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Frauen wählen nach wie vor typische "Frauenberufe". Diese Tendenz stellte das Bundesamt für Statistik (BFS) in einer neuen Studie über die Berufswahl fest. Zwischen 1970 und 1990 stieg der Anteil der Frauen an der Gesamtheit der erwerbstätigen Personen zwar von 33,8 auf 38,0%, die Konzentration auf die fünf häufigsten Frauenberufsgruppen lag aber immer noch bei 57%. An erster Stelle standen die Büroberufe vor dem Beruf der Verkäuferin und jenem der Krankenschwester. Einzig in den akademischen Berufen gelang es den Frauen, verstärkt in Männderdomänen vorzudringen. Im Vergleich zu 1970 gab es 1990 mehr Ärztinnen (23% gegenüber 13,9%), Anwältinnen (14,1% / 3,7%) und Bundesbeamtinnen (12,9% / 5,7%).

wählen nach wie vor typische "Frauenberufe"

Als schweizerische Premiere erliess die Schuldirektion der Stadt Bern Richtlinien zur Anrechenbarkeit der Familienarbeit. Die mit externen Fachleuten ergänzte Arbeitsgruppe Frauenförderung erstellte einen Raster, der angibt, wie Erfahrungen in der Familien- und Betreuungsarbeit sowie in anderen ausserberuflichen Tätigkeiten in Dienstjahre umgerechnet und damit lohnwirksam werden können. Diese Richtlinien traten auf den 1. Februar des Berichtsjahres in Kraft und sollen zunächst in der Städtischen Schuldirektion erprobt und bei der Festsetzung der Anfangslöhne von Wiedereinsteigerinnen angewendet werden. Wenn sie sich bewähren, sollen sie später auf weitere Direktionen der Stadtverwaltung ausgedehnt werden.

Stadt Bern Anrechenbarkeit der Familienarbeit

Der Fall der Basler Kindergärtnerinnen, die sich im Vorjahr erfolgreich gegen Lohndiskriminierung gewehrt hatten, scheint Schule zu machen. In mehreren Kantonen wurden Klagen von Frauen aus sozialen und pädagogischen Berufen gegen die zu tiefe Bewertung ihrer Arbeit eingereicht oder angekündigt.

Lohndiskriminierung Klagen

Jeder sechste Gesamtarbeitsvertrag (GAV) weist Lohnkategorien auf, die Frauen diskriminieren. Gemäss einer Studie, die im Rahmen des NFP 35 ("Frauen in Recht und Gesellschaft") ausgearbeitet wurde, sind direkte Lohndiskriminierungen zwar - zumindest in den grossen GAV - seltener geworden. Von den 69 grössten GAV, denen 1993 1,24 Mio Beschäftigte (88% aller GAV-Arbeitnehmenden) unterstellt waren, sahen nur noch zwei tiefere Löhne für Frauen vor. Erheblich mehr direkte Lohndiskriminierungen sind in kleineren GAV auszumachen. Zudem sind in allen GAV häufig indirekte Benachteiligungen an die Stelle der direkten getreten, beispielsweise wenn die Kategorien "Frau" und "Mann" durch "leichte Arbeiten" und "schwere Arbeiten" ersetzt wurden.
Die Studie zeigte, dass die GAV in Gleichstellungsfragen zwiespältig sind. Einerseits widerspiegeln sie die Benachteiligung der Frauen im Erwerbsleben, andererseits steckt in den Verträgen durchaus ein Potential zur Gleichstellung der Geschlechter. Im Gegensatz zu den Männern, die grösstenteils Vollzeitstellen besetzen, arbeiten Frauen zu über 50% als Teilzeitangestellte, vor allem wenn sie Kinder haben. Teilzeitarbeitsverhältnisse werden aber von jedem dritten GAV zumindest teilweise ausgeschlossen. Klare Benachteiligungen gibt es auch bei den Bestimmungen bezüglich der Regelung des Überstundenzuschlags. Nur gerade drei GAV sehen vor, dass dieser Zeitzuschlag bereits ab Überschreitung des Teilzeitpensums zu entrichten ist. Andererseits gibt es für 96% aller GAV-unterstellten Frauen eine Mutterschaftsregelung. Auch bei der bezahlten Freistellung zur Pflege kranker Kinder füllen die GAV teilweise eine gesetzliche Lücke. Knapp ein Viertel der Verträge mit einer Drittel aller GAV-Angegliederten enthalten einen Anspruch, der zwei bis fünf Tage pro Jahr beträgt. Aber nur gerade sechs GAV, die 16% aller GAV-unterstellten Frauen umfassen, bekennen sich explizit zur Chancengleichheit und enthalten besondere Bestimmungen zur Frauenförderung. Eine im Frühjahr 1995 im Auftrag des Schweizerischen Kaufmännischen Verbandes durchgeführte Studie, die über 10 000 Einzellöhne in 350 Unternehmen umfasste, zeigte, dass die Frauen in Sachen Lohn umso mehr benachteiligt sind, je älter und je höher sie auf der Karriereleiter gestiegen sind. Für gleiche Arbeit erhalten die Frauen - bei gleicher Funktionsstufe, Branche und Alter - bis zu 35% weniger Lohn als Männer.

GAV in Gleichstellungsfragen zwiespältig

Die Sozialpartner des Buchbindergewerbes beendeten den seit 1991 andauernden Konflikt um Frauenlöhne und einigten sich vor dem Berner Appellationsgericht darauf, dass die angefochtene GAV-Bestimmung verfassungswidrig sei. Die Parteien verpflichteten sich, ihre Mitglieder anzuhalten, keine Gesamt- und Einzelarbeitsverträge abzuschliessen, die für Frauen tiefere Mindestlöhne vorsehen als für Männer.

Buchbindergewerbes

In Ausführung eines Postulates Stamm (cvp, LU) aus dem Jahr 1993 erarbeitete das BIGA eine Weiterbildung im Baukastensystem, die bereits 1996 angeboten werden soll. Dieses modulare System kommt durch seine Flexibilität vor allem den spezifischen Berufs- und Lebenssituationen der Frauen entgegen. Das BIGA hob hervor, der etappenweise Wiedereinstieg werde damit zeitlich besser verkraftbar und die psychologische Hemmschwelle für die Aufnahme einer beruflichen Weiterbildung kleiner. Auch die Finanzierung verursache weniger Probleme als jene von integralen Lehrgängen. Als besonders frauenfreundlich strich das BIGA die Anrechnung von Familien- und Betreuungspraxis hervor, da vorgesehen ist, dass Lernleistungen und Erfahrungen aus familiären oder gemeinnützigen Tätigkeiten ganz oder teilweise anerkannt werden.

Weiterbildung im Baukastensystem

Nachdem der Ständerat im Vorjahr signalisiert hatte, dass er nicht bereit war, alle vom Nationalrat eingefügten Änderungsvorschläge zur Abschwächung des Bundesgesetzes über die Gleichstellung von Frau und Mann ("Gleichstellungsgesetz") hinzunehmen, schwenkte auch die grosse Kammer auf eine moderat frauenfreundlichere Linie ein. Mit 111:58 Stimmen dehnte sie das Diskriminierungsverbot wieder auf alle Tatbestände zwischen Anstellung und Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus. Das Zünglein an der Waage spielten hier die CVP-Vertreter, welche sich - gleich wie alle weiblichen Abgeordneten mit Ausnahme der Berner Freisinnigen Aubry und der Waadtländer Liberalen Sandoz - in dieser Frage dem rot-grünen Lager anschlossen.

Erneut keine Chancen hatte hingegen eine über Klagen bezüglich Lohndiskriminierung hinausgehende Beweislastumkehr, bei welcher eine auf Diskriminierung klagende Person vor Gericht nur glaubhaft machen muss, dass eine geschlechtsbedingte Diskriminierung vorliegt, worauf es dann am Arbeitgeber ist zu beweisen, dass dies nicht zutrifft. Mit 89 zu 87 Stimmen bei zwei Enthaltungen lehnte es der Nationalrat äusserst knapp ab, die erleichterte Beweisführung für das ganze Arbeitsverhältnis gelten zu lassen. Hier sprachen sich nur gerade noch drei bürgerliche Frauen - Nabholz (fdp, ZH), Gadient (svp, GR) und Lepori Bonetti (cvp, TI) - für die frauenfreundlichere Variante aus.

Entgegen seinem ersten Entscheid schloss sich der Nationalrat der kleinen Kammer hingegen beim Verbandsklagerecht an. Dieses berechtigt Gewerkschaften und Frauenorganisationen, in eigenem Namen feststellen zu lassen, dass eine Diskriminierung für einen Einzelfall oder eine ganze Berufsgruppe vorliegt. Eine vom Arbeitgeber-Vertreter Allenspach (fdp, ZH) angeführte Minderheit wollte das Verbandsklagerecht einschränken, indem bei Einzelklagen im Gegensatz zu Kollektivklagen das Einverständnis der betroffenen Arbeitnehmerin eingeholt werden müsste. Diese Einschränkung unterlag ebenfalls knapp mit 86 zu 84 Stimmen.

Bei der verbleibenden wesentlichen Differenz (Regelung der Beweislast) erteilte der Ständerat der restriktiven Haltung der grossen Kammer erneut eine Absage. Als Kompromissvariante schlug er aber vor, die Anstellung von der erleichterten Beweisführung auszunehmen und diese nur auf die Aufgabenzuteilung, die Aus- und Weiterbildung, die Entlöhnung, die Beförderung und die Entlassung zu beschränken. Mit 93 zu 66 Stimmen schloss sich der Nationalrat hier an, so dass das Gesetz in der Frühjahrssession definitiv verabschiedet werden konnte.

Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann "Gleichstellungsgesetz"

Bei der verbleibenden wesentlichen Differenz (Regelung der Beweislast) erteilte der Ständerat der restriktiven Haltung der grossen Kammer erneut eine Absage. Als Kompromissvariante schlug er aber vor, die Anstellung von der erleichterten Beweisführung auszunehmen und diese nur auf die Aufgabenzuteilung, die Aus- und Weiterbildung, die Entlöhnung, die Beförderung und die Entlassung zu beschränken. Mit 93 zu 66 Stimmen schloss sich der Nationalrat hier an, so dass das Gesetz in der Frühjahrssession definitiv verabschiedet werden konnte.

Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann "Gleichstellungsgesetz"

Mit einem weiteren Positionspapier «Perspektiven liberaler Lebensgestaltung» verabschiedete die FDP verschiedene Postulate zur Gleichstellung der Geschlechter. Konkret forderte sie den gleichen Zugang von Frauen und Männern zu allen Berufen und Positionen, die Einführung von Blockzeiten an den Schulen, freiwillige Tagesschulen sowie flexible Arbeitsformen und Teilzeitarbeit. Ferner trat sie für ein geschlechts- und zivilstandsunabhängiges Sozialversicherungs- und Steuersystem ein. Die Forderungen basieren auf einer im Auftrag der FDP erstellten Pilotstudie «Frau und Mann in Wirtschaft und Gesellschaft der Schweiz».

Positionspapier «Perspektiven liberaler Lebensgestaltung» der FDP 1995

Nationalrat Bischof (sd, ZH) ersuchte den Bundesrat mit einer Motion, möglichst rasch alle notwendigen Vorkehrungen und Anordnungen zu treffen, damit sich die Schweiz ebenfalls mit dem im Ausland stark thematisierten "Mobbing" (Psychoterror am Arbeitsplatz) auseinandersetzt und dessen Ursachen durch gezielte Forschung mindert bzw. eliminiert. Der Bundesrat konnte glaubhaft machen, dass das BIGA bei der Überprüfung der individuellen Arbeitsbedingungen immer präsent ist und deshalb auch das Phänomen des "Mobbing" verfolgt, worauf auf seinen Antrag der Vorstoss nur als Postulat angenommen wurde.

"Mobbing"

Eine Untersuchung des Bundesamtes für Statistik zeigte, dass von den Frauen ab 15 Jahren 55% erwerbstätig sind, die Hälfte davon in einer Teilzeitstelle. Auch von den Müttern im Alter zwischen 29 und 39 Jahren gehen über 50% einer Erwerbstätigkeit nach. Bei den Männern sind 79% erwerbstätig, aber nur 5% von ihnen arbeiten teilzeitlich. 15% aller angestellten Frauen sind in Kaderpositionen, gegenüber 35% bei den Männern. Diese unterschiedliche Karrieresituation erklärt aber nur zum Teil das im Schnitt um einen Viertel niedrigere Lohneinkommen der Frauen. Weitere Gründe sind das tiefere Ausbildungsniveau, die überproportionale Vertretung in Branchen mit tiefem Lohnniveau, kürzere Berufserfahrung und Lohndiskriminierung.

niedrigere Lohneinkommen der Frauen


Ein vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) bei alt Bundesrat H.-P. Tschudi und alt Bundesrichter A. Berenstein in Auftrag gegebener Bericht über den gegenwärtigen Stand des Schutzes der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kam zum Schluss, dass die heutige Gesetzgebung veraltet, uneinheitlich und lückenhaft sei. So seien zahlreiche Bereiche der Arbeitswelt von den Bestimmungen des Arbeitsgesetzes ausgenommen, namentlich Landwirtschaft, öffentliche Verwaltungen und Hausarbeit im privaten Haushalt.

Die Autoren schlugen deshalb vor, sämtliche gesundheits- und sicherheitsrelevanten Bestimmungen in einem einzigen Erlass zusammenzuführen, die unterschiedliche Behandlung von Industrie- und anderen Betrieben aufzuheben, die Aufgaben von Suva und Arbeitsinspektorat zu entflechten und die neuen Sicherheitskontrollen durch ein Präventionsgesetz abzusichern.Zur konkreten Verbesserung des Arbeitnehmerschutzes regten die Experten insbesondere die Einführung der 40-Stunden-Woche und der Mutterschaftsversicherung an, zudem mehr Mitbestimmung am Arbeitsplatz und bessere Unfallverhütung. Nacht- und Sonntagsarbeit sollte nur geleistet werden, wo dies aus technischen oder sozialen Gründen unabdingbar ist. Zudem sollte der Schutz der Jugendlichen verstärkt werden und Teilzeit- und Temporärangestellte mehr Beachtung erhalten.

Zur konkreten Verbesserung des Arbeitnehmerschutzes regten die Experten insbesondere die Einführung der 40-Stunden-Woche und der Mutterschaftsversicherung an, zudem mehr Mitbestimmung am Arbeitsplatz und bessere Unfallverhütung

Mit einer Motion verlangte Nationalrätin Goll (sp, ZH) die regelmässige statistische Erfassung der gesamtgesellschaftlich geleisteten Arbeit von Frauen und Männern sowie eine Schätzung des Verhältnisses zwischen der Wertschöpfung bezahlter und unbezahlter Arbeit als Ergänzung zur nationalen Buchhaltung. Sie begründete ihren Vorstoss damit, dass eine frauengerechte Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Sozialpolitik nur im Wissen um die effektiv geleistete, gesamtgesellschaftliche Arbeit formuliert werden könne. Der Bundesrat anerkannte durchaus die grosse Bedeutung der unbezahlten Arbeit, verwies jedoch auf methodische und finanzielle Probleme bei der Erstellung von derartigen Statistiken. Auf seinen Antrag wurde die Motion nur als Postulat verabschiedet.

Erfassung der gesamtgesellschaftlich geleisteten Arbeit von Frauen und Männern

Als erster Arbeitgeber in der Schweiz erliess Radio DRS konkrete Richtlinien, mit welchen Frauen vor sexuellen Übergriffen geschützt werden sollen. In jedem der drei Radiostudios ist inskünftig eine Vertrauensfrau für Gespräche im Falle von sexuellen Belästigungen zuständig. Kommt es zu einer offiziellen Beschwerde, klärt eine mehrheitlich aus Frauen zusammengesetzte Kommission den Fall ab und kann der Radiodirektion Sanktionen vorschlagen. Für die klagende Frau und ihre Zeuginnen besteht ein Kündigungsschutz.

Radio DRS Richtlinien sexuellen Belästigungen

Der Ständerat erwies sich als bedeutend frauenfreundlicher und machte die Entschärfungsversuche des Nationalrates in weiten Teilen rückgängig. In der Eintretensdebatte wandte sich niemand gegen die Vorlage. Die Standesvertreter warnten allerdings vor übertriebenen Hoffnungen. Den Tenor der Diskussionen fasste der Basler SP-Ständerat Plattner zusammen, als er sagte, das Gesetz werde in jedem Fall weit hinter den Hoffnungen der Befürworter zurückbleiben - aber auch weit hinter den Befürchtungen der Gegner.

In der Detailberatung beschloss der Ständerat, wieder zu der vom Bundesrat vorgeschlagenen generellen und nicht abschliessenden Definition des Diskriminierungsverbotes zurückzukehren, um den Richtern die Möglichkeit zu geben, neu auftauchende Diskriminierungen in Zukunft ebenfalls zu erfassen. Als Mittelweg zwischen Bundes- und Nationalrat entschied er, dass die Frauen inskünftig von der Anstellung bis zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses vor geschlechtsbedingter Benachteiligung geschützt werden sollen. Ein Antrag Coutau (lp, GE), gleich wie der Nationalrat die Anstellung vom Tatbestand der Diskriminierung auszunehmen, wurde mit der Begründung abgelehnt, dass damit das Gesetz zum Papiertiger verkomme, da es im Extremfall dadurch umgangen werden könnte, dass man einfach keine Frauen einstellt. Die Stellenausschreibung wurde hingegen vom Katalog ausgenommen, da es erwiesenermassen Aufgaben gebe, die geschlechtsspezifisch seien.

Eine Differenz zum Nationalrat schuf der Zweitrat auch bei der erleichterten Beweisführung in Zusammenhang mit Diskriminierungsklagen (Beweislastumkehr). Er dehnte den Grundsatz, wonach die Arbeitnehmerin die Diskriminierung nur glaubhaft zu machen hat, worauf es dann am Arbeitgeber ist, das Gegenteil zu beweisen, wieder auf alle Sachverhalte zwischen Anstellung und Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus. Vorbehalten blieb nur die sexuelle Belästigung. In dieser Frage vertrat der Ständerat einhellig die Meinung, Klägerin und Angeklagter hätten hier einen ebenbürtigen Wissensstand, da anders als in den anderen Bereichen die Beweismittel nicht allein in der Hand des Arbeitgebers konzentriert seien. Um die Stellung der Frauen dennoch zu verbessern, verstärkte die kleine Kammer den Schutz vor sexueller Belästigung im Obligationenrecht (Art. 328 OR).

Unbestritten war, wie schon im Nationalrat, der Schutz vor Rachekündigungen sechs Monate über das gerichtliche Verfahren hinaus. Beim Verbandsklagerecht wurde ein Antrag Coutau (lp, GE), dieses nur unter der Bedingung der expliziten Zustimmung der betroffenen Personen zuzulassen, gleich wie im Erstrat deutlich abgelehnt. In der Gesamtabstimmung wurde die Vorlage schliesslich einstimmig angenommen.

Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann "Gleichstellungsgesetz"

19 Basler Kindergärtnerinnen, Arbeits- und Hauswirtschaftslehrerinnen gewannen ihren Kampf um Lohngleichheit. Auf eine staatsrechtliche Beschwerde des Basler Regierungsrates trat das Bundesgericht nicht ein, womit es beim Urteil des baselstädtischen Verwaltungsgerichts blieb, welches diese vorwiegend von Frauen ausgeübten Berufe als zu tief entlöhnt erachtet hatte. Der Kanton wollte jedoch den Entscheid des Bundesgerichtes vorerst nur auf die erfolgreichen Klägerinnen anwenden, während die übrigen Staatsangestellten der gleichen Berufskategorien keine Lohnnachzahlung erhalten und vorderhand auch nicht in eine höhere Lohnklasse eingestuft werden sollten. Die Berufsverbände der Klägerinnen stellten für diesen Fall eine Massenklage in Aussicht, worauf die Kantonsregierung insofern einlenkte, als sie auf 1. August die Gehälter aller rund 600 Basler Kindergärtnerinnen, Arbeits- und Hauswirtschaftslehrerinnen jenen der 19 Klägerinnen anglich.

Kampf um Lohngleichheit Bundesgericht

Das im Vorjahr von der Landesregierung vorgelegte Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann ("Gleichstellungsgesetz"), welches den seit 1981 in der Bundesverfassung stehenden Gleichstellungsartikel umsetzen und die Frauen im Wirtschaftsleben vor direkten und indirekten Diskriminierungen schützen soll, wurde bereits von der vorberatenden Kommission des Nationalrates in wichtigen Punkten abgeschwächt. Wie umstritten die ganze Vorlage war, ging schon nur daraus hervor, dass dem Plenum ein Nichteintretensantrag Sandoz (lp, VD) und zwei Rückweisungsanträge Aubry (fdp, BE) und Bortoluzzi (svp, ZH) sowie mehr als 30 Abänderungsanträge zu dem 18 Artikel umfassenden Gesetz vorlagen. Nach einer rund vier Stunden dauernden und teilweise emotional geführten Eintretensdebatte, in der aber doch die sachlichen Argumente und die Einsicht überwogen, dass dieses Gesetz überfällig sei, wurden der Nichteintretens- bzw. die Rückweisungsanträge deutlich abgelehnt.
In der ebenfalls sehr ausführlichen Detailberatung schloss sich das Plenum in den meisten Punkten den Anträgen der Mehrheit der bürgerlich dominierten Kommission an. So sprach sich die grosse Kammer nach einem längeren Rededuell für eine engere Definition des Tatbestandes der sexuellen Belästigung aus und wollte dafür die Beweislast allein bei den Betroffenen belassen. Vergeblich monierten Sprecherinnen von SP, GP und LdU/EVP, die Stellung der Frauen werde dadurch im Vergleich zur heutigen Praxis verschlechtert.
Gegen die Kommissionsmehrheit konnten sich lediglich Anträge durchsetzen, welche die Vorlage noch weiter abschwächten. Eine von Nationalrat Ducret (cvp, GE) angeführte Minderheit erreichte so, dass anstelle eines generellen Diskriminierungsverbotes mit einer erklärenden Aufzählung eine restriktivere, abschliessende Auflistung von Diskriminierungen eingeführt wurde, wobei Stellenausschreibung und Anstellung aus dem Katalog gestrichen wurden. Unter das Diskriminierungsverbot sollten nur noch Aufgabenzuteilung, Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung fallen.

Auch in der Frage der Beweislastumkehr wurde die Haltung der Kommissionsmehrheit übernommen. Die generelle Erleichterung der Beweislast zugunsten der Frauen war als eine Art "Schicksalsartikel" der gesamten Vorlage erachtet worden. Die Kommissionsmehrheit wollte das Prinzip jedoch lediglich bei Lohngleichheitsklagen gelten lassen. Sie argumentierte, dass einzig die Lohnungleichheit objektiv mess- und feststellbar sei, in den anderen Bereichen hingegen von vagen Vermutungen ausgegangen werden müsse.

Zu harten Diskussionen kam es beim Verbandsbeschwerderecht, ein weiterer Grundpfeiler des Gleichstellungsgesetzes. Von rechtsbürgerlicher Seite wurde verlangt, den Verbänden sei das Klagerecht nur mit Einwilligung der betroffenen Frauen zuzugestehen. Nachdem Bundesrat Koller darauf aufmerksam gemacht hatte, dass das Bundesgericht bereits heute das Klagerecht der Berufsverbände nicht vom Einverständnis der Betroffenen abhängig macht, wurde dieser Passus des Gesetzes schliesslich in der ursprünglichen Fassung angenommen, allerdings auf Antrag Spoerry (fdp, ZH) in dem Sinne präzisiert, dass die Verbände vor einer Klage das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen müssen.
Im Bereich des Kündigungsschutzes setzten sich die Vorschläge des Bundesrates durch. Demnach kann die Kündigung einer Arbeitnehmerin, die aus Rache für eine vorgängige Gleichstellungsbeschwerde ausgesprochen wird, angefochten werden. Keine Chance hatte ein Antrag von Felten (sp, BS), Rachekündigungen seien schlechthin für nichtig zu erklären. Klar wurde auch die Aufwertung des eidg. Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann gutgeheissen. Das Büro soll direkt dem Departement des Innern unterstellt werden, um Dienstwege zu verkürzen und ihm mehr Gewicht zu verschaffen. Trotz dem Hinweis einiger Ratsmitglieder auf die leere Bundeskasse fanden auch die gesetzlichen Bestimmungen für Finanzhilfen an Förderungsprogramme und Beratungsstellen für Frauen Zustimmung. In der Gesamtabstimmung passierte das neue Gesetz mit 114 zu 35 Stimmen.

Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann "Gleichstellungsgesetz"

Eine Zusammenstellung von statistischen Daten durch das Bundesamt für Statistik zeigte, dass die Gleichstellung von Mann und Frau, wie sie in der Verfassung steht, faktisch noch bei weitem nicht verwirklicht ist. Vor allem bei der Ausbildung und den beruflichen Chancen sind die Frauen deutlich schlechter gestellt als die Männer. Fast doppelt so viele Mädchen (17%) wie Knaben (9%) verzichten auf eine nachobligatorische Bildung. Eine Lehre absolvieren 51 % der Mädchen, bei den Knaben sind es mit 63% deutlich mehr. Der Anteil jener, die eine höhere Ausbildung in Angriff nehmen, ist bei den Männern erheblich grösser als bei den Frauen. Enorme Unterschiede sind auch bei den Löhnen festzustellen. Die Studie stellte im weiteren fest, dass das Lohngefälle mit steigender Qualifikation zunimmt.

Zusammenstellung von statistischen Daten durch das Bundesamt für Statistik

Einstimmig genehmigte der Ständerat eine Empfehlung Frick (cvp, SZ), die vom Bundesrat verlangte, den diskriminierenden Sonderstatus für Cabaret-Tänzerinnen aus der Dritten Welt und Osteuropa abzuschaffen und durch ein anderes Aufenthaltsrecht zu ersetzen, welches ihnen auch den Zugang zu weiteren Arbeitsmöglichkeiten ausserhalb des Animationsgewerbes ermöglicht. Bundesrat Koller wies auf bereits getroffene Massnahmen hin (Kontrolle der Arbeitsverträge und der Lokale), meldete allerdings grösste Bedenken gegen die Möglichkeit eines Stellenwechsels an, da dies dem Dreikreisemodell widerspreche, wonach Menschen aus der Dritten Welt und Osteuropa in der Schweiz nur in Ausnahmefällen eine reguläre Arbeitsbewilligungen erhalten.

Cabaret-Tänzerinnen aus der Dritten Welt und Osteuropa

Die vorberatende Kommission des Nationalrates sprach sich mit grosser Mehrheit für Eintreten aus. In der Detailberatung versuchte dann aber ein rechtsbürgerliches Quartett – Arbeitgeberdirektor Allenspach (fdp, ZH), Rechtsprofessorin Sandoz (lp, VD), Wirtschaftsanwalt Ducret (cvp, GE) und Maximilian Reimann (svp, AG) — das Gesetz in fast allen Artikeln abzuschwächen.

Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann "Gleichstellungsgesetz"

Obgleich mit grossen Schwierigkeiten verbunden, haben in den letzten Jahren. die Lohngleichheitsklagen von Frauen zugenommen. Im Berichtsjahr endete der vor 12 Jahren begonnene Hürdenlauf von 19 Basler Kindergärtnerinnen, Hauswirtschafts- und Textillehrerinnen durch alle Instanzen mit einem vorläufigen Erfolg. In einer ersten Runde hatten sowohl der Regierungsrat wie das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt die Klage der Frauen abgelehnt. Erst eine staatsrechtliche Beschwerde ans Bundesgericht brachte die Wende. Dieses wies das kantonale Verwaltungsgericht an, den Gleichheitsartikel der Bundesverfassung durchzusetzen und eine von den Klägerinnen verlangte Expertise zu ihrer Lohneinstufung ausarbeiten zu lassen. Dieses Gutachten kam zum Schluss, dass die drei Frauenberufskategorien im Vergleich zu den übrigen Lehrberufen tatsächlich lohnmässig diskriminiert werden. Daraufhin verlangte das Verwaltungsgericht, dass die Angehörigen der drei Berufsgruppen künftig eine resp. zwei Lohnklassen höher eingestuft werden müssen. Da dies für den Kanton Lohnnachzahlungen in der Höhe von rund 20 Mio Fr bedeutet, zeigte sich der Regierungsrat wenig kompromissbereit und zog den Fall erneut vor Bundesgericht. Im Kanton St. Gallen gab das Bezirksgericht der Einzelklage einer Lehrerin für Krankenpflege Recht, die verlangte, gleich wie Berufsschullehrer entlöhnt zu werden.

Lohngleichheitsklagen von Frauen

Eine vom Eidg. Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann herausgegebene Studie ergab aufgrund von in Genf erhobenen repräsentativen Befragungsdaten, dass rund 60% der Frauen an ihrem Arbeitsplatz sexuell belästigt werden. Die Formen der Belästigung gingen dabei von anzüglichen Bemerkungen bis zur Vergewaltigung. Mit einer Wegleitung zur neuen Verordnung über die Arbeitssicherheit will auch das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (Biga) auf das Problem der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz eingehen.

an ihrem Arbeitsplatz sexuell belästigt

Das Parlament stimmte oppositionslos der vom Bundesrat im Rahmen von Swisslex vorgelegten Armierung des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung zu. Sie dehnt den Geltungsbereich der Vorschriften über die Arbeitssicherheit auf alle in der Schweiz tätigen Betriebe aus und schreibt gleiche Prämien für Mann und Frau in der Nichtberufsunfallversicherung verbindlich vor.

Swisslex: Armierung des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (BRG 93.103)
Dossier: Folgeprogramm nach der Ablehnung des EWR-Abkommens (Swisslex)

Im Rahmen von Swisslex wurde im Bundesgesetz über die Familienzulagen in der Landwirtschaft die Gleichstellung von Männern und Frauen verwirklicht. Neu haben auch die Angehörigen der Betriebsleiterin, die im Betrieb mitarbeiten, Anspruch auf diese Zulage.

Swisslex: Familienzulagen in der Landwirtschaft (BRG 93.104)
Dossier: Folgeprogramm nach der Ablehnung des EWR-Abkommens (Swisslex)

Im Rahmen von Swisslex unterbreitete der Bundesrat dem Parlament eine geringfügige Änderung des Arbeitsgesetzes mit dem Ziel, die Vorschriften über die Gesundheitsvorsorge auf die Bundesverwaltung auszudehnen sowie bestimmte Arbeitnehmerkategorien, beispielsweise Kader und Assistenten, die bisher nicht eingeschlossen waren, neu den Schutzvorschriften des Gesetzes zu unterstellen. Da die Vorlage bereits mit dem Eurolex-Paket verabschiedet worden war, nahm die kleine Kammer die Änderung diskussionslos und einstimmig an. Im Nationalrat setzte sich jedoch vorerst ein Nichteintretensantrag Gros (lp, GE) mit dem Argument durch, diese Revision trage nichts zu der vom Bundesrat angesagten Deregulierung und Revitalisierung der Schweizer Wirtschaft bei. Der Ständerat befand, dies sei nicht der Ort, um eine Grundsatzdebatte zu führen, und hielt an seinem Entscheid fest, worauf ihm der Nationalrat folgte.

Swisslex: Geringfügige Änderung des Arbeitsgesetzes (BRG 93.113)
Dossier: Folgeprogramm nach der Ablehnung des EWR-Abkommens (Swisslex)