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Ende Oktober 2023 präsentierte der Bundesrat den Bericht in Erfüllung des Postulats der WBK-NR zur «Stärkung der Nationalen Strategie Sucht durch den Einbezug der Cyberabhängigkeit». Inhalt des Postulates war die Forderung, dass Massnahmen zur Bekämpfung von Cyberabhängigkeit ausgearbeitet werden sollen, welche die Bereiche Bildung, Prävention, Behandlung und Risikominderung umfassten. Der Bericht sei unter Berücksichtigung der suchtübergreifenden Nationalen Strategie Sucht 2017–2024 erstellt worden. Eine vom BAG in Auftrag gegebene Situationsanalyse habe ergeben, dass der Bund seine Kompetenzen und Ressourcen in sämtlichen Handlungsfeldern angemessen einsetze. Allerdings sei auch festgestellt worden, dass mit der Plattform «Jugend und Medien» zur Förderung der Medienkompetenz und der Erstellung von Syntheseberichten durch die Expertengruppe Onlinesucht zwei zentrale Aktivitäten im Zusammenhang mit Cyberabhängigkeit bislang noch nicht in den Massnahmenplan der Strategie Sucht integriert worden seien. Die beiden Aktivitäten sollen in den überarbeiteten Massnahmenplan für die Periode 2025 bis 2028 einfliessen. Fortgeführt werden sollen zudem bestehende Aktivitäten aus den Bereichen Forschung/Monitoring, Früherkennung, Frühintervention und Schadensminderung.

Stärkung der Nationalen Strategie Sucht durch den Einbezug der Cyberabhängigkeit (Po. 20.4343)

Nachdem sich die SGK-SR deutlich gegen eine Standesinitiative des Kantons Solothurn zur Cannabis-Legalisierung ausgesprochen hatte, war es in der Herbstsession 2023 am Ständerat, das Geschäft zu diskutieren. Hans Stöckli (sp, BE) machte sich im Namen der Kommission dafür stark, der Initiative keine Folge zu geben. Er begründete diese Haltung, indem er auf die parlamentarische Initiative Siegenthaler (mitte, BE; Pa.Iv. 20.473) verwies, die quasi «deckungsgleich» mit der Solothurner Standesinitiative sei. Eine Annahme Letzterer würde zu Doppelspurigkeiten führen, was man vermeiden wolle. Stillschweigend gab der Ständerat dem Geschäft keine Folge.

Cannabis-Legalisierung (St.Iv. 22.317)

In der Herbstsession 2023 setzte sich der Ständerat als Erstrat mit dem bundesrätlichen Entwurf zur Umsetzung der Tabakwerbeverbotsinitiative in Form einer Teilrevision des Tabakproduktegesetzes auseinander. Während Eintreten auf das Geschäft unbestritten war, fielen die Wortmeldungen bezüglich Umsetzung des Volksbegehrens doch sehr unterschiedlich aus. Gemäss dem Sprecher der SGK-SR, Damian Müller (fdp, LU), reichten die Anträge der Landesregierung über die Forderungen der Initiative hinaus. Esther Friedli (svp, SG) verlangte, dass «bei allen Abstimmungen die gleichen Massstäbe» angewandt werden sollten und verwies dabei auf die Zuwanderungsinitiative, die nicht gemäss Wortlaut des Verfassungsartikels umgesetzt worden sei. Hans Stöckli (sp, BE) vom Initiativkomitee und Pirmin Bischof (mitte, SO) wiederum setzten sich für ein striktes Verbot ein.
In der Detailberatung gab zuerst das vom Bundesrat angedachte komplette Tabakwerbeverbot in Presseerzeugnissen – unabhängig von der Leserschaft – zu reden. Einer Minderheit Bischof, welche diesen Punkt unterstützte, gelang es, sich mit 22 zu 17 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) gegen die Kommissionsmehrheit durchzusetzen. Diese wollte Werbung erlauben, sofern «das Presseerzeugnis mehrheitlich über Abonnemente an Erwachsene verkauft» werde.
Betreffend das Verkaufsverbot durch mobiles Verkaufspersonal an öffentlich zugänglichen und von Jugendlichen frequentierten Orten war es hingegen eine Kommissionsmehrheit, die eine im Vergleich zur Exekutive restriktivere Regelung forderte. Konkret beabsichtigte sie, es auch dem Verkaufspersonal wie etwa Kioskbetreibenden zu untersagen, bei erwachsenen Kunden Verkaufsförderung durchzuführen. Damit vermochte sie mit 18 zu 22 Stimmen jedoch nicht, eine Minderheit Hegglin (mitte, ZG) zu überstimmen, welcher die bundesrätliche Variante zu diesem Punkt streichen und entsprechend gar keine Regelung will.
Eine Abschwächung des Entwurfs der Landesregierung erfolgte zudem bezüglich Verkaufsförderung von Zigarren und Zigarillos bei Degustationen und Kundenpromotionen. Während die Exekutive vorsah, eine solche Verkaufsförderung nur bei Anlässen zu gestatten, die nicht von Minderjährigen besucht werden können, beantragte eine Kommissionsmehrheit, dies weiterhin zu erlauben, da diese Produkte bei Minderjährigen kaum Beliebtheit geniessen dürften. Hans Stöckli argumentierte vergebens, dass nirgends zwischen Zigaretten, Zigarren und Zigarillos unterschieden werde und es sich bei all diesen Produkten um Tabakprodukte handle, deren Werbung mittels der Initiative verboten werden soll. Mit 23 zu 17 Stimmen sprach sich der Ständerat für den Mehrheitsvorschlag aus.
Geschlagen geben mussten sich der Bundesrat und eine Minderheit Stöckli auch bei der Frage, ob Sponsoring nationaler Anlässe, die für Kinder und Jugendliche zugänglich sind, verboten werden sollen. Statt eines gänzlichen Verbots plädierte die Mehrheit der Kommission erfolgreich für die Einschränkung des Markenauftritts auf Bereiche, die für Minderjährige nicht sichtbar sind – beispielsweise in separaten Zelten (25 zu 14 Stimmen bei 2 Enthaltungen).
Weitere Anpassungen am Entwurf der Landesregierung wurden stillschweigend gutgeheissen. Dazu zählte unter anderem eine genauere Definition der Anforderungen an Alterskontrollen bei Online-Verkäufen und -Werbung.
In der Gesamtabstimmung sprach sich die kleine Kammer mit 37 zu 3 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) für den Entwurf aus. Die Gegenstimmen stammten allesamt aus dem Lager der SVP-Fraktion.

Umsetzung der Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» (BRG 23.049)
Dossier: Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» und deren Umsetzung

Während der Herbstsession 2023 setzte sich der Nationalrat mit einem Postulat seiner WAK auseinander, das eine Gesamtschau des Markts für Tabak- und Tabakersatzprodukte forderte. Konkret sollte der Bundesrat im verlangten Bericht auf eine Reihe an Punkten eingehen, darunter etwa auf die aktuellen Tabakprodukte, deren Verkaufsentwicklung während der vergangenen zehn Jahre, die steuerliche Behandlung im In- und Ausland sowie auf Auswirkungen der Besteuerung auf den Schwarzmarkt und den Einkaufstourismus. Die beiden Kommissionssprecher Martin Landolt (mitte, GL) und Olivier Feller (fdp, VD) begründeten das Geschäft damit, dass im Zuge der Änderungen am Tabaksteuergesetz bezüglich E-Zigaretten-Besteuerung, welche ihren Ursprung in einer Motion der SGK-SR haben, zusätzlicher Änderungsbedarf zutage getreten sei. Das vorliegende Postulat solle nun dazu dienen, diesen Bedarf besser zu verstehen. Eine Minderheit rund um Céline Amaudruz (svp, GE) sprach sich gegen den Vorstoss aus, da sie den verlangten Bericht als nicht notwendig erachtete und eine allgemeine Tabaksteuererhöhung als Konsequenz befürchtete. Finanzministerin Karin Keller-Sutter hingegen unterstützte das Postulat. Sie betonte, dass es neben den Steuererhöhungen auch um die Präsentation einer Gesamtschau des Tabakmarktes und um die Erarbeitung einer Entscheidungsgrundlage gehe. Der Nationalrat nahm den Vorstoss mit 139 zu 41 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) deutlich an, wobei alle Nein-Stimmen aus dem Lager der SVP-Fraktion stammten.

Gesamtschau des Markts für Tabak- und Tabakersatzprodukte (Po. 23.3588)

Im September 2023 reichte die FDP-Fraktion ein Postulat ein mit der Forderung an den Bundesrat, einen Zeitplan zur Steigerung der Transparenz im Gesundheitswesen im Hinblick auf die Qualitätsentwicklung zu erarbeiten. Das Ziel sei, dass die Qualitätsindikatoren nach Krankheitsbildern möglichst für alle Akteurinnen und Akteure des Gesundheitswesens zugänglich gemacht werden können, ohne grösseren administrativen Aufwand zu erzeugen. Gemäss der Fraktion herrsche wenig Transparenz bei den erbrachten Leistungen der Spitäler und das trotz der vom Bundesrat veröffentlichten Strategie, welche dies explizit anstrebe. Von steigender Transparenz profitierten sowohl Leistungserbringende wie auch Patientinnen und Patienten, wobei passende Kooperationspartner respektive Ärztinnen und Ärzte identifiziert werden können.
Der Bundesrat erachtete es als sinnvoll, die vom Postulat geforderten Transparenzmassnahmen in den jährlichen Bericht der Qualitätsentwicklung mit einzubeziehen und beantragte das Postulat anzunehmen.
In der Wintersession 2023 nahm der Nationalrat das Postulat stillschweigend und diskussionslos an.

Qualitätsentwicklung. Ein Zeitplan zur Steigerung der Transparenz im Gesundheitswesen (Po. 23.4004)

In der Herbstsession 2023 machte sich der Nationalrat an die Differenzbereinigung zum Entwurf für eine einheitliche Finanzierung der Leistungen im ambulanten und stationären Bereich und nahm dabei einige gewichtige Bereinigungen vor.

Die grosse Frage, die sich bei der Debatte im Rat stellte, betraf einmal mehr den Einbezug der Langzeitpflege in EFAS. Die beiden Kommissionssprecher Lorenz Hess (mitte, BE) und Philippe Nantermod (fdp, VS) betonten mehrfach, dass sich die SGK-NR diese Integration nicht gewünscht habe, EFAS ohne Pflege jedoch aufgrund des Widerstands der Kantone und des Ständerats nicht möglich sei. Die Integration der Pflege verursache zwar Kosten, die Einsparungen durch EFAS seien aber noch immer so gross, dass sich die Reform dennoch lohne. Folglich empfahl die Kommissionsmehrheit, dem Einbezug zuzustimmen und diese Differenz zu bereinigen. Eine Minderheit Aeschi (svp, ZG) erachtete jedoch die Zusatzkosten durch die Integration der Pflege als so hoch, dass sie «allfällige Einsparungen» durch EFAS übersteige – folglich solle diese Differenz zum Ständerat aufrechterhalten werden. Mit 108 zu 85 Stimmen folgte die grosse Kammer dem Mehrheitsantrag und integrierte die Langzeitpflege in EFAS. Die ablehnenden Stimmen stammten von der SVP-Fraktion sowie von grossen Mehrheiten der Mitte- und der Grünen-Fraktion. Somit war das grösste Hindernis für die Vorlage aus dem Weg geräumt.

Zwar hatte der Nationalrat bei der Integration der Pflegekosten eingewilligt, die Kommissionsmehrheit schlug aber vor, diese erst nach erfolgter Kostentransparenz im Pflegebereich umzusetzen, konkret also nach Vorliegen der kosten- und datenbasierten Pflegeleistungstarife und der vollständigen Umsetzung der Pflegeinitiative. Der Ständerat wollte die Pflege hingegen gleich im Anschluss an die erfolgte Einführung von EFAS integrieren, der Nationalrat stimmte hier jedoch dem Vorschlag seiner Kommissionsmehrheit zu.
Auch zahlreiche weitere Fragen waren direkt mit der Integration der Pflegekosten verbunden, etwa die Höhe des Kantonsanteils. So lehnte der Nationalrat einen Minderheitsantrag Aeschi, den Kantonsbeitrag auf 24.5 Prozent und somit ohne Einbezug der Pflegekosten festzulegen, ab. Alternativ wurde diskutiert, den Kantonsanteil gegenüber dem ständerätlichen Vorschlag zu erhöhen – die Kommissionsmehrheit schlug eine Erhöhung auf 28.6 Prozent vor (Ständerat: 26.9%), eine Minderheit Weichelt (al, ZG) gar auf 30 Prozent. Eine Minderheit Glarner (svp, AG) wiederum wollte diesbezüglich dem Ständerat folgen. Auch hier setzte sich die Kommissionsmehrheit durch, genauso wie bei ihrer Forderung, dass der Kantonsbeitrag periodisch überprüft werden soll.

In der Folge pflichtete der Nationalrat vielen Änderungsvorschlägen des Ständerates bei, aufgrund ihrer grossen Anzahl blieben dennoch einige gewichtige Differenzen offen – insbesondere bei der Frage nach den zukünftigen Kompetenzen der Kantone bezüglich der Finanzierung der Gesundheitsleistungen. Hier hatte der Ständerat verschiedene Regelungen geschaffen, etwa dass die Kantone Kostenübernahmen ablehnen und Beschwerden vor dem Versicherungsgericht führen können, wenn sie der Meinung sind, dass die Bedingungen der Kostenübernahme nicht erfüllt sind. Beides lehnte der Nationalrat auch gegen verschiedene Minderheitsanträge ab. Auch den kostenlosen Zugang der Kantone zu den stationären Rechnungen der Krankenkassen strich die grosse Kammer wieder – sie folgte dabei einer Minderheit Silberschmidt (fdp, ZH) anstelle der Kommissionsmehrheit, welche hier einen Kompromissvorschlag gemacht hatte. Stattdessen dehnte der Nationalrat die Datenlieferungen der Kantone an die Versicherungen aus, indem er auch die zur Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen der Leistungserbringenden nötigen Daten einbezog.
Des Weiteren hatte sich der Ständerat davor gefürchtet, dass die Spitalplanung ihre Wirksamkeit verlieren würde, wenn Vertragsspitäler zukünftig eine höhere Vergütung durch den Kanton erhielten als bisher, wie es die SGK-NR in ihrem ursprünglichen Entwurf vorgeschlagen hatte. Der Nationalrat teilte diese Furcht jedoch nicht und folgte einer Minderheit de Courten (svp, BL), welche hier an der nationalrätlichen Position und somit an der höheren Vergütung für die Vertragsspitäler festhalten wollte. Ähnliche Befürchtungen standen hinter dem Vorschlag des Ständerats, dass Kostenbeteiligungen der Versicherten an Spitalkosten zukünftig nicht versichert werden dürften, was der Nationalrat ebenfalls ablehnte.
Weitere unbereinigte Differenzen betrafen schliesslich die Kostenverteilung bei den Pflegeleistungen, wo der Ständerat etwa einen Beitrag der Versicherten gefordert hatte, was der Nationalrat jedoch ablehnte. Hingegen verlangte die grosse Kammer, dass die Kostenübernahme von Pflegeleistungen ohne ärztliche Anordnung zukünftig auf gesamtschweizerischen Verträgen beruhen muss. Zudem muss der Bundesrat bei der Bezeichnung der übernommenen Leistungen gemäss Nationalrat ausdrücklich den Pflegebedarf von Personen mit komplexen Erkrankungen oder mit palliativer Pflege berücksichtigen.
Mit zahlreichen, aber deutlich weniger offenen Differenzen als zuvor ging EFAS damit zurück an den Ständerat.

Einführung eines monistischen Finanzierungssystems für die Gesundheitsleistungen (EFAS; Pa.Iv. 09.528)

Rückblick auf die 51. Legislatur: Gesundheit

Autorinnen: Joëlle Schneuwly und Anja Heidelberger

Stand: 17.08.2023

Das für die Gesundheitspolitik prägendste Ereignis der 51. Legislatur war unbestritten die Covid-19-Pandemie: Ab Februar 2020 stiegen weltweit und auch in der Schweiz die Fallzahlen von Personen, die an dem neuen Corona-Virus erkrankten, das insbesondere bei älteren Personen unter anderem zu schweren Lungenerkrankungen führte. Mitte März 2020 rief der Bundesrat die «ausserordentliche Lage» gemäss Epidemiengesetz und beruhend darauf einen sogenannten Lockdown aus, um weiterhin genügend freie Spitalbetten garantieren zu können. Dabei wurde das gesellschaftliche Leben weitestgehend heruntergefahren, geöffnet blieben nur Lebensmittelgeschäfte und Gesundheitseinrichtungen. Die Bevölkerung wurde angehalten, zuhause zu bleiben und – wenn möglich – von dort aus zu arbeiten, zudem wurden unter anderem der Präsenzunterricht in Schulen eingestellt und die Grenzen geschlossen. Der Lockdown dauerte bis Juni 2020, in den Sommermonaten erholten sich die Fallzahlen. Bereits ab Oktober 2020 folgte jedoch die zweite Welle, die erneute landesweite Massnahmen und Einschränkungen nach sich zog.

Mitte August legte der Bundesrat das Covid-19-Gesetz vor, durch das er die bisherigen Notverordnungen ersetzte und das in der Herbstsession 2020 vom Parlament unter ausgiebigen Diskussionen verabschiedet wurde. Im Juni 2021 sprach sich die Schweizer Stimmbevölkerung mit 60.2 Prozent Ja-Stimmen für das Covid-19-Gesetz aus. Ähnlich hoch war die Zustimmung auch im November 2021 (62.0% Ja-Stimmen) sowie im Juni 2022 (61.9%), als über die zweite respektive fünfte Revision des Gesetzes abgestimmt wurde – Massnahmengegnerinnen und -gegner hatten jeweils das Referendum ergriffen.

In der Zwischenzeit kam es immer wieder zu neuen Virusvarianten und Ansteckungswellen, die jedoch weniger intensiv waren als die zweite Welle. Ende 2020 erteilte Swissmedic der ersten Covid-19-Impfung die Zulassung – diese reduzierte anfänglich das Ansteckungsrisiko sowie das Risiko eines schweren Verlaufs deutlich, später jedoch nur noch Letzteres. Bis Ende November 2021 waren 66 Prozent der Schweizer Bevölkerung ausreichend geimpft, wobei der ungeimpfte Teil der Bevölkerung eine Impfung grösstenteils strikt ablehnte. Sie fürchteten sich zudem vor einer Impfpflicht, was sich mit Einführung des sogenannten Covid-19-Zertifikats im Juni 2021 noch verstärkte: Ab dann konnten öffentliche Anlässe nur noch unter Nachweis einer Impfung, einer Genesung oder eines negativen Covid-19-Tests besucht werden – Ende 2021 gar nur noch nach Impfung oder Genesung. Damit wollte der Bundesrat eine erneute Schliessung des öffentlichen Lebens verhindern.

Im Laufe der Zeit wurde der Unmut der Massnahmengegnerinnen und -gegner immer lauter. Sie brachten diesen in wöchentlichen Demonstrationen zum Ausdruck, welche insbesondere im Rahmen der Kampagne zur Abstimmung über die zweite Revision des Covid-19-Gesetzes immer gehässiger wurden, so dass die Medien bald von einer «Spaltung der Gesellschaft» sprachen. Nach der erneuten Zustimmung durch die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger schienen sich die Wogen zumindest gegen aussen wieder etwas zu glätten.

Ab Ende November 2021 verbreitete sich die neue Virusvariante «Omikron», die deutlich ansteckender war als die bisher vorherrschende Delta-Variante, gleichzeitig aber weniger gefährlich. Somit schnellten zwar die Ansteckungszahlen in bisher kaum denkbare Höhen, diese zogen aber deutlich weniger Neuhospitalisierungen nach sich. In der Folge nahm die Dominanz der Pandemie in der Schweizer Politik und in den Medien fast schlagartig ab, Anfang April 2022 kehrte die Schweiz wieder in die «normale Lage» gemäss Epidemiengesetz zurück und der Bundesrat hob (fast) alle noch verbliebenen Massnahmen auf. Die Zertifikatspflicht war bereits Mitte Februar 2022 eingestellt worden. Zwar wurde das Covid-19-Gesetz im Dezember 2022 – quasi als Sicherheit gegen ein erneutes Aufflammen des Virus – teilweise verlängert, für die meisten Menschen hatte die Pandemie in der Zwischenzeit jedoch ihren Schrecken verloren.

Nachwirkungen hatte die Pandemie in vielen Themenbereichen, im Gesundheitsbereich insbesondere auf diejenigen Menschen, die unter Long Covid oder Post Covid litten – einer Erkrankung, die noch Monate nach einer Infektion mit Covid-19 verschiedene Symptome mit sich bringt. Folgen hatte die Pandemie auch für die Spitäler, deren teilweise bereits vor der Pandemie schwierige wirtschaftliche Lage durch das Verbot während des Lockdowns, nicht dringliche Untersuchungen durchzuführen, um genügend Kapazitäten für Notfälle zu haben, noch verschärft worden waren. Schliesslich trieb die Pandemie auch die Digitalisierung im Gesundheitswesen voran, wobei noch immer intensiv am elektronischen Patientendossier gearbeitet wurde.

Neben der Pandemie wurde die Gesundheitspolitik in der 51. Legislatur vor allem von Initiativen vorangetrieben. So nahmen die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger im November 2021 mit 61 Prozent Ja-Stimmen die Pflegeinitiative an, welche eine Verbesserung des Pflegendenstatus und die Sicherstellung einer genügend grossen Anzahl diplomierter Pflegefachpersonen erreichen wollte. Sie bevorzugten die Initiative damit gegenüber dem indirekten Gegenvorschlag des Parlaments, welchen Bundesrat und Parlament in der Folge als Teil der Umsetzung der Initiative in Kraft setzte.

Auch die Initiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung», die ein weitreichendes Verbot von Tabakproduktewerbung verlangte, wurde im Februar 2022 von der Stimmbürgerschaft einem indirekten Gegenvorschlag in Form eines Tabakproduktegesetzes vorgezogen. Im Bereich der Suchtmittel bewilligte der Bund 2022 hingegen erste Versuche für eine wissenschaftlich begleitete, kontrollierte Abgabe von Cannabis, von denen man sich einen Erkenntnisgewinn zu alternativen Regulierungsformen erhoffte.

Auch der Organspende-Initiative, welche die bisherige Zustimmungslösung bei der Organspende durch eine Widerspruchslösung ersetzen wollte, hatten Bundesrat und Parlament einen abgeschwächten indirekten Gegenvorschlag mit einer erweiterten Zustimmungslösung, bei der bei Nichtvorliegen des Willens der verstorbenen Person die Meinung der Angehörigen berücksichtigt werden sollte, vorgelegt. Das Initiativkomitee zog daraufhin seine Initiative bedingt zurück und die Stimmbürgerschaft bestätigte die Gesetzesänderung am 15. Mai 2022 an der Urne, nachdem das Referendum gegen den Gegenvorschlag ergriffen worden war.

Bereits während der Pandemie, insbesondere aber im Jahr 2022 wurde eine neue gesundheitsrelevante Krise deutlich, die Medikamentenknappheit. Aufgrund von Brexit, der Opioidkrise in den USA und dem Ukrainekrieg wurden erste Medikamente knapp, weshalb der Bundesrat in den Jahren 2022 und 2023 verschiedene Pflichtlager, etwa für Opioide und Impfstoffe, freigab.


Zu den Jahresrückblicken
2020
2021
2022

Rückblick auf die 51. Legislatur: Gesundheit
Dossier: Rückblick auf die 51. Legislatur

Der Kanton Solothurn beabsichtigte im September 2022 mittels Standesinitiative eine Legalisierung des Anbaus, Handels, Besitzes, Konsums und der Abgabe von Cannabis. Die Substanz soll vergleichbar mit alkoholischen Getränken reguliert werden. Bei Cannabis handle es sich um jene illegale Substanz, die hierzulande am häufigsten konsumiert werde, erklärte der Kanton Solothurn in seiner eingereichten Begründung. Der Konsum könne verschiedene Folgen nach sich ziehen, die von körperlichen Auswirkungen bis hin zu psychischen Beeinträchtigungen reichten. Verschärft würden die Gesundheitsrisiken insbesondere durch synthetische Cannabinoide, welche teilweise auf legal erworbenes CBD-Hanf aufgesprüht würden. Durch eine Aufhebung des bestehenden Verbots und durch eine Neuregulierung könnten Cannabisprodukte kontrolliert und somit die Gesundheitsrisiken gesenkt werden. Weiter betonte der Nordwestschweizer Kanton, dass der Jugendschutz, die Prävention und die Ergebnisse der Pilotversuche mit nicht-medizinischem Cannabiskonsum miteinbezogen werden sollen. Die Forderung der Standesinitiative entsprach derjenigen der parlamentarischen Initiative Siegenthaler (mitte, BE; Pa.Iv. 20.473). Mitte August 2023 sprach sich die SGK-SR mit 6 zu 0 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) gegen den Solothurner Vorstoss aus. Sie begründete ihre negative Haltung damit, dass sich die nationalrätliche SGK bereits mit einer neuen Cannabisregulierung befasse, welche die gleichen Absichten verfolge.

Cannabis-Legalisierung (St.Iv. 22.317)

Die Motion «Keine mengenbezogenen Lohnanreize für Spitalärzte» von Jörg Mäder (glp, ZH) stand in der Sommersession 2023 auf der Traktandenliste der Ständerats. Für die Mehrheit der SGK-SR tat Erich Ettlin (mitte, OW) zwar die Unterstützung für das Anliegen kund, beantragte aber gleichzeitig die Ablehnung des Geschäfts. Er begründete diese Haltung mit den bereits vom Bundesrat ergriffenen Massnahmen bezüglich Vorgaben zu Lohnsystemen in den Spitälern. Eine Minderheit rund um Mathilde Crevoisier Crelier (sp, JU) sprach sich hingegen für die Annahme des Vorstosses aus. Die Jurassierin beabsichtigte damit, die Kantone bei deren Arbeiten zu unterstützen und so sicherzustellen, dass mengenabhängige Vergütungssysteme bald landesweit verboten seien. Damit blieb sie bei ihren Ratskolleginnen und Ratskollegen jedoch ohne Erfolg. Das Stöckli schickte die Motion mit 26 zu 10 Stimmen bachab.

Keine mengenbezogenen Lohnanreize für Spitalärzte

Zusammen mit einer Motion Graf (gp, BL; Mo. 22.3246) befasste sich der Ständerat in der Sommersession 2023 mit einem Postulat seiner SGK, das den Bundesrat damit betrauen wollte, eine mögliche Ausgestaltung der Rechtsgrundlagen für Triage-Entscheidungen in Spitälern bei Ressourcenknappheit darzulegen. Ein Augenmerk solle in diesem Zusammenhang insbesondere auf den Diskriminierungsschutz von Menschen mit einer Behinderung gelegt werden. Als Kommissionssprecher erklärte Erich Ettlin (mitte, OW) im Rat, dass im Rahmen der Vorprüfung der Motion Graf festgestellt worden sei, dass man anstatt einer rechtlichen Grundlage – wie dies beim Anliegen der Baselbieterin der Fall gewesen wäre – lieber ein Postulat in Auftrag geben möchte. Die daraus folgende Arbeit des Bundesrates könne sodann «eine Diskussionsbasis» darstellen, um sich mit den «sehr schwierigen Fragen» der Triage auseinanderzusetzen. Gesundheitsminister Berset ging mit dem Kommissionssprecher zwar einig, dass es Diskriminierung zu vermeiden gelte und der Zugang zu medizinischer Versorgung für alle Menschen gewährleistet sein soll. Allerdings bedürfe es dafür nicht der Regelung auf Bundesebene, denn auf dieser existierten bereits Ethikrichtlinien, mit denen Diskriminierung unterbunden werde. Vielmehr müssten die Kantone, bei denen die Verantwortung für die Gesundheitsversorgung liege, Massnahmen treffen. Daher empfehle die Landesregierung das Postulat zur Ablehnung. Der Gesundheitsminister blieb mit seinem Appell jedoch erfolgslos. Mit 36 zu 1 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) stimmte der Ständerat für den Vorstoss seiner SGK. Maya Graf zog in der Folge ihre Motion zurück.

Rechtsgrundlage und Diskriminierungsschutz bei Triage-Entscheidungen beim Zugang zu intensivmedizinischen Behandlungen (Po. 23.3496)

Anfang Sommersession 2023 nahm sich der Ständerat einer Motion Roduit (mitte, VS) mit dem Titel «Aromatisierte Zigaretten. Junge Menschen schützen» an. Für die Mehrheit der SGK-SR sprach sich Hannes Germann (svp, SH) gegen das Geschäft aus. Er begründete diese Haltung damit, dass einige Forderungen des Vorstosses mit dem neuen Tabakproduktegesetz bereits erfüllt und andere erst vor kurzem abgelehnt worden seien. Hans Stöckli (sp, BE) von der Kommissionsminderheit, welcher auf die schädliche Wirkung entsprechender Produkte hinwies, sah dies anders und beantragte Annahme der Motion. Gesundheitsminister Berset wiederum schloss sich der Argumentation Germanns an und empfahl die Ablehnung der Geschäfts. Anschliessend schickte der Ständerat die Motion mit 24 zu 11 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) bachab.

Aromatisierte Zigaretten. Junge Menschen schützen (Mo. 20.3634)

Um die im Februar 2022 angenommene Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» umzusetzen, beabsichtigte der Bundesrat, entsprechende gesetzliche Bestimmungen in das Tabakproduktegesetz aufzunehmen. Ende Mai 2023 veröffentlichte er seine Botschaft. Werbung für Tabakprodukte sollte künftig nicht nur untersagt sein, falls damit Minderjährige erreicht würden, sondern es sollte auch ein Werbeverbot und ein Verbot für mobiles Verkaufspersonal an Orten gelten, die von dieser Bevölkerungsgruppe aufgesucht werden. Dazu zählte die Regierung etwa Verkaufsstellen wie Kiosks und Festivals. In den Zeitungen ist überdies ein komplettes Werbeverbot vorgesehen, während es im Internet künftig beim Besuch einer Website einer Alterskontrolle bedarf, damit auf dieser entsprechende Werbung aufgeschaltet werden darf. In Zukunft ebenfalls nicht mehr erlaubt sein soll das von der Tabak- und E-Zigarettenindustrie betriebene Sponsoring von Veranstaltungen, die von Minderjährigen besucht werden können. Wie bei der Werbung im Internet soll neu auch für den Verkauf von Tabakprodukten und E-Zigaretten über das World Wide Web und an Automaten ein Alterskontrollsystem installiert werden. Der Bundesrat sah vor, dem BAG die Kompetenzen zur Einhaltungskontrolle dieser Punkte zu übertragen. Zudem soll eine Meldepflicht über die von der Tabak- und E-Zigarettenindustrie getätigten Ausgaben für Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring geschaffen werden, wobei es für die Unternehmen auch möglich sein soll, die Daten dem BAG aggregiert zu liefern. Dabei handle es sich um ein zentrales Element, wenn man das Rahmenabkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs ratifizieren wolle.

Im Vorfeld der Publikation der Botschaft hatte der Bundesrat die Revision des Tabakproduktegesetzes in die Vernehmlassung gegeben, bei der insgesamt 369 Stellungnahmen eingegangen waren. Während sich unter anderem die SP, die Grünen, die EVP, die GDK, 22 Kantone und verschiedene Gesundheitsorganisationen für den Entwurf oder sogar für noch strengere Massnahmen ausgesprochen hatten, zählten die SVP, der Kanton Neuenburg, die Tabak- und E-Zigarettenindustrie sowie Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft zu den Kritikerinnen und Kritiker des Vernehmlassungsentwurfs. Mit Vorbehalten ihre Unterstützung ausgesprochen hatten hingegen die beiden Parteien FDP und Mitte sowie der Kanton Waadt und einzelne Wirtschaftsvertreterinnen und -vertreter.

Umsetzung der Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» (BRG 23.049)
Dossier: Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» und deren Umsetzung

Ein viel diskutierter Punkt in den Beratungen zum Gesetz über den Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospielen waren sogenannte Mikrotransaktionen. Dabei handelt es sich um In-App-Käufe, die Spielende beispielsweise in Gratisapps dazu animieren sollen, kostenpflichtige Zusatzfunktionen freizuschalten, etwa um das Weiterspielen zu ermöglichen. Die Kosten für diese Zusatzfunktionen belaufen sich meistens auf unter CHF 5, weshalb von «Mikrotransaktionen» die Rede ist. Bei der Beratung zum Jugendschutzgesetz hatte die WBK-NR entschieden, diese Problematik zu einem späteren Zeitpunkt getrennt vom Jugendschutzgesetz zu behandeln und vorerst ein Postulat zu diesem Thema einzureichen. Demnach sollte der Bundesrat in einem Bericht die «Gefahren für Abhängigkeit und Suchverhalten» von Mikrotransaktionen sowie mögliche Mittel, diesen Gefahren entgegenzuwirken, aufzeigen. Mikrotransaktionen seien sehr intransparent und würden ein Suchtpotenzial bergen, begründete Meret Schneider (gp, ZH) im Namen der Kommissionsmehrheit in der Sondersession 2023 im Nationalrat das Postulat. Eine Minderheit de Montmollin (fdp, GE) beantragte die Ablehnung des Vorstosses, da kein Handlungsbedarf bestehe. So sei vor zwei Jahren bereits ein Postulat angenommen worden, das den Bundesrat beauftragt hatte, sich mit dem Thema «Internetsucht» zu befassen – darunter zähle die Minderheit auch die hier diskutierte Frage der Zusatzfunktionen in Videospielen. Innenminister Alain Berset widersprach dieser Argumentation der Minderheit: In besagtem Postulat sei es nicht um Mikrotransaktionen gegangen, sondern um die Integration des Themas «Internetsucht» in die Nationale Strategie «Sucht». In der Folge nahm der Nationalrat das Postulat mit 98 zu 71 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) an. Die ablehnenden Stimmen stammten von der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion sowie von der Mehrheit der FDP.Liberalen-Fraktion.

Schutz vor Zusatzfunktionen in Videospielen (Mikrotransaktionen) (Po. 23.3004)

In der Frühjahrssession 2023 stand die Änderung des Tabaksteuergesetzes zur Besteuerung von E-Zigaretten auf der ständerätlichen Traktandenliste. Roberto Zanetti (sp, SO), Urheber des damaligen Vorstosses auf Steuerbefreiung der E-Zigaretten, nutzte die Chance, um auf seine «immerhin edle[n] Motive» hinzuweisen – er habe sich davon eine «Ausstiegshilfe» erhofft, es habe sich aber herausgestellt, dass es sich dabei eher um eine «Einstiegshilfe» handle. Die Mehrheit der SGK-SR hatte sich zuvor gänzlich mit dem bundesrätlichen Vorschlag einverstanden gezeigt, jedoch lag ein umfassender Minderheitsantrag von Carlo Sommaruga (sp, GE) für eine allgemeine Änderung des Tabakgesetzes vor. Revisionen des Tabakbesteuerungsgesetzes seien selten, deshalb müsse man diese Chance nutzen, um Ungereimtheiten im Gesetz zu beheben, begründete der Antragsteller sein Vorgehen. Heute gebe es neben Zigaretten und Feinschnitttabak eine weitere Kategorie mit Tabakprodukten zum Erhitzen – beispielsweise «Iqos» von Philip Morris – , welche um 88 Prozent tiefer besteuert würde als klassische Zigaretten. Die angeblich geringere Schädlichkeit dieser Produkte sei jedoch nicht erwiesen, argumentierte Sommaruga. Entsprechend sollen diese gleichbehandelt werden wie klassische Zigaretten, während Snus, das insbesondere bei der Jugend im Trend stünde, oder andere Tabakfabrikate zukünftig wie Feinschnitttabak besteuert werden sollten. Finanzministerin Keller-Sutter sprach sich gegen diese Änderung aus, da damit die Steuer auf einigen Produkten fünfmal höher ausfallen würde als bisher. Kommissionssprecher Kuprecht (svp, SZ) befürchtete davon überdies eine Zunahme des Einkaufstourismus und Schmuggels. Mit 31 zu 9 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) sprach sich der Ständerat gegen den Minderheitsantrag aus. Erfolglos blieb auch Sommarugas Antrag, dass neben Zigaretten und Feinschnitttabak auch alle anderen Tabakprodukte über eine Abgabe zur Finanzierung des Präventionsfonds herangezogen würden, um eine Gleichbehandlung aller Produkte herzustellen.
Stillschweigend hiess der Ständerat hingegen die neuen Regelungen zu den E-Zigaretten gut. Einzig bei der Höhe der neuen Steuer lag ebenfalls ein Minderheitsantrag vor: Eine Minderheit Germann (svp, SH) schlug vor, die neue Steuer für nikotinhaltige Flüssigkeiten von nachfüllbaren E-Zigaretten auf 11 statt 20 Rappen pro Milliliter festzulegen. Da deren Schädlichkeitspotenzial um 95 Prozent tiefer liege als dasjenige von Zigaretten, solle auch die Steuer entsprechend 95 Prozent niedriger sein. Zwar seien 20 Rappen «im Vergleich zum Risikoprofil eher hoch», pflichtete ihm die Finanzministerin bei, jedoch entstamme die 95 Prozent tiefere Schädlichkeit aus Schätzungen und sei daher nicht sehr genau. Mit 24 zu 16 Stimmen (bei 1 Enthaltung) folgte der Ständerat seiner Kommissionsmehrheit. Anschliessend nahm er den Entwurf in der Gesamtabstimmung mit 40 zu 1 Stimme – derjenigen von Hannes Germann – an.

Änderung des Tabaksteuergesetzes zur Besteuerung von E-Zigaretten (BRG 22.069)

Nachdem Thomas de Courten (svp, BL) im Dezember 2022 ein Postulat Molina (sp, ZH) zum Drug Checking in der Schweiz – also zur Überprüfungsmöglichkeit von Substanzen für Drogenkonsumierende – bekämpft hatte, befasste sich der Nationalrat in der Frühjahrssession 2023 mit dem Geschäft. Gemäss dem Bericht in Erfüllung eines Postulats Rechsteiner (sp, SG; Po. 17.4076) hätten im Jahr 2017 acht Prozent der Schweizer Bevölkerung mindestens einmal illegale Substanzen konsumiert, wobei Cannabis hier nicht mitgezählt worden sei. Mittels Drug Checking bestünden bereits in verschiedenen Städten und Kantonen Angebote zur «Schadensminimierung». Nun soll der Bundesrat einen Bericht zu den bestehenden Substanzanalyseangeboten mit persönlicher Beratung und zu Unterstützungsmöglichkeiten durch den Bund ausarbeiten. Gesundheitsminister Alain Berset anerkannte die Wichtigkeit des Themas. Er wies auf einen bereits existierenden Bericht zur Effektivität von Drug Checking hin, gab allerdings zu bedenken, dass es nach wie vor Fragen zu den Rechtsgrundlagen gebe, die es noch zu klären gelte. Daher empfehle er das Postulat zur Annahme. Der Nationalrat folgte dieser Aufforderung mit 91 zu 88 Stimmen (bei 5 Enthaltungen). Geschlossen für das Postulat sprachen sich die Fraktionen der SP, der Grünen und der GLP aus. Geschlossen dagegen stellten sich die Fraktionen der SVP und der Mitte. Die FDP-Fraktion zeigte sich gespalten.

Drug-Checking in der Schweiz: Mit welchen Massnahmen kann das bestehende Angebot unterstützt und verbessert werden? (Po. 20.4047)

Im Januar 2023 legte der Bundesrat seine Stellungnahme zum Erlassentwurf der SGK-NR zur Schaffung von Ausnahmen von der dreijährigen Tätigkeitspflicht zur Zulassung von Leistungserbringenden zur Abrechnung mit der OKP vor. Er befürwortete die Änderung, zumal er in seinem damaligen Erlassentwurf eine solche Ausnahmeregelung eingebaut habe – diese sei aber vom Parlament zugunsten einer fixen dreijährigen Tätigkeitspflicht gestrichen worden. Er empfand aber auch die zeitliche Begrenzung der Massnahme als sinnvoll, da er sich von der neuen Möglichkeit der Kantone, Höchstzahlen für Fachgebiete oder Regionen zu bestimmen, einen abschwächenden Effekt erhoffte: Dadurch könne beispielsweise «eine Unterversorgung in einem bestimmten Fachgebiet oder in einer Region über Zulassungsbeschränkungen für andere Fachgebiete oder Regionen [...] indirekt gesteuert werden». Der Bundesrat verwies in seiner Stellungnahme aber auch auf die Kritik der EU, wonach die Zulassungsregelungen gegen das Nichtdiskriminierungsgebot des Freizügigkeitsabkommens verstosse.
Anfang Februar 2023 nahm die SGK-NR die bundesrätliche Stellungnahme zur Kenntnis, kurze Zeit später hiess auch ihre Schwesterkommission den Entwurf einstimmig gut. Der Entwurf war damit bereit, um in der Frühjahrssession 2023 von beiden Räten behandelt zu werden.

Ausnahmen von der dreijährigen Tätigkeitspflicht gemäss Artikel 37 Absatz 1 KVG bei nachgewiesener Unterversorgung (Pa.Iv. 22.431)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)

Anfang 2023 trat Regine Sauter das Präsidium des Spitalverbands H+ an. Die Generalversammlung folgte einstimmig der Empfehlung der Findungskommission, deren Chef Sauter aufgrund ihres Netzwerks in Bundesbern und ihres Gewichts im Parlament als Idealbesetzung für den Verband erachtete. Wie schon ihre Vorgängerin Isabelle Moret ist Sauter FDP-Nationalrätin und Mitglied der SGK-N. Der Spitalverband, der nach eigenen Angaben 205 öffentliche und private Spitäler, Kliniken und Pflegeinstitutionen vertritt, behält mit ihr also einen direkten Draht in dieses zentrale gesundheitspolitische Gremium. Moret war aufgrund ihrer Wahl in die Waadtländer Kantonsregierung vom Verbandsvorsitz zurückgetreten.
Sauter setzte sich in ihrer Antrittsrede zum Ziel, H+ solle «die massgebende Stimme sein, wenn es darum geht, die Rahmenbedingungen der Spital-, Klinik- und Pflegelandschaft der Schweiz für die nächsten Jahrzehnte zu definieren». Ihr Verband habe «die Kompetenz und auch die Legitimation dazu.» In einem Interview mit der NZZ äusserte sie sich kurz darauf zu weiteren gesundheits- und spitalpolitischen Positionen. Sauter sprach sich darin etwa für Versorgungsnetzwerke mit einem Spital als Zentrum aus, in denen verschiedene Akteure von Hausarztpraxen oder Permanencen über die Spitex bis zur Langzeitpflege zusammenarbeiten. Solche Netzwerke könnten etwa das Problem überlaufener Notfallstationen oder – dank einem effizienteren Einsatz des Personals – auch den Fachkräftemangel in der Pflege entschärfen. Ein weiteres Instrument gegen den Personalmangel sah Sauter in der Ausbildungsoffensive als Folge der 2021 angenommenen Pflegeinitiative. Auch das Parlament könne einen Beitrag leisten, wenn es sich künftig beim Erlass gesetzlicher Vorgaben zurückhalte, die das Arzt- und Pflegepersonal mit weiteren administrativen Arbeiten belasten würden. Mit Bezug auf die Spitalstrukturen wollte Sauter zwar «nicht pauschal» von zu vielen Spitälern in der Schweiz sprechen, befürwortete aber eine überkantonale Spitalplanung und Straffungen, die «nicht nur tiefere Kosten, sondern auch bessere Behandlungsqualität bringen» könnten. Mit Blick auf die Spitalfinanzierung forderte die Freisinnige eine Ausgliederung aller Spitäler aus der öffentlichen Verwaltung, um mehr Kostentransparenz und einen Wettbewerb mit gleich langen Spiessen zu erreichen.

Wechsel im Präsidium des Spitalverbands H+

Jahresrückblick 2022: Sozialversicherungen

Im Zentrum des Themenbereiches «Sozialversicherungen» standen im Jahr 2022 – wie in den meisten Jahren zuvor – die Altersvorsorge und die Krankenkassen.

Bei der Altersvorsorge wurde insbesondere über die AHV21 diskutiert, insbesondere vor der Abstimmung im September, wie Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse 2022 verdeutlicht. Das Parlament hatte die neuste AHV-Reform im Dezember 2021 fertig beraten und dabei entschieden, das Rentenalter der Frauen auf 65 Jahre zu erhöhen und somit demjenigen der Männer anzupassen. Als Kompensation sollten die am stärksten von der Änderung betroffenen neun Jahrgänge entweder einen Rentenzuschlag erhalten oder bei einem frühzeitigen Rentenbezug geringere Renteneinbussen hinnehmen müssen. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0.4 Prozentpunkte sollte zusätzliche Mehreinnahmen für die AHV generieren. Nachdem die SP vor allem aufgrund der Rentenaltererhöhung der Frauen das Referendum ergriffen hatte – sie störte sich insbesondere am Umstand, dass die Renten der Frauen noch immer um einen Drittel tiefer liegen als diejenigen der Männer –, sprachen sich die Stimmberechtigten im September 2022 mit Ja-Anteilen von 50.6 Prozent und 55.1 Prozent für die Änderung des AHV-Gesetzes und für die Mehrwertsteuererhöhung zugunsten der AHV aus. Laut Nachbefragungen hatten sich Frauen mehrheitlich gegen die Erhöhung ihres Rentenalters ausgesprochen, waren aber von einer Mehrheit der Männer überstimmt worden.

Weil Frauen vor allem in der zweiten Säule deutlich tiefere Renten erhalten als Männer, wurde die Diskussion um die Angleichung des Rentenalters auch mit der Besserstellung der Frauen in der beruflichen Vorsorge verknüpft. Deren Revision war 2021 erstmals vom Nationalrat beraten worden. Im Zentrum stand dabei eine Senkung des Mindestumwandlungssatzes. Für Frauen besonders zentral war die vom Bundesrat geplante Senkung des Koordinationsabzugs sowie die von der SGK-NR ergänzte Senkung der Eintrittsschwelle, welche den versicherten Lohn von Teilzeiterwerbstätigen erhöhen sollen. Statt die BVG21-Revision in der Frühjahrssession 2022 merklich voranzutreiben, schickte der Ständerat das Geschäft für vertiefte Abklärungen zurück an die Kommission. Damit verärgerte er jene Kreise, die ihre Unterstützung der AHV21 von einer Verbesserung der Situation von Teilzeiterwerbstätigen in der beruflichen Vorsorge abhängig machten. Für neuerliche Enttäuschung sorgte in diesen Kreisen dann die Meldung der Kommission, die Vorlage nicht in der Herbstsession, also noch vor der Abstimmung über die AHV21, zur Beratung bereit zu haben. Der Ständerat setzte sich also erst nach erfolgter Annahme der AHV21-Reform in der Wintersession mit der BVG-Reform auseinander und entschied sich dabei unter anderem für einen Mittelweg zwischen Bundesrat und Nationalrat bei der Eintrittsschwelle und für einen prozentualen Abzug beim Koordinationsabzug anstelle der vom Nationalrat geplanten Halbierung des bisherigen Abzugs.

Neben dem Gleichstellungsargument betonten die Gegnerinnen und Gegner der AHV21 im Abstimmungskampf auch ihre Befürchtung, dass die Rentenaltererhöhung der Frauen nur ein erster Schritt für weitere Erhöhungen des Pensionsalters sei. Dabei verwiesen sie unter anderem auf die Initiative der Jungfreisinnigen «Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge (Renteninitiative)», welche eine automatische Anpassung des Rentenalters an die Lebenserwartung fordert. Diese empfahl der Bundesrat im Juni zur Ablehnung. Zudem beklagten die Gegnerinnen und Gegner der AHV21 die steigenden Lebenshaltungskosten – auch im Rahmen der Teuerung – und forderten einen Leistungsausbau bei der AHV. Dies bezweckt etwa die vom Gewerkschaftsbund eingereichte Initiative «Für ein besseres Leben im Alter (Initiative für eine 13. AHV-Rente)». Der Bundesrat empfahl jedoch auch dieses Anliegen zur Ablehnung und der Nationalrat teilte diesen Antrag in der Wintersession. Stattdessen behandelte das Parlament die Teuerung in einer ausserordentliche Session, wobei eine Motion für einen vollständigen Teuerungsausgleich bei der AHV vom National- und Ständerat angenommen wurde.

Bei den Krankenversicherungen standen – nach einer dreijährigen Erholungspause, in der die Krankenkassenprämien jeweils weniger als 0.6 Prozent pro Jahr angestiegen waren – 2022 die Gesundheitskosten und Prämien im Mittelpunkt des Interesses. Bereits Mitte Jahr wurde aufgrund der steigenden Gesundheitskosten darüber spekuliert, dass die Krankenkassenprämien auf das Jahr 2023 hin wohl einen grossen Sprung machen würden – und tatsächlich musste Gesundheitsminister Berset Ende September eine Erhöhung der mittleren Prämie um 6.6 Prozent bekannt geben. Dies führte in den Medien einmal mehr zur Forderung an die Politik, den Anstieg der Gesundheitskosten endlich in den Griff zu bekommen, was gemäss APS-Zeitungsanalyse insbesondere im September ausführlich diskutiert wurde.
Bundesrat und Parlament beschäftigen sich in der Tat auch 2022 mit verschiedenen Projekten zur Dämpfung des Kostenanstiegs im Gesundheitswesen, etwa im Rahmen des ersten Massnahmenpakets zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen. Im Jahr zuvor hatte das Parlament bereits das Teilpaket 1a gutgeheissen und unter anderem entschieden, auch ambulante Behandlungen zukünftig durch Patientenpauschalen abzurechnen und dafür eine neue Tarifstruktur zu schaffen. Die Frage der Tarifstrukturen im ambulanten Bereich beschäftigte die Tarifpartner denn auch während des ganzen Jahres.
Im Teilpaket 1b, welches das Parlament im Jahr 2022 verabschiedete, wurde unter anderem ein Beschwerderecht der Krankenversicherungen gegen Spitalplanungsentscheide der Kantone sowie ein «Monitoring der Entwicklung der Mengen, Volumen und Kosten» geschaffen. Ein ausführlicheres Kostenmonitoring mit verpflichtenden Massnahmen bei zu starkem Kostenanstieg schlug der Bundesrat zudem als indirekten Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei vor. Eine solche Massnahme war zuvor im zweiten Massnahmenpaket zur Kostendämpfung vorgesehen gewesen.
Auch zur Prämien-Entlastungs-Initiative der SP, die gleichzeitig zur Debatte stand, schuf der Bundesrat einen indirekten Gegenvorschlag, mit dem er zukünftig einen Mindestbeitrag an Prämienverbilligungen für die Kantone festsetzen wollte. Der Nationalrat hiess diesen Vorschlag in der Sommersession gut, der Ständerat trat in der Wintersession jedoch nicht auf den Gegenvorschlag ein.
Einen anderen Ansatz zur Kostendämpfung verfolgte das Parlament schon seit mehreren Jahren: Seit 2011 wird an einer einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (EFAS) gearbeitet. Im Jahr 2022 nahm sich der Ständerat dieses Themas an und schuf zahlreiche gewichtige Differenzen zum Erstrat: So entschied er unter anderem, bereits jetzt die Integration der Pflegeleistungen in EFAS zu regeln und mehr Steuerungsmöglichkeiten und Pflichten für die Kantone zu schaffen.
Eine Möglichkeit, die Prämien zu senken, sahen verschiedene Kantone der Romandie sowie das Tessin in den hohen Reserven der Krankenversicherungen. Ihre Standesinitiativen sowie weitere Vorstösse für eine verbindlichere Rückzahlung der zu hohen Reserven scheiterten 2022 jedoch allesamt im Parlament. Vielmehr wurden die im Vorjahr erfolgten Rückzahlungen der Reserven in verschiedenen Kommentaren als Mitgrund für den hohen aktuellen Prämienanstieg erachtet: Einerseits hätten die Rückzahlungen den Anstieg der Gesundheitskosten überdeckt, andererseits seien deshalb für das neue Jahr weniger Reserven zur Prämienreduktion vorhanden gewesen.

Nicht in erster Linie eine Senkung der Gesundheitskosten, sondern weniger Ärger für die Versicherten erhofften sich Bundesrat und Parlament durch das Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit. Damit soll der Bundesrat Branchenlösungen der Krankenversicherungen im Bereich der Vermittlertätigkeit allgemeinverbindlich erklären können, wodurch Werbeanrufe für Krankenversicherungen bei Personen, die nicht bereits bei der entsprechenden Krankenkasse versichert sind, verboten würden. Strittig war hier zwischen den Räten insbesondere, ob die Branchenlösungen zu Entschädigungen und Ausbildung neben den externen auch für interne Mitarbeitende gelten sollen. Nach der Durchführung einer Einigungskonferenz lenkte der Nationalrat diesbezüglich ein und das Parlament verzichtete auf die Schaffung einer entsprechenden Unterscheidung.

Jahresrückblick 2022: Sozialversicherungen
Dossier: Jahresrückblick 2022

Jahresrückblick 2022: Gesundheit, Sozialhilfe, Sport

Zu Beginn des Jahres 2022 wurde befürchtet, dass die Covid-19-Pandemie auch in diesem Jahr das politische Geschehen der Schweiz dominieren würde: Mitte Januar erreichte die Anzahl laborbestätigter täglicher Neuansteckungen mit 48'000 Fällen bisher kaum denkbare Höhen – im Winter zuvor lagen die maximalen täglichen Neuansteckungen noch bei 10'500 Fällen. Die seit Anfang 2022 dominante Omikron-Variante war somit deutlich ansteckender als frühere Varianten – im Gegenzug erwies sie sich aber auch als weniger gefährlich: Trotz der viermal höheren Fallzahl blieben die Neuhospitalisierungen von Personen mit Covid-19-Infektionen deutlich unter den Vorjahreswerten. In der Folge nahm die Dominanz der Pandemie in der Schweizer Politik und in den Medien fast schlagartig ab, wie auch Abbildung 1 verdeutlicht. Wurde im Januar 2022 noch immer in 15 Prozent aller Zeitungsartikel über Covid-19 gesprochen, waren es im März noch 4 Prozent. Zwar wurde im Laufe des Jahres das Covid-19-Gesetz zum fünften Mal geändert und erneut verlängert, über die Frage der Impfstoff- und der Arzneimittelbeschaffung gestritten und versucht, in verschiedenen Bereichen Lehren aus den letzten zwei Jahren zu ziehen. Jedoch vermochten weder diese Diskussionen, die zwischenzeitlich gestiegenen Fallzahlen sowie ein weltweiter Ausbruch vermehrter Affenpocken-Infektionen das mediale Interesse an der Pandemie erneut nachhaltig zu steigern.

Stattdessen erhielten im Gesundheitsbereich wieder andere Themen vermehrte Aufmerksamkeit, vor allem im Rahmen von Volksabstimmungen und der Umsetzung von Abstimmungsentscheiden.
Einen direkten Erfolg durch ein direktdemokratisches Instrument erzielte das Komitee hinter der Volksinitiative «Kinder ohne Tabak». Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger hiessen diese Initiative am 13. Februar mit 56.7 Prozent gut. Das Volksbegehren ziel darauf ab, dass Kinder und Jugendliche nicht länger mit Tabakwerbung in Berührung kommen. Während das Initiativkomitee die Vorlage unter anderem damit begründete, dass durch das Werbeverbot dem Rauchen bei Jugendlichen Einhalt geboten werden könne, führten die Gegnerinnen und Gegner die Wirtschaftsfreiheit an. Zudem befürchtete die Gegnerschaft, dass in Zukunft weitere Produkte wie Fleisch oder Zucker mit einem vergleichbaren Werbeverbot belegt werden könnten. Der Bundesrat gab Ende August einen gemäss Medien sehr strikten Entwurf zur Umsetzung der Initiative in die Vernehmlassung. Während die Stimmbevölkerung Werbung für Tabakprodukte verbieten wollte, bewilligte das BAG ein Gesuch der Stadt Basel zur Durchführung von Cannabisstudien; die Städte Bern, Lausanne, Zürich und Genf lancierten ebenfalls entsprechende Studien. Zudem können Ärztinnen und Ärzte seit dem 1. August medizinischen Cannabis ohne Bewilligung durch das BAG verschreiben.

Teilweise erfolgreich waren im Jahr 2022 aber auch die Initiantinnen und Initianten der Organspende-Initiative. 2021 hatte das Parlament eine Änderung des Transplantationsgesetzes als indirekten Gegenvorschlag gutgeheissen, woraufhin das Initiativkomitee die Initiative bedingt zurückgezogen hatte. Im Januar kam das Referendum gegen die Gesetzesänderung zustande. Mit dem Gesetz beabsichtigten Bundesrat und Parlament die Einführung einer erweiterten Widerspruchslösung, wobei die Angehörigen der verstorbenen Person beim Spendeentscheid miteinbezogen werden müssen. Auch wenn es sich dabei um eine Abschwächung der Initiativforderung handelte, ging die Änderung dem Referendumskomitee zu weit; es äusserte ethische und rechtliche Bedenken. Die Stimmbevölkerung nahm die Gesetzesänderung am 15. Mai allerdings deutlich mit 60.2 Prozent an. Damit gewichtete sie die von den Befürwortenden hervorgehobene Dringlichkeit, die Spenderquote zu erhöhen und etwas gegen die langen Wartezeiten auf ein Spenderorgan zu unternehmen, stärker als die Argumente des Referendumskomitees. In den Wochen vor dem Abstimmungssonntag wurde die Vorlage vermehrt von den Zeitungen aufgegriffen, wie Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse verdeutlicht.

Nach dem deutlichen Ja an der Urne im November 2021 unterbreitete der Bundesrat dem Parlament im Mai 2022 seine Botschaft zur Umsetzung eines ersten Teils der Pflegeinitiative. Dieser entspricht dem indirekten Gegenvorschlag, den die Legislative ursprünglich als Alternative zur Volksinitiative ausgearbeitet hatte. Ohne grosse Änderungen stimmten die beiden Kammern der Gesetzesrevision zu.

Noch immer stark von der Covid-19-Pandemie geprägt waren die Diskussionen zu den Spitälern. Da die Überlastung der Spitäler und insbesondere der Intensivstationen während der Pandemie eine der Hauptsorgen dargestellt hatte, diskutierten die Medien 2022 ausführlich darüber, wie es möglich sei, die Intensivstationen auszubauen. Vier Standesinitiativen forderten zudem vom Bund eine Entschädigung für die Ertragsausfälle der Krankenhäuser während der ersten Pandemiewelle, der Nationalrat gab ihnen indes keine Folge.

Von einer neuen Krise betroffen war die Medikamentenversorgung. Die Versorgungssicherheit wurde als kritisch erachtet, was die Medien auf den Brexit, die Opioidkrise in den USA sowie auf den Ukrainekrieg zurückführten. Der Bundesrat gab in der Folge das Pflichtlager für Opioide frei. Das Parlament hiess überdies verschiedene Motionen für eine Zulassung von Medizinprodukten nach aussereuropäischen Regulierungssystemen gut, um so die Medikamentenversorgung auch mittelfristig sicherzustellen (Mo. 20.3211, Mo. 20.3370). Kein Gehör fand hingegen eine Standesinitiative aus dem Kanton Aargau zur Sicherung der Landesversorgung mit essenziellen Wirkstoffen, Medikamenten und medizinischen Produkten, durch ausreichende Lagerhaltung, Produktion in Europa und durch die Vereinfachung der Registrierung in der Schweiz.

Im Bereich des Sports war das Jahr 2022 durch mehrere Grossanlässe geprägt, die nicht nur in sportlicher, sondern auch in politischer Hinsicht für Gesprächsstoff sorgten. Die Olympischen Winterspiele in Peking Anfang Jahr und die Fussball-Weltmeisterschaft der Männer in Katar zum Jahresende standen aufgrund von Menschenrechtsverletzungen an den Austragungsstätten in den Schlagzeilen. Skandale gab es aber nicht nur in der internationalen Sportwelt, sondern auch hierzulande, wo Vorwürfe bezüglich Missständen im Synchronschwimmen erhoben wurden und die 1. Liga-Frauen-Fussballmannschaft des FC Affoltern nach einem Belästigungsskandal praktisch geschlossen den Rücktritt erklärte. Erfreut zeigten sich die Medien hingegen über eine Meldung im Vorfeld der Fussball-Europameisterschaft der Frauen, dass die Erfolgsprämien durch die Credit Suisse und die Gelder für Bilder- und Namensrechte durch den SFV für die Spielerinnen und Spieler der Nationalmannschaft der Frauen und Männer künftig gleich hoch ausfallen sollen. Sinnbildlich für den wachsenden Stellenwert des Frauenfussballs stand ferner eine Erklärung des Nationalrats in der Wintersession 2022, wonach er die Kandidatur zur Austragung der Fussball-Europameisterschaft der Frauen 2025 in der Schweiz unterstütze. Trotz dieser verschiedenen Diskussionen im Sportbereich hielt sich die Berichterstattung dazu verglichen mit derjenigen zu gesundheitspolitischen Themen in Grenzen (vgl. Abbildung 1). Dies trifft auch auf die Medienaufmerksamkeit für die Sozialhilfe zu, die sich über das gesamte Jahr hinweg unverändert auf sehr tiefem Niveau bewegte.

Jahresrückblick 2022: Gesundheit, Sozialhilfe, Sport
Dossier: Jahresrückblick 2022

Im November 2022 präsentierte die SGK-NR ihren Entwurf für eine Änderung des KVG bezüglich der dreijährigen Tätigkeitspflicht zur Zulassung von Leistungserbringenden zur Abrechnung mit der OKP.
Erst per 1. Januar 2022 hatte das Parlament die Zulassungsbeschränkungen für ausländische Leistungserbringende verschärft. Seither können bereits in der Schweiz tätige Ärztinnen und Ärzte ohne dreijährige Tätigkeit an einer Schweizer Weiterbildungsstätte, welche zuvor bereits über die OKP abgerechnet hatten, entsprechend den Übergangsbestimmungen zwar weiterhin praktizieren, jedoch nicht in einen anderen Kanton wechseln oder selbständig werden. Entsprechend gefährde die neue Regelung die ambulante medizinische Grundversorgung in der Schweiz, insbesondere in Randregionen, kritisierte die Kommission. Folglich soll eine bis Ende 2027 befristete Ausnahmeregelung die neu geschaffene Zulassungsbeschränkung abschwächen. Demnach sollen Kantone, die in Allgemeinmedizin, Kinder- und Jugendmedizin sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie und ‑psychotherapie eine Unterversorgung aufweisen, Ausnahmen von dieser Zulassungsbeschränkung vornehmen können. Eine Minderheit Glarner (svp, AG) beantragte, die Kinder- und Jugendpsychiatrie und ‑psychotherapie von der Liste der Fachgebiete zu streichen.
Anlässlich der von August bis Oktober 2022 durchgeführten Vernehmlassung waren 73 Stellungnahmen eingegangen, welche die Ausnahmeregelung mehrheitlich grundsätzlich guthiessen. Diskutiert wurde insbesondere, ob die Fachgebiete, für welche die Ausnahmeregelung gelten soll, abschliessend aufgelistet oder ihre Bestimmung den Kantonen überlassen werden soll, und ob die Kantone die Regelung in eigene Gesetze giessen müssen oder sich direkt auf das KVG beziehen können sollen.

Ausnahmen von der dreijährigen Tätigkeitspflicht gemäss Artikel 37 Absatz 1 KVG bei nachgewiesener Unterversorgung (Pa.Iv. 22.431)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)

Anfänglich habe man die E-Zigarette als «ein Mittel zur Rauchentwöhnung» erachtet, erklärte der Bundesrat in seiner Botschaft zur Änderung des Tabaksteuergesetzes zur Besteuerung von E-Zigaretten. Folglich habe man die E-Zigaretten aufgrund einer Motion Zanetti (sp, SO; Mo. 11.3178) im April 2012 von der Tabaksteuer befreit – diese Änderung solle nun teilweise rückgängig gemacht werden. In Umsetzung einer überwiesenen Motion der SGK-SR (Mo. 19.3958) soll bei E-Zigaretten erneut eine Tabaksteuer erhoben werden. Konkret soll die nikotinhaltige Flüssigkeit für E-Zigaretten mit nachfüllbaren Behältern sowie mit Einwegkartuschen und -kapseln besteuert werden, wobei der Steuersatz 20 Rp. pro Milliliter betragen und 93 Prozent unter demjenigen von klassischen Zigaretten liegen soll. Bei Einweg-E-Zigaretten werden hingegen sowohl die nikotinhaltige als auch die nikotinlose Flüssigkeit besteuert, hier soll der Steuersatz CHF 1 pro Milliliter betragen und 67 Prozent unter demjenigen der klassischen Zigaretten zu liegen kommen. Der Bundesrat erhoffte sich von dieser Besteuerung eine präventive Wirkung beim Jugendschutz ohne Abschreckung der «aufhörwillige[n] Raucherinnen und Raucher». Die geschätzten Zusatzeinnahmen von CHF 13.8 Mio. jährlich sollen wie die übrige Tabaksteuer der AHV und der IV zugutekommen.

Die Vernehmlassung zum Entwurf, welche zwischen Dezember 2021 und März 2022 stattgefunden hatte, war auf reges Interesse gestossen: Es waren 572 Stellungnahmen eingegangen, wobei die Wiedereinführung der Besteuerung breit begrüsst worden war – einzig die SVP und verschiedene Privatpersonen hatten sich dagegen ausgesprochen. Als Reaktion auf die Vernehmlassungsantworten hatte der Bundesrat die Steuerbemessung vereinheitlicht, sodass diese neu eben in Abhängigkeit der Menge nikotinhaltiger Flüssigkeit erfolgen soll. Auf Wunsch insbesondere von Präventionsorganisationen habe man überdies den Steuertarif auf Einweg-E-Zigaretten erhöht und zum Jugendschutz etwa auch nikotinlose Einweg-E-Zigaretten in die Steuer einbezogen, berichtete der Bundesrat in seiner Botschaft.

Änderung des Tabaksteuergesetzes zur Besteuerung von E-Zigaretten (BRG 22.069)

Im August 2022, also über ein Jahr nach der Abstimmung in Moutier über einen Kantonswechsel des Städtchens von Bern zu Jura, reichten elf Stimmberechtigte eine Beschwerde gegen das Abstimmungsergebnis ein. Sie machten geltend, die jurassische Kantonsregierung habe die Stimmberechtigten vor der Abstimmung mit ihren Aussagen zur Zukunft des Spitals von Moutier in die Irre geführt. Das Spital gehört zu den grössten Arbeitgebern in Moutier und die Gegnerinnen und Gegner eines Kantonswechsels hatten schon seit Längerem argumentiert, ein Kantonswechsel würde die Zukunft des Spitals in Frage stellen. Die Zusicherung des jurassischen Regierungsrats, dass sich bei einem Kantonswechsel nichts an den im Spital Moutier angebotenen Leistungen ändern werde, hatte im Abstimmungskampf vor dem Urnengang vom 28. März 2021 deshalb viel Aufmerksamkeit erhalten. Ein Jahr nachdem sich die Stimmbevölkerung Moutiers 2021 schliesslich mit einer Mehrheit von 54.9 Prozent für einen Wechsel zum Kanton Jura ausgesprochen hatte, schickte das Gesundheitsamt des Kantons Jura indessen einen Entwurf für eine Spitalliste in die Vernehmlassung, mit welchem die Leistungen des Spitals Moutier – anders als im Abstimmungskampf versprochen – künftig reduziert würden.
Über die Beschwerde hatte die bernische Regierungsstatthalterin für den Berner Jura, Stéphanie Niederhauser, zu entscheiden, welche bereits 2018 eine frühere Abstimmung über einen Kantonswechsel Moutiers annulliert und diesen Entscheid unter anderem mit unzulässiger Abstimmungspropaganda durch die Gemeindebehörden begründet hatte. Die Geschichte wiederholte sich allerdings nicht: Im Oktober 2022 gab die Regierungsstatthalterin bekannt, dass sie die Beschwerde als unzulässig («irrecevable») erachte und nicht auf sie eintrete. Sie begründete dies damit, dass die künftige Spitalliste noch gar nicht definitiv sei. Ein Sprecher der Beschwerdeführenden gab daraufhin bekannt, man werde nun die definitive Spitalliste abwarten; falls diese weiterhin eine Reduktion des Leistungskatalogs beim Spital Moutier vorsehen und damit den jurassischen Zusicherungen aus dem Abstimmungskampf widersprechen sollte, werde man einen erneuten Rekurs prüfen. Die jurassische Regierungsrätin Nathalie Barthoulot (sp) wiederum liess verlauten, die medizinische Versorgung der Bevölkerung von Moutier werde auf jeden Fall garantiert; man werde sich bei der definitiven Festlegung der Spitalliste aber nicht von den Gegnerinnen und Gegnern des Kantonsübertritts unter Druck setzen lassen.

Votation communale du 18 juin 2017 à Moutier sur l'appartenance cantonale et répétition du 28 mars 2021
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

In der Herbstsession 2022 befasste sich der Nationalrat erneut mit der parlamentarischen Initiative Weibel (glp, ZH), welche eine Gebühr für Bagatellfälle in der Spitalnotfallaufnahme verlangte. Eine Mehrheit der vorberatenden SGK-NR hatte ihrem Rat die Abschreibung der Initiative beantragt. Flavia Wasserfallen (sp, BE) begründete den Sinneswandel der Kommission – ursprünglich hatte sich diese für Folgegeben ausgesprochen – unter anderem mit dem Mangel an Hausärztinnen und Hausärzten, welcher dazu führe, dass sich Personen in erster Instanz an Notfallstationen wenden würden. Zudem stellten Notfallstationen gerade für Menschen in prekärer Situation «oft die erste und einzige medizinische Anlaufstelle» dar. Wichtig sei die Organisation der vorgelagerten Triagesituation, mit der eine Entlastung der Stationen bewirkt werden könne. Eine Minderheit rund um Jörg Mäder (glp, ZH) wollte hingegen an der parlamentarischen Initiative festhalten, da man die teuren Ressourcen der Notfallstationen effizient nutzen müsse. Der zusätzliche administrative Aufwand könne durch die Zeitersparnis durch die abnehmende Zahl an Bagatellfällen und allenfalls durch digitalen Fortschritt aufgewogen werden. Mit 114 zu 71 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) folgte die grosse Kammer der Minderheit und schrieb die Initiative nicht ab.

Gebühr für Bagatellfälle in der Spitalnotfallaufnahme (Pa.Iv. 17.480)

Die sozialdemokratische Fraktion wollte mittels einer während der Covid-19-Pandemie im Herbst 2020 eingereichten Motion erreichen, dass dem Personal von Krankenhäusern sowie vergleichbaren stationären und ambulanten Einrichtungen, welche Covid-19-Patientinnen und -Patienten behandeln, eine einmalige Corona-Prämie von CHF 4'000 zugestanden wird. Das Geschäft kam anlässlich der Herbstsession 2022 in den Nationalrat. Dort setzte sich Barbara Gysi (sp, SG) für das Anliegen ihrer Fraktion ein: Die Prämie sei angesichts der grossen Belastung und der unternommenen Anstrengungen und Überstunden der Betroffenen, mit denen sie die Gesundheitsversorgung während der Covid-19-Pandemie gewährleistet hatten, gerechtfertigt. Weiter betonte sie die Wichtigkeit der Wertschätzung des Gesundheitspersonals. Bundesrat Guy Parmelin anerkannte zwar den Beitrag, den das Gesundheitspersonal während der Pandemie geleistet hatte, gab aber zu bedenken, dass sich viele Arbeitnehmende aus unterschiedlichen Berufen in dieser Zeit speziell engagiert hätten. Eine Corona-Prämie sei nicht angebracht, weil diese einer Bevorzugung einer bestimmten Gruppe gleichkäme. Zudem wies der Wirtschaftsminister auf die Pflegeinitiative hin, mit deren Annahme sich die Stimmbevölkerung für eine Verbesserung der Situation von qualifizierten Arbeitskräften im Gesundheitswesen ausgesprochen habe. Der Bundesrat empfahl die Motion daher zur Ablehnung. Mit 118 zu 64 Stimmen folgte der Nationalrat dieser Empfehlung. Während sich die Fraktionen der SP und der Grünen geschlossen für den Vorstoss aussprachen, lehnten ihn die anderen Fraktionen geschlossen ab.

Corona-Prämie (Mo. 20.4307)

Jörg Mäder (glp, ZH) störte sich im September 2020 daran, dass Spitäler Ärztinnen oder Ärzten Vergütungen für mengenmässige Ziele zukommen lassen – sowohl internen Ärztinnen und Ärzten bei Durchführung von Behandlungen als auch externen bei Vermittlung von Patientinnen und Patienten. Da Studien gezeigt hätten, dass mengenbezogene Entschädigungen bei der Ärzteschaft die Anzahl Eingriffe erhöhe – auch die Expertengruppe hatte diesen Aspekt hervorgehoben –, sollen solche Spitäler zukünftig von der Spitalliste gestrichen werden, forderte Mäder in einer Motion. Im September 2022 behandelte der Nationalrat das Anliegen. Obwohl Gesundheitsminister Berset erklärt hatte, dass das Anliegen in einer zwischenzeitlich verabschiedeten Verordnungsänderung umgesetzt worden sei, nahm der Nationalrat die Motion mit 112 zu 75 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) an.

Keine mengenbezogenen Lohnanreize für Spitalärzte