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  • Vernehmlassungen

Akteure

  • Stöckli, Hans (sp/ps, BE) SR/CE
  • Müller, Damian (fdp/plr, LU) SR/CE
  • Nuoffer, Yannic (pnos/pns, BE)

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In der Wintersession 2019 beriet der Ständerat den indirekten Gegenvorschlag seiner SPK-SR für mehr Transparenz bei der Politikfinanzierung, der in Folge der erfolgreich zustande gekommenen Transparenz-Initiative als parlamentarische Initiative ausgearbeitet worden und sowohl in der Vernehmlassung wie auch im Bundesrat auf mehrheitliche Zustimmung gestossen war.
Andrea Caroni (fdp, AR) beantragte Nichteintreten. Er sei zwar ein «grosser Freund der Transparenz in der Politik», hier handle es sich aber um eine schlecht ausbalancierte Vorlage, die zudem eher zu «Scheintransparenz» führe. Die Forderungen seien erstens ein Eingriff in die Privatsphäre, weil sie politische Präferenzen und finanzielle Möglichkeiten von Spenderinnen und Spendern offenlegten. Zweitens würden die Regelungen mit viel Bürokratie einhergehen und könnten wohl, drittens, sehr einfach umgangen werden, da zwangsläufig grosse Lücken bestehen blieben. In Ländern, die scharfe Regeln kennen, sei das Vertrauen in die Politik nicht grösser als in der Schweiz, betonte er. Viel Geld und Demokratie stünden in einem heiklen Verhältnis, zitierte in der Folge Paul Rechsteiner (sp, SG) Gottfried Keller. Demokratische Entscheide dürfe man nicht kaufen können. Die Transparenz-Initiative verbiete zwar den Einsatz grosser Geldmittel nicht, sie verlange aber Transparenz. Wer viel investiere, der solle auch dazu stehen. Dass die Sensibilität in der Bevölkerung wachse, zeigten die Volksabstimmungen in den Kantonen Schwyz und Freiburg, wo die Forderung nach Transparenzregeln an der Urne Erfolg hatte. Das Argument, dass Regeln umgangen werden könnten, dürfe nicht gelten, weil man ansonsten überhaupt keine Regeln mehr aufstellen dürfe; man denke dabei etwa an den Strassenverkehr. Christian Levrat (sp, FR) schliesslich erörterte den in seinen Augen erfolgreichen Fall Freiburg und zitierte den aktuellen Sorgenbarometer, der einen Rückgang des politischen Vertrauens zeige. Dem könne vor allem mit vermehrter Transparenz begegnet werden. Beide SP-Vertreter forderten nicht nur Eintreten, sondern auch ein Ja zur Volksinitiative. Justizministerin Karin Keller-Sutter erörterte die Position der Regierung. Der Bundesrat habe in der ursprünglichen Botschaft für die zur Ablehnung empfohlene Initiative keinen Gegenentwurf vorgesehen, weil er Regelungen der Politikfinanzierung kritisch gegenüberstehe, da sie administrativ aufwändig und schwierig umsetzbar seien. Zudem sei der Bundesrat der Meinung, dass sich das Volk nicht kaufen lasse. Es gebe mehrere Beispiele von Abstimmungskampagnen, bei denen grosse Geldmittel eingesetzt worden seien, bei denen sich die Stimmbevölkerung aber auf die finanziell weniger gut bemittelte Seite geschlagen habe. Der jetzt durch die SPK-SR vorgelegte indirekte Gegenvorschlag habe gegenüber der Initiative Vorzüge und es sei sicherlich besser, Finanzierungsregeln auf Gesetzesstufe und nicht auf Verfassungsstufe einzuführen. Aus diesem Grund unterstütze der Bundesrat – nach wie vor mit einer gehörigen Portion Skepsis – den Gegenvorschlag, bei dem er allerdings einige Änderungswünsche anbringe.
Bevor über diese Änderungen debattiert wurde, wurde der Minderheitsantrag Caroni auf Nichteintreten mit 29 zu 14 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Eine Minderheit Stöckli (sp, BE), die von Christian Levrat übernommen worden war, weil Hans Stöckli als Präsident amtete, wollte den Katalog der Offenlegungspflichten für politische Parteien erweitern. Neben den Einnahmen hätten auch Ausgaben und Vermögenslage ausgewiesen werden sollen. Dieser Antrag scheiterte aber genauso wie ein Antrag, die Obergrenze für Zuwendungen nicht bei CHF 25'000, sondern schon bei CHF 10'000 festzulegen. Angenommen wurde ein Antrag des Bundesrats, auf eine Offenlegungspflicht bei Unterschriftensammlungen zu verzichten. Die SPK-SR war hier auf die Linie des Bundesrats umgeschwenkt, weil das öffentliche Interesse an Transparenz in diesem frühen Stadium weniger gross sei, wie Daniel Fässler (cvp, AI) für die Kommission ausführte. Zu diskutieren gab die Frage nach einem Verbot von Zuwendungen aus dem Ausland. Der Bundesrat hatte beantragt, dieses Verbot zu streichen und lediglich den Passus für ein Verbot von anonymen Zuwendungen zu belassen. Die SPK-SR hatte nach längerer Diskussion mit 7 zu 5 Stimmen entschieden, dem Antrag des Bundesrats zu folgen. Eine Minderheit Bischof (svp, SZ) wollte allerdings – auch gestützt auf eine parlamentarische Initiative Fournier (cvp, VS;Pa.Iv. 18.423) – am ursprünglichen Verbot festhalten. Pirmin Bischof warnte davor, dass Wahlen und Abstimmungen in verschiedenen Ländern durch ausländische Geldgeberinnen und Geldgeber finanziert worden seien. Dies sei beim Geldspielgesetz nachweislich auch in der Schweiz der Fall gewesen. Es stehe wohl nächstens eine Abstimmung über den Kauf von Kampfflugzeugen an, wo es um Milliardenbeträge gehe, an denen auch ausländische Player ein Interesse hätten. Im Inland müsse man für Transparenz sorgen, aber die direkte Demokratie werde gegen ausländische Gelder nur durch ein Verbot geschützt. Karin Keller-Sutter entgegnete, dass nicht auszuschliessen sei, dass ausländisches Geld in Abstimmungskampagnen fliesse. Dies werde aber in der Regel bekannt und es werde darüber diskutiert. Ein Verbot sei hingegen mittels Geldkurieren sehr leicht zu umgehen. Das magistrale Votum verhallte jedoch ungehört; der Antrag der Minderheit wurde mit 25 zu 18 Stimmen gutgeheissen.
In der Gesamtabstimmung wurde der Entwurf mit 29 zu 13 Stimmen (2 Enthaltungen) angenommen.

Transparenz in der Politikfinanzierung (Pa. Iv. 19.400)
Dossier: Finanzierung der Politik
Dossier: Transparenzinitiative und Gegenvorschlag - Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte

In der Herbstsession 2019 beschäftigte sich der Ständerat mit dem Bundesgesetz über die Datenweitergabe der Versicherer in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Für die Kommission fasste Erich Ettlin (cvp, OW) die Erarbeitung des Geschäfts und dessen Inhalt zusammen. Erstens solle die Erhebung der Daten zur Aufsicht über die Versicherungen im KVAG, diejenige zu den Aufgaben nach KVG jedoch im KVG geregelt werden. Zweitens sollten die Daten wann immer möglich aggregiert erhoben werden. In gesetzlich geregelten Ausnahmefällen solle die Erhebung von Individualdaten möglich sein. Eine Problematik, die trotz dieser Regelung weiter bestehe, betreffe jedoch die Re-Identifizierung von Personen, erklärte Ettlin weiter: Gemäss EDÖB könne eine solche aufgrund des Detaillierungsgrades, der Einzigartigkeit, der Akkumulation und der Verknüpfung der Efind-Daten nicht ausgeschlossen werden. Das BAG stehe diesbezüglich aber in engem Kontakt zum EDÖB und sei dabei, dieses Risiko zu minimieren. Bei der Detailberatung erklärte der Kommissionssprecher, die Kommissionsmehrheit halte es für sinnvoller, zuerst die Ergebnisse der mittels Postulat verlangten Datenstrategie abzuwarten und zu schauen, ob die Daten, welche die Minderheit ebenfalls in Individualform weitergeben möchte, nicht bereits vorhanden seien. Dieser Argumentation konnte Minderheitensprecher Hans Stöckli (sp, BE) nichts abgewinnen. Die Daten für Efind5 und Efind6, also die Daten zu den Medikamenten und der MiGeL, seien vorhanden; er verstehe darum nicht, welcher Grund wirklich hinter dieser Argumentation zur Datenstrategie stecke. Zudem könne dasselbe Argument auch für die Datenbereiche, welche die Mehrheit als Individualdaten liefern wolle, angeführt werden. Diese zusätzlichen Daten seien dringend nötig, wie ihm der Kanton Bern verdeutlicht habe. Mit 23 zu 15 Stimmen sprach sich der Ständerat jedoch gegen seinen Minderheitsantrag aus. Einstimmig nahm der Rat in der Folge den Entwurf der Kommission an.

Für den Persönlichkeitsschutz auch in der Aufsicht über die Krankenversicherung

Das neue Bundesgesetz über die Datenweitergabe der Versicherer in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung soll präzisieren, zu welchem Zweck und in welcher Form Krankenversicherungen Daten dem BAG übermitteln müssen. Generell sollen die Daten aggregiert weitergeben werden, lediglich dort, wo dies nicht ausreicht, sollen anonymisierte Individualdaten transferiert werden. Bisher erhielt das BAG anonymisierte Individualdaten über alle Versicherten in der OKP (Efind-Daten) sowie Daten über Prämien und Behandlungskosten (Efind2). Neu sollen aber auch Individualdaten über die Kosten pro Leistungsart und Leistungserbringenden (Efind3), Medikamente (Efind5) und MiGeL (Efind6) weitergeleitet werden können, wobei letztere zwei Datensätze ursprünglich nicht Teil dieser Vorlage waren. Eine Minderheit Stöckli (sp, BE) der SGK-SR hatte jedoch beantragt, sie ebenfalls aufzunehmen. Damit soll die Kostenentwicklung überwacht sowie Entscheidgrundlagen zu ihrer Eindämmung entwickelt, eine Wirkungsanalyse sowie Entscheidgrundlagen bezüglich des Gesetzes und des Gesetzesvollzugs erstellt und die Evaluation des Risikoausgleichs sowie die Erfüllung der Aufsichtsaufgaben nach dem KVAG ermöglicht werden. Zudem würde die bisher bestehende Verknüpfung von KVAG und KVG bezüglich der Datenlieferpflicht gelöst.

In der Vernehmlassung stiess die Vorlage auf grossen Anklang bei den Kantonen und der GDK. Einer Mehrheit von ihnen war es wichtig, dass das BAG über die notwendigen Daten verfügt; wo die aggregierte Form nicht ausreiche, müssten entsprechend Individualdaten geliefert werden. Nur so sei eine Überprüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen möglich. Geteilter Meinung waren die Parteien. Die SP zeigte sich gegenüber der Zielsetzung der Vorlage – der Herstellung von Verhältnismässigkeit bei der Datenweitergabe – skeptisch, da sie es für unerlässlich halte, dass der Bund über die notwendigen Daten verfüge. Die CVP begrüsste die Vorlage weitgehend, während FDP und SVP bezweifelten, dass dem Anliegen des Initiators mit dieser Vorlage genügend Rechnung getragen werde, da zu viele Ausnahmen für die Nutzung von Individualdaten gemacht worden seien. Diese Meinung teilten Curafutura und Santésuisse. Der SGB und das Centre Patronal sowie die Konsumtenverbände SKS und FRC begrüssten hingegen die Vorlage und betonten, es brauche diese Angaben zur Verhinderung der Kostensteigerung; die Daten sollten aber anonymisiert und in genügend grosser Anzahl übermittelt werden, um eine individuelle Zuordnung verhindern zu können.

Im August 2019 nahm der Bundesrat Stellung zur Vorlage, die die Kommission nach der Vernehmlassung ohne materielle Änderungen präsentiert hatte. Er begrüsste die Bemühungen der Kommission zur Klärung der gesetzlichen Grundlagen, zumal auch die Expertengruppe zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen Daten im Bereich der OKP für eine effektive Steuerung durch den Bund als notwendig erachtet habe. Er lobte, dass der Entwurf durch die Präzisierung der Aufgaben, für welche die Versicherungen Daten liefern müssen, und durch die Trennung von KVG und KVAG thematisch kohärenter werde. Die von der Kommissionsmehrheit aufgenommenen Punkte erachte er dabei als «absolutes Minimum» und beantragte folglich Zustimmung zum Entwurf. Da ohne die Daten zu Medikamenten und MiGeL aber zahlreiche wichtige Fragen nicht beantwortet werden könnten, sprach er sich überdies für den Minderheitsantrag aus. Der Entwurf beschneide aber die Rechte des Bundes gemäss der KVV im Bereich der Daten zu Tarmed, erklärte er, weshalb er sich vorbehielt, diesbezüglich noch einmal ans Parlament zu gelangen.

Für den Persönlichkeitsschutz auch in der Aufsicht über die Krankenversicherung

Die geplanten Teilrevisionen diverser Verordnungen im Kernenergiebereich sorgten in der Vernehmlassung für viel Aufruhr. Geplant waren einerseits Änderungen in den Kriterien zur Störfallanalyse und der dazugehörigen Ausserbetriebnahme und andererseits neue Regelungen zur Abklinglagerung von radioaktiven Abfällen. Für viel Zündstoff sorgte hierbei vor allem die erste Änderung – auch bekannt unter dem Namen «Lex Beznau».

Die Betreiberfirmen von Kernkraftwerken sind verpflichtet, deterministische Störfallanalysen durchzuführen. Störfälle werden dabei in drei Kategorien unterteilt: Schwerwiegende naturbedingte Fälle, die jedoch nur sehr selten eintreten, erhalten die Ziffer drei. Mit der Ziffer zwei versehen werden schwerwiegende naturbedingte Störfälle, die etwas häufiger vorkommen als jene in Kategorie drei. Leichtere und häufige naturbedingte Störfälle bekommen die Ziffer eins. Zudem erhalten die jeweiligen Störfälle maximale Dosisgrenzwerte – also Richtlinien, wie viel Radioaktivität bei einem Störfall maximal austreten dürfte – zugeteilt.
Unklar formuliert war bisher jedoch die Kategorisierung der in der Natur auftretenden Ereignisse, die durchschnittlich einmal alle 10'000 Jahre stattfinden. Gemäss Zeitungsberichten beziehe sich dies vor allem auf schwerere Erdbeben. Diese seltenen Erdbeben bildeten in Art. 123 Abs. 2 der Strahlenschutzverordnung (StSV) den Übergang zwischen der Kategorie zwei, für die ein strenger Dosisgrenzwert von 1 mSv (Millisievert) pro Jahr gilt, und der Kategorie drei, für die ein viel höherer Grenzwert von 100 mSv pro Jahr gilt. Unklar war deshalb, zu welcher Kategorie und zu welchem Grenzwert die oben beschriebenen seltenen Erdbeben gehören. Dass hier eine rechtliche Unsicherheit bestand, erkannte die KNS bereits im Jahr 2012 und beantragte Klärungsbedarf. Mit einer Konkretisierung, dass für solche Ereignisse die einfacher einzuhaltende Kategorie drei gelten sollte, wollte der Bundesrat die bisherige Praxis in den Verordnungen verankern.
Anwohner rund um die Kernkraftwerke Beznau I und II sowie drei Umweltorganisationen hatten aber schon im Jahr 2015 beim ENSI ein Gesuch eingereicht mit dem Ziel, solche Ereignisse der Kategorie zwei und somit dem strengeren Dosisgrenzwert 1 mSv pro Jahr zuzuordnen. Bei einer solchen Zuordnung müssten beide Anlagen in Beznau bis zu einer allfälligen Nachrüstung vom Netz genommen werden, da sie diesen Grenzwert nicht einhalten könnten. Mittels einer Verfügung hatte das ENSI dieses Begehren jedoch abgelehnt und den Entscheid damit begründet, dass dies weder der bisherigen Praxis noch der ursprünglichen Regelungsabsicht des Bundesrates entspreche und womöglich sämtliche AKWs der Schweiz unmittelbar bei der Zuteilung zur Kategorie zwei vom Netz genommen werden müssten. Diese Verfügung war danach beim Bundesverwaltungsgericht angefochten worden. Zu erwarten ist auch ein allfälliger Weiterzug des noch ausstehenden Bundesverwaltungsgerichtsentscheids an das Bundesgericht.

In der Vernehmlassung, die bis Mitte April 2018 andauerte, meldeten sich sowohl Regierungen diverser Schweizer Kantone und Städte, als auch diverse Organisationen, Kommissionen, Parteien und Dachverbände aus der Schweiz und Deutschland, sowie viele Einzelpersonen aus der Schweiz, Deutschland und Frankreich zu Wort. So liess beispielsweise der Regierungsrat des Kantons Aargau – also dem Kanton, wo sich die Anlagen Beznau I und II sowie Leibstadt befinden – verlauten, dass er die Präzisierungen in den Verordnungen als sinnvoll erachte. Ähnlich klang es in den Stellungnahmen der Kantone Basel-Land, Freiburg und Graubünden. In den Kantonen Luzern, Appenzell-Ausserrhoden und Zürich erachtete man die Präzisierungen als sinnvoll, äusserte aber Bedenken an der Herabsetzung der Schutzbestimmungen und betonte deshalb die Wichtigkeit des Postulats Müller (fdp, LU, Po. 18.3175). Klar oder mehrheitlich klar gegen die genannte Konkretisierung/Herabsetzung der Sicherheitsanforderungen von 1 mSv auf 100 mSv äusserten sich die Regierungen der Kantone Appenzell-Innerrhoden, Basel-Stadt, Genf, Jura, Neuenburg, Schaffhausen, Schwyz, Tessin, Uri, Waadt und Wallis – sowie Bern und Solothurn, die Standortkantone der anderen beiden Atomkraftwerke.
Nebst den Kantonsregierungen liessen auch diverse Parteien von sich hören. Aussergewöhnlich war hierbei der einstimmige Tenor unter diversen Parteien von links bis rechts betreffend die zeitliche Komponente. Sowohl die SP, die Grünen und die GLP als auch die FDP und die SVP störten sich am Zeitpunkt der Vernehmlassung. Die SP und die GLP forderten eine Sistierung des Vorhabens bis zum Gerichtsentscheid aus St. Gallen. Auch die Grünen kritisierten, dass der Bundesrat das gerichtliche Verfahren nicht abwarte, verlangten aber darüber hinaus einen generellen Verzicht auf die Revision. Die FDP erklärte, die Beschwerde sei kein Grund, um die Vernehmlassung zu verzögern, jedoch sei die Dringlichkeit dieser Verordnungsanpassung zu wenig ersichtlich. Die SVP schrieb in einer kurzen Stellungnahme, dass wohl erst durch das Gerichtsverfahren Anpassungen in Angriff genommen worden seien. Die KNS habe ja schon im Jahr 2012 bemerkt, dass ein gewisser Klärungsbedarf bestehe. Eine Ausnahme im Tenor bildete die BDP. In ihrer offiziellen Stellungnahme erwähnte sie die mögliche Problematik betreffend den Rechtsstreit nicht. Sowohl die SP als auch die Grünen äusserten sich generell ablehnend zu den Verordnungsänderungen, was sie auch deutlich kundtaten. «Wir lehnen die vorgelegten Verordnungsänderungen mit Nachdruck ab und kritisieren die vorgeschlagenen inhaltlichen Anpassungen sowie das gewählte Vorgehen scharf», schrieb etwa die SP. Die Grünen gingen einen Schritt weiter und beschuldigten den Bundesrat, mit dieser Lex Beznau die Grundlagen schaffen zu wollen, um die alten Anlagen in Beznau weiter in Betrieb halten zu können. Die FDP und die SVP zeigten sich mit den Änderungen grundsätzlich einverstanden. Gemäss FDP würden die Anpassungen selber keine Abstriche bei der Sicherheit mit sich bringen sondern nur die heutige Praxis auf Verordnungsebene präzisieren. Nicht offiziell zur Vorlage äusserte sich die CVP, was Martin Bäumle (glp, ZH) in einer Anspielung im Tages-Anzeiger als Unterstützung für ihre Energieministerin Doris Leuthard wertete.
Eine weitere brisante kritische Stellungnahme kam schliesslich von André Herrmann, dem ehemaligen Präsidenten der Eidgenössischen Kommission für Strahlenschutz (KSR). Er warf dem Bundesrat vor, das Vorsorgeprinzip zu verletzen: Die Kommission empfehle, solchen Ereignissen einen Grenzwert von 20 bis 50 mSv zuzuordnen und nicht 100 mSv, wie dies der Bundesrat vorsah.

Revidierte Kernenergieverordnung / Lex Beznau
Dossier: Tätigkeitsberichte der Eidgenössischen Kommission für nukleare Sicherheit KNS
Dossier: Widerstand Wiederinbetriebnahme Beznau 2018 - Änderungen Kernenergiebereich - Lex Beznau

Wie erhofft konnte der Ständerat den Erlassentwurf zur Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Überwachung von Versicherten, der in Erfüllung einer Kommissionsinitiative der SGK-SR durch das Kommissionssekretariat erarbeitet worden war, in der Wintersession 2017 behandeln. Mittels der Kommissionsinitiative war der Observationsartikel aus der Revision des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechtes (ATSG) herausgenommen worden, um den Prozess zu beschleunigen. Konrad Graber (cvp, LU) ging dennoch auf die Rückmeldungen aus der Vernehmlassung des ATSG ein. So wiesen die Vernehmlassungsantworten zwei Grundstossrichtungen auf: Den Behinderten- und Arbeitnehmerorganisationen, der SP und den Grünen gingen die vorgeschlagenen Regelungen zu weit, den Kantonen, Arbeitgeberorganisationen und bürgerlichen Parteien hingegen nicht weit genug. Ein ähnliches Muster zeigte sich in der Folge auch in der Ständeratsdebatte zum Erlassentwurf. Alex Kuprecht (svp, SZ) akzentuierte den Handlungsbedarf, der durch betrügerisch erworbene Renten in Millionenhöhe entstehe. Er betonte zudem, dass die im Erlassentwurf aufgeführten Observationen nicht leichtfertig durchgeführt würden, sondern zahlreiche Verdachtsmomente dazu notwendig seien. Letzterem widersprachen Hans Stöckli (sp, BE), Paul Rechsteiner (sp, SG) und Géraldine Savary (sp, VD) vehement: So hätten sich ein Drittel aller bisherigen Observationen als falsch, unnötig oder nicht zielführend erwiesen. Im neuen Erlass habe das Kommissionssekretariat die bundesrätliche Vorlage und damit die Möglichkeiten zur Überwachung erheblich verschärft. Neu sollen auch Tonaufzeichnungen und GPS-Tracker zur Ergänzung der Überwachung verwendet werden können und die Überwachung soll auf alle von öffentlichen Orten einsehbaren Bereiche ausgeweitet werden.
Die linke Ratsseite kritisierte insbesondere, dass diese Massnahmen zur Anwendung kämen, bevor ein begründeter Verdacht auf einen Straftatbestand bestehe, also bevor die Sozialversicherer Strafanzeige erstatten könnten. Somit erlaube die Revision strengere Observationsmöglichkeiten für den zivilen Teil eines Vergehens als für den strafrechtlichen Teil, was der Verhältnismässigkeit zuwiderlaufe. Diese kritische Meinung zur Reform teilte auch eine Gruppe von vier Staatsrechtlern, welche die Reform in einem Schreiben aufgrund der vielen Blankettnormen ohne erforderliche rechtsstaatliche Sicherungen als ausserordentlich problematisch bezeichneten. Stöckli kritisierte neben dem Erlasstext auch dessen Ausarbeitung: Beim Nachrichtendienstgesetz habe man „sehr seriös und unter Einbezug aller Eventualitäten eine rechtsstaatlich korrekte Gesetzgebung vorgenommen”, während hier in kürzester Zeit Massnahmen geschaffen worden seien, die wesentlich weiter gingen als die Massnahmen zum Staatsschutz und zur Terrorismusbekämpfung. Zudem sei der bundesrätliche Vorschlag nach der Vernehmlassung verschärft worden, ohne dass es nochmals Anhörungen gegeben hätte. Rechsteiner wies überdies auf die Rechtsungleichheit hin, welche diese Änderungen in Kombination mit der zwei Tage zuvor abgelehnten Verschärfung der staatlichen Mittel gegenüber Steuerdelinquenten bewirkten.
Um diese zahlreichen Bedenken klären zu können, schlug Raphaël Comte (fdp, NE) vor, die Vorlage an die Kommission zurückzuweisen. Dies lehnten aber zahlreiche Sprecherinnen und Sprecher ab, da eine Rückweisung zu einer Verzögerung von mindestens drei Monaten führen und keinen Mehrwert bringen würde. Stattdessen könnten diese Fragen auch im Plenum geklärt werden. Folglich wurde der Antrag Comte mit 15 zu 23 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) abgelehnt. In der Detailberatung wurde zuerst geklärt, inwiefern richterliche Bewilligungen für Observationen nötig sein sollen. Der kleinen Kammer ging der Minderheitsantrag Rechsteiner zu weit, wonach für alle Observationen neben konkreten Anhaltspunkten auf einen unrechtmässigen Leistungsbezug sowie der Aussichtslosigkeit oder der unverhältnismässigen Erschwerung von Abklärungen ohne Observationen auch eine richterliche Genehmigung vorliegen müsse. Stattdessen folgte sie dem Antrag Caroni (fdp, AR) und verlangte nur für den Einsatz von technischen Instrumenten zur Standortbestimmung eine richterliche Bewilligung. Ansonsten sollen Personen mit Direktionsfunktion beim Versicherungsträger die Berechtigung zur Anordnung von Observationen erhalten. Ein weiterer umstrittener Punkt betraf die Frage, ob Observationen ausschliesslich im öffentlich zugänglichen Raum oder in einer weiteren Fassung auch an einer von einem allgemein zugänglichen Ort frei einsehbaren Stelle erlaubt sein sollen. Stöckli sprach sich dafür aus, die bestehende Gesetzgebung im Strafprozess zu übernehmen und damit auch die Vernehmlassungskritik ernst zu nehmen, in der befürchtet worden war, dass neu auch Observationen im Privatbereich möglich werden würden. Bundesrat Berset bestätigte jedoch, dass eine weitere Fassung der Regelung die geltende Praxis kodifiziere, die überdies gemäss Kuprecht auch vom Bundesgericht gestützt worden war (BGE 8C 272/2011). Folglich entschied sich auch der Ständerat mit 33 zu 10 Stimmen für diese Fassung. Der Bundesrat solle die Anforderungen an mit Observationen beauftragte Personen definieren können, entschied der Ständerat abschliessend. In der Gesamtabstimmung zeigten sich die meisten Mitglieder des Ständerats mit den Änderungen einverstanden und nahmen die Vorlage mit 32 zu 8 Stimmen (bei einer Enthaltung) an.

Parlament schafft eine gesetzliche Grundlage für die Überwachung von Versicherten (Pa. Iv. 16.479)
Dossier: Überwachung von Versicherten (2016-2019)