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Jahresrückblick 2022: Föderativer Aufbau

Die Diskussionen über Krisentauglichkeit und allfälligen Reformbedarf des schweizerischen föderalistischen Systems hielten 2022 wie schon in den Vorjahren an, allerdings in geringerer medialer Intensität: Mit dem Abflauen der Covid-19-Pandemie und der Aufhebung der meisten Massnahmen ging Anfang Jahr auch das Medieninteresse an Fragen des Föderalismus auf das Niveau vor der Pandemie zurück (siehe die Abbildungen in der angehängten APS-Zeitungsanalyse 2022).
Viele Medien, Behörden und Forschende zogen aber Bilanz darüber, ob der Föderalismus bei der Bekämpfung der Covid-19-Pandemie eher Fluch oder Segen gewesen sei. Dabei herrschte weitgehend Einigkeit, dass der Föderalismus verschiedentlich einem Schwarzpeter-Spiel Vorschub leistete, bei dem Bund und Kantone sich gegenseitig die Verantwortung für unpopuläre Entscheidungen zuschoben. Kantonal unterschiedliche Regelungen wurden oft als Flickenteppich wahrgenommen, was möglicherweise der generellen Akzeptanz von Einschränkungen schadete. Andererseits wurden dank dem «föderalen Labor» diverse innovative Lösungen in einem Kanton entwickelt und konnten im Erfolgsfall dann auch anderswo übernommen werden – so etwa die Zürcher Lösung für die Unterstützung von Kulturschaffenden, das Zuger Ampelsystem oder die Bündner Massentests, welche ihrerseits aus dem Wallis inspiriert waren. Weil der Föderalismus zu einer breiteren Abstützung politischer Massnahmen zwingt, hat er gemäss einer verbreiteten Einschätzung die Entscheidungsfindung verlangsamt und tendenziell verwässert, die Akzeptanz in der Gesellschaft dadurch aber vermutlich verbessert. Kritik gab es in den Medien, aber auch aus den Kantonen, an der Rolle der interkantonalen Konferenzen der Kantonsregierungen: Diese seien fälschlicherweise als Sprachrohre der Kantone gegenüber dem Bund und der Öffentlichkeit wahrgenommen worden.

Aufgrund dieser Diskussionen wurden teilweise auch Konsequenzen in Form von institutionellen Anpassungen gefordert. Ein von verschiedenen Seiten vorgebrachtes Anliegen war eine klarere Kompetenzzuteilung und eine bessere Koordination zwischen Bund und Kantonen. Derweil rückte die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) wieder von ihrer Ende 2020 formulierten Forderung nach einem paritätisch zusammengesetzten politisch-strategischen Führungsorgan von Bund und Kantonen ab; sie erachtete nun im Fall einer Krise bloss noch einen gemeinsamen Krisenstab auf operativer Ebene und eine Intensivierung des Dialogs auf strategischer Ebene für nötig. Zudem solle das Epidemiengesetz dem Bund künftig bereits in der besonderen Lage (und nicht erst in der ausserordentlichen Lage) eine «strategische Gesamtführung» und zusätzliche Kompetenzen für landesweite Massnahmen übertragen. Kritikerinnen und Kritiker witterten darin eine neue Schwarzpeter-Strategie: Die KdK wolle Verantwortung an den Bund abschieben. Die KdK selbst argumentierte hingegen, es gehe ihr um die Vermeidung von Flickenteppichen.

Die zwei Seiten der Föderalismusmedaille – einerseits Begünstigung innovativer Lösungen durch das föderale Labor, andererseits Verlangsamung einheitlicher Lösungen und Koordinationsbedarf zwischen Bund und Kantonen – blieben auch in anderen Bereichen ein unerschöpfliches Thema der öffentlichen Diskussion. So wurde etwa diskutiert, ob der Föderalismus bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung(en) in der Schweiz als Motor oder vielmehr als Bremsklotz wirke.
Die Aufgabenteilung und die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen war auch bei der Aufnahme der zahlreichen nach der russischen Invasion aus der Ukraine Geflüchteten ein Thema. Aufgrund der erstmaligen Aktivierung des Schutzstatus S waren dabei Fragen zu klären, wie jene nach einem Schlüssel für die Zuteilung der Geflüchteten auf die Kantone oder nach der finanziellen Unterstützung des Bundes für ihre Betreuung in den Kantonen.
In der Diskussion um eine drohende Energieknappheit forderte die Konferenz kantonaler Energiedirektoren (EnDK) nebst der Einberufung eines Krisenstabs auf Bundesebene mehr und frühzeitigere koordinierende Vorgaben vom Bund, worauf dieser vorerst nicht einging. Manche Kommentatorinnen und Kommentatoren fühlten sich an das «Gschtürm» während der Covid-19-Pandemie erinnert: Erneut schöben Bund und Kantone einander gegenseitig die Verantwortung für unpopuläre Massnahmen zu.

Die Debatte um das Verhältnis zwischen Stadt und Land flaute im Vergleich zum Vorjahr deutlich ab – bis sie im Zusammenhang mit den Bundesratsersatzwahlen im Dezember unvermittelt wieder hochkochte: Einige Stimmen in den Medien befürchteten aufgrund der Wohnorte der künftigen Bundesratsmitglieder eine Übervertretung der ländlichen Schweiz, andere sahen auf lange Sicht gerade im Gegenteil die Städte übervertreten, während Agglomerations- und Landgemeinden weniger Bundesratsmitglieder stellten als es ihrem Bevölkerungsanteil entspräche. Dagegen gehalten wurde aber vor allem auch, dass die aktuellen Wohnorte der Bundesratsmitglieder bloss von marginaler Bedeutung für die Vertretung regionaler Interessen in der Schweiz seien.

Derweil tat sich bei zwei Volksabstimmungen ein Röstigraben auf: Sowohl beim knappen Ja zur AHV-21-Reform als auch beim Nein zum Medienpaket wurde die Romandie (und bei der AHV zudem das Tessin) von einer Mehrheit der Deutschschweiz überstimmt. Zwei im Berichtsjahr erschienene Studien zum Röstigraben gaben indessen eher zu Gelassenheit Anlass: Sie zeigten unter anderem, dass sämtliche Kantone – auch jene der Sprachminderheiten – deutlich häufiger auf der Gewinner- als auf der Verlierseite stehen und dass es bisher nicht einmal bei jeder hundertsten Volksabstimmung zu einem «perfekten» Röstigraben gekommen ist, bei dem sämtliche mehrheitlich französischsprachigen Kantone auf der einen und sämtliche Deutschschweizer Kantone auf der anderen Seite standen.

In der schier unendlichen Geschichte um die Kantonszugehörigkeit von Moutier unternahmen Beschwerdeführende 2022 einen Versuch, das Abstimmungsergebnis von 2021 mit einem Rekurs umzustossen. Das bernische Statthalteramt trat auf den Rekurs jedoch nicht ein, sodass es nicht zu einer weiteren Abstimmungswiederholung kommt: Moutier wird also vom Kanton Bern zum Kanton Jura übertreten – und zwar möglichst per 1. Januar 2026. Auf dieses Datum konnten sich die beiden Kantone und der Bund inzwischen einigen. Bis dahin ist noch eine Reihe inhaltlicher Fragen zu lösen, und das Ergebnis muss in Volksabstimmungen in den Kantonen Bern und Jura sowie mit einem Parlamentsbeschluss des Bundes abgesegnet werden.
Nachdem die bisher ebenfalls bernische Gemeinde Clavaleyres diesen Prozess bereits durchlaufen hatte, stellte der Wechsel von Clavaleyres zum Kanton Freiburg am 1. Januar 2022 nur noch eine Vollzugsmeldung dar. Es handelte sich dabei um die erste Grenzverschiebung zwischen zwei Schweizer Kantonen seit 1996, als Vellerat den Kanton Bern zugunsten des Kantons Jura verliess.

Häufiger als Kantonswechsel sind Gemeindefusionen innerhalb desselben Kantons. Der Trend zu weniger und grösseren Gemeinden ging 2022 weiter: Am 1. Januar 2022 betrug die Zahl der Gemeinden in der Schweiz 2'148, das waren 24 weniger als ein Jahr davor. Damit ging die Entwicklung in einem ähnlichen Tempo weiter wie in den Vorjahren.

Jahresrückblick 2022: Föderativer Aufbau
Dossier: Jahresrückblick 2022

Die fünfte Änderung des Covid-19-Gesetzes ging folglich mit zwei Differenzen in das Differenzbereinigungsverfahren, wobei der Nationalrat die Frage nach den Vereinbarungen zwischen den Kantonen zur Finanzierung der ausserkantonalen Covid-19-Patientinnen und -Patienten bereits in der nächsten Behandlungsrunde bereinigte. Nachdem der Ständerat die von der grossen Kammer vorgeschlagene Regelung abgelehnt hatte, verzichtete der Nationalrat darauf, an ihr festzuhalten.

Deutlich länger dauerte die Bereinigung der Frage der Testkosten. Der Ständerat hatte die Übernahme der Testkosten zuvor an die besondere Lage gemäss Epidemiengesetz knüpfen wollen, der Nationalrat konnte sich dafür aber nicht erwärmen und lehnte einen entsprechenden Minderheitsantrag Dobler (fdp, SG) genauso ab wie den Antrag der Minderheit Weichelt (al, ZG), dass der Bund die Kosten bis Ende 2024 übernehmen soll. Stattdessen entschied er sich, das Testregime des Bundes noch bis Ende März 2023 fortzusetzen. Ab dann sollten bei Symptomen wieder die Krankenkassen für die Tests aufkommen, bei Tests ohne Symptome die Testenden. Von einem Ende des Testregimes per Ende Juni 2024 war der Nationalrat also zu einem Ende per März 2023 übergegangen. Der Ständerat zeigte sich damit aber nicht zufrieden, er entschied sich stattdessen, die Tests bereits Ende 2022 – also rund zwei Wochen nach der aktuellen Session – auslaufen zu lassen. Eine Minderheit Stöckli (sp, BE) hatte sich gegen diese «Hauruckpolitik», wie es der Minderheitssprecher formulierte, gewehrt. Obwohl eine nationalrätliche Kommissionsmehrheit in der Folge auf dem Ende des Testregimes per Ende März 2023 beharren wollte, pflichtete der Nationalrat seinem Schwesterrat in der folgenden Behandlungsrunde bei. Mit 93 zu 91 Stimmen (bei 1 Enthaltung) nahm er einen Minderheitsantrag de Courten (svp, BL) an und bereinigte damit die letzte Differenz der Vorlage.

Sowohl die Abstimmungen über die Dringlichkeitsklausel (NR: 129 zu 45 Stimmen bei 6 Enthaltungen; SR: 36 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen) als auch die Schlussabstimmungen (NR: 140 zu 50 Stimmen bei 6 Enthaltungen; SR: 39 zu 1 Stimmen bei 4 Enthaltungen) passierte die Änderung des Covid-19-Gesetzes deutlich. Die SVP-Fraktion lehnte jedoch insbesondere die erneute Dringlichkeitserklärung der Änderung ab – (fast) alle ablehnenden Stimmen oder Enthaltungen stammten folglich von ihren Mitgliedern.

Verschiedene Corona-Massnahmengegnerinnen und -gegner, etwa die «Freunde der Verfassung» oder «Mass-voll», zeigten sich mit dieser Verlängerung nicht einverstanden und kündigten im Anschluss an die Entscheide des Parlaments an, das Referendum ergreifen zu wollen.

Fünfte Revision des Covid-19-Gesetzes (Verlängerung und Änderung ausgewählter Bestimmungen; BRG 22.046)
Dossier: Covid-19-Gesetz und Revisionen

Die 182 zu 1 Stimmen im Nationalrat liessen darauf schliessen, dass die Motion Dobler (fdp, SG), die bei eidgenössischen Abstimmungen auf dem Stimmzettel einen Hinweis auf bestehende indirekte Gegenvorschläge verlangt, auf den ersten Blick «nachvollziehbar und sympathisch» sei, führte Mathias Zopfi (gp, GL) als Sprecher der SPK-SR die ständerätliche Debatte zum Vorstoss in der Wintersession 2022 ein. Der Kommission habe allerdings ein zweiter Blick genügt, um die Ablehnung der Motion zu beantragen. Im Gegensatz zum Motionär sei die Kommission der Meinung, dass die Willensbildung durch zusätzliche Informationen auf dem Stimmzettel nicht gefördert, sondern im Gegenteil gefährdet werde. Ein indirekter Gegenvorschlag sei ein politisches Argument und gehöre deshalb sicher nicht auf den Stimmzettel, der möglichst schlicht bleiben und nicht mit Hinweisen überladen werden soll. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger seien sehr wohl in der Lage, sich zum Beispiel im Abstimmungsbüchlein über bestehende Gegenvorschläge zu informieren. In der Tat war die Information über indirekte Gegenvorschläge in den Abstimmungserläuterungen mit deren Überarbeitung 2018 stark verbessert worden. Einen Minderheitsantrag auf Annahme gab es nicht, obwohl die SPK-SR die Ablehnungsempfehlung mit 9 zu 1 Stimmen und 1 Enthaltung beschloss. Weil er als Einziger in der Kommission für die Motion gestimmt habe, habe er auf einen Antrag verzichtet, so Thomas Minder (parteilos, SH). Er fände es aber eigentlich «logisch», wenn auf dem Stimmzettel vermerkt würde, über welche Alternativen Stimmbürgerinnen und Stimmbürger verfügten beziehungsweise welche Folgen die Ablehnung einer Initiative habe. Er denke nicht, dass alle Stimmberechtigten wüssten, was ein indirekter Gegenvorschlag sei. Auch Bundeskanzler Walter Thurnherr ergriff das Wort und führte für den Bundesrat, der die Motion ebenfalls zur Ablehnung empfohlen hatte, aus, dass das geltende Recht vorsehe, dass Abstimmungsfragen neutral formuliert sein und keinen Informationsauftrag erfüllen müssen. Es wäre unzulässig, ein Argument für oder gegen eine Vorlage in die Abstimmungsfrage einzufügen, und auch «demokratiepolitisch problematisch», wenn Hinweise auf Stimmzetteln die Meinungsbildung beeinflussen würden. Ohne Abstimmung lehnte die kleine Kammer die Motion in der Folge ab.

Hinweis auf bestehende indirekte Gegenvorschläge auf dem Abstimmungszettel (Mo. 22.3132)
Dossier: Stimmzettel als Informationsträger?

In der Wintersession 2022 befasste sich der Nationalrat mit drei Vorstössen der GPK-NR zum Thema Grundwasserschutz. Es handelte sich dabei neben der Motion «Fristen für die Umsetzung der Massnahmen des planerischen Grundwasserschutzes» (Mo. 22.3873) um die Motion «Klärung und Stärkung der Aufsichtsinstrumente und Interventionsmöglichkeiten des Bundes im Bereich des Grundwasserschutzes» (Mo. 22.3874) sowie um das Postulat «Erhöhung der Wirksamkeit des Gewässerschutzprogramms in der Landwirtschaft» (Po. 22.3875).
Die Kommissionssprechenden de Courten (svp, BL) und Pasquier-Eichenberger (gp, GE) wiesen bezüglich der Motion zu den Umsetzungsfristen darauf hin, dass das Bundesrecht bezüglich der Ausscheidung von Gebieten zum Grundwasserschutz bislang durch die Kantone nur ungenügend umgesetzt werde und daher die Qualität des Grundwassers nicht überall gewährleistet sei. Folglich brauche der Bund stärkere Durchsetzungsinstrumente. Nachdem auch Umweltministerin Sommaruga die Unterstützung des Bundesrates für die Motion 22.3873 signalisiert hatte, nahm der Nationalrat diese stillschweigend an.

Fristen für die Umsetzung der Massnahmen des planerischen Grundwasserschutzes (Mo. 22.3873)
Dossier: Grundwasserschutz in der Schweiz

In der Wintersession 2022 befasste sich der Nationalrat mit der Motion «Klärung und Stärkung der Aufsichtsinstrumente und Interventionsmöglichkeiten des Bundes im Bereich des Grundwasserschutzes» der GPK-NR zusammen mit zwei weiteren Vorstössen der Kommission zum Thema Grundwasserschutz (Mo. 22.3873; Po. 22.3875). Kommissionssprecher Thomas de Courten (svp, BL) wies darauf hin, dass das Bundesrecht bezüglich der Ausscheidung von Grundwasserschutzgebieten bislang durch die Kantone nur ungenügend umgesetzt werde und daher die Qualität des Grundwassers nicht überall gewährleistet sei. Folglich brauche der Bund mehr Möglichkeiten, den Vollzug zu kontrollieren und die Kantone zu unterstützen. Umweltministerin Sommaruga rekapitulierte die Stellungnahme des Bundesrates und betonte dabei, dass der Bundesrat bereit sei, diejenigen Punkte der Motion anzunehmen, welche die Kontrolle des Vollzugs stärken wollen. Es sei hingegen nicht sinnvoll, dass der Bund finanziell einspringe, wenn die Kantone ihre Vollzugsaufgaben nicht wahrnähmen, und diejenigen Kantone, die ihre Aufgaben erledigten, leer ausgingen. Entsprechend empfahl sie den zweiten Punkt der Motion zur Ablehnung. Die grosse Kammer sah dies jedoch anders und nahm den Vorstoss in Gänze an. Für Annahme des zweiten Punktes stimmten 135 Mitglieder des Rates, 50 sprachen sich dagegen aus und 4 enthielten sich der Stimme. Die anderen beiden Bestimmungen wurden stillschweigend angenommen.

Klärung und Stärkung der Aufsichtsinstrumente und Interventionsmöglichkeiten des Bundes im Bereich des Grundwasserschutzes (Mo. 22.3874)
Dossier: Grundwasserschutz in der Schweiz

Nachdem der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative in der Herbstsession 2022 hatte bereinigt werden können, widmete sich der Ständerat in der Wintersession 2022 wieder der Volksinitiative und dem direkten Gegenentwurf des Bundesrats. UREK-SR-Sprecherin Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU) legte die Ausgangslage der Initiative dar: Gegen den indirekten Gegenvorschlag zur Initiative sei das Referendum ergriffen worden, wahrscheinlich werde im Jahr 2023 darüber abgestimmt werden. Deshalb sei die Volksinitiative bedingt zurückgezogen worden. Gleichzeitig liege nun aber ein direkter Gegenentwurf zur Initiative vor, auf den der Nationalrat – damals noch in Unkenntnis, ob und wie ein indirekter Gegenvorschlag ausgestaltet werden würde – eingetreten sei. In Übereinstimmung mit den Anträgen der vorberatenden UREK-SR beschloss die kleine Kammer in der Folge stillschweigend, die Volksinitiative zur Ablehnung zu empfehlen und nicht auf den direkten Gegenentwurf einzutreten.

Volksinitiative «Für ein gesundes Klima (Gletscher-Initiative)» und direkter Gegenentwurf (BRG 21.055)
Dossier: Klimawandel in der Schweiz
Dossier: Die Gletscherinitiative, ihr direkter Gegenentwurf und ihr indirekter Gegenvorschlag

In der Wintersession 2022 beriet der Ständerat den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates zur Prämien-Entlastungs-Initiative der SP. Die Initiative selbst sollte erst in einem zweiten Schritt beraten werden, um den Initiantinnen und Initianten die Möglichkeit zu geben, die Initiative in der Zwischenzeit zurückzuziehen. Erich Ettlin (mitte, OW) stellte dem Rat den Gegenvorschlag vor und betonte, dass der Bundesrat damit die Kantone in die Pflicht nehmen wolle – für den Bund würde die Vorlage denn auch keine neuen Verpflichtungen mit sich bringen. Bei den Kantonen, namentlich der FDK und der GDK, sei die Vorlage jedoch auf Widerstand gestossen; die FDK lehne Initiative und Gegenvorschlag ab, während die GDK «nur» Verbesserungen am Gegenvorschlag verlange. Die SGK-SR habe in der Folge einige Änderungen vorgenommen, sei bei ihrem Entwurf aber nahe an der bundesrätlichen Version geblieben. Zur Beratung dieser Details gelangte der Ständerat jedoch nicht. Zuvor hatte er einen Einzelantrag Würth (mitte, SG) auf Nichteintreten zu beraten. Bevor man über Verbesserungen am Gegenvorschlag diskutiere, solle man überlegen, «ob das geltende System wirklich revisionsbedürftig» sei, argumentierte Würth. Das aktuelle System sei im Rahmen der NFA geschaffen worden, wobei man den Kantonen bezüglich Prämienverbilligungen absichtlich viel Spielraum gelassen habe, zumal sie die sozialpolitische Situation – etwa alternative sozialpolitische Massnahmen, Einkommensverteilung, Gesundheitskosten und Prämienlast – am besten kennen würden. Wolle man die Regeln zur IPV erneut ändern, solle man das durch eine Entflechtung der Aufgaben von Bund und Kantonen tun, nicht durch eine noch stärkere Verflechtung, wie sie der Gegenvorschlag beinhalte. Zudem seien die Kantonsbeiträge aufgrund der Finanzkrise zwar deutlich gesunken, in den letzten Jahren aber wieder angestiegen. Auch Jakob Stark (svp, TG) zeigte sich vom Gegenvorschlag des Nationalrats nicht begeistert, er erachtete diesen als «dirigistisch-zentralistische Lösung [...], die den Kantonen den Spielraum nimmt».
Für Eintreten sprachen sich hingegen Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) und Paul Rechsteiner (sp, SG) aus. Bei der Schaffung des KVG habe man das Versprechen gegeben, dass aufgrund der Prämienverbilligungen niemand mehr als 8 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien aufbringen müsse – quasi als «Korrektiv der Kopfprämien» (Rechsteiner). Durch die Änderung im Rahmen der NFA sei das System dysfunktional geworden, weil die Kantone keine Mindestbeiträge mehr leisten müssten. Heute liege der Anteil der Krankenkassenprämien bei durchschnittlich 14 Prozent des Einkommens, in Extremfällen gar bei 20 Prozent. Mit der Initiative und dem Gegenvorschlag wolle man nun zum damaligen System zurückkehren.
Gesundheitsminister Berset rief dem Rat den Kontext des Projekts in Erinnerung, nämlich die Initiative, «[qui] aurait des conséquences financières assez importantes pour la Confédération», die also bei Annahme grosse finanzielle Auswirkungen für den Bund hätte. In den letzten Jahren seien die Beiträge der Kantone an die Prämienverbilligungen – wie von der Initiative kritisiert – stark auseinandergegangen, daher sei es nötig, hier wieder für mehr Konvergenz zu sorgen.
Mit 22 zu 20 Stimmen sprach sich der Ständerat jedoch gegen Eintreten aus. Geschlossen für Eintreten stimmten die Mitglieder der SP- und der Grünen-Fraktion, gespalten zeigte sich die Mitte-Fraktion. Geschlossen oder fast geschlossen gegen Eintreten votierten die Mitglieder der SVP- und der FDP-Fraktion.

Eidgenössische Volksinitiative «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» und indirekter Gegenvorschlag (BRG 21.063)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Prämienverbilligung
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

In der Wintersession 2022 bereinigte das Parlament die fünfte Änderung des Covid-19-Gesetzes, bei der es darum ging zu entscheiden, welche Massnahmen nach der Rückkehr in die normale Lage gemäss Epidemiengesetz bis Juni 2024 weitergeführt werden sollen. Eintreten war im Ständerat unbestritten, umstritten war in der Folge nur die Frage, ob und wie lange die Covid-19-Teststrategie aufrechterhalten wird, wer dafür zuständig sein wird und wer diese bezahlen soll. Nach Testkosten von CHF 2.1 Mrd. im Jahr 2021 und laufenden CHF 1.6 Mrd. im Jahr 2022 würden für das kommende Jahr Testkosten in der Höhe von CHF 430 Mio. und für 2024 Kosten im Umfang von CHF 210 Mio. erwartet, erläuterte Kommissionssprecher Dittli (fdp, UR). Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, dass die Kantone von Januar bis März 2023 für die vom Bund abgerechneten Testkosten aufkommen und ab April 2023 neben den Kosten auch für die Durchführung und Detailregelungen der Tests zuständig sein sollen. Der Nationalrat wollte jedoch als Erstrat die Verantwortung für Durchführung und Kosten der Tests bis Juni 2024 beim Bund belassen. Eine Minderheit II Stöckli (sp, BE) vertrat die nationalrätliche Position im Ständerat und argumentierte, dass man das bewährte Testregime so lange fortsetzen solle, wie es nötig sei. Eine Übertragung an die Kantone sei nicht sinnvoll, da man ansonsten 26 verschiedene Testregimes haben werde. Die Kommissionsmehrheit pflichtete zwar dem Nationalrat bei, Organisation und Kosten der Tests bis Ende März 2023 beim Bund zu belassen, wollte aber ab April 2023 zum «Normalzustand» (Dittli) zurückkehren, also vollständig auf eine staatliche Finanzierung der Tests verzichten. In der Folge müssten erneut die Krankenkassen und die Privatpersonen für die Kosten aufkommen. Das Testregime sei aufwändig und kostenintensiv und bringe nach dem Ende der Grippesaison nur noch wenig, argumentierte der Kommissionssprecher. Als Kompromiss zwischen den beiden Positionen bezeichnete Maya Graf ihre Minderheit I, welche die Verantwortung wie der Bundesrat ab April 2023 den Kantonen übertragen, im Gegensatz zur Regierung jedoch die Kosten bis Ende März 2023 noch dem Bund belasten wollte. Einen etwas anderen Ansatz verfolgte eine Minderheit III Hegglin (mitte, ZG), welche die Testkosten nur bei einer besonderen Lage gemäss Epidemiengesetz vom Bund abgelten lassen wollte – mit dieser Regelung würden die Tests somit Ende 2022 auslaufen. Seit der Rückkehr in die normale Lage habe man keine Massnahmen gegen die Pandemie mehr ergriffen, entsprechend sei es auch nicht mehr zentral, eine «Übersicht über die epidemiologische Entwicklung» zu haben – die man überdies durch Abwasserproben günstiger haben könne, begründete der Minderheitensprecher seinen Antrag. Gesundheitsminister Alain Berset fürchtete vor allem die Verbindung der Tests mit der Lage gemäss Epidemiengesetz, zumal dies den Druck – auch der Kantone – zur Rückkehr in die besondere Lage verstärken könne. Er beantragte dem Rat folglich, beim bundesrätlichen Vorschlag zu bleiben. In der Ausmehrung setzte sich jedoch der Antrag der Minderheit III Hegglin durch. Der Ständerat entschied sich somit für die Verknüpfung der Testkostenübernahme mit der Lage gemäss Epidemiengesetz und schuf eine erste Differenz zum Nationalrat.

Stillschweigend folgte der Ständerat seiner Kommission bei der Frage der Vorhalteleistungen: Der Nationalrat hatte vorgeschlagen, dass die Kantone Finanzierungsvereinbarungen für ausserkantonale Covid-19-Patientinnen und -Patienten abschliessen sollten. Die Kantone hatten sich aufgrund des grossen administrativen Aufwands dagegen gewehrt, zudem kritisierte die SGK-SR, dass ein solches Vorgehen gegen die Regeln der Spitalfinanzierung verstosse. Der Ständerat lehnte die Regelung folglich ab und schuf eine zweite Differenz zum Nationalrat. Hingegen stimmte er – wie vom Nationalrat vorgeschlagen – für die Aufrechterhaltung der Regelung, wonach Nationalrätinnen und Nationalräte bei Covid-19-Quarantäne oder -Isolation – sollten diese wieder nötig werden – in Abwesenheit abstimmen können. Einstimmig nahm der Ständerat den Entwurf in der Folge an (mit 43 zu 0 Stimmen).

Fünfte Revision des Covid-19-Gesetzes (Verlängerung und Änderung ausgewählter Bestimmungen; BRG 22.046)
Dossier: Covid-19-Gesetz und Revisionen

Nach dem Nationalrat beschloss in der Wintersession 2022 auch der Ständerat stillschweigend, die Behandlungsfrist für die Landschaftsinitiative um ein Jahr, bis März 2024, zu verlängern. Wie Kommissionssprecherin Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU) ausführte, solle dem Parlament damit ausreichend Zeit eingeräumt werden, um einen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative auszuarbeiten.

Volksinitiative zur Einschränkung des Bauens ausserhalb der Bauzonen (Landschaftsinitiative; BRG 21.065)
Dossier: Bauen ausserhalb der Bauzonen

Der Bundesrat beantragte der Bundesversammlung im November 2022, die Verfassungsänderungen von sechs Kantonen zu gewährleisten, da sie alle im Einklang mit Bundesrecht stünden.
Mit der Verfassungsänderung im Kanton Zürich wurden verschiedene Klimaschutzbestimmungen aufgenommen. Diese verpflichten den Kanton und die Gemeinden dazu, sich für die Begrenzung des Klimawandels und dessen Auswirkungen einzusetzen sowie das Ziel der Treibhausgasneutralität anzustreben. Konkret sollen dazu in den Bereichen Siedlungsentwicklung, Gebäude, Verkehr, Land- und Forstwirtschaft sowie Industrie und Gewerbe angemessene Massnahmen eingeführt werden. Wie der Bundesrat in seiner Botschaft zum Schluss kommt, gehen diese Bestimmungen in die gleiche Richtung wie die Klimaschutzziele des Bundes. Die Rechtssetzungskompetenzen der Kantone beschränkten sich in diesem Bereich auf Aspekte, die vom Bundesgesetz nicht vollständig ausgeschöpft seien und könnten dieses ergänzen oder verstärken.
Auch der Kanton Glarus verankerte vergleichbare Bestimmungen zur Begrenzung der Klimaveränderung und deren nachteiligen Auswirkungen in der Verfassung. Die Massnahmen haben dabei umwelt-, sozial- und wirtschaftsverträglich zu sein. Eine weitere zu gewährleistende Änderung der Glarner Verfassung sieht vor, dass die Jahresrechnung, der Finanzbericht sowie das Budget künftig dem Landrat und nicht mehr der Landsgemeinde zur Kenntnisnahme vorgelegt werden. Der Landrat wird allerdings nicht mehr wie bisher für die Genehmigung des integrierten Aufgaben- und Finanzplan zuständig sein.
Gemäss der angepassten Verfassung des Kantons Solothurn kann der Kanton auf der Stufe der Volksschule künftig neben sonderpädagogischen Institutionen neu auch weitere kantonale Angebote errichten und führen. Die Einzelheiten werden auf Gesetzesebene geregelt.
Der Kanton Basel-Landschaft führte mit der Verfassungsänderung Anpassungen bei den Modalitäten von Volksinitiativen und bei der Ombudsperson ein. Neu gelte zur Einreichung der Unterschriften für Volksinitiativen eine Frist von zwei Jahren. Weiter können im Landrat zusätzlich zu formulierten Initiativbegehren auch bei nicht-formulierten Begehren Fristverlängerungen zur Ausarbeitung eines Gegenvorschlags gewährt werden. Gegenvorschläge und Gesetzesvorlagen aufgrund zurückgezogener Initiativbegehren unterliegen gemäss den angepassten Verfassungsartikeln nicht mehr in jedem Fall der obligatorischen Volksabstimmung, sondern dem fakultativen Referendum. Betreffend die Ombudsperson werden die Unvereinbarkeiten neu erst auf Gesetzesstufe geregelt, worin die Teilzeitbeschäftigung der gewählten Person vorgesehen werden könne, schreibt der Bundesrat. Nicht zuletzt umfasst die Verfassungsänderung Anpassungen im Sinne der sprachlichen Gleichbehandlung.
Für den Kanton Genf galt es schliesslich drei Verfassungsänderungen zu gewährleisten. Der Kanton regelt erstens die Amtsenthebung eines Staatsratsmitglieds neu: Künftig können Mitglieder der kantonalen Regierung, die nicht mehr über das notwendige Vertrauen der Stimmberechtigten zur Ausübung ihrer Funktion verfügen, mittels Resolution des Grossen Rates des Amts enthoben werden. Zweitens bestehen die Gemeindeexekutiven von Gemeinden mit maximal 3'000 Einwohnenden in Zukunft nicht mehr aus einem Gemeindepräsidium und zwei Adjunkten und Adjunktinnen, sondern aus einem dreiköpfigen administrativen Rat. Drittens und letztens wird die Verteilung und Versorgung mit thermischer Energie sowie deren stärkere Verbreitung zu einem Kantonsmonopol. Diese Koordinierung der Ausdehnung habe das Ziel, die Nutzung fossiler Energie bei der individuellen Heizung zu verringern, geht aus dem revidierten Verfassungsartikel hervor.
Die Abwägung der Bundesrechtskonformität gestaltete sich gemäss Bundesrat bei der Verfassungsänderung des Kanton Wallis schwieriger: Der Staat wird darin einerseits zum Erlassen von Vorschriften zum Schutz vor Grossraubtieren und zur Bestandsregulierung sowie zum Verbot der Förderung des Grossraubtierbestands verpflichtet. Wie in der Botschaft ausgeführt wird, sei diese Verfassungsänderung nur bundesrechtskonform, wenn sich das Verbot der Bestandsförderung auf finanzielle Mittel beschränke, denn der Kanton wäre weiterhin zum Vollzug der vom Bund geförderten Massnahmen verpflichtet. Würden also jegliche Schutzmassnahmen verboten, stünde dies im Widerspruch zum Bundesgesetz, welches die Kantone zum Ergreifen von Massnahmen zur Verhinderung von Wildschaden verpflichte und so zumindest indirekt eine Bestandsförderung darstelle. Die geänderte Kantonsverfassung sei allerdings im Sinne des Günstigkeitsprinzips zu gewährleisten, da dem Artikel mindestens in einer Weise «ein Sinn beigemessen werden [kann], der ihn nicht klarerweise als vor Bundesrecht unzulässig erscheinen lässt», schloss der Bundesrat mit dem expliziten Hinweis darauf, dass die künftige Anwendung der Bestimmungen im Einklang mit höheren Gesetzen erfolgen müsse.

Gewährleistung von Änderungen in den Kantonsverfassungen von Zürich, Glarus, Solothurn, Basel-Landschaft, Wallis und Genf (BRG 22.079)
Dossier: Gewährleistung kantonaler Verfassungen

In den letzten Tagen der Herbstsession 2022 konnten die Räte die Differenzen im indirekten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative ausräumen und die Beratung dazu somit abschliessen.
Der Ständerat bereinigte die Vorlage, indem er alle vom Nationalrat vorgenommenen Änderungen am Entwurf 4 zum Ausbau der Photovoltaik und zum Wasserkraftwerk Grimsel stillschweigend guthiess. Gemäss Kommissionssprecherin Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU) habe die UREK-SR zwar in Erwägung gezogen, noch Änderungen anzubringen. Da sie die Beratung aber noch in der Herbstsession abschliessen wollte, habe sie sich dagegen entschieden. Baume-Schneider erläuterte, dass der Nationalrat im Vergleich zu seinen früheren Entscheiden wieder stärker auf die Interessenabwägung zwischen Energieproduktion und Naturschutz gesetzt habe und der Entwurf nun in Bezug auf die Einhaltung der Verfassung ausgewogener sei. Bundesrätin Simonetta Sommaruga lobte die Räte dafür, dass diese das vorliegende Gesetz in so rascher Zeit und in guter Zusammenarbeit erschaffen hatten. Es werde – zusammen mit dem Mantelerlass – einen Beitrag dazu leisten, dass die Schweiz beim Ausbau der erneuerbaren Energien vorwärtskommt.
An den beiden darauffolgenden Tagen stimmten die beiden Räte der Dringlichkeitsklausel zu.
Am Tag der Schlussabstimmungen musste sich der Nationalrat noch mit einem Ordnungsantrag von Michael Graber (svp, VS) auf Rückweisung an die Redaktionskommission befassen. Dieser bemängelte, dass die Redaktionskommission in Absprache mit den UREK-Präsidien beschlossen hatte, den ursprünglichen Titel des nun beschlossenen Gesetzes zu ergänzen. Dieses sollte gemäss Redaktionskommission von «Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz» zu «Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit» geändert werden. Marco Romano (mitte, TI) erläuterte daraufhin im Namen der Redaktionskommission, dass am Titel eines Gesetzes ersichtlich sein sollte, worum es darin geht. Daher habe die Redaktionskommission entschieden, den Titel zu ergänzen. Anschliessend wurde der Ordnungsantrag von Michael Graber mit 143 zu 50 Stimmen abgelehnt; lediglich die geschlossen stimmende SVP-Fraktion votierte für den Antrag.
Am letzten Tag der Herbstsession 2022 standen in den beiden Räten die Schlussabstimmungen an. Im Nationalrat kündigte Michael Graber im Rahmen der Fraktionserklärungen an, dass die SVP das Referendum gegen die Vorlage ergreifen werde.
Anschliessend nahm die grosse Kammer das Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit mit 139 zu 51 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Die ablehnenden Stimmen stammten von der SVP-Fraktion sowie von einem Mitglied der FDP.Liberalen-Fraktion. Die Änderung des Energiegesetzes (Ausbau der Photovoltaik und Wasserkraftprojekt Grimsel) nahm der Nationalrat mit 147 zu 23 bei 22 Enthaltungen an. Während die meisten der ablehnenden Stimmen aus den Reihen der SVP-Fraktion stammten, ging die Mehrheit der Enthaltungen auf das Konto der Grünen-Fraktion.

Indirekter Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. Netto null Treibhausgasemissionen bis 2050 (Pa.Iv. 21.501)
Dossier: Die Gletscherinitiative, ihr direkter Gegenentwurf und ihr indirekter Gegenvorschlag

In der Herbstsession 2022 setzte sich der Nationalrat als Erstrat mit der fünften Änderung des Covid-19-Gesetzes auseinander. Dabei wurden zwar auch einzelne neue Bestimmungen diskutiert, hauptsächlich stand aber die Gültigkeitsdauer des Covid-19-Gesetzes insgesamt sowie einzelner Regelungen im Mittelpunkt des Interesses.
Eine Minderheit Glarner (svp, AG) wehrte sich gegen Eintreten. Der Minderheitensprecher kritisierte ausführlich die bisherigen Corona-Massnahmen, insbesondere die Zertifikatspflicht, und beschuldigte Bundesrat und Parlament unter anderem, «Tausende Existenzen vernichtet» zu haben. Neben dieser «Drangsalierung der Bevölkerung und der Wirtschaft» kritisierte er etwa auch den Einfluss, den die WHO auf die Gesetzgebung des Bundes nehme. Da man inzwischen «nicht einmal mehr ganz so sicher [sei], ob es sich im Sinne der WHO wirklich um eine echte Pandemie gehandelt» habe, solle der Nationalrat nicht auf die Gesetzesänderung eintreten. Dieser Antrag fand jedoch nur bei einer Mehrheit der SVP-Fraktion Zustimmung und wurde mit 130 zu 43 (bei 3 Enthaltungen) abgelehnt. Die Sprechenden der übrigen Fraktionen wiesen darauf hin, dass man nicht wisse, wie sich die Covid-19-Pandemie in Zukunft entwickeln werde, und man daher mit einer Verlängerung des Gesetzes sicherstellen wolle, dass man auch in den nächsten zwei Wintern noch über die nötigen Instrumente zur Bekämpfung der Pandemie verfüge. Bundesrat Berset verwies darauf, dass man sich zur Zeit in einer Übergangsphase befinde, die Wachsamkeit und Reaktionsfähigkeit erfordere – wofür verschiedene Regelungen des Covid-19-Gesetzes wichtig seien. Dabei schlug die Regierung vor, nur einen Teil der bisherigen Massnahmen zu verlängern, nicht aber die meisten Unterstützungsmassnahmen. Abschliessend liess es sich der Gesundheitsminister ob der Vorwürfe des Minderheitensprechers nicht nehmen, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass keine dieser Regelungen etwas mit der WHO zu tun hätten.

Bei der Detailberatung standen nicht nur die Fragen zur Verlängerung von Massnahmen an, der Bundesrat beabsichtigte auch, die Kantone stärker in die Verantwortung zu nehmen. So sollten diese zukünftig ab 2023 für die Organisation der Covid-19-Tests verantwortlich sein: Sie sollten das Angebot gewährleisten und die Kosten übernehmen. Nach der Rückkehr in die normale Lage gemäss Epidemiengesetz könne der Bund die entsprechenden Kosten nicht mehr ewig übernehmen, stattdessen müssten die Kantone ihre Verantwortung wieder wahrnehmen, forderte der Gesundheitsminister und mit ihm eine Minderheit Aeschi (svp, ZG). Die Kommissionsmehrheit wollte die Organisation der Tests jedoch weiterhin beim Bund belassen, um einen «Flickenteppich von verschiedenen Massnahmen» zu verhindern, wie es Kommissionssprecher Hess (mitte, BE) formulierte. Mit 136 zu 55 Stimmen folgte der Nationalrat der Kommissionsmehrheit, die SVP-Fraktion und eine Minderheit der FDP.Liberalen-Fraktion stimmten dem Bundesrat zu.
Stattdessen schlug die Kommissionsmehrheit eine andere Neuregelung hinsichtlich kantonaler Belange vor. So habe man im Dezember 2021 bereits die Finanzierung der Vorhalteleistungen durch die Kantone – also die Bereitstellung der Spitalkapazitäten – geregelt, nun müsse der Bund auch bezüglich der Finanzierung der Vorhalteleistungen bei ausserkantonalen Patientinnen und Patienten Regeln schaffen. Eine Minderheit Hess, vertreten durch Ruth Humbel (mitte, AG), befürchtete jedoch, dass solche Bundesregelungen Forderungen nach Abgeltung durch den Bund nach sich ziehen würden, und empfahl diese zur Ablehnung. Mit 112 zu 78 Stimmen folgte der Nationalrat der Kommissionsmehrheit, einzig die SVP- und eine Mehrheit der Mitte-Fraktion sprachen sich für den Minderheitsantrag aus.

Abändern wollte der Bundesrat auch die Massnahmen zum Schutz besonders gefährdeter Arbeitnehmender. Hier wollte die Regierung die Pflicht zur Lohnfortzahlung, falls behördliche Massnahmen keine Weiterarbeit erlaubten, durch eine Pflicht, den Betroffenen Homeoffice oder gleichwertige Ersatzarbeit anzubieten, ersetzen. Eine Minderheit Flavia Wasserfallen (sp, BE) beantragte die Beibehaltung der bisherigen Formulierung. «Wenn der Bund Massnahmen anordnet, muss auch Erwerbsersatz an die Arbeitgebenden ausbezahlt werden», betonte die Minderheitensprecherin. Mit 109 zu 81 Stimmen folgte der Nationalrat der Regierung, die Minderheitsposition unterstützten die Fraktionen der SP, GLP und Grünen.
Zudem wollte der Bundesrat die Regelungen zum Proximity Tracing im Epidemiengesetz durch Regelungen zu einem sogenannten Presence-Tracing ergänzen. Damit sollten Teilnehmende von Veranstaltungen freiwillig «ihre Anwesenheit ohne Angabe von Personendaten» erfassen können. Eine Minderheit Glarner wollte die Regelungen zum Proximity und Presence Tracing streichen, da Ersteres «ein Riesenflop» gewesen sei. Besonders energisch kritisierte der Minderheitensprecher überdies eine bereits bestehende Regelung, wonach der Bundesrat völkerrechtliche Vereinbarungen unter anderem zur «Harmonisierung der Massnahmen zur Erkennung, Überwachung, Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten» eingehen könne. Dadurch würde die Schweiz «gezwungen sein, Massnahmen des Auslands zu übernehmen». Mit 141 zu 50 Stimmen folgte der Nationalrat der Kommissionsmehrheit. Eine Mehrheit der SVP-Fraktion sprach sich für den Minderheitenantrag aus.

In der Folge diskutierte der Nationalrat über die Verlängerungen des Gesetzes und einzelner Massnahmen. Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, die Geltungsdauer des Gesetzes vom 31. Dezember 2022 auf den 30. Juni 2024 zu verlängern, um die Instrumente gegen die Pandemie für die nächsten zwei Winter zu sichern. Diesbezüglich lagen zwei Minderheitsanträge vor, wobei eine Minderheit I Glarner das Gesetz bis Ende März 2023, eine Minderheit II Dobler (fdp, SG) bis Ende Juni 2023 in Kraft belassen wollte. Eine allfällige Ausbreitung der Krankheit sei spätestens im Frühling vorbei, weshalb das Gesetz maximal bis Ende März 2023 verlängert werden solle – wenn überhaupt –, forderte Andreas Glarner. Auch Marcel Dobler wollte das Gesetz «nur so lange wie nötig verlängern und nicht auf Vorrat», bei einem Ende im März 2023 müsste über eine allfällige Verlängerung aber genau während der Grippesaison beraten werden, gab er zu Bedenken. Kommissionssprecher Lorenz Hess warnte vor weiteren «Hauruckübungen» bei einem frühzeitigen Auslaufen des Gesetzes. Mit einer Verlängerung bis 2024 sei man «für den Fall eines Falles bereit». Die Mehrheit setzte sich gegen die Minderheit Glarner durch (mit 109 zu 75 Stimmen bei 3 Enthaltungen), die zuvor der Minderheit Dobler vorgezogen worden war. Der Minderheitsposition von Andreas Glarner folgten Mehrheiten der SVP- und der FDP.Liberalen-Fraktion und ein Mitglied der Mitte-Fraktion.

Eine Mehrheit der SPK-NR hatte zudem einen Antrag zur fünften Änderung des Covid-19-Gesetzes eingereicht. Sie wollte die Regelung zur Stimmabgabe in Abwesenheit bei Quarantäne oder Isolation ebenfalls bis Ende Juni 2024 verlängern, was der Bundesrat nicht vorgesehen hatte. Falls erneut eine Pflicht zur Quarantäne und Isolation ausgerufen würde, sollten die Nationalratsmitglieder in der Lage sein, wenn nötig digital abzustimmen. Eine Minderheit Buffat (svp, VD) der SPK-NR sprach sich jedoch gegen diese Verlängerung aus. Mit 142 zu 49 Stimmen folgte der Nationalrat gegen den Willen der SVP-Fraktion der Kommissionsmehrheit. Darüber hinaus verlängerte der Nationalrat mit 141 zu 48 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) entgegen einer Minderheit Aeschi die Regelung zum Covid-19-Zertifikat, lehnte aber mit 125 zu 66 Stimmen einen Minderheitsantrag von Flavia Wasserfallen ab, wonach zusätzlich auch die Massnahmen bezüglich EO, ALV, KAE sowie Kultur- und Härtefallhilfen bis Ende Juni 2024 gültig bleiben sollten.

Schliesslich entschied sich der Nationalrat mit 140 zu 48 Stimmen, das Gesetz erneut dringlich zu erklären, und sprach sich damit gegen einen Minderheitsantrag Aeschi aus. Nach drei Jahren «im ausserordentlichen Modus» und einen Tag nach einer weiteren Dringlicherklärung eines Gesetzes solle man zu einer «durchdachten Gesetzgebung» zurückkehren, hatte Thomas Aeschi vergeblich argumentiert. Gesundheitsminister Berset plädierte jedoch dafür, die Regelungen ohne Unterbruch ab dem 1. Januar 2023 zu verlängern. Mit 140 zu 47 Stimmen (bei 1 Enthaltung) nahm der Nationalrat den Entwurf der fünften Änderung des Covid-19-Gesetzes in der Gesamtabstimmung an. Eine Mehrheit der SVP-Fraktion sprach sich für Ablehnung aus.

Fünfte Revision des Covid-19-Gesetzes (Verlängerung und Änderung ausgewählter Bestimmungen; BRG 22.046)
Dossier: Covid-19-Gesetz und Revisionen

Nach dem Ständerat befasste sich auch der Nationalrat in der Herbstsession 2022 noch einmal ausführlich mit dem Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative. Zuerst behandelte die grosse Kammer einen Ordnungsantrag von Michael Graber (svp, VS) auf Abtraktandierung des indirekten Gegenvorschlags zur Gletscher-Initiative. Graber führte aus, dass sein Antrag nur die Entwürfe 1 bis 3 betreffe, den Entwurf 4 zum Ausbau der Photovoltaik zur sicheren Stromversorgung im Winter tangiere er nicht. Der SVP-Nationalrat kritisierte, dass ein falsches Signal an die Bevölkerung ausgesendet werde, wenn diese zum Stromsparen aufgerufen werde und gleichzeitig ein Gesetz beschlossen werde, durch welches aufgrund der angestrebten Dekarbonisierung wiederum mehr Strom benötigt werde. Der Antrag wurde jedoch mit 131 zu 51 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) abgelehnt; einzig die SVP-Fraktion stimmte ihm geschlossen zu.
Einen Tag nach der Ablehnung des Ordnungsantrags Graber machte sich der Nationalrat an die Differenzbereinigung der Entwürfe 1 und 3, während Entwurf 2 betreffend die Förderung von neuartigen Technologien und Prozessen schon für die Schlussabstimmung bereit war und Entwurf 4, der den Ausbau der Photovoltaik betraf und neu dazu gekommen war, erst noch durch die Kommission vorberaten werden musste. Mike Egger (svp, SG) vertrat in der Detailberatung die Minderheit Rösti (svp, BE), welche die Streichung des Sonderprogramms zum Ersatz von Heizungsanlagen sowie von dessen Finanzierung forderte. Egger war der Ansicht, dass das Parlament durch den geplanten Ersatz der fossilen Heizungen als «Brandbeschleuniger in Bezug auf die drohende Strommangellage in der Schweiz» agiere. Umweltministerin Sommaruga entgegnete, dass mit diesem Programm nicht nur der Ersatz von fossilen Heizungen angestrebt, sondern auch die Energieeffizienz gefördert werde. Mit dem Ersatz aller alten Elektrowiderstandsheizungen könnten rund 2 Terawattstunden Strom eingespart werden. Somit trage diese Vorlage stark zur Versorgungssicherheit in der Schweiz bei, betonte die Umweltministerin.
Nach zahlreichen Rückfragen seitens der SVP-Fraktion an die Adresse von Sommaruga wiesen die Kommissionssprechenden Roger Nordmann (sp, VD) und Susanne Vincenz-Stauffacher (fdp, SG) auf die in der Vorlage noch verbleibenden Differenzen zum Ständerat hin. Die UREK-NR hatte im Vorfeld beantragt, dem Ständerat in allen Punkten zu folgen. In der Folge bereinigte der Nationalrat alle Differenzen in den Entwürfen 1 und 3 im Sinne der Kommission und lehnte somit auch den Antrag Rösti mit 117 zu 67 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) ab. Für den Minderheitsantrag sprachen sich die geschlossen stimmende SVP-Fraktion, die Hälfte der FDP.Liberalen-Fraktion sowie einige Mitglieder der Mitte-Fraktion aus.

Einige Tage später befasste sich der Nationalrat sodann mit dem Entwurf 4, wobei ein Antrag von Thomas Aeschi (svp, ZG) auf Nichteintreten und Rückweisung der Vorlage an die Kommission zur Durchführung einer Vernehmlassung vorlag. Susanne Vincenz-Stauffacher legte dem Plenum die Ausgangslage aus Sicht der Kommissionsmehrheit dar: Die kleine Kammer habe mit diesem Erlass ein «klares und unmissverständliches Zeichen für eine sehr rasche Umsetzung von Projekten im Solarbereich gesetzt». Die Mehrheit der Kommission unterstütze dieses Vorgehen, sehe aber beim Natur- und Umweltschutz sowie bei der Solarpflicht für Neubauten noch Anpassungsbedarf. Zudem habe die UREK-NR den Erlass um das Wasserkraftprojekt Grimsel ergänzt. In der Folge beriet der Nationalrat verschiedene Aspekte der Vorlage im Detail.
Bei den Neubauten schlug die Kommissionsmehrheit vor, die Pflicht zum Bau einer Solaranlage auf grössere Bauten ab 300 Quadratmeter Gebäudegrundfläche einzuschränken. Minderheiten wollten diese Untergrenze von 300 Quadratmetern reduzieren (Bastien Girod (gp, ZH) und Kurt Egger (gp, TG)), streichen (Mike Egger) oder vorschreiben, dass 45 Prozent des Stroms im Winterhalbjahr produziert werden müsse (Michael Graber) oder dass steuerliche Anreize die Solaranlagenpflicht ersetzen sollten (Thomas Aeschi).
Die Solaranlagen auf den Infrastrukturflächen des Bundes wollte die Kommissionsmehrheit bis 2030 ausgerüstet haben, während eine Minderheit Graber – wie der Ständerat – dem Bund hier keine zeitlichen Vorgaben machen wollte.
Den grössten Brocken stellten sodann die Solargrossanlagen in den alpinen Gebieten dar. Hierbei hatte die Kommission gewichtige Änderungen am Beschluss des Ständerates vorgeschlagen: So wollte die UREK-NR beispielsweise die Pflicht zu einer UVP im Gesetz belassen und den Bau solcher Anlagen in Mooren, Moorlandschaften und in Biotopen von nationaler Bedeutung sowie in Wasser- und Zugvogelreservaten verbieten. Kommissionssprecherin Vincenz-Stauffacher erörterte zudem weitere Anpassungen, welche die UREK-NR bei Entwurf 4 vorgenommen hatte; diese betrafen unter anderem die Mindestproduktionsmenge der Anlagen sowie die Pflicht zur Einreichung einer Wirtschaftlichkeitsrechnung durch die Anlagebetreiber. Auch zu diesen Punkten lagen einige Minderheitsanträge von linker und rechter Ratsseite vor. Schliesslich hatte die Kommission den Entwurf des Ständerates noch um einen Artikel ergänzt, welcher analog zu den Photovoltaikanlagen eine vereinfachte Vorgehensweise bei der Erweiterung von Speicherwasserkraftwerken vorschlug, wobei das Projekt Grimsel explizit Aufnahme in den Gesetzesentwurf gefunden hatte.
Nachdem die einzelnen Minderheitsanträge begründet worden waren und Thomas Aeschi seinen Nichteintretensantrag aufgrund der Dringlichkeit, für den Winter genügend Strom zu produzieren, zurückgezogen hatte, folgten die Voten der einzelnen Fraktionen. Dabei zeigte sich, dass die meisten Fraktionen den Entwurf grossmehrheitlich unterstützten, doch auch alle Fraktionen mit dem einen oder anderen Punkt nicht einverstanden waren. Dennoch setzte sich die Mehrheit der Kommission in allen Punkten durch und der Nationalrat nahm den Entwurf in der Gesamtabstimmung mit 149 zu 17 Stimmen (bei 26 Enthaltungen) an. Die ablehnenden Stimmen stammten dabei überwiegend von der SVP-Fraktion, die Enthaltungen von den Grünen.

Indirekter Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. Netto null Treibhausgasemissionen bis 2050 (Pa.Iv. 21.501)
Dossier: Die Gletscherinitiative, ihr direkter Gegenentwurf und ihr indirekter Gegenvorschlag

In der Herbstsession 2022 debattierte der Ständerat zwar nicht inhaltlich über die Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei, setzte sich aber mit einem Antrag auf Fristverlängerung auseinander. Aufgrund des vom Bundesrat geschaffenen und vom Nationalrat angenommenen indirekten Gegenvorschlags solle die Behandlungsfrist um ein Jahr auf Mitte November 2023 verlängert werden, forderte die SGK-SR ohne Gegenantrag. Stillschweigend hiess der Ständerat die Fristverlängerung gut.

Eidgenössische Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen» (BRG 21.067)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

In der Herbstsession 2022 hiessen Stände- und Nationalrat die Gewährleistung der geänderten Kantonsverfassungen von Bern, Glarus, Appenzell Innerrhoden, dem Tessin und Neuenburg oppositionslos gut.
Im Ständerat erläuterten Kommissionssprecher Philippe Bauer (fdp, NE) und Justizministerin Karin Keller-Sutter, dass sowohl die einstimmige SPK-SR als auch der Bundesrat und das EJPD alle vorgelegten Verfassungsänderungen als bundesrechtskonform betrachteten. Bauer wies wie zuvor schon die bundesrätliche Botschaft lediglich noch darauf hin, dass die Kantone beim Erlass ihrer gesetzlichen Ausführungsbestimmungen auf die Vereinbarkeit mit dem Bundesrecht achten müssten, wenn es um Bereiche gehe, die nicht einfach in die Autonomie der Kantone fallen, sondern in denen auch der Bund schon Gesetze erlassen hat – dies ist namentlich bei den neuen Berner Bestimmungen zum Energieverbrauch und bei den Tessiner Bestimmungen zur Ernährungssouveränität der Fall. Weitere Voten gab es im Ständerat nicht und der Nationalrat winkte das Geschäft als Zweitrat ganz ohne Wortmeldung durch.

Gewährleistung von Änderungen in den Kantonsverfassungen von Bern, Glarus, Appenzell Innerrhoden, Tessin und Neuenburg (BRG 22.034)

Nachdem der Ständerat die Volksinitiative «Gegen die Verbauung unserer Landschaft (Landschaftsinitiative)» im Juni 2022 behandelt und dabei dem Volk deutlich zur Ablehnung empfohlen hatte, war in der Herbstsession 2022 der Nationalrat an der Reihe. Die zuständige UREK-NR beantragte ihrem Rat einstimmig, zuerst die Behandlungsfrist um ein Jahr zu verlängern. Die 30-monatige Behandlungsfrist wäre ansonsten am 8. März 2023 abgelaufen. Die Kommission begründete ihren Antrag zur Fristverlängerung damit, dass der Ständerat in der Sommersession den Entwurf über die zweite Etappe der Teilrevision des RPG zum indirekten Gegenentwurf zur Landschaftsinitiative ernannt hatte. Laut ParlG kann die Behandlungsfrist von Volksinitiativen in diesem Fall um ein Jahr verlängert werden. Die Kommission war der Meinung, dass eine Verlängerung hier angebracht sei, da sie antizipierte, dass die Beratung der RPG-Teilrevision im Nationalrat und die anschliessende Differenzbereinigung zwischen den Räten viel Zeit in Anspruch nehmen werde. Der Nationalrat folgte dem Antrag der Kommission in der Herbstsession 2022 stillschweigend.

Volksinitiative zur Einschränkung des Bauens ausserhalb der Bauzonen (Landschaftsinitiative; BRG 21.065)
Dossier: Bauen ausserhalb der Bauzonen

Sans surprise, le Conseil des États s'est exprimé à l'unanimité pour une dissolution du fonds LFA, Peter Hegglin (centre, ZG) précisant que cela n'aura aucune incidence sur les allocations familiales dans l'agriculture.
Lors des votes finaux, le projet du Conseil fédéral de modification de la LFA a été avalisé par les deux chambres à l'unanimité, moins la voix de Werner Salzmann (udc, BE) s'abstenant sur cet objet.

Dissolution des Fonds LFA (MCF 22.018)

Der Nationalrat befasste sich in der Herbstsession 2022 als Erstrat mit der Biodiversitätsinitiative sowie mit dem indirekten Gegenvorschlag. Die umfassende Vorlage wurde während drei Sitzungen und in über 160 Wortmeldungen diskutiert. Als erstes wurden das Volksbegehren und der Gegenvorschlag von den Kommissionssprechern Matthias Jauslin (fdp, AG) und Christophe Clivaz (gp, VS) vorgestellt. Matthias Jauslin betonte die Wichtigkeit einer intakten Biodiversität für das Wohlergehen der Bevölkerung, aber auch der Wirtschaft. Leider sei rund ein Drittel der bekannten Tier-, Pflanzen- und Pilzarten in der Schweiz vom Aussterben bedroht – und dies, obwohl die Schweiz seit 2012 über die Biodiversitätsstrategie und den dazugehörigen Aktionsplan verfüge. Da die bislang unternommenen Anstrengungen nicht genügten, um dem Schwinden der Biodiversität Einhalt zu gebieten, brauche es nun griffige Massnahmen. Der Kommissionsmehrheit ginge die Volksinitiative dabei jedoch zu weit, sie schränke insbesondere den Handlungsspielraum von Bund und Kantonen zu stark ein. Die UREK-NR setze daher mehrheitlich auf den Gegenvorschlag in Form einer Änderung des NHG. Daran anschliessend bat Ursula Schneider Schüttel (sp, FR), Präsidentin von Pro Natura und Mitglied des Initiativkomitees, um Unterstützung für ihren Minderheitsantrag, der die Annahme der Volksinitiative empfehlen wollte. Schneider Schüttel liess es dabei jedoch bei einem allgemeinen Votum bleiben und ging nicht auf die Unterschiede zwischen Volksinitiative und Gegenvorschlag ein. Michael Graber (svp, VS) hingegen votierte mit seinem Minderheitsantrag dafür, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen und nicht auf den Gegenvorschlag einzutreten. Graber vertrat die Ansicht, dass die Biodiversität in der Schweiz nicht schlecht dastehe. Initiative und Gegenvorschlag seien daher gar nicht notwendig. Falls die Initiative oder der Gegenvorschlag angenommen werde, würden insbesondere die Landwirtschaft und die Energieproduktion darunter leiden, so Graber.

Danach folgten die Voten der Fraktionen:
Die Grünen sprachen sich sowohl für die Initiative als auch für den Gegenvorschlag aus. Während Delphine Klopfenstein (gp, GE) darauf hinwies, dass die Klimakrise und der Biodiversitätsverlust zusammen angegangen werden müssten, betonte Bastien Girod (gp, ZH), dass für die Grünen insbesondere die Steigerung der Qualität in ohnehin bereits geschützten Gebieten sowie die Vernetzung der Lebensräume im Zentrum stehe.
Auch die SP-Fraktion unterstützte beide Projekte. Martina Munz (sp, SH) unterstrich, dass die Landwirtschaft auf die Biodiversität angewiesen sei, da diese die Bodenfruchtbarkeit und die Bestäubung sichere und damit erst die Ernährungssicherheit garantiert werden könne.
Die GLP-Fraktion unterstützte die Initiative teilweise, sprach sich aber geschlossen für Eintreten auf den Gegenvorschlag aus. Roland Fischer (glp, LU) bemängelte, dass die Schweiz bislang quasi tatenlos zugesehen habe, wie die Biodiversität immer weiter abgenommen habe. Die Schweiz stehe im internationalen Vergleich sehr schlecht da. Folglich müssten die entsprechenden finanziellen Mittel für den Erhalt der Biodiversität bereitgestellt werden, da ein weiterer Verlust an Biodiversität die Schweiz viel teurer zu stehen kommen werde.
Die FDP.Liberale-Fraktion hingegen unterstützte den indirekten Gegenvorschlag mehrheitlich, wie Susanne Vincenz-Stauffacher (fdp, SG) ausführte. Allerdings sei bei der Ausgestaltung des NHG darauf zu achten, dass die Zielkonflikte, insbesondere zwischen der Produktion erneuerbarer Energien und dem Schutz der Biodiversität, immer durch eine umfassende Güterabwägung, die auch die Interessen der Wirtschaft miteinbeziehe, gelöst würden. Die Initiative lehnte die Fraktion mit dem Verweis ab, dass dadurch praktisch die ganze Schweiz unter Schutz gestellt würde.
Die Mitte-Fraktion zeigte sich ähnlich wie die FDP-Fraktion gespalten bei der Haltung zum Gegenvorschlag; die Initiative lehnte sie ab. Wie Priska Wismer-Felder (mitte, LU) ausführte, würde die Initiative dazu führen, dass die Produktion von Nahrungsmitteln eingeschränkt würde, was die Versorgungssicherheit in Frage stellen würde. Beim Gegenvorschlag stosse insbesondere das Flächenziel von 17 Prozent an Flächen, die dem Schutz von Lebensräumen und Arten dienen (so genannte Kerngebiete), auf Widerstand in ihrer Fraktion. Sie bemängelte zudem, dass «die Flächen, auf denen heute schon aktive Biodiversitätsförderung betrieben wird, [...] den 17 Prozent Kerngebiet nicht angerechnet werden» könnten. Eine Minderheit der Mitte-Fraktion gehe jedoch davon aus, dass der Gegenvorschlag die Biodiversität fördere, ohne die Versorgungssicherheit in den Bereichen Ernährung und Energie zu schwächen.
Die SVP-Fraktion lehnte schliesslich sowohl die Initiative als auch den Gegenvorschlag ab. Pierre-André Page (svp, FR) bezeichnete die Initiative als extrem und sprach von einer Diktatur der Biodiversität auf Kosten der Landwirtschaft und der Energie. Aber auch der Gegenvorschlag sei abzulehnen, zumal er teilweise sogar weiterginge als die Initiative.
Auch Umweltministerin Sommaruga äusserte sich in ihrem Eintretensvotum zu diesem – für sie – vermeintlichen Widerspruch. Sommaruga zeigte sich erstaunt, dass versucht werde, den Schutz der Biodiversität gegen die Landwirtschaft auszuspielen, da diese sich doch gegenseitig bedingten.
Bevor der Rat zur Detailberatung überging, wurde der Nichteintretensantrag Graber mit 106 zu 78 Stimmen bei 4 Enthaltungen abgelehnt. Die geschlossen stimmende SVP-Fraktion, eine Mehrheit der Mitte-Fraktion sowie einzelne Mitglieder der FDP-Fraktion stimmten gegen Eintreten.

Anschliessend befasste sich der der Rat in einem ersten Block der Detailberatung mit den Themen hohe Baukultur und ökologische Infrastruktur.
Zuerst stimmte der Nationalrat einer Minderheit Müller-Altermatt (mitte, SO) zu, welcher den Begriff «Schönheit» aus dem Zweckartikel streichen wollte. Andere Minderheiten, wie etwa diejenige von Michael Graber zur Entfernung der Vernetzung der für Tiere und Pflanzen wichtigen Lebensräume aus dem Zweckartikel, fanden keine Mehrheit. Graber hatte vergeblich argumentiert, dass ein «Netz von grünen Korridoren, von grünen Autobahnen» keinen Platz mehr für die Menschen übrigliesse. Sodann beschloss der Nationalrat stillschweigend, der Kommission zu folgen und die Bestimmungen zur hohen Baukultur aus dieser Vorlage zu streichen und in einer Motion (22.3892) anzugehen. Diese Motion forderte den Bundesrat dazu auf, gesetzliche Bestimmungen zur Förderung der Baukultur im Rahmen der nächsten Kulturbotschaft 2025-2028 vorzuschlagen. Der Bundesrat hatte dieses Vorgehen der Auslagerung und die Motion zuvor unterstützt.
Im Anschluss stimmte der Rat über einen viel diskutierten Minderheitsantrag II Jauslin ab, welcher im Artikel über die ökologische Infrastruktur den festen Prozentsatz an Kerngebieten an der Landesfläche streichen wollte und stattdessen dafür plädierte, die Definition von Kerngebieten dem Bundesrat zu überlassen. Dieser solle dabei neben den Biotopen von nationaler Bedeutung auch so genannte Biodiversitätsgebiete von nationaler Bedeutung bezeichnen und die Ziele für diese Gebiete festlegen können. Die Kantone sollen gemäss Jauslin die zur Erreichung der Ziele notwendigen Massnahmen ergreifen und die Umsetzung sicherstellen. Ursula Schneider Schüttel legte als Sprecherin dieser Minderheit dar, dass eine Nutzung dieser Biodiversitätsgebiete und Vernetzungsgebiete durch die Landwirtschaft nicht ausgeschlossen sei. Auch könnten in diesen Gebieten alternative Energieerzeugungsanlagen betrieben werden. Die Kommissionsmehrheit wollte hingegen eine abschliessende Liste an Gebieten festlegen, welche als Kerngebiete kategorisiert werden können. Bundesrätin Sommaruga zeigte sich offen gegenüber dem Minderheitsantrag Jauslin, zumal damit womöglich gewisse Abwehrreflexe gegenüber dem fixen Flächenziel von 17 Prozent gestoppt werden könnten. In den Abstimmungen obsiegte der Antrag II Jauslin gegenüber der Kommissionsmehrheit und auch gegenüber zwei weiteren Minderheiten und einem Einzelantrag Müller-Altermatt. Diese Minderheitsanträge hatten einen Anteil der Kerngebiete an der Landesfläche von 30 Prozent (Klopfenstein Broggini), die Bekämpfung der Vergandung und Verwaldung der Landwirtschaftsflächen (Graber) sowie eine bessere Honorierung der Leistungen der Landwirtschaft (Müller-Altermatt) gefordert.

In einem zweiten Block der Detailberatung wurden weitere Änderungen des NHG sowie anderer Erlasse diskutiert. Dabei blieben alle Minderheitsanträge bis auf einen erfolglos. So lehnte der Rat etwa die erneut geforderte Streichung der Vernetzung von Schutzgebieten – dieses Mal der Biotope von nationaler Bedeutung – ab (Minderheit Rüegger; svp, OW) und konnte sich auch nicht für das Verbot der Übertragung von Vollzugsaufgaben an Private erwärmen (Minderheit Rösti; svp, BE). Abgelehnt wurde aber auch ein Antrag von links-grüner Seite, welcher die Vernetzung für bedrohte und prioritäre Tier- und Pflanzenarten stärker fördern wollte (Minderheit Clivaz). Hingegen vermochte sich die Minderheit Schneider Schüttel mit ihrem Anliegen, auch die Biotope von regionaler Bedeutung in den ökologischen Leistungsnachweis aufzunehmen, mit Stichentscheid von Ratspräsidentin Kälin (gp, AG) knapp durchzusetzen. Der Mehrheit folgend angenommen wurde sodann eine Ergänzung des JSG, wonach der Bundesrat im Einvernehmen mit den Kantonen Wildtierkorridore von überregionaler Bedeutung bezeichnen kann; diese dienen der grossräumigen Vernetzung der Lebensräume der Wildtiere.

In der Gesamtabstimmung sprach sich die grosse Kammer mit 104 zu 83 Stimmen bei 5 Enthaltungen für den Entwurf des indirekten Gegenvorschlags aus. Dagegen votierten die geschlossen stimmende SVP-Fraktion, eine Mehrheit der Mitte-Fraktion sowie einzelne Mitglieder der FDP.Liberalen-Fraktion. Bei der Abstimmung zur Volksinitiative sprach sich der Rat mehrheitlich dafür aus, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen (101 zu 72 Stimmen bei 19 Enthaltungen), wobei ähnliche Koalitionen zu beobachten waren wie bei der Abstimmung zum indirekten Gegenvorschlag; die Enthaltungen stammten zu einem grossen Teil von der GLP-Fraktion. Zudem verlängerte der Nationalrat die Behandlungsfrist für die Volksinitiative bis zum 8. März 2024.

Biodiversitätsinitiative (BRG 22.025)
Dossier: Biodiversitätsinitiative und indirekter Gegenvorschlag

Der Ständerat befasste sich in der Herbstsession 2022 als Zweitrat mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative. Zu Beginn der intensiven Debatte berichtete Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU) im Namen der vorberatenden UREK-SR, dass diese vorschlage, den Ausbau der Photovoltaik sowohl auf freien Flächen als auch auf Gebäuden zu beschleunigen. Die Kommission wolle daher einzelne Artikel des vorliegenden indirekten Gegenvorschlags abspalten und diese in Form eines dringlichen Bundesgesetzes mit dem Titel «Bundesgesetz über dringliche Massnahmen zur kurzfristigen Bereitstellung einer sicheren Stromversorgung im Winter» behandeln. Dies erlaube es, die Förderung der Photovoltaik mit der gebotenen Eile anzugehen. Der Gegenvorschlag beinhaltete somit das «Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz» sowie die zwei dazu gehörigen Finanzierungsvorlagen – die Bundesbeschlüsse 2 und 3; nicht aber das neue dringliche Bundesgesetz. Die Mehrheit der UREK-SR beantragte in der Folge beim indirekten Gegenvorschlag kaum Abweichungen von der nationalrätlichen Linie, hingegen lagen verschiedene Minderheitsanträge vor.
Knapp wurde es zum Beispiel bei den Bestimmungen zur Förderung von neuartigen Technologien und Prozessen. Eine Minderheit Stark (svp, TG) beantragte, diese Massnahmen zur Technologieförderung sowie zum Heizungsersatz im Rahmen des CO2-Gesetzes zu regeln und als Konsequenz aus dem Gegenvorschlag zu streichen und infolgedessen auch nicht auf die Bundesbeschlüsse 2 und 3 einzutreten. Stark kritisierte, dass im Gesetzesentwurf nicht nur auf die Ziele des Klimaschutzes fokussiert werde, sondern auch bereits konkrete Umsetzungsmassnahmen festgehalten würden. Diese Massnahmen gehörten jedoch ins CO2-Gesetz, alles andere sei «falsch – staatspolitisch, rechtstechnisch, sachlich», monierte Stark. Dieser Antrag wurde mit 24 zu 21 Stimmen abgelehnt. Er erhielt Unterstützung aus den Reihen der SVP-, der Mitte- und der FDP.Liberalen-Fraktion.
Beim Programm zum Ersatz der fossilen Heizsysteme und der elektrischen Widerstandsheizungen ergänzte der Ständerat die Vorlage um eine Bestimmung zur Förderung der Energieeffizienz und stimmte der vom Nationalrat beschlossenen Kredithöhe von CHF 200 Mio. pro Jahr (für 10 Jahre) auf Antrag der Minderheit Reichmuth (mitte, SZ) zu. Die Kommissionsmehrheit hätte den Kredit auf CHF 100 Mio. pro Jahr senken wollen. Damian Müller (fdp, LU) hatte den Mehrheitsantrag damit begründet, dass es angesichts des Fachkräftemangels und der Lieferschwierigkeiten bei manchen Bauteilen nicht realistisch sei, pro Jahr mehr als CHF 100 Mio. für diese Arbeiten ausgeben zu können.
Der Ständerat schuf schliesslich im indirekten Gegenvorschlag noch einige kleinere Differenzen zum Nationalrat, beispielsweise bei den Berg- und Randgebieten; diese sollen nach dem Willen der kleinen Kammer stets zusätzlich in ihren Massnahmen unterstützt werden, sofern eine besondere Ausgangslage bestehe.

Den meist diskutierten Aspekt stellte sodann der Ausbau der Photovoltaik in Form des erwähnten abgespaltenen dringlichen Bundesgesetzes dar. Dabei ging es insgesamt um drei verschiedene Punkte, die vor der Abstimmung über die Überführung in ein eigenes Gesetz bereinigt werden mussten.
Der erste Punkt betraf die generelle Pflicht, auf Dächern oder Fassaden von Neubauten zukünftig eine Solaranlage zu erstellen. Kommissionssprecherin Baume-Schneider führte aus, dass der Ausbau der Photovoltaik bei Neubauten bisher eher schleppend vorangehe; dieser müsse aber vorangebracht werden, wenn man den Ausbau der Photovoltaik als umfassendes Konzept verstehe. Die daher geforderte neue Pflicht wurde von einer starken Minderheit Fässler (mitte, AI) bekämpft: Fässler argumentierte, dass mit dieser Bestimmung sowohl die Eigentumsgarantie nach Artikel 26 BV als auch die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen im Bereich der Energieversorgung in Frage gestellt würden. Es sei daher angebracht, diese Fragen im Rahmen des Mantelerlasses zum Energiegesetz zu behandeln. Roberto Zanetti (sp, SO) entgegnete, dass man als Bauherr ohnehin in seinen Eigentumsrechten eingeschränkt sei: «Ob das über ein kommunales Baureglement, über Bundesgesetze oder über ein kantonales Gesetz geschieht, ist, wie gesagt, für mich als Grundeigentümer piepegal.» Anschliessend sprachen sich 25 Mitglieder des Ständerates für diese Bestimmungen aus, 19 waren dagegen. Bei Letzteren handelte es sich um Mitglieder der SVP-, der FDP.Liberalen- und der Mitte-Fraktion.
Der zweite Punkt, der vor der Überführung bereinigt werden musste, war unumstritten: Der Ständerat nahm eine Bestimmung, in welcher die bestmögliche Nutzung der Sonnenenergie auf den dafür geeigneten Infrastrukturoberflächen des Bundes vorgeschrieben wurde, stillschweigend an.
Der dritte Punkt umfasste die Bestimmungen zur Förderung von Photovoltaik-Grossanlagen und wurde wiederum ausgiebig diskutiert. Hier beantragte die Kommissionsmehrheit, dass Photovoltaik-Grossanlagen, die jährlich mindestens 20 Gigawattstunden Strom produzieren, wovon mindestens 45 Prozent im Winterhalbjahr anfallen müssen, von einer besonderen Förderung profitieren sollen, bis schweizweit mit solchen Anlagen 2 Terawattstunden Strom produziert würden. Diese besondere Förderung soll unter anderem Bestimmungen umfassen, wonach für diese Anlagen keine Planungspflicht und keine UVP-Pflicht gelten sollen, da das Interesse an ihrer Realisierung den anderen nationalen und kantonalen Interessen vorgehe. Zudem sollen diejenigen Photovoltaik-Grossanlagen, die bis Ende 2025 zumindest teilweise an das Stromnetz angebunden sind, seitens des Bundes eine Einmalvergütung von 50 bis 60 Prozent der Investitionskosten erhalten.
Pirmin Bischof (mitte, SO) sprach von einem mutigen, aber notwendigen Schritt, diese «Alpen-Solaranlagen» unter Umgehung der üblichen Verfahrensvorschriften zu bewilligen. Zu diesen Vorschlägen der Kommissionsmehrheit lagen drei Einzelanträge vor. Ein Antrag Würth (mitte, SG) verlangte, dass diese Anlagen lediglich 10 anstatt 20 Gigawattstunden erbringen müssen. Ansonsten könnten fast keine solchen Anlagen realisiert werden, argumentierte er. Die grosse Mehrheit des Rates (43 zu 1 Stimmen) kam diesem Begehren Würths nach. Heidi Z'graggen (mitte, UR), Präsidentin der ENHK, forderte, dass solche Anlagen in Mooren und Moorlandschaften von besonderer Schönheit und gesamtschweizeri­scher Bedeutung verboten sowie in Landschaften, Naturdenkmälern und Biotopen von nationaler Bedeutung nur beschränkt möglich sein sollen. Zudem müssten die Anlagen nach der Ausserbetriebnahme ersatzlos zurückgebaut und die Gebiete wieder in ihren Zustand vor dem Ausbau zurückversetzt werden. Zwar stimmte der Ständerat dem Verbot in Mooren und Moorlandschaften sowie der Pflicht zu einem ersatzlosen Rückbau der Solaranlagen und der Wiederherstellung der Ausgangslage einstimmig oder deutlich zu, lehnte aber eine Einschränkung in Landschaften, Naturdenkmälern und Biotopen von nationaler Bedeutung mit 24 zu 17 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) ab. Ein Antrag Hegglin (mitte, ZG) verlangte schliesslich, dass die Einmalvergütung nicht einfach als 50 bis 60 Prozent der Investitionskosten definiert wird, sondern dass sich diese auch an der Wirtschaftlichkeit der Investition orientieren soll. Hegglin wollte damit verhindern, dass der Bund die Schuldenbremse nicht mehr einhalten kann, sein Antrag scheiterte jedoch mit 31 zu 12 Stimmen.
Nachdem diese Vorbedingungen geklärt waren, überführte der Ständerat diese Bestimmungen zur Photovoltaik einstimmig in ein eigenes Bundesgesetz.

In den Gesamtabstimmungen nahm der Ständerat alle vier einzelnen Entwürfe an: Am meisten Unterstützung genoss der neue Entwurf des Bundesgesetzes über dringliche Massnahmen zur kurzfristigen Bereitstellung einer sicheren Stromversorgung im Winter (Photovoltaik-Anlagen), welcher bei 4 Enthaltungen ohne Gegenstimmen angenommen wurde. Das Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz wurde von 4 Mitgliedern der SVP-Fraktion abgelehnt, 2 enthielten sich der Stimme, während die restlichen Ständerätinnen und Ständeräten dem Entwurf zustimmten. Der Bundesbeschluss über die Finanzierung der Förderung von neuartigen Technologien und Prozessen und der Bundesbeschluss über die Finanzierung des Sonderprogrammes zum Ersatz von Heizungsanlagen wurden mit ähnlichen Stimmenverhältnissen angenommen (33 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen und 32 zu 9 bei 4 Enthaltungen), wobei jeweils einzelne Mitglieder der SVP-, der FDP- sowie der Mitte-Fraktionen gegen die Beschlüsse stimmten. Somit nahm der Ständerat alle drei Entwürfe des indirekten Gegenvorschlags an.

Indirekter Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. Netto null Treibhausgasemissionen bis 2050 (Pa.Iv. 21.501)
Dossier: Die Gletscherinitiative, ihr direkter Gegenentwurf und ihr indirekter Gegenvorschlag

La Banque nationale suisse (BNS) a enregistré une perte de CHF 95.2 milliards au premier semestre 2022. Cette perte a été essentiellement provoquée par une conjoncture économique mondiale en berne, contaminée en grande partie par la guerre en Ukraine et la volatilité des prix, notamment de l'énergie et agricoles. Cette lourde perte rajoute de l'instabilité dans les prévisions budgétaires cantonales. En effet, il n'est pas certain que la BNS puisse verser, en 2023, une part de ses bénéfices aux cantons et à la Confédération. Les ministres cantonaux des finances doivent donc s'interroger, dès aujourd'hui, sur l'ajout ou non de la contribution de la BNS à leur budget 2023.
Pour sa part, la BNS a rappelé que la forte augmentation de son bilan, depuis 2008, entraîne non seulement des potentiels de rendements considérables, mais également de forts risques de pertes. Au niveau politique, cette perte a remis en lumière les débats sur la répartition des bénéfices de la BNS. D'un côté, les fervents défenseurs de l'indépendance de la BNS, et notamment le PLR, se sont empressés de souligner que ce résultat «catastrophique» devait servir de rappel à celles et ceux qui souhaitent allouer le bénéfice de la BNS à l'AVS ou à la lutte contre le changement climatique. D'un autre côté, les politiciens et politiciennes qui militent pour une clarification de la distribution et un retour des bénéfices de la BNS à la population, et notamment la gauche, ont rappelé que les «énormes» provisions de la BNS pouvaient combler de telles pertes le cas échéant.

Bénéfice de 21 CHF milliards pour la BNS (2020)
Dossier: Was tun mit den Erträgen der Schweizerischen Nationalbank?

Der Bundesrat publizierte Ende Juni 2022 in Umsetzung einer Motion Eymann (lpd, BS) einen Bericht zur sprachlichen Förderung im Vorschulalter. Das SBFI hatte den Bericht gestützt auf eine wissenschaftliche Studie der Pädagogischen Hochschule St. Gallen, der Universität Genf und des Forschungsbüros INFRAS erarbeitet. Die Autorinnen und Autoren hielten fest, dass die Sprachförderung im Vorschulalter einen wichtigen Teil der allgemeinen frühen Bildung darstelle und daher auch in diesem Rahmen angegangen werden soll. Im Bericht wurden mehrere entsprechende Empfehlungen formuliert. Unter anderem empfahl der Bericht, beim Bund eine koordinierende Organisationseinheit «Frühe Bildung» zu schaffen. Diese solle dafür sorgen, dass der Bund – etwa in Form eines Gesetzes – die Grundprinzipien für den Zugang zu den Angeboten der frühen Sprachförderung, deren verlangte Qualität und deren Finanzierung festlegt, und so der heterogenen Politik auf kantonaler und kommunaler Ebene entgegenwirke. An die Kantone und Gemeinden gerichtet, welche im Rahmen der frühen Bildung die Hauptverantwortung tragen, riet der Bericht, universelle und alltagsintegrierte Ansätze der frühen Sprachförderung anzuwenden, indem diese Förderung in die alltäglichen Aktivitäten der Institutionen, aber auch der Eltern einfliesst. Dafür sollen die professionellen Betreuungspersonen entsprechend ausgebildet werden, zudem sollen den Eltern Unterstützungs-, Beratungs- und Bildungsleistungen angeboten werden.
Weiter hielt der Bericht fest, dass der Bund im Rahmen des befristeten Impulsprogramms bereits jetzt den Ausbau der Strukturen für die ausserfamiliäre Kinderbetreuung und damit die frühe Sprachförderung finanziell unterstütze. Zudem werde der Bund untersuchen, «welche Chancen die familienzentrierte Vernetzung als bedarfsgerechte Orientierungshilfe für fremdsprachige Familien oder Familien mit besonderen Bedürfnissen bietet». Schliesslich werde er auch die weiteren Entwicklungen im Rahmen des überwiesenen Postulats Baume-Schneider (sp, JU; Po. 21.3741) zur Schaffung einer nationalen Beobachtungsstelle für die frühe Kindheit im Auge behalten.

Frühe Sprachförderung vor dem Kindergarteneintritt als Voraussetzung für einen Sek-II-Abschluss und als Integrationsmassnahme (Mo. 18.3834)
Dossier: Frühe Kindheit

Im Rahmen ihres Berichts «Grundwasserschutz in der Schweiz» reichte die GPK-NR im Juni 2022 nebst einer Motion zur Stärkung der Aufsichtsinstrumente und Interventionsmöglichkeiten im Bereich des Grundwasserschutzes und einem Postulat zur Stärkung des Gewässerschutzes in der Landwirtschaft auch die Motion «Fristen für die Umsetzung der Massnahmen des planerischen Grundwasserschutzes» ein. Diese Motion forderte, dass der Bundesrat im GSchG verbindliche Fristen für die Umsetzung aller rechtlich vorgegebenen Massnahmen für den Grundwasserschutz durch die Kantone festlegt. Dabei handle es sich um die Festlegung der Zuströmbereiche und der Grundwasserschutzzonen und -areale, aber auch um die Ausscheidung der Gewässerschutzbereiche sowie um die Erstellung der Gewässerschutzkarten. Mit diesen rechtlich verbindlichen Fristen soll die Umsetzung beschleunigt und die Kontrollfunktion des Bundes bei der Umsetzung gestärkt werden. Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion.

Fristen für die Umsetzung der Massnahmen des planerischen Grundwasserschutzes (Mo. 22.3873)
Dossier: Grundwasserschutz in der Schweiz

Die Klärung und Stärkung der Aufsichtsinstrumente und Interventionsmöglichkeiten des Bundes im Bereich des Grundwasserschutzes standen im Zentrum einer Motion der GPK-NR, welche diese im Rahmen ihrer Arbeiten zum Bericht «Grundwasserschutz in der Schweiz» formuliert hatte. Die vorliegende Motion gesellte sich zu einer Motion für verbindliche Fristen für den Vollzug im planerischen Grundwasserschutz sowie zu einem Postulat zur Stärkung des Gewässerschutzes in der Landwirtschaft.
Die Motion verlangte vom Bundesrat, dass das geltende Gewässerschutzrecht um Aufsichts- und Interventionsmöglichkeiten erweitert wird, damit der Bund den Vollzug der Massnahmen im planerischen Grundwasserschutz stärken könne. Dazu schlug die GPK-NR eine Präzisierung der Berichterstattungspflicht beim Vollzug durch die Kantone gegenüber dem Bund, Sanktionsmöglichkeiten bei Vollzugsdefiziten durch die Kantone sowie die Einführung der gezielten finanziellen Förderung des kantonalen Vollzugs vor. Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion, lehnte indes die Forderung nach der finanziellen Unterstützung des Vollzugs durch die Kantone ab.

Klärung und Stärkung der Aufsichtsinstrumente und Interventionsmöglichkeiten des Bundes im Bereich des Grundwasserschutzes (Mo. 22.3874)
Dossier: Grundwasserschutz in der Schweiz

Den beiden Räten gelang es in der Sommersession 2022, die Totalrevision des Bundesgesetzes über Beiträge für die kantonale französischsprachige Schule in Bern unter Dach und Fach zu bringen.
Im Ständerat, der die Vorlage als Zweitrat behandelte, erläuterte Benedikt Würth (mitte, SG) die Vorlage und gab bekannt, dass das Ziel der Revision darin bestehe, das Bundesgesetz über Beiträge für die kantonale französischsprachige Schule in Bern in «Übereinstimmung mit den heutigen bundes- und insbesondere subventionsrechtlichen Vorschriften» zu bringen. Im Namen der WBK-SR, die die Revision mit 10 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung unterstütze, bat er um Zustimmung zum Geschäft.
Andrea Gmür-Schönenberger (mitte, LU) unterstützte die Revision aus kulturpolitischen Gründen ebenfalls, gab aber zu bedenken, dass man sich die grundsätzliche Frage stellen sollte, weshalb der Bund denn diese Schule und somit den Kanton Bern subventioniere. Hans Stöckli (sp, BE) entgegnete, dass diese Subvention durch den Bund durchaus ihre Berechtigung habe, da der Kanton Bern ja nicht verpflichtet sei, eine solche Schule zu führen. Zudem werde mit dieser Schule auch Artikel 70 der Bundesverfassung umgesetzt, welcher vorsehe, «die Zweisprachigkeit vom Bund her zu leben». Bildungsminister Parmelin erklärte schliesslich, dass sich der Bund mit dieser Teilfinanzierung als mehrsprachiger Arbeitgeber positionieren und allen voran für frankophone Mitarbeitende und ihre Familien attraktiv sein wolle. In der Folge wurde der Entwurf einstimmig angenommen. Drei Personen aus dem bürgerlichen Lager enthielten sich jedoch der Stimme.
In den Schlussabstimmungen wurde das Gesetz in der grossen Kammer mit 155 zu 37 Stimmen bei 5 Enthaltungen klar angenommen. Die ablehnenden Stimmen stammten aus den Reihen der SVP-Fraktion; die Enthaltungen von der SVP- und der GLP-Fraktion. Die kleine Kammer hiess den Entwurf wiederum einstimmig gut – bei zwei Enthaltungen aus den Reihen der Mitte-Fraktion.

Bundesgesetz über Beiträge für die kantonale französischsprachige Schule in Bern. Totalrevision