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Jahresrückblick 2019: Gesundheit, Sozialhilfe und Sport

2019 befasste sich das Parlament mit zahlreichen Geschäften zu Schweizer Gesundheitspolitik, Sport und Sozialhilfe. Besonders relevant waren bezüglich gesundheitspolitischer Themen die Diskussionen um das elektronische Patientendossier (EPD). Dieses soll 2020 in allen Regionen der Schweiz verfügbar sein, weshalb 2019 dazu einige Vorstösse behandelt wurden. So wurde ein Postulat Wehrli (fdp, VD; Po. 18.4328), welches Auskunft über die bereits ergriffenen und die noch zu ergreifenden Massnahmen verlangte, um die Umsetzung des EPD und dessen Nutzung zu fördern, vom Nationalrat angenommen. Ebenfalls Ja sagte die grosse Kammer zu einer Motion der SGK-NR (Mo. 19.3955). Diese hatte den Anschluss sämtlicher am Behandlungsprozess beteiligter Gesundheitsfachpersonen an das EPD zum Ziel und wird nun in einem nächsten Schritt im Stöckli behandelt. Mit dem im Juni 2019 verabschiedeten Bundesratsgeschäft zur «Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit im KVG» (BRG 15.083) sollen zudem die Qualität der erbrachten Leistungen im Gesundheitsbereich verbessert, die Patientensicherheit nachhaltig erhöht und die Steigerung der Kosten in der OKP abgeschwächt werden.

In Sachen Spitäler standen 2019 die Kosten im Gesundheitswesen im Mittelpunkt. Unter anderem intendierte Verena Herzog (svp, TG) mittels Motion, gemeinwirtschaftliche Leistungen dem öffentlichen Beschaffungsrecht zu unterstellen (Mo. 16.3842). Denn durch eine Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen und der damit verbundenen Transparenz könne man nicht nur Kosten reduzieren, sondern auch an Effizienz gewinnen, erklärte die Motionärin. 2018 hatte der Nationalrat dieser Vorlage zugestimmt, der Ständerat gab ihr in der Herbstsession 2019 allerdings einen Korb. Mit einem Selbstkostenanteil, der beim Aufsuchen der Spitalnotfallstation (und beim ambulanten Praxisbesuch) entrichtet werden soll, wollten sowohl Thomas Weibel (glp, ZH; Pa.Iv. 17.480) als auch Thomas Burgherr (svp, AG; Pa.Iv. 17.452) der Kostenentwicklung entgegenwirken, die Eigenverantwortung der Patientenschaft stärken und den Spitalnotfall entlasten. Die grosse Kammer gab in der Wintersession 2019 der parlamentarischen Initiative Weibel, nicht aber der Initiative Burgherr Folge. Des Weiteren nahm das Stöckli als Zweitrat eine Motion der SGK-NR bezüglich Referenztarifen für ausserkantonale Behandlungen an (Mo. 18.3388). Damit wollte die Kommission sicherstellen, dass die Kantone für Behandlungen ihrer Einwohnerinnen und Einwohner ausserhalb des Wohnkantons nicht weniger bezahlen würden als innerhalb. Bezüglich Ärzteschaft reichte Bea Heim (sp, SO; Mo. 18.3107) eine Motion zur Offenlegung der Honorare von Ärztinnen und Ärzten in einer leitenden Position ein. Transparenz sei notwendig, um falsche Anreize, unnötige Eingriffe und hohe Kosten für die OKP zu verhindern, so Heim. Die Motion wurde im März 2019 von der grossen Kammer gutgeheissen und an die kleine Kammer überwiesen.

Rund um das Pflegepersonal waren die Pflegeinitiative und der indirekte Gegenvorschlag ein wichtiges Thema. Gefordert wurden unter anderem die Sicherstellung von genügend diplomierten Pflegefachleuten und eine Kompetenzerweiterung im Bereich der direkten Abrechnung von Pflegeleistungen zu Lasten der OKP. In der Wintersession empfahl der Nationalrat in Übereinstimmung mit dem Bundesrat die Ablehnung der Initiative und gab dem von der SGK-NR ausgearbeiteten indirekten Gegenvorschlag mit einigen kleinen Änderungen Folge. Anders als seine Kommission wollte er beispielsweise nicht, dass eine Vereinbarung zwischen Pflegefachpersonen und Krankenkasse für die Abrechnung der Pflegenden über die OKP generell nötig ist.

Im Frühling 2019 verabschiedete das Parlament eine Änderung des Heilmittelgesetzes (BRG 18.081), die aufgrund zweier neuen EU-Verordnungen zur Erhöhung von Sicherheit und Qualität von Medizinprodukten nötig geworden war, damit die Schweizer Patientenschaft weiterhin von allen europäischen Produkten profitieren kann und die Hersteller keinen Wettbewerbsnachteil erfahren. Qualität und Behandlungssicherheit waren ebenfalls Gegenstand eines Postulates Stahl (svp, ZH; Po. 19.3382), das den Bundesrat dazu aufforderte, die Bedingungen zur Ermöglichung eines Versandhandels nichtverschreibungspflichtiger Arzneimittel zu überprüfen. Weiter stimmte der Nationalrat in der Sommersession einer Motion Humbel (cvp, AG; Mo. 19.3005) zur Kostenvermeidung bei der Umteilung von den Medikamenten der Kategorie C in die Kategorie B zu und überwies sie an den Ständerat. Antibiotika und ihre Resistenz wurden 2019 mittels zweier Vorstösse thematisiert. Zum einen sprach sich der Nationalrat als Erstrat für eine Motion Graf (gp, BL; Mo. 19.3861) aus, die den Bundesrat damit beauftragte, seine One-Health-Strategie mit der Erforschung von Antibiotikaresistenzen zu ergänzen, um so eine Vorgehensweise zur Bekämpfung ihrer Ursachen ausarbeiten zu können. Zum anderen reichte Claude Béglé (cvp, VD, Po. 19.3860) ein Postulat zur «Förderung der Erforschung und der Entwicklung neuer antimikrobieller Mittel» ein, welches allerdings im Rat nicht auf Anklang stiess. Im Herbst 2019 beschäftigte sich das Stöckli mit einer Motion Müller (fdp, LU; Mo. 19.3743), mit der die Eliminierung von Hepatitis in ein nationales Programm zu sexuell und durch Blut übertragbaren Infektionskrankheiten integriert werden soll.

Auch über Tabakwaren wurde 2019 angeregt diskutiert. So befasste sich der Ständerat erneut mit dem Bundesgesetz über Tabakprodukte, nachdem 2016 ein erster Entwurf an den Bundesrat zurückgewiesen worden war. Das Gesetz soll in erster Linie dazu dienen, Teenager, aber auch die Gesamtbevölkerung vor den negativen Auswirkungen des Tabakkonsums zu schützen. In den Medien war hingegen insbesondere das Thema «E-Zigaretten» zentral. Dieses fand auch seinen Weg ins Parlament; im Ständerat wurde über eine tiefere Besteuerung von elektronischen Zigaretten diskutiert (Mo. 19.3958 der SGK-SR). Vor dem Hintergrund der 2017 eingereichten Motionsserie zu wissenschaftlichen Pilotversuchen mit Cannabis trat der Nationalrat im Dezember 2019 auf die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung des Betäubungsmittelgesetzes ein (BRG 19.021). Neben E-Zigaretten berichteten die Medien auch ausführlich über die umstrittene Auswahl des Tabakkonzerns Philip Morris als Hauptsponsor des Schweizer Pavillons an der Weltausstellung 2020 in Dubai. Nachdem der Schweiz für diesen Entscheid viel Unverständnis entgegengebracht worden war und sich gar die WHO zu Wort gemeldet hatte, erklärte Aussenminister Ignazio Cassis Ende Juli, dass man die Partnerschaft nicht weiterführen werde.

Trotz grosser Aufmerksamkeit in den Medien – dieses Thema ist mitverantwotlich für den Peak des Gesundheitsthemas im Juli 2019 – kaum Eingang ins Parlament fand dieses Jahr die Frage der Sterbehilfe. Aufgegriffen wurde von den Zeitungen vor allem der Gerichtsprozess rund um Erika Preisig und den assistierten Suizid bei psychisch kranken Personen.

Die mediale Berichterstattung zu sportlichen Themen war im Juni 2019 besonders intensiv. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in diesem Monat nicht nur das Eidgenössische Turnfest in Aarau stattfand, sondern auch ein Formel-E-Rennen in Bern ausgetragen wurde, das bei der Bevölkerung auf Widerstand stiess und anlässlich dem eine Velo-Demonstration durchgeführt wurde. Zudem wurde die durch die Fussball-Weltmeisterschaft der Frauen ausgelöste Diskussion um die Gleichstellung der Geschlechter in dieser Sportart ebenfalls von den Schweizer Medien aufgenommen.
Im Parlament wurden bezüglich Sport zwei Vorlagen zu Sportzentren respektive zu der Finanzierung ihres Betriebs diskutiert. So nahmen beide Räte eine Motion Engler (cvp, GR, Mo. 18.4150) an, welche beabsichtigte, dem Bund eine Mitfinanzierungsrolle beim Trainings- und Wettkampfbetrieb auf Sportanlagen nationaler Bedeutung zukommen zu lassen. Im Dezember 2019 sagte die kleine Kammer Ja zu einem weiteren Postulat Engler (Po. 19.4044), das einen Bericht zur Realisierung von drei bis vier Wintersportzentren anstelle eines nationalen Schneesportzentrums forderte. Silva Semadeni (sp, GR), die in Vergangenheit eine referendumsfähige Gesetzesgrundlage zur Bundesmilliarde für Sion 2026 schaffen wollte, reichte 2018 eine parlamentarische Initiative ein, um die Unterstützung Olympischer Spiele im Allgemeinen einem fakultativen Referendum zu unterstellen (Pa.Iv. 18.445). In einem ersten Schritt gab die WBK-NR diesem Geschäft im Juni 2019 Folge. Im Gebiet der Dopingpolitik überwies der Nationalrat eine Motion Bourgeois (fdp, FR; Mo. 19.3667) an den Ständerat, die die Prüfung der Errichtung einer Koordinationsstelle für Dopingfragen beim Fedpol zum Gegenstand hatte.

Im Bereich Sozialhilfe interessierten sich die Medien insbesondere für die Höhe der Sozialhilfebeiträge, über die in verschiedenen Kantonen diskutiert wurde. Als erster Kanton stimmte Bern im Mai in einer Volksabstimmung über entsprechende Kürzungen ab. Hätte sich das Stimmvolk für die Revision des Sozialhilfegesetzes ausgesprochen, so hätte der neue Grundbetrag die Empfehlung der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) deutlich unterschritten. Von Bedeutung war dieser Entscheid auch für die anderen Kantone, da man sich vor einem «Domino-Effekt» und «Sozialhilfe-Tourismus» fürchtete. Gemäss Einschätzungen des Tagesanzeigers von Anfang Oktober verlor die Forderung nach dem Nein in Bern in anderen Kantonen und Städten an Unterstützung.

Jahresrückblick 2019: Gesundheit, Sozialhilfe und Sport
Dossier: Jahresrückblick 2019

Zwischen Juni und Dezember 2018 reichten die Kantone St. Gallen (Kt.Iv. 18.309), Thurgau (Kt.Iv. 18.318), Basel-Stadt (Kt.Iv. 18.322) und Basel-Landschaft (Kt.Iv. 18.324) vier ähnliche Standesinitiativen für eine kostendeckende Finanzierung der Kinderspitäler und Kinderkliniken ein. Darin forderten sie, dass die erbrachten ambulanten wie stationären Leistungen in Kinderspitälern und -kliniken in der Tarifstruktur kostendeckend vergütet werden sollten. Die vier Kantone betonten als Standort- (SG, BS, BL) respektive Trägerkantone (TG) eines der drei eigenständigen Schweizer Kinderspitäler ihre Betroffenheit, zumal sie die defizitären Spitäler seit Jahren subventionieren müssten – die beiden Basler Kantone zum Beispiel mit CHF 10 Mio. jährlich.
Sowohl im spitalambulanten als auch im stationären Bereich sei die Tarifierung für die eigenständigen Kinderspitäler und die in Erwachsenenspitälern integrierten Kinderkliniken ungenügend, kritisierten sie. Bei den Kinderspitälern kämen verschiedene, erschwerende Faktoren zusammen: So müssten diese einerseits die ganze Leistungskette von der Grund- bis zur hochspezialisierten Medizin anbieten, regelmässig besonders aufwendige angeborene Erkrankungen behandeln und hätten andererseits kaum je die Möglichkeit zur Quersubventionierung durch privat oder halbprivat versicherte Patientinnen und Patienten.
Zusätzlich angestiegen seien die jährlichen Defizite zudem durch den Tarmed-Eingriff des Bundesrates 2018. Das Defizit des Ostschweizer Kinderspitals zum Beispiel sei in der Folge von CHF 4.2 Mio. (2016) auf CHF 6.3 Mio. (2018) gestiegen; der Kostendeckungsgrad im ambulanten Bereich des Basler Kinderspitals sei von 78 auf 68 Prozent gesunken. Nicht besser sehe es im stationären Bereich aus, wo die Fallpauschalen der Swiss DRG die Leistungen ebenfalls nicht adäquat abbildeten. Diese Probleme würden jedoch von der IV und gewissen Krankenkassen nicht anerkannt, obwohl sowohl nationale als auch internationale Evidenz die höheren Kosten von Kinderspitälern gegenüber Erwachsenenspitälern in der Höhe von 20 bis 30 Prozent belege.
Der Kanton Basel-Landschaft ergänzte die generelle Handlungsaufforderung der anderen drei Kantone durch eine Liste mit konkreten Forderungen: Er verlangte die Aufhebung der Tarmed-Zeitlimitierungen für die Konsultationszeit, eine separate, kostendeckende Taxpunktbewertung, die Ausnahme der Kinderkliniken von der «Liste der grundsätzlich ambulant durchzuführenden elektiven Eingriffe» (also von Eingriffen, die zeitlich relativ frei gewählt werden können), eine Anpassung der Swiss-DRG-Tarifstruktur auf einen Kostendeckungsgrad der Kinderspitäler von 100 Prozent sowie eine genügende Abbildung der IV-Fälle in der Tarifstruktur.

Im August 2019 behandelte die SGK-SR die vier Standesinitiativen gemeinsam und liess dabei Vertreterinnen und Vertreter der vier Kantone zu Wort kommen. Die Kommission anerkannte, dass die Eigenheiten der Kindermedizin bei der Tarifierung oft ungenügend berücksichtigt würden, empfand aber eine Kommissionsmotion als das zielführendere Mittel als die Standesinitiativen, da der Bundesrat die Tarifstrukturen im ambulanten und stationären Bereich genehmigen müsse. Folglich nahm sie die Forderung der vier Kantone in eine eigene Motion (Mo. 19.3957) auf und empfahl die vier Standesinitiativen zur Vermeidung von Doppelspurigkeiten zur Ablehnung.
Im Dezember 2019 folgte der Ständerat dem Kommissionsantrag stillschweigend, lehnte die vier Initiativen ab und nahm stattdessen die Kommissionsmotion an.

Kostendeckende Finanzierung der Kinderspitäler und Kinderkliniken

Im August 2019 reichte die SGK-SR eine Motion ein, mit der sie sicherstellen wollte, dass die ambulanten und stationären Leistungen in Kinderspitälern und Kinderkliniken zukünftig kostendeckend vergütet werden. Damit nahm sie die Forderung von vier Standesinitiativen der Kantone St. Gallen (Kt.Iv. 18.309), Thurgau (Kt.Iv. 18.318), Basel-Stadt (Kt.Iv. 18.322) und Basel-Landschaft (Kt.Iv. 18.324) auf, da sie eine Kommissionsmotion als zielführender empfand als die Standesinitiativen, zumal der Bundesrat die Tarifstrukturen im ambulanten und stationären Bereich genehmigt.
Der Bundesrat verwies in seiner Antwort auf die Tarifautonomie der Tarifpartner, betonte aber auch, dass dem Anliegen bereits Rechnung getragen werde. So habe er die ambulante Pädiatrie mit seinen Tarmed-Anpassungen 2014 und 2018 tariflich bessergestellt, zudem habe die Swiss DRG AG auch die stationäre Tarifstruktur verbessert. Damit widersprach er den vier Kantonen, die in ihren Standesinitiativen berichtet hatten, dass die Tarmed-Änderung die Situation für die Kinderspitäler noch verschärft habe und die Änderungen bei den stationären Tarifen die Unterdeckung im Pädiatrie-Bereich zumindest noch nicht behoben habe. Auch der Bundesrat anerkannte, dass die Problematik trotz dieser Bemühungen noch nicht vollständig gelöst sei und empfahl die Motion zur Annahme.
In der Wintersession 2019 behandelte der Ständerat die Motion zusammen mit den vier Standesinitiativen. Dabei bedankte sich Gesundheitsminister Berset für die offene Formulierung der Kommissionsmotion, die dem Bundesrat einen gewissen Spielraum gebe, die Problematik ohne eine Gesetzesänderung anzugehen. Man müsse das Problem lösen, ohne weitere Probleme im Tarifsystem zu generieren. Stillschweigend nahm der Ständerat die Motion in der Folge an und verzichtete darauf, den Standesinitiativen Folge zu geben.

Kostendeckende Finanzierung der Kinderspitäler bei effizient erbrachten Leistungen

Im Dezember 2019 nahm sich der Nationalrat einer parlamentarischen Initiative Weibel (glp, ZH) an, welche nach dem Ausscheiden Weibels aus der grossen Kammer von Martin Bäumle (glp, ZH) übernommen worden war und eine Gebühr für Bagatellfälle in der Spitalnotfallaufnahme zum Gegenstand hatte. Bäumle, Kommissionssprecher Nantermod (fdp, VS) sowie Kommissionssprecherin Bertschy (glp, BE) erklärten, mit der geforderten Gebühr werde darauf abgezielt, dass die betroffenen Personen bei Bagatellfällen zuerst den Hausarzt respektive die Hausärztin, den 24-Stunden-Notfall-Dienst oder eine Apotheke aufsuchen, bevor sie sich in den Spitalnotfall begeben. Dadurch könnte nicht nur das Kostenwachstum im Gesundheitswesen abgeschwächt, sondern auch die Notfallstationen in den Spitälern entlastet werden, was für die Behandlung tatsächlicher Notfälle essentiell sei. Im Kanton Aargau würden sogenannte Walk-in-Gebühren beispielsweise bereits diskutiert. Dafür bedürfe es allerdings einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage auf Bundesebene, welche durch die vorliegende parlamentarische Initiative geschaffen werden solle. Von den Gebühren ausgenommen werden sollen Patientinnen und Patienten unter 16 Jahren, solche mit einer Zuweisung einer Ärztin oder eines Arztes sowie Personen, die in der Folge stationär behandelt werden müssen. Eine Minderheit rund um Yvonne Feri (sp, AG), welche beantragte, dem Anliegen keine Folge zu geben, hielt dieser Argumentation entgegen, dass eine solche Gebühr primär eine Belastung für Arme, ältere Personen sowie chronisch Kranke darstelle. Ferner könne sie gegebenenfalls auch Fehlanreize schaffen, indem die Patientinnen und Patienten darauf bestünden, stationär behandelt zu werden. Diene die Gebühr zur Abschreckung, werde dadurch auch die freie Arzt- und Spitalwahl untergraben. Viele Menschen hätten zudem keinen Hausarzt oder keine Hausärztin mehr – gerade auf dem Land sei es schwierig, einen entsprechenden Arzt oder eine entsprechende Ärztin zu finden. Bezüglich der Kapazitäten für tatsächliche Notfälle meinte Feri, die Krankenhäuser hätten in der Notfallaufnahme bereits vor einiger Zeit ein Triagesystem eingeführt, das zwischen leichten, mittelschweren und schweren Notfällen unterscheide. Den Nationalrat vermochten die Worte der Kommissionsmehrheit anscheinend mehr zu überzeugen und so sprach er sich mit 108 zu 85 Stimmen (bei 1 Enthaltung) für Folgegeben aus.

Gebühr für Bagatellfälle in der Spitalnotfallaufnahme (Pa.Iv. 17.480)

Im November 2019 beantragte die SGK-NR eine zweijährige Verlängerung der Behandlungsfrist für die Umsetzung der parlamentarischen Initiative Humbel (cvp, AG) für Wettbewerbspreise bei Medizinalprodukten der Mittel- und Gegenständeliste. Die Kommission habe bisher in sechs Sitzungen einen Vorentwurf und einen erläuternden Bericht ausgearbeitet, mit denen die Preise der MiGeL zukünftig in Verträgen zwischen Krankenversicherungen und Leistungserbringenden ausgehandelt werden sollten. Im August 2019 habe die Kommission dem Vorentwurf mit 13 zu 5 Stimmen zugestimmt und ihn in die Vernehmlassung gegeben, die noch bis Dezember 2019 dauere. Um den Gesetzesentwurf finalisieren zu können, brauche man folglich noch Zeit, erklärte die Kommission ihren Antrag.

Wettbewerbspreise bei Medizinalprodukten der Mittel- und Gegenständeliste

Im November 2019 beantragte die SGK-NR für die parlamentarische Initiative Frehner (svp, BS) zur Kostentransparenz der Spitäler eine Verlängerung der Behandlungsfrist bis zur Wintersession 2021. Die Verwaltung bereite momentan auf der Grundlage der festgelegten Kriterien einen Vorentwurf vor, den die Kommission in den kommenden Monaten diskutieren werde, so die SGK-NR in ihrem Kommissionsbericht. Im Anschluss daran werde sie einen Entscheid über «die Frage einer Vernehmlassung» fällen. Die Verlängerung des Behandlungszeitraums sei notwendig, um die Arbeiten hinsichtlich einer definitiven Gesetzesvorlage fortsetzen zu können. In der Wintersession 2019 kam der Nationalrat diesem Antrag nach und verlängerte die Verhandlungsfrist um zwei Jahre.

Kostentransparenz der Spitäler (Pa.Iv. 15.485)

Nachdem die SGK-NR die Ergebnisse der Vernehmlassung zum indirekten Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative zur Kenntnis genommen hatte, unterbreitete sie Mitte Oktober 2019 ihrem Rat den entsprechenden Gesetzesentwurf. Dabei stellte sie folgende Massnahmen vor, wie dem Fachkräftemangel und der fehlenden Attraktivität des Pflegeberufs begegnet werden könne: Zum einen sollen dem Pflegepersonal mehr Kompetenzen zugestanden werden. So sollen Pflegefachfrauen und -männer nach Vereinbarung mit den Versicherern gewisse Leistungen, die vom Bundesrat definiert werden, selbständig ohne ärztliche Anordnung durchführen dürfen. Zum anderen sollen Spitäler, Pflegeheime und Spitexorganisationen verpflichtet werden, Pflegefachleute auszubilden. Dabei müssten die Kantone für mindestens einen Teil der ungedeckten Kosten, die im Rahmen der praktischen Ausbildungsleistungen anfallen, aufkommen, wobei sie vom Bund während acht Jahren unterstützt würden. Weiter sah die SGK-NR eine Verpflichtung der Kantone vor, Personen die eine Pflegeausbildung an einer Höheren Fachschule oder Fachhochschule absolvierten, während ihrer Ausbildung mit finanziellen Beiträgen unter die Arme zu greifen. Auch hier solle der Bund den Kantonen während acht Jahren mit finanziellen Mitteln zur Seite stehen. Um das Potential von Leuten auszuschöpfen, die nach altem Recht ein Pflegediplom erworben hatten, und diesen den Zugang zu heutigen Aus- und Weiterbildungen zu eröffnen, beabsichtigte die Kommission zudem, ein Anschlussangebot für diese Personengruppe zu schaffen. Der Verpflichtungskredit, mit dem die SGK-NR die Ausbildungsoffensive während den acht Jahren zu finanzieren plante, soll einen Umfang von maximal CHF 469 Mio. aufweisen. Eine Minderheit de Courten (svp, BL) wollte nicht auf die Vorlage eintreten, da sie der Ansicht war, dass dadurch in einem Bereich hohe Kosten zu Lasten des Bundes verursacht würden, der in die Zuständigkeit der Kantone und der Branche falle. Ferner bestünde die Gefahr einer Mengenausweitung, wenn das Pflegefachpersonal gewisse Leistungen ohne ärztliche Anordnung durchführen könnte.

Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative). Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 18.079 & Pa.Iv. 19.401)
Dossier: Die Pflegeinitiative und ihre Umsetzung

In der Herbstsession 2019 behandelte der Nationalrat als Erstrat den Vorschlag der SGK-NR für eine Einführung eines monistischen Finanzierungssystems für die Gesundheitsleistungen. Eine Kommissionsminderheit Gysi (sp, SG) hatte dem Rat Nichteintreten beantragt. Barbara Gysi betonte, dass die SP-Fraktion zwar eine einheitliche Finanzierung von stationären und ambulanten Leistungen befürworte, aber diese Vorlage ablehne, da darin die «Meinung der Kantone in grossen Zügen missachtet» worden sei. Den Kantonen käme nur noch die Rolle der Zahlstelle zu, die Relevanz der Spitallisten würde stark reduziert. Überdies würde die Vorlage zu einer Besserstellung der Privatspitäler und Zusatzversicherten zulasten der OKP führen, kritisierte Gysi. Aufgrund der zahlreichen Mitglieder in der Subkommission, die Mandate bei Krankenversicherungen oder Krankenkassenverbänden hätten, und aufgrund der «getreuen» Umsetzung der Vorschläge von Curafutura begünstige die Vorlage die Interessen der Krankenversicherungen. «Diese Vorlage stammt klar aus der Feder von Curafutura», fasste sie ihre Kritik zusammen. Ein Nichteintreten würde dem Bundesrat zusammen mit den Kantonen eine neue Lösungsfindung ermöglichen.
Ruth Humbel (cvp, AG) betonte als Kommissionssprecherin, dass es den Krankenversicherungen nicht verboten sei, fachliche Inputs zu geben. Zudem seien die Privatspitäler ein «Nebenschauplatz». In erster Linie stärke die Vorlage die Steuerungsmöglichkeit der Kantone, indem sie neu den ambulanten und stationären Bereich planen könnten, einen Einsitz in Tarmed oder Tardoc erhielten und weiterhin die Tarife genehmigten oder erliessen, wenn sich die Tarifpartner nicht einigten. Mit 136 zu 52 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat in der Folge für Eintreten aus. Die ablehnenden Stimmen stammten aus der SP- und der Grünen-Fraktion sowie von MCG-Mitglied Roger Golay (mcg, GE).
In der Detailberatung diskutierte der Nationalrat verschiedene technische Fragen, die jedoch, so die Auffassung der meisten Rednerinnen und Redner, hochpolitisch waren. So beriet die grosse Kammer die Berechnung der Kantonsbeiträge, bei der zwei Fragen umstritten waren: Soll erstens der Abzug der Risikoabgaben risikobasiert oder kostenbasiert erfolgen und sollen zweitens die Kostenbeteiligungen der Versicherten abgezogen werden, bevor die Kantonsbeiträge berechnet werden. Bei ersterer Frage sprach sich eine Kommissionsminderheit Nantermod (fdp, VS) für das risikobasierte Pauschalmodell aus. Dieses habe den Vorteil, dass nur die Risikokompensation und nicht die variablen Verwaltungskosten der Versicherungen berücksichtigt würden, erklärte Regine Sauter (fdp, ZH) für die Kommissionsminderheit. Dadurch würden die Anreize zur Kosteneffizienz erhöht. Hingegen argumentierte Heinz Brand (svp, GR), dass es hier um Steuergelder der Kantone gehe und diese der Kostenwahrheit entsprechen müssten. Somit könne man diese nicht «aufgrund irgendwelcher mathematischer Berechnungen» verteilen. Mit 111 zu 78 Stimmen sprach sich der Nationalrat für den Mehrheitsantrag der SGK-NR und somit für das kostenbasierte Modell aus: Eine Allianz aus SP-, Grünen- und SVP-Fraktion setzte sich diesbezüglich gegen die geschlossen stimmenden übrigen Fraktionen durch.
Eine weitere Minderheit Nantermod setzte sich dafür ein, dass die Kostenbeteiligungen der Versicherten, also zum Beispiel die Franchisen, ebenfalls in die Berechnung des Kantonsanteils einfliessen sollten. Nur dadurch würden Personen mit hohen Franchisen gleich behandelt wie Personen mit tiefen Franchisen. Mit dieser Berechnungsart müssten die Kantone den Versicherungen aber auch Geld für Kosten überweisen, die nicht von ihnen, sondern von den Versicherten bezahlt worden seien, kritisierte Gesundheitsminister Berset. Rechtlich sei es gemäss dem Bundesamt für Justiz zudem problematisch, wenn der Bund die Kantone zwinge, Kosten zu übernehmen, die nicht unter die OKP fielen, erklärte Kommissionssprecherin Humbel. Weiter könne es nicht sein, dass die Eigenverantwortung, die den höheren Franchisen zugrunde liege, «an die Kantone delegiert werde». Mit 148 zu 33 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) respektive 141 zu 46 Stimmen (bei keiner Enthaltung) sprach sich der Nationalrat für den Antrag des Bundesrates und die Berechnung der Kantonsbeiträge nach Abzug der Franchisen aus. Für die Minderheit hatten sich vor allem Teile der SVP- und der FDP.Liberale-Fraktionen eingesetzt. Gleichzeitig entschied sich der Rat auch, den von den Kantonen übernommenen Mindestanteil von 22.6 Prozent auf 25.5 Prozent zu erhöhen, wie es der Bundesrat beantragt hatte.
Wie sich bereits in der Eintretensdebatte angekündigt hatte, war die Frage der Vergütungen an die Vertragsspitäler in der Detailberatung besonders umstritten. Diese liegt heute bei 45 Prozent, neu soll sie jedoch auf 74.5 Prozent erhöht werden. Dadurch würden Privatspitäler, die sich nicht an der Ausbildung oder am Grundversorgungsauftrag beteiligten, die besonders lukrative Fälle der übrigen Spitäler abwerben würden und deren Gewinne auf den Konten von ausländischen Investoren landeten, noch stärker aus der OKP abgegolten werden als bisher, kritisierte Barbara Gysi. Dadurch käme es zu einem Anstieg der Prämien der Grundversicherten, zu einer Mengenausweitung durch die Privatspitäler – bereits jetzt würden halbprivat oder privat versicherte Personen zum Beispiel 2.2-mal häufiger am Knie operiert als Grundversicherte – sowie zu einem Anstieg der Anzahl Privatspitäler. Schliesslich unterliefe dies auch die Spitalplanung der Kantone. Letzteren Punkt betonte auch Bundesrat Berset. Kommissionssprecherin Humbel entgegnete hingegen, dass Privatkliniken nicht per se teurer seien als öffentliche Spitäler und es überdies nur zehn davon gebe. Heute würden 45 Prozent der stationären Kosten der Vertragsspitäler durch die Kantone sowie 100 Prozent der ambulanten Leistungen durch die Versicherungen vergütet; mit einem Anteil von 74.5 Prozent wäre der Unterschied zu heute somit vernachlässigbar. Die grosse Kammer sprach sich in der Folge mit 132 zu 56 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) deutlich für den Antrag der Kommissionsmehrheit und die höhere Vergütung für die Vertragsspitäler aus.
Bei der Frage nach der zukünftigen Rolle der gemeinsamen Einrichtung der Versicherungen entschied sich der Rat gegen eine Minderheit Aeschi (svp, ZG) und eine Minderheit Carobbio (sp, TI) dafür, dass die Einrichtung neu auch für die Aufteilung des Kantonsbeitrags auf die Versicherungen zuständig sein soll. Sowohl Aeschi als auch Carobbio hatten mit ihren Anträgen beabsichtigt, die Rolle der Kantone in EFAS zu stärken; Thomas Aeschi wollte den Kantonen die Möglichkeit geben, das Geld selbst zu verteilen, während Marina Carobbio der gemeinsamen Einrichtung die Kontrolle über die Zahlungen übertragen wollte, damit die Kantone den Versicherungen nicht blind vertrauen müssten, wie Bea Heim (sp, SO) erklärte.
Schliesslich stimmte der Nationalrat dem Entwurf mit 121 zu 54 Stimmen (bei 8 Enthaltungen) zu, wobei die ablehnenden Stimmen wie schon in der Eintretensabstimmung von der SP- und der Grünen-Fraktion sowie von Roger Golay stammten. Auch im Lager der SVP stiess die Vorlage mit 8 Enthaltungen jedoch nicht ausschliesslich auf Unterstützung.

Einführung eines monistischen Finanzierungssystems für die Gesundheitsleistungen (EFAS; Pa.Iv. 09.528)

Les juges de Strasbourg statueront sur le cas du licenciement des grévistes de l'hôpital de la Providence. D'après le Syndicat suisse des services publics (SSP), le Tribunal fédéral violerait les droits syndicaux et viderait le droit de grève de sa substance. Tout comme les instances judiciaires inférieures, le Tribunal fédéral a cautionné le licenciement. Celui-ci aurait été prononcé pour de «justes motifs», puisque les grévistes n'avaient pas accepté la proposition, jugée «raisonnable», de prolonger la CCT Santé 21 d'une année. La grève ne respectait alors plus le principe de proportionnalité, l'un des critères de licéité du droit de grève.
Pour l'avocat des grévistes, il n'incombe pas au Tribunal fédéral de «procéder à un arbitrage politique», lorsque la solution de compromis recherchée par les autorités de conciliation n'est pas satisfaisante pour les parties. Il aurait dû plutôt se questionner s'il était légitime de dénoncer, comme l'ont fait les nouveaux propriétaires de l'hôpital, la CCT. Pour Pierre-Yves Maillard, président de l'USS, les propriétaires font de la concurrence déloyale. Le jugement de la Cour européenne des droits de l'homme est attendu dans deux ou trois ans.

La Providence

Die von ihrer Schwesterkommission eingereichte Motion zur Vergütung von ausserkantonalen stationären Wahlbehandlungen zum maximalen Tarif des Wohnkantons empfahl die SGK-SR ihrem Rat Anfang September 2019 einstimmig (mit 10 zu 0 Stimmen) zur Annahme. Nachdem Kommissionssprecherin Pascale Bruderer (sp, AG) in der Herbstsession 2019 die Situation noch einmal dargelegt und Gesundheitsminister Berset die Unterstützung des Bundesrates zugesichert hatte, wurde das Geschäft von den Ständerätinnen und Ständeräten stillschweigend gutgeheissen.

Transparenz in der Spitalfinanzierung. Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen

Auf Anraten der einstimmigen Empfehlung der SGK-SR lehnte der Ständerat die Motion Herzog (svp, TG) «Transparenz in der Spitalfinanzierung. Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen» stillschweigend ab. Man verneine die Notwendigkeit von Transparenz und Evaluation der Spitalfinanzierung zwar nicht, jedoch gelte es unter anderem aus föderalistischen Gründen, das Geschäft abzulehnen, erklärte Kommissionssprecherin Pascale Bruderer Wyss (sp, AG). Gesundheitsminister Alain Berset schloss sich diesen Worten an. Die gemeinwirtschaftlichen Leistungen würden nicht unter die Leistungen der OKP fallen und auch nicht zu den Aufgaben gehören, die dem Bund ausserhalb der OKP übertragen worden seien. Daher sei eine Ausschreibungspflicht auf Bundesebene nicht nur politisch unangemessen, sondern auch verfassungswidrig.

Transparenz in der Spitalfinanzierung. Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen
Dossier: Qualität und Transparenz in der Gesundheitsversorgung

Im August 2019 veröffentlichte der Bundesrat den durch das Postulat der SGK-NR verlangten Bericht zur Anwendung des DRG-Systems. Darin sollte er die Kantone mit DRG-System, also mit Globalbudget für Spitäler und Pflegeheime, mit den übrigen Kantonen vergleichen. Der Bericht stützte sich auf eine Studie des Beratungsbüros B,S,S. Darin wurden zuerst die Kantone mit DRG-System definiert. Dazu zählten die Autorinnen und Autoren die Kantone Genf, Tessin und Waadt, die im Jahr 2017 eine maximale Vergütung für die stationären Spitalleistungen pro Spital vorgegeben hatten, sowie die Kantone Neuenburg und Wallis, die maximale Leistungsmengen pro Spital definiert hatten. Genf und Waadt nahmen die Leistungsmengendefinitionen ebenfalls, jedoch nur unter Einschränkungen vor. Die konkreten Ausgestaltungen hätten jedoch zwischen den Kantonen deutlich variiert, erklärt der Bundesrat. Von dieser Ausgestaltung hänge aber auch die Vereinbarkeit dieser Instrumente mit den Prinzipien der neuen Spitalfinanzierung ab. Die Kantone mit und ohne DRG-System erreichten überdies die Kosteneindämmungsziele ähnlich gut; bei beiden entspreche das Wachstum der spitalstationären Kosten etwa dem Wachstum des BIP, die Gesamtkosten hätten jedoch nicht gesenkt werden können. Trotz dieser Ergebnisse ging der Bundesrat davon aus, dass die Globalbudgets eine kostendämpfende Wirkung haben könnten.

Anwendung des DRG-Systems

Im August 2019 nahm der Bundesrat Stellung zum Vorschlag der SGK-NR für eine Einführung eines monistischen Finanzierungssystems für die Gesundheitsleistungen. Er erklärte, dass er die Stossrichtung der Vorlage generell befürworte, der Bericht der Kommission aber noch einige Fragen ungeklärt lasse. So bedeute diese Änderung einen Systemumbau mit weitreichenden Wechselwirkungen und müsse folglich sorgfältig angegangen werden. Bei den Wechselwirkungen sprach er insbesondere die Schnittstelle zwischen OKP und Zusatzversicherungen an und betonte, dass diese vermutlich die Wirkung von EFAS einschränken würden. Zum Beispiel entlaste die Erhöhung des Finanzierungsanteils der OKP für Vertragsspitäler ausserhalb der kantonalen Spitalplanung die Zusatzversicherungen stark und schaffe damit womöglich auch Anreize für zusätzliche ambulante Behandlungen. Die vom Bericht erwähnten Massnahmen würden wohl nicht ausreichen, diese Anreize auszugleichen. Zudem wollte der Bundesrat wissen, ob es Steuerungsmöglichkeiten für die Kantone gebe, die über die Verknüpfung von EFAS mit dem Bundesratsgeschäft zur Zulassung von Leistungserbringenden (BRG 18.047) hinausgingen.

Einführung eines monistischen Finanzierungssystems für die Gesundheitsleistungen (EFAS; Pa.Iv. 09.528)

Im Juli 2019 befasste sich die SGK-NR im Zusammenhang mit der Umsetzung der parlamentarischen Initiative Frehner (svp, BS) mit der Kostentransparenz der Spitäler. Um Fragen bezüglich Datenlieferungen der Spitäler zu klären, hörte sie sich Kantons-, Versicherer und Spitalvertreterinnen und -vertreter an. Zudem beauftragte die Kommission die Verwaltung, einer Reihe von offenen Punkten nachzugehen.

Kostentransparenz der Spitäler (Pa.Iv. 15.485)

Im Juli 2019 veröffentlichte der Bundesrat seinen Bericht über die Transparenz bei der Spitalfinanzierung durch die Kantone in Erfüllung einer Motion der SGK-SR. Darin sollte er aufzeigen, welche Kantone ihre Leistungserbringenden direkt oder indirekt bei Kosten subventionierten, die OKP-berechtigt wären. Grund dafür war, dass zur Berechnung der OKP-Tarife diejenigen Spitäler als Referenz herangezogen werden, welche die Leistungen qualitativ gut und günstig erledigten. Dadurch werden Spital-Subventionen relevant für die OKP-Tarife.
Auf lediglich acht Seiten berichtete der Bundesrat aus der extern bei ECOPLAN Bern in Auftrag gegebenen Studie. Der Bundesrat betonte die grossen Unterschiede zwischen den Kantonen bezüglich der Finanzierungsbeiträge für gemeinwirtschaftliche Leistungen an die Spitäler, der direkten oder indirekten Finanzierung von Anlagenutzungskosten oder der Defizitdeckungen. Konkrete Hinweise auf eine Beeinflussung der tarifermittlungsrelevanten Kosten fand die Studie lediglich bei Vorhalteleistungen für den Notfall und bei vergünstigenden Konditionen bei Anlagenutzungskosten. Dies seien Faktoren, die bei der Tarifbildung berücksichtigt würden, erklärte er. Die Abklärungen der Studie deuteten jedoch darauf hin, dass es «keinen theoretischen Zusammenhang zwischen Defizitdeckung und den [OKP-tarifermittlungsrelevanten Kosten]» gebe, erklärte der Bundesrat. Folglich machte er diesbezüglich auf Bundesebene keinen Handlungsbedarf aus. Er verwies aber auch auf eine Reihe von Problemen bei der Erarbeitung der Studie, etwa die uneinheitliche Definition von Begriffen durch die Spitäler oder Kantone, die tiefe Rücklaufquote bei der Spitalbefragung von 41 Prozent oder die Übermittlung aggregierter Daten durch einzelne Kantone und die entsprechend unvollständige Datenlage.

Transparenz bei der Spitalfinanzierung durch die Kantone

Mittels parlamentarischer Initiative forderte Sylvia Flückiger (svp, AG) die Gleichstellung von Hospizen mit Geburtshäusern im KVG. Dies würde nicht nur die «teuren stationären Strukturen» entlasten, sondern dadurch könne auch ein Beitrag zur Anerkennung der Arbeit in Hospizen geleistet und ein «konkretes Zeichen» für die Palliative Care gesetzt werden. Momentan gebe es in der Schweiz rund elf solcher Institutionen. Im Mai 2019 befasste sich die SGK-NR mit dem Geschäft. Mit 16 zu 4 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) gab sie der parlamentarischen Initiative grünes Licht.

Stärkung der Palliative Care. Entlastung der stationären Strukturen durch Gleichstellung von Hospizen mit Geburtshäusern (Pa.Iv. 18.437)

Die SGK-SR behandelte im April 2019 die parlamentarische Initiative Weibel (glp, ZH) zu den Gebühren für Bagatellfälle in der Spitalnotfallaufnahme zusammen mit der parlamentarischen Initiative Burgherr (svp, AG; Pa.Iv. 17.452). Das Geschäft Weibel fand aus den bereits im Vorstoss Burgherr genannten Gründen keinen Anklang bei der Kommission und wurde mit 7 zu 5 Stimmen abgelehnt.

Gebühr für Bagatellfälle in der Spitalnotfallaufnahme (Pa.Iv. 17.480)

Im April 2019 erschien der Bericht der SGK-NR zu ihrem Entwurf für die Einführung eines monistischen Finanzierungssystems für die Gesundheitsleistungen. Darin verdeutlichte sie noch einmal die drei Ziele der Vorlage: Sie wolle erstens die Verlagerung von stationären zu günstigeren ambulanten Behandlungen fördern, wo dies sinnvoll sei; zweitens die Anteile an den obligatorisch versicherten Krankheitskosten, die durch Prämien und Steuern finanziert werden, stabilisieren; sowie drittens die sachgerechte Tarifierung fördern. Dazu sollen die Krankenversicherungen zukünftig alle ambulanten und stationären Behandlungen vergüten, wobei sich die Kantone landesweit einheitlich zu mindestens 22.6 Prozent an den Bruttoleistungen der Versicherungen beteiligen. Eingeschlossen sind bei den Bruttoleistungen auch die Kostenbeteiligungen der Versicherten, also Kosten, die nicht die Krankenversicherungen, sondern die Versicherten übernommen haben.
Das sogenannte «monistische Finanzierungsmodell» beinhalte folglich nur noch eine Zahlstelle; alle Rechnungen müssten somit zukünftig an die Krankenversicherungen geschickt werden, welche alleine für deren Kontrolle zuständig seien. Dies solle für alle OKP-Leistungen gelten, auch für Psychiatrie, Rehabilitation und Akut- und Übergangspflege – nicht aber für die Pflegeleistungen, wie von den Kantonen gefordert worden war. Bei diesen müssten mit dem Postulat «Integration der Pflegeleistungen in die Efas» (Po. 19.3002) zuerst verschiedene Grundlagen – unter anderem zur Herstellung von Kostentransparenz, zur Abgrenzung von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie zur Definition der Pflegestufen – geklärt werden, bevor sie ebenfalls integriert werden könnten. Als Reaktion auf die Vernehmlassungsantworten ergänzte die Kommission die Vorlage um den Auftrag an den Bundesrat, die Pflegeleistungen bei Vorliegen der entsprechenden Grundlagen in die EFAS-Vorlage aufzunehmen. Die 22.6 Prozent, welche die Kantone zukünftig übernehmen sollten, entsprächen den Beiträgen der Kantone und Gemeinden an den stationären Leistungen zwischen 2012 und 2015, wenn diese ihre Anteile von 55 Prozent im stationären Bereich bereits erreicht hätten. In der Realität hatten die Kantone in dieser Übergangsperiode nach der KVG-Revision jedoch nur einen Anteil von durchschnittlich knapp 53 Prozent der Kosten übernommen. Die Kritik der Kantone in der Vernehmlassung und ihren Wunsch, das ambulante Versorgungsangebot steuern zu können, wenn sie dieses mitfinanzieren müssten, habe die Kommission aufgenommen, indem sie die Inkraftsetzung der einheitlichen Finanzierung an die Inkraftsetzung der Neuregelung der Zulassung von Leistungserbringenden (BRG 18.047) geknüpft habe.
Die SGK-NR nahm die Vorlage im April 2019 mit 15 zu 7 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an. Obwohl sich die ständerätliche Kommission im Mai 2019 mit 9 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung gegen die Verknüpfung mit dem Bundesratsgeschäft zur Zulassung von Leistungserbringenden gewehrt und eine solche abgelehnt hatte, um Letzteres nicht womöglich auf Jahre hinaus zu blockieren, bestätigte die nationalrätliche Kommission ihren diesbezüglichen Entscheid im August 2019. Sie wolle die «Verknüpfung der beiden Reformen nicht aufgeben, bevor nicht auch die Kantone ein Entgegenkommen bei der einheitlichen Finanzierung erkennen» liessen.

Einführung eines monistischen Finanzierungssystems für die Gesundheitsleistungen (EFAS; Pa.Iv. 09.528)

Mittels Motion forderte Bea Heim (sp, SO) die Schaffung einer Rechtsgrundlage zur Vergütungstransparenz der Listen- und Vetragsspitäler. Nachdem der Vorstoss zweimal bekämpft worden war, wurde er schliesslich in der Frühjahrssession 2019 vom Nationalrat behandelt. Die Motionärin erklärte, dass die Honorare der Ärzteschaft mit einer leitenden Position offengelegt werden sollen, so wie es bis 2012 – damals noch mit unzureichender rechtlicher Grundlage – durch die FMH gemacht worden war. Eine Verbesserung der Transparenz sei deshalb wichtig, weil man damit der Kritik überhöhter Ärztelöhne entgegenwirken könne, unter welcher das Vertrauen in die Ärztinnen und Ärzte sowie ihr Image leide. Gemäss der Akademie Menschenmedizin erhielten etwa ein Viertel der Ärzteschaft einen Bonus, wenn sie zu einer Umsatzsteigerung des Spitals beitrügen, so Heim. Dies führe zu falschen Anreizen, da dadurch unnötige Eingriffe und hohe Kosten für die OKP verursacht würden. Zudem könnten die Kantone ihre Aufsichtspflicht nur gewährleisten, wenn Transparenz herrsche. Thomas Aeschi (svp, ZG) war da anderer Ansicht. Er warf Heim vor, ein sozialdemokratisches Anliegen einer gesamten Branche überstülpen zu wollen. Durch eine Annahme der Motion könnte künftig weiteren Branchen das gleiche Schicksal drohen. Aus einer privatwirtschaftlicher Sicht empfehle er daher, den Vorstoss abzulehnen. Alain Berset hingegen sprach sich im Namen des Gesamtbundesrates für das Geschäft aus. Obwohl die Kantone für die Aufsicht der Spitäler verantwortlich seien, teilte Berset unter anderem die Sorge über die Fehlanreize verursacht durch die Boni. Weiter sprach sich der Bundesrat dafür aus, die Transparenz zu erhöhen und eine Änderung im KVG zu überprüfen. Mit 124 zu 59 Stimmen stimmte die grosse Kammer für die Motion, wobei 52 Gegenstimmen aus dem Lager der SVP-Fraktion stammten.

Transparenz bei Entschädigungen und Honoraren für Ärzte und Ärtinnen in leitender Funktion (Mo. 18.3107)

Nachdem der Nationalrat der Motion Humbel (cvp, AG) zum differenzierten Preisfestsetzungssystem für Arzneimittel im Dezember 2017 Folge gegeben hatte, nahm sich die SGK-SR im Oktober 2018 dem Vorstoss an. Da das Anliegen bereits in das erste Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen integriert worden sei, erachtete die Kommission die Motion «nicht für zweckmässig». Folglich lehnte sie diese ohne Gegenstimme ab.
In der Wintersession 2018 behandelte der Ständerat das Geschäft zusammen mit einer Motion Brand (svp, GR; Mo. 15.4231) und einer weiteren Motion Humbel (Mo. 17.3827). Während Roland Eberle (svp, TG) noch einmal die Sicht der Kommission darlegte, entgegnete Josef Dittli (fdp, UR), dass durch das Massnahmenpaket nicht alle Forderungen des Vorstosses abgedeckt würden. Zudem betonte er den noch immer existierenden Handlungsbedarf im Arzneimittelbereich und forderte den Bundesrat dazu auf, sich – unabhängig vom Ausgang der Motion – weiterhin mit dem Thema auseinanderzusetzen und diesbezüglich Lösungsvorschläge zu präsentieren. Anita Fetz (sp, BS) kritisierte unterdessen die Wirksamkeit der Motion. Die Schweiz sei im Besitz eines guten Gesundheitssystems, habe aber ein ungerechtes Finanzierungssystem. Wolle man für den Mittelstand etwas ändern, müsse man «endlich offen über die Finanzierung reden». Gesundheitsminister Berset führte noch einmal die Geschehnisse der vergangenen zwei Jahre aus und unterstrich die Wichtigkeit der Thematik. Er sei froh, hierzu die Unterstützung des Parlaments zu haben, jedoch seien die entsprechenden Motionen in der gegenwärtigen Situation nicht nötig. Um die Kosten zu senken, schienen ihm in erster Linie Elemente wie Transparenz und Qualität entscheidend. Stillschweigend lehnte die kleine Kammer alle drei Motionen ab.

Differenziertes Preisfestsetzungssystem für Arzneimittel

Anlässlich der Heilmittelgesetzrevision ging Swissmedic dem Auftrag des Bundesrates nach, die Selbstmedikation und den Arzneimittelzugang zu lockern, indem die Abgabekategorie E – Arzneimittel, die ohne Fachberatung abgegeben werden dürfen – erweitert wurde. Bisher waren 146 Medikamente im Detailhandel erhältlich. Von den 540 Arzneimitteln, die eine externe Kommission untersuchte, wurden 94 Medikamente neu der Kategorie E zugeteilt und somit für den Verkauf im Detailhandel freigegeben. Zugelassen wurden in erster Linie Tee und Hustenpastillen, homöopathische Mittel hingegen nicht. Ab April 2019 soll die Umstellung stattfinden.
Nicht glücklich über diesen Entscheid zeigten sich die Migros und der Konsumentenschutz. Der Grossist, welcher unter anderem pflanzlich basierte Magendarmmittel, Erkältungsbäder und Beruhigungsmittel in das Sortiment aufnehmen wollte, kam mit seinem Anliegen nicht durch. Er äusserte den Vorwurf der Kartellbildung seitens der Pharmavertretung, Ärzte, Homöopathen, Apotheker und Drogisten gegenüber dem Detailhandel und hinterfragte die Unabhängigkeit von Swissmedic. Schüfe man gleiche Voraussetzungen wie in Deutschland, so könnten die Medikamentenpreise um zwanzig Prozent gesenkt werden. Sara Stalder, die Geschäftsleiterin des Konsumentenschutzes meinte gar, die Preise in der Schweiz seien im Vergleich zu denjenigen in Deutschland aufgrund des fehlenden Wettbewerbs zwischen fünfzig und hundert Prozent höher. Swissmedic wehrte sich gegen die Aussagen der Migros. Die Vorgaben zur Einteilung der verschiedenen Abgabekategorien stammten vom Gesetzgeber. Arzneimittel dürften nur in der Selbstbedienung abgegeben werden, wenn sie keine fachliche Beratung erforderten und die Patientinnen und Patienten nicht gefährdeten. Überdies sei die Expertenkommission breit abgestützt gewesen.
Während der Migros-Konkurrent Coop, welcher die Apothekenkette Vitality führt, keine Stellung nahm, gab es eine erste Reaktion seitens der Politik. Ruedi Noser (fdp, ZH) reichte eine Motion (Mo. 18.4193) ein, welche es Detailhandelsgeschäften erlauben will, zusätzliche rezeptfreie Medikamente zu verkaufen.
Die Erweiterung der Kategorie E ist nicht das einzige Resultat der Heilmittelgesetzesrevision: Ferner wurde die Kategorie C aufgehoben und 15 Prozent der Kategorie D in die Kategorie B umverteilt.

Medikamente im Detailhandel

Der Spitalverband H+ verlasse die Tarmed-Tarifverhandlungen und damit die Tariforganisation ats-tms AG per Ende Jahr, berichtete die Aargauer Zeitung im September 2018. Der Spitalverband, die Versicherungen, die Ärzteschaft sowie auch Bundesrat Berset hatten bereits seit Längerem versucht, das Tarmed zu revidieren, jedoch ohne Erfolg. Eine Einigung sei nicht möglich, da die Verhandlungspartner an unterschiedlichen Stricken zögen: Die Versicherungen wollten die Kosten fairer verteilen, während die Spitäler an den Ärztelöhnen festhielten, erklärte die Aargauer Zeitung. Gemäss der H+-Direktorin Dorit Djelid sei es dem Spitalverband bisher weder gelungen, sich mit den Versicherern auf einen Tarif zu einigen, noch einen Konsens mit den übrigen Partnern zu finden, mit denen «grosse Dissense» bei tarifpolitischen Kernthemen bestünden. H+ habe sich deshalb dazu entschieden, nicht mehr an den «stockenden und zum Teil blockierten» Verhandlungen teilzunehmen. Der Krankenversichererverband Curafutura fühle sich dadurch vor den Kopf gestossen, so die Zeitung weiter: Eigentlich seien die Verhandlungen weit fortgeschritten und man habe «den Spatz in der Hand», doch wolle der Spitalverband «die Taube auf dem Dach». Die verbleibenden Verhandlungspartner werden den Tarif jedoch fertig verhandeln.

Spitalverband verlässt Tariforganisation

Wie bereits ihre Schwesterkommission und das Stöckli empfahl auch die WBK-NR ihrem Rat, der Standesinitiative des Kantons Bern zur ärztlichen Weiterbildungsfinanzierung keine Folge zu geben. Für die ärztliche Weiterbildung seien die Kantone zuständig. Weiter werde derzeit ein entsprechendes interkantonales Konkordat zur ärztlichen Weiterbildungsfinanzierung (WFV) ratifiziert. Bisher sei es von 14 Kantonen unterzeichnet worden und bis Ende 2018 sollten die für das Inkrafttreten benötigten Unterschriften von 18 Kantonen erreicht werden. Es bestehe zurzeit also keine Notwendigkeit, auf Bundesebene zu intervenieren. Stillschweigend und diskussionslos gab der Nationalrat in der darauffolgenden Herbstsession dem Geschäft keine Folge.

Ärztliche Weiterbildungsfinanzierung (Kt.Iv. 17.309)

Im Juli 2018 reichte die SGK-NR eine Motion zur Mitsprache und Mitbestimmung der Krankenversicherer bei kantonalen Spital- und Pflegeheimlisten ein. Demnach soll eine Beschwerdelegitimation von Krankenversicherern gegen Beschlüsse der Kantonsregierungen zur Zulassung von Spitälern zur Leistungserbringung gemäss OKP geschaffen werden. Ausgangspunkt des Anliegens war die in der Zwischenzeit zurückgezogene parlamentarische Initiative Brand (svp, GR; Pa. Iv. 17.460), welche die SGK-NR in eine Kommissionsmotion umgewandelt hatte. Die Kommission erklärte, dass das BVGer, nachdem es den Bundesrat als Beschwerdeinstanz gegen Entscheide zur Spital- und Pflegeheimplanung abgelöst hatte, auch dessen Praxis, die Krankenversicherer als Beschwerdeführer zuzulassen, geändert habe. Da aber eine Zunahme von Leistungserbringenden zu Mehrkosten für die Versicherer führe und Letztere als Vollzugsorgane der OKP über entsprechendes Fachwissen verfügten, solle ihnen durch die Einräumung der Beschwerdelegitimation eine Mitverantwortung für ein kostengünstiges Gesundheitswesen gegeben werden, führte die Kommission aus.
In der Herbstsession 2018 kritisierte Bea Heim (sp, SO) insbesondere, dass keine Vertreterinnen oder Vertreter der Kantone oder der GDK angehört worden seien. Der gesetzliche Auftrag für die Gesundheitsversorgung liege bei den Kantonen, ihre Lösungsvorschläge würden durch kantonale Abstimmungen legitimiert, führte sie aus. Wenn nun sechzig Krankenversicherer Einspruch dagegen einlegen könnten, blockiere dies das ganze System und gäbe den Versicherern zu viel Macht, ohne dass sie Verantwortung tragen müssten. Gesundheitsminister Berset erklärte, dass der Bundesrat ein Beschwerderecht für Krankenkassenverbände, nicht jedoch für einzelne Krankenkassen befürworte und dieses im Rahmen der Teilrevision des KVG betreffend Massnahmen zur Kostendämpfung vorsehen werde. Dennoch nahm die grosse Kammer die Motion mit 120 zu 59 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) gegen den Widerstand der geschlossenen SP- und Grünen-Fraktionen sowie von einzelnen Mitgliedern der SVP- und CVP-Fraktionen an.

Mitsprache und Mitbestimmung der Krankenversicherer bei kantonalen Spital- und Pflegeheimlisten

Mittels Motion wollte Verena Herzog (svp, TG) gemeinwirtschaftliche Leistungen dem öffentlichen Beschaffungsrecht unterstellen. Hintergrund der Motion war die Machbarkeitsstudie des BAG zur «Finanzierung der Investitionen und gemeinwirtschaftlichen Leistungen von Spitälern». Diese habe aufgezeigt, dass die Kantone ihre Spitäler jedes Jahr mit «Hunderten von Millionen Franken» in Form von gemeinwirtschaftlichen Leistungen unterstützten, so die Motionärin während der Herbstsession 2018. Dabei werde jedoch oft intransparent und freihändig vorgegangen, was teilweise im Widerspruch zum KVG stehe. Durch eine Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen und der damit verbundenen Transparenz könnten hingegen die Kosten reduziert und Effizienz gewonnen werden. Zwar sei die Gesundheitsversorgung Sache der Kantone, eine von Polynomics durchgeführte Studie zu «Staat und Wettbewerb» habe das Nichtausschreiben von gemeinwirtschaftlichen Leistungen allerdings ebenfalls als problematisch beurteilt. Komplex sei die Angelegenheit, weil die Kantone aufgrund heterogener regionalpolitischer Interessen bezüglich der Definition von gemeinwirtschaftlichen Leistungen keinen Konsens gefunden hätten und weil diese auch im KVG nicht abschliessend geklärt würde, ergänzte Herzog in der Ratsdebatte. Gesundheitsminister Berset befürwortete im Namen des Bundesrates die Wichtigkeit von Transparenz und Effizienz im Spitalbereich, jedoch falle das in diesem Geschäft geforderte Anliegen nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundes, sondern in denjenigen der Kantone. Daher beantrage der Bundesrat, den Vorstoss abzulehnen. Der Nationalrat fand für diese Worte kein Gehör und nahm die Motion mit 100 zu 92 Stimmen (bei 0 Enthaltungen) an.

Transparenz in der Spitalfinanzierung. Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen
Dossier: Qualität und Transparenz in der Gesundheitsversorgung