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Im Jahr 2023 behandelte das Parlament eine Vielzahl von Motionen zum Thema Asyl, die meisten davon wurden jedoch bereits im Erstrat abgelehnt.

Darunter befanden sich etliche Vorstösse aus der Feder der SVP-Fraktion oder deren Mitglieder, so etwa eine Serie von Geschäften mit der Forderung nach verstärkten «Massnahmen gegen die illegale Migration», die darauf abzielen sollten, Sans Papiers die Anwesenheit in der Schweiz zu erschweren. Die entsprechenden sieben Motionen wurden vom Nationalrat abgelehnt (Mo. 21.3487; Mo. 21.3488; Mo. 21.3489; Mo. 21.3490; Mo. 21.3491; Mo. 21.3492; Mo. 21.3493), wobei lediglich zwei dieser Vorstösse ein paar weitere befürwortende Stimmen aus anderen Fraktionen erhielten. Zwei parlamentarische Initiativen mit ähnlicher Stossrichtung wurde im Berichtsjahr keine Folge gegeben (Pa.Iv. 21.445; Pa.Iv. 21.446) und auch eine weitere Motion eines SVP-Vertretenden, die die Banken dazu verpflichten wollte, regelmässig zu überprüfen, ob sich Inhaberinnen und Inhaber ihrer Bankkonten nicht irregulär in der Schweiz aufhalten (Mo. 21.3560), wurde schon im Erstrat abgelehnt.

Ein weiterer Schwerpunkt der SVP-Forderungen betraf die Durchführung von Asylverfahren ausserhalb der Schweiz (Mo. 21.3785; Mo. 21.3992; Mo. 22.4397; Mo. 23.3086; Mo. 23.3851; Mo. 23.3950). Weder im Ständerat noch im Nationalrat fanden sich allerdings Stimmen ausserhalb der SVP-Fraktion, womit alle Vorstösse auch hier jeweils schon im Erstrat scheiterten.

Abgelehnt wurden auch weitere Motionen von Mitgliedern der SVP-Fraktion, darunter ein Vorstoss betreffend die Globalpauschale für asylsuchende und schutzbedürftige Personen (Mo. 21.4295), eine Motion zur Unterbindung der irregulären Migration von männlichen Afghanen (Mo. 23.4246), eine Motion zu den mit der Neustrukturierung des Asylbereichs geschaffenen Rechtsvertretenden (Mo. 21.3993), eine Forderung zur Bereitstellung der Armee- und Bundesliegenschaften für Schutzsuchende (Mo. 22.4506), die Forderung zur Wiedereinführung von Grenzkontrollen (Mo. 22.4397; Mo. 23.3086) sowie zwei Motionen, die eine im Sinne der SVP konsequente Durchsetzung des Dublin-Abkommens forderten (Mo. 23.3200; Mo. 23.3211): Auf Asylgesuche sollte laut der SVP nur eingetreten werden, wenn die betreffende Person glaubhaft versichern kann, dass sie nicht über ein angrenzendes Land eingereist ist. Einen Teilerfolg konnte indes ein ähnliches Anliegen verbuchen; so nahm der Nationalrat in der Herbstsession 2023 eine Motion der FDP-Fraktion an (Mo. 23.3533), die unter anderem forderte, dass der Bund auf Asylgesuche von Personen, die sich zuvor in einem sicheren Drittland aufgehalten hatten, konsequent nicht mehr eintritt.

Auch Forderungen von Links-grün waren nicht von Erfolg gekrönt. Darunter befanden sich einige Vorstösse, die eine Verbesserung der Situation von Asylsuchenden verlangten, etwa eine Motion für die Wiedereinführung des Botschaftsasyls (Mo. 21.3273), für die Schaffung eines Flüchtlingsstatus für Klimaopfer (Mo. 22.3092), zur alternativen Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden (Mo. 21.3710), für eine bessere Berücksichtigung des Gesundheitszustands von Asylbewerbenden in Bundesasylzentren (Mo. 21.3250) oder zur verstärkten psychologischen Unterstützung von Geflüchteten mit Schutzstatus S (Mo. 22.3090). Vertretende der Grünen und der SP-Fraktion hatten zudem Motionen zur privaten Unterbringung (Mo. 22.4147) und zur Unterbringung in umgestalteten Bundesasylzentren (Mo. 21.3711) sowie für ein Moratorium zum Bau neuer Bundesasylzentren (Mo. 21.3672) eingereicht, die ebenfalls 2023 schon im Erstrat abgelehnt wurden. Das gleiche Schicksal ereilte auch eine Motion, die die Berufsvorbereitung für Geflüchtete und andere spät Zugewanderte erleichtern wollte (Mo. 21.4064).

Ebenfalls abgelehnt wurde eine von links-grüner Seite eingereichte Motion zur Neubeurteilung von Asylgesuchen aus Afghanistan (Mo. 21.4055). Kurz nach Ablehnung letzterer Motion beschloss das SEM im Juli jedoch eine Praxisänderung, gemäss welcher weiblichen afghanischen Asylsuchenden grundsätzlich die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Diese Praxisänderung stiess bei Vertretenden der FDP und SVP auf Widerstand, der sich in Form mehrerer neu eingereichter Vorstösse (Mo. 23.4020; Mo. 23.4241; Mo. 23.4246; Mo. 23.4247) und einer ausserordentlichen Session ausdrückte.

Im Erstrat abgelehnte Vorstösse zum Thema Asyl (2023)

Nach Überweisung der Motion 22.3392 der SPK-NR in der Wintersession 2022, die den Bundesrat damit beauftragte, den Zugang zur beruflichen Ausbildung für abgewiesene Asylsuchende und Sans-Papiers zu erleichtern, schickte der Bundesrat im Juni 2023 nach Prüfung verschiedener Varianten eine entsprechende Änderung der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE) in die Vernehmlassung. Darin beantragte er, dass betroffene Personen zum Zweck der beruflichen Grundbildung eine Aufenthaltsbewilligung mittels Härtefallgesuch erhalten können, wenn sie mindestens zwei Jahre ununterbrochen die obligatorische Schule in der Schweiz besucht haben. Die bestehende Verordnung ermöglicht es erst nach mindestens fünf Jahren ununterbrochenen Besuchs der obligatorischen Schule in der Schweiz, ein Härtefallgesuch zu stellen, damit eine berufliche Grundbildung absolviert werden kann. Zudem möchte der Bundesrat mit der vorgesehenen Verordnungsänderung die Frist für die Einreichung eines entsprechenden Härtefallgesuchs nach Absolvierung der obligatorischen Schule von einem Jahr auf zwei Jahre ausdehnen. Die geltenden Kriterien für die Integration sowie zur Erteilung einer Härtefallbewilligung sollen allesamt beibehalten werden.

In seinem Bericht nahm der Bundesrat ebenfalls Stellung zu einer Motion Markwalder (fdp, BE; Mo. 20.3322), die vom Ständerat und dessen vorberatender Kommission zuvor aus formalen Gründen abgelehnt worden war, da eine Erfüllung des Anliegens im Rahmen der Umsetzung der erwähnten Motion der SPK-NR in Aussicht gestellt worden war. Die Erfüllung des Anliegens, das erreichen möchte, dass Asylsuchende nach abgelehntem Asylentscheid ihre Lehre in der Schweiz beenden dürfen, werde mit der Änderung einer Weisung des SEM in die Wege geleitet, so der Bundesrat. Demgemäss werde das SEM in Zukunft die Ausreisefrist von Personen, die bereits einen Lehrvertrag besassen, bevor ihr Asylgesuch abgelehnt wurde, bis nach Beendigung der beruflichen Grundbildung ausdehnen.

Verordnungsänderung zur Erleichterung des Zugangs zur beruflichen Grundbildung für abgewiesene Asylsuchende und Sans Papiers
Dossier: Lehrabschlüsse für abgewiesene Asylsuchende und Sans Papiers

Jahresrückblick 2022: Soziale Gruppen
von Viktoria Kipfer und Marlène Geber

Die Schweizer Asylpolitik wurde vor allem im Frühjahr 2022 primär durch den Krieg in der Ukraine geprägt, wie auch die Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse zeigt. So aktivierte die Schweiz im März 2022 erstmals den Schutzstatus S, der es den Geflüchteten aus der Ukraine erlaubt, ohne reguläres Asylverfahren in der Schweiz eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Bis im November 2022 fanden so rund 70'000 Flüchtende aus der Ukraine in der Schweiz Schutz. Das Zusammenleben zwischen Geflüchteten aus der Ukraine und Schweizerinnen und Schweizern nahm zu Beginn des Krieges eine Hauptrolle in der medialen Berichterstattung ein. So zeigten sich viele Schweizerinnen und Schweizer vor allem zu Beginn solidarisch mit den Flüchtenden, von denen in der Folge rund die Hälfte bei Privatpersonen unterkam, wie die SFH berichtete. Gleichzeitig wurde der Schutzstatus S aber auch als «faktische Ungleichbehandlung» der Ukrainerinnen und Ukrainer gegenüber allen anderen Asylsuchenden kritisiert. Folglich wurden im Parlament zahlreiche Vorstösse zum neuen Schutzstatus eingereicht, welche diesen unter anderem einschränken oder anpassen wollten – jedoch erfolglos. Insgesamt führte die Zeitungsberichterstattung zur Asylpolitik im Zuge des Ukraine-Kriegs zu einem deutlichen Anstieg des medialen Interesses des Jahres 2022 zum Thema «Soziale Gruppen» gegenüber dem Vorjahr (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse).

Diskutiert wurden auch allgemeine Neuregelungen bei den Asylsuchenden, etwa zur Schaffung der Möglichkeit, dass Asylsuchende nach einem negativen Aufenthaltsentscheid ihre Lehre in der Schweiz beenden dürften. Dieser Vorschlag scheiterte jedoch im Ständerat. Hingegen sprach sich der Nationalrat für zwei Motionen für eine Erleichterung des Zugangs zu einer beruflichen Ausbildung für abgewiesene Asylsuchende und Sans-Papier sowie für die Ermöglichung der Erwerbstätigkeit auch im Falle eines negativen Asylentscheids aus. Unverändert bestehen blieben die zwangsweisen Covid-19-Tests von Abgewiesenen bei der Rückstellung in ihr Herkunftsland, welche das Parlament bis ins Jahr 2024 verlängerte. Finanzielle Unterstützung wollte der Bundesrat schliesslich Kantonen mit Ausreisezentren an der Landesgrenze in Ausnahmesituationen gewähren, National- und Ständerat nahmen jedoch gewichtige Änderungen an der entsprechenden Revision des AIG vor.

Im Jahre 2022 unternahmen Bundesrat und Parlament einige Anstrengungen bei der Bekämpfung von häuslicher Gewalt und Gewalt an Frauen. Einerseits inspirierte ein Bericht zu Ursachen von Homiziden im häuslichen Umfeld eine Vielzahl verschiedener Vorstösse, andererseits diente auch die Ratifikation der Istanbul-Konvention als Ansporn zur Lancierung parlamentarischer Vorlagen gegen häusliche und geschlechterbezogene Gewalt. Als Erbe der letztjährigen Frauensession wurde zudem ein erster Vorstoss, der nationale Präventionskampagnen gegen Gewalt fordert, überwiesen. Während sich bei diesem Thema eine Allianz von Frauen verschiedenster Parteien beobachten liess, fand ein Vorstoss aus dem rechten Lager, mit dem Gewalt an Frauen künftig mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden müsste, im Parlament keine Mehrheit. Des Weiteren rückte auch die Mehrdimensionalität der Gewalt an Frauen im Rahmen intersektionaler Vorstösse in den Fokus. Einerseits erhielt die Forderung nach verbessertem Schutz ausländischer Opfer vor häuslicher Gewalt mehr Aufmerksamkeit, andererseits wurde die Schutzbedürftigkeit von Menschen mit Behinderung bei häuslicher Gewalt hervorgehoben. Zwei weitere, im Frühjahr 2022 lancierte Vorlagen mit dem Titel «Wer schlägt, geht!» beschäftigten sich mit dem Wohnverhältnis nach Vorfällen der häuslichen Gewalt, während sich der Nationalrat in der Sommersession für eine nationale Statistik über Kinder, die Zeuginnen und Zeugen von häuslicher Gewalt sind, aussprach. Zuletzt forderten Vertreterinnen unterschiedlicher Parteien in sechs parlamentarischen Initiativen, Aufrufe zu Hass und Gewalt aufgrund des Geschlechts der Antirassismus-Strafnorm zu unterstellen, was von der erstberatenden RK-NR befürwortet wurde.

Die Idee eines «pacte civil de solidarité» (Pacs) treibt die Schweiz bereits seit mehreren Jahren um, was im Frühjahr 2022 in einem Bericht des Bundesrats über die «Ehe light» mündete. Auf Grundlage des Berichts wurde bereits ein parlamentarischer Vorstoss zur Schaffung entsprechender Rechtsgrundlagen im Ständerat eingereicht. Auch die Regulierung von Schwangerschaftsabbrüchen fand im Jahr 2022 Platz auf der politischen Agenda. Denn Ende 2021 hatten Vertreterinnen und Vertreter der SVP zwei Volksinitiativen lanciert, welche die Zahl von Schwangerschaftsabbrüchen reduzieren wollten: einerseits die Initiative «Für einen Tag Bedenkzeit vor jeder Abtreibung (Einmal-darüber-schlafen-Initiative)» und andererseits die Initiative «Für den Schutz von ausserhalb des Mutterleibes lebensfähigen Babys (Lebensfähige-Babys-retten-Initiative)». 2022 führten diese Anliegen auch innerhalb der SVP zu Diskussionen; insbesondere jüngere Vertreterinnen der Volkspartei äusserten sich dezidiert dagegen. Dieser Konflikt mündete unter anderem in der Ablehnung hauseigener Vorstösse durch eine Minderheit der SVP-Fraktion in der Sondersession 2022. Umgekehrt hatten es auch Vorstösse, die auf einen flächendeckenden und hürdenfreien Zugang zu Abtreibung abzielten, 2022 nicht leicht im Parlament.

Betreffend die Familienplanung sprachen sich beide Räte für eine Legalisierung der Eizellenspende für Ehepaare aus. Unter anderem weil die parlamentarische Initiative zur Überführung der Anstossfinanzierung für die familienexterne Kinderbetreuung in eine zeitgemässe Lösung den Sprung ins Sessionsprogramm 2022 verpasst hatte, stimmten National- und Ständerat einer Verlängerung der Bundesbeiträge an die familienexterne Kinderbetreuung bis Ende 2024 zu. Um jedoch die Kosten für die familienergänzende Kinderbetreuung zu senken und die Anzahl Kitaplätze zu erhöhen, wurde im Frühjahr 2022 eine Volksinitiative «Für eine gute und bezahlbare familienergänzende Kinderbetreuung für alle (Kita-Initiative)» lanciert. Auch die Annahme der «Ehe für alle» im September 2021 blieb nicht folgenlos im Parlament: Da gleichgeschlechtliche Paare nach der Heirat bei der Familienplanung weiterhin eingeschränkt seien, setzten sich zwei Motionen mit der rechtlichen Anerkennung der Elternschaft gleichgeschlechtlicher Paare auseinander, um deren Gleichberechtigung auch über die «Ehe für alle» hinaus voranzutreiben.

Darüber hinaus wurde 2022 eine Reihe von Forderungen aus der zweitägigen Frauensession 2021 vom Parlament aufgegriffen. Zwei Motionen zum Einbezug der Geschlechterperspektive in der Medizin stiessen in der Herbstsession 2022 in der grossen Kammer auf Akzeptanz. In Anbetracht des bevorstehenden digitalen Wandels fokussierten andere, auf die Frauensession zurückgehende erfolgreiche parlamentarische Vorstösse auf den Einbezug von Frauen in die Digitalisierungsstrategie des Bundes. In Anbetracht der in der Frauensession eingereichten Petitionen reichten die betroffenen Kommissionen auch mehrere Postulate ein, welche unter anderem Berichte zur Strategie zur Integration von Frauen in MINT-Berufen, zur Evaluation der schulischen Sexualaufklärung und zur Aufwertung der Care-Arbeit forderten – sie wurden allesamt angenommen.

In der LGBTQIA-Politik nahm besonders die Diskussion über die Existenz und das Verbot von Konversionstherapien viel Platz ein. Nach der Annahme der «Ehe für alle» waren 2021 drei parlamentarische Initiativen zum Verbot von Konversionstherapien eingereicht, später aber wegen einer lancierten Kommissionsmotion zurückgezogen worden. Angenommen wurde hingegen ein Postulat, das die Datengrundlage zum Vorkommen von Konversionsmassnahmen in der Schweiz verbessern möchte.

Auch die Gleichstellung gehörloser und hörbehinderter Menschen sollte gemäss Parlament vorangetrieben werden, weshalb National- und Ständerat eine Motion zur Schaffung eines Gesetzes zur Anerkennung der Gebärdensprachen annahmen.

Jahresrückblick 2022: Soziale Gruppen
Dossier: Jahresrückblick 2022

La motion du député Jacques Nicolet (udc, VD) sur la reprise du volet social de la politique agricole 22+ (PA 22+) prévoyant une amélioration de la couverture sociale des femmes paysannes a été classée, car non-traitée par les chambres dans un délai de deux ans. Toutefois, les doléances du député vaudois seront vraisemblablement concrétisées dans le cadre de la PA 22+. En effet, les travaux touchant à la future politique agricole ont repris et un certain consensus règne sur ce point-là.

Mettre en oeuvre la couverture sociale prévue dans le projet PA 22+ (Mo. 20.4592)
Dossier: Lage der Bäuerinnen verbessern

In der Wintersession 2022 befasste sich der Ständerat mit dem Abkommen mit dem Vereinigten Königreich zur Koordinierung der sozialen Sicherheit. Die Genehmigung des Bundesbeschlusses war in der SGK-SR unumstritten gewesen, dementsprechend begnügte sich Kommissionssprecher Hannes Germann (svp, SH) mit einer kurzen Zusammenfassung des Abkommensinhalts. Germann wies die Ratsmitglieder darauf hin, dass das Abkommen im gegenseitigen Einverständnis bereits seit dem 1. November 2021 vorläufig angewendet werde, da das bestehende Freizügigkeitsabkommen mit der EU seit dem Brexit nicht mehr auf das Vereinigte Königreich anwendbar sei. Das vorliegende Abkommen sei im Rahmen der Mind-the-Gap-Strategie des Bundes ausgearbeitet worden und umfasse die Alters-, Hinterlassenen- und Invaliditätsvorsorge sowie die Kranken- und Unfallversicherung. Nebst einer weitgehenden Gleichbehandlung der Versicherten garantiere das Abkommen auch einen erleichterten Zugang zu den Leistungen im Bereich der sozialen Sicherheit. Dabei lehne es sich inhaltlich an das Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU an, wodurch die Einheitlichkeit der anzuwendenden Regeln gewährleistet werde. Germann wies darauf hin, dass es im Abkommen eine Versicherungslücke bezüglich der Invalidenversicherung gebe. Personen, die sich nach ihrem Arbeitsleben im jeweils anderen Staat niederlassen, könnten ihre IV-Renten nicht exportieren. Die Kommission schloss sich aber der Meinung der Verwaltung und des Bundesrats an, dass das vorliegende Abkommen die bessere Variante sei, als gar kein Abkommen zu haben. Der Ständerat nahm den Entwurf einstimmig an.
In der Schlussabstimmung nahmen sowohl der National- wie auch der Ständerat den Bundesbeschluss einstimmig an.

Abkommen mit dem Vereinigten Königreich zur Koordinierung der sozialen Sicherheit (BRG 22.032)
Dossier: Mind the Gap-Strategie nach dem Brexit

La motion de Montmollin (plr, GE) visant à améliorer la couverture sociale des femmes paysannes a été classée, car non-traitée dans un délai de deux ans par les chambres. Malgré tout, le traitement de la politique agricole 22+ ayant repris, les propositions de la députée genevoise pourraient être concrétisées.

Couverture sociale des familles paysannes. Prévenir les risques pour le conjoint travaillant sur l'exploitation (Mo. 20.4515)
Dossier: Lage der Bäuerinnen verbessern

Nachdem sich der Nationalrat in der Sommersession 2022 bereits dafür ausgesprochen hatte, den Zugang zur beruflichen Ausbildung für abgewiesene Asylsuchende und Sans-Papiers zu erleichtern, stützte der Ständerat diesen Entscheid in der Wintersession. Dabei folgte er einer linken Kommissionsminderheit, die den Erfolg einer im Jahr 2010 überwiesenen Motion Barthassat (cvp, GE; Mo. 08.3616) mit ähnlicher Stossrichtung als «sehr bescheiden» bewertete, weswegen die Anforderungen zu senken seien. Die Kommissionsmehrheit sah aufgrund der beschleunigten Asylverfahren und bestehenden Härtefallregelungen hingegen keinen Handlungsbedarf und war der Ansicht, dass dadurch Anreize für einen unrechtmässigen Aufenthalt geschaffen würden. Die Kommissionsmehrheit unterlag im Ständerat relativ knapp mit 19 zu 21 Stimmen.

Erweiterte Härtefallregelung zum Zugang zu beruflichen Ausbildungen (Mo. 22.3392)
Dossier: Lehrabschlüsse für abgewiesene Asylsuchende und Sans Papiers

Mit 135 zu 55 Stimmen schloss sich der Nationalrat seiner SPK-NR an und gab einer parlamentarischen Initiative der SVP, welche die Aufhebung der Versicherungspflicht für Sans-Papiers forderte, in der Wintersession 2022 keine Folge. Lediglich die SVP-Fraktion und vier Mitglieder der FDP.Liberalen-Fraktion hatten sich für Folgegeben ausgesprochen. Die SVP erachtete es als «stossend», Sans-Papiers trotz nicht Vorliegen einer Aufenthaltsbewilligung einer Versicherungspflicht zu unterstellen, womit deren Aufenthalt quasi legitimiert werde, anstatt die Personen auszuweisen. Die Kommissionsmehrheit erachtete die vorgeschlagene Massnahme hingegen nicht als geeignet, da durch das Verwehren des Zugangs zur Krankenversicherung insbesondere das Recht der betroffenen Personen auf medizinische Grundversorgung beeinträchtigt werde und dies unter anderem gesundheitliche Folgen hätte, was längerfristig zu höheren Kosten führen würde. Das Anliegen ist somit erledigt – ebenso wie eine weitere parlamentarische Initiative aus derselben Geschäftsserie der SVP, die der Rat zeitgleich mit ähnlichem Stimmverhältnis ablehnte (Pa.Iv. 21.446).

Keine Versicherungspflicht für Sans Papiers (Pa.Iv. 21.445)

Nach seiner Kommission stellte sich in der Wintersession 2022 auch der Nationalrat gegen die Forderung einer parlamentarischen Initiative der SVP-Fraktion, die verlangte, dass wesentliche Vertragsabschlüsse nur noch bei Vorliegen einer Wohnsitzbestätigung möglich sein sollen. Der Nationalrat gab der parlamentarischen Initiative mit 133 zu 57 Stimmen keine Folge. Die SVP hatte auf diese Weise versucht, die Schweiz für illegal anwesende Personen weniger attraktiv zu machen. Im Namen der Kommissionsmehrheit bezeichnete Tiana Angelina Moser (glp, ZH) «die Situation mit den Sans-Papiers [als] rechtsstaatlich unbefriedigend». Gleichzeitig erachtete die Kommissionsmehrheit die Initiative aber nicht als angemessen oder zielführend; weder für die betroffenen Personen noch für die Gesamtgesellschaft könne diese Verbesserungen bringen, so Moser. Neben der geschlossen befürwortenden SVP-Fraktion wurde die Initiative von sechs Mitgliedern der FDP.Liberalen-Fraktion unterstützt. Zeitgleich erledigte der Nationalrat eine weitere parlamentarische Initiative der SVP-Fraktion mit ähnlicher Stossrichtung (Pa.Iv. 21.445). Beide Initiativen gehörten zu einer 9-teiligen Geschäftsserie, mit der die SVP-Fraktion zusätzliche Massnahmen gegen die irreguläre Migration forderte (siehe auch Mo. 21.3487-Mo. 21.3493).

Massnahmen gegen Sans-Papiers: Wesentliche Vertragsabschlüsse nur mit Wohnsitzbestätigung (Pa.Iv. 21.446)

Das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich zur Koordinierung der sozialen Sicherheit wurde in der Herbstsessoin 2022 im Nationalrat beraten. Christian Lohr (mitte, TG) klärte die Ratsmitglieder im Namen der SGK-NR über den Inhalt des Abkommens auf. Das Abkommen werde seit November 2021 bereits vorläufig angewendet, nachdem die SGKs beider Räte im Vorfeld dazu konsultiert worden seien. Da das Abkommen über die Personenfreizügigkeit mit dem Brexit seine Gültigkeit verloren habe, seien auch Revisionen im Bereich der sozialen Sicherheit notwendig geworden. Lohr erklärte, dass beide Länder eine Fortsetzung der bisherigen Bestimmungen gewollt hätten, was im Grundsatz auch erreicht worden sei. Er betonte insbesondere, dass das Abkommen keine zusätzlichen Kosten mit sich bringen werde, was angesichts der aktuellen Finanzsituation nicht unbedeutend sei. Bundesrat Berset erläuterte, dass das vorliegende Abkommen mehrheitlich dem neuen Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU entspräche, was eine grosse Einheitlichkeit der Regeln im europäischen Raum gewährleiste. Im Namen des Bundesrates forderte er den Nationalrat dazu auf, dem Abkommen zuzustimmen. Nachdem er ohne Gegenstimme auf das Geschäft eingetreten war, nahm der Nationalrat den Entwurf des Bundesrats einstimmig an.

Abkommen mit dem Vereinigten Königreich zur Koordinierung der sozialen Sicherheit (BRG 22.032)
Dossier: Mind the Gap-Strategie nach dem Brexit

Im April 2022 beschloss die SPK-NR mit 11 zu 10 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) die Lancierung einer Motion, mit welcher sie einen «erleichterten Zugang zur beruflichen Ausbildung für abgewiesene Asylsuchende und Sans-Papiers» forderte. Seit 2013 muss eine Person mindestens fünf Jahre lang durchgehend die obligatorische Schule in der Schweiz besucht haben und eine gute Integration vorweisen können, um eine Härtefallbewilligung für eine Berufslehre zu erhalten. Der Bericht des Bundesrates «Gesamthafte Prüfung der Problematik der Sans-Papiers» habe nun aber gezeigt, dass so bis ins Jahr 2020 lediglich 61 jugendliche Sans-Papiers eine Berufsausbildung hätten starten können. Folglich sei diese Regelung zu restriktiv, wie Céline Widmer (sp, ZH) im Namen der Kommissionsmehrheit im Nationalrat für die Vorlage argumentierte. Basierend auf den Empfehlungen des Berichts solle der Bundesrat nun konkret prüfen, ob der erforderliche Besuch der obligatorischen Schule in der Schweiz von mindestens fünf auf zwei Jahre herabgesetzt werden könne und ob auch Jugendliche, welche die obligatorische Schule für weniger als zwei Jahre oder gar nicht besucht haben, miteinbezogen werden könnten. Darüber hinaus solle auch die Möglichkeit von anonymisierten Gesuchen geprüft werden. Barbara Steinemann (svp, ZH) begründete die ablehnende Position der Minderheit unter anderem damit, dass Lehrbetriebe diese Anpassung dazu nutzen könnten, Asylsuchenden dabei zu helfen, eine Aufenthaltsbewilligung zu erlangen, denn diese würde für die Dauer der beruflichen Grundbildung automatisch gewährt. Auch der Bundesrat lehnte die Motion ab, wobei Justizministerin Karin Keller-Sutter unter anderem ausführte, dass damit eine Ungleichbehandlung gegenüber jungen Asylsuchenden und Sans-Papiers geschaffen würde, die studieren möchten, da diese strengeren Zulassungskriterien unterworfen wären. Entgegen der Kommissionsminderheit und dem Bundesrat entschied sich der Nationalrat jedoch mit 111 zu 73 Stimmen (bei 4 Enthaltungen), die Motion anzunehmen. Die Fraktionen der SP, Grünen und der GLP stimmten geschlossen für die Vorlage und wurden dabei von der Hälfte der FDP.Liberalen- sowie einer Zweidrittelmehrheit der Mitte-Fraktion unterstützt.

Erweiterte Härtefallregelung zum Zugang zu beruflichen Ausbildungen (Mo. 22.3392)
Dossier: Lehrabschlüsse für abgewiesene Asylsuchende und Sans Papiers

In Form einer im Herbst 2020 eingereichten Motion verlangte die SVP-Fraktion unter anderem, dass Personen ohne geregelten Aufenthaltsstatus, mit Ausnahme der Notfallversorgung, von der Sozialversicherungspflicht ausgeschlossen werden. In der Sommersession 2022 befand der Nationalrat über die Vorlage. Justizministerin Karin Keller-Sutter führte aus, dass im neuen Bericht des Bundesrates zur «Gesamthaften Prüfung der Problematik der Sans-Papiers» aufgezeigt werde, dass ein Ausschluss der Sans-Papiers von der Sozialversicherungspflicht auf Grund von völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht möglich sei. Der Nationalrat lehnte die Vorlage in der Folge mit 135 zu 53 Stimmen (0 Enthaltungen) deutlich ab, wobei alle 53 befürwortenden Stimmen aus der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion stammten.

Für eine kohärente Praxis bei illegalen Einwanderern (Sans-Papiers) (Mo. 20.3987)

Mit insgesamt neun im Jahr 2021 lancierten Vorstössen verlangte die SVP-Fraktion verstärkte «Massnahmen gegen die illegale Migration». Im April 2022 behandelte die SPK-NR zwei parlamentarische Initiativen aus dieser Serie. Mit 13 zu 8 Stimmen lehnte sie die erste parlamentarische Initiative ab, die die Aufhebung der Versicherungspflicht für Sans-Papiers forderte. Die SVP-Fraktion argumentierte, dass es aufgrund der «Rechtswidrigkeit ihres Aufenthalt[s] [...] stossend» sei, die Allgemeinheit für die Versicherungskosten von Sans-Papiers aufkommen zu lassen. Durch die Versicherungspflicht werde der Aufenthalt von Sans-Papiers zudem noch legitimiert, so die Volkspartei. Bei einem Wegfall der Versicherungspflicht müssten die Gesundheitskosten von den Gemeinden und Kantonen finanziert werden, was nur konsequent sei, da diese den Aufenthalt der betreffenden Personen duldeten. Die Mehrheit der Kommission erachtete die Situation von Personen ohne Aufenthaltsbewilligung als «unbefriedigend»; ihr erschien die vorgeschlagene Massnahme jedoch nicht als geeignet, um diese unbefriedigende Situation zu verbessern. Mit ebendieser Argumentation gab sie auch der zweiten parlamentarischen Initiative in der oben erwähnten Serie keine Folge (Pa.Iv. 21.446). Noch ausstehend ist die Erstberatung der verbleibenden sieben Vorstösse – allesamt Motionen – durch den Nationalrat.

Keine Versicherungspflicht für Sans Papiers (Pa.Iv. 21.445)

Mit insgesamt neun im Jahr 2021 lancierten Vorstössen verlangte die SVP-Fraktion verstärkte «Massnahmen gegen die illegale Migration». Im April 2022 behandelte die SPK-NR zwei parlamentarische Initiativen aus dieser Serie. Dabei lehnte sie die Forderung, dass wesentliche Vertragsabschlüsse nur noch bei Vorliegen einer Wohnsitzbestätigung möglich sein sollen, mit 16 zu 7 Stimmen ab. Die Annahme der Forderung der SVP würde dazu führen, dass etwa der Abschluss eines Mietvertrags, einer Unfall- oder Fahrzeugversicherung oder auch eines Mobilfunkvertrags für Sans-Papiers erheblich erschwert würde. Die Mehrheit der Kommission erachtete die Situation von Personen ohne Aufenthaltsbewilligung als «unbefriedigend»; ihr erschien die vorgeschlagene Massnahme jedoch nicht als geeignet, «um diese Problematik anzugehen». Mit ebendieser Argumentation gab sie am selben Tag auch der zweiten parlamentarischen Initiative in der oben erwähnten Serie keine Folge (Pa.Iv. 21.445).

Massnahmen gegen Sans-Papiers: Wesentliche Vertragsabschlüsse nur mit Wohnsitzbestätigung (Pa.Iv. 21.446)

Ende April 2022 publizierte der Bundesrat die Botschaft zur Genehmigung und Umsetzung des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich zur Koordinierung der sozialen Sicherheit. Das Abkommen, welches im September 2021 unterzeichnet worden war und seit November 2021 bereits vorläufig Anwendung fand, solle die vor dem Brexit existierenden Rechte und Pflichten im Bereich der Sozialversicherungssysteme erhalten, was der «Mind the Gap»-Strategie des Bundesrats entspreche. Seit Jahresbeginn 2021 war die im Freizügigkeitsabkommen mit der EU enthaltene Koordinierung der Sozialversicherungssysteme nicht mehr auf die Beziehungen mit dem Vereinigten Königreich anwendbar. Bereits unter dem FZA bestehende Ansprüche wurden jedoch durch das Abkommen über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger weiterhin garantiert. Inhaltlich orientiere sich das Abkommen an jenem, welches das Vereinigte Königreich im Rahmen des Brexit-Vollzugs mit der EU ausgehandelt habe, was die Einheitlichkeit und Kontinuität gewährleiste. Gemäss den internationalen Standards zur Koordination der Systeme der sozialen Sicherheit umfasse es die AHV, die IV, sowie die Kranken- und Unfallversicherung. Hauptziel des Abkommens sei es, zu gewährleisten, dass Personen, die sich aus beruflichen Gründen in einem der beiden Vertragsstaaten niederliessen bei den Sozialversicherungen nicht benachteiligt würden. Es garantiere weitgehende Gleichbehandlung, sowie einen erleichterten Zugang zu den Sozialleistungen der Vertragsstaaten. Unter anderem ermögliche es die Anrechnung der im anderen Staat registrierten Versicherungszeit; sichere die Auszahlung der Leistungen ins Ausland und institutionalisiere die Zusammenarbeit der Behörden. Das Abkommen erleichtere ausserdem die Mobilität der Bevölkerung und verhindere Doppelunterstellungen in beiden Staaten. Im Unterschied zu sonstigen Standardabkommen der Schweiz sehe das vorliegende Abkommen keine Möglichkeit vor, Rentenleistungen der Invalidenversicherung ins Ausland zu exportieren. Diese Ausnahme wurde vom Vereinigten Königreich in den Verhandlungen mit der EU gewünscht und von dieser auch anerkannt, weshalb sie auch in das Abkommen mit der Schweiz aufgenommen wurde. Da andere Rechtsinstrumente den Export von IV-Renten ermöglichen würden, seien die Auswirkungen dieser Abweichung jedoch minim, beteuerte der Bundesrat.

Abkommen mit dem Vereinigten Königreich zur Koordinierung der sozialen Sicherheit (BRG 22.032)
Dossier: Mind the Gap-Strategie nach dem Brexit

Zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie und zum gesundheitlichen Schutz von Personen ohne rechtlich geregelten Aufenthaltsstatus verlangte Stefania Prezioso Batou (egsols, GE) in einer im Mai 2020 eingereichten Motion die generelle Legalisierung von Sans-Papiers. Die Genfer Nationalrätin befürchtete, dass sich Sans-Papiers bei Erkrankungen nicht in Gesundheitseinrichtungen wagen würden, da sie Angst hätten, denunziert und ausgewiesen zu werden. Ebenfalls würde eine Legalisierung dieser Personengruppe auch Zugang zur Sozialhilfe verschaffen, was in Zeiten einer «Wirtschafts- und Gesellschaftskrise» besonders wichtig sei. Der Bundesrat stellte sich ablehnend zum Anliegen. Zum einen befürchtete er eine Sogwirkung durch eine «kollektive Regularisierung» und zum anderen vertrat er die Ansicht, dass die bestehenden Bestimmungen und Massnahmen im Sozial- und Gesundheitsbereich ausreichten. Ferner verwies er auf den in Erfüllung eines Postulats der SPK-NR zu erstellenden Bericht, der unter anderem Lösungswege betreffend Sozialversicherungsansprüche von Sans-Papiers aufzeigen soll. In der Frühjahrssession 2022 teilte die Mehrheit des Nationalrats die Ansicht der Regierung und lehnte die Motion mit 127 zu 63 Stimmen ab. Das Anliegen wurde lediglich von den geschlossen stimmenden Fraktionen der SP und der Grünen befürwortet.

Generelle Legalisierung von Sans-Papiers und garantierter Zugang zu Sozialhilfe für die ganze Bevölkerung (Mo. 20.3339)

Im Januar 2022 beantragte die SGK-SR, die Motion Darbellay (cvp, VS) zur Schliessung von Rechtslücken in der Unfallversicherung analog zum Nationalrat nicht abzuschreiben. In der Frühjahrssession 2022 befasste sich der Ständerat mit der vom Bundesrat beantragten Abschreibung. Für die Kommission erläuterte Paul Rechsteiner (sp, SG) den Inhalt der Motion und erklärte, weshalb die Kommission das Anliegen des Bundesrats auf Abschreibung nicht unterstütze. Bundesrat Berset beschrieb daraufhin in der Ratsdebatte den langwierigen Prozess, den die Motion bereits durchgemacht habe und weswegen er gewisse Hürden bei der Umsetzung der Motion als unüberwindbar erachte. Der Antrag der Kommission wurde schliesslich mit 21 zu 8 Stimmen (0 Enthaltungen) angenommen, womit die Motion nicht abgeschrieben wurde. Für Heiterkeit in der Ratsdebatte sorgte Bundesrat Berset, als er auf die Frage der Vizepräsidentin Brigitte Häberli-Koller (mitte, TG), ob er eine Abstimmung verlange, antwortete: «Abzustimmen, um zu verlieren – davon bin ich nicht so begeistert, Frau Vizepräsidentin».

Im Februar 2023 beantragte die SGK-NR mit 13 zu 9 Stimmen (2 Enthaltungen), die Frist für die Umsetzung der Motion um ein Jahr zu verlängern. Im gleichen Monat beantragte dies auch die SGK-SR (ohne Gegenantrag). Die Fristverlängerung wurde sodann in der Frühjahrssession 2023 von beiden Räten angenommen; im Nationalrat mit 132 zu 44 Stimmen (4 Enthaltungen), im Ständerat stillschweigend. Innenminister Berset zeigte sich in der kleinen Kammer froh über die Fristverlängerung, da das Geschäft eine grosse Komplexität aufweise.

Schliessung einer Rechtslücke in der Unfallversicherung (Mo. 11.3811)

Jahresrückblick 2021: Soziale Gruppen

Eine überaus wichtige Neuerung im Themenbereich der sozialen Gruppen wurde 2021 für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt. Im September nahm die Stimmbevölkerung mit einem deutlichen Ja-Anteil von 64 Prozent die «Ehe für alle» an. Neben der Möglichkeit der Eheschliessung waren damit für gleichgeschlechtliche Paare weitere Ungleichheiten im Familienleben beseitigt worden: In Zukunft ist es auch ihnen möglich, gemeinsam ein Kind zu adoptieren, zudem erhalten verheiratete Frauenpaare Zugang zur Samenspende. Die Relevanz dieser Abstimmung widerspiegelt sich im Ergebnis der APS-Zeitungsanalyse 2021, die einen diesem Ereignis geschuldeten Höchststand an Artikeln zur Familienpolitik im Abstimmungsmonat aufzeigt (vgl. Abbildung 1 im Anhang). Kein anderes Thema im Bereich der sozialen Gruppen erzielte im beobachteten Jahr eine ähnlich hohe mediale Aufmerksamkeit.

Erstmals in der Geschichte der Schweizer Frauen- und Gleichstellungspolitik veröffentlichte der Bundesrat 2021 eine nationale Gleichstellungsstrategie, die jedoch von Frauenorganisationen und linken Parteien kritisiert wurde. Ferner gaben die Kommissionen einer parlamentarischen Initiative Folge, welche die befristete Finanzierung für die familienergänzende Kinderbetreuung durch eine dauerhafte, vom Bund unterstützte Lösung ersetzen will. Der 2022 vorzulegende Entwurf soll die Eltern bei der Finanzierung der Betreuungsplätze massgeblich entlasten und somit zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen. Gleichzeitig wurden im Berichtsjahr aber verschiedene Vorstösse mit ähnlichen, bereits konkreter ausformulierten Vorstellungen in Form einer parlamentarischen Initiative, einer Standesinitiative und einer Motion abgelehnt. Ebenfalls zur Verbesserung der Stellung der Frauen im Beruf beitragen soll die 2018 geschaffene Revision des Gleichstellungsgesetzes, mit der Unternehmen mit über 100 Mitarbeitenden zur Durchführung von Lohnanalysen verpflichtet worden waren. Erste, im August 2021 publizierte Analyseergebnisse von ausgewählten Unternehmen zeichneten ein positives Bild, das jedoch unter anderem wegen fehlender Repräsentativität in Zweifel gezogen wurde. Nach wie vor sind Unternehmen nicht verpflichtet, die Ergebnisse ihrer Lohnanalysen an den Bund zu übermitteln. Gegen eine entsprechende Regelung hatte sich der Ständerat im Juni erfolgreich gewehrt.

Nachdem im Vorjahr der zweiwöchige Vaterschaftsurlaub in einer Volksabstimmung angenommen worden war, gingen die politischen Diskussionen rund um die Ausdehnung von Urlaubsmöglichkeiten für Eltern 2021 weiter. Eine Standesinitiative aus dem Kanton Jura und eine parlamentarische Initiative mit diesem Ziel stiessen im Parlament indes auf wenig Gehör. Der Nationalrat verabschiedete jedoch ein Kommissionspostulat, das die volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer Elternzeit aufzeigen soll. In den Räten setzte sich zudem mit Annahme einer Vorlage zum Adoptionsurlaub eine langjährige Forderung in der Minimalvariante durch: Eltern, die ein Kind unter vier Jahren adoptieren, haben künftig Anrecht auf einen zweiwöchigen Urlaub.

Auch das Thema der Gewalt gegen Frauen blieb 2021 auf der politischen Agenda, immer wieder angetrieben durch Zeitungsberichte über häusliche Gewalt und Femizide. Das Parlament überwies drei Motionen, welche die Bereitstellung eines 24-stündigen Beratungsangebots für von Gewalt betroffene Personen forderten, wozu sich die Schweiz 2017 im Rahmen der Ratifikation der Konvention von Istanbul verpflichtet hatte. Ein Zeichen gegen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche setzte der Nationalrat auch durch Befürwortung einer Motion, die das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung im Zivilgesetzbuch verankern möchte. Der Ständerat äusserte sich bis Ende Jahr noch nicht zum Geschäft. Ebenfalls kam es zu breiten medialen Vorwürfen bezüglich Gewalt in Bundesasylzentren, woraufhin das SEM einen Bericht erarbeiten liess.

Nicht zuletzt wurde im Berichtsjahr mit verschiedensten Publikationen und Aktionen auf das 50-jährige Bestehen des Frauenstimm- und -wahlrechts Bezug genommen. Mit Corona-bedingter Verspätung fand im September die offizielle Feier des Bundes statt. Ende Oktober tagte zum zweiten Mal nach 1991 die Frauensession, die insgesamt 23 Forderungen zu unterschiedlichen Themen als Petitionen verabschiedete. Darüber hinaus wurde an diesen Anlässen auch über die Gewährung politischer Rechte an weitere Gruppen diskutiert, so etwa an Personen ohne Schweizer Pass, Minderjährige und Menschen mit einer Beeinträchtigung. Bezüglich Letzteren nahm der Ständerat im Herbst 2021 ein Postulat an, das den Bundesrat aufforderte, Massnahmen aufzuzeigen, damit auch Menschen mit einer geistigen Behinderung uneingeschränkt am politischen und öffentlichen Leben teilhaben können.

Wie die APS-Zeitungsanalyse 2021 zeigt, erhielten Fragen rund um die Familien- und Gleichstellungspolitik im Jahr 2021 im Gegensatz zu Fragen zur Asyl- und Migrationspolitik überaus starke mediale Aufmerksamkeit. Der Zeitvergleich macht überdies deutlich, dass die Berichterstattung im Bereich Asyl und Migration über die letzten Jahre konstant an Bedeutung eingebüsst hat.

Dieses fehlende Interesse der Medien ist ob der umstrittenen Gesetzesänderungen des Parlaments im Bereich Asylpolitik, welche die Grundrechte der Asylsuchenden einschränkten, bemerkenswert. So können Schweizer Behörden künftig mobile Geräte der Asylsuchenden verwenden, um beim Fehlen von Ausweispapieren Rückschlüsse auf die Identität einer Person zu gewinnen. Dieser Beschluss provozierte eine negative Reaktion des UNHCR. Zudem schuf das Parlament ein Reiseverbot für vorläufig aufgenommene Personen und entschied, dass Personen in Ausschaffungshaft zum Wegweisungsvollzug zur Durchführung eines Covid-19-Tests gezwungen werden können. Unterschiedliche Ansichten vertraten die beiden Räte in Bezug auf junge Asylbewerbende. So lehnte es der Ständerat ab, die Administrativhaft für Minderjährige abzuschaffen, nachdem sich der Nationalrat für diese Forderung im Vorjahr noch offen gezeigt hatte. Ebenso setzte sich der Nationalrat im Berichtsjahr durch Unterstützung einer Motion dafür ein, dass Personen mit abgewiesenem Asylentscheid ihre berufliche Ausbildung beenden dürfen, während sich der Ständerat nach der Beratung einer anderen Motion gegen diese Möglichkeit aussprach. Schliesslich wollte der Ständerat den Familiennachzug von Schutzbedürftigen erschweren, wogegen sich der Nationalrat aber erfolgreich sträubte. Im Sammelstadium scheiterte überdies eine Volksinitiative des ehemaligen Nationalrats Luzi Stamm, gemäss welcher Asylbewerbende in der Schweiz nur noch mit Sachleistungen hätten unterstützt werden sollen: Seine Volksinitiative «Hilfe vor Ort im Asylbereich», die in erster Linie Flüchtlingen primär in der Nähe der Krisengebiete und nicht in der Schweiz helfen wollte, scheiterte an den direktdemokratischen Hürden.

Jahresrückblick 2021: Soziale Gruppen
Dossier: Jahresrückblick 2021

Im Juni 2021 verlangte Gerhard Pfister (mitte, ZG) in einer Motion die Möglichkeit zur Prüfung der Suva durch die EFK. Die Suva müsse aufgrund ihrer wichtigen Rolle für das schweizerische Sozialversicherungssystem – sie versichert die Hälfte aller Arbeitnehmenden, hat selbst mehr als 4'000 Mitarbeitende und verwaltet Bruttoprämieneinnahmen von über CHF 4 Mrd. – von der EFK und vom Parlament beaufsichtigt werden, wie dies etwa auch bei der Compenswiss – der öffentlich-rechtlichen Anstalt des Bundes zur Verwaltung der Ausgleichsfonds von AHV, IV und EO – oder der Publica – der Pensionskasse des Bundes – der Fall sei. Gerade bei der Suva sei aufgrund ihres Monopolcharakters für verschiedene Versicherte eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit wichtig, wie sie die EFK jeweils durchführe – bisher erfolge eine solche bei der Suva jedoch noch nicht. Der Bundesrat zeigte sich bereit, die Motion anzunehmen, und der Nationalrat folgte ihm in der Herbstsession 2021 stillschweigend.

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt. Prüfung durch die Eidgenössische Finanzkontrolle (Mo. 21.3928)

Johanna Gapany (plr, FR) a retiré sa motion par soucis d'efficacité, la majorité de la CER-CE soutenant une proposition identique d'ores et déjà acceptée par le Conseil national et qui sera, quelques minutes plus tard, acceptée à l'unanimité par les membres de la chambre haute.

Couverture sociale pour le ou la conjointe travaillant sur l'exploitation (Mo. 20.4574)
Dossier: Lage der Bäuerinnen verbessern

C'est à l'unanimité et avec le soutien du Conseil fédéral que le Conseil des Etats a accepté la motion de Montmollin (plr, GE) visant à améliorer la couverture sociale du ou de la partenaire qui travaille sur les exploitations agricoles. Comme précisé par la rapporteuse de la CER-CE, Adèle Thorens Goumaz (verts, VD), cette question touche principalement des paysannes, trop peu assurées, alors que plus de 43'000 femmes travaillent sur des exploitations familiales. Le but serait de mieux les protéger en cas d'accident, de maladie et d'invalidité, ce qu'il serait possible d'atteindre avec une modification de l'article 70a de la LAgr, selon la motionnaire.
Le Conseil fédéral s'est dit prêt à mettre rapidement en œuvre cette mesure, qui devrait être relativement contraignante, le versement des paiements directs devant être à l'avenir couplé à une protection sociale suffisante du ou de la conjointe qui travaille sur le domaine. Lors d'un même débat, la motion Gapany (plr, FR), au contenu identique, a été retirée pour des raisons d'efficacité, tandis que la motion 19.3445 sur l'amélioration de la situation des conjoint.e.s en cas de divorce a été acceptée et la motion 19.3446 du PBD sur l'allocation maternité a été rejetée.

Améliorer sans délai la situation du conjoint travaillant sur l'exploitation (Mo. 21.3374)
Dossier: Lage der Bäuerinnen verbessern

Auch die SGK-NR störte sich daran, dass die Arbeitgebenden selbst bei der vereinfachten Abrechnung von Sozialversicherungen und Steuern von Hausdienstangestellten zwei verschiedene Anlaufstellen für die AHV und die ALV anschreiben müssen und begrüsste daher die von den Motionen Dittli (fdp, UR) und Gmür (mitte, SZ) beantragte weitere Vereinfachung. Der Nationalrat folgte dem Antrag der Kommission in der Herbstsession 2021 und nahm die Motion Dittli stillschweigend an. Wenige Tage später entschied sich auch der Ständerat in Übereinstimmung mit seiner Kommission für Annahme der Motion Gmür, womit der Bundesrat nun gleich zwei Aufträge zur Vereinfachung der entsprechenden Abrechnung erhielt.

Abrechnung der Sozialversicherungen und der Steuern bei Hausdienstangestellten vereinfachen (Mo. 20.4425 & Mo. 20.4552)

Nachdem der Ständerat die Motion von Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU) aufgrund eines Ordnungsantrages an die SPK-SR zur Vorberatung überwiesen hatte, empfahl diese den Vorstoss im März 2021 mit 8 zu 4 Stimmen zur Ablehnung. In der Herbstsession 2021 beugte sich sodann der Ständerat über die Motion, welche forderte, dass der Bundesrat in Krisenzeiten die Situation von Menschen, die keinen rechtlich geregelten Status haben, berücksichtigt. Eine Kommissionsmehrheit und der Bundesrat lehnten den Vorstoss unter anderem ab, weil es sich erstens um Personen handle, die eigentlich gar nicht in der Schweiz sein dürften, sie zweitens bereits jetzt Zugang zum Gesundheitswesen sowie zu Nothilfe hätten und weil drittens das AIG während Krisenzeiten bereits erlaube, dass Härtefälle eine Aufnahmebewilligung erhielten, wie Philippe Bauer (fdp, NE) für die Kommission ausführte. Mathias Zopfi (gps, GL) hielt im Namen der Minderheit dagegen, dass sich gerade Sans-Papiers aus Angst vor einer Abschiebung eben nicht trauen würden, mit den Behörden in Kontakt zu treten, um Nothilfe zu beantragen, weshalb diese Motion aus seiner Sicht zielführendere Lösungen in Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen vorsehe. Dies schien den Ständerat aber nicht zu überzeugen – er lehnte die Vorlage mit 27 zu 13 Stimmen (1 Enthaltung) ab.

Prendre en considération la situation des personnes sans statut légal (Mo. 20.3420)

Sans discussion, le Conseil national a accepté la motion déposée par la députée genevoise Simone de Montmollin (plr) qui exige que la situation du ou de la conjoint.e travaillant sur l'exploitation agricole soit améliorée au plus vite. Simone de Montmollin explique que les conjoint.e.s ne sont pas soumis.e.s aux mêmes droits que la main d'œuvre extrafamiliale qui bénéficie, elle, d'une couverture sociale obligatoire. Le Conseil fédéral a proposé d'accepter la motion, afin que les mesures prévues en la matière dans la politique agricole 22+ (PA 22+) soient mises en œuvre. Deux autres textes similaires (Mo. 20.4592 et Mo. 20.4574) ont été déposés au Parlement suite à la suspension de la PA 22+.

Améliorer sans délai la situation du conjoint travaillant sur l'exploitation (Mo. 21.3374)
Dossier: Lage der Bäuerinnen verbessern

Im Rahmen der Beratungen zum Bericht über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahr 2020 schrieb der Nationalrat das Postulat der SPK-NR, das eine gesamthafte Prüfung der Problematik der Sans-Papiers verlangte, in der Sommersession 2021 nach Erscheinen eines entsprechenden Berichts in Erfüllung des Vorstosses ab.

Pour un examen global de la problématique des sans-papiers (Po. 18.3381)