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Beim Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen waren zu Beginn der Wintersession 2018 noch zwei Differenzen ausstehend. Die Möglichkeit, dass die Gerichtskosten der unterliegenden Partei auferlegt werden können, wurde sowohl von der RK-SR als auch vom Ständerat begrüsst. Die vom Nationalrat ergänzte Übergangsbestimmung jedoch, die eine Evaluation des Gesetzes nach vier Jahren vorsieht, strich der Ständerat wieder mit der Begründung, sie sei ineffektiv und überflüssig. Bundesrätin Simonetta Sommaruga betonte hier zuhanden des Protokolls, dass der Bundesrat zu gegebener Zeit eine Evaluation der neuen Regelungen plane, vier Jahre dafür allerdings eine zu kurze Zeitspanne seien.
Die Mehrheit der RK-NR beantragte ihrem Rat daraufhin, dem Ständerat zu folgen und auf die zusätzliche Übergangsbestimmung zu verzichten. Die Wirksamkeitsüberprüfung von Gesetzesänderungen sei eine grundsätzliche Aufgabe der Regierung und des Parlaments; Letzteres könne eine Evaluation jederzeit anstossen, wenn der Bundesrat nicht von sich aus tätig werde. Zudem schreibe die Übergangsbestimmung vor, dass die Ergebnisse der Evaluation vier Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes vorliegen müssten; in einem solch kurzen Zeitraum sei eine seriöse Datengrundlage aber noch gar nicht verfügbar. Justizministerin Sommaruga versicherte auch im Nationalrat, dass es eine Evaluation geben werde. Eine Minderheit wollte an der Evaluation nach vier Jahren festhalten, blieb im Nationalrat letztlich jedoch chancenlos. Mit 122 zu 64 Stimmen hiess die grosse Kammer das Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen ohne die umstrittene Übergangsbestimmung gut. In der Schlussabstimmung sprach sich der Nationalrat schliesslich mit 195 zu 2 Stimmen für das Gesetz aus; der Ständerat nahm es einstimmig an.

Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen (BRG 17.062)
Dossier: Verbesserung des Schutzes für Stalking-Opfer

In der Herbstsession 2018 befasste sich der Nationalrat mit dem Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen, wo die Debatte jedoch deutlich weniger harmonisch verlief als im Erstrat. In der Eintretensdebatte versuchte die SVP-Fraktion, indem verschiedene ihrer Exponenten sechsmal dieselbe Zwischenfrage stellten, das Problem der häuslichen Gewalt zu einem Ausländerproblem zu stilisieren und Bundesrätin Simonetta Sommaruga zu einer bestätigenden Aussage zu drängen. Darauf liess sich die Justizministerin jedoch nicht ein und erntete Beifall für ihre Replik: «[W]enn Sie das Problem unbedingt bezeichnen wollen, dann ist es ein Männerproblem». Als diesbezüglich niemand mehr das Wort ergriff, wurde Eintreten ohne Gegenantrag beschlossen.
Die Detailberatung im Nationalrat konzentrierte sich auf drei Punkte: die Weiterbildungsverpflichtung für die Kantone, die Gerichtskosten und die Möglichkeit zur Sistierung des Verfahrens. Einzig bei den Gerichtskosten schuf die grosse Kammer eine Differenz, indem sie der Mehrheit ihrer Rechtskommission folgte und beschloss, dass die Gerichtskosten der unterliegenden Partei auferlegt werden können, wenn diese zu einem Kontakt- oder Rayonverbot oder zu einer elektronischen Überwachungsmassnahme verurteilt wird. Der Entwurf des Bundesrates, dem der Ständerat hier gefolgt war, hatte keine Möglichkeit für eine Überwälzung der Gerichtskosten vorgesehen. In den anderen beiden Punkten schloss sich der Nationalrat dem Beschluss des Ständerates an. Die Kantone sollen, anders als vom Bundesrat ursprünglich angedacht, nicht im Zivilgesetzbuch ausdrücklich dazu verpflichtet werden, für die Weiterbildung von Personen zu sorgen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit bei Gerichten oder Kriseninterventionsstellen mit Gewaltschutzfällen zu tun haben. Wie schon der Ständerat war auch die Volkskammer der Ansicht, dass ein solcher Eingriff in die kantonale Souveränität unnötig sei, da die Kantone selber ein Interesse daran hätten, über gut geschultes Personal zu verfügen. Was die Möglichkeit zur Sistierung des Verfahrens betrifft, wurden drei Minderheitsanträge Rickli (svp, ZH) abgelehnt, deren zwei darauf zielten, die Möglichkeit zur Sistierung ganz abzuschaffen und einer die Sistierung nur bei ausgeschlossener Wiederholungsgefahr zulassen wollte. Da man einen Rückfall aber nie mit Sicherheit ausschliessen könne, laufe diese Formulierung auf dasselbe hinaus, argumentierten die Mehrheitsbefürworter, die es als wichtig erachteten, dass dem Opfer nicht jegliche Handlungsmöglichkeit genommen werde. Der Nationalrat blieb deshalb bei der Formulierung des Bundesrates, die auch vom Ständerat gutgeheissen worden war, dass die Staatsanwaltschaft oder die Gerichte ein Verfahren sistieren können, wenn das Opfer darum ersucht und die Sistierung geeignet erscheint, die Situation des Opfers zu stabilisieren oder zu verbessern. Zwei Einzelanträge Feri (sp, AG) und Regazzi (cvp, TI), welche zusätzlich die Berücksichtigung des Wohles allfällig betroffener Kinder verlangten, blieben ebenso chancenlos, da dies sowieso zur Beurteilung der Situation des Opfers gehöre. Die vom Ständerat vorgenommene Anpassung, dass die Kosten einer Überwachungsmassnahme der überwachten Partei auferlegt werden können, hiess die grosse Kammer diskussionslos und stillschweigend gut. Am Schluss ergänzte der Nationalrat auf Antrag seiner Kommission noch eine Bestimmung, dass der Bundesrat die Zweckmässigkeit und Wirksamkeit der beschlossenen Änderungen und Massnahmen überprüfen und dem Parlament darüber spätestens vier Jahre nach Inkrafttreten Bericht erstatten und gegebenenfalls Verbesserungen vorschlagen muss. In der Gesamtabstimmung nahmen 122 Nationalrätinnen und Nationalräte die Vorlage an, während sie die 62 Vertreterinnen und Vertreter der SVP-Fraktion geschlossen ablehnten.

Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen (BRG 17.062)
Dossier: Verbesserung des Schutzes für Stalking-Opfer

Zwei Änderungen nur brachte die RK-SR am Entwurf des Bundesrates für das Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen an, die der Ständerat in der Sommersession 2018 beide stillschweigend guthiess. Die erste Abweichung betraf die schon in der Vernehmlassung umstrittene Bestimmung, dass die Kantone für die nötige Weiterbildung der Personen sorgen müssen, die – beispielsweise im Rahmen einer Tätigkeit bei der Kriseninterventionsstelle oder bei Gerichten – mit Gewaltschutzfällen zu tun haben. Eine solche administrative Vorschrift habe im Zivilgesetzbuch nichts verloren und tangiere überdies die Autonomie der Kantone, rechtfertigte Kommissionssprecher Robert Cramer (gp, GE) deren Streichung. Bundesrätin Simonetta Sommaruga hielt diese Streichung für vertretbar, zumal die Kantone angesichts der Folgekosten von häuslicher Gewalt selber ein Interesse an geschulten Fachpersonen haben sollten. Als Zweites hatte sich die Kommission Gedanken über die Kostenfolgen von den im Gesetz vorgesehenen elektronischen Überwachungsmassnahmen für häusliche Gewalt oder Stalking ausübende Personen gemacht. Gerade wenn die verursachende Person vermögend sei, sei nicht einzusehen, weshalb die Allgemeinheit die Kosten für eine solche Massnahme tragen müsse. Die Kommission ergänzte das Gesetz dahingehend, dass diese Kosten – nicht aber die Verfahrenskosten – der überwachten Partei auferlegt werden können, betonte aber, diese Regelung solle nicht dazu führen, dass bei Fällen von häuslicher Gewalt das gemeinsame Familienbudget belastet werde, da so letztlich auch das Opfer dafür bezahle. Auch hiermit zeigte sich Justizministerin Sommaruga einverstanden; auf dieser Grundlage könne der Zweitrat weiterarbeiten. Einstimmig verabschiedete der Ständerat das leicht angepasste Gesetz zuhanden des Nationalrates.

Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen (BRG 17.062)
Dossier: Verbesserung des Schutzes für Stalking-Opfer

In Umsetzung der Mo. 14.4008 der RK-SR sowie weiterer parlamentarischer Vorstösse gab der Bundesrat Anfang März 2018 die Änderung der Zivilprozessordnung (ZPO) in die Vernehmlassung. Nach Ansicht der betroffenen Fachkreise und Stakeholdergruppen habe sich die 2011 in Kraft getretene ZPO in der Praxis insgesamt bewährt, durch punktuelle Anpassungen sollen jedoch die Rechtssicherheit und die Anwenderfreundlichkeit verbessert werden. Dazu sollen sowohl erkannte Schwachpunkte und Mängel beseitigt als auch wichtige Erkenntnisse aus der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gesetzlich verankert werden. Ein zentraler Revisionspunkt betrifft das Prozesskostenrecht: Die Halbierung der Prozesskostenvorschüsse und eine Anpassung der Kostenliquidationsregelung sollen den Zugang zum Gericht erleichtern. Daneben sollen die kollektive Rechtsdurchsetzung, insbesondere durch die Schaffung eines Gruppenvergleichsverfahrens, gestärkt und die Verfahrenskoordination erleichtert werden, indem für eine koordinierte Geltendmachung nicht mehr die gleiche Verfahrensart vorausgesetzt wird. Des Weiteren sind die Stärkung des bewährten Schlichtungsverfahrens, ein neues Mitwirkungsverweigerungsrecht für Unternehmensjuristinnen und -juristen sowie die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Erstellung von schweizweiten Statistiken und Geschäftszahlen der Zivilgerichtsbarkeit vorgesehen. Die Vernehmlassung läuft bis Mitte Juni 2018.

Änderung der Zivilprozessordnung – Praxistauglichkeit und Rechtsdurchsetzung (BRG 20.026)
Dossier: Debatte über die Pressefreiheit in der Schweiz
Dossier: Revision der Zivilprozessordnung (2018–)

Um den Schutz vor häuslicher Gewalt und Stalking zu verbessern, verabschiedete der Bundesrat im Oktober 2017 die Botschaft zum Bundesgesetz über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen zuhanden des Parlaments. Im Zentrum des Gesetzes steht einerseits die Verbesserung der Wirksamkeit der zivilrechtlichen Gewaltschutznorm (Art. 28b ZGB) durch den Abbau zivilprozessualer Hürden. Darunter fallen der Wegfall der Gerichtskosten und des Schlichtungsverfahrens sowie die Verpflichtung des Gerichts, seinen Entscheid anderen betroffenen Behörden wie zum Beispiel den Strafverfolgungsbehörden, der KESB oder der kantonalen Kriseninterventionsstelle mitzuteilen. Um die Durchsetzung der angeordneten Schutzmassnahmen zu verbessern, soll darüber hinaus die gerichtliche Anordnung einer elektronischen Überwachungsmassnahme („Electronic Monitoring“) für Tatpersonen ermöglicht werden. Mittels einer elektronischen Fussfessel oder eines elektronischen Armbands kann die Einhaltung eines ausgesprochenen Kontakt- und Rayonverbotes überprüft und damit nicht zuletzt auch die Beweislage des Opfers verbessert werden. Andererseits sieht das Gesetz auch einige strafrechtliche Anpassungen vor. So sollen die Sistierung und die Einstellung von Strafverfahren wegen einfacher Körperverletzung, wiederholter Tätlichkeiten, Drohung oder Nötigung in Paarbeziehungen (Art. 55a StGB und Art. 46b MStG) nicht mehr allein vom Willen des Opfers abhängen. Eine Sistierung des Verfahrens soll nur dann möglich sein, wenn dadurch die Situation des Opfers stabilisiert oder verbessert wird und auf keinen Fall bei Verdacht auf wiederholte Gewalt. Ausserdem soll die beschuldigte Person verpflichtet werden können, ein Lernprogramm gegen Gewalt zu besuchen. Vor Ablauf der Sistierungsdauer soll die Behörde überdies das Opfer noch einmal anhören können, bevor sie den definitiven Entscheid fällt. Mit dem vorgelegten Gesetzesentwurf trägt der Bundesrat den Erkenntnissen aus dem Bericht in Erfüllung der Motion Heim (09.3059) sowie den Anliegen der Motionen Perrin (09.4017) und Keller-Sutter (12.4025) Rechnung.

Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen (BRG 17.062)
Dossier: Verbesserung des Schutzes für Stalking-Opfer

Zur Vernehmlassung zum Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen, deren Frist Ende Januar 2016 abgelaufen war, wurde im Juli 2017 der Ergebnisbericht veröffentlicht. Die 58 eingegangenen Stellungnahmen verteilten sich auf 25 Kantone (der Kanton Glarus verzichtete ausdrücklich auf eine Stellungnahme), sechs politische Parteien (BDP, CVP, FDP, GP, SP, SVP) und 27 weitere Organisationen. Die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen wurde von allen Vernehmlassungsteilnehmenden als Notwendigkeit anerkannt, wenn auch die Meinungen darüber auseinandergingen, wie diese Verbesserung erzielt werden soll.
Bei den zivilrechtlichen Gewaltschutzmassnahmen war vor allem die Möglichkeit der elektronischen Überwachung («Electronic Monitoring») von Tatpersonen sehr umstritten. Während die grosse Mehrheit der Vernehmlasserinnen und Vernehmlasser die Einführung einer solchen Möglichkeit grundsätzlich begrüsste, zweifelten andere die Wirksamkeit einer solchen Massnahme generell an, da das resultierende Sicherheitsgefühl trügerisch und die Massnahme gegen telefonisches oder Online-Stalking erfolglos sei. Doch auch von den Befürwortern des Electronic Monitoring äusserten Viele Bedenken im Hinblick auf dessen Umsetzung. So stosse die Überwachungstechnologie heutzutage noch an Grenzen, innerhalb derer nur eine passive, retrospektive Überwachung möglich sei und keine aktive Überwachung mit unmittelbarer polizeilicher Intervention, wie sie im Vorentwurf angedacht wäre. Auch die Ortungsgenauigkeit der verfügbaren GPS- und LBS-Systeme lasse – mit geografisch bzw. topografisch bedingten Abweichungen von bis zu 25 km im schlechtesten Fall – zu wünschen übrig und ermögliche kaum ein genügend schnelles Eingreifen, um eine Gewalttat zu verhindern. Geeignet sei eine solche Massnahme ohnehin nur, wenn das Risiko einer Gewaltausübung nicht zu gross sei, weshalb die Eignungsabklärung immer mit einer Risikoabschätzung verbunden werden müsste. Neben der Kritik am hohen finanziellen und personellen Aufwand wurde auch die Verhältnismässigkeit angezweifelt: Angesichts dessen, dass es sich bei den betroffenen Personen nicht um rechtskräftig Verurteilte handle, stehe die vorgesehene 12-monatige Tragepflicht der elektronischen Fussfessel in keinem Verhältnis zur Sanktion, welche im Falle eines strafrechtlichen Schuldspruchs zu erwarten wäre. Ganz allgemein wurde auch kritisiert, dass das Electronic Monitoring als eine eigentlich strafrechtliche Vollzugsmassnahme im Zivilrecht fehl am Platz sei. Solche Skepsis äusserten nebst 20 Kantonen, der Grünen Partei und der SP auch mehrere juristische Vereinigungen, das Centre Patronal, die KKJPD, der SGV, die Universität Lausanne, die KKPKS, der Kinderschutz Schweiz, die Schweizerische Konferenz gegen häusliche Gewalt, die Schweizerische Konferenz der Gleichstellungsbeauftragten, der Städteverband und Travail.Suisse.
Ebenfalls kontrovers aufgenommen wurde die Bestimmung, wonach die Kantone Weiterbildungsmöglichkeiten für Personen, die mit Gewaltschutzfällen zu tun haben – beispielsweise im Rahmen einer Tätigkeit bei der Kriseninterventionsstelle oder bei Gerichten –, bereitstellen müssen. Während sich knapp die Hälfte der Vernehmlassungsteilnehmenden positiv dazu äusserte, kam das Vorhaben bei rund einem Fünftel der Stellungnehmenden nicht gut an. Moniert wurde hauptsächlich der Verstoss gegen das föderalistische Prinzip, da es sich bei der Weiterbildung um eine kantonale Kompetenz handle. Von einer breiten Mehrheit begrüsst wurde hingegen die vorgesehene Mitteilungspflicht von Gewaltschutzentscheiden des Zivilgerichtes an andere Behörden wie die KESB und die kantonale Kriseninterventionsstelle, soweit dies notwendig erscheint, damit letztere ihre Aufgaben erfüllen können. Ebenso mehrheitlich positiv aufgenommen wurden die Anpassungen an der Zivilprozessordnung, darunter der Wegfall der Gerichtskosten und des Schlichtungsverfahrens.
Bei den strafrechtlichen Gewaltschutzmassnahmen wurde vor allem die Änderung begrüsst, dass die Sistierung, Wiederanhandnahme und Einstellung eines Verfahrens nicht mehr allein vom Willen des Opfers abhängig sein und der Behörde eine umfassende Interessenabwägung ermöglicht werden soll. Kritisiert wurde hierbei jedoch der umfangreiche Katalog der bei der Sistierung zu beachtenden Kriterien sowie im Detail die Vorschrift, dass die Behörde ein allfällig von der beschuldigten Person besuchtes Lernprogramm gegen Gewalt beim Sistierungsentscheid berücksichtigen soll. Mehrere Kantone bedauerten, der Anreiz zum Besuch solcher Lernprogramme sei zu lasch und Weitere forderten zusammen mit der SP, den Juristinnen Schweiz, der Schweizerischen Konferenz gegen häusliche Gewalt, der Schweizerischen Konferenz der Gleichstellungsbeauftragten und dem Städteverband gar eine obligatorische Verknüpfung der Verfahrenssistierung mit dem Besuch eines Lernprogramms gegen Gewalt. Sehr umstritten war ausserdem die Frage, ob das Opfer vor der Einstellung des Verfahrens zwingend angehört werden muss.
Von sieben Kantonen, der CVP, der Grünen Partei und der SP sowie von der KKPKS, der Interkantonalen Arbeitsgemeinschaft der Geschädigten- und Opfervertretung, dem Kinderschutz Schweiz, Pro Familia, der Schweizerischen Konferenz gegen häusliche Gewalt, der Schweizerischen Konferenz der Gleichstellungsbeauftragten, dem Städteverband, Terre des Femmes und von mehreren juristischen Vereinigungen wurde die Vernehmlassungsantwort überdies dazu genutzt, für die Einführung einer spezifischen Stalking-Strafnorm zu plädieren, obwohl – oder gerade weil – eine solche nicht Gegenstand des Vorentwurfs war.

Bundesgesetz über den Schutz gewaltbetroffener Personen (BRG 17.062)
Dossier: Verbesserung des Schutzes für Stalking-Opfer

Im Juni 2010 hatte der Bundesrat dem Parlament einen Bericht vorgelegt, mit dem er die Abschreibung einer Kommissionsmotion der RK-NR (Mo. 07.3281) beantragt, welche rechtsberatend oder forensisch tätige Angestellte von Unternehmen in Bezug auf ihre Rechte und Pflichten mit freiberuflichen Anwälten gleichstellen wollte. Die Motion war in den Jahren 2007 und 2008 von beiden Räten angenommen worden, worauf der Bundesrat einen entsprechenden Gesetzesentwurf in die Vernehmlassung geschickt hatte. Das neue Unternehmensjuristengesetz war jedoch bei den Vernehmlassungsteilnehmern auf grossmehrheitliche Ablehnung gestossen, weshalb der Bundesrat auf eine Botschaft zuhanden des Parlaments verzichtete und die Abschreibung der Motion beantragte.

Die Räte sistierten die Behandlung des Berichtes vorerst, um den Entwurf für ein Souveränitätsschutzgesetz abzuwarten. Nachdem der Bundesrat Anfang 2015 bekanntgegeben hatte, dass er keinen Entwurf für ein Souveräntitätsschutzgesetz ausarbeiten werde, nahm der Nationalrat in der Wintersession 2015 vom Bericht Kenntnis und schrieb die Kommissionsmotion ab. Der Ständerat tat es ihm in der Sommersession 2016 gleich.

Gleichzeitig nahm der Ständerat jedoch ein Postulat seiner Rechtskommission (Po. 16.3263) über den Berufsgeheimnisschutz für Unternehmensjuristinnen und -juristen an. Der Bundesrat soll in einem Bericht darlegen, wie dieser Berufsgeheimnisschutz in den USA ausgestaltet ist, welche Problematik sich daraus für internationale Firmen in der Schweiz ergibt und wie diese Probleme beispielsweise im Rahmen der ohnehin anstehenden Revisionen der Strafprozessordung und der Zivilprozessordnung gelöst werden könnten.

Pflichten und Rechte von rechtsberatend oder forensisch tätigen Angestellten

Als Zweitrat hiess der Nationalrat die neue einheitliche Zivilprozessordnung gut. In der Eintretensdebatte unterstützte etwa die Hälfte der SVP-Fraktion einen erfolglosen Rückweisungsantrag der Kommissionsminderheit, mit der Auflage, eine einfachere Lösung vorzuschlagen, die den Kantonen nicht nur, wie vorgesehen, bei der Gerichtsorganisation, sondern auch in Verfahrensfragen möglichst viele Regelungskompetenzen belässt. Die Gegner dieses Antrags argumentierten, dass es nicht Zweck der vereinheitlichten Ordnung sein könne, möglichst viele Ausnahmen und kantonale Sonderwege zuzulassen. In nahezu allen Punkten übernahm der Nationalrat in der Detailberatung die Ständeratsversion. Umstritten war jedoch die Organisation der Schlichtungsverfahren. Die vom Ständerat beschlossene Einführung der Mediation konnte sich gegen den Widerstand der SVP durchsetzen. In der Gesamtabstimmung sprachen sich alle Fraktionen mit Ausnahme der SVP geschlossen für die neue Zivilprozessordnung aus; die SVP lehnte sie mehrheitlich ab. In der Differenzbereinigung schloss sich der Ständerat weitgehend den Entscheiden des Nationalrats an. In der Schlussabstimmung in der Wintersession hiess die kleine Kammer die Vorlage einstimmig gut, der Nationalrat mit einer Gegenstimme (Reimann, svp, SG).

Vereinheitlichung der kantonalen Zivilprozessordnungen

Als Erstrat befasste sich der Ständerat in der Sommersession mit der 2006 vom Bundesrat vorgeschlagenen neuen einheitlichen Zivilprozessordnung. Das Anliegen, die 26 unterschiedlichen kantonalen Verfahrensordnungen zu ersetzen, wurde allgemein begrüsst. In der Detailberatung nahm die kleine Kammer einige Änderungen vor. Es handelte sich dabei aber ausschliesslich um Ergänzungen oder redaktionelle Umformulierungen, welche meist auch der Bundesrat unterstützte. Richtig umstritten war bloss die Einführung der Mediation, die sich nur knapp durchsetzen konnte. Die Mehrheit der Rechtskommission hatte dagegen argumentiert, dass eine Verankerung dieses Instituts im Gesetz nicht nötig sei, da sich die Streitparteien ja wie bis anhin freiwillig darauf einigen könnten, einen Mediator einzusetzen.

Vereinheitlichung der kantonalen Zivilprozessordnungen

Im Juni legte der Bundesrat seinen Entwurf für eine neue, einheitliche Zivilprozessordnung vor. Diese soll die 26 kantonalen Verfahrensordnungen ersetzen. Die Organisation der Gerichte bleibt Sache der Kantone, und sie behalten auch die Kompetenz, Fachgerichte – wie z.B. Handels-, Miet- oder Arbeitsgerichte – einzurichten resp. beizubehalten. Im Zentrum der Reform steht neben der Vereinheitlichung eine verbesserte Transparenz. Für Fälle von geringerem Streitwert sollen vereinfachte Verfahren zum Zuge kommen, und obligatorische Mediationsverfahren sollen vermehrt zu einer aussergerichtlichen Erledigung eines Streites führen.

Vereinheitlichung der kantonalen Zivilprozessordnungen

Ein in die Vernehmlassung gegebener Vorentwurf für die Schaffung eines einheitlichen schweizerischen Zivilprozessrechts stiess nur bei der SVP auf grundsätzliche Kritik. Gewisse Einwände, insbesondere gegen die Einführung des Verbandsklagerechts im Konsumentenschutz, erhob auch Economiesuisse.

Vereinheitlichung der kantonalen Zivilprozessordnungen