Die Teilrevision des Bundesgesetzes über das Öffentlichkeitsprinzip, die von der SPK-NR aufgrund einer parlamentarischen Initiative von Edith Graf-Litscher (sp, TG) ausgearbeitet worden war, wurde in der Frühjahrssession 2021 im Nationalrat debattiert. Der Vorschlag sah vor, dass für den Zugang zu öffentlichen Dokumenten keine Gebühren mehr erhoben werden dürfen, es sei denn der Verwaltungsaufwand sei besonders hoch. In der Vorlage wurde hierzu ein Maximalbetrag von CHF 2'000 festgelegt, wogegen zwei Minderheitenanträge eingereicht worden waren: Die Minderheit Damien Cottier (fdp, NE) wollte, dass die Tarife wie bisher vom Bundesrat per Verordnung festgelegt werden sollen, und die von Jean-Luc Addor (svp, VS) angeführte Minderheit schlug vor, selbst bei aufwändigen Verfahren überhaupt keine Gebühr zu verlangen, wenn das öffentliche Interesse für die Anfrage gross ist.
Bevor über die Gebührenerhebung diskutiert werden konnte, musste die Volkskammer freilich über Eintreten beschliessen. Eine Minderheit der SPK-NR hatte nämlich dafür plädiert, gar nicht auf die Vorlage einzutreten. Für diese Minderheit argumentierte Marco Romano (mitte, TI), dass ein Paradigmenwechsel, wie er hier angestrebt werde, nicht nötig sei. Kostenlosigkeit sei zudem ein falsches Signal. Solche Anfragen verursachten immer Kosten, die letztlich von der Allgemeinheit getragen werden müssten. Bei unverhältnismässig hohen Kosten dürften diese sehr wohl auf die Verursachenden abgewälzt werden. Dies funktioniere mit der aktuell geltenden Regelung ja bereits gut und Gebühren würden nur mit der nötigen Zurückhaltung verlangt. Die Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen liessen erkennen, dass Eintreten kaum umstritten sein würde. Hervorgehoben wurde die Bedeutung der Transparenz der Staatsbehörden für die Demokratie, die mit dem Öffentlichkeitsprinzip bedeutend erhöht werden könne. Damien Cottier (fdp, NE) gab hingegen bekannt, dass sich die FDP.Liberalen-Fraktion der Minderheit Romano anschliesse. Es müsse vermieden werden, dass die Verwaltung mit zeitintensiven Gesuchen eingedeckt werde. Die 55 Stimmen, die gegen Eintreten votierten, stammten denn auch aus der geschlossen stimmenden FDP.Liberalen-Fraktion und aus der grossen Mehrheit der Mitte-Fraktion. Gegen die 135 Stimmen für Eintreten aus allen anderen Fraktionen reichten sie freilich nicht aus.
In der Folge wurden beide Minderheitenanträge abgelehnt. Mit 139 zu 51 Stimmen sprach sich der Nationalrat gegen die Minderheit Addor aus, die lediglich Unterstützung aus der SVP-Fraktion erhielt. Trotz des Antrags von Bundesrätin Karin Keller-Sutter, es vor allem bei grossem Aufwand dem Bundesrat zu überlassen, wie hoch die Gebühren sein sollen, weil «Jahr für Jahr [...] mehr Zugangsgesuche bei den Bundesbehörden» eingingen, wurde auch die Minderheit Cottier mit 121 zu 68 Stimmen – Letztere aus den geschlossen stimmenden Fraktionen der Mitte und der FDP und einem Teil der SVP-Fraktion – abgelehnt. Ebenfalls nicht auf Gehör stiess der Antrag des Bundesrats, den Passus zur Informationspflicht aus der Vorlage zu streichen. Der Entwurf sah vor, dass die Gesuchstellenden informiert werden müssen, wenn die Verwaltung eine Gebühr zu erheben gedenkt, wobei auch die Höhe der Gebühr (maximal CHF 2'000) kommuniziert werden müsste. Mit 190 zu 1 Stimme wurde die Informationspflicht jedoch deutlich gutgeheissen. Einzig Kurt Fluri (fdp, SO) unterstützte den Antrag der Regierung. Mit 136 zu 54 Stimmen bei 3 Enthaltungen bei der Gesamtabstimmung schickte der Nationalrat die Vorlage an die kleine Kammer. Die Gegenstimmen stammten erneut von den Fraktionen der FDP.Liberalen und der Mitte.

Öffentlichkeitsprinzip (Pa.Iv. 16.432)
Dossier: Öffentlichkeitsprinzip in der Bundesverwaltung