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Jahresrückblick 2020: Rechtsordnung

Die innere und äussere Sicherheit der Schweiz waren im Kapitel Rechtsordnung aufgrund der fortwährenden internationalen Terrorismusgefahr auch 2020 dominante Themen. So verabschiedeten die eidgenössischen Räte gleich drei Gesetzesvorlagen zur Umsetzung der Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung. Erstens wurden mit der Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus und das dazugehörige Zusatzprotokoll umgesetzt. Damit sind neu bereits bestimmte Handlungen im Vorfeld eines geplanten terroristischen Aktes strafbar, insbesondere das Anwerben und Ausbilden von Terroristinnen und Terroristen, das Reisen für terroristische Zwecke (sog. Dschihadreisen) und die entsprechende Finanzierung. Das Vorläuferstoffgesetz reguliert zweitens den Zugang von Privatpersonen zu bestimmten Chemikalien, die zur Herstellung von Sprengstoff missbraucht werden können. Das dritte und umstrittenste der drei neuen Antiterrorgesetze war das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT), auf dessen Grundlage die Polizei präventiv gegen terroristische Gefährderinnen und Gefährder vorgehen kann. Die PMT umfassen unterschiedlich starke Freiheitseinschränkungen von einer Meldepflicht bis zum Hausarrest und können gegen potenziell gefährliche Personen verhängt werden. Die Gegnerschaft sah damit den Rechtsstaat in Gefahr, weil die betroffenen Personen keine Straftat begangen hätten und die Massnahmen aufgrund blosser Indizien angeordnet würden. Die Jungen Grünen, die Juso und die Junge GLP ergriffen zusammen mit der Piratenpartei und dem Chaos Computer Club das Referendum gegen das Gesetz und begannen im Oktober mit der Unterschriftensammlung. Neben dem Parlament beschäftigte sich auch das Bundesstrafgericht mit der terroristischen Bedrohung, indem es mehrere Prozesse wegen der Unterstützung terroristischer Aktivitäten führte.

Unabhängig von der spezifisch terroristischen Bedrohung trieb das Parlament die Informationssicherheit des Bundes weiter voran, indem es die bereits 2017 begonnenen Beratungen zum Informationssicherheitsgesetz fortführte und in der Wintersession 2020 zum Abschluss brachte. Im Februar erschütterte überdies die sogenannte Crypto-Affäre die Schweizer Politlandschaft, als bekannt wurde, dass die Zuger Firma Crypto AG über Jahrzehnte von der CIA und dem BND manipulierte Chiffriergeräte in alle Welt verkauft hatte. Über Wochen wurde in den Medien gemutmasst, wer wie viel darüber wusste, welche Rolle der NDB, die Armee, die Bundesanwaltschaft, das Fedpol und der Bundesrat gespielt hatten und inwiefern sich die Schweizer Behörden und einzelne Führungsfiguren damit zu Komplizen ausländischer Nachrichtendienste gemacht hatten. Die ausgiebige Berichterstattung liess die Anzahl Zeitungsartikel im Themenbereich innere und äussere Sicherheit im Februar denn auch markant nach oben schnellen, während er über das ganze Jahr 2020 im Vergleich mit den Vorjahren medial eher schwach abgedeckt war (vgl. Abb. 1: Anteil Zeitungsberichte pro Monat und Abb. 2: Anteil Zeitungsberichte pro Jahr). Das Ansinnen der Grünen und der sozialdemokratischen Fraktion, zur Aufarbeitung der Ereignisse rund um die Crypto AG eine PUK einzusetzen, scheiterte vorerst am Widerstand des Büros-NR, das den beiden entsprechenden parlamentarischen Initiativen im November keine Folge gab. Es erachtete die Untersuchung der GPDel, die kurz zuvor ihren Bericht veröffentlicht hatte, als ausreichend.

Im Bereich Strafrecht schlossen die eidgenössischen Räte den ersten Teil der Revision der Strafprozessordnung ab. Die Bestimmungen zur Sicherheitshaft wurden infolge einer Verurteilung der Schweiz durch den EGMR als dringend revidierungsbedürftig eingestuft und der Revision der gesamten Strafprozessordnung deshalb zeitlich vorgezogen. Auch zum zweiten laufenden, umfassenden Revisionsprojekt im Strafrecht, der Revision des Besonderen Teils des Strafgesetzbuchs (BT), nahm das Parlament die Beratungen in Angriff. Hauptbestandteil der BT-Revision bildet die Harmonisierung der Strafrahmen, mit der die im Strafgesetzbuch aus den 1940er-Jahren angedrohten Strafen mit den heutigen Werthaltungen in Einklang gebracht und deren Verhältnis zueinander neu ausgelotet werden sollen. Die von der Öffentlichkeit mit Spannung erwartete Anpassung der sexualstrafrechtlichen Normen wurde vorerst jedoch weiter aufgeschoben, da der Ständerat diese Bestimmungen im Einvernehmen mit dem Bundesrat in einen separaten Entwurf auslagerte, der zuerst noch in die Vernehmlassung gegeben werden soll.

Im Bereich Zivilrecht verabschiedete das Parlament sowohl die erste Etappe der Erbrechts-Revision, mit der durch die Verkleinerung der Pflichtteile die Verfügungsfreiheit von Erblasserinnen und Erblassern erhöht wird, als auch die Änderung des Zivilgesetzbuches zur einfacheren Änderung des Geschlechts im Personenstandsregister für Menschen mit Transidentität oder einer Variante der Geschlechtsentwicklung. Betreffend das internationale Privatrecht wurden die Normen über die internationale Schiedsgerichtsbarkeit modernisiert, um die Schweiz als internationalen Schiedsplatz attraktiv zu halten.

Mit dem Datenschutzgesetz fand ein weiteres, grosses Gesetzgebungsprojekt 2020 seinen Abschluss. Knapp vier Jahre nach dem Beginn der Vernehmlassung und drei Jahre nach Beginn der parlamentarischen Beratung stimmten die eidgenössischen Räte dem Antrag der Einigungskonferenz zu und brachten damit das hart umkämpfte Geschäft in trockene Tücher. Umstritten waren vor allem die Voraussetzungen, unter denen das sogenannte Profiling, d.h. die Verknüpfung von Daten zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen, zulässig ist. Im Sinne eines Kompromisses setzte sich ein risikobasierter Ansatz durch, der strengere Voraussetzungen, wie beispielsweise die ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person, stellt, wenn die Datenverknüpfung die Beurteilung wesentlicher Aspekte der Persönlichkeit der betroffenen Person ermöglicht. Damit hat die Schweiz nun ein modernes Datenschutzrecht, das nach Einschätzung des Bundesrates und des Parlaments dem Datenschutzniveau der EU gleichwertig sein sollte. Der diesbezügliche Äquivalenzbeschluss, der wie ein Damoklesschwert über den Verhandlungen hing und der eigentlich für 2020 angekündigt war, ist indes noch ausstehend.

Die Corona-Krise wurde im Kapitel Rechtsordnung vor allem in zwei Dimensionen sichtbar. Einerseits wurde die Einführung der Corona-Warn-App «SwissCovid» von einer ausführlichen Datenschutz-Diskussion begleitet. Andererseits gab es im ganzen Land zahlreiche Demonstrationen gegen die und trotz der Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Gegen die Corona-Massnahmen wurde ab Anfang Mai demonstriert, weil sich die Bürgerinnen und Bürger in ihren Grundrechten eingeschränkt sahen, nicht zuletzt gerade durch das Versammlungsverbot. Menschen, die nicht an die Gefährlichkeit des Virus glaubten, wehrten sich so gegen die aus ihrer Sicht ungerechtfertigten Freiheitsbeschränkungen. Der Pandemie zum Trotz demonstrierten im Juni – in Folge der antirassistischen Proteste in den USA als Reaktion auf den durch Polizeigewalt verursachten Tod des Afroamerikaners George Floyd – auch in den Schweizer Städten Tausende unter dem Motto «Black Lives Matter». Die Ereignisse lösten eine grosse gesellschaftliche Debatte über strukturellen Rassismus in der Schweizer Gesellschaft aus, die sich um systematische Benachteiligung nichtweisser Menschen, Polizeigewalt und Racial Profiling, und nicht zuletzt auch um die umstrittene Bezeichnung einer Süssigkeit drehte. Diese Debatte machte zusammen mit der Grundrechtsdiskussion um die Corona-Massnahmen die Bürgerrechte über den Sommer zum in der Presse meistdiskutierten Themenfeld des Kapitels Rechtsordnung (vgl. Abb. 1: Anteil Zeitungsberichte pro Monat). Über das ganze Jahr zeichnete zudem der Themenbereich innere Konflikte und Krisen für einen deutlich höheren Anteil an der Zeitungsberichterstattung verantwortlich als in den Vorjahren (vgl. Abb. 2: Anteil Zeitungsberichte pro Jahr).

Jahresrückblick 2020: Rechtsordnung
Dossier: Jahresrückblick 2020

Völlig unbestritten war im Ständerat in der Wintersession 2020 die Ausdehnung der Zusammenarbeit gemäss IRSG auf internationale Strafinstitutionen. Die angestrebte Änderung von Artikel 1 des IRSG soll es der Schweiz künftig erlauben, Rechtshilfe nicht mehr nur an staatliche, sondern auch an internationale Institutionen zu leisten, und damit die Spezialgesetzgebungen für das Jugoslawien- (ICTY) und das Ruanda-Tribunal (ICTR) ersetzen. Bundesrätin Karin Keller-Sutter bezeichnete die Zusammenarbeit mit internationalen Strafinstitutionen als «unerlässlich» für das Engagement gegen die Straflosigkeit, das die Schweiz auf der internationalen Ebene «sehr» unterstütze. Die Ständekammer nahm den Entwurf ohne jegliche Änderungsanträge einstimmig an. In der Schlussabstimmung stimmte der Ständerat dem Gesetz mit 38 zu 1 Stimme bei 3 Enthaltungen zu, wobei ihm vier Vertreter der SVP-Fraktion die Zustimmung verweigerten. Im Nationalrat stimmte die SVP-Fraktion geschlossen gegen die Vorlage, womit diese die Schlussabstimmung in der grossen Kammer mit 141 zu 54 Stimmen passierte.

Änderung von Art. 1 IRSG: Rechtshilfe an internationale Strafinstitutionen (BRG 19.063)

Le Conseil fédéral souhaite restreindre le traitement de la justice militaire des infractions commises par des personnes civiles. Ainsi, seules les juridictions pénales ordinaires devraient être habilitées à statuer sur les violations des dispositions relatives à la protection du secret commises en temps de paix par des personnes civiles sans la complicité de militaires. Concernant les autres délits relevant de la compétence militaire, il entend pouvoir, au cas par cas, les attribuer aux autorités civiles lorsqu'aucune raison matérielle ne justifie le recours à la justice militaire. Les modifications légales – relatives au code pénal militaire, au code pénal et la loi fédérale concernant la protection des ouvrages militaires – ont été soumises en consultation. Deux variantes sont proposées: des nouvelles dispositions dans le droit pénal ou la possibilité de déférer devant la justice pénale ordinaire. La procédure de consultation prendra fin en avril 2021.

Restriction du cercle de civils justiciables des tribunaux militaires

Der Bundesrat veröffentlichte im Dezember 2020 in Erfüllung des Postulats Ruiz (sp, VD) einen Bericht über illegale Adoptionen von Kindern aus Sri Lanka. Unter anderem wurde die ZHAW im Rahmen des Postulats Ruiz damit beauftragt, eine historische Analyse und Aufarbeitung der Adoptionen aus Sri Lanka zwischen 1973 und 1997 durchzuführen. In diesem Zeitraum wurde rund 950 Kindern aus Sri Lanka eine Einreisebewilligung erteilt, während zwischen 1979 und 1997 881 Kinder mit sri-lankischer Staatsbürgerschaft in der Schweiz adoptiert wurden. 1981 kamen jedoch erste Zweifel an der Rechtmässigkeit dieser Adoptionen auf, als die Schweizer Botschaft in Colombo die Bundesbehörden mit sri-lankischen Zeitungsartikeln, die rund 90 Prozent der ausländischen Adoptionen als rechtswidrig einstuften, konfrontierte. Diese rechtswidrigen Praktiken umfassten unter anderem fehlende oder gefälschte Dokumente der adoptierten Kinder, die Kommerzialisierung von Adoptionen durch Vermittlungsstellen und die Ausbeutung armer Frauen in Sri Lanka. Diese Erkenntnisse führten jedoch nicht zu einem Stopp von Adoptionen aus Sri Lanka in die Schweiz; stattdessen wurden Weisungen erlassen und Bundesverordnungen revidiert.
Des Weiteren widmete sich der Bundesrat im Bericht der Herkunftssuche betroffener Personen. Hier bestehe weiterhin grosser Handlungsbedarf in der Schweiz, da sich die Suche nach der eigenen Herkunft im Falle von Adoptierten aus Sri Lanka oft als langwierig und kostspielig herausstelle. Insbesondere die Kooperation zwischen Schweizer und ausländischen Behörden sowie familiären Akteuren sei sehr komplex und liesse viele Herkunftssuchen scheitern. Als Gegenmassnahme werde fortan eine Arbeitsgruppe adoptierte Personen bei ihrer Herkunftssuche unterstützen. Zuletzt sprach sich der Bundesrat für eine konsequentere Politik zu internationalen Adoptionen in die Schweiz aus. Um künftig Umstände wie in den 1980er Jahren zu vermeiden, schlug der Bundesrat unter anderem eine Beschränkung der Herkunftsländer, aus denen Kinder adoptiert werden können, oder eine Revision des betreffenden Kapitels des IPRG vor. Des Weiteren solle eine Expertengruppe das Schweizer Adoptionssystem genauer untersuchen und auch allfällige Gesetzesreformen entwickeln.

Faire la lumière sur les adoptions illégales en Suisse dans les années 1980 d'enfants venant du Sri Lanka (Po. 17.4181)

La campagne d'information et de sensibilisation contre le sexisme proposée par Regula Rytz (verts, BE) au Conseil national et acceptée par les député-e-s, n'a pas passé la rampe au Conseil des États. Le résultat du vote a été très serré: 21 voix contre 20, sans abstention. Le «scandale de la RTS» à savoir la révélation par le journal Le Temps de faits de harcèlement sexuels perpétrés au sein de la RTS, notamment par l'un de ses présentateurs les plus populaires, Darius Rochebin, ainsi que l'attitude de la hiérarchie, qui a selon le journal couvert les faits et protégé les agresseurs, a été cité à plusieurs reprises pendant le débat. Les oppositions à la motion sont à chercher notamment du côté de l'UDC et du PLR. La sénatrice Johanna Gapany (plr, FR), qui faisait partie de la minorité de la commission opposée à la motion, s'est fait épingler dans la presse du canton de Fribourg, qu'elle représente aux États, pour avoir été la seule femme du Conseil à voter contre la campagne. Elle a finalement accordé un entretien au quotidien, où elle a exposé les raisons de son vote, qui a fait basculer le résultat. Selon la sénatrice, une campagne de prévention n'est pas une mesure suffisamment concrète. Elle se défend d'ailleurs d'être féministe, estime que considérer qu'elle doit accepter toutes les mesures contre le sexisme parce qu'elle est une femme est une forme de discrimination et enfin que le sexisme ne concerne pas tout le monde. Les sénatrices Maret (pdc, VS) et Mazzone (verts, GE) se sont déclarées «atterrée» et «très fâchée» par le résultat du vote.

Campagne d'information et de sensibilisation contre le sexisme (Mo. 19.3869)

Der Bund müsse den Kantonen umgehend die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, damit diese im Rahmen des Nationalen Aktionsplans gegen Menschenhandel 2017–2020 die benötigten Ressourcen für einen effektiven Kampf gegen den Menschenhandel aufbauen können, so die Forderung einer Motion Streiff-Feller (evp, BE), die in der Wintersession 2020 vom Nationalrat angenommen wurde. Der NAP sehe unter anderem eine verstärkte Strafverfolgung vor, damit die Abschreckung glaubwürdig werde und sich die Ausbeutung von Menschen nicht mehr lohne. Diese Strafverfolgung sei jedoch komplex und ressourcenintensiv, weshalb sie gerade Kantone mit einem kleinen Polizeikorps nicht ohne Unterstützung des Bundes effektiv betreiben könnten, begründete die Motionärin ihren Vorstoss. Der Bundesrat hatte die Ablehnung der Motion beantragt, weil die Kantone bereits die Möglichkeit hätten, den Bund um personelle, materielle, fachliche oder technische Unterstützung für die Strafverfolgung in Menschenhandelsfällen zu ersuchen, unterlag damit im Nationalrat jedoch mit 108 zu 76 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Damit geht die Motion an den Ständerat.

Ressourcen für einen effektiven Kampf gegen den Menschenhandel (Mo. 19.3265)

Auch im Ständerat war die Genehmigung des Montreal-Protokolls zur Änderung des Tokio Abkommens über strafbare und bestimmte andere an Bord von Luftfahrzeugen begangene Handlungen unbestritten. Die kleine Kammer stimmte dem Geschäft in der Wintersession 2020 einstimmig mit 40 zu 0 Stimmen zu. In den Schlussabstimmungen verabschiedeten die beiden Kammern das Geschäft ebenfalls jeweils einstimmig: 194:0 Stimmen im Nationalrat, 42:0 Stimmen im Ständerat.

Änderung des Luftfahrtgesetzes

Die kleine Kammer befasste sich in der Wintersession 2020 mit den im Rahmen der Motion Borloz (fdp, VD; 20.3084) geforderten Regelungen der Haftpflicht im Gütertransport auf der Schiene. Anders als im Nationalrat war die Motion im Ständerat umstritten. Für die Mehrheit der KVF-SR argumentierten Burkart (fdp, AG), Rieder (cvp, VS) und Dittli (fdp, UR), dass die geforderte Klärung der Risikoverteilung und die Regelung der Rechtsmittel bereits erfolgt und mit dem internationalen Umfeld abgestimmt worden seien. Die Schweiz solle hier keine strengere Regelung einführen als der Rest von Europa: «Angesichts der ausgeprägten Internationalität des Schienengüterverkehrs wäre es widersinnig, wenn die Schweiz ein anderes als das im Rest von Europa geltende Haftungsrecht legiferieren würde», betonte Burkart. Ansonsten könnten Arbeitsplätze in Gefahr geraten, wenn die Gefahrgüter nicht mehr transportiert werden könnten und die Industrie entsprechend abwandere. Oder der Gefahrgütertransport würde gar auf die Strasse verlagert, was viel gefährlicher wäre. Bevor das Parlament nun voreilig eine Verschärfung beschliesse, solle zuerst durch einen Postulatsbericht eine Gesamtschau über die Bestimmungen zur Haftung im Gütertransport erstellt werden. Entsprechend forderte die Mehrheit der KVF-SR, die Motion abzulehnen und dafür das von ihr neu eingereichte Postulat anzunehmen. Für die Kommissionsminderheit und damit für Annahme der Motion setzte sich Paul Rechsteiner (sp, SG) in der Parlamentsdebatte ein. Er insistierte, dass es einen dringenden Handlungsbedarf gebe; die Haftung der Wagenhalter müsse möglichst rasch geklärt werden. Zudem würden die Haftungsregelungen immer noch auf nationaler Ebene beschlossen. Es sei hier folglich am Schweizer Parlament, die nötigen rechtlichen Änderungen vorzunehmen. Bundesrätin Sommaruga stimmte der Argumentation von Rechsteiner zu. Ein Postulatsbericht werde zu keinen neuen Erkenntnissen führen; früher oder später werde sich das Parlament entscheiden müssen, wie die Haftung geregelt werden solle, so Sommaruga.
Der Ständerat lehnte die Motion schliesslich relativ knapp, mit 22 zu 17 Stimmen, ab und nahm stattdessen das Postulat einstimmig an.

Regelungen der Haftpflicht im Gütertransport auf der Schiene klären (Mo. 20.3084)
Dossier: Massnahmen für mehr Sicherheit bei Chlortransporten

Der Vorentwurf zur Änderung des DNA-Profil-Gesetzes erzeugte in der Vernehmlassung ein überwiegend positives Echo. 43 von insgesamt 51 Stellungnehmenden äusserten ihre grundsätzliche Zustimmung zur Vorlage. Die acht ablehnenden Stellungnahmen stammten vom Kanton Genf, der Grünen Partei, den juristischen Organisationen Association des juristes progressistes, Demokratische Juristinnen und Juristen der Schweiz und dem Anwaltsverband, den Vereinen biorespect und grundrechte.ch sowie der Universität Freiburg. Sie äusserten vor allem grund- und datenschutzrechtliche Bedenken zur neuen Ermittlungsmethode der Phänotypisierung und verwiesen im Zusammenhang mit der Auswertung der biogeografischen Herkunft auf das Risiko von Racial Profiling, d.h. die Gefahr, dass Personen mit bestimmten äusserlichen Merkmalen pauschal verdächtigt würden. Demgegenüber beurteilten 17 Kantone, die stellungnehmenden Organisationen aus Strafverfolgung, Polizei und Rechtsmedizin sowie die GUMEK die vorgeschlagene Regelung als zu wenig flexibel. Mit der abschliessend formulierten Liste von Merkmalen, die bei einer Phänotypisierung ausgewertet werden dürfen (Augen-, Haar- und Hautfarbe, biogeografische Herkunft und Alter) könne dem zu erwartenden Fortschritt in der Forschung nicht Rechnung getragen werden, bedauerten sie. Diese Kritik veranlasste den Bundesrat zur einzigen grösseren Änderung gegenüber dem Vorentwurf. In der Anfang Dezember 2020 präsentierten Botschaft sah er an dieser Stelle zusätzlich zu den fünf genannten Merkmalen eine Delegationsnorm vor, die es ihm erlauben soll, dem wissenschaftlich-technischen Fortschritt entsprechend weitere äusserlich sichtbare Merkmale für die Phänotypisierung zuzulassen. Den Bedenken bezüglich Racial Profiling begegnete die Regierung in der Botschaft mit dem Argument, die Analyse im Rahmen einer Phänotypisierung erfolge ergebnisoffen; eine «Vorselektion der Ermittlungsbehörden zuungunsten einer bestimmten Population» sei daher ausgeschlossen. Fedpol-Direktorin Nicoletta della Valle ergänzte in der NZZ, die Phänotypisierung könne einer Diskriminierung sogar entgegenwirken, weil Zeuginnen und Zeugen eine Person oft als «zu gross und zu dunkel» beschrieben. Die übrigen Anpassungen betreffend die Löschregelung für DNA-Profile und die Verwandtenrecherche übernahm der Bundesrat aufgrund der positiven Rückmeldungen aus der Vernehmlassung weitestgehend unverändert in den Entwurf.

Änderung des DNA-Profil-Gesetzes (BRG 20.088)
Dossier: DNA-Profile

Im Nachgang des Vierfachmords von Rupperswil 2015 und des anschliessenden, aufsehenerregenden Strafverfahrens hatten die eidgenössischen Räte mit der Überweisung zweier Postulate Caroni (fdp, AR; Po. 18.3530) und Rickli (svp, ZH; Po. 18.3531) verlangt, dass der Bundesrat prüft, wie die lebenslange Freiheitsstrafe reformiert werden könnte. In Erfüllung dieser beiden Postulate legte der Bundesrat im November 2020 einen Bericht über die Reform der lebenslangen Freiheitsstrafe für besonders schwere Straftaten vor. Er kommt darin zum Schluss, dass bei der lebenslangen Freiheitsstrafe kein dringender Handlungsbedarf, aber Verbesserungspotenzial bestehe. Die beiden gleichlautenden Postulate hatten drei konkrete Ansatzpunkte vorgeschlagen, die der Bundesrat aus unterschiedlichen Gründen ablehnte. Den ersten Vorschlag, eine bedingte Entlassung erst nach 25 oder 30 Jahren – anstatt wie heute nach 15 Jahren – zuzulassen, erachtete er als eine zu drastische Verschärfung, die nicht mehr in einem sinnvollen Verhältnis zu den übrigen Strafdrohungen stünde, weshalb sehr weitreichende Anpassungen im Strafrecht notwendig würden, um dieses Verhältnis wiederherzustellen. Eine moderate Erhöhung des unbedingt zu vollziehenden Strafteils hielt die Regierung jedoch für prüfenswert, um die lebenslange Strafe besser von der höchsten zeitigen Freiheitsstrafe von 20 Jahren (Prüfung einer bedingten Entlassung nach 13,3 Jahren) abzugrenzen. Den zweiten Vorschlag, die bedingte Entlassung bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe völlig auszuschliessen, lehnte der Bundesrat als verfassungswidrig ab, weil die regelmässige Überprüfung des Freiheitsentzugs grundrechtlich garantiert sei. Vom dritten Vorschlag, der Abschaffung der lebenslangen Freiheitsstrafe zugunsten längerer zeitiger Strafen, wollte der Bundesrat ebenfalls absehen, weil er darin keine überwiegenden Vorteile erkennen konnte. Stattdessen zeigte er sich bereit, das Verhältnis von lebenslanger Freiheitsstrafe und Verwahrung zu vereinfachen und die ausserordentliche bedingte Entlassung, die bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe bereits nach 10 Jahren möglich wäre, der in der Praxis aber ohnehin keine Bedeutung zukomme, abzuschaffen.

Reform der «lebenslangen» Freiheitsstrafe für besonders schwere Straftaten (Po. 18.3530 und 18.3531)

En septembre 2020, le Conseil national a classé une motion qui demandait au Conseil fédéral d'élargir la protection des victimes de violences conjugales. Le texte proposait d'assurer une protection équivalente aux victimes, qu'elles soient ressortissantes ou non de l'Union européenne (levant ainsi la réserve émise à la Convention d'Istanbul), de faire en sorte que le recours à l'aide sociale ne permette plus de refuser le renouvellement de permis de séjour et enfin que les informations fournies par les services spécialisés dans les violences conjugales soient systématiquement prises en compte. Suite à l'élection de Lisa Mazzone au Conseil des Etats, sa collègue de parti Léonore Porchet a repris l'objet. Elle n'aura cependant pas l'occasion de le défendre en tribune, le Conseil n'ayant pas achevé l'examen dans le délai de deux ans, ce qui a conduit à son classement.

Gewalt in der Ehe. Aufenthaltsbewilligung zum Schutz der Opfer und im Sinne der Istanbul-Konvention (Mo. 18.4062)
Dossier: Gewalt gegen Frauen* / häusliche Gewalt (ab Ratifikation Istanbul-Konvention)

Einstimmig hiess in der Herbstsession 2020 auch der Ständerat die aus der StPO-Revision ausgegliederten Bestimmungen zur Sicherheitshaft gut. Damit werde eine Gesetzeslücke geschlossen, die der Schweiz bereits eine Verurteilung durch den EGMR eingebracht habe, wie Kommissionssprecher Daniel Jositsch (sp, ZH) dem Ratsplenum erklärte. Das Problem sei, so Justizministerin Karin Keller-Sutter, dass zwischen dem Ablauf einer freiheitsentziehenden Massnahme und dem Entscheid über deren Verlängerung oder Ersatz eine gewisse Zeit verstreichen könne, weil dazu ein Gutachten eingeholt werden müsse. Wenn von der betroffenen Person eine Gefahr für Dritte ausgehe, sei es tatsächlich oft nötig, die Person bis zum Entscheid in Gewahrsam zu behalten, wofür die geltende StPO jedoch keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage biete. Die Kantone hätten den Bund gebeten, diese Lücke möglichst rasch zu schliessen, weil sie im Nachgang des EGMR-Urteils befürchteten, im schlimmsten Fall eine gefährliche Person in die Freiheit entlassen zu müssen. In den Schlussabstimmungen nahmen beide Räte die Änderung einstimmig an.

Änderung der Strafprozessordnung (BRG 19.048)
Dossier: Revision der Strafprozessordnung (Umsetzung der Mo. 14.3383)

Nachdem beide Räte den Bundesbeschluss über die Genehmigung und Umsetzung des Europarats-Übereinkommens zur Terrorismusverhütung und des dazugehörigen Zusatzprotokolls sowie über die Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität einmal beraten hatten, wies die Vorlage noch zwei inhaltliche Differenzen auf. Die erste betraf die explizite Ausnahme der Tätigkeit humanitärer Organisationen aus dem Straftatbestand der organisierten Kriminalität, die zweite die Voraussetzungen für die dynamische Rechtshilfe.
Der Ständerat behielt in der Herbstsession 2020 zunächst beide Differenzen bei, wobei er dem Nationalrat in der Frage der Ausnahme für humanitäre Organisationen ein Stück weit entgegenkam. Die Ratsmehrheit gewichtete die Gefahr der Kriminalisierung von humanitären Aktionen höher als jene, dass die Unterstützung einer kriminellen oder terroristischen Organisation als humanitäre Hilfe getarnt werden könnte und folgte mit 23 zu 17 Stimmen bei einer Enthaltung einer Minderheit Juillard (cvp, JU), die das Anliegen des Nationalrats aufnahm, aber neu formulierte und das IKRK nicht mehr explizit nannte. Die vorzeitige Übermittlung von Informationen und Beweismitteln an ausländische Ermittlungsbehörden (sogenannte dynamische Rechtshilfe) wollte die Ständekammer im Gegensatz zum Nationalrat aber nicht generell, wenn die ausländischen Ermittlungen sonst unverhältnismässig erschwert würden, sondern nur zur Abwendung schwerer und unmittelbarer Gefahr für Leib und Leben sowie nur nach schriftlicher Verpflichtung der ausländischen Behörden, sich an die Einschränkungen zur Verwendung der übermittelten Informationen zu halten, erlauben. Damit liess der Ständerat seine Kommissionsmehrheit mit 23 zu 19 Stimmen und einer Enthaltung auch hier im Regen stehen und hielt an seinem letzten Beschluss fest, wie es eine Minderheit Zopfi (gp, GL) beantragt hatte.
Der Nationalrat konnte mit der Version des Ständerates indes wenig anfangen und entschied mit 111 zu 75 Stimmen bei 9 Enthaltungen, an seiner Ausnahmenorm für humanitäre Organisationen, die das IKRK beispielhaft erwähnt, festzuhalten. Bundesrätin Karin Keller-Sutter hatte sich abermals für die gänzliche Streichung der Bestimmung ausgesprochen und gewarnt, die explizite Ausnahme humanitärer Organisationen könnte ungewollt zur Straflosigkeit führen – etwa wenn ein Fahrer einer humanitären Organisation nicht nur Personen transportiere, sondern auch Waffen für eine Konfliktpartei schmuggle –, blieb damit jedoch Ruferin in der Wüste. Allerdings bewegte sich die grosse Kammer bei der zweiten Differenz etwas auf ihre Schwesterkammer zu, indem sie die dynamische Rechtshilfe auf Fälle von organisierter Kriminalität oder Terrorismus beschränkte. Die darüber hinausgehenden Einschränkungen des Ständerates waren indes gar nicht zur Diskussion gestanden; der Kompromissvorschlag der Kommissionsmehrheit setzte sich mit 140 zu 55 Stimmen gegen eine Minderheit Addor (svp, VS) durch, die beim Entwurf des Bundesrats bleiben wollte. Justizministerin Keller-Sutter erklärte ihre Unterstützung für die Mehrheit «im Sinne der Differenzbereinigung», bedauerte aber, dass die dynamische Rechtshilfe damit in wichtigen Kriminalitätsfeldern wie Drogenhandel, Geldwäscherei und bei Sexualdelikten ausgeschlossen sei.
Da sich die beiden Räte nun in beiden Streitpunkten einen Schritt näher gekommen waren, unterstützte die SiK-SR die vorliegende «Einigungsversion», wie Kommissionssprecher Daniel Jositsch (sp, ZH) erklärte. Sie beantragte ihrem Rat, beide Differenzen auszuräumen, was dieser dann auch stillschweigend tat. In den Schlussabstimmungen wurde der Bundesbeschluss vom Nationalrat mit 128 zu 34 Stimmen bei 34 Enthaltungen und vom Ständerat mit 37 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen. Die Fraktionen der SP und der Grünen vertraten damit auch hier konsequent ihren bereits in der Eintretensdebatte geäusserten Standpunkt, für die Einführung des Gesinnungsstrafrechts, die ihrer Ansicht nach mit dem Verbot des Anwerbens, Ausbildens und Reisens im Hinblick auf eine terroristische Straftat erfolge, nicht Hand zu bieten.

Terrorismus und organisierte Kriminalität: Übereinkommen des Europarates und Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums (BRG 18.071)
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung
Dossier: Internationale polizeiliche Zusammenarbeit
Dossier: Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus / Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen organisierte Kriminalität

In der Herbstsession 2020 überwies der Ständerat stillschweigend ein Postulat seiner Rechtskommission zur Einführung der Redlichkeitskultur im Schweizer Recht. Darunter wird der Ansatz verstanden, dass bei einem Vorfall – typischerweise einem Unfall oder Beinahe-Unfall in der Luftfahrt – nicht die Einzelpersonen für die Fehler bestraft, sondern die Schwachstellen in der Organisation aufgedeckt werden sollen, die kumulativ zum Ereignis geführt haben. Mit der Überweisung des Postulats erhielt der Bundesrat den Auftrag, zu prüfen, wie dieses generelle Prinzip in hochsicherheitsrelevanten Bereichen wie der Luftfahrt oder dem Gesundheitswesen verankert werden könnte. Die Kommission hatte das Postulat eingereicht, weil sie das Anliegen einer entsprechenden parlamentarischen Initiative Rutz (svp, ZH; Pa.Iv. 19.478) für unterstützungswürdig hielt, die mit der Initiative angestrebte Umsetzung jedoch als problematisch erachtete. Gemäss geltender Rechtsprechung könne eine Person, die sich mit einer Fehlermeldung selbst belaste, auf dieser Grundlage strafrechtlich verfolgt werden, erklärte Kommissionssprecher Daniel Jositsch (sp, ZH) den Stein des Anstosses. Als Lösung hatte die parlamentarische Initiative vorgesehen, unter bestimmten Umständen auf die Strafverfolgung zu verzichten. Dies liefe in der Ansicht der Kommission aber den Interessen der Strafverfolgung, insbesondere der Rechtsgleichheit und dem Anspruch der Opfer auf Durchsetzung des Strafrechts sowie auf Schadenersatz, zuwider. Mit dem Postulat soll nun aufgezeigt werden, wie die Redlichkeitskultur verankert werden könnte, ohne mit dem Strafrecht in Konflikt zu kommen.

Redlichkeitskultur im Schweizer Recht (Po. 20.3463)

2016 hatte die Schweiz ein Rechtshilfeersuchen des UNO-Sondertribunals für den Libanon, das die Aufklärung des Attentats auf den ehemaligen libanesischen Präsidenten Hariri zum Ziel hat, ablehnen müssen, weil eine gesetzliche Grundlage zur Zusammenarbeit mit dem Tribunal gefehlt hatte; das schweizerische Rechtshilfegesetz (IRSG) beschränkt sich bis anhin ausschliesslich auf die Zusammenarbeit mit Staaten. Dabei hätte die Gewährung der Rechtshilfe durchaus den Interessen der Schweiz entsprochen. Um diese unbefriedigende Situation in Zukunft zu vermeiden, schlug der Bundesrat dem Parlament eine Änderung von Artikel 1 des Rechtshilfegesetzes vor, so dass die Zusammenarbeit gemäss IRSG auf internationale Strafinstitutionen ausgedehnt werden kann. Das bis Ende 2023 befristete Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Internationalen Gerichten zur Verfolgung schwerwiegender Verletzungen des humanitären Völkerrechts, das die Zusammenarbeit der Schweiz mit den Sondertribunalen für Ex-Jugoslawien (ICTY) und Ruanda (ICTR) regelt, soll im Zuge dessen vorzeitig aufgehoben werden.
Die in der Vernehmlassung nur vereinzelt kritisierte Vorlage kam in der Herbstsession 2020 vor den Nationalrat, der den Entwurf mit 142 zu 51 Stimmen unverändert verabschiedete. Gegen das Gesetz stimmte die geschlossene SVP-Fraktion, die gar nicht erst auf das Geschäft hatte eintreten wollen und stattdessen lieber die bisherige Praxis einer Spezialgesetzgebung für jedes neue internationale Straftribunal weiterverfolgt hätte. Gescheitert waren ebenfalls zwei inhaltliche Änderungsanträge, die einerseits die Rechtshilfe an internationale Strafinstitutionen auf völkerrechtliche Verbrechen sowie Delikte gegen Leib und Leben einschränken und andererseits dem Bundesrat die Kompetenz hätten streichen wollen, unter bestimmten Bedingungen per Verordnung die Zusammenarbeit mit internationalen Strafinstitutionen ausserhalb des UNO-Rahmens zuzulassen.

Änderung von Art. 1 IRSG: Rechtshilfe an internationale Strafinstitutionen (BRG 19.063)

Pour combattre le harcèlement sexuel au travail, la conseillère nationale Flavia Wasserfallen estime que plusieurs instruments sont nécessaires, et que certains doivent être renforcés. C'est pour cette raison qu'elle a déposé le 17 juin 2019 une initiative parlementaire visant à augmenter l'indemnité maximale due à la victime. Celle-ci s'élève actuellement à six mois de salaire au maximum, ce qui n'est pas assez dans les cas graves, selon la socialiste. Elle souhaite que le plafond atteigne les douze mois.
La CAJ-CN avait dans son rapport du 25 juin de l'année suivante recommandé de ne pas donner suite à l'initiative. Selon la majorité de la commission, à savoir 14 voix, l'augmentation du plafond n'aurait aucun effet sur la personne coupable de harcèlement sexuel, mais sur l'employeur, qui doit verser l'indemnité s'il est impossible de prouver que toutes les mesures ont été prises pour empêcher le harcèlement. Elle recommande de plutôt viser l'instauration d'un climat de respect et de confiance, qui permettrait de signaler les cas à l'interne et aurait un effet préventif. Une minorité de 11 voix avait en revanche soutenu le texte, arguant qu'un tel instrument est nécessaire, notamment pour donner le signal que le harcèlement sexuel n'est pas une infraction mineure et inciter les hiérarchies à assumer leur devoir de diligence et à renforcer les mesures de prévention.
L'initiative parlementaire a été refusée en chambre basse par 102 voix contre 90 et une abstention. Quatre membres du groupe du centre et deux de l'UDC se sont toutefois rallié-e-s au front rose-vert. L'abstention provient du groupe du centre.

Erhöhung der maximalen Entschädigungspflicht bei Opfern von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz (Pa.Iv. 19.442)

In der Herbstsession 2020 schrieb der Nationalrat das Postulat der RK-NR betreffend eine Bussenkompetenz für Transportunternehmen stillschweigend ab, da der Bundesrat in Erfüllung des Postulats im August 2019 einen gleichnamigen Bericht veröffentlicht hatte. Darin war er zum Schluss gekommen, dass die Ermächtigung öffentlicher Transportunternehmen zur Ausstellung von Ordnungsbussen nicht vorteilhaft sei und deshalb nicht eingeführt werden solle. Die Einführung einer solchen Bussenkompetenz setze nämlich voraus, dass bestimmte Antragsdelikte in Offizialdelikte umgewandelt werden müssten, was zu Missverhältnissen zwischen der Verfolgung verschiedener Straftatbeständen führen würde.

Bussenkompetenz für Transportunternehmen (Mo. 15.4080, Po. 16.3004)

Mittels Standesinitiative forderte der Kanton Tessin die eidgenössischen Räte auf, das Strafmass für Delikte gegen die sexuelle Integrität zu erhöhen. Konkret verlangte der Südkanton, eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe und Höchststrafen von mindestens zehn Jahren für Sexualdelikte zu prüfen. Der Ständerat folgte in der Herbstsession 2020 mit 29 zu 6 Stimmen bei 3 Enthaltungen der Empfehlung seiner Rechtskommission und gab der Initiative keine Folge. Im Hinblick auf die bereits aufgegleiste Revision des Sexualstrafrechts erachtete es die Kommission als wenig sinnvoll, im Rahmen der Standesinitiative zusätzlich aktiv zu werden.

Erhöhung des Strafmasses für Straftaten im Zweiten Buch, Fünften Titel des Schweizerischen Strafgesetzbuches (Kt.Iv. 19.301)

Eine von Frédéric Borloz (fdp, VD) im März 2020 eingereichte Motion forderte die Klärung der Regelungen der Haftpflicht im Gütertransport auf der Schiene. Diese Klärung solle insbesondere die Verteilung der Risiken und die Regelung der Rechtsmittel zwischen den Eisenbahnunternehmen (beispielsweise die SBB) und den Wagenhaltern sowie die rechtlichen Folgen von Vorfällen mit gefährlichen Gütern betreffen. Es müsse also geklärt werden, wer für die Qualität des Materials verantwortlich ist, respektive bei Unfällen haftbar gemacht wird. Hintergrund des Vorstosses war eine Entgleisung von Tankwagen im Jahr 2015. Borloz argumentierte, dass der Wagenhalter bei einem Unfall nach geltendem Recht nur hafte, wenn das Eisenbahnunternehmen nachweisen kann, dass diesen ein Verschulden trifft. Deshalb schlug der Motionär vor, die Rechtsmittel der Eisenbahnunternehmen gegenüber den Wagenhaltern zu überprüfen.
Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion, welche von der grossen Kammer in der Sommersession 2020 stillschweigend angenommen wurde.

Regelungen der Haftpflicht im Gütertransport auf der Schiene klären (Mo. 20.3084)
Dossier: Massnahmen für mehr Sicherheit bei Chlortransporten

Stillschweigend verlängerte der Nationalrat im Sommer 2020 die Behandlungsfrist der parlamentarischen Initiative Leutenegger (fdp, ZH), deren Ziel die Straflosigkeit von Whistleblowing ist, zum dritten Mal. Die zuständige RK-NR erklärte, nach dem Scheitern der privatrechtlichen Regelung im Obligationenrecht wolle sie das weitere Vorgehen prüfen und sich mit den strafrechtlichen Aspekten des Whistleblowings befassen.

Whistleblowing straflos machen (Pa.Iv. 12.419)
Dossier: Whistleblowing

La conseillère nationale Regula Rytz (verts, BE) a demandé, par le truchement d'une motion, au Conseil fédéral de financer une large campagne d'information et de sensibilisation contre le sexisme. Elle justifie ce besoin en citant des exemples de conséquences du sexisme: selon un rapport d'Amnesty International, 59 pourcent des femmes ont déjà été harcelées sexuellement, une femme sur cinq a subi contre sa volonté des actes sexuels relevant du droit pénal et 61 pourcent des jeunes femmes ont été humiliées ou avilies sur les médias sociaux. Selon la socialiste, l'élimination des discriminations à l'égard des femmes ne peut s'obtenir qu'en combattant le sexisme de manière large, dans tous les domaines de la société.
Le Conseil fédéral s'est déclaré ouvert à la réalisation d'une telle campagne, en partenariat notamment avec les cantons et les acteurs des milieux économique, éducatif, culturel et de la société civile. La motion a été acceptée par 100 voix contre 82, avec 4 abstentions (provenant du groupe du centre). Les adversaires de cette campagne sont à chercher dans le groupe UDC, le groupe PLR (à l'exception d'Anna Giacometti (plr, GR)) et de huit membres du groupe du centre. La députée Barbara Steinemann (udc, ZH) a expliqué les raisons de cette opposition: selon elle, le temps de l'inégalité entre hommes et femmes, ainsi que le système patriarcal paternaliste, sont depuis longtemps révolus. Elle déclare également que les hommes peuvent eux aussi être discriminés, nommant le taux de suicides plus élevés chez ces derniers comme preuve à charge. Elle dénonce dans son intervention des débats «sans humour» à propos du sexisme, dont elle est d'avis que c'est un terme beaucoup trop utilisé, dans une posture voulant faire de la condition féminine un «drame public». Elle refuse d'endosser une position de victime, estimant n'avoir jamais été discriminée et fustige une «industrie du féminisme», qui représente selon elle le lobby le plus puissant du système politique actuel. Selon Steinemann, si des inégalités persistent, notamment en ce qui concerne les violences sexuelles, des durcissements du système pénal sont amplement suffisants, et d'ailleurs en cours de réalisation. Le conseiller fédéral Alain Berset, qui lui a succédé à la tribune, a précisé qu'une stratégie nationale en matière d'égalité entre femmes et hommes sera lancée en 2021, dans laquelle la campagne proposée pourrait s'insérer.

Campagne d'information et de sensibilisation contre le sexisme (Mo. 19.3869)

Im Sommer 2020 schrieben die eidgenössischen Räte die Motion der RK-SR zur Änderung der Strafbestimmungen zu organisierter Kriminalität stillschweigend ab. Das Anliegen wurde mit der Vorlage zur Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität umgesetzt.

Wirksamere Strafbestimmungen zur Verfolgung der organisierten Kriminalität (Pa.Iv. 14.401 und Mo. 15.3008)
Dossier: Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus / Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen organisierte Kriminalität

In der Sommersession 2020 beriet der Nationalrat als Zweitrat die Vorlage zur Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität, die auch die Genehmigung des Europarats-Übereinkommens über die Terrorismusprävention und dessen Zusatzprotokolls beinhaltete. Während die vorberatende SiK-NR die Stossrichtung des Geschäfts mehrheitlich unterstützte, wie deren Sprecher Mauro Tuena (svp, ZH) dem Ratsplenum bekannt gab, beantragte eine Minderheit Schlatter (gp, ZH) die Rückweisung an den Bundesrat, weil sie eine klare Definition von terroristischen Organisationen vermisste und diese nicht der Rechtsprechung überlassen wollte. Welche Organisation terroristisch sei, sei keine juristische, sondern eine politische Entscheidung, begründete die Grüne Nationalrätin ihren Antrag. Zudem forderte sie, dass sich die Strafrechtsverschärfung darauf beschränken müsse, was das internationale Abkommen zwingend verlange. Votantinnen und Votanten gegen die Rückweisung wandten ein, es gebe keine allgemeingültige, globale Definition von Terrorismus, auf die man sich stützen könnte, und betonten das Vertrauen in die Schweizer Justizbehörden. So einig wie die Fraktionen der SP und der Grünen die Rückweisung unterstützen, stellten sich jene der GLP, der Mitteparteien, der FDP und der SVP dagegen, sodass der Antrag mit 127 zu 67 Stimmen deutlich abgelehnt wurde.
In der Detailberatung wandte sich die grosse Kammer in einem ersten Block den Änderungen im Nachrichtendienstgesetz zu und erörterte die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Bundesrat eine Organisation, die die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz bedroht, verbieten können soll. Eine Minderheit Addor (svp, VS) blieb mit der Forderung, dass der Bundesrat dies im Sinne von mehr Sicherheit und Souveränität allein entscheiden können müsse, erfolglos. Die Mehrheit blieb beim Entwurf des Bundesrates, demgemäss sich ein Verbot auf einen Verbots- oder Sanktionsbeschluss der UNO gegen die fragliche Gruppierung stützen muss. Diese Bedingung sei wichtig für die Neutralität der Schweiz, erläuterte Bundesrätin Karin Keller-Sutter, weil sonst andere Staaten die Schweiz politisch oder diplomatisch unter Druck setzen könnten, eine bestimmte Organisation zu verbieten.
Im zweiten Block widmete sich der Nationalrat den Anpassungen im Strafrecht. Der mit sechs Minderheitsanträgen meistdiskutierte Artikel 260ter StGB definiert den Tatbestand der Beteiligung an und Unterstützung einer kriminellen bzw. terroristischen Organisation und legt das einschlägige Strafmass fest. Die Kommissionsmehrheit wich mit ihrem Vorschlag insofern von der ständerätlichen Fassung ab, als sie humanitäre Dienste einer unparteiischen humanitären Organisation wie dem IKRK explizit von der Strafbarkeit ausschliessen wollte. Dieser Vorschlag setzte sich deutlich gegen alle Minderheitsanträge durch, sowohl jene, die diese Ausnahmebestimmung für humanitäre Organisationen einerseits als überflüssig oder andererseits mit der Nennung des IKRK als zu eng gefasst in Frage stellten, als auch jene, die den Strafrahmen insgesamt verkleinern, den Kampf für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nicht als Terrorismus klassifizieren, die zusätzliche Bestrafung für weitere im Rahmen einer Organisation begangene Straftaten explizit machen oder die Definition terroristischer Organisationen ganz streichen wollten. Der zweite grosse Streitpunkt der Vorlage lag im neuen Art. 260sexies StGB, der die Anwerbung und Ausbildung sowie das Reisen im Hinblick auf eine terroristische Straftat unter Strafe stellt. Eine Minderheit Seiler Graf (sp, ZH) wollte den ganzen Artikel streichen, weil sie diese Vorverlagerung der Strafbarkeit als rechtsstaatlich problematisch ansah. Man befinde sich hier «definitiv im Gesinnungsstrafrecht», urteilte die Antragstellerin. Terroristen liessen sich kaum durch eine Strafandrohung abschrecken; Prävention und Ursachenbekämpfung – etwa gestützt auf den Nationalen Aktionsplan zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus – wären an dieser Stelle zielführender als repressive Massnahmen, schloss sie. Im Gegensatz dazu bezeichnete Justizministerin Keller-Sutter den umstrittenen Artikel als «de[n] zentrale[n] Pfeiler des Europaratsübereinkommens» und dessen Streichung als «empfindlich[e] Schwächung des Strafrechts». Gegen die bis auf eine Ausnahme (Philipp-Matthias Bregy, cvp/VS) geschlossen stimmenden Fraktionen der bürgerlichen Parteien sowie der Grünliberalen blieb das links-grüne Lager schliesslich chancenlos.
Der dritte und letzte Block betraf die Änderungen im Rechtshilfegesetz. Auch hier folgte der Nationalrat in allen Punkten seiner Kommissionsmehrheit und lehnte drei Minderheitsanträge Roth (sp, SO) hochkant ab, die internationale Rechtshilfe bei Steuerhinterziehung zulassen, die Voraussetzungen für die vorzeitige Übermittlung von Informationen und Beweismitteln an ausländische Ermittlungsbehörden (sog. dynamische Rechtshilfe) erhöhen und grenzüberschreitende Ermittlungsgruppen der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft unterstellen wollten. Bei den Bedingungen für die dynamische Rechtshilfe kehrte der Nationalrat diskussionslos zu den lockereren Voraussetzungen des Bundesrats zurück, anstatt sich der vom Ständerat beschlossenen Verschärfung anzuschliessen.
In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer die gegenüber dem Ständerat in zwei Punkten veränderte Vorlage mit 127 zu 54 Stimmen bei 13 Enthaltungen an. Die Fraktionen der SP und der Grünen machten damit ihre bereits in der Eintretensdebatte geäusserte Drohung wahr, dem Entwurf ihre Zustimmung zu verweigern, sollten die Tatbestände des Anwerbens, Ausbildens und Reisens im Hinblick auf einen Terrorakt im Strafgesetzbuch festgeschrieben werden. Stillschweigend schrieb der Nationalrat zudem die beiden Motionen 14.4187 für die Ratifizierung des Europaratseinkommens zur Terrorismusverhütung und 15.3008 für wirksamere Strafbestimmungen zur Verfolgung der organisierten Kriminalität ab.

Terrorismus und organisierte Kriminalität: Übereinkommen des Europarates und Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums (BRG 18.071)
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung
Dossier: Internationale polizeiliche Zusammenarbeit
Dossier: Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus / Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen organisierte Kriminalität

Nachdem die RK-SR im Januar 2019 der parlamentarischen Initiative Rickli (svp, ZH) betreffend die Erhöhung des Strafmasses für Vergewaltigungen keine Folge gegeben hatte, weil sie die Frage stattdessen im Zuge der Harmonisierung der Strafrahmen klären wollte, beschloss sie – im Einvernehmen mit EJPD-Vorsteherin Karin Keller-Sutter –, eine materielle Revision des Sexualstrafrechts anzupacken. Dafür wollte sie einen separaten Entwurf ausarbeiten, der dann auch Gegenstand einer regulären Vernehmlassung sein sollte. Im Februar 2020 lenkte auch die Mehrheit der RK-NR auf die Position ihrer Schwesterkommission ein und beantragte ihrem Rat mit 14 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung, der Initiative Rickli keine Folge zu geben. Eine Minderheit aus SVP und FDP bestand jedoch auf Folgegeben: Sie wolle damit ein Signal senden, dass sie die vorgeschlagenen Änderungen in der Strafrahmenharmonisierung auch wirklich berücksichtigt sehen möchte.
In der Sommersession 2020 forderte Minderheitsvertreterin Andrea Geissbühler (svp, BE) den Nationalrat auf, der Initiative Folge zu geben, da man die Revision des Sexualstrafrechts nun schon zu lange – seit 2008 – vor sich her schiebe und eine von der Harmonisierung der Strafrahmen getrennte Vorlage diesen Prozess noch einmal verlängern würde. Tatsächlich vermochte diese Argumentation eine Mehrheit des Nationalrates zu überzeugen und so gab die grosse Kammer – entgegen der Empfehlung ihrer Kommissionsmehrheit – der Initiative knapp mit 77 zu 72 Stimmen bei 14 Enthaltungen Folge. Möglich wurde dieses Resultat, weil neben der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion auch die Fraktionen der Mitteparteien und der FDP grossmehrheitlich für Folgegeben stimmten und sich gleichzeitig mehrere Vertreterinnen und Vertreter aus dem links-grünen Lager enthielten (5 SP, 4 GP und 2 GLP).

Erhöhung des Strafmasses bei Vergewaltigungen (Pa.Iv. 16.483)
Dossier: Harmonisierung der Strafrahmen (Besonderer Teil des Strafgesetzbuches)

Der Bundesrat soll die Regeln zur Gesamtstrafenbildung überprüfen und mögliche Alternativen zum geltenden Recht mit ihren Vor- und Nachteilen aufzeigen. So verlangte es der Ständerat, als er in der Sommersession 2020 ein entsprechendes Postulat seiner Rechtskommission überwies. Eine Gesamtstrafe wird gebildet, wenn jemand mehrere Delikte gleichzeitig begangen hat, und fällt nach dem sogenannten Asperationsprinzip immer geringer aus als die Summe der Einzelstrafen. Im Ratsplenum machte Kommissionssprecher Andrea Caroni (fdp, AR) auf zwei konkrete Probleme der heutigen Regeln aufmerksam: Einerseits bedinge die festgeschriebene maximale Anzahl von 180 Tagessätzen, dass eine Gesamtstrafe nie höher als 180 Tagessätze sein kann, selbst wenn zum Beispiel von drei begangenen Delikten jedes einzelne 90 Tagessätze Strafe nach sich zöge; so könne man ab einem gewissen Punkt «gratis delinquieren». Andererseits werde auch bei Delikten, die in der Probezeit einer bedingten Strafe begangen werden, mit der ursprünglichen, bedingten Strafe eine Gesamtstrafe gebildet, womit man gerade dann einen «Rabatt» auf die Strafe erhalte, wenn man sich eigentlich bewähren sollte.

Überprüfung der Regeln zur Gesamtstrafenbildung (Po. 20.3009)