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  • Indirekter Gegenvorschlag

Akteure

  • Minder, Thomas (parteilos/indépendant, SH) SR/CE
  • Nidegger, Yves (svp/udc, GE) NR/CN

Prozesse

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In der Herbstsession 2019 befasste sich der Ständerat als Erstrat mit der Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» sowie mit dem indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates, dem Bundesgesetz über die Gesichtsverhüllung. In der ausführlichen Debatte über die Symbolik der Gesichtsverhüllung und deren Vereinbarkeit mit in der Schweizer Gesellschaft zentralen Werten war der Grundtenor parteienübergreifend derselbe: Man sei nicht für die Burka, denn sie sei tatsächlich Ausdruck eines fundamentalistischen Islams und der Unterdrückung der Frau und als solcher in der Schweizer Gesellschaft problematisch. Ausserhalb der SVP-Fraktion setzte sich dennoch keine Kantonsvertreterin und kein Kantonsvertreter für die Annahme der Initiative ein, da sie mehrheitlich nicht als Lösung des Problems gesehen wurde. Ein solches Verbot tauge nicht, da das – allseits anerkannte – Problem nicht rechtlicher, sondern gesellschaftlicher Natur sei, wie Ständerat Daniel Jositsch (sp, ZH) argumentierte: «Wir können nicht mit dem Gesetz gewissermassen am gesellschaftlichen Grashalm ziehen [...].» Mit 34 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen empfahl der Ständerat die Initiative zur Ablehnung und versenkte einen Minderheitsantrag Minder (parteilos, SH)/Föhn (svp, SZ) auf Empfehlung zur Annahme.
Der bundesrätliche Gegenvorschlag hatte unterdessen in der SPK-SR zwei Änderungen erfahren, die die Ständekammer beide stillschweigend genehmigte. Erstens soll nicht nur, wer sich wiederholt der Aufforderung zur Enthüllung widersetzt, mit Busse bestraft werden, sondern generell, wer sich dieser Aufforderung widersetzt. Zweitens wurde ein neuer Absatz eingefügt, demnach bei Verletzung der Enthüllungspflicht eine allfällig verlangte Leistung verweigert werden kann, sofern das anwendbare materielle Recht eine solche Verweigerung nicht ausschliesst. Das so angepasste Bundesgesetz über die Gesichtsverhüllung nahm der Ständerat mit 35 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Obwohl er nicht restlos zu überzeugen vermochte, führe letztlich nichts am Gegenvorschlag vorbei, resümierte Werner Luginbühl (bdp, BE).
Schliesslich stimmte die kleine Kammer auch der Fristverlängerung für die Behandlung der Volksinitiative um ein Jahr zu und nahm zur Kenntnis, dass ihre Kommission der Petition für die Ungültigerklärung der Initiative aus Gründen der Einheit der Materie (Pet. 15.2044) keine Folge gegeben hatte. Wie Kommissionssprecherin Pascale Bruderer Wyss (sp, AG) erläuterte, sei die Kommission zum Schluss gekommen, dass der Initiativtext ein einziges Sachthema betreffe, nämlich die Frage nach dem Umgang mit verhüllten Personen in der Öffentlichkeit, und die Einheit der Materie somit gegeben sei.

Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» und indirekter Gegenvorschlag (19.023)
Dossier: Nationales Burkaverbot

Das Berichtsjahr wurde stark durch die Debatte um die Managergehälter geprägt. Dies lag nicht zuletzt im Umstand begründet, dass in diesem Bereich gleich zwei Volksabstimmungen abgehalten wurden. Am 3. März gelangte die Abzocker-Initiative zur Abstimmung. Das bereits im Jahre 2008 von einer Gruppe um den Schaffhauser Unternehmer und späteren Ständerat Thomas Minder eingereichte Begehren enthielt 24 Forderungen, die im Wesentlichen auf eine Stärkung der Aktionärsrechte abzielten. Im Vorjahr hatte sich das Parlament nach langem Feilschen auf einen indirekten Gegenvorschlag geeinigt, der auf Gesetzesstufe der Volksinitiative weit entgegen kam und im Falle eines Neins in Kraft getreten wäre. Unterstützt wurde das Volksbegehren von der SP, den Grünen, der EVP und der CSP sowie einem Teil der Gewerkschaften (Unia, Syna, SEV und Bankpersonalverband). Während sich der Schweizerische Gewerkschaftsbund zu keiner Stimmempfehlung durchringen konnte, gaben Travail Suisse, KV Schweiz und die Schweizerische Kaderorganisation (SKO) Nein-Parolen heraus. Die Wirtschaftsverbände (Economiesuisse, Gewerbeverband und Arbeitgeberverband) sowie die bürgerlichen Parteien (SVP, FDP, CVP, GLP und BDP) sprachen sich ebenfalls gegen die Volksinitiative aus. Bei letzteren stiess die Vorlage an der Basis allerdings auf grosse Sympathien. Vor allem in der SVP und bei den Grünliberalen wichen zahlreiche Kantonalsektionen von der nationalen Parteilinie ab. Das Initiativkomitee verfügte über keinerlei Kampagnenerfahrung und über wenig finanzielle Ressourcen. Diese Makel kompensierte die befürwortende Seite mit viel Engagement. So wurde der partizipative Einbezug der Bevölkerung grossgeschrieben. Noch nie wurde im Rahmen einer eidgenössischen Abstimmungskampagne so konsequent auf die neuen sozialen Medien gesetzt. Zudem profitierte das Anliegen von einem ausgeprägten Empörungspotenzial, und der Initiant Thomas Minder genoss als Unternehmer hohe Glaubwürdigkeit. Die Federführung des gegnerischen Lagers übernahm Economiesuisse. Die üppig ausgestattete Contra-Kampagne stand jedoch unter keinem guten Stern. In die negativen Schlagzeilen geriet der Wirtschaftsdachverband zum Jahresbeginn, als bekannt wurde, dass eine im Dienste von Economiesuisse stehende PR-Agentur Studierende engagiert hatte, um unter falschen Identitäten zu bloggen oder im Internet Leserkommentare gegen die Volksinitiative zu schreiben. Für einigen Wirbel sorgte im Februar ein dreiminütiger Film namens “Grounding 2026“, den der Schweizer Regisseur Michael Steiner im Auftrag von Economiesuisse erstellte hatte, um die Schlusskampagne des Nein-Lagers zu befeuern. Aufgrund der dramatischen Szenen beschloss der Verband schliesslich, das Video nicht auszustrahlen. Darüber hinaus wurde am 15. Februar publik, dass Daniel Vasella, der abtretende Verwaltungsratspräsident des Pharma-Konzerns Novartis, eine Abgangsentschädigung von 72 Millionen Franken erhalten sollte. Obwohl dieser nach wenigen Tagen auf diesen Betrag verzichtete, spielte die öffentliche Empörung dem Pro-Lager in die Hände. Wie aufgrund der Umfrageresultate erwartet werden konnte, wurde die Abzocker-Initiative nach einem äusserst engagierten Abstimmungskampf deutlich angenommen. Sämtliche Stände sowie 67.9% der Partizipierenden stimmten der Vorlage zu. Die Stimmbeteiligung betrug überdurchschnittliche 46%. Die höchsten Ja-Anteile wurden im Kanton Jura (77%) und in Schaffhausen (76%), dem Heimatkanton des Initianten, registriert. Die tiefste Zustimmung verzeichneten die Tiefsteuer-Kantone Obwalden (56%), Nidwalden und Zug (jeweils 58%).

Die VOX-Analyse kam zum Schluss, dass sowohl die Sympathisanten der SP (86%) als auch jene der SVP (72%) der Initiative deutlich zustimmten. Während die Basis der CVP unentschlossen war (Ja-Anteil von 53%), lehnten die der FDP nahestehenden Kreise die Vorlage in ihrer Mehrheit ab (Nein-Anteil von 61%). Die Stimmbeteiligung der SP- und der SVP-Wählerschaft übertraf jene der beiden bürgerlichen Mitteparteien deutlich. Somit konnte von einer Demobilisierung der CVP- und FDP-Sympathisanten die Rede sein. Das primäre Motiv der Ja-Stimmenden betraf gemäss der VOX-Analyse das Unverständnis über die Höhe der Managerlöhne. Unter den Initiativgegnern herrschte die Meinung vor, dass der indirekte Gegenvorschlag zu bevorzugen war und dass die Missstände weder mit der Initiative noch mit dem Gegenvorschlag aus der Welt geschafft werden konnten. Der neue Verfassungsartikel musste durch eine Ausführungsgesetzgebung konkretisiert werden. Der Initiativtext sah jedoch vor, dass der Bundesrat innerhalb eines Jahres die 24 Forderungen auf Verordnungsstufe umsetzen musste. Bereits im November setzte die Landesregierung die Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Gesellschaften per 1. Januar 2014 in Kraft. Das Initiativkomitee kritisierte die milde Umsetzung der Strafbestimmungen und den Umstand, dass Verwaltungsräte und Mitglieder der Geschäftsleitung weiterhin in den Genuss von Antrittsprämien und Beratungsmandaten kommen konnten.


Abstimmung vom 3. März 2013

Beteiligung: 46,0%
Ja: 1 615 720 (67,9%) / 20 6/2 Stände
Nein: 762 273 (32,1%) / 0 Stände

Parolen:
– Ja:, SPS, GPS, EVP, CSP.
– Nein: SVP (11)*, FDP(1)*, CVP(1)*, GLP(5)*, BDP, eco, SAV, sgv, TravS.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Abzocker-Initiative (BRG 08.080)
Dossier: Aktienrechtsrevision und die Abzocker-Initiative

Die SVP-Fraktion wollte mit einer parlamentarischen Initiative eine Änderung des Parlamentsgesetzes erwirken. Artikel 102 Absatz 2 sieht vor, dass das Parlament bei gleichzeitigem Vorliegen einer Volksinitiative und eines Gegenvorschlages nur den Gegenvorschlag zur Annahme empfehlen kann, nicht aber die Initiative. Die SVP wollte dieses Verbot mit der Begründung streichen, dass dadurch die freie Willensäusserung des Parlaments nicht mehr eingeschränkt werde. Mit 118 zu 64 Stimmen gab die grosse Kammer der Initiative allerdings keine Folge. Sie stützte sich dabei auf die Begründung ihrer Staatspolitischen Kommission, das Parlament dürfe Gegenvorschläge nicht aus taktischen Gründen entwerfen, sondern müsse den Gegenentwurf als bessere Lösung präsentieren. Abgelehnt wurde auch eine Motion Minder (parteilos, SH) (12.3963), die ein Verbot der Gleichzeitigkeit von direktem und indirektem Gegenvorschlag sowie ein Verfahren mit einer vorgängigen Eventualfrage (statt dem Stichentscheid) und zwei Abstimmungsfragen (Initiative vs. geltendes Recht bzw. Gegenvorschlag vs. geltendes Recht) vorgesehen hätte.

Abstimmungsempfehlung des Parlaments bei Volksinitiativen mit Gegenvorschlag (10.469)

Wie in den vergangenen Jahren stand auch 2012 die Abzocker-Initiative im Zentrum des öffentlichen Interesses. Die eidgenössischen Räte einigten sich darauf, der Volksinitiative einen indirekten Gegenvorschlag auf Gesetzesstufe gegenüberzustellen. Dieser beinhaltete eine Revision des Aktienrechts, welche die Forderungen der Volksinitiative teilweise aufnahm. Mit der Bereinigung der Differenzen aus dem Vorjahr setzte sich im Berichtsjahr zuerst der Ständerat auseinander. Bei der zentralen Frage der Abstimmungen über die Vergütungen der Geschäftsleitung schloss sich die kleine Kammer der Version des Nationalrats an. Demnach sollte die Generalversammlung jährlich über die Vergütung der Geschäftsleitung abstimmen. Allerdings sollten die Statuten festlegen, ob dieser Abstimmung bindende oder konsultative Wirkung zukam. Auch in Bezug auf das Vergütungsreglement kam der Ständerat dem Nationalrat entgegen. Die Kantonsvertreter verzichteten darauf, ein Maximalverhältnis zwischen Grundentschädigung und Boni festzulegen. Hingegen hielt der Ständerat bezüglich der Ausnahmeregelung für Abgangsentschädigungen und Vorauszahlungen an seiner Fassung fest. Nach dem Willen des Ständerates sollte hierzu eine Zweidrittelmehrheit der Generalversammlung erforderlich sein. In der Frühjahrssession stimmte der Nationalrat in sämtlichen Punkten der ständerätlichen Version zu. Die einzige Ausnahme betraf die Zulassungskriterien von Abgangsentschädigungen und Vorauszahlungen. Die Ratslinke setzte sich vergebens für die strengere Lösung des Ständerates ein. Das nationalrätliche Ratsplenum bestand jedoch darauf, dass solche Transaktionen entweder im Vergütungsreglement oder durch einen einfachen Entscheid der Generalversammlung beschlossen werden konnten. Aufgrund dieser Divergenz musste eine Einigungskonferenz einberufen werden. Diese sprach sich für die Version des Ständerates aus. In der Schlussabstimmung wurde der indirekte Gegenvorschlag vom Nationalrat einstimmig und vom Ständerat mit 42 zu einer Stimme angenommen. Die einzige Nein-Stimme stammte von Thomas Minder, dem parteilosen Vater der Abzocker-Initiative. Im Falle einer Ablehnung der Volksinitiative wären die Gesetzesbestimmungen des Gegenvorschlags in Kraft getreten.

Der indirekte Gegenvorschlag kam der Volksinitiative weit entgegen. Von den 24 Forderungen der Abzocker-Initiative übernahm er deren sechs vollständig (jährliche Aktionärsabstimmung über die Vergütung vom Verwaltungsrat, jährliche Aktionärsabstimmung über die Gesamtsumme aller Vergütungen des Beirats, jährliche Wahl der unabhängigen Stimmrechtsvertretung, Verbot der Organstimmrechtsvertretung, Verbot des Depotstimmrechts und Stimmrechtsoffenlegung durch Pensionskassen). Ausserdem ging der indirekte Gegenvorschlag in zwei Bereichen sogar über die Forderungen der Volksinitiative hinaus. So beinhaltete er eine griffigere Ausgestaltung der Klage auf Rückerstattung ungerechtfertigter Leistungen. Zudem wurden die Sorgfaltspflichten in Bezug auf die Festlegung der Vergütungen konkretisiert. Das Parlament übernahm vierzehn Forderungen teilweise, wobei im Gegensatz zu den zwingenden Vorschriften der Initiative meist dispositive Regelungen vorgesehen wurden. Vier Forderungen blieben unberücksichtigt (jährliche Wahl des Verwaltungsratspräsidenten durch die Generalversammlung, jährliche Wahl der Mitglieder des Vergütungsausschusses, Verbot der Delegierung der Gesellschaft an eine juristische Person und strafrechtliche Bestimmungen).

Nachdem das Parlament im Vorjahr im Rahmen des indirekten Gegenvorschlags auf eine Bonussteuer verzichtet hatte, kam dieses Anliegen im Berichtjahr erneut auf das Tapet. Zahlreiche Parlamentarier erachteten es als notwendig, der populären Volksinitiative eine solche Steuer in Form eines direkten Gegenvorschlags auf Verfassungsebene gegenüberzustellen. In der Frühjahrssession nahm der Nationalrat die Bonussteuer mit 100 zu 87 Stimmen an. Demnach hatten Unternehmungen Boni von über drei Millionen Franken zu versteuern. Im Gegensatz zum Vorjahr schlugen sich die Grünliberalen zunächst auf die Seite der befürwortenden Fraktionen der SP, der Grünen und der CVP. Die Vertreter der SVP, der FDP und einer Mehrheit der BDP sprachen sich vehement gegen die Einführung einer neuen Unternehmenssteuer aus. In der Sommersession hiess auch der Ständerat die Bonussteuer gut. Mit 23 zu 15 Stimmen folgte er dem Entscheid des Nationalrats. Nachdem der Ständerat den direkten Gegenvorschlag in der Schlussabstimmung mit 26 zu 14 Stimmen annahm, scheiterte das Vorhaben aber schliesslich im Nationalrat mit 87 zu 104 Stimmen. Den Ausschlag gaben wiederum die Abgeordneten der Grünliberalen Partei, die sich letztlich geschlossen gegen die Bonussteuer aussprachen. Der Bundesrat setzte die mit Spannung erwartete Abstimmung über die Abzocker-Initiative auf den 3. März 2013 an.

Indirekter Gegenvorschlag zur Abzocker-Initiative
Dossier: Aktienrechtsrevision und die Abzocker-Initiative