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Nachdem der Nationalrat in der Sondersession 2020 bereits das Paket 1b behandelt hatte, machte er sich in der Wintersession 2020 an die Differenzbereinigung zum Paket 1a des ersten Massnahmenpakets zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen. Stillschweigend pflichtete er dem Zweitrat bei, dass bei einer entsprechenden Abmachung zwischen Versicherungen und Leistungserbringenden auch die Versicherung für die Übermittlung der Rechnungen zuständig sein kann. Alle übrigen Fragen waren hingegen umstritten.
Bei der Frage der Patientenpauschale waren sich National- und Ständerat zwar einig, dass Pauschalen auch bei ambulanten Behandlungen eingeführt werden sollen, entgegen dem Nationalrat hatte es der Ständerat aber abgelehnt, diese auf national einheitliche Tarifstrukturen zu stellen. Die Mehrheit der SGK-NR wollte diesbezüglich an der bisherigen Position des Nationalrats festhalten, um so eine gleiche Tarifierung von medizinischen Leistungen bei ambulanten oder stationären Behandlungen zu erleichtern, wie Ruth Humbel (cvp, AG) und Pierre-Yves Maillard (sp, VD) für die Kommission erklärten. Eine Minderheit de Courten (svp, BL) beantragte, dem Ständerat zuzustimmen, um die pauschale Leistungsabgeltung im ambulanten Bereich nicht zu verkomplizieren. Umstritten war überdies die Frage, ob der Bundesrat gewisse Pauschaltarife von der Pflicht der einheitlichen Tarifstruktur ausnehmen können sollte, wie eine Minderheit Gysi (sp, SG) weiterhin forderte, während die Kommissionsmehrheit darauf verzichten wollte. In beiden Fragen folgte der Rat der Kommissionsmehrheit (mit 134 zu 51 Stimmen bei 2 Enthaltungen und 119 zu 70 Stimmen).
Auch die Organisation der Tarifstrukturen war weiterhin umstritten. Zwar pflichtete der Nationalrat dem Ständerat bei, dass der Bundesrat nur dann in die Organisation der Tarifstrukturen eingreifen können sollte, wenn keine solche bestehe oder sie nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Auch für den Fall, dass sich Leistungserbringende und Versicherungen nicht einigen können, sollte der Bundesrat eingreifen können; hier wollten ihn Ständerat und eine Minderheit de Courten jedoch dazu verpflichten, die Tarifautonomie der Tarifpartner wahren zu müssen. Hier gehe es ja gerade um diejenigen Fälle, bei denen sich die Tarifpartner nicht einigen könnten, betonten die Kommissionssprechenden, entsprechend mache es keinen Sinn, hier die Tarifautonomie zu wahren. Mit 136 zu 51 Stimmen (bei 1 Enthaltung) folgte der Rat der Kommissionsmehrheit und lehnte die Wahrung der Tarifautonomie gegen die geschlossen stimmende SVP-Fraktion ab.
In der ersten Behandlungsrunde hatte der Nationalrat dem Entwurf eine Regelung für finanzielle Unterstützung von Organisationen und Patientenstellen, welche den Individuen bei der Rechnungskontrolle helfen, beigefügt; der Ständerat hatte diese jedoch wieder gestrichen. Nun beabsichtigte die SGK-NR, auf die entsprechende Unterstützung zu verzichten; stattdessen sollen sich die Tarifpartner auf eine einfache, verständliche Rechnungsstellung einigen, betonte Humbel. Eine Minderheit Gysi wollte hingegen an der ursprünglichen Formulierung festhalten, während eine Minderheit Mäder (glp, ZH) eine Präzisierung vorschlug: Nur Organisationen, welche «statutengemäss und organisatorisch unabhängig» sind, sollten subsidiär unterstützt werden. Deutlich (mit 108 zu 83 Stimmen) entschied sich der Nationalrat gegen die finanzielle Unterstützung, nachdem sich der Minderheitsantrag Gysi zuvor knapp mit 96 zu 95 Stimmen gegen den Minderheitsantrag Mäder durchgesetzt hatte.
Zum Schluss blieb noch die Frage der Pilotprojekte, wo vor allem umstritten war, in welchen Bereichen und zu welchem Zweck solche Projekte möglich sein sollten. Ruth Humbel erklärte, dass der Ständerat den Artikel offener gefasst hatte als der Bundesrat und der Nationalrat, dadurch aber das Legalitätsprinzip und die Verfassungsmässigkeit verletzt habe, wie ein entsprechender Bericht des BJ gezeigt habe. Der Vorschlag der Kommissionsmehrheit, welcher die betroffenen Bereiche ausdrücklich und ausführlich auflistete, entspreche nun einer der vom BJ vorgeschlagenen Möglichkeiten. Eine Minderheit de Courten beantragte hingegen eine möglichst schlanke Formulierung, die jedoch die Rechte der Versicherten ausdrücklich wahren sollte. Eine Minderheit Weichelt-Picard (al, ZG) wollte auf Pilotprojekte zur Übernahme von Leistungen im Ausland verzichten, weil ältere und kranke Personen nicht einfach ins Ausland abgeschoben werden sollten, wie die Minderheitensprecherin betonte. Wie bereits in der ersten nationalrätlichen Behandlung erneut auf Ablehnung einer Minderheit Prelicz-Huber (gp, ZH) stiess die Möglichkeit, Projekte zur Einschränkung der freien Arztwahl zu schaffen, während eine Minderheit Moret (fdp, VD) auch Projekte zur Entschädigung von innovativen und neuen Behandlungsansätzen in die Liste aufnehmen wollte. Deutlich folgte der Rat gegenüber allen Minderheiten dem Mehrheitsantrag.

Erstes Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen (BRG 19.046)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)

Im August 2020 hatte die SGK-NR den Bundesrat mit einer Motion aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die Vertriebsanteile gemäss KLV zukünftig durch einen vom Fabrikpreis unabhängigen Fixteil die effektiven Vertriebskosten abdecken. Allenfalls sei zur Verhinderung einer starken Verteuerung günstiger Arzneimittel auch eine «zweigeteilte Fixmarge» mit zwei verschiedenen Stufen je nach Preis der Arzneimittel möglich. Dadurch sollen Anreize für die Abgabe von preisgünstigeren Arzneimitteln geschaffen werden – bisher sei deren Abgabe durch die KLV eher beeinträchtigt worden.
Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion, zumal auch die Expertengruppe zur Kostendämpfung eine entsprechende Regelung empfohlen habe und die Regierung eine solche in das erste Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen eingebaut habe. Der Bundesrat verwies überdies auf sein Referenzpreissystem für patentabgelaufene Arzneimittel, das ein ähnliches Ziel verfolgt und ebenfalls im ersten Massnahmenpaket behandelt wird.
Der Nationalrat stimmte der Motion noch in der Sondersession im Oktober 2020 zu, der Ständerat folgte ihm in der Wintersession 2021.

Medikamentenpreise. Für eine Kostendämpfung dank Beseitigung negativer Anreize unter Aufrechterhaltung von Qualität und Versorgungssicherheit (Mo. 20.3936)

Noch bevor die Räte den gemäss SGK-NR weniger umstrittenen Teil des ersten Massnahmenpakets zu Ende beraten hatten, behandelte der Nationalrat in der Sondersession im Oktober 2020 die übrigen Artikel des ersten Kostendämpfungspakets unter dem Namen Paket 1b des ersten Massnahmenpakets zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen. Dazu gehörten die Massnahmen zur Steuerung der Kosten, das Beschwerderecht der Versicherer gegen Spitalplanungsentscheide sowie das Referenzpreissystem für patentabgelaufene Arzneimittel. Mit 17 zu 0 Stimmen bei 8 Enthaltungen hatte die SKG-NR ihren Entwurf, der gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag einige gewichtige Änderungen enthielt, zuvor angenommen. Eintreten war unbestritten.

Als ersten Hauptpunkt diskutierte der Nationalrat die Frage der Kostensteuerung, wobei Ruth Humbel (cvp, AG) und Philippe Nantermod (fdp, VS) die Kommissionsposition ausführlich darlegten: Eine knappe Kommissionsmehrheit unterstütze die Kostensteuerung generell. Diese lege fest, dass Tarifverträge entsprechend der Forderung der angenommenen Motion Brand (svp, GR; Mo. 18.3305) Massnahmen zur Kostenkorrektur im Falle eines unvorhergesehenen Anstiegs der Gesundheitskosten enthalten müssen. Anstatt entsprechende Regeln vorzuschreiben, wie der Bundesrat beabsichtigt hatte, setzte die Kommission jedoch auf degressive Tarife: Bei häufigerer Anwendung sollten die Tarife entsprechend sinken. Stattdessen folgte der Rat jedoch äusserst knapp mit 91 zu 90 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) einer Minderheit II Hess (bdp, BE), die vorschlug, die Kostensteuerungsmassnahmen aus dieser Vorlage zu streichen, zumal sie ein «Bestandteil des Zielkostensystems» seien, welches erst im zweiten Kostendämpfungspaket behandelt werden wird. Entsprechend solle diese Massnahme ins zweite Paket verschoben werden.

Der zweite Hauptpunkt der Vorlage stellte das Beschwerderecht der Krankenversicherungen und ihrer Verbände gegenüber Entscheidungen der Kantonsregierungen bezüglich der Spitallisten sowie bezüglich Preisfestsetzungen für Arzneimittel, wie die Kommissionsmehrheit den bundesrätlichen Vorschlag ergänzt hatte, dar. Eine Minderheit Prelicz-Huber (gp, ZH) wehrte sich dagegen, dass «private Interessen eine Steuerung durch die politische Seite, durch die Kantone, aufheben» können sollen. Stattdessen soll die Kompetenz sowie die Entscheidhoheit in den entsprechenden Fragen bei den Kantonen und damit bei der Politik verbleiben. Nur die Politik und das Volk hätten das Wohl der ganzen Bevölkerung im Blick, während die Versicherungen ihre Partikularinteressen verfolgten, argumentierte sie. Konsequenterweise müsse man sonst auch ein Beschwerderecht unter anderem für Patienten- und Patientinnenorganisationen oder für die Sozialpartner einrichten. Zudem könne die entsprechende Regelung zu einer Blockade und zu Rechtsunsicherheit führen. Dem widersprach unter anderem Thomas de Courten (svp, BL), der die Versicherungen im Gesundheitswesen als «Anwälte der Patientinnen und Patienten» bezeichnete und die Massnahme für nötig erachtete, damit ein Gleichgewicht in der Verhandlungsmacht sichergestellt und die alleinige Macht der Kantone gebrochen werden könne. Die Minderheit setzte sich mit 104 zu 75 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) respektive 94 zu 87 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) durch, der Nationalrat sprach sich somit gegen das Beschwerderecht der Krankenversicherungen aus. Die Stimmen für die Kommissionsmehrheit stammten von Mehrheiten der SVP-, FDP.Liberale- und Mitte-Fraktion.

Den dritten zentralen Aspekt stellte die Frage des Referenzpreissystems für patentabgelaufene Arzneimittel dar, das der Bundesrat einführen wollte. Mit einem Referenzpreissystem für Generika dürfte die OKP zukünftig nur noch denjenigen Preis für ein Arzneimittel vergüten, der in diesem Referenzpreissystem festgelegt worden war — ausser es ist das einzige für die Patientin oder den Patienten mögliche Arzneimittel, dann wird es unabhängig vom Preis vergütet. Die Kommissionsmehrheit lehnte nun die Schaffung eines solchen Systems ab. Hier gehe es um Fragen der Versorgungssicherheit und der Patientensicherheit (wie in diesem Bericht ausgeführt wird), erklärte Kommissionssprecherin Humbel. Bei wechselnden Referenzpreisen bestehe die Gefahr, dass es zu nicht medizinisch begründeten Medikamentenwechseln komme, was zu abnehmender Therapietreue und sinkender Patientensicherheit und dadurch zu Folgekosten führen könne. Zudem könnten Firmen aufgrund des Preisdrucks darauf verzichten, ihre Produkte in der Schweiz anzubieten, wodurch die Abhängigkeit von den übrigen Lieferanten steige. Wie problematisch eine solche Abhängigkeit sei, habe sich im Rahmen der Corona-Krise gezeigt. Die Kommission wolle deshalb auf das Referenzpreissystem verzichten und stattdessen, beruhend auf einem Vorschlag von Curafutura, Pharmasuisse, Ärzte mit Patientenapotheke und Intergenerika die Generikapenetration erhöhen. Der Marktpreis solle daher jährlich statt alle drei Jahre überprüft und die Generikapreise gegenüber den Originalen um weitere fünf Prozent gesenkt werden. Zudem soll eine preisunabhängige Vertriebsmarge geschaffen werden, damit Ärztinnen, Ärzte, Apothekerinnen und Apotheker nicht wie bisher mehr Geld verdienten, wenn sie teurere Medikamente verkauften. Entsprechend habe man auch einstimmig die Motion 20.3936 eingereicht.
Eine Minderheit I Hess unterstützte hingegen das Referenzpreissystem des Bundesrates. Minderheitensprecher Hess argumentierte, seine Minderheit habe das bundesrätliche System etwas vereinfacht und abgeschwächt. So solle das Referenzpreissystem nur gelten, wenn mehr als zwei wirkstoffgleiche Medikamente auf dem Markt sind und ein Arzneimittel vom Bundesrat nicht als unverzichtbar festgelegt worden war. Mit einem eigenen Preis, also unabhängig vom Generika-Preis, sollten überdies Biosimilars, das sind Nachahmerpräparate, deren Wirkstoffe nicht mit denjenigen der Originale identisch sind, ins Preissystem aufgenommen werden, da diese gemäss dem revidierten Heilmittelgesetz nicht mit Generika gleichgesetzt werden können. Mit diesem Modell, das er als Referenzpreissystem «light» bezeichnete, könne das grösstmögliche Sparvolumen erreicht werden, argumentierte der Minderheitensprecher.
Eine Minderheit II Porchet (gp, VD) wollte überdies das Substitutionsrecht für Apothekerinnen und Apotheker stärken. Diese sollten zukünftig bei neuen Behandlungen eines der drei preisgünstigsten Arzneimittel abgeben müssen, sofern dies aus medizinischer und pharmazeutischer Sicht möglich ist.
Mit 114 zu 65 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) lehnte der Nationalrat die Einführung des Referenzpreissystems light ab. Interessant ist dabei, dass sich die Positionen der SP und der Grünen in dieser Frage deutlich unterschieden, was in Gesundheitsfragen nur selten der Fall ist: Während die SP die Einführung eines Referenzpreissystems zusammen mit der Mehrheit der Mitte-Fraktion unterstützte, sprachen sich die Grünen mit der GLP-Fraktion, der Mehrheit der SVP-, der FDP.Liberalen- und der Minderheit der Mitte-Fraktion dagegen aus. Abgelehnt wurden auch die Anträge auf eine Sonderbehandlung der Biosimilars (103 zu 75 Stimmen bei 7 Enthaltungen) sowie der Antrag der Minderheit II Porchet (108 zu 77 Stimmen). In letzterer Frage standen SP und Grüne zusammen mit den Grünliberalen wieder gemeinsam auf der Seite der Minderheit.

Im Rahmen dieser drei Hauptthemen behandelte der Nationalrat auch weitere Detailfragen, so zum Beispiel die Frage der verhandelten Rabatte. Als «Tabubruch» und als «absolutes No-Go» bezeichnete Barbara Gysi (sp, SG) den Vorschlag der SGK-NR, wonach maximal 25 Prozent der Einsparungen durch zwischen Tarifpartnern und Leistungserbringenden ausgehandelten tieferen Preisen und Tarifen den Versicherungen zur freien Verfügung stehen sollten, dass sie gemäss Gysi also «in die Taschen der Versicherer fliessen» sollten. Bisher mussten die entsprechenden Einsparungen vollumfänglich den Versicherten zugute kommen. «Braucht es denn wirklich dieses sogenannte Incentive [...], damit die Krankenversicherer ihre Arbeit tun, nämlich günstige Preise aushandeln?», fragte Gysi rhetorisch. Entsprechend beantragte ihre Minderheit die Streichung des Artikels, zumal dieser gemäss Flavia Wasserfallen (sp, BE) auch ohne seriöse Abklärungen in die Kommission gelangt sei. Kommissionssprecherin Humbel führte aus, dass der Ständerat bei Annahme dieser Regelung noch prüfen müsse, ob dieser Artikel dem grundsätzlichen Gewinnverbot in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung und der Forderung in Art. 56 Abs. 3bis KVG, wonach alle nicht der Qualitätsverbesserung dienenden Vergünstigungen an die Versicherten weitergegeben müssen, widerspricht und was unter dem Ausdruck «zur freien Verfügung» genau verstanden werden soll. Thomas de Courten befürwortete schliesslich den Mehrheitsantrag; es sei der «Sinn dieser ganzen Debatte, dass wir die Kosten dämpfen und die Anreize entsprechend setzen». Mit 117 zu 67 Stimmen (bei 1 Enthaltung) sprach sich der Nationalrat für den Kommissionsvorschlag aus.
Ausführlich legte schliesslich Thomas de Courten seinen Minderheitsantrag zu den Parallelimporten dar. Er wehrte sich darin gegen den Vorschlag der Kommissionsmehrheit, patentabgelaufene Medikamente ohne Zulassungspflicht durch Swissmedic auf den Schweizer Markt zu bringen. Parallelimporte seien bereits heute erlaubt, dabei müssten aber dieselben Bedingungen eingehalten werden, die für alle anderen Medikamente auch gelten. Mit dem Vorschlag der Kommission könnten Zulassungsentscheide irgendwelcher anderen Länder zukünftig auch für die Schweiz gelten, ohne dass zum Beispiel die Good Manufacturing Practice der Schweiz im Herstellungsprozess beachtet werden müsste. Eine zusätzliche Prüfung durch Swissmedic sei nicht nötig, da man davon ausgehe, dass die ausländischen Zulassungsbehörden dieselben Qualitätsanforderungen stellten wie Swissmedic, begründete Kommissionssprecherin Humbel den Minderheitsantrag. Mit 128 zu 53 Stimmen folgte der Rat diesbezüglich jedoch der Mehrheit, Gehör fand das Anliegen von de Courten nur bei der Mehrheit der SVP-Fraktion und je einem Mitglied der FDP.Liberalen- und der Mitte-Fraktion.

In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat seinen Entwurf schliesslich mit 130 zu 52 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an. Die Gegenstimmen stammten von der SP-Fraktion sowie von der Mehrheit der Grünen-Fraktion.

Erstes Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen (BRG 19.046)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)

Jahresrückblick 2019: Gesundheit, Sozialhilfe und Sport

2019 befasste sich das Parlament mit zahlreichen Geschäften zu Schweizer Gesundheitspolitik, Sport und Sozialhilfe. Besonders relevant waren bezüglich gesundheitspolitischer Themen die Diskussionen um das elektronische Patientendossier (EPD). Dieses soll 2020 in allen Regionen der Schweiz verfügbar sein, weshalb 2019 dazu einige Vorstösse behandelt wurden. So wurde ein Postulat Wehrli (fdp, VD; Po. 18.4328), welches Auskunft über die bereits ergriffenen und die noch zu ergreifenden Massnahmen verlangte, um die Umsetzung des EPD und dessen Nutzung zu fördern, vom Nationalrat angenommen. Ebenfalls Ja sagte die grosse Kammer zu einer Motion der SGK-NR (Mo. 19.3955). Diese hatte den Anschluss sämtlicher am Behandlungsprozess beteiligter Gesundheitsfachpersonen an das EPD zum Ziel und wird nun in einem nächsten Schritt im Stöckli behandelt. Mit dem im Juni 2019 verabschiedeten Bundesratsgeschäft zur «Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit im KVG» (BRG 15.083) sollen zudem die Qualität der erbrachten Leistungen im Gesundheitsbereich verbessert, die Patientensicherheit nachhaltig erhöht und die Steigerung der Kosten in der OKP abgeschwächt werden.

In Sachen Spitäler standen 2019 die Kosten im Gesundheitswesen im Mittelpunkt. Unter anderem intendierte Verena Herzog (svp, TG) mittels Motion, gemeinwirtschaftliche Leistungen dem öffentlichen Beschaffungsrecht zu unterstellen (Mo. 16.3842). Denn durch eine Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen und der damit verbundenen Transparenz könne man nicht nur Kosten reduzieren, sondern auch an Effizienz gewinnen, erklärte die Motionärin. 2018 hatte der Nationalrat dieser Vorlage zugestimmt, der Ständerat gab ihr in der Herbstsession 2019 allerdings einen Korb. Mit einem Selbstkostenanteil, der beim Aufsuchen der Spitalnotfallstation (und beim ambulanten Praxisbesuch) entrichtet werden soll, wollten sowohl Thomas Weibel (glp, ZH; Pa.Iv. 17.480) als auch Thomas Burgherr (svp, AG; Pa.Iv. 17.452) der Kostenentwicklung entgegenwirken, die Eigenverantwortung der Patientenschaft stärken und den Spitalnotfall entlasten. Die grosse Kammer gab in der Wintersession 2019 der parlamentarischen Initiative Weibel, nicht aber der Initiative Burgherr Folge. Des Weiteren nahm das Stöckli als Zweitrat eine Motion der SGK-NR bezüglich Referenztarifen für ausserkantonale Behandlungen an (Mo. 18.3388). Damit wollte die Kommission sicherstellen, dass die Kantone für Behandlungen ihrer Einwohnerinnen und Einwohner ausserhalb des Wohnkantons nicht weniger bezahlen würden als innerhalb. Bezüglich Ärzteschaft reichte Bea Heim (sp, SO; Mo. 18.3107) eine Motion zur Offenlegung der Honorare von Ärztinnen und Ärzten in einer leitenden Position ein. Transparenz sei notwendig, um falsche Anreize, unnötige Eingriffe und hohe Kosten für die OKP zu verhindern, so Heim. Die Motion wurde im März 2019 von der grossen Kammer gutgeheissen und an die kleine Kammer überwiesen.

Rund um das Pflegepersonal waren die Pflegeinitiative und der indirekte Gegenvorschlag ein wichtiges Thema. Gefordert wurden unter anderem die Sicherstellung von genügend diplomierten Pflegefachleuten und eine Kompetenzerweiterung im Bereich der direkten Abrechnung von Pflegeleistungen zu Lasten der OKP. In der Wintersession empfahl der Nationalrat in Übereinstimmung mit dem Bundesrat die Ablehnung der Initiative und gab dem von der SGK-NR ausgearbeiteten indirekten Gegenvorschlag mit einigen kleinen Änderungen Folge. Anders als seine Kommission wollte er beispielsweise nicht, dass eine Vereinbarung zwischen Pflegefachpersonen und Krankenkasse für die Abrechnung der Pflegenden über die OKP generell nötig ist.

Im Frühling 2019 verabschiedete das Parlament eine Änderung des Heilmittelgesetzes (BRG 18.081), die aufgrund zweier neuen EU-Verordnungen zur Erhöhung von Sicherheit und Qualität von Medizinprodukten nötig geworden war, damit die Schweizer Patientenschaft weiterhin von allen europäischen Produkten profitieren kann und die Hersteller keinen Wettbewerbsnachteil erfahren. Qualität und Behandlungssicherheit waren ebenfalls Gegenstand eines Postulates Stahl (svp, ZH; Po. 19.3382), das den Bundesrat dazu aufforderte, die Bedingungen zur Ermöglichung eines Versandhandels nichtverschreibungspflichtiger Arzneimittel zu überprüfen. Weiter stimmte der Nationalrat in der Sommersession einer Motion Humbel (cvp, AG; Mo. 19.3005) zur Kostenvermeidung bei der Umteilung von den Medikamenten der Kategorie C in die Kategorie B zu und überwies sie an den Ständerat. Antibiotika und ihre Resistenz wurden 2019 mittels zweier Vorstösse thematisiert. Zum einen sprach sich der Nationalrat als Erstrat für eine Motion Graf (gp, BL; Mo. 19.3861) aus, die den Bundesrat damit beauftragte, seine One-Health-Strategie mit der Erforschung von Antibiotikaresistenzen zu ergänzen, um so eine Vorgehensweise zur Bekämpfung ihrer Ursachen ausarbeiten zu können. Zum anderen reichte Claude Béglé (cvp, VD, Po. 19.3860) ein Postulat zur «Förderung der Erforschung und der Entwicklung neuer antimikrobieller Mittel» ein, welches allerdings im Rat nicht auf Anklang stiess. Im Herbst 2019 beschäftigte sich das Stöckli mit einer Motion Müller (fdp, LU; Mo. 19.3743), mit der die Eliminierung von Hepatitis in ein nationales Programm zu sexuell und durch Blut übertragbaren Infektionskrankheiten integriert werden soll.

Auch über Tabakwaren wurde 2019 angeregt diskutiert. So befasste sich der Ständerat erneut mit dem Bundesgesetz über Tabakprodukte, nachdem 2016 ein erster Entwurf an den Bundesrat zurückgewiesen worden war. Das Gesetz soll in erster Linie dazu dienen, Teenager, aber auch die Gesamtbevölkerung vor den negativen Auswirkungen des Tabakkonsums zu schützen. In den Medien war hingegen insbesondere das Thema «E-Zigaretten» zentral. Dieses fand auch seinen Weg ins Parlament; im Ständerat wurde über eine tiefere Besteuerung von elektronischen Zigaretten diskutiert (Mo. 19.3958 der SGK-SR). Vor dem Hintergrund der 2017 eingereichten Motionsserie zu wissenschaftlichen Pilotversuchen mit Cannabis trat der Nationalrat im Dezember 2019 auf die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung des Betäubungsmittelgesetzes ein (BRG 19.021). Neben E-Zigaretten berichteten die Medien auch ausführlich über die umstrittene Auswahl des Tabakkonzerns Philip Morris als Hauptsponsor des Schweizer Pavillons an der Weltausstellung 2020 in Dubai. Nachdem der Schweiz für diesen Entscheid viel Unverständnis entgegengebracht worden war und sich gar die WHO zu Wort gemeldet hatte, erklärte Aussenminister Ignazio Cassis Ende Juli, dass man die Partnerschaft nicht weiterführen werde.

Trotz grosser Aufmerksamkeit in den Medien – dieses Thema ist mitverantwotlich für den Peak des Gesundheitsthemas im Juli 2019 – kaum Eingang ins Parlament fand dieses Jahr die Frage der Sterbehilfe. Aufgegriffen wurde von den Zeitungen vor allem der Gerichtsprozess rund um Erika Preisig und den assistierten Suizid bei psychisch kranken Personen.

Die mediale Berichterstattung zu sportlichen Themen war im Juni 2019 besonders intensiv. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in diesem Monat nicht nur das Eidgenössische Turnfest in Aarau stattfand, sondern auch ein Formel-E-Rennen in Bern ausgetragen wurde, das bei der Bevölkerung auf Widerstand stiess und anlässlich dem eine Velo-Demonstration durchgeführt wurde. Zudem wurde die durch die Fussball-Weltmeisterschaft der Frauen ausgelöste Diskussion um die Gleichstellung der Geschlechter in dieser Sportart ebenfalls von den Schweizer Medien aufgenommen.
Im Parlament wurden bezüglich Sport zwei Vorlagen zu Sportzentren respektive zu der Finanzierung ihres Betriebs diskutiert. So nahmen beide Räte eine Motion Engler (cvp, GR, Mo. 18.4150) an, welche beabsichtigte, dem Bund eine Mitfinanzierungsrolle beim Trainings- und Wettkampfbetrieb auf Sportanlagen nationaler Bedeutung zukommen zu lassen. Im Dezember 2019 sagte die kleine Kammer Ja zu einem weiteren Postulat Engler (Po. 19.4044), das einen Bericht zur Realisierung von drei bis vier Wintersportzentren anstelle eines nationalen Schneesportzentrums forderte. Silva Semadeni (sp, GR), die in Vergangenheit eine referendumsfähige Gesetzesgrundlage zur Bundesmilliarde für Sion 2026 schaffen wollte, reichte 2018 eine parlamentarische Initiative ein, um die Unterstützung Olympischer Spiele im Allgemeinen einem fakultativen Referendum zu unterstellen (Pa.Iv. 18.445). In einem ersten Schritt gab die WBK-NR diesem Geschäft im Juni 2019 Folge. Im Gebiet der Dopingpolitik überwies der Nationalrat eine Motion Bourgeois (fdp, FR; Mo. 19.3667) an den Ständerat, die die Prüfung der Errichtung einer Koordinationsstelle für Dopingfragen beim Fedpol zum Gegenstand hatte.

Im Bereich Sozialhilfe interessierten sich die Medien insbesondere für die Höhe der Sozialhilfebeiträge, über die in verschiedenen Kantonen diskutiert wurde. Als erster Kanton stimmte Bern im Mai in einer Volksabstimmung über entsprechende Kürzungen ab. Hätte sich das Stimmvolk für die Revision des Sozialhilfegesetzes ausgesprochen, so hätte der neue Grundbetrag die Empfehlung der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) deutlich unterschritten. Von Bedeutung war dieser Entscheid auch für die anderen Kantone, da man sich vor einem «Domino-Effekt» und «Sozialhilfe-Tourismus» fürchtete. Gemäss Einschätzungen des Tagesanzeigers von Anfang Oktober verlor die Forderung nach dem Nein in Bern in anderen Kantonen und Städten an Unterstützung.

Jahresrückblick 2019: Gesundheit, Sozialhilfe und Sport
Dossier: Jahresrückblick 2019

Marcel Dobler (fdp, SG) forderte mittels eines Postulats die Ausarbeitung eines Berichts zu den Vor- und Nachteilen einer strafrechtlichen Verfolgung des Eigengebrauchs von Doping. Der Postulant erläuterte, dass der Eigengebrauch von Doping gegenwärtig nur durch das Sportsystem selber sanktioniert werden könne, nicht aber auf Grundlage des Sportförderungsgesetzes. Es sei jedoch ersichtlich geworden, dass der Sport alleine nicht in der Lage sei, «die Schattenseiten des Sports» zu bekämpfen. Zudem zeigten die Nachbarländer Frankreich, Italien, Deutschland und Österreich, dass der Eigengebrauch von Doping mit gesetzlichen Regelungen strafrechtlich erfolgreich verfolgt werden könne. Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulates. Dem kam der Nationalrat in der Wintersession 2019 stillschweigend nach.

Dopingkonsum soll strafrechtlich verfolgt werden können (Po. 19.4366)

Im November 2019 beantragte die SGK-NR eine zweijährige Verlängerung der Behandlungsfrist für die Umsetzung der parlamentarischen Initiative Humbel (cvp, AG) für Wettbewerbspreise bei Medizinalprodukten der Mittel- und Gegenständeliste. Die Kommission habe bisher in sechs Sitzungen einen Vorentwurf und einen erläuternden Bericht ausgearbeitet, mit denen die Preise der MiGeL zukünftig in Verträgen zwischen Krankenversicherungen und Leistungserbringenden ausgehandelt werden sollten. Im August 2019 habe die Kommission dem Vorentwurf mit 13 zu 5 Stimmen zugestimmt und ihn in die Vernehmlassung gegeben, die noch bis Dezember 2019 dauere. Um den Gesetzesentwurf finalisieren zu können, brauche man folglich noch Zeit, erklärte die Kommission ihren Antrag.

Wettbewerbspreise bei Medizinalprodukten der Mittel- und Gegenständeliste

Mittels Motion wollte Jacques Bourgeois (fdp, FR) eine Koordinationsstelle für Dopingfragen beim Fedpol einrichten lassen. Diese soll die Kantone bei ihrer Arbeit unterstützen und ermöglichen, dass Doping effizienter bekämpft werden könne. Während der Eigenkonsum von Sportlerinnen und Sportlern durch die Sportverbände sanktioniert werde, sei es Aufgabe der Kantone, den Handel und die Abgabe von Dopingmitteln sowie die Anwendung an Dritten strafrechtlich zu verfolgen. Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Instanzen sei essentiell, so der Motionär während der Herbstsession 2019. Allerdings seien die Kontakte zwischen den kantonalen Strafverfolgungsbehörden und den Zollbehörden noch nicht ausreichend effektiv. Den Kantonen fehle es an Ressourcen und notwendigem Fachwissen über die Gesetzgebung. Weiter bestünden bei Fällen auf der überkantonalen Ebene oft Zuständigkeitsprobleme. Mit der Anti-Doping-Koordinationsstelle könne diesen Problemen begegnet werden, da sie den Kantonen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben mit technischer und materieller Unterstützung sowie einer koordinierenden Funktion auf überkantonaler und internationaler Ebene unter die Arme greifen könne. Der Bundesrat anerkannte zwar die Wichtigkeit der Dopingbekämpfung, war aber der Ansicht, dass die bestehenden Instrumente genügten, um wirksam gegen den Handel und die Abgabe von Dopingmitteln vorgehen zu können. So nehme das Fedpol bezüglich Doping bereits eine koordinierende Aufgabe zwischen den verschiedenen Behörden wahr, erklärte Sportministerin Viola Amherd in der Ratsdebatte. Die Nationalrätinnen und Nationalräte liessen sich jedoch nicht davon überzeugen und nahmen den Vorstoss Bourgeois mit 135 zu 53 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an, wobei alle Gegenstimmen und Enthaltungen aus dem Lager der SVP-Fraktion kamen.

Koordination im Dopingbereich verbessern (Mo. 19.3667)

Nachdem der Nationalrat der Motion Humbel (cvp, AG) zum differenzierten Preisfestsetzungssystem für Arzneimittel im Dezember 2017 Folge gegeben hatte, nahm sich die SGK-SR im Oktober 2018 dem Vorstoss an. Da das Anliegen bereits in das erste Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen integriert worden sei, erachtete die Kommission die Motion «nicht für zweckmässig». Folglich lehnte sie diese ohne Gegenstimme ab.
In der Wintersession 2018 behandelte der Ständerat das Geschäft zusammen mit einer Motion Brand (svp, GR; Mo. 15.4231) und einer weiteren Motion Humbel (Mo. 17.3827). Während Roland Eberle (svp, TG) noch einmal die Sicht der Kommission darlegte, entgegnete Josef Dittli (fdp, UR), dass durch das Massnahmenpaket nicht alle Forderungen des Vorstosses abgedeckt würden. Zudem betonte er den noch immer existierenden Handlungsbedarf im Arzneimittelbereich und forderte den Bundesrat dazu auf, sich – unabhängig vom Ausgang der Motion – weiterhin mit dem Thema auseinanderzusetzen und diesbezüglich Lösungsvorschläge zu präsentieren. Anita Fetz (sp, BS) kritisierte unterdessen die Wirksamkeit der Motion. Die Schweiz sei im Besitz eines guten Gesundheitssystems, habe aber ein ungerechtes Finanzierungssystem. Wolle man für den Mittelstand etwas ändern, müsse man «endlich offen über die Finanzierung reden». Gesundheitsminister Berset führte noch einmal die Geschehnisse der vergangenen zwei Jahre aus und unterstrich die Wichtigkeit der Thematik. Er sei froh, hierzu die Unterstützung des Parlaments zu haben, jedoch seien die entsprechenden Motionen in der gegenwärtigen Situation nicht nötig. Um die Kosten zu senken, schienen ihm in erster Linie Elemente wie Transparenz und Qualität entscheidend. Stillschweigend lehnte die kleine Kammer alle drei Motionen ab.

Differenziertes Preisfestsetzungssystem für Arzneimittel

Anlässlich der Heilmittelgesetzrevision ging Swissmedic dem Auftrag des Bundesrates nach, die Selbstmedikation und den Arzneimittelzugang zu lockern, indem die Abgabekategorie E – Arzneimittel, die ohne Fachberatung abgegeben werden dürfen – erweitert wurde. Bisher waren 146 Medikamente im Detailhandel erhältlich. Von den 540 Arzneimitteln, die eine externe Kommission untersuchte, wurden 94 Medikamente neu der Kategorie E zugeteilt und somit für den Verkauf im Detailhandel freigegeben. Zugelassen wurden in erster Linie Tee und Hustenpastillen, homöopathische Mittel hingegen nicht. Ab April 2019 soll die Umstellung stattfinden.
Nicht glücklich über diesen Entscheid zeigten sich die Migros und der Konsumentenschutz. Der Grossist, welcher unter anderem pflanzlich basierte Magendarmmittel, Erkältungsbäder und Beruhigungsmittel in das Sortiment aufnehmen wollte, kam mit seinem Anliegen nicht durch. Er äusserte den Vorwurf der Kartellbildung seitens der Pharmavertretung, Ärzte, Homöopathen, Apotheker und Drogisten gegenüber dem Detailhandel und hinterfragte die Unabhängigkeit von Swissmedic. Schüfe man gleiche Voraussetzungen wie in Deutschland, so könnten die Medikamentenpreise um zwanzig Prozent gesenkt werden. Sara Stalder, die Geschäftsleiterin des Konsumentenschutzes meinte gar, die Preise in der Schweiz seien im Vergleich zu denjenigen in Deutschland aufgrund des fehlenden Wettbewerbs zwischen fünfzig und hundert Prozent höher. Swissmedic wehrte sich gegen die Aussagen der Migros. Die Vorgaben zur Einteilung der verschiedenen Abgabekategorien stammten vom Gesetzgeber. Arzneimittel dürften nur in der Selbstbedienung abgegeben werden, wenn sie keine fachliche Beratung erforderten und die Patientinnen und Patienten nicht gefährdeten. Überdies sei die Expertenkommission breit abgestützt gewesen.
Während der Migros-Konkurrent Coop, welcher die Apothekenkette Vitality führt, keine Stellung nahm, gab es eine erste Reaktion seitens der Politik. Ruedi Noser (fdp, ZH) reichte eine Motion (Mo. 18.4193) ein, welche es Detailhandelsgeschäften erlauben will, zusätzliche rezeptfreie Medikamente zu verkaufen.
Die Erweiterung der Kategorie E ist nicht das einzige Resultat der Heilmittelgesetzesrevision: Ferner wurde die Kategorie C aufgehoben und 15 Prozent der Kategorie D in die Kategorie B umverteilt.

Medikamente im Detailhandel

Wie bereits der Nationalrat nahm im September 2018 auch der Ständerat die Motion Tornare (sp, GE) zum Einzelverkauf von Medikamenten entsprechend der einstimmigen Empfehlung seiner SGK an. Dabei wurde wie zuvor in der Debatte der grossen Kammer mit den guten Erfahrungen einer Studie aus Frankreich, der Reduktion weggeworfener oder nichtkonsumierter Medikamente sowie der Risikoverminderung von Selbstmedikation und Resistenzbildung argumentiert. Der vom Bundesrat vorgeschlagene Pilotversuch, welcher in einem Kanton stattfinden soll, sei angesichts der geltenden Rechtslage problemlos durchführbar, so Joachim Eder (fdp, ZG) für die Kommission. Über konkrete Punkte bezüglich des Pilotversuchs befinde man sich allerdings noch im Dunkeln. Dies veranlasste Didier Berberat (sp, NE) zur Frage, ob der Bundesrat mit den Kantonen bereits in Kontakt stehe und ob es schon einen potentiellen Versuchskanton gebe. Alain Berset, der die Motion im Namen des Gesamtbundesrates unterstützte, erwiderte, es hätten sich zurzeit noch keine Kantone gemeldet, er vermute allerdings, dass eventuell der Kanton Neuenburg, der Kanton Zug oder aber auch andere Kantone am Pilotprojekt interessiert seien. Es gehe nun darum, möglichst schnell herauszufinden, wo dieses durchgeführt werden könne, bevor man die Motion Tornare im grossen Stil umsetze. Stillschweigend sprach sich der Ständerat daraufhin für die Motion aus.

Einzelverkauf von Medikamenten. Wagen wir den Versuch!

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Zusammenfassung
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Massnahmen zur Kostendämpfung – Paket 1: Änderungen im KVG (BRG 19.046)

Basierend auf dem Expertenbericht zu den kostendämpfenden Massnahmen für die OKP präsentierte der Bundesrat im August 2019 sein erstes Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen. Damit sollten in neun Gesetzesänderungen zwölf Kostendämpfungsmassnahmen umgesetzt werden. Die SGK-NR teilte das Paket in zwei Teilpakete 1a und 1b auf.

Im Massnahmenpaket 1a, das die weniger umstrittenen Teile des ersten Massnahmenpakets enthielt, traf das Parlament folgende Entscheide:
- Neu sollen die Krankenversicherungen im Tiers payant mit der Übermittlung der Rechnungen betraut werden, nicht wie vom Bundesrat vorgesehen die Leistungserbringenden.
- Es wird ein Experimentierartikel geschaffen, mit dem das EDI vom KVG abweichende Pilotprojekte bewilligen kann. Diese müssen jedoch Themenbereiche betreffen, welche das Parlament abschliessend definiert.
- Mussten bisher Einzelleistungstarife auf einer gesamtschweizerisch vereinbarten einheitlichen Tarifstruktur beruhen, wurde neu für ambulante Behandlungen eine Pflicht für eine entsprechende Tarifstruktur mit Patientenpauschalen geschaffen. Jedoch sollten die Tarifpartner zusätzlich auch regional geltende Patientenpauschaltarife mit regional unterschiedlichen Tarifen festlegen können.
- Zur Erarbeitung und Pflege der Tarifstruktur bei ambulanten ärztlichen Behandlungen sollen die Tarifpartner eine neue Organisation schaffen, wobei der Bundesrat Vorgaben zu Form, Betrieb und Finanzierung macht und subsidiär nach einer Konsultation selbst tätig wird, falls sich die Tarifpartner nicht einigen können.

Im Massnahmenpaket 1b schuf das Parlament folgende neuen Regelungen:
- Obwohl National- und Ständerat vom Bundesrat vorgeschlagene Kostensteuerungsmassnahmen anfänglich aus der Vorlage gestrichen hatten, einigte man sich nach einem entsprechenden Rückkommensantrag auf ein «Monitoring der Entwicklung der Mengen, Volumen und Kosten» auf Kantons- oder Bundesebene.
- Wie vom Bundesrat vorgeschlagen, schuf das Parlament ein Beschwerderecht der Krankenversicherungen gegen Spitalplanungsentscheide der Kantone.
- Abgelehnt wurde hingegen ein Referenzpreissystem für patentabgelaufene Arzneimittel. Zuerst müsse die Marktdurchdringung mit Generika erhöht werden, forderte das Parlament.


Chronologie
Entwurf zum ersten Massnahmenpaket
Vernehmlassung
Botschaft
Aufteilung in Pakete 1a und 1b
Erstbehandlung des Pakets 1a im Nationalrat
erste Behandlung des Pakets 1a im Ständerat
Differenzbereinigung des Pakets 1a: NR, SR und NR
Schlussabstimmungen zum Paket 1a

Erstbehandlung des Pakets 1b im Nationalrat
Behandlung des Pakets 1b im Ständerat
Differenzbereinigung des Pakets 1b
Schlussabstimmungen zum Paket 1b

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Résumé
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Mesures visant à freiner la hausse des coûts – 1er volet : modification de la LAMal (MCF 19.046)
(Traduction: Chloé Magnin)

En se basant sur un rapport d'expert.e.s traitant des moyens pour freiner la hausse des coûts de l'assurance obligatoire des soins (AOS), le Conseil fédéral a présenté, en août 2019, son premier paquet de mesures pour réduire les coûts du système de santé. Douze mesures de maîtrise des coûts devaient ainsi être mises en œuvre dans le cadre de neuf modifications législatives. La CSSS-CN a divisé le paquet de mesures en deux volets, 1a et 1b.

Dans le volet de mesures 1a, qui contient les mesures les moins controversées, le Parlement s'est accordé sur les décisions suivantes:
- Au système du tiers payant, les assurances-maladie seront chargées de transmettre les factures, et non les fournisseurs de prestations comme l'avait prévu le Conseil fédéral.
- Un article d'expérimentation est créé, via lequel le DFI peut autoriser des projets pilotes dérogeant à la LAMal. Ces projets doivent cependant concerner certains domaines thématiques définis de manière définitive par le parlement.
- Quand bien même les tarifs des prestations individuelles devaient jusqu'alors reposer sur une structure tarifaire uniforme convenue à l'échelle nationale, il a été décidé de créer une obligation d'établir une structure tarifaire correspondante avec des forfaits par patient pour les traitements ambulatoires. Toutefois, les partenaires tarifaires devront également pouvoir fixer des tarifs forfaitaires par patient valables au niveau régional, avec des tarifs différents selon les régions.
- Pour l'élaboration et le maintien de la structure tarifaire des traitements médicaux ambulatoires, les partenaires tarifaires doivent créer une nouvelle organisation. Le Conseil fédéral fixera des directives sur la forme, l'exploitation et le financement. Aussi, il interviendra lui-même à titre subsidiaire après une consultation si les partenaires tarifaires ne parviennent pas à s'entendre.

Dans le volet de mesures 1b, le parlement a élaboré les réglementations suivantes:
- Bien que le Conseil national et le Conseil des Etats aient, en premier lieu, supprimé du projet les dispositions avancées par le Conseil fédéral concernant la gestion des coûts, ils se sont accordés, après une nouvelle proposition, pour un «monitoring de l'évolution des quantités, des volumes et des coûts» au niveau cantonal ou fédéral.
- Comme proposé par le Conseil fédéral, le parlement a créé un droit de recours des assurances-maladie contre les décisions de planification hospitalière cantonale.
- En revanche, un système de prix de référence pour les médicaments dont le brevet a expiré a été rejeté. Le parlement a soutenu qu'en premier lieu, les génériques devaient gagner en importance sur le marché.


Chronologie
Projet du premier volet de mesures
Processus de consultation
Message
Répartition entre les volets 1a et 1b
Premier examen du volet 1a au Conseil national
Premier examen du volet 1a au Conseil des Etats
Procédure d'élimination des divergences du volet 1a: CN, CE et CN
Votations finales sur le volet 1a

Premier examen du volet 1b au Conseil national
Examen du volet 1b au Conseil des Etats
Procédure d'élimination des divergences du volet 1b
Votations finales sur le volet 1b
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Erstes Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen (BRG 19.046)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)

Mit einer Motion wurde von Nationalrätin Humbel (cvp, AG) angeregt, ein differenziertes Preisfestsetzungssystem für Arzneimittel einzuführen. Diese auf die Spezialitätenliste anzuwendende Neuerung soll nicht nur Tagestherapiekosten berücksichtigen, sondern überdies auch Kostenfolgen für das Gesamtsystem abbilden. Hinzu käme eine systematische Evaluation teurer und innovativer Arzneimittel gegen Krankheiten mit hoher Prävalenz (Krankheitshäufigkeit). Auf der anderen Seite wird mit der Motion eine Verschlankung der Modalitäten zur Neuzulassung patentabgelaufener Heilmittel angestossen. Vier Ziele wurden von der Motionärin gleich mitgeschickt: Erstens sollten Preisreduktionen folgen, wenn eine Mengenausweitung oder Indikationserweiterungen stattfinden. Zweitens sollte für innovative Therapien die Zulassung nur unter Auflagen erteilt werden und so rasch als möglich Evaluationen dieser neuen Heilmethoden angestossen werden. Als dritte Absicht wollte Humbel sogenannte „Pay-for-Performance-Modelle“ testen lassen. Das würde heissen, dass die Finanzierung von Arzneimitteln von deren Heilungserfolg abhängig gemacht würde. Ihre letzte Vision war eine wettbewerbliche Preisfindung für Medikamente, deren Patent abgelaufen ist und die ein neuer Zulassungsnehmer in Umlauf bringen will. Hierfür sollten Zugangshürden abgebaut werden.
Nachdem der Bundesrat bereits im Rahmen einer früheren Interpellation Eberle (svp, TG; Ip. 16.3428) positive Signale gesendet hatte, stellte er in seiner Antwort zur Motion Humbel ebenfalls in Aussicht, die Preisfestsetzungsregeln zu überdenken, und empfahl daher das Geschäft zur Annahme. Er habe den Handlungsbedarf erkannt und suche nach Verbesserungspotential in allen Bereichen (patentabgelaufene, preisgünstige oder auch hochpreisige Medikamente). Die Landesregierung blieb jedoch auf dem Standpunkt, dass „die Marktkräfte von Angebot und Nachfrage nicht genügend spielen und eine behördliche Regulierung der Preise weiterhin notwendig ist”. Insofern sei eine KVG-Revision bereits angedacht worden, die sich prinzipiell jedoch vorerst auf die Einführung eines Referenzpreissystems für patentabgelaufene Therapien beschränke.
Nachdem das Ratsplenum die Motion in der Wintersession 2017 stillschweigend angenommen hatte, stand der Umsetzung dieser Massnahmen seitens des Nationalrates nichts mehr im Weg. Offen blieb, welche Aspekte in einer noch auszuarbeitenden Gesetzesvorlage tatsächlich berücksichtigt würden. Hierzu kann sich auch die Ständekammer noch äussern.

Differenziertes Preisfestsetzungssystem für Arzneimittel

Nachdem sein ähnlich formuliertes Postulat aus dem Jahr 2013 nach zweijähriger Nichtbehandlung abgeschrieben wurde, brachte Manuel Tornare (sp, GE) sein Anliegen in einer Motion abermals auf die Agenda. Der Motionär wollte eine gewichtige Änderung in den Schweizer Arzneimittelmarkt einführen, den Einzelverkauf von Medikamenten. „Wagen wir den Versuch!“ So kämpferisch sein Vorstoss daher kam, so erfolgreich meisterte er die erste Hürde: Der Nationalrat nahm die Motion Mitte Dezember 2017 ohne Debatte an.
Tornare führte seine Motion auf das Problem der Medikamentenverschwendung zurück. Das BAFU geht davon aus, dass rund 30 Prozent aller gekauften Medikamente nicht verbraucht werden. Für den Motionär lagen die Vorteile eines Einzelverkaufs auf der Hand: Zunächst werde dadurch die Menge an nicht konsumierten Arzneimitteln verringert, zudem könne damit aber auch das Risiko nicht sachgemässer Selbstmedikation mit übrig gebliebenen Tabletten minimiert werden. Zur Umsetzung seiner Vision dränge sich eine Testphase mit freiwillig mitmachenden Apotheken auf.
Die Regierung zeigte sich offen für diesen Versuch und stellte in Aussicht, eine Pilotstudie ausarbeiten zu lassen. Ähnliche Erfahrungen aus Frankreich zeigten vielversprechende Resultate, was dem Bundesrat – wie auch vom Motionär bereits in die Überlegungen miteinbezogen wurde – vor allem hinsichtlich zunehmender Antibiotikaresistenzen auch für die Schweiz gewinnbringend erschien. Obwohl die Auseinzelung von Medikamenten in der Schweiz nicht verboten ist und in der Verantwortung der Kantone liegt, werde davon ausgegangen, dass dies erst selten zur Anwendung komme. 29 weitere Nationalrätinnen und Nationalräte aus allen Fraktionen hatten die Motion mitunterzeichnet.

Einzelverkauf von Medikamenten. Wagen wir den Versuch!

Erich Ettlin (cvp, OW; Mo. 16.3988) und Christian Lohr (cvp, TG; Mo. 16.3948) reichten in beiden Räten gleichlautende Motionen für eine Einführung einer Vergütungspflicht bei im Ausland freiwillig bezogenen OKP-Leistungen ein. Bedingungen für eine entsprechende Vergütung sollten eine ärztliche Verschreibung, tiefere Auslandpreise und ein freiwilliger Entscheid für einen Einkauf im Ausland durch die Patientinnen und Patienten sein. Da Spital- und Arztbehandlungen wegen der Marktabschottung in der Schweiz deutlich teurer seien als im Ausland – Generika und Blutzuckermessstreifen sind gemäss einer Santésuisse-Studie doppelt so teuer wie im Ausland –, sollten Personen, die freiwillig ihre Medikamente im Ausland bezögen und damit einen Beitrag zur Kostensenkung leisteten, nicht durch eine Verweigerung der Vergütung bestraft werden.
Im Rahmen der Motion Heim (sp, SO; Mo. 16.3169) prüfe er bereits, ob eine entsprechende Regelung für MiGeL-Produkte unter gewissen Voraussetzungen sinnvoll sein könne, erklärte der Bundesrat. Diese Überprüfung könne er auf Arzneimittel ausweiten. Eine weitere Öffnung des Territorialitätsprinzips für Arzt- und Spitalbesuche lehnte er hingegen ab. Die steigenden Kosten für ambulante Behandlungen entstünden nicht in erster Linie durch die hohen Tarife, sondern durch die Mengenausweitung. Diese würde aber durch eine Regelung, wie sie die Motionäre vorsahen, allenfalls noch verstärkt. Zudem könnten die Leistungsanbietenden im Ausland nicht auf die für die Vergütung durch die OKP notwendigen Qualitätsvoraussetzungen überprüft werden.
Nachdem der Ständerat die Motion Ettlin im März 2017 der SGK-SR zur Vorberatung zugewiesen hatte, empfahl diese im November desselben Jahres deren Ablehnung. Nach Vorliegen des Berichts der Expertenkommission wolle man der Prioritätensetzung des Bundesrates im Rahmen des ersten Massnahmenpakets zur Kostendämpfung nicht vorgreifen und einzelne Massnahmen bevorzugen. Dieser Argumentation folgte der Ständerat in der Wintersession 2017 mit 25 zu 16 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) und lehnte die Motion Ettlin ab.
Die Motion Lohr wurde Ende 2018 abgeschrieben, nachdem sie während zwei Jahren nicht behandelt worden war.

Einführung einer Vergütungspflicht bei im Ausland freiwillig bezogenen OKP-Leistungen (Mo. 16.3948 und Mo. 16.3988)
Dossier: Änderungsvorschläge zur Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL)

Eineinhalb Jahre nach ihrer Einreichung gelang der parlamentarischen Initiative Humbel (cvp, AG) der entscheidende Schritt, nämlich die Zustimmung auch in der zweiten Gesundheitskommission. Die Kommission des Erstrates hatte bereits im Frühjahr 2017 den Vorstoss zum Moduswechsel bei der Aushandlung der Medikamentenpreise gutgeheissen. So sollten neu die Wettbewerbspreise bei Medizinalprodukten der Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL) direkt zwischen den Herstellern oder Lieferanten und den Krankenkassen beziehungsweise deren Verbänden ausgehandelt werden. Sekundiert wurde Humbel von 16 weiteren mitunterzeichnenden Parlamentarierinnen und Parlamentariern aller Parteien. Bis anhin wurden die Höchstvergütungsbeträge vom EDI bestimmt, wobei sie jedoch teilweise als überhöht kritisiert wurden. Nachdem Humbel bereits zwölf Jahre zuvor eine ähnliche Motion eingereicht hatte, die zwar von beiden Räten angenommen worden war, in der Folge jedoch keine Wirkung entfaltet hatte, gelangte das Anliegen nun mit mehr Nachdruck erneut auf die Agenda. Die Initiantin ortete in den Höchstpreisen faktische Fixpreise, weil es für die Anbieter kaum Anreize gebe, diese zu unterbieten. Letztlich zementiere dies das zu hohe Kostenniveau. Die mit der Initiative herbeigeführte freie Preisaushandlung zwischen den Leistungserbringern und den Versicherern solle ein effizienteres Gegenmodell zum gegenwärtigen System der Höchstpreisvergütung schaffen. Die SGK des Nationalrates hatte der Initiative mit 13 zu 5 Stimmen (eine Enthaltung) Folge gegeben, die Kommission des Ständerates folgte dem Votum mit 9 zu 1 Stimmen (3 Enthaltungen). Letztere versprach sich mit der Neuerung eine – zumindest leichte – Hemmung des Kostenanstiegs im Bereich der Arzneimittelpreise.

Wettbewerbspreise bei Medizinalprodukten der Mittel- und Gegenständeliste

Im September 2016 veröffentlichte der Bundesrat eine Medienmitteilung, in der er die Kostenentwicklung in den vier grössten Bereichen im Gesundheitswesen beschrieb. Diese vier Bereiche seien für 80 Prozent der Kosten im Bereich der Grundversicherung verantwortlich. Bei Behandlungen durch Ärztinnen und Ärzte mit eigener Praxis verortete er zwischen 2009 und 2015 bei gleich bleibender Anzahl Konsultationen einen Kostenanstieg um 28 Prozent. Dies erklärte er dadurch, dass immer häufiger Spezialistinnen und Spezialisten anstelle von Hausärztinnen und Hausärzten aufgesucht würden. Auch im stationären Bereich seien die Kosten in demselben Zeitraum um 17 Prozent angestiegen, wobei hier insbesondere Behandlungen von Personen über 70 Jahren zugenommen hätten. Diese Zunahme könne folglich vor allem auf die Demografie zurückgeführt werden. Bei den Spital-ambulanten Behandlungen habe die Zahl der Konsultationen um 34 Prozent zugenommen, weshalb dieser Bereich trotz gleichbleibender Kosten pro Behandlung die Gesamtkosten stark beeinflusst habe. Schliesslich seien zwar die Preise von 1'500 Medikamenten reduziert worden, dies habe aber keine Auswirkungen auf die Pro-Kopf-Medikamentenkosten gehabt, da die Ärztinnen und Ärzten stattdessen neue, teurere Produkte verschrieben hätten.
Insgesamt machte der Bundesrat somit die Mengenausweitung im Gesundheitswesen, die sich medizinisch nicht vollständig begründen lasse, als wichtigen Faktor für die Kostenentwicklung aus. Um dieses Problem zu bekämpfen, habe das EDI im Rahmen der Strategie «Gesundheit 2020» Massnahmen erlassen oder sei dabei, diese zu bearbeiten. Dazu gehörten etwa die Senkung der Preise kassenpflichtiger Arzneimittel sowie die Anpassung derer Vertriebsmargen, die Anpassung der Höchstvergütungsbeträge der MiGeL, die Verbesserung der Bekämpfung von nichtübertragbaren Krankheiten durch eine nationale Strategie sowie eine Erhöhung der Qualität der medizinischen Behandlungen.

Mengenwachstum im Gesundheitswesen

Der Ständerat teilte die Ansicht der grossen Kammer nicht und entschied, die Motion Gschwind (cvp, JU) zur Senkung der Tierarzneimittel-Preise mit 26 zu 14 Stimmen (3 Enthaltungen) abzulehnen. Zwar werden laut SGK-Sprecherin Egerszegi-Obrist (fdp, AG) tiefere Tierarzneimittelpreise und vereinfachte Rahmenbedingungen für einen Marktzutritt für Tierarzneimittel von einer Kommissionsmehrheit befürwortet, der Vorschlag, die Preise generell auf das EU-Niveau zu senken, aber abgelehnt. Es sei wichtig den Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier nicht für tiefere Preise aufs Spiel zu setzen. Eine von Graber (cvp, LU) angeführte Minderheit versuchte erfolglos die kleine Kammer von der Motion zu überzeugen. Die befürwortenden Ständeratsmitglieder argumentierten, dass in Anbetracht der Frankenstärke nichts unversucht bleiben dürfe, um das Preisniveau für Tierarzneimittel auf ein tieferes Niveau zu senken. Das Nein des Ständerates führte jedoch zur endgültigen Ablehnung der Motion.

Preisunterschiede von Tierarzneimitteln

Mitte April gab der Bundesrat bekannt, eine Einigung im Streit um die Medikamentenpreise für die Dauer von 2013 bis 2015 erzielt zu haben. Die Pharmabranche wollte nicht akzeptieren, dass der Bundesrat im vergangenen Jahr beschlossen hatte, die Medikamentenpreise zu senken, und legte beim Bundesgericht zahlreiche Beschwerden ein. Das EDI beantragte nun dem Bundesrat, das Zulassungsverfahren für Medikamente zu beschleunigen. Vertreter der Pharmabranche veranlassten im Gegenzug, dass ihre Mitglieder die bei Gericht hängigen Beschwerden zu Medikamentenpreisen zurückziehen und darauf verzichten würden, neue einzureichen. Damit wurde die vom Bundesrat beschlossene Senkung der Medikamentenpreise wirksam. Ziel ist es, das Zulassungsverfahren zu verkürzen, damit das BAG bei Vorliegen eines zeitgerecht und vollständig eingereichten Gesuchs innert 60 Tagen nach der Zulassung eines Arzneimittels durch Swissmedic über die Aufnahme in die Spezialitätenliste entscheiden kann. Dies bedeutet eine erhebliche Reduktion der Verfahrensdauer und zusätzliche Einsparungen von rund CHF 720 Mio. Gleichzeitig wird ein neuer Preisfestsetzungsmechanismus ab Anfang 2015 ausgearbeitet.

Senkung der Medikamentenpreise

Der Krankenversichererverband Santésuisse legte eine Studie vor, wonach die Margen auf Medikamente, welche die abgebenden Ärzte, Apotheken und Spitäler für ihren Aufwand beim Medikamentenverkauf entschädigen, in der Schweiz deutlich über dem Niveau vergleichbarer europäischer Länder liegen. Dies mache zwei Prozent der Krankenkassenprämien aus. Insbesondere die Ärzte würden an der Abgabe von Medikamenten doppelt verdienen. Der Verband forderte eine Angleichung, welche er in Zusammenarbeit mit Ärzten und Apothekern erreichen wollte. Dafür wäre jedoch eine Anpassung der entsprechenden Verordnung nötig, da derzeit das BAG für die Festsetzung der Medikamentenpreise und der Margen zuständig ist. Die Reaktionen auf die Forderung waren heftig. Die Ärztevereinigung FMH etwa warf der Santésuisse vor, bewusst falsche Aussagen zu machen und auf dem Rücken der Haus- und Kinderärzte sparen zu wollen.

Margen auf Medikamente,

Ein Postulat auf dem Gebiet der Medikamentenpreise wurde im Mai von Nationalrat Bortoluzzi (svp, ZH) eingereicht. Darin wurde der Bundesrat aufgefordert, zu den Anpassungsvorschlägen der Pharmaindustrie für das Medikamenten-Preisbildungssystem Stellung zu nehmen und aufzuzeigen, wie er die herrschenden Probleme zu lösen beabsichtigte. Neben zwei Forderungen zum Auslandpreisvergleich - die Ermöglichung von Preissenkungen und Preiserhöhungen sowie die Berücksichtigung des therapeutischen Quervergleichs – wollte der Postulant ein neues, nutzen- und patientenorientiertes Preisfestsetzungssystem für Medikamente erarbeiten lassen, um damit das geltende System, welches massgeblich von den Währungsschwankungen und politischen Entscheidungen im Ausland abhängig sei, abzulösen. Diese letzte Forderung war die einzige, welche der Bundesrat in seiner Antwort positiv aufnahm. Im Rahmen verschiedener Gespräche mit Vertretern der Pharmaindustrie, der Versicherer und der Konsumentenorganisationen habe das EDI Offenheit für gemeinsame Vorschläge der genannten Stakeholder gezeigt, wie der Preisfestsetzungsmechanismus mittelfristig (ab 2015) angepasst werden soll. So schlug der Bundesrat unter Berücksichtigung eines Postulates Schenker (sp, BS) (Po. 12.3614) die Annahme dieses Punktes vor, jedoch die Ablehnung der zwei vorangestellten Forderungen. Diesem Antrag folgte die grosse Kammer.

Medikamenten-Preisbildungssystem

Das Postulat Schenker (sp, BS) wurde von der Nationalrätin Mitte Juni eingereicht und beauftragte den Bundesrat, einen Bericht zu verfassen und aufzuzeigen, wie in der nächsten Medikamenten-Preisfestsetzungsrunde (ab 2015) vorgegangen werden könne. Dabei seien sowohl die Interessen der Pharmaindustrie, jene der Krankenkassen als auch diejenigen der Konsumentinnen und Konsumenten zu berücksichtigen. Die Methode sei so auszugestalten, dass sie auf möglichst klaren und transparenten Grundlagen basiere und dem Gleichgewicht zwischen therapeutischem Wert und Wechselkursen besser gerecht werde, als dies bis anhin der Fall gewesen sei. Der Bundesrat sah ein, dass im Hinblick auf die nächste Festsetzung der Preise ein Dialog stattfinden müsse. Mit dem Vorschlag auf Annahme des Postulats und der Aussicht auf Besserung der Gespräche mit allen betroffenen Akteuren legte der Bundesrat den Grundstein zur Annahme des Geschäfts, die im September in der grossen Kammer erfolgte.

Medikamenten-Preisfestsetzungsrunde

Die Neufestsetzung der Medikamentenpreise wurde in einer Kommissionsmotion, welche im April im Nationalrat eingereicht wurde, gefordert. Dabei wird der Bundesrat beauftragt, bezüglich der Wirtschaftlichkeitsprüfung von Medikamenten, zusammen mit den Versicherern und der Pharmaindustrie eine einvernehmliche Lösung zu finden. Neben der Abfederung von Wechselkursschwankungen sei dabei insbesondere darauf zu achten, dass auch der Nutzen eines Medikamentes über den therapeutischen Quervergleich berücksichtigt werde. In seiner Stellungnahme verwies der Bundesrat auf oft divergierende Interessen zwischen Pharmaindustrie und Versicherern, weswegen er sich nicht dazu verpflichten könne, einvernehmliche Lösungen zu finden. Dieses Argument konterte Kommissionssprecher Frehner (svp, BS) allerdings in der Ratsdebatte, als er das Kommissionsanliegen vortrug: Aus durchgeführten Hearings mit Vertretern der Stakeholder gingen andere Erkenntnisse hervor, nämlich dass die beteiligten Akteure sehr wohl bereit seien, in einvernehmlichen Prozessen die Medikamentenpreise zu setzen. So sei dem EDI von Seiten der Pharmaindustrie ein Vorschlag zum Einlenken im nach wie vor bestehenden Konflikt um die Umsetzung der Preisverordnung unterbreitet worden. Der Verband Santésuisse tat in einer Medienmitteilung ebenfalls seine Unterstützung für die Motion kund. Angesichts dieser Signale erhielt die Motion zusätzliche Bedeutung: Es gehe nicht zuletzt auch darum, eine sich anbahnende konkrete Verhandlungslösung positiv zu begleiten, so der Kommissionssprecher. Die Ratsmehrheit setzte sich in der Gesamtabstimmung gegen eine Kommissionsminderheit und den Bundesrat durch und stimmte der Motion mit 99 zu 67 Stimmen zu, wobei die Ratslinke den bürgerlichen Parteien unterlag. Damit lag die Entscheidung über den Fortbestand dieser Motion beim Ständerat, welcher aber im Berichtsjahr nicht mehr dazu kam, sich über das Geschäft zu beugen.

Neufestsetzung der Medikamentenpreise

Bezüglich der Kosten von Medikamenten passte sich das Schweizer Preisniveau für Originalmedikamente immer mehr dem Durchschnitt anderer Länder an. Demnach lagen die Schweizer Fabrikationspreise zuletzt noch 6% über dem Schnitt der sechs Vergleichsländer (Deutschland, Frankreich, Österreich, Niederlande, Dänemark und England). Bei den Generika hingegen lagen die Schweizer Preise nach wie vor 46% höher als im Ausland.

Preisniveau

Eine im Vorjahr vom Nationalrat angenommene Motion Guisan (fdp, VD) lehnte die kleine Kammer im Berichtsjahr mit der Begründung ab, dass die Belange des Dopings mit dem verabschiedeten Sportförderungsgesetz geregelt seien. Die Motion hatte einerseits eine nationale Anti-Doping-Agentur, die mit genügend Mitteln ausgestattet wird und andererseits die Möglichkeit von strafrechtlichen Sanktionen gegenüber dem Umfeld eines positiv auf Dopingmittel getesteten Sportlers gefordert.

Anti-Doping-Agentur

Eine Motion Guisan (fdp, VD) forderte einerseits eine nationale Anti-Doping-Agentur, die mit genügend Mitteln ausgestattet wird und andererseits die Möglichkeit von strafrechtlichen Sanktionen gegenüber dem Umfeld eines positiv auf Dopingmittel getesteten Sportlers. Diese Änderungen wurden vom Motionär als wichtig erachtet, weil sich das Umfeld von positiv getesteten Sportlern heute jeglichen Sanktionen entziehen könne. Der Bundesrat betrachtete die Dopingbekämpfung primär als Sache des privatrechtlich organisierten Sports. Im Rahmen des Bundesgesetzes über die Förderung von Turnen und Sport seien zudem Verschärfungen der heutigen gesetzlichen Grundlagen zur Bestrafung des Umfeldes vorgesehen. Der Bundesrat beantragte daher die Ablehnung der Motion. Dem folgte der Nationalrat hingegen nicht und nahm sie mit 101 zu 55 Stimmen an.

Anti-Doping-Agentur