR einen Bericht über den Reformbedarf im Abstammungsrecht. Mit der Untersuchung des Anliegens hatte die Regierung eine interdisziplinäre, externe Expertengruppe betraut. Diese bejahte den Reformbedarf und erarbeitete ein umfassendes Reformkonzept. In seinem Bericht würdigte der Bundesrat die Empfehlungen der Expertengruppe und kam seinerseits ebenfalls zum Schluss, dass das geltende Abstammungsrecht nicht mehr zeitgemäss sei. Raum für sinnvolle Anpassungen und weiteren Diskussionsbedarf sah er insbesondere in drei Bereichen: bei der Anfechtung der Vaterschaftsvermutung, die heute abhängig vom Zivilstand der Eltern geregelt ist; bei der privaten Samenspende, damit das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung sowie die Rechtsstellung aller bei der Zeugung des Kindes beteiligten Personen klar geregelt werden; sowie allgemein beim Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung und Nachkommenschaft, das heute gesetzlich gar nicht geregelt ist. Daneben erklärte sich der Bundesrat aber auch bereit, weitere von der Expertengruppe formulierte Vorschläge zu prüfen. Gewisse Empfehlungen plane er etwa im Rahmen der laufenden Evaluation des Fortpflanzungsmedizingesetzes durch das BAG untersuchen zu lassen.

Überprüfung des Abstammungsrechts (Po. 18.3714)

Mittels Motion verlangte Ständerat Thomas Minder (parteilos, SH), dass Namensänderungen für Personen mit Landesverweis verunmöglicht werden sollen. Die Möglichkeit zur Namensänderung werde von verurteilten Straftäterinnen und Straftätern genutzt, um sich wieder eine «reine Weste» zu geben. Bei Personen mit Landesverweis sei das Argument, die Namensänderung sei notwendig, um die Resozialisierung in der Gesellschaft zu ermöglichen, allerdings nicht anwendbar. Sie müssten die Schweiz ohnehin verlassen, weshalb in solchen Fällen das öffentliche Sicherheitsinteresse höher zu gewichten sei als das individuelle Interesse der verurteilten Person, begründete der Motionär sein Anliegen. Der Bundesrat zeigte sich in seiner Stellungnahme bereit, das Anliegen «unter dem Vorbehalt der Wahrung der Grundrechte der betroffenen Person» umzusetzen, und beantragte die Motion zur Annahme.
Im Ständerat wurde der Vorstoss in der Wintersession 2021 vor allem vor dem Hintergrund diskutiert, dass die Schaffhauser Behörden dem verurteilten und mit Landesverweis belegten Dschihadisten Osama M. eine Namensänderung bewilligt hatten, wie Motionär Minder schilderte. Sein Schaffhauser Ratskollege Hannes Germann (svp, SH) erklärte weiter, dass es so «einem Mann mit äusserst grossem Gefährdungspotenzial [...] beinahe gelungen [wäre], eine neue Identität zu bekommen», da er «im Strafregister [fast] irgendwo zwischen Stuhl und Bank verschwunden» wäre. Der Staat müsse künftig vermeiden, dass es zu einem solchen «Fast-Super-GAU» kommen könne, appellierte er an die anwesende Bundesrätin Karin Keller-Sutter.
Die Grüne Ständerätin Lisa Mazzone (gp, GE) beantragte die Ablehnung der Motion. Sie warnte davor, aufgrund eines Einzelfalls zu legiferieren, und betonte, dass sie nicht einsehe, weshalb in dieser Frage zwischen Verurteilten mit und ohne Landesverweis unterschieden werden sollte; eine solche Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt und verletze den Verfassungsgrundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz. Wenn es tatsächlich ein Problem sei, dass ein Strafregistereintrag «bei einem Namenswechsel einfach verschwinden kann», dann sei das nicht nur bei Personen mit Landesverweis ein Problem, pflichtete Mathias Zopfi (gp, GL) seiner Fraktionskollegin bei.
Bundesrätin Karin Keller-Sutter bekräftigte den Willen des Bundesrates, die geforderte Anpassung vorzunehmen, unter dem Aspekt der öffentlichen Sicherheit: «Wenn jemand unter einer neu angenommenen Identität eine Gefährdung darstellt, dann ist das eine Gefährdung zu viel.» Mit 28 zu 13 Stimmen bei 2 Enthaltungen nahm die Ständekammer die Motion an.

Keine Namensänderung für Personen mit Landesverweis (Mo. 21.4183)

In der Wintersession 2021 kam der Nationalrat als Zweitrat dem Antrag seiner Rechtskommission nach und gab der Standesinitiative des Kanton Solothurns (Kt.Iv. 20.312) bezüglich der Kostenstruktur im Zivilstandswesen keine Folge. Stattdessen überwies er eine Motion der RK-SR, die eine Überprüfung der Kostenstruktur im Zivilstandswesen sowie eine allfällige Anpassung der Tarife zum besseren Kostendeckungsgrad forderte. SVP-Nationalrat Thomas Aeschi (svp, ZG) hatte im Namen seiner Partei dagegen argumentiert, dass das Problem der zu tief angelegten Gebührentarife nur für Zivilstandsämter bestehe, welche die «Kostenseite nicht im Griff» hätten. Eine Gebührenerhöhung belaste in diesem Fall die Bevölkerung verstärkt aber grundlos mit Steuern, Abgaben und Gebühren. Ausserhalb der SVP-Fraktion konnte er damit jedoch nicht überzeugen.

Tarifgestaltung im Zivilstandswesen (Kt.Iv. 20.312, Mo. 21.3024)

Auf ein medial stärkeres Echo als die offizielle Feier zu 50 Jahre Frauenstimm- und -wahlrecht stiess die ebenfalls zu diesem Anlass im Oktober 2021 durchgeführte Frauensession. Zum zweiten Mal seit der Einführung des Frauenstimmrechts – das erste Mal war 1991 zum 20. Jahrestag der Einführung – debattierten 200 in einer offenen Wahl gewählte Frauen zwischen 17 und 82 Jahren, mit oder ohne Schweizer Staatsbürgerschaft und in den meisten Fällen ohne bisherige politische Erfahrung, während zweier Tage über Vorstösse, die im Vorfeld von den Teilnehmerinnen in acht verschiedenen Kommissionen ausgearbeitet worden waren. Während der Frauensession gesellten sich 46 aktive und ehemalige Bundesparlamentarierinnen und Regierungsrätinnen zu den gewählten Frauen. Auch die drei aktuellen Bundesrätinnen, Viola Amherd, Karin Keller-Sutter und Simonetta Sommaruga, sowie Bundesrat Alain Berset würdigten die Frauen und deren Anliegen mit Ansprachen an der Frauensession.

Als solidarisch und inklusiv beschrieb «Le Temps» das Klima an der vom Frauendachverband Alliance f organisierten Session. Weitere Zeitungen bezeichneten die dort herrschende Stimmung auch als laut und euphorisch. Die ehemalige Nationalrätin Cécile Bühlmann, die zwischen 1991 und 2005 für die Grünen im eidgenössischen Parlament gesessen war und der Frauensession 2021 beiwohnte, drückte ihre Empfindungen zur aktuell stattfindenden Mobilisierung von Frauen, wie sie auch mit der Frauensession geschehe, gegenüber «Le Temps» gar als «la politisation des femmes la plus forte à laquelle j’assiste depuis celle de mai 1968» aus. Die Frauensession, die in den Beschluss von über 20 Petitionen ans Parlament mündete, wurde in den Medien auf der einen Seite als «umfassende Standortbestimmung», «starkes Statement» (Sonntags-Blick) oder «signal fort» (Le Temps) aufgefasst. Auf der anderen Seite sprach die NZZ von «fröhlichem Geldverteilen in Bern» und Markus Somm stellte in der Sonntagszeitung die Bedeutung der Frauensession als «Pseudosession für unsere lieben Frauen» in Frage.

Inwiefern die aus der Frauensession resultierenden Forderungen tatsächlich wegweisend für die künftige Gleichstellungspolitik in der Schweiz sein werden, wird sich zeigen müssen. Einige der vor 30 Jahren an der Frauensession 1991 geäusserten Forderungen hatten die Diskussionen um die Gleichstellungspolitik in den Folgejahren sehr wohl geprägt – zu nennen ist etwa die Einführung von Betreuungsgutschriften, die 1995 mit der 10. AHV-Revision erfüllt worden war. Unter den 1991 geäusserten Forderungen gab es jedoch solche, die auch im Jahr 2021 noch immer aktuell waren und an der zweiten Frauensession erneut gestellt wurden, so diejenige zur Erhöhung der Chancengleichheit im Erwerbsleben durch Herstellung von Lohngleichheit oder adäquate ausserfamiliäre Kinderbetreuungsstrukturen. Bisher ebenfalls noch unerfüllt waren weitere in Petitionen eingebrachte Forderungen, wie diejenigen zur Einführung der Individualbesteuerung oder einer Elternzeit, zur Verbesserung der finanziellen Situation von Bäuerinnen oder zur Einführung politischer Rechte für Personen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft. Eine zentrale Forderung der Frauensession war insbesondere auch die verstärkte Bekämpfung der geschlechtsspezifischen Gewalt. Aber auch neue Forderungen fanden Eingang in die Petitionen. Als Beispiel genannt sei hier die Forderung nach verstärkter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Unterschiede im Gesundheitsbereich, denen mit einem nationalen Forschungsprogramm auf den Grund gegangen werden soll.

Frauensession 2021
Dossier: Behandlung der Petitionen der Frauensession 2021 in parlamentarischen Vorstössen

Auch die WBK-NR als zuständige Kommission des Nationalrats beantragte ihrem Rat, der Standesinitiative des Kantons Jura, die für die Kantone eine explizite Kompetenz verlangte, über die bundesrechtlichen Bestimmungen hinausgehende Regelungen zu Eltern- oder Vaterschaftsurlaub zu beschliessen, keine Folge zu geben. Sie fasste diesen Entschluss mit 15 zu 10 Stimmen. Während sich die Kommissionsminderheit von der Zustimmung die Möglichkeit einer harmonisierten Lösung erhoffte, vertrat die Kommissionsmehrheit die Meinung, dass den Kantonen durch das Bundesrecht bereits ein gewisser Handlungsspielraum eingeräumt werde.

Möglichkeit für Kantone, Ausgebaute Lösungen zum Eltern- oder Vaterschaftsurlaub zu beschliessen

La motion du groupe PBD a été rejetée par le Conseil des Etats, suivant l'avis de la commission qui estime que la motion 21.3374 de Montmollin (plr, GE) visant une amélioration de la couverture sociale des partenaires travaillant sur l'exploitation agricole permettra de s'attaquer à la problématique de l'allocation maternité dans le monde agricole.

Etendre l'allocation de maternité à la partenaire enregistrée d'un exploitant agricole (Mo. 19.3446)
Dossier: Lage der Bäuerinnen verbessern

In der nationalrätlichen Herbstsession 2021 wurde die Forderung nach einem ergänzenden, bezahlten Vaterschaftsurlaub von maximal 14 Wochen, eingebracht in Form einer parlamentarischen Initiative Bertschy (glp, BE), mit 38 zu 110 Stimmen (bei 38 Enthaltungen) klar abgelehnt. Unterstützung erhielt das Anliegen lediglich von der geschlossenen GLP-Fraktion, einer Mehrheit der SP-Fraktion und insgesamt drei Mitgliedern aus den Fraktionen der Grünen und der Mitte. Die Grünen-Fraktion enthielt sich beinahe gänzlich der Stimme – ebenso wie eine Minderheit der SP und zwei Ratsmitglieder der Mitte. Fünf SP-Mitglieder stellten sich gar gegen die Initiative. Die fehlende Unterstützung aus dem linken Lager war in der Ausgestaltung der Vorlage begründet. So befürchtete Flavia Wasserfallen (sp, BE) im Rat, dass bestehende, grosszügigere Urlaubsregelungen für die Mutter bei Annahme der Initiative auf 14 Wochen reduziert werden könnten. Die Bestärkungen der GLP-Nationalrätin Bertschy, dass es ihr keinesfalls um die Kürzung bestehender Lösungen gehe, sondern um eine ergänzende Lösung für den Vater im selben, bekannten Umfang, verfingen im Nationalrat auf linker Seite nicht. Min Li Marti (sp, ZH) bestätigte ferner gegenüber dem Tages-Anzeiger, dass je 14 Wochen einigen Linken zu wenig weit gingen.

14 Wochen Elternurlaub für beide Elternteile (Pa.Iv. 20.472)

Die EO ermächtigt die Kantone explizit in Artikel 16h, ausgebautere Varianten des 14-wöchigen Mutterschaftsurlaubs zu beschliessen. Eine ebensolche Regelung verlangte eine Standesinitiative aus dem Kanton Jura: Sie wollte den Kantonen im Gesetz explizit die Kompetenz gewähren, über weitergehende Bestimmungen zum bestehenden Vaterschaftsurlaub oder über die Einführung eines Elternurlaubs auf ihrem Kantonsgebiet zu befinden, die nicht nur für öffentlich-rechtliche, sondern auch für privatrechtliche Arbeitsverhältnisse Gültigkeit hätten. Im Ständerat, der die Standesinitiative des Kantons Jura beriet, dominierten juristische Fragen. Benedikt Würth (mitte, SG) bestätigte für die Kommissionsmehrheit, dass im vorliegenden Fall nicht klar sei, ob hier ein öffentliches Interesse vorliege, das vom Bund nicht abschliessend geregelt werde. Sollte ein solches vorliegen – argumentiert werden könnte etwa mit dem Kindeswohl oder der Gleichstellung zwischen Mann und Frau –, erübrige sich eine explizite Kompetenzgewährung, da die Kantone so bereits die Möglichkeit hätten, in ihrem Kompetenzbereich öffentlich-rechtliche Normen zu beschliessen. Für den Fall, dass ein öffentliches Interesse verneint würde, könnte nur eine explizite Erwähnung im Gesetz die rechtliche Unsicherheit beseitigen. Genau die Beseitigung dieser Unsicherheit durch Folgegeben verlangte eine Minderheit Baume-Schneider (sp, JU) und betonte, dass es nicht um die finanzielle Unterstützung einer kantonalen Regelung durch den Bund gehe. Sie verwies dabei auf verschiedene laufende Bestrebungen in unterschiedlichen Kantonen – neben ihrem eigenen Kanton in den Kantonen Tessin, Genf und Bern –, die allesamt vor dieser rechtlichen Unsicherheit stünden. Mit 25 zu 13 Stimmen bei einer Enthaltung folgte der Ständerat seiner Kommissionsmehrheit und gab der Initiative keine Folge.

Möglichkeit für Kantone, Ausgebaute Lösungen zum Eltern- oder Vaterschaftsurlaub zu beschliessen

Nach siebenjähriger Beratung fanden die Diskussionen um eine parlamentarische Initiative Romano (mitte, TI) in der Herbstsession 2021 ein Ende. Der Ständerat folgte nämlich dem Entscheid des Nationalrates aus dem Vorjahr und beschloss mit 37 zu 2 Stimmen (2 Enthaltungen) die Einführung eines zweiwöchigen, bezahlten Urlaubs bei der Adoption eines bis vierjährigen Kindes. Finanziert wird der Adoptionsurlaub über den Erwerbsersatz. Kommissionssprecherin Graf (gp, BL) hatte in der vorausgehenden kurzen Debatte unter anderem vorgerechnet, dass im Vorjahr in der Schweiz gerade 27 Kinder unter vier Jahren adoptiert worden seien – 2019 seien es noch deren 41 gewesen –, womit die finanziellen Auswirkungen gering seien. In der Schlussabstimmung passierte der Erlassentwurf den Ständerat mit 41 zu 3 Stimmen (0 Enthaltungen) und den Nationalrat mit 117 zu 76 Stimmen (2 Enthaltungen). Gegen den Entwurf votierten im Nationalrat neben der geschlossenen SVP beinahe alle Mitglieder der FDP.Liberalen-Fraktion.

Introduire des allocations familiales en cas d'adoption (Iv. pa. 13.478)

Eine noch vor der Volksabstimmung zum indirekten Gegenentwurf zur Volksinitiative «für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub» eingereichte Standesinitiative des Kantons Jura wollte den Kantonen die Kompetenz zur Einführung eines Vaterschafts- oder Elternurlaubs einräumen – unabhängig vom Ausgang der Volksabstimmung. Die Vernehmlassungsantworten zum indirekten Gegenentwurf hätten gezeigt, dass zwei Drittel der Kantone die Einführung eines Vaterschaftsurlaubs begrüssten, einzelne Kantone stünden gar für einen längeren Urlaub ein als die im Gegenentwurf enthaltenen zwei Wochen. Die WBK-SR, die sich im Juni 2021 und somit nach Annahme des zweiwöchigen Vaterschaftsurlaubs an der Urne mit der Standesinitiative befasste, kam mit 6 zu 5 Stimmen bei einer Enthaltung zum Schluss, dass mit dem Volks-Ja keine weiteren Revisionen nötig seien und beantragte, der Standesinitiative keine Folge zu geben.

Möglichkeit für Kantone, Ausgebaute Lösungen zum Eltern- oder Vaterschaftsurlaub zu beschliessen

Eine parlamentarische Initiative Bertschy (glp, BE) verlangte eine Änderung der Erwerbsersatzordnung, um im Falle der Erwerbstätigkeit beider Elternteile die bestehende 14-wöchige Mutterschaftsentschädigung um einen maximal 14-wöchigen bezahlten Vaterschaftsurlaub zu ergänzen. Zum einen begründete die Initiantin ihre Forderung damit, dass eine familienexterne Betreuung nach Ablauf der bestehenden 14 Wochen Mutterschaftsurlaub oftmals nicht möglich sei. Zum anderen argumentierte sie, dass damit die traditionelle Rollenteilung aufgeweicht und die Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern im Erwerbsleben verbessert werden könne. Eine verstärkte Einbindung der Frauen in den Arbeitsmarkt hätte mittel- bis längerfristig positive Auswirkungen auf die Wirtschaft; so könnten etwa der Fachkräftemangel entschärft und die Einnahmen bei den Steuern und Sozialversicherungen erhöht werden, zeigte sich die Berner Nationalrätin überzeugt. Die SGK-NR, die sich im Juni 2021 mit der parlamentarischen Initiative auseinandersetzte, beantragte mit 13 zu 5 Stimmen bei 6 Enthaltungen, der Initiative keine Folge zu geben. Ein zentrales Motiv für die ablehnende Haltung stellten die Kosten zur Finanzierung eines solchen Elternzeitmodells dar. Im Zuge der Beratungen zur Initiative lancierte die Kommission jedoch ein Postulat, das den Bundesrat beauftragen möchte, eine volkswirtschaftliche Gesamt-Kosten-Nutzen-Analyse unterschiedlicher Elternzeitmodelle zu erstellen.

14 Wochen Elternurlaub für beide Elternteile (Pa.Iv. 20.472)

Gemäss einer Unicef-Studie aus dem Jahr 2019 ist die Schweiz das familienunfreundlichste Land in Europa – neben den hohen Kosten für die familienexterne Kinderbetreuung unter anderem auch wegen der Kürze bestehender Urlaubsmöglichkeiten bei der Geburt eines Kindes. Auf diesen Umstand wies die SGK-NR hin, als sie ein Postulat lancierte, das die volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer Elternzeit in einem Bericht aufzeigen sollte. Beschlossen hatte die Kommission ihren Vorstoss während der Beratung einer parlamentarischen Initiative Bertschy (glp, BE), die bestehend zum 14-wöchigen Mutterschaftsurlaub einen gleich langen, bezahlten Vaterschaftsurlaub einführen wollte (Pa.Iv. 20.472). Die SGK-NR begründete ihren Vorstoss damit, dass bislang keine volkswirtschaftliche Studie bestehe, die den Status quo in der Schweiz mit anderen in Europa praktizierten Modellen vergleiche und die «neben den breit diskutierten Kosten auch eine Abschätzung des Nutzens» – etwa in Bezug auf die Steuereinnahmen, die Altersvorsorge, die Ergänzungsleistungen oder die Amortisation der Ausbildungskosten – vornehme. Bei den zu überprüfenden Varianten soll der bestehende Mutterschaftsurlaub nicht verhandelbar sein. Zu prüfen seien demnach folgende Modelle: Gleiche Elternzeit für beide Elternteile (etwa 14/14 oder 18/18) sowie eine zum bestehenden Mutterschaftsurlaub ergänzende Elternzeit, entweder mit bestimmten Pflichtanteilen für beide Elternteile oder eine frei aufteilbare Elternzeit. Der Bundesrat empfahl die Annahme des Postulats.
In der Herbstsession 2021 lag dem Nationalrat ein Minderheitsantrag Aeschi (svp, ZG) auf Ablehnung des Vorstosses vor. Der Zuger SVP-Nationalrat ortete aufgrund der jüngst erfolgten Annahme eines zweiwöchigen Vaterschaftsurlaubs an der Urne eine Salamitaktik. Die Minderheit lehnte die Forderung des Postulats ab, weil sie die zu überprüfenden Modelle als zu weitgehend erachtete. Das Postulat passierte den Nationalrat mit 110 zu 67 Stimmen (3 Enthaltungen). Neben der geschlossen gegen das Postulat stimmenden SVP-Fraktion stand auch eine Mehrheit der FDP.Liberalen-Fraktion für ein Nein ein.

Volkswirtschaftliches Gesamtmodell (Kosten-Nutzen) von Elternzeitmodellen (Po. 21.3961)

Der Ständerat folgte in der Sommersession 2021 stillschweigend seiner Rechtskommission und gab der Solothurner Standesinitiative für kostendeckende Gebühren im Zivilstandswesen (Kt.Iv. 20.312) keine Folge. Stattdessen nahm er die Kommissionsmotion für eine Überprüfung der Kostenstruktur im Zivilstandswesen an, die vom Bundesrat darüber hinaus verlangte, die Tarife so neu zu gestalten, dass die Kantone einen besseren Kostendeckungsgrad erreichen können. Der Bundesrat hatte die Annahme der Motion beantragt. Wie Justizministerin Karin Keller-Sutter erklärte, seien die Kantone innerhalb der KKJPD bereits dabei, ein neues Gebührenmodell auszuarbeiten, das der Bund in seiner Diskussion berücksichtigen könne.

Tarifgestaltung im Zivilstandswesen (Kt.Iv. 20.312, Mo. 21.3024)

Ende April 2021 verabschiedete der Bundesrat seine erste nationale Gleichstellungsstrategie. In den 50 Jahren seit Einführung des Frauenstimmrechts sei die Gleichstellung zwar vorangeschritten, vollständig erreicht worden sei sie aber noch nicht. Die sogenannte Gleichstellungsstrategie 2030 setzt sich eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und familiären Leben zum Ziel. Ferner sollen Frauen und Männer «während ihres ganzen Lebens die gleiche soziale Sicherheit [geniessen] und [...] sich in einem respektvollen Umfeld ohne Diskriminierung und Gewalt [verwirklichen können]». In vier Handlungsfeldern setzt die Strategie bei der Förderung der beruflichen Gleichstellung, der verbesserten Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie der Bekämpfung von Diskriminierung, Sexismus und Gewalt an. In Bezug auf die Gleichstellung in der Arbeitswelt pocht die Strategie etwa auf die Einhaltung der Lohngleichheit, die Erhöhung des Frauenanteils in MINT-Studienfächern, die Einführung der Individualbesteuerung und auf eine verbesserte Rentensituation dank Reformen der ersten und zweiten Säule. Zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf plant der Bundesrat unter anderem eine Botschaft für ein bedarfsgerechteres Angebot an ausserfamiliärer Betreuung und definiert nicht zuletzt das folgende Ziel: «Elternurlaube, familienfreundliche Arbeitszeiten und die soziale Sicherheit für Eltern und betreuende Angehörige sind ausgebaut.» Im Bereich der geschlechtsspezifischen Gewalt zielt die Strategie auf die Verringerung der häuslichen Gewalt und die Verbesserung der persönlichen Sicherheit der Frauen, wobei insbesondere Opferschutzmassnahmen und Massnahmen «zur stärkeren Verantwortungsnahme von Tatpersonen» ausgebaut werden sollen. Zur Verhinderung von Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts überprüft der Bundesrat das Bundesrecht auf bestehende rechtliche Ungleichheiten und setzt auf Sensibilisierungskampagnen sowie auf eine verbesserte Datenlage zu geschlechtsspezifischen Auswirkungen.
Die Strategie setzt auf den Dialog des Bundes mit Kantonen und Gemeinden, aber auch mit anderen interessierten Kreisen aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft. Ebenfalls hält der Bund darin explizit fest, dass auch die unteren föderalen Ebenen zur Bekämpfung von Stereotypen und der Diskriminierung von Frauen verpflichtet seien. Nicht zuletzt ist die Gleichstellungsstrategie gemäss Bundesrat auch das Ergebnis der Ratifikation internationaler Konventionen, namentlich der Istanbul-Konvention und des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW).

Erste nationale Gleichstellungsstrategie

Le groupe bourgeois-démocrate veut faire bouger les lignes en termes de revenu de la conjointe de l'exploitant agricole, afin que celle-ci puisse prétendre à une allocation de maternité. Le PBD veut ainsi rendre obligatoire le versement d'un revenu à toute partenaire travaillant sur l'exploitation, celui-ci étant trop souvent uniquement capté par le conjoint.
Pour le Conseil fédéral, Alain Berset s'est exprimé contre ce texte, argumentant que les conjointes avaient d'ores et déjà la possibilité de s'inscrire en tant qu'indépendantes. Il a, de plus, fait remarquer que la Politique agricole 22+ prévoit de lier paiements directs et couverture sociale minimale pour le ou la partenaire travaillant sur le domaine.
La chambre du peuple a toutefois décidé de soutenir la proposition du PBD par 98 voix contre 84 et 9 abstentions. La droite n'a pas réussi à faire échouer ce texte, dont le sort dépend maintenant de la volonté des sénatrices et sénateurs.

Etendre l'allocation de maternité à la partenaire enregistrée d'un exploitant agricole (Mo. 19.3446)
Dossier: Lage der Bäuerinnen verbessern

Mit einer Standesinitiative (Kt.Iv. 20.312) verlangte der Kanton Solothurn eine bundesrechtliche Grundlage, damit die kantonalen Behörden kostendeckende Gebühren im Zivilstandswesen verrechnen dürfen. Die jetzigen vom Bund festgelegten Gebührentarife lägen nämlich – auch angesichts der immer komplexer werdenden Verfahren – weit unter den tatsächlich anfallenden Kosten. Die RK-SR lehnte die Initiative im Februar 2021 einstimmig ab. Sie war der Ansicht, dass das Kostendeckungsprinzip den Behörden lediglich verbiete, Gewinne zu erwirtschaften, ihnen aber keine Garantie gegen Verluste gewähre. Gleichzeitig anerkannte sie jedoch die Notwendigkeit, die Gebührenstruktur regelmässig zu überprüfen. Entsprechend reichte sie eine Kommissionsmotion (Mo. 21.3024) ein, die den Bundesrat mit einer solchen Überprüfung beauftragen wollte.

Tarifgestaltung im Zivilstandswesen (Kt.Iv. 20.312, Mo. 21.3024)

Jahresrückblick 2020: Rechtsordnung

Die innere und äussere Sicherheit der Schweiz waren im Kapitel Rechtsordnung aufgrund der fortwährenden internationalen Terrorismusgefahr auch 2020 dominante Themen. So verabschiedeten die eidgenössischen Räte gleich drei Gesetzesvorlagen zur Umsetzung der Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung. Erstens wurden mit der Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus und das dazugehörige Zusatzprotokoll umgesetzt. Damit sind neu bereits bestimmte Handlungen im Vorfeld eines geplanten terroristischen Aktes strafbar, insbesondere das Anwerben und Ausbilden von Terroristinnen und Terroristen, das Reisen für terroristische Zwecke (sog. Dschihadreisen) und die entsprechende Finanzierung. Das Vorläuferstoffgesetz reguliert zweitens den Zugang von Privatpersonen zu bestimmten Chemikalien, die zur Herstellung von Sprengstoff missbraucht werden können. Das dritte und umstrittenste der drei neuen Antiterrorgesetze war das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT), auf dessen Grundlage die Polizei präventiv gegen terroristische Gefährderinnen und Gefährder vorgehen kann. Die PMT umfassen unterschiedlich starke Freiheitseinschränkungen von einer Meldepflicht bis zum Hausarrest und können gegen potenziell gefährliche Personen verhängt werden. Die Gegnerschaft sah damit den Rechtsstaat in Gefahr, weil die betroffenen Personen keine Straftat begangen hätten und die Massnahmen aufgrund blosser Indizien angeordnet würden. Die Jungen Grünen, die Juso und die Junge GLP ergriffen zusammen mit der Piratenpartei und dem Chaos Computer Club das Referendum gegen das Gesetz und begannen im Oktober mit der Unterschriftensammlung. Neben dem Parlament beschäftigte sich auch das Bundesstrafgericht mit der terroristischen Bedrohung, indem es mehrere Prozesse wegen der Unterstützung terroristischer Aktivitäten führte.

Unabhängig von der spezifisch terroristischen Bedrohung trieb das Parlament die Informationssicherheit des Bundes weiter voran, indem es die bereits 2017 begonnenen Beratungen zum Informationssicherheitsgesetz fortführte und in der Wintersession 2020 zum Abschluss brachte. Im Februar erschütterte überdies die sogenannte Crypto-Affäre die Schweizer Politlandschaft, als bekannt wurde, dass die Zuger Firma Crypto AG über Jahrzehnte von der CIA und dem BND manipulierte Chiffriergeräte in alle Welt verkauft hatte. Über Wochen wurde in den Medien gemutmasst, wer wie viel darüber wusste, welche Rolle der NDB, die Armee, die Bundesanwaltschaft, das Fedpol und der Bundesrat gespielt hatten und inwiefern sich die Schweizer Behörden und einzelne Führungsfiguren damit zu Komplizen ausländischer Nachrichtendienste gemacht hatten. Die ausgiebige Berichterstattung liess die Anzahl Zeitungsartikel im Themenbereich innere und äussere Sicherheit im Februar denn auch markant nach oben schnellen, während er über das ganze Jahr 2020 im Vergleich mit den Vorjahren medial eher schwach abgedeckt war (vgl. Abb. 1: Anteil Zeitungsberichte pro Monat und Abb. 2: Anteil Zeitungsberichte pro Jahr). Das Ansinnen der Grünen und der sozialdemokratischen Fraktion, zur Aufarbeitung der Ereignisse rund um die Crypto AG eine PUK einzusetzen, scheiterte vorerst am Widerstand des Büros-NR, das den beiden entsprechenden parlamentarischen Initiativen im November keine Folge gab. Es erachtete die Untersuchung der GPDel, die kurz zuvor ihren Bericht veröffentlicht hatte, als ausreichend.

Im Bereich Strafrecht schlossen die eidgenössischen Räte den ersten Teil der Revision der Strafprozessordnung ab. Die Bestimmungen zur Sicherheitshaft wurden infolge einer Verurteilung der Schweiz durch den EGMR als dringend revidierungsbedürftig eingestuft und der Revision der gesamten Strafprozessordnung deshalb zeitlich vorgezogen. Auch zum zweiten laufenden, umfassenden Revisionsprojekt im Strafrecht, der Revision des Besonderen Teils des Strafgesetzbuchs (BT), nahm das Parlament die Beratungen in Angriff. Hauptbestandteil der BT-Revision bildet die Harmonisierung der Strafrahmen, mit der die im Strafgesetzbuch aus den 1940er-Jahren angedrohten Strafen mit den heutigen Werthaltungen in Einklang gebracht und deren Verhältnis zueinander neu ausgelotet werden sollen. Die von der Öffentlichkeit mit Spannung erwartete Anpassung der sexualstrafrechtlichen Normen wurde vorerst jedoch weiter aufgeschoben, da der Ständerat diese Bestimmungen im Einvernehmen mit dem Bundesrat in einen separaten Entwurf auslagerte, der zuerst noch in die Vernehmlassung gegeben werden soll.

Im Bereich Zivilrecht verabschiedete das Parlament sowohl die erste Etappe der Erbrechts-Revision, mit der durch die Verkleinerung der Pflichtteile die Verfügungsfreiheit von Erblasserinnen und Erblassern erhöht wird, als auch die Änderung des Zivilgesetzbuches zur einfacheren Änderung des Geschlechts im Personenstandsregister für Menschen mit Transidentität oder einer Variante der Geschlechtsentwicklung. Betreffend das internationale Privatrecht wurden die Normen über die internationale Schiedsgerichtsbarkeit modernisiert, um die Schweiz als internationalen Schiedsplatz attraktiv zu halten.

Mit dem Datenschutzgesetz fand ein weiteres, grosses Gesetzgebungsprojekt 2020 seinen Abschluss. Knapp vier Jahre nach dem Beginn der Vernehmlassung und drei Jahre nach Beginn der parlamentarischen Beratung stimmten die eidgenössischen Räte dem Antrag der Einigungskonferenz zu und brachten damit das hart umkämpfte Geschäft in trockene Tücher. Umstritten waren vor allem die Voraussetzungen, unter denen das sogenannte Profiling, d.h. die Verknüpfung von Daten zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen, zulässig ist. Im Sinne eines Kompromisses setzte sich ein risikobasierter Ansatz durch, der strengere Voraussetzungen, wie beispielsweise die ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person, stellt, wenn die Datenverknüpfung die Beurteilung wesentlicher Aspekte der Persönlichkeit der betroffenen Person ermöglicht. Damit hat die Schweiz nun ein modernes Datenschutzrecht, das nach Einschätzung des Bundesrates und des Parlaments dem Datenschutzniveau der EU gleichwertig sein sollte. Der diesbezügliche Äquivalenzbeschluss, der wie ein Damoklesschwert über den Verhandlungen hing und der eigentlich für 2020 angekündigt war, ist indes noch ausstehend.

Die Corona-Krise wurde im Kapitel Rechtsordnung vor allem in zwei Dimensionen sichtbar. Einerseits wurde die Einführung der Corona-Warn-App «SwissCovid» von einer ausführlichen Datenschutz-Diskussion begleitet. Andererseits gab es im ganzen Land zahlreiche Demonstrationen gegen die und trotz der Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Gegen die Corona-Massnahmen wurde ab Anfang Mai demonstriert, weil sich die Bürgerinnen und Bürger in ihren Grundrechten eingeschränkt sahen, nicht zuletzt gerade durch das Versammlungsverbot. Menschen, die nicht an die Gefährlichkeit des Virus glaubten, wehrten sich so gegen die aus ihrer Sicht ungerechtfertigten Freiheitsbeschränkungen. Der Pandemie zum Trotz demonstrierten im Juni – in Folge der antirassistischen Proteste in den USA als Reaktion auf den durch Polizeigewalt verursachten Tod des Afroamerikaners George Floyd – auch in den Schweizer Städten Tausende unter dem Motto «Black Lives Matter». Die Ereignisse lösten eine grosse gesellschaftliche Debatte über strukturellen Rassismus in der Schweizer Gesellschaft aus, die sich um systematische Benachteiligung nichtweisser Menschen, Polizeigewalt und Racial Profiling, und nicht zuletzt auch um die umstrittene Bezeichnung einer Süssigkeit drehte. Diese Debatte machte zusammen mit der Grundrechtsdiskussion um die Corona-Massnahmen die Bürgerrechte über den Sommer zum in der Presse meistdiskutierten Themenfeld des Kapitels Rechtsordnung (vgl. Abb. 1: Anteil Zeitungsberichte pro Monat). Über das ganze Jahr zeichnete zudem der Themenbereich innere Konflikte und Krisen für einen deutlich höheren Anteil an der Zeitungsberichterstattung verantwortlich als in den Vorjahren (vgl. Abb. 2: Anteil Zeitungsberichte pro Jahr).

Jahresrückblick 2020: Rechtsordnung
Dossier: Jahresrückblick 2020

Allein die Frage, ob urteilsfähige Minderjährige die Zustimmung ihrer Eltern brauchen, um ihr Geschlecht im Personenstandsregister per einfacher Erklärung zu ändern, entzweite die beiden Parlamentskammern nach der ersten Beratungsrunde der entsprechenden Anpassung des Zivilgesetzbuches. Während der Ständerat dem Bundesrat gefolgt war und die Frage bejaht hatte, hatte sie der Nationalrat verneint. In der Wintersession 2020 lenkte der Nationalrat nach zwei weiteren Beratungsrunden schliesslich auf den Kompromissvorschlag von Ständerat Andrea Caroni (fdp, AR) ein, der sich in der kleinen Kammer gegenüber den beiden anderen Konzepten behauptet hatte: Ab einem Alter von 16 Jahren können Jugendliche ihren Geschlechtseintrag künftig selbstständig ändern lassen, bei jüngeren Minderjährigen ist die Zustimmung der Eltern erforderlich. Der Bundesrat hatte in seinem Entwurf ursprünglich die Volljährigkeit vorausgesetzt, weil er damit die Kinder und Jugendlichen vor leichtfertigen Entscheidungen und dem Einfluss Dritter schützen wollte. Letztlich plädierte aber auch Bundesrätin Karin Keller-Sutter im Sinne der Kompromissfindung für die Altersgrenze bei 16 Jahren; in diesem Alter sei das Schutzbedürfnis denn auch etwas geringer, erklärte sie im Nationalrat. Während die linke Ratsseite, die eigentlich auf jegliche Zustimmung der Eltern hätte verzichten wollen, dem Kompromiss «schweren Herzens», so SP-Fraktionssprecherin Tamara Funiciello (sp, BE), zustimmte und das Gesetz dennoch als Fortschritt wertete, war die SVP-Fraktion, die nach wie vor die Volljährigkeitsvoraussetzung unterstützte, nicht bereit, von ihrer ursprünglichen Position abzuweichen. So nahm der Nationalrat den Kompromiss mit 124 zu 47 Stimmen bei 7 Enthaltungen an. In der Schlussabstimmung gesellten sich noch einige Stimmen aus der Mitte-Fraktion zum ablehnenden Lager, weil sie generell den Missbrauch des einfacheren Verfahrens befürchteten, sodass die grosse Kammer die Vorlage mit 128 zu 54 Stimmen bei 13 Enthaltungen verabschiedete. Der Ständerat stimmte dem Geschäft mit 33 zu 6 Stimmen bei 3 Enthaltungen zu.

Änderung des Geschlechts im Personenstandsregister (BRG 19.081)

Ende November 2020 fanden Lohngespräche zwischen den Personalverbänden und dem Finanzminister Ueli Maurer statt. Aufgrund der Corona-Krise, die ein Loch in den Bundeshaushalt zu reissen drohte, und weil man von einer negativen Teuerung ausging, wurde beschlossen, für das kommende Jahr keine Lohnmassnahmen für die Bundesangestellten zu treffen. Die Forderung der Personalverbände, statt Lohnerhöhungen den Vaterschaftsurlaub von 10 auf 20 Tage zu verlängern, wolle Ueli Maurer dem Bundesrat unterbreiten, war der entsprechenden Medienmitteilung zu entnehmen. Bei den Gesprächen wurde zudem die Absichtserklärung 2020–2023 zwischen Bund und den Sozialpartnern unterzeichnet, mit der die Sozialpartnerschaft umrissen wird und die wichtigsten Probleme und Lösungen in der Personalpolitik festgelegt werden.

Lohnmassnahmen Bundesverwaltung für das Jahr 2021

Die Nachbefragung zur eidgenössischen Abstimmung über einen Vaterschaftsurlaub ergab, dass der Stimmentscheid stark von parteipolitischen Präferenzen geprägt war. So befürworteten beinahe neun von zehn Sympathisantinnen und Sympathisanten linker Parteien die Vorlage (SP: 85%; Grüne: 88%). In zwei gleich grosse Lager gespalten zeigte sich die Anhängerschaft der FDP (49% Ja), bei der CVP legten etwas mehr als die Hälfte der Sympathisierenden ein Ja ein (57%). Die Anhängerschaft der SVP verwarf den Vaterschaftsurlaub hingegen deutlich mit einem Nein-Anteil von 78 Prozent (22% Ja). Die von der Vorlage potentiell besonders betroffene Gruppe – Männer zwischen 18 und 39 Jahren – befürwortete einen Vaterschaftsurlaub mit einer Dreiviertelmehrheit (77%). Grundsätzlich stiess die Vorlage aber bei Frauen in den meisten Altersgruppen auf grösseres Gehör als bei den Männern. Als Motive stand für die Ja-Stimmenden häufig die Intensivierung der Beziehung zwischen Vater und Kind im Vordergrund (31% Erstnennungen). Jede fünfte befürwortende Person erachtete einen Vaterschaftsurlaub in erster Linie als selbstverständlich oder überfällig und ebenso häufig war das erstgenannte Argument für die Befürwortenden die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Für vier von zehn Nein-Stimmenden stand das Kosten-Argument für ihren Stimmentscheid im Vordergrund (40% Erstnennungen). Jede vierte Person der Gegnerschaft stellte primär den Nutzen des zweiwöchigen Vaterschaftsurlaubs in Frage und 15 Prozent der Nein-Stimmenden gaben als Erstes an, dass sich der Staat nicht in Familienangelegenheiten einmischen soll.

Contre-projet indirect à l'initiative pour un congé de paternité (18.441)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zu Vaterschafts- oder Elternurlaub

La population votante a accepté le congé paternité. A compter du premier janvier 2021, les hommes qui deviennent légalement le père d'un enfant auront droit à 80% de leur salaire sur une période de deux semaines. La participation au scrutin a été très importante, à savoir 59.4 pourcent, tout comme le taux d'acceptation, qui s'est monté à 60.3 pourcent. D'importantes disparités régionales se sont faites sentir, les cinq cantons et 4 demi-cantons ayant rejeté le texte se situant tous en Suisse orientale. Tous les cantons romands ainsi que le Tessin ont plébiscité le projet par au moins 60 pourcent des voix (de 60.5% pour le Valais à 81.6% pour le canton de Vaud).

Le paysage médiatique et urbain a été principalement occupé par le camp partisan du congé paternité. De nombreux drapeaux bleu ciel ornés d'une poussette stylisée dans le pictogramme symbolisant la masculinité ont agrémenté les bords de fenêtre et les balcons. De nombreuses affiches arboraient des photos d'hommes serrant dans leur bras des bébés. L'économie privée s'est immiscée dans la campagne, à l'instar de la multinationale IKEA qui a produit un clip dans lequel les acteurs dessinaient des modes d'emploi du géant du meuble pour expliquer comment déposer un bulletin dans une urne.
Les arguments économiques étaient d'ailleurs au cœur de la campagne. Du côté des initiant-e-s, il s'agissait de rappeler qu'un congé paternité favorisait la réinsertion professionnelle des femmes, était bénéfique pour les PME et financièrement particulièrement abordable. Le camp opposé au projet a laissé entendre un autre son de cloche: le congé paternité devenait alors «coûteux», «ruineux» voire même «voleur de salaire» ou des «vacances payées par les contribuables». Représenter cette période salariée à 80 pourcent comme n'étant justement pas de tout repos a été la parade du camp adverse. Les questions de modernité de vision de la famille ainsi que d'égalité entre les sexes ont également été mises en avant. Ceci se montrais aussi selon l'analyse VOTO, réalisée après la votation: la motivation principale de vote était le lien entre le père et son enfant, qui sera favorisé par la possibilité d'être présent après la naissance. Chez les opposant-e-s, le coût du congé paternité a été le premier motif de refus.
Lors des différentes votations sur le congé maternité, dont la dernière date de 2004, les arguments du coût étaient également dominants dans le débat. D'ailleurs, comme le projet incluait le congé maternité dans le régime de l'APG, il avait été avancé qu'il s'agissait là d'une ponction salariale égalitaire, puisque les hommes pouvaient en bénéficier aussi, lors de leur service militaire. Le principe de solidarité, ainsi que le retard de la Suisse par rapport aux autres pays européens étaient également mentionnés. L'un des arguments phare du congé maternité était son effet positif sur la courbe des naissances. Néanmoins, selon les analyses VOX réalisées sur ces différents objets, il n'a pas été évoqué pour le congé paternité. De même, la question d'un congé suite à la naissance d'un enfant, qu'on ne peut assimiler à des vacances, n'a pas été évoqué parmi les arguments les plus importants de la question du congé maternité. Ces deux différences d'argumentaire laissent penser qu'en Suisse, le devoir de reproduction reste un rôle largement dévolu aux femmes.
Enfin, la durée du congé paternité proposée - deux semaines - représentait un compromis face aux quatre semaines avancées dans la mouture de départ du comité d'initiative.
Selon l'analyse VOTO réalisée après la votation, les jeunes hommes n'ont pas été les votants déterminants. Leur nombre n'aurait d'ailleurs pas suffi à atteindre cette confortable majorité. Ce sont les femmes qui ont voté massivement pour: si parmi les jeunes tranches d'âge les pourcentages sont plus ou moins équivalents entre femmes et hommes, au fur et à mesure que l'on avance dans les catégories d'âge des partisan-e-s du congé paternité, les femmes se font plus nombreuses. Le niveau de formation n'a joué qu'un petit rôle avec une corrélation positive entre le niveau d'études et la propension à voter oui. Le statut d'activité a en revanche été plus déterminant, les indépendant-e-s ont plus facilement refusé l'objet que les salarié-e-s et les personnes en formation; cette dernière catégorie ayant accepté le projet à 93%.
Au lendemain de la votation, plusieurs médias avançaient l'hypothèse que l'acceptation enthousiaste du congé paternité ouvrirait peut-être la porte au congé parental, une intention confirmée par plusieurs élu-e-s de gauche.


Votation du 27 septembre 2020
Participation: 59.36%
Oui: 1'933'310 (60.3%) / Cantons: 15 2/2
Non: 1'270'705 (39.7%) / Cantons: 5 4/2

Consignes de vote:
- Oui: Les Verts, PS, PBD (1*), PDC, Vert'libéraux, Syndicat des Services Publics (SSP), Union syndicale suisse (USS), Pro Juventute, Pro Familia, männer.ch Travail.suisse
- Non: UDC (4*), UDF, PLR (8*), USAM, Gastrosuisse, Swissmem
- Liberté de vote: UPS
*entre parenthèses: nombre de sections cantonales divergentes

Contre-projet indirect à l'initiative pour un congé de paternité (18.441)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zu Vaterschafts- oder Elternurlaub

Der Nationalrat debattierte in der Herbstsession 2020 als Zweitrat die Revision des ZGB zur einfacheren Änderung des Geschlechtseintrags im Personenstandsregister. Eine Minderheit Nidegger (svp, GE) beantragte Nichteintreten, weil ihrer Ansicht nach die innerliche Überzeugung, nicht dem eingetragenen Geschlecht anzugehören, nicht als Grund für eine Änderung des Eintrags im Personenstandsregister genüge, da ein staatliches Register nur auf objektiven Kriterien basieren dürfe. Man könne ja auch nicht sein Geburtsdatum ändern lassen, wenn man sich nicht so alt fühle, wie man sei, argumentierte Nidegger und unkte, in der «Geschichte der Dekadenz des Westens» werde diese Änderung haften bleiben «wie Caligulas Ernennung seines Pferdes zum Konsul». Um die angepriesene Entbürokratisierung tatsächlich umzusetzen, sollte der Rat – «Gott bewahre» – dennoch auf das Gesetz eintreten, beantragte Nidegger, dass die Änderung des Geschlechts gleich wie die Änderung des Namens bei legitimen Gründen von der Kantonsregierung des Wohnsitzkantons bewilligt werden solle. Beide Anträge blieben in der grossen Kammer jedoch genauso erfolglos wie zwei Minderheitsanliegen aus der Grünen Fraktion zur Änderung des Begriffs «Geschlecht» bzw. «sexe» zu «Geschlechtsidentität» bzw. «identité de genre» sowie zur Zulassung auch schriftlich eingereichter und nicht nur persönlich und mündlich vorgebrachter Anträge. Ebenso deutlich lehnte die Volkskammer einen Minderheitsantrag Vogt (svp, ZH) ab, der die binäre Geschlechterordnung explizit festschreiben und so verhindern wollte, dass «die Tür hin zum dritten Geschlecht geöffnet wird». Einigermassen knapp – mit 100 zu 93 Stimmen bei 2 Enthaltungen – setzte sich die Kommissionsmehrheit gegen eine Minderheit Bregy (cvp, VS) in der Frage durch, ob Minderjährige die Zustimmung ihrer Eltern brauchen, um die Änderung des Geschlechts auf dem Zivilstandsamt zu erklären. Die Minderheit Bregy vertrat die Ansicht des Bundesrates, der auch der Ständerat zugestimmt hatte, dass dies nötig sei, um Minderjährige vor leichtfertigen Entscheidungen und dem Einfluss Dritter zu schützen. Dagegen entschied die Mehrheit, diese Entscheidung sei urteilsfähigen Jugendlichen selbstbestimmt zu ermöglichen. Mit 121 zu 61 Stimmen bei 13 Enthaltungen verabschiedete der Nationalrat die Vorlage zur Bereinigung der einen Differenz an den Ständerat.

Änderung des Geschlechts im Personenstandsregister (BRG 19.081)

Suite au projet d'acte de la CSSS-CN, le Conseil national a débattu à nouveau des allocations en cas d'adoption d'un enfant. Une majorité de la commission plébiscitait l'entrée en matière sur une allocation de deux semaines. Une minorité UDC-PLR souhaitait un refus, tandis qu'une autre minorité, rose-verte et PDC demandait un retour du projet en commission, pour proposer une allocation plus longue, qui se monterait à 14 semaines. Les deux propositions de minorité ont été balayées, à 121 voix contre 71 pour le rejet du texte et 109 voix contre 89 et une abstention pour le renvoi en commission. Au final, le projet de la CSSS-CN a été accepté par 123 voix contre 70 et une abstention. Les oppositions provenaient du camp UDC et d'une partie du PLR.

Introduire des allocations familiales en cas d'adoption (Iv. pa. 13.478)

In der Sommersession 2020 wurde die Teilrevision des Zivilgesetzbuches für eine einfachere Änderung des Geschlechts im Personenstandsregister vom Ständerat als Erstrat behandelt. Gemäss dem neuen Artikel 30b ZGB kann «jede Person, die innerlich fest davon überzeugt ist, nicht dem im Personenstandsregister eingetragenen Geschlecht zuzugehören, [...] gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten erklären, dass sie den Eintrag ändern lassen will» und gleichzeitig einen neuen Vornamen wählen. Die vorberatende RK-SR hatte dem Entwurf im Mai 2020 unverändert zugestimmt und beantragte ihrem Rat, dasselbe zu tun. Berichterstatter Beat Rieder (cvp, VS) legte dem Ratsplenum die zentralen Punkte der trotz des schlanken Entwurfs «regen» Kommissionsdebatte dar. Man habe sich bewusst gegen ein schriftliches Verfahren, wie es von manchen Kantonen gefordert wurde, und gegen eine Begründungspflicht entschieden, weil es das Ziel der Vorlage sei, einen «Paradigmenwechsel» zu vollziehen und «das Kapitel sozialer Ausgrenzung» abzuschliessen. Zudem gehe man nicht davon aus, dass ein solches Gesuch angesichts seiner Tragweite «aus einer Laune heraus» gestellt werde, weshalb Missbräuche – etwa zur Vermeidung des Militärdiensts, zur Erschleichung einer Rentenberechtigung oder zur Vermeidung von Strafverfolgung – kaum vorstellbar seien. Eine Minderheit Salzmann (svp, BE) beantragte Nichteintreten, weil es nicht notwendig sei, das Verfahren zu vereinfachen und weil durchaus Missbrauchspotenzial bestehe, da die «innerste Selbstwahrnehmung» praktisch nicht überprüft werden könne. Bundesrätin Karin Keller-Sutter verwies dagegen wieder auf den angestrebten «Paradigmenwechsel» hin zur Selbstbestimmung, was in diesem Zusammenhang bedeute, «dass jede urteilsfähige Person selbst am besten in der Lage ist, die eigene Geschlechtsidentität zu kennen, ohne von der Beurteilung von Gerichten oder Behörden abhängig zu sein». Nachdem die Ständekammer mit 33 zu 6 Stimmen bei 6 Enthaltungen auf die Vorlage eingetreten war, debattierte sie die Frage, ob Minderjährige zur Geschlechtsänderung die Zustimmung der Eltern brauchen, wie vom Bundesrat vorgesehen, oder ob sie dies, sofern sie als urteilsfähig gelten, selber entscheiden können sollten, wie es eine Minderheit Mazzone (gp, GE) verlangte. Mit 27 zu 15 Stimmen bei 2 Enthaltungen folgte die Ratsmehrheit dem Bundesrat und der Kommissionsmehrheit, die argumentierten, Kinder und Jugendliche hätten noch keine gefestigte Persönlichkeit und müssten daher gegen leichtsinnige Erklärungen oder den Einfluss von Dritten geschützt werden. Der Weg über ein Gerichtsverfahren – so wie es aktuell durchlaufen werden muss, um das Geschlecht im Personenstandsregister zu ändern –, stehe Minderjährigen zudem weiterhin offen, sollten sie in dieser Frage im Konflikt mit ihren Eltern stehen, erklärte die Justizministerin. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat den somit unveränderten Entwurf mit 31 zu 7 Stimmen bei 7 Enthaltungen an.

Änderung des Geschlechts im Personenstandsregister (BRG 19.081)