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Jahresrückblick 2023: Öffentliche Finanzen

Im Themenbereich «Öffentliche Finanzen» standen im Jahr 2023 drei Aspekte im Mittelpunkt des medialen und parlamentarischen Interesses: die Abstimmung über die OECD-Mindestbesteuerung – wie aus Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse 2023 deutlich wird –, die Mehrwertsteuerrevision sowie das Bereinigungsprogramm für das Budget 2024 und die Finanzplanjahre 2025–2027. Verglichen mit anderen Jahren blieb das mediale Interesse an der Finanzpolitik im Berichtsjahr jedoch gering (siehe Abbildung 2).

Im Juni 2023 sprachen sich die Stimmbevölkerung und die Kantone deutlich für die sogenannte OECD-Mindestbesteuerung aus. Mit dieser hatte der Bundesrat das OECD/G20-Projekt zur Einführung einer Mindestbesteuerung für bestimmte Unternehmen umgesetzt. Direkt änderte die Reform nichts an der Besteuerung der meisten Unternehmen – betroffen waren nur die grössten Unternehmen in der Schweiz –, sie gab jedoch den Kantonen zusätzliche finanzielle Mittel in die Hand, etwa um die Unternehmenssteuern für alle Unternehmen zu senken.

Bei der Ehepaar- und Familienbesteuerung stand 2023 die Forderung nach Einführung der Individualbesteuerung im Zentrum. Eine solche verlangten sowohl die Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung (Steuergerechtigkeits-Initiative)» als auch parlamentarische Vorstösse, und auch der Bundesrat arbeitete – im Auftrag des Parlaments – an einer entsprechenden Vorlage. Ende August 2023 präsentierte er nach erfolgter Vernehmlassung, bei der auch gewichtige Stimmen eine Beibehaltung der Ehepaarbesteuerung forderten, seine Eckwerte dazu.

Abgeschlossen wurde 2023 die neuste Mehrwertsteuerrevision, mit welcher Bundesrat und Parlament zahlreiche angenommene Motionen umsetzten. Unter anderem wurde auf diesem Wege eine Besteuerung der elektronischen Versandhandelsplattformen geschaffen, der Mehrwertsteuersatz auf Damenhygieneartikel reduziert oder die Ungleichbehandlung von Sport- und Kulturvereinen in der Mehrwertsteuer behoben. Diese Revision fand kaum Eingang in die mediale Berichterstattung.

Medial relativ eng begleitet wurde hingegen das Sparprogramm für das Budget 2024, das vom Bundesrat offiziell als «Bereinigungsmassnahmen» betitelt wurde. Bereits im 2022 präsentierten Finanzplan 2024–2026 hatte der Bundesrat angekündigt, dass die Einhaltung der Schuldenbremse aufgrund von vom Parlament beschlossenen Ausgaben bei fehlender Gegenfinanzierung Sparmassnahmen nötig machen werde. Im Frühjahr 2023, nach Bekanntgabe eines Defizits von CHF 4.3 Mrd. für das Jahr 2022, präzisierte die Regierung ihren Vorschlag für Sparmassnahmen: Für das Jahr 2024 sollte insbesondere bei schwach gebundenen Ausgaben, also etwa bei der Armee, der Bildung, der Landwirtschaft oder der internationalen Zusammenarbeit, gespart werden, in den Finanzplanjahren 2025–2027 auch bei einzelnen stark gebundenen Ausgaben, zum Beispiel im AHV-Bereich bei der Witwenrente. Um zukünftig weniger Sparprogramme nötig zu machen, legte die Regierung im Auftrag dreier parlamentarischer Vorstösse einen Entwurf für einen zwingenden Einbezug der Finanzkommissionen bei Vorlagen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen vor. So sollte budgettechnischen Fragen bereits bei Ausarbeitung neuer Ausgabenposten im Parlament mehr Beachtung zukommen.

Die nach Bekanntgabe der bundesrätlichen Sparpläne in den Medien entbrannten Diskussionen über Sinn und Unsinn von Sparmassnahmen wurden zusätzlich dadurch erhitzt, dass der Bundesrat beinahe zur selben Zeit im Nachtrag Ia zum Voranschlag 2023 Verpflichtungskredite zur Übernahme der CS durch die UBS in der Höhe von CHF 109 Mrd. beantragte (vgl. Jahresrückblick zu Geld, Währung und Kredit). Während die FinDel die entsprechenden Kredite dringlich guthiess, lehnte sie das Parlament in einer ausserordentlichen Session zur CS-Übernahme ab. Da der Bundesrat nach Zusage der FinDel aber bereits rechtsgültige Verträge eingegangen war, blieb diese Ablehnung lediglich ein symbolischer Akt.

Jahresrückblick 2023: Öffentliche Finanzen
Dossier: Jahresrückblick 2023

Rückblick über die 51. Legislatur: Öffentliche Finanzen

Autorin: Anja Heidelberger

Stand: 17.08.2023

Im Bereich der öffentlichen Finanzen wird die 51. Legislatur insbesondere aufgrund der hohen entstandenen Defizite in den Bundesfinanzen in Erinnerung bleiben. So führten die Massnahmen gegen die Corona-Pandemie und gegen ihre wirtschaftlichen und sozialen Folgen in den Jahren 2020 und 2021 zu Rekorddefiziten von CHF 15.8 Mrd. respektive CHF 12.2 Mrd., und im Jahr 2022 fiel nochmals ein Defizit von CHF 4.3 Mrd. an. In der Folge verlängerte das Parlament unter anderem die Abbaufrist für diese Schulden, wodurch er sich erhoffte, auf grosse Sparprogramme in der kommenden Legislatur verzichten zu können. Dennoch schlug der Bundesrat für 2025 ein sogenanntes «Entlastungspaket» vor, um andere bereits gesprochene oder geplante Ausgabenerhöhungen abzufedern, etwa bei den Armeeausgaben, den Ausgaben für den Klimaschutz oder bei der familienergänzenden Kinderbetreuung.

Im Fokus standen in diesem Themenbereich ansonsten insbesondere die Unternehmenssteuern, namentlich das OECD/G20-Projekt zur Einführung einer Mindestbesteuerung für die Unternehmen. Nachdem schon länger über das Projekt diskutiert worden war, wurde dieses im Juni 2021 konkret: Zukünftig sollen Unternehmen, deren Muttergesellschaften in den am Projekt teilnehmenden Sitzstaaten nicht zu mindestens 15 Prozent besteuert werden, in anderen teilnehmenden Staaten um die entsprechende Differenz höher besteuert werden können. Um einen Abfluss der Steuergelder ins Ausland zu verhindern, erarbeitete der Bundesrat eine Verfassungsänderung zur Umsetzung dieser OECD-Mindestbesteuerung, die noch während der Legislatur von der Stimmbevölkerung mit 78 Prozent Ja-Stimmen gutgeheissen wurde.

Wie in der vorangegangenen Legislatur blieb aber auch die Besteuerung der natürlichen Personen Thema: Gleich zu Beginn der Legislatur wies der Nationalrat den bundesrätlichen Vorschlag für eine «ausgewogene Paar- und Familienbesteuerung» an die Regierung zurück, da dieser den gesellschaftlichen Entwicklungen nicht genügend Rechnung trage. In der Folge wurden die Anstrengungen zur Einführung einer Individualbesteuerung intensiviert, etwa durch eine entsprechende Forderung in der Legislaturplanung 2019–2023. Im Mai 2022 präsentierte der Bundesrat schliesslich erste Eckwerte für eine spätere Botschaft. Die Einführung der Individualbesteuerung forderte auch eine Volksinitiative, die 2022 zustande kam, sowie thematisch ähnliche parlamentarische Vorstösse.

Üblicherweise diskutiert das Parlament im Themenbereich der öffentlichen Finanzen am ausführlichsten über die jährlichen Voranschläge, also über das Bundesbudget. Dies ist insofern naheliegend, als es (fast) nie um höhere Beträge geht als in den jeweils in der Wintersession diskutierten Voranschläge. Tatsächlich finden sich auch in der aktuellen Legislatur die Bundesbudgets der Jahre 2023, 2022, 2021 und 2020 auf den vorderen Rängen der am intensivsten diskutierten Geschäfte in diesem Themenbereich. Im Voranschlag 2023 plante der Bundesrat beispielsweise Einnahmen und Ausgaben in der Höhe von CHF 80.3 Mrd. respektive CHF 76.6 Mrd. Am meisten finanzpolitische Redezeit widmete das Parlament in dieser Legislatur jedoch dem Nachtrag I zum Voranschlag 2023, bei dem es insbesondere um zwei Verpflichtungskredite in der Höhe von CHF 109 Mrd. im Rahmen der Übernahme der CS durch die UBS ging. Nach langwierigen Debatten lehnte der Nationalrat eine nachträgliche Bestätigung der von der FinDel bereits bevorschussten Kredite ab – jedoch wohl ohne rechtliche Konsequenzen, da der Bundesrat nach der Bevorschussung bereits rechtlich bindende Verträge eingegangen war und die UBS die Sicherheiten noch im Sommer 2023 ungenutzt kündigte.


Zu den Jahresrückblicken:
2020
2021
2022

Rückblick auf die 51. Legislatur: Öffentliche Finanzen
Dossier: Rückblick auf die 51. Legislatur

Jahresrückblick 2022: Öffentliche Finanzen

Während die Covid-19-Pandemie im Jahr 2022 allgemein an Virulenz verloren hatte, blieb sie für den Politikbereich «Öffentliche Finanzen» sehr zentral. Im Zentrum stand die Frage, wie die bis Ende 2022 auf CHF 26 Mrd. angewachsenen pandemiebedingten, ausserordentlich verbuchten Schulden abgebaut werden sollen. Zwar hatten Parlamentsmitglieder verschiedene Vorschläge unterbreitet, mit einer Änderung des Finanzhaushaltgesetzes entschieden die Räte jedoch, dem Bundesrat zu folgen, die Abbaufrist um sechs Jahre zu verlängern und die Schulden durch die zukünftigen Kreditreste sowie allfällige Zusatzausschüttungen der SNB abzubauen.
Die Covid-19-Pandemie war jedoch nicht nur bei der Frage des Schuldenabbaus 2022, sondern bei vielen anderen Debatten zu den öffentlichen Finanzen immer wieder Thema. So behandelte das Parlament zahlreiche Vorstösse, die zu Beginn der Pandemie im Jahr 2020 eingereicht worden waren und nun entweder behandelt oder aber unbehandelt abgeschrieben werden mussten. Folglich debattierte das Parlament über parlamentarische Vorschläge zur steuerlichen Unterstützung der von der Pandemie besonders stark betroffenen Unternehmen, zum Beispiel durch einen zwölfmonatigen Mehrwertsteuererlass oder eine Mehrwertsteuerreduktion für die betroffenen Betriebe oder durch einen Abzug für Eigenfinanzierung bei der Unternehmenssteuer. Auch Vorstösse zur Finanzierung der Covid-19-Massnahmen – etwa mittels Streichung sämtlicher Zahlungen ans Ausland, wie zum Beispiel der zweiten Kohäsionsmilliarde, durch höhere Ausschüttungen der SNB oder durch neue Steuern, etwa in Form eines Solidaritäts-Zuschlags auf Dividenden und Kapitaleinlagereserven oder durch eine solidarische Steuer auf grossen Vermögen – wurden diskutiert, aber allesamt abgelehnt.

Noch immer zentral war Covid-19 auch in der im Sommer 2022 beratenen Staatsrechnung 2021, zumal die Pandemie erneut zu einem rekordhohen Defizit von CHF 12.2. Mrd. geführt hatte. Und obwohl Covid-19 in der Zwischenzeit stark an Intensität eingebüsst hatte, stritten National- und Ständerat im Rahmen des Nachtrags Ib zum Voranschlag 2022 erneut relativ heftig um die Finanzierung einzelner Covid-19-Massnahmen. Deutlich weniger stark von der Pandemie geprägt als in den zwei Jahren zuvor war hingegen der Voranschlag 2023: Statt mehrerer Milliarden sah der Bundesrat nur noch CHF 410 Mio. zur Pandemiebekämpfung vor, die neu ordentlich verbucht sowie teilweise durch die Kantone gegenfinanziert werden sollten. Stattdessen liessen nun der gestiegene Zahlunsbedarf für Schutzsuchende aus der Ukraine sowie die Erhöhung der Armeeausgaben die Gesamtausgaben ansteigen.

Zweites grosses Thema im Politikbereich der öffentlichen Finanzen war im Jahr 2022 die OECD-Mindestbesteuerung. Der Bundesrat veröffentlichte im Juni 2022 seine Botschaft dazu, in der er eine Verfassungsänderung vorschlug, um die Mindestbesteuerung beruhend auf einer befristeten Verordnung per Januar 2024 einführen zu können. Umgesetzt werden soll die Mindestbesteuerung durch eine Ergänzungssteuer, die dann anfällt, «wenn eine in der Schweiz tätige Unternehmensgruppe die Mindestbesteuerung in der Schweiz oder im Ausland nicht erreicht». Umstritten war im Parlament vor allem die Frage, welcher Anteil dieser Zusatzeinnahmen an den Bund und welcher an die Kantone gehen soll. In der Wintersession einigten sich die Räte darauf, 75 Prozent der Einnahmen den Kantonen zukommen zu lassen, diskutiert worden waren aber auch zahlreiche weitere Varianten. In den Medien wurde darüber diskutiert, ob es aufgrund dieser höheren Unternehmensbesteuerung Massnahmen zum Erhalt der Steuerattraktivität der Schweiz brauche. Der Nationalrat wollte entsprechende Massnahmen untersuchen lassen und nahm dazu ein Postulat an, das eine Strategie zum Erhalt der Attraktivität der Schweiz im Rahmen der OECD-Mindestbesteuerung forderte. Die grossen grundsätzlichen Diskussionen zur Mindestbesteuerung, welche die Medien im Vorjahr noch geführt hatten, blieben im Jahr 2022 aber aus, wie auch Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse 2022 verdeutlicht.

Darüber hinaus begann der Nationalrat die Beratung der neusten Mehrwertsteuerrevision, die grösstenteils auf eine Vereinfachung der Mehrwertsteuer abzielte. Für einige Diskussionen wird im kommenden Jahr wohl auch die Erhöhung der Abzüge für Krankenkassenprämien im DBG sorgen, auf die der Ständerat in der Wintersession aufgrund der drohenden Steuerausfälle von CHF 400 Mio. jährlich nicht eintrat . Erstmals behandelt wurde zudem die Tonnagesteuer auf Seeschiffe, mit welcher der Bundesrat und die Mehrheit des Nationalrats die Steuerbelastung für Seeschifffahrtsunternehmen senken und somit die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz in diesem Bereich erhöhen wollten. Schliesslich kam im Oktober die Initiative «für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung (Steuergerechtigkeits-Initiative)» zustande, gemäss der zukünftig alle Personen unabhängig von ihrem Zivilstand besteuert werden sollen.

Jahresrückblick 2022: Öffentliche Finanzen
Dossier: Jahresrückblick 2022