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Anfang Mai legte der Bundesrat seinen Bericht zur Erfüllung der Postulate Müller (fdp, LU; Po. 17.4017) und Hausammann (svp, TG; Po. 17.3149) vor, mit dem die Möglichkeiten für eine Verbesserung der politischen Teilnahme von Bürgerinnen und Bürgern mittels Digitalisierung ausgelotet werden sollten. Im Bericht wurde präzisiert, dass die Postulate die Betrachtung lediglich eines Teilbereichs von «Civic Tech» verlangten – das Postulat Müller trug diesen Begriff im Titel –, nämlich die so bezeichnete «e-discussion», also die digitalisierte Teilhabe an der politischen Meinungsbildung. Der Bericht selber wollte aber einen weiteren Fokus einnehmen und auch die Chancen des elektronischen Abstimmens («E-Voting»), der digitalen Unterschriftensammlung («E-collecting») oder der digitalisierten Dienstleistungen des Staates («E-Government») beleuchten. Das politische System der Schweiz biete verschiedene Elemente, deren Digitalisierung Anreize für Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger setzen könnten – so die Prämisse des Berichtes. Grundsätzlich habe Digitalisierung das Potenzial, Hürden etwa für Informationsbeschaffung oder Koordination zu senken. Eine durch Digitalisierung mögliche frühere und stärkere Einbindung von politisch Interessierten berge aber auch Risiken, da politisches Vertrauen und Legitimität stets auch transparente Prozesse und repräsentative Institutionen voraussetzten: Die Digitalisierung werde die politische Kultur zwar verändern und rechtliche sowie institutionelle Anpassungen nötig machen, das politische Vertrauen dürfe dadurch aber nicht untergraben werden. Es handle sich dabei um eine Gratwanderung.
Gestützt auf den in der Politikwissenschaft gebräuchlichen Policy-Zyklus lotete der Bericht Anwendungsmöglichkeiten für Digitalisierung aus. Bei allen Etappen des Entscheidungszyklus' seien dank Digitalisierung vor allem Vereinfachungen in den Bereichen der Informationsgewinnung und -verbreitung sowie bei der Koordination zwischen Akteuren möglich. Ad-hoc-Netzwerke könnten etwa einfacher Einfluss auf das Agenda-Setting nehmen, Bürgerinnen und Bürger könnten bei der Problemanalyse leichter auf Experteninformationen zurückgreifen und so etwa mittels E-Vernehmlassungen auch Lösungsvorschläge einbringen, wobei die Auswertung der Stellungnahmen ebenfalls digitalisiert und vereinfacht werden könnte. Möglichkeiten beschrieb der Bericht auch für die Etappe des formellen Entscheidungsprozesses: E-Voting und E-Collecting könnten die Beteiligung nachhaltig stärken, Informationen aus der parlamentarischen Debatte könnten digital einfacher und komprimiert zur Verfügung gestellt werden und gar neue, innovative Entscheidungsverfahren seien denkbar, mit denen etwa die Stärke einer Präferenz ausgedrückt werden könnte («quadratic voting»). Die Möglichkeit für mehr Transparenz bei der Phase der Umsetzung eines Entscheids und die Chancen, die «Big Data» bei der Politikevaluation böten, wurden vom Bericht ebenfalls als mögliche positive Folgen der Digitalisierung hervorgehoben.
Auch auf die Risiken der Digitalisierung ging der Bericht ausführlich ein. Die Auswirkungen dürften kurzfristig eher überschätzt, langfristig aber unterschätzt werden. So sei dauerhafter politischer Einfluss nach wie vor von einem genügend grossen Organisationsgrad eines politischen Akteurs abhängig, auch wenn durch Digitalisierung die Organisationskosten gesenkt würden. Es stelle sich zudem die Frage einer behördlichen Kontrolle privater digitaler Plattformen, die politische Informationen zur Verfügung stellten. Digitalisierung könne zudem der Personalisierung und Polarisierung der Politik Vorschub leisten, zu einer «Zersplitterung der Öffentlichkeit» und zu «Echokammern» führen, also zu einer nur noch sehr spezifischen und einseitigen Information. Zentral sei zudem die Diskussion um Datenschutz und -sicherheit.
In vier Bereichen machte der Bericht Handlungsbedarf aus: Erstens müssten Daten zu politischen Geschäften integriert werden. «Es ist zum heutigen Zeitpunkt nicht möglich, ein Geschäft – beispielsweise eine Volksinitiative oder eine Botschaft des Bundesrates an das Parlament – über die verschiedenen Etappen des Policy-Zyklus aus einer einzigen Quelle zu verfolgen», kritisierte der Bericht. Zweitens solle die Diskussion um E-Voting und E-Collecting weitergeführt werden. Drittens solle ein bundeseigenes Online-Portal für Petitionen sowie eine E-Volksmotion geprüft werden. Als vierter Punkt erhielt im Bericht das Vernehmlassungsverfahren viel Aufmerksamkeit; dieses stehe «etwas im Schatten der direktdemokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten». Es sei prüfenswert, ob eine Digitalisierung des Verfahrens zu stärkerer Teilnahme, vermehrtem Austausch und gar zu mehr Transparenz bei der Auswertung der Stellungnahmen durch die Verwaltung führen könne.
Gestützt auf die Überlegungen wurden im Bericht schliesslich drei Massnahmen formuliert: Erstens soll die Bundeskanzlei zusammen mit dem Informatiksteuerungsorgan des Bundes, dem Bundesamt für Statistik, dem Bundesarchiv und den Parlamentsdiensten ein Datenmodell für politische Geschäfte entwickeln, mit dem alle relevanten Informationen, Daten und Quellen an einem Ort zusammengefasst werden. Zweitens soll die Bundeskanzlei «E-Vernehmlassungs»-Projekte initiieren, die zu administrativen Vereinfachungen und einer Anreicherung des Vernehmlassungsverfahrens führen sollen. Drittens soll die Bundeskanzlei prüfen, ob eine Publikationsplattform für Petitionen geschaffen werden soll.

Chancen von «Civic Tech» nutzen
Dossier: Vote électronique

2019 wurde für E-Voting zu einem schwierigen Jahr. Zwar hatte der Bundesrat bereits 2018 mittels Revision des Bundesgesetzes über die politischen Rechte eine flächendeckende Einführung des dritten Abstimmungskanals angestrebt, der insbesondere Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern die Stimmabgabe erleichtern soll, die Sicherheitsbedenken nahmen aber stark zu. Dies manifestierte sich nicht nur in einer im Februar definitiv lancierten Volksinitiative für ein E-Voting-Moratorium, die ein breites Unterstützungskomitee von links bis rechts hinter sich wusste, sondern auch in den vor allem von den Parteien vorgebrachten negativen Stellungnahmen in der Vernehmlassung zur Teilrevision der politischen Rechte. Zudem revidierten einige Kantone, darunter etwa Aargau, Basel-Landschaft, Glarus oder Jura, ihre Pläne für eine Einführung von E-Voting.
Auch in der Presse nahm die Skepsis gegen E-Voting zu. Das Sicherheitsrisiko sei grösser als der Nutzen, urteilte etwa die NZZ. Insbesondere, weil sich auch gezeigt habe, dass elektronisches Abstimmen nicht zu höherer Beteiligung führe und auch keine Vereinfachung der Stimmabgabe bedeute. Befürwortende von E-Voting betonten hingegen, dass auch briefliches Abstimmen Sicherheitsmängel aufweise. So sei etwa für sehbehinderte Menschen das Stimmgeheimnis nicht garantiert und viele Stimmabgaben würden als ungültig gewertet, weil sie falsch verpackt wurden oder die Unterschrift fehlt. Zudem würden briefliche Stimmen in vielen Kantonen nicht mit dem Stimmregister abgeglichen. Mittels Digitalisierung könnten diese Probleme vermieden werden.

Einen «schweren Rückschlag» – so die NZZ – erlitt das Projekt E-Voting 2019 durch einen sogenannten Intrusionstest der Post. Um zu zeigen, dass die Sicherheitsbedenken unnötig sind, forderten Post und Bundeskanzlei interessierte Personen dazu auf, das von der spanischen Firma Scytl entwickelte und zwischen 25. Februar und 24. März offenegelegte E-Voting-System der Post auf Schwachstellen zu prüfen. Ein «Hacken» des offengelegten Quellcodes in der Art, dass unbemerkt individuelle Stimmabgaben manipuliert oder dass individuelle Stimmabgaben veröffentlicht werden könnten, sollten mit von der Post finanzierten Prämien von bis zu CHF 50'000 belohnt werden. Rund 3'000 Hackerinnen und Hackern hatten sich zum Test angemeldet und deckten bereits nach wenigen Tagen als «gravierend» bezeichnete Sicherheitsmängel auf. So könne das System die universelle Verifizierbarkeit, also eine nachträgliche Überprüfung auf Manipulation, nicht garantieren. Zudem könne ins System eingedrungen und eigentlich gültige Stimmen könnten ungültig gemacht werden. Die Presse erachtete das Hacker-Resultat als «peinlich für die Post» (Blick) oder gar als Rettung der direkten Demokratie – so ein Kommentar in der Sonntagszeitung. Demokratie lebe vom Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger, weshalb Unsicherheiten und Gefahren vermieden werden müssten, meinte die Weltwoche.
Bereit kurz vor dem Intrusionstest hatte die ETH Zürich eine Studie veröffentlicht, mit der gezeigt wurde, dass Individuen bei E-Voting ihre digitale Stimme anonym verkaufen könnten. Dies ist zwar strafbar, könnte bei genügend grosser Zahl an Stimmen aber durchaus zu einer Manipulation von Resultaten führen.

Auch politisch hatte der Rückschlag Folgen. Ende Juni entschied der Bundesrat, die Handbremse zu ziehen. Auch die Vernehmlassung habe gezeigt, dass zwar ein Bedürfnis nach elektronischem Abstimmen und Wählen bestehe, die momentanen Sicherheitsvorkehrungen allerdings nicht genügten. Vorläufig soll deshalb auf die Gesetzesänderung verzichtet werden, mit der E-Voting als dritter Kanal für die Stimmabgabe – neben Urnengang und brieflicher Stimmabgabe – hätte etabliert werden sollen. Das von den Behörden einst formulierte Ziel, dass bei den eidgenössischen Wahlen 2019 mindestens zwei Drittel aller Kantone E-Voting anbieten, wurde damit klar verfehlt. In den Medien wurde dieser «Marschhalt» unterschiedlich kommentiert: Als «Befreiung» wurde das «Ende des E-Votings» in der Sonntagszeitung bezeichnet, während in der Aargauer Zeitung ein «Neustart», aber kein «Denkverbot» gefordert wurde. Die Schweiz habe 60 Jahre gebraucht, bis die briefliche Stimmabgabe eingeführt worden sei, so der Kommentar. Kritisiert wurde der Entscheid des Bundesrats hingegen von der Organisation der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer. Es sei nicht akzeptabel, dass 180'000 Bürgerinnen und Bürger ihr Beteiligungsrecht weiterhin nicht ausüben könnten, kritisierte deren Präsidentin Ariane Rustichelli. Auch der Schweizerische Blinden- und Sehbehindertenverband (SBV) forderten die baldige Einführung digitaler Beteiligungshilfen. Handschriftliches Ausfüllen des Stimmmaterials verhindere die Einhaltung des Stimmgeheimnisses für Sehbehinderte, weil sie auf Hilfspersonen angewiesen seien.

Auch die Post reagierte auf den bundesrätlichen Entscheid und gab ihr bestehendes System noch im Juli auf. Sie wolle ab 2020 eine Alternative anbieten, bei der die bisherigen Sicherheitsprobleme nicht bestünden. Die vier Kantone, die eigentlich noch einen Vertrag mit der Post gehabt hätten (BL, FR, NE, TG), forderten in der Folge Schadenersatz. Doch nicht nur die Post, auch der Kanton Genf stellte den Betrieb seines Systems noch im Juni 2019 ein – nach dem politischen Nein war die finanzielle Unterstützung des Projekts ausgeblieben. Auch die Kantone, die dieses Genfer-System genutzt hatten (AG, BE, GE, LU, SG, VD), hätten es eigentlich bis Ende 2019 nutzen wollen.

Ende Jahr gab der Nationalrat zusätzlich einer parlamentarischen Initiative Folge, die einen «Marschhalt bei E-Voting» fordert. Es sei eine Denkpause nötig, entschied die Mehrheit der grossen Kammer, obwohl die SPK-NR darauf hingewiesen hatte, dass ohne neue Tests kaum Verbesserungen in der Sicherheit möglich seien.

Zum «Vote électronique»-Programm des Bundesrats gehört jedoch nicht nur E-Voting, sondern auch die elektronische Behördeninformation sowie das digitalisierte Unterschriftensammeln. Die Diskussionen um dieses E-Collecting, also um die Idee, Initiativen mittels digitaler statt analoger Unterschriften unterstützen zu können, konzentrierten sich 2019 auf «Online-Plattformen», die laut NZZ zum «Brutkasten der Demokratie» würden. Die Möglichkeit, via solche Plattformen – die bekannteste darunter ist etwa «WeCollect» – Unterschriftenbogen zu verbreiten, die heruntergeladen, ausgedruckt, ausgefüllt, unterschrieben und eingesandt werden müssen, würde die etablierten Parteien herausfordern, da diese neue Art der Unterschriftensammlung eben auch für wenig oder nicht parteilich organisierte Komitees wesentlich einfacher sei als die bisherigen Formen. Freilich können entsprechende Unterschriftenbogen auch direkt auf der Internetseite der Bundeskanzlei heruntergeladen werden. Was die Sammelplattformen allerdings wertvoll mache, seien deren Listen an Adressdaten. Häufig hinterliessen unterschriftswillige Bürgerinnen und Bürger freiwillig ihre persönlichen Angaben auf einer Plattform und könnten so informiert werden, wenn Volksinitiativen mit ähnlicher Stossrichtung lanciert werden. Solche «zielgruppenspezifische[n] Daten sind so etwas wie Goldstaub in Zeiten, in denen politische Gruppierungen mittels Big Data ihren Wählern näherkommen wollen», so die NZZ. Sollten Referenden und Volksinitiativen dadurch in Zukunft einfacher zustandekommen, müsse über eine Erhöhung der Unterschriftenzahlen nachgedacht werden, so die Zeitung weiter.
In die Kritik geriet Daniel Graf, der Gründer von WeCollect, da er mit seiner Plattform vor allem Anliegen unterstütze, die aus eher linken Kreisen stammten. Auf der einen Seite führte dies zu alternativen Angeboten seitens ähnlicher Plattformen aus dem rechtsbürgerlichen ideologischen Spektrum, auf der anderen Seite überführte Graf WeCollect in eine Stiftung, in der künftig mehrere Personen entscheiden sollten, welche Volksbegehren unterstützt werden. Graf gab zu Protokoll, er wolle mit seiner Plattform die direkte Demokratie fördern und es vor allem auch zivilgesellschaftlichen Gruppierungen ermöglichen, direktdemokratische Instrumente zu nutzen, die nicht nur Parteien und mächtigen Interessenorganisationen vorbehalten sein sollen.

«Vote électronique» – Kritik und gesellschaftliche Debatte von 2015 bis 2022
Dossier: Vote électronique

Die Mehrheit des Nationalrates sah keinen Bedarf an einer Vereinfachung der Sprache in den Abstimmungserläuterungen, wie dies in einer Motion von Regula Rytz (gp, BE) gefordert wurde. Die Berner Volksvertreterin der Grünen argumentierte, dass sich die Schweiz mit der Ratifizierung der UNO-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2014 verpflichtet habe, Menschen mit Behinderungen auch eine echte politische Teilhabe zu ermöglichen. Dies sei für rund 800'000 Menschen in der Schweiz nicht möglich, weil sie trotz obligatorischer Schulbildung einen einfachen Text nicht lesen oder verstehen könnten. Mit der Übersetzung der Abstimmungsempfehlungen in sogenannte «leichte Sprache» könnte der Bund in einem Pilotversuch einen ersten Schritt zu geeigneten Wahlmaterialien machen, wie sie von der Konvention gefordert würden.
Bundeskanzler Walter Thurnherr versicherte dem Rat, dass die Regierung seit gut einem Jahr daran sei, Techniken für eine barrierefreie Kommunikation zu entwickeln. So sei etwa für die Wahlen im Herbst 2019 vorgesehen, dass der Behindertendachverband Insieme mit finanzieller Unterstützung des EDI die Wahlbroschüre von Easyvote in leichte Sprache übersetze. Er warnte allerdings davor, die Abstimmungserläuterungen zu stark zu vereinfachen, da diese den gesetzlichen Anforderungen an die Information der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger genügen müssten und im Falle von Beschwerden vom Bundesgericht als wichtige Grundlage beigezogen würden – Thurnherr verwies explizit auf die Abstimmung über die Abschaffung der Heiratsstrafe. Mit 133 zu 56 Stimmen bei 2 Enthaltungen folgte die Mehrheit des Rates den vom Bundeskanzler vertretenen Argumenten der Regierung und lehnte die Motion ab.

Leichte Sprache in den Abstimmungserläuterungen

L'Association des Communes Suisses (ACS) a lancé en 2019 «l'Année du travail de milice». Avec une série de collaborations et d'évènements, l'objectif consiste à renforcer le système de milice et développer des solutions afin qu'il puisse perdurer.


Année du travail de milice

Im Herbst 2018 lancierte die Bundeskanzlei ihre neue Abstimmungs-App «VoteInfo» mit übersichtlichen Informationen zu allen anstehenden kantonalen und nationalen Abstimmungen. Neben den Abstimmungserläuterungen und den wichtigsten Argumenten können auch die Parolen der Parteien abgerufen werden. Am Abstimmungstag selber werden zudem die Resultate des Urnengangs präsentiert und laufend aktualisiert, sowohl auf Ebene Kanton als auch auf Ebene Gemeinde. Vorbild für die Applikation war ein ähnliches Angebot des Kantons Zürich («Züri stimmt App»). Als sehr erfreulich wurde in den Medien der Umstand bezeichnet, dass alle Kantone das Vorhaben unterstützen und die entsprechenden Daten liefern. Kritik kam vom Dachverband der Schweizer Jugendparlamente (DSJ), der im Rahmen von Easyvote – dem Kompetenzzentrum für die Förderung der politischen Teilhabe junger Erwachsener mittels entsprechend aufbereiteter Abstimmungsinformationen – eine ähnliche App lancieren wollte: Die Applikation des Bundes nutze die Möglichkeiten noch zu wenig. Bedenken äusserte auch Franz Grüter (svp, LU), der sich als Kritiker von E-Voting einen Namen machte. Er hoffe, dass die App nicht eine Vorstufe für E-Voting sei.

Abstimmungs-App

Die Chancen von «Civic Tech» nutzen will Damian Müller (fdp, LU). Der Luzerner Kantonsvertreter bemängelt die Strategie des Bundesrates für eine digitale Schweiz, die im gleichnamigen Bericht lediglich E-Voting als Instrument für eine Bereicherung der politischen Partizipation mittels Digitalisierung betrachte. Der Begriff «Civic Technology» bezeichnet Informationstechnologien mit denen das politische Engagement und die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern gefördert werden soll. Müller regte an, dass der Bundesrat in einem durch sein Postulat verlangten Bericht darlegt, welche weiteren Möglichkeiten es gäbe: Digitale Technologien könnten zum Beispiel auch die Anhörungen und Vernehmlassungen oder die Interaktion mit Behörden sowie mit Politikerinnen und Politikern vereinfachen. Eine Weiterentwicklung des demokratischen Systems, auch ausserhalb von E-Voting und E-Government, sei zwingend nötig.
Der Bundesrat begrüsste das Postulat und schlug vor, einen gemeinsamen Bericht zum Postulat Müller und zum im Nationalrat bereits im Mai 2017 angenommenen Postulat Hausammann (Po. 17.3149) zu verfassen. Markus Hausammann (svp, TG) hatte damals angeregt, die Vernehmlassungsverfahren effizienter zu machen. Bundeskanzler Thurnherr machte in der Debatte freilich darauf aufmerksam, dass Digitalisierung kein Selbstzweck sei und man immer auch abwägen müsse, was an Zeit zu gewinnen und an Gehalt zu verlieren sei. Demokratie dürfe nicht mit dem «Messen der politischen Tageslaune» verwechselt werden. Der Rat nahm das Postulat stillschweigend an.

Chancen von «Civic Tech» nutzen
Dossier: Vote électronique

In der Ratsdebatte verteidigte Lorenz Hess (bdp, BE) seine parlamentarische Initiative, mit der er die Einführung einer Stimmpflicht fordert. Demokratie beinhalte auch Pflichten und nicht nur Rechte. Eine wie in Schaffhausen mit einer geringen Busse verknüpfte Pflicht, an Abstimmungen und Wahlen teilzunehmen, könne durchaus auch als Motivation betrachtet werden. Peter Keller (svp, NW) hielt dem Initianten eine Studie entgegen, in welcher gezeigt werde, dass politische Beteiligung selektiv geschehe. Es sei also nicht so, dass mehr als die Hälfte der Stimmberechtigten sich nie beteilige. Die durchschnittliche Beteiligung von rund 50% sei also gar nicht so dramatisch. Dies sah wohl auch der Grossteil der Nationalrätinnen und Nationalräte so: Der Initiative wurde mit 166 zu 13 Stimmen (10 Enthaltungen) keine Folge gegeben.

Einführung einer Stimmpflicht (Pa.Iv. 15.498)

Lorenz Hess (bdp, BE) störte sich an der geringen Stimm- und Wahlbeteiligung in der Schweiz. Die "Dauertiefstimmbeteiligung" von unter 50% verzerre die Resultate bei Wahlen und Abstimmungen und stelle auf die Dauer eine Gefahr für das politische System Schweiz dar. Mit einer nach den eidgenössischen Wahlen 2015 eingereichten parlamentarischen Initiative forderte der Berner Nationalrat deshalb die Einführung einer Stimmpflicht. Der Kanton Schaffhausen kenne diese bereits seit 1892 und weise deshalb stets stark überdurchschnittliche Partizipationsraten aus. Das Schaffhauser System könne problemlos von allen Kantonen übernommen werden: Es seien entsprechend eine Altersgrenze von 65 Jahren und Entschuldigungsgründe (Militär- oder Zivilschutzdienst, berufliche oder familiäre Verpflichtungen, Krankheit, schwere Erkrankung Angehöriger oder Ferienabwesenheit) zu regeln. Die Höhe der Busse, die vollumfänglich den Kantonen zugute kommen solle, sei von diesen selber zu bestimmen.
Die SPK-NR lehnte den Vorstoss Anfang 2017 mit 22 zu 2 Stimmen deutlich ab. Das Stimmrecht sei ein Recht und keine Pflicht und beinhalte entsprechend auch das Recht zu schweigen. Zudem bestehe die Gefahr, dass schlecht informierte Personen zur Beteiligung gezwungen würden. Man müsse zudem bei den Ursachen ansetzen: Um zur Beteiligung zu motivieren, müsse das politische Interesse durch neue und angemessene Kommunikationsmittel gesteigert werden. Zudem wäre mit der Einführung eines Stimm- und Wahlzwangs ein hoher bürokratischer Aufwand verbunden.

Einführung einer Stimmpflicht (Pa.Iv. 15.498)

A l'approche du vote sur l'appartenance cantonale de Moutier, les opérations de séduction se succèdent de la part des cantons de Berne et du Jura. Ainsi, en octobre 2016, huit mois avant le scrutin, l'entier du gouvernement du canton de Berne a effectué une visite dans la cité prévôtoise afin de "tâter le pouls", selon les dires de la présidente du gouvernement bernois Beatrice Simon, et rappeler à la population que le gouvernement "[tient] à Moutier". Le maire autonomiste de la ville, Marcel Winistoerfer, en a profité pour évoquer sa position favorable au rattachement au Jura. Le Conseil communal de la ville – à majorité autonomiste – a, par ailleurs, confirmé ses propos après avoir analysé les deux expertises externes commandées par Moutier et les deux cantons, semblant indiquer que la cité prévôtoise avait avantage à changer de canton.
En décembre 2016, ce sont les autorités jurassiennes – par la voix de Charles Juillard – qui présentaient leur plan de bataille aux médias. Ce dernier prévoit ainsi la délocalisation de 170 emplois à plein temps dans l'administration, des emplois jusqu'à présent implantés dans d'autres lieux du canton et qui atterriraient à Moutier. Ainsi y seraient, entre autre, transférés le Service des contributions, le Service de l'informatique, le Contrôle des finances, le Tribunal des mineurs et l'Office des sports. Les personnes travaillant actuellement dans l'administration bernoise garderaient une place dans l'administration jurassienne, ainsi que leur salaire. En ce qui concerne les démarches administratives liées au changement de canton, elles seraient simplifiées et gratuites pour les Prévôtois. Toutes ces mesures sont présentées dans le message électoral rédigé par le gouvernement jurassien.
Quelques mois plus tard, en mars 2017, le gouvernement bernois a répondu à des questions posées par les autorités de la ville de Moutier concernant l'environnement et l'éducation et en a également profité pour faire remarquer que l'actuelle école à journée continue, fréquentée par 170 enfants est subventionnée à plus d'un million de francs par an et qu'un tel système n'existe pas dans le canton du Jura. Concernant l'aménagement du territoire, les autorités bernoises ont insisté sur le fait que Moutier fait partie d'un centre régional d'importance cantonale.
A la fin du même mois, trois des ministres cantonaux bernois – Bernhard Pulver, Christoph Neuhaus et Pierre Alain Schnegg – ont présenté aux médias le message officiel utilisé pour le scrutin. En plus des points cités en amont, ils ont rappelé l'importance de Moutier et de toute la partie francophone bernoise pour la cohésion interculturelle entre Romandie et Suisse-Allemanique, ainsi que pour le canton de Berne, qui ne serait plus le même sans Moutier. Y furent également mentionnés l'enveloppe de 700'000 francs que Moutier reçoit annuellement pour ses projets et institutions culturels, ainsi que les 2,5 millions de francs provenant de la péréquation financière intercantonale. Le gouvernement bernois prévoit, de plus, la création d'un parc industriel ainsi que la réfection de la route cantonale.
Finalement, au mois de mai, le Conseil du Jura-bernois a indiqué souhaiter que Moutier reste bernoise, argumentant sa position en douze points, tandis que le parlement jurassien s'est lui prononcé, par 58 voix pour et une abstention, en faveur de l'intégration de la ville au canton du Jura.
Le mot de la fin reste dans les mains de la population prévôtoise, qui devra choisir entre le célèbre "Un tiens vaut mieux que deux tu l'auras" des partisans bernois promulguant le statu-quo et le slogan brandi par les autonomistes "Pour que demain ne se limite pas à aujourd'hui".

Votation communale du 18 juin 2017 à Moutier sur l'appartenance cantonale et répétition du 28 mars 2021
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Afin d'aider les habitants de la commune de Moutier à décider de leur appartenance cantonale, deux expertises mandatées par les cantons de Berne et du Jura, ainsi que par la ville de Moutier, ont été rendues publiques. Elles ont pour but de présenter aux habitants de Moutier l'impact supposé qu'aurait un changement de canton. L'une concerne les prestations fournies par les deux cantons et répond à 18 questions sélectionnées par les trois mandataires (promotion économique, taux d'imposition, aide sociale, culture, etc), tandis que l'autre s'intéresse à l'avenir du site hospitalier de Moutier – un point qui est source de tensions entre les deux camps. L'une des conclusions du premier rapport est que les Prévôtois – tels que sont appelés les habitants de Moutier – paieraient légèrement moins d'impôts s'ils décidaient d'appartenir au canton du Jura. Par contre, Moutier – et l'ensemble du Jura bernois – profite sous certains aspects du statut spécial conféré à cette région au sein du canton de Berne, par exemple en ce qui concerne les subventions culturelles.
Les scénarios concernant l'hôpital sont nombreux et dépendent de la bonne volonté politique, ainsi que de la bonne collaboration entre les deux cantons. En cas de non-entente, l'établissement hospitalier risquerait une éventuelle fermeture par les autorités bernoises.
Dans l'ensemble, ces deux études semblent suggérer que Moutier aurait avantage à passer du côté jurassien. Le canton de Berne a, par ailleurs, refusé de présenter tels quels les résultats de ces rapports, préférant sa propre version. Le canton du Jura en sortirait également financièrement gagnant au vue de la péréquation intercantonale qui lui octroierait 26 millions; le canton de Berne, quant à lui, perdrait 29 millions si Moutier décidait de changer de canton. Les Prévôtois représenteraient également près de 10% de la population au sein du canton du Jura, significativement plus que leur poids démographique actuel dans le canton de Berne. Malgré tout - comme le note un analyse du journal "Le Temps" - cette votation, au delà des chiffres et des faits, sera plus une affaire de cœur.

Votation communale du 18 juin 2017 à Moutier sur l'appartenance cantonale et répétition du 28 mars 2021
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Ende Januar 2016 folgte der Grosse Rat des Kantons Bern dem Antrag seiner Regierung und beschloss ein zweiteiliges Abstimmungsprozedere. Wie sich dies auch die kleinen, eng mit Moutier verknüpften Gemeinden Grandval, Belprahon, Sorvillier und Crémines gewünscht hatten, soll zuerst Moutier darüber abstimmen, ob die Gemeinde im Kanton Bern bleiben oder zum Kanton Jura wechseln will. Erst in einem zweiten Schritt und im Wissen über den Abstimmungsausgang im Nachbarstädtchen, soll anschliessend die Bevölkerung der vier wesentlich kleineren Gemeinden abstimmen. Im Falle eines Neins von Moutier dürften drei der vier umliegenden Gemeinden wohl ganz auf eine Abstimmung verzichten – nur Sorvillier hat sich für diesen Fall noch nicht festgelegt. Neben der Regierung hatten sich auch die vorberatende Kommission und die Deputation der französischsprachigen Grossräte für diese Lösung ausgesprochen. Die SVP wehrte sich vergeblich, indem sie daran erinnerte, dass das Berner Parlament im Juni 2015 eine Motion überwiesen habe, die Abstimmungen an nur einem Termin gefordert hatte. Zahlreiche Grossräte, die noch im Juni zu den Befürwortern jener Motion gehört hatten, begründeten ihren Meinungswechsel mit dem beschlossenen Zusatz, dass die beiden Abstimmungstermine maximal drei Monate auseinander liegen dürfen. Damit werde der befürchtete Abstimmungstourismus verhindert, also die Möglichkeit, dass jemand in eine Gemeinde umziehe, nur um dort erneut abstimmen zu können. Das Stimmrecht ist nämlich an eine Mindestwohndauer von eben drei Monaten geknüpft. Bei der Schlussabstimmung fanden sich 108 Stimmen für und 42 Stimmen gegen dieses zweiteilige Verfahren. Die SVP hatte auch vergeblich dagegen protestiert, dass der Kanton Jura im Abstimmungsbüchlein bei den kommunalen Abstimmungen seine Position vertreten darf. Der chancenlose Antrag wurde zurückgezogen. Moutier entschied sich Ende Februar definitiv für den 18. Juni 2017 als Abstimmungsdatum.

Votation communale du 18 juin 2017 à Moutier sur l'appartenance cantonale et répétition du 28 mars 2021
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Kantonswechsel von Gemeinden sind relativ selten. Seit dem Wechsel der Gemeinde Vellerat vom Kanton Bern zum Kanton Jura war dies nicht mehr vorgekommen. Nicht nur mit der noch in Moutier und einigen Nachbargemeinden hängigen Jurafrage könnte bald ein neuerlicher Wechsel einer Gemeinde anstehen, sondern auch mit den Absichten der Berner Gemeinde Clavaleyres. Die bernische Exklave wollte als Kleinstgemeinde eigentlich mit der Nachbargemeinde Münchenwiler – ebenfalls bernische Exklave – fusionieren, was Letztere allerdings ablehnte. Nach dem Nein von Münchenwiler suchte Clavaleyres den Kontakt mit der Nachbarstadt Murten, die dem Kanton Freiburg angehört. Beide Gemeinden pflegen bereits eine intensive Zusammenarbeit. So erstaunt nicht, dass das Murtener Parlament den ersten Abklärungen für eine Fusion zustimmte – nicht zuletzt, weil die Stadt per Januar 2016 mit vier anderen Freiburgischen Nachbargemeinden fusioniert. Ein interkantonaler Fusionsprozess hat allerdings seine Tücken, weil nicht nur beide Gemeinden zustimmen müssen, sondern auch die beiden beteiligten Kantone Vereinbarungen treffen müssen. Schliesslich müssten auch die Kantonsparlamente und die kantonalen Stimmbevölkerungen einem Zusammengehen zustimmen. Das Fusionsprojekt ebenfalls absegnen müsste dann das eidgenössische Parlament. Im Gegensatz zu Vellerat wäre hingegen die Zustimmung der schweizerischen Stimmbevölkerung nicht mehr nötig; die entsprechende Regelung war mit der neuen Bundesverfassung gestrichen worden.

Clavaleyres

Die Kampagne für einen Kantonswechsel von Moutier begann bereits 2015, also rund zwei Jahre vor dem geplanten Abstimmungstermin. Bereits Anfang September 2015 hatte ein Komitee "Moutier, ville jurassienne" mit der Kampagne für einen Kantonswechsel begonnen. Rund 150 Personen begannen in ihren jeweiligen Quartieren Nachbarn zu besuchen, um den Puls zu fühlen. Im Kanton Jura wurde am "Fête du peuple jurassien" eine Petition lanciert, die die jurassische Regierung auffordert, alles zu tun, um Moutier zu zeigen, dass das Städtchen im Nordkanton willkommen sei. Alle Parteien mit Ausnahme der SVP und der FDP unterstützten das Sammeln der Unterschriften. Das traditionelle Fest im Kanton Jura stand ganz im Zeichen von Moutier.
Um dem Ja von Moutier am 24. November 2013 zu gedenken und dem Städtchen zu zeigen, wie stark das Herz des Kantons Jura für Moutier schlage, wurden am 24. November 2015 auf allen Jurassischen Gemeindehäusern die Flagge von Moutier gehisst. Die Petition "Bienvenue à Moutier" wurde am 17. Dezember 2015 mit 7474 Unterschriften der Kantonskanzlei überwiesen.

Votation communale du 18 juin 2017 à Moutier sur l'appartenance cantonale et répétition du 28 mars 2021
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Bis zum 24. November 2015 hatten die bernjurassischen Gemeinden Zeit, ein Gesuch für eine kommunale Abstimmung über den Verbleib im Kanton Bern oder einen Wechsel zum Kanton Jura einzureichen. Nachdem sich im November 2013 ausser den Gemeinden Moutier und Belprahon (mit einem Patt) alle Gemeinden teilweise deutlich gegen einen Fusionsprozess ausgesprochen hatten, war die Ermöglichung kommunaler Abstimmungen der letzte Schritt zur Lösung der sogenannten Jurafrage. Neben Moutier und Belprahon hatte sich auch die Gemeinde Grandval um eine Abstimmung bemüht. Allerdings wollten die beiden kleineren Nachbargemeinden des Städtchens Moutier erst nach dem Entscheid des grossen Nachbarn abstimmen.
Ende Juni reichte mit Crémines eine weitere Nachbargemeinde ein Gesuch ein. Eine Petition mit 25 Unterschriften war vom Gemeinderat mit 3:2 Stimmen gutgeheissen worden. Auch Crémines gab bekannt, nur dann abstimmen zu wollen, falls Moutier sich für einen Kantonswechsel ausspricht. Anfang November entschied sich schliesslich auch Sorvillier, ein Gesuch für eine kommunale Abstimmung zu stellen. Auch hier wollte man zeitlich nach der Entscheidung in Moutier abstimmen können. In der Zwischenzeit hatte der Berner Regierungsrat den Gesetzesvorschlag mit zwei Varianten vorgelegt, wobei eine Variante die gestaffelte Abstimmung vorsah.
Gegen eine Abstimmung entschieden sich Mitte November die Gemeinderegierungen von Eschert und Court, den beiden südlichen Nachbarn von Moutier. So blieb es am 25. November bei den fünf Gemeinden Moutier, Belprahon, Grandval, Crémines und Sorvillier, die bei der Abstimmung von 2013 mit die höchsten Ja-Stimmenanteile aufgewiesen hatten: Moutier hatte als einzige Gemeinde eine Ja-Mehrheit (55.4%) und Belprahon ein Patt (50%) aufgewiesen. Sorvillier folgte damals mit 45.9% auf dem dritten Rang gefolgt von Monible (44%), Pontenet (43.4%) und Perefitte (41.2%). Auch in Grandval (37.1%) und Crémines (35.0%) hatte sich damals mehr als ein Drittel der Bevölkerung für einen Fusionsprozess ausgesprochen. Die einzige Gemeinde im Berner Jura, in der der Ja-Stimmenanteil bei der Abstimmung von 2013 mit 35.8% ebenfalls über einem Drittel gelegen hatte, war Court.

Votation communale du 18 juin 2017 à Moutier sur l'appartenance cantonale et répétition du 28 mars 2021
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Mitte Oktober verabschiedete der Berner Regierungsrat zuhanden des Grossrates seinen Gesetzesentwurf zur Regelung der kommunalen Abstimmungen über einen Wechsel zum Kanton Jura. Die Vorlage enthielt zwei Varianten. Variante 1 sah vor, dass die Gemeinden, die um eine Abstimmung ersuchten, das Plebiszit an zwei unterschiedlichen Daten durchführten. Der Regierungsrat sprach sich für diese Variante aus, die er bereits im Frühjahr 2015 propagiert hatte und die dem Wunsch der involvierten Gemeinden entsprach. Variante 1 widersprach aber einer kantonalen Motion, die im Sommer überwiesen worden war und verlangte, dass die kommunalen Abstimmungen alle gleichzeitig durchgeführt werden sollen. Diesem Umstand trug der Regierungsrat in Vorlage 2 Rechnung: Wenn alle Gemeinden gleichzeitig abstimmen sollen, dann aber über unterschiedliche Fragestellungen. Die Nachbargemeinden von Moutier sollten in diesem Fall eine Eventualfrage beantworten.
Die Empfehlung der Regierung stiess der SVP sauer auf, fand bei den Autonomisten hingegen viel Lob. Die vorberatende Kommission sprach sich Anfang November mit 13 zu 2 Stimmen ebenfalls für die von der Regierung präferierte zweistufige Abstimmungsvariante aus.

Votation communale du 18 juin 2017 à Moutier sur l'appartenance cantonale et répétition du 28 mars 2021
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

In seiner Antwort auf eine Interpellation Graber (svp, BE) mischte sich auch der Bundesrat in die Frage ein, ob die kommunalen Abstimmungen zu einem allfälligen Kantonswechsel zeitgleich oder gestaffelt stattfinden sollen. Die Nachbargemeinden von Moutier wollten eigentlich nur abstimmen, wenn Moutier sich für einen Kantonswechsel ausspräche. Der Berner Grosse Rat hatte jedoch eine Motion überwiesen, mit der eine zeitlich gestaffelte Abstimmung verhindert werden soll. Graber wollte von der Landesregierung wissen, ob dieses Verbot gegen die Gemeindeautonomie verstosse und ob eine Eventualabstimmung – die kleineren Gemeinden sollten auch darüber befinden, ob sie einen Kantonswechsel wollten, falls Moutier nein stimmen würde – rechtskonform sei. In seiner Antwort Ende August wies der Bundesrat ausdrücklich darauf hin, dass das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei und diese Frage noch vom Berner Grossrat im Rahmen der Debatte um die entsprechende Gesetzesänderung gelöst werden müsse. Im Prinzip sehe der Bundesrat aber die Gemeindeautonomie auch mit einer gleichzeitigen Abstimmung nicht verletzt. Zudem könne eine Eventualabstimmung durchgeführt werden, wenn die entsprechende Frage präzis gestellt werde. In ihrer Antwort machte die Landesregierung gar einen entsprechenden Vorschlag: "Wollen Sie, dass Ihre Gemeinde sich der Republik und dem Kanton Jura anschliesst, wenn die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Moutier sich für den Übertritt ihrer Gemeinde in die Republik und den Kanton Jura entscheiden?" Wenig erfreut über die "Einmischung des Bundesrates" zeigte sich der Bürgermeister von Moutier, Maxime Zuber (BE, psa).

Votation communale du 18 juin 2017 à Moutier sur l'appartenance cantonale et répétition du 28 mars 2021
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Mitte März legte die Berner Regierung einen ersten Entwurf für eine Gesetzesänderung vor, die den anstehenden kommunalen Abstimmungen einzelner bernjurassischer Gemeinden über einen möglichen Wechsel zum Kanton Jura als Grundlage dienen sollte. In der umstrittenen Frage der Terminierung schlug der Berner Regierungsrat eine Kompromisslösung vor. Um eine ganze Kaskade von Abstimmungen zu verhindern, waren maximal zwei Termine für die kommunalen Urnengänge vorgesehen. Damit trug die Regierung dem Umstand Rechnung, dass sich die Gemeinden Belprahon und Grandval, die neben Moutier bisher eine kommunale Abstimmung verlangt hatten, wohl nur dann zu einem möglichen Kantonswechsel äussern wollen, wenn Moutier diesen Beschluss zuvor fassen würde. Als Bedingung sah die Regierung allerdings vor, dass der zweite Termin innerhalb von sechs Monaten nach dem ersten Termin festgesetzt werden soll. Der Regierungsrat begründete den Vorschlag mit der Gemeindeautonomie, die nicht eingehalten würde, wenn man die Gemeinden zwingen würde, am gleichen Tag abzustimmen. Dieser Gesetzesentwurf soll voraussichtlich Anfang 2016 im Parlament beraten werden.
Die berntreuen Grossräte um Manfred Bühler (BE, svp) zogen ihre bereits früher eingereichte Forderung, dass die kommunalen Abstimmungen am gleichen Tag stattfinden sollen, nach dem Bekanntwerden des regierungsrätlichen Kompromissvorschlages allerdings nicht zurück. Man wolle den Forderungen der Separatisten nicht einfach diskussionslos nachkommen. Die Verhandlungen über diesen Vorstoss wurden Anfang Juni im Berner Grossrat geführt. Mit einer satten bürgerlichen Mehrheit von 88 zu 56 Stimmen wurde die Motion Bühler überwiesen. Es wurde argumentiert, dass nach dem deutlichen Abstimmungsresultat von 2013 schon genügend Rücksicht auf die Minderheiten genommen worden sei. Zudem wurde die Befürchtung laut, dass Moutier im Falle eines Ja bei einer nachgelagerten Abstimmung Druck auf die beiden kleinen Nachbargemeinden ausüben könnte. Die mahnenden Stimmen, den laufenden Prozess nicht zu stören, verhallten ungehört. Auch der Hinweis von Regierungsrat Philippe Perrenoud (BE, sp), dass es keinen Grund gebe, überstürzt etwas zu entscheiden, bevor die entsprechende, bereits vorliegende Gesetzesvorlage beraten werde, fruchtete nicht. Mit einem Vorschlag für eine Eventualabstimmung versuchte die kantonale EVP die Diskussion zu erweitern: Grandval und Belprahon sollten gleichzeitig mit Moutier abstimmen, aber in einer Eventualfrage auch dazu Stellung nehmen, ob ein Kantonswechsel auch dann bejaht würde, wenn Moutier Nein sagen würde.
Derweil kündigten die Verantwortlichen von Moutier an, die Abstimmung am 18. Juni 2017 durchführen zu wollen. In den Kommentarspalten wurde dies entweder als Provokation oder als geschickter Schachzug bezeichnet – am 18. Juni 1940 hatte Charles de Gaulle von London aus zur Résistance gegen das Naziregime aufgerufen. Moutier wolle seine Autonomie wahrnehmen und selber bestimmen, wann die Abstimmung durchzuführen sei.

Votation communale du 18 juin 2017 à Moutier sur l'appartenance cantonale et répétition du 28 mars 2021
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Anfang Februar einigten sich Vertreterinnen und Vertreter der Gemeinde Moutier und der Kantone Bern und Jura auf eine Road-Map bezüglich der noch ausstehenden Abstimmung der Bürgerinnen und Bürger des nordbernischen Städtchens über einen möglichen Kantonswechsel. Wie dies beim langjährigen Prozess um die sogenannte Jurafrage vorgesehen war, soll die Abstimmungskaskade mit der kommunalen Entscheidung abgeschlossen werden. Moutier war die einzige Gemeinde, die in der Abstimmung vom November 2013 mit 55% Ja-Stimmenanteil einen Fusionsprozess mit dem Kanton Jura befürwortet hatte. Für diesen Fall war eine Entscheidung auf Gemeindeebene vorgesehen worden. Die Autoritäten einigten sich, dass die Regierung des Kantons Bern eine Gesetzesvorlage ausarbeite, auf deren Basis eine Gemeindeabstimmung durchgeführt und von den lokalen Behörden organisiert werden soll. Als erstes Datum für eine kommunale Entscheidung wurde Frühjahr 2017 angepeilt. Auch die Abstimmungsfrage wurde in der Road-Map definiert: "Voulez-vous que la commune de Moutier rejoigne la République et Canton du Jura?" Nach dieser kommunalen Abstimmung sollte die Jurafrage als "definitiv geregelt" betrachtet werden. Im Falle eines Ja müssten die beiden Kantone Bern und Jura ein interkantonales Konkordat aushandeln, das der Zustimmung der kantonalen Bevölkerungen bedarf. Ein Kantonswechsel müsste dann auch noch vom nationalen Parlament abgesegnet werden. Gleichzeitig einigten sich die drei Verhandlungspartner darauf, ein neutrales Gutachten zu den Auswirkungen eines Wechsels von Moutier zum Kanton Jura bzw. eines Verbleibs des Städtchens im Kanton Bern in Auftrag zu geben. In einem Abstimmungsbüchlein sollen zudem sowohl der Kanton Bern als auch der Kanton Jura Platz erhalten, um für sich zu werben.

Umstritten war die Frage, ob die beiden Gemeinden Belprahon und Grandval, die bis zu diesem Zeitpunkt ebenfalls den Wunsch für eine kommunale Abstimmung geäussert hatten – in Belprahon hatte die Abstimmung 2013 mit einem Patt geendet – gleichzeitig wie Moutier abstimmen sollten oder nicht. Beide Gemeinden liegen im gleichen Tal wie Moutier – im Grand Val – und würden sich im Falle eines Kantonswechsels ihres Nachbarstädtchens in einer Randlage des Kantons Bern wiederfinden und in diesem Falle ebenfalls über einen möglichen Kantonswechsel abstimmen wollen. In der Road-Map war deshalb vorgesehen, dass Belprahon und Grandval erst nach Moutier und nur im Falle eines Ja über einen allfälligen Kantonswechsel abstimmen würden. Drei probernische Grossräte – Manfred Bühler (BE, svp), Franics Daetwyler (BE, sp) und Dave von Kaenel (BE, fdp) – wehrten sich mit einer Motion gegen diese Idee. Sie forderten, dass alle drei Gemeinden zeitgleich über ihre Zukunft abzustimmen hätten. Wenn jede Gemeinde selber bestimmen könne, wann sie eine Abstimmung über einen Kantonswechsel durchführen wolle, käme es zu einer unerwünschten Abstimmungskaskade, so die Begründung.

Votation communale du 18 juin 2017 à Moutier sur l'appartenance cantonale et répétition du 28 mars 2021
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt

Die Standesinitiative des Kantons Bern, die eine Sitzgarantie für sprachliche Minderheiten mehrsprachiger Kantone forderte und die 2013 vom Nationalrat abgelehnt worden war, fand 2014 auch im Ständerat keine Gnade. Zwar wurde das Anliegen als berechtigt betrachtet – immerhin seien im Kanton Bern 8% der Bevölkerung aufgrund ihrer französischen Muttersprache mit keinem der 26 Berner Parlamentarier vertreten – dies zu beheben sei allerdings nicht Sache des Bundes, sondern der Kantone selber (vgl. dazu auch Kapitel 1c).

Sitzgarantie für sprachliche Minderheiten (Kt. Iv. 12.314)

Nachdem sich 2013 lediglich Moutier und mit einem Patt aus 110 zu 110 Stimmen auch die Gemeinde Belprahon für einen möglichen Fusionsprozess mit dem Kanton Jura ausgesprochen hatten, war die Jurafrage noch nicht ganz vom Tisch. Das Abkommen zwischen den Kantonen Bern und Jura sah die Möglichkeit von kommunalen Abstimmungen nach der Kantonal- bzw. Regionalabstimmung vom 24. November 2013 vor. Gesuche für eine kommunale Abstimmung können bis zwei Jahre nach dem Urnengang eingereicht werden. Allerdings mussten die Rechtsgrundlagen für den eigentlichen Abstimmungsprozess noch geschaffen werden – den kommunalen Urnengängen haben auch noch jeweils kantonale zu folgen. Umstritten war dabei insbesondere die Reihenfolge, ob es also zuerst eine kommunale Konsultativabstimmung geben sollte und erst anschliessend eine Verhandlung zwischen den Kantonen Bern und Jura. Letztlich akzeptierte die Berner Regierung den Vorschlag von Moutier, dass ein allfälliges Ja bei einer Abstimmung nicht einfach eine konsultative Absichtserklärung, sondern ein Bekenntnis für eine Fusion darstelle. Dies bedingte allerdings, dass vor einer Abstimmung die Modalitäten in einem Staatsvertrag ausgehandelt werden müssen. Eine kommunale Abstimmung kann so frühestens Ende 2016 stattfinden.
Die Gemeinde Moutier deponierte ihr Gesuch für eine solche kommunale Abstimmung Mitte April 2014 beim Berner Regierungsrat. Bei der Abstimmung 2013 hatte sich die Bevölkerung von Moutier knapp, mit 55%, für einen Prozess ausgesprochen, mit dem eine mögliche Fusion geplant werden sollte, nicht aber für eine definitive Fusion. Darüber hinaus hatte sich Moutier bereits 1998 in einer Konsultativabstimmung knapp gegen eine Fusion mit dem Kanton Jura ausgesprochen. Der Ausgang einer möglichen Abstimmung blieb also offen. Anfang September wurde bekannt, dass auch die Gemeinden Belprahon und Grandval einen Antrag auf eine kommunale Abstimmung gestellt hatten. Im Fall von Grandval hatte im November 2013 noch eine Mehrheit der Stimmenden für den Verbleib im Kanton Bern gestimmt. Beide Kleinstgemeinden machten deutlich, dass sie erst über eine mögliche Fusion mit dem Kanton Jura abstimmen wollten, wenn klar sei, wie Moutier entscheide. Dagegen regte sich allerdings rasch Widerstand von Pro-Berner-Seite: Eine Abstimmungskaskade müsse verhindert werden. Befürchtet wurde ein eigentlicher Dominoeffekt nach einem allfälligen Ja von Moutier. Deshalb müssten alle kommunalen Abstimmungen gleichzeitig stattfinden. Die Entscheidung darüber war 2014 noch offen.
Dass die Jurafrage auch mit der deutlichen Abstimmung von 2013 noch nicht vom Tisch ist, wurde auch in kleinen politischen Scharmützeln sichtbar. So wies etwa der scheidende, langjährige PSA-Grossrat Jean-Pierre Aellen darauf hin, dass der Dialog für eine Vereinigung immer weiter gehen müsse, was bei einigen SVP-Grossräten auf grossen Widerwillen stiess. Aber auch die Berner SVP, die sich zu den Siegerinnen der Jura-Abstimmung zählte, hielt die Jurafrage weiterhin am Köcheln. Insbesondere ihr aus dem Berner Jura stammende Regierungsratskandidat und Grossrat Manfred Bühler (BE, svp) versuchte aus der klaren Ablehnung, welche die französischsprechenden Berner einem Fusionsprozess mit dem Kanton Jura entgegenbrachten, Profit zu schlagen. So wollte er etwa von der Berner Regierung in einer Interpellation wissen, wie viel die Lösung des Konflikts den Kanton Bern bisher gekostet habe. Der Urnengang und die Finanzierung der Interjurassischen Versammlung, der tripartiten Organisation, die ab 1994 für den Prozess hin zur Abstimmung 2013 verantwortlich war und die per Ende 2015 aufgelöst wird, wurden insgesamt auf rund CHF 3.7 Mio. veranschlagt. Während die Regierung dieses Geld als gute Investition für eine befriedete Zukunft bezeichnete, hegte Bühler Zweifel. Insbesondere der Zusatz in der jurassischen Verfassung, der nach wie vor die Möglichkeit einer künftigen Fusion vorsah, war ihm ein Dorn im Auge. Die jurassische Regierung beschloss Anfang Juni, diesen Passus zu streichen und die bisherige Zusammenarbeit mit dem Berner Jura zu überdenken. Die Bemühungen Bühlers fruchteten jedoch auch hinsichtlich seiner Regierungskandidatur letztlich nicht. Er erhielt zwar bei den Regierungswahlen im ganzen Kanton mehr Stimmen als Philippe Perrenoud (BE, sp), konnte aber im Berner Jura zu wenig stark überzeugen. Dort holte der amtierende Perrenoud entscheidend mehr Stimmen. Die anschliessende Diskussion um den Jurasitz, der demjenigen Kandidierenden aus dem Berner Jura zufällt, der das grösste geometrische Mittel aus Stimmenzahl aus dem ganzen Kanton und aus dem bernjurassischen Wahlbezirk erhält, hielt in der Folge nicht lange an. Die SVP, die diese Regel Ende der 1980er Jahre mit eingeführt hatte, wehrte sich trotz Niederlage nicht dagegen. Es sei nicht der richtige Moment, darüber zu diskutieren, so SVP-Fraktionschef Peter Brand (BE, svp). Man wolle nicht als schlechter Verlierer dastehen, obwohl man sich gut vorstellen könne, die für den Wähler zu komplizierte Formel in Zukunft einmal abzuändern, so Anne-Caroline Graber (BE, svp). Mitte September heizten auch die Autonomisten aus dem Kanton Jura die Stimmung ein wenig an, indem sie ihre Solidarität mit Moutier bekundeten. Mit ihrer Liebeserklärung kreierten die Autonomisten quasi eine neue, kleine Jurafrage.

Votation populaire du Jura bernois du 24 novembre 2013 pour un processus de création d'un nouveau canton (avec le canton du Jura)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt
Dossier: Assemblée interjurassienne AIJ

Im Berichtjahr stand die 2012 von der Assemblé Interjurassienne (AIJ), der 1994 gegründeten Tripartiten Konferenz bestehend aus den Kantonen Jura und Bern und einer Vertretung des Bundes, vorgeschlagene erneute Juraabstimmung an. Konkret ging es um die Frage, ob ein Verfahren, das in die Gründung eines neuen Kantons mündet, der das Gebiet des heutigen Kantons Jura und des französischsprachigen Teils des Kantons Bern – den Berner Jura – umfasst, eingeleitet werden sollte. Mitte 2012 bereiteten die Regierungen der beiden betroffenen Kantone die entsprechenden Verfassungsänderungen vor – die Absichtserklärung der beiden Kantone war noch im Februar 2012 unterzeichnet worden. Im Kanton Bern war dabei die Idee des vorgesehenen zweistufigen Verfahrens umstritten. Nach einer ersten kantonalen (Jura) bzw. gesamtregionalen Abstimmung (Berner Jura) sollten die Gemeinden innert zweier Jahre eine kommunale Abstimmung durchführen können, mit der sie abhängig vom Ausgang der Gesamtabstimmung über einen Verbleib beim Kanton Bern oder einen Wechsel zum Kanton Jura entscheiden können. Noch Ende 2012 hatte die SVP des Kantons Bern im Grossen Rat eine Motion eingereicht, mit der dieser zweite Schritt verhindert werden sollte. Die Motionäre argumentierten, dass die Gefahr eines Flickenteppichs bestünde und die Initiative für eine erneute Abstimmung zur Jurafrage gar nicht von der Bernjurassischen Bevölkerung eingereicht worden sei, sondern von oben oktroyiert würde. Die Jurafrage sei schon lange geklärt und eine Abstimmung deshalb eine unnötige Zwängerei. Die Motion war zwar mit Hilfe der BDP und der EDU noch in der Wintersession letzten Jahres angenommen worden, die Jura-Delegation des Grossen Rates – aufgrund eines Sonderstatuts haben die französischsprachigen Parlamentarier ein Vetorecht – hatte aber einen Rückkommensantrag eingelegt, so dass Ende Januar 2013 erneut darüber befunden werden musste. Eine Annahme des Vorstosses hätte Neuverhandlungen zwischen den involvierten Kantonen bedingt. Diesmal wurde die Motion allerdings mit 78 zu 74 Stimmen knapp zurückgewiesen. Die Gegner sahen es als undemokratisch an, wenn die Bernjurassier nicht selber über ihre Zukunft entscheiden könnten. Die Änderung des Gesetzes zum Sonderstatut des Berner Juras, die die Grundlage für die Juraabstimmung auf Berner Seite schuf, wurde anschliessend mit 94 zu 51 Stimmen bei 8 Enthaltungen angenommen. Im Jurassischen Parlament passierte der Verfassungsartikel 139 als Grundlage für die Juraabstimmung im Nordkanton zwei Tage nach dem Berner Entscheid einstimmig und ohne Enthaltungen. Damit war der Weg frei für einen gemeinsamen Urnengang, der auf den 24. November angesetzt wurde.
Im Kanton Jura befürworteten alle Parteien mit Ausnahme der SVP einen Zusammenschluss, im Berner Jura standen vor allem autonomistische Gruppierungen für einen Kantonswechsel ein. Die Berner Kantonalparteien waren hingegen – mit Ausnahme der PSA, die für eine Fusion eintrat und den Grünen, die Stimmfreigabe beschlossen – alle für einen Verbleib der französischsprachigen Region beim Kanton Bern. Der Conseil du Jura Bernois (CJB), das Bernjurassische Regionalparlament mit Kompetenzen in Kultur- und Bildungsfragen, sprach sich Ende Juni mit 15:9 Stimmen für einen Verbleib beim Kanton Bern aus. Die Regierungen empfahlen jeweils ein Ja (Jura) bzw. ein Nein (Bern). Die in der Jurafrage seit jeher stark engagierten und in der Wahl der Mittel häufig unzimperlichen Béliers und Sangliers – erstere streben einen Grosskanton Jura an, letztere wollen den Verbleib des Berner Juras beim Kanton Bern – störten den Dialog kaum. Sie weigerten sich allerdings auch, die Charta der AIJ zu unterzeichnen (siehe unten). Eine im September vom Handels- und Industrieverein Bern durchgeführte Umfrage kam zum Schluss, dass rund drei Viertel der Gewerbetreibenden im Berner Jura den Verbleib im Kanton Bern bevorzugten. Die wichtigsten Argumente für den Anstoss eines Fusionsprozess war das politische Gewicht, welches der Berner Jura gewinnen könnte. Während der Kanton Jura von je zwei französischsprachigen National- und Ständeräten vertreten sei, werde die französischsprachige Bevölkerung des Kantons Bern durch deutschsprachige Parlamentarier beim Bund vertreten. Umstritten war, wo der Berner Jura wirtschaftlich besser aufgehoben sei. Im Kanton Jura waren seit 2000 mehr Firmen und Arbeitsplätze geschaffen worden als im Berner Jura, die Arbeitslosigkeit und die Steuerbelastung waren aber im Norden höher als im Süden. Die Staatsschulden pro Kopf lagen mit CHF -101 im Kanton Jura tiefer als im Kanton Bern (CHF -197), die wirtschaftliche Attraktivität des Kantons Bern wurde aber als höher eingeschätzt als jene des Kantons Jura. Während die Bevölkerungszahl im Kanton Jura in den letzten Jahren zunahm (Mitte 2013 wohnten rund 71 000 Personen im Kanton Jura), stagnierte das Bevölkerungswachstum im Berner Jura (52 000 Einwohner; 5.3% der Gesamtbevölkerung von Bern). Vor allem im Kanton Jura wurde zudem betont, dass ein Ja leidglich einen Prozess für einen allfälligen neuen Kanton anstosse. Ein solcher Prozess könne auch eine grosse Chance für ein modernes Kantonsgebilde sein. Die Gegner wiesen auf die Bedeutung der Region als Sprachbrücke hin. Der Kanton Bern habe in der gesamten Schweiz mit dem französischsprachigen Norden eine zentrale kulturelle und politische Brückenfunktion inne, die mit einem Ja am 24. November verloren ginge. Die Gegner warnten zudem vor der Idee eines Warmlaufens. Ein Ja im November wäre nicht bloss eine Einleitung für einen möglichen Fusionsprozess, sondern eine entscheidende Weichenstellung. Ein Nein könnte zudem die Stärkung der Autonomierechte in der Region nach sich ziehen.
Die im Spätfrühling langsam einsetzende Abstimmungskampagne verlief – anders als noch in den 1970er Jahren – auffallend sachlich. Ein Umstand der auch von der AIJ, die ihrerseits mit einer Charta für politischen Anstand warb, lobend hervorgehoben wurde. Im März war das finanzielle Engagement der beiden Kantonsregierungen ein Medienthema. Beide Exekutiven wollten sich nach den Grundsätzen der Objektivität, Transparenz und Verhältnismässigkeit für den Verbleib des Berner Juras beim Kanton Bern bzw. für einen Fusionsprozess engagieren und vor allem ihre Informationspflicht wahrnehmen. Eine Finanzierung von Abstimmungskampagnen käme nicht in Frage. Das Jurassische Pro-Komitee „construire ensemble“ gab – nach einigem Wirbel – gar eine Spende von der so genannten Wiedervereinigungsstiftung zurück. Die Stiftung hatte Ende der 80er Jahre Geld vom Kanton Jura erhalten. Die Sensibilität des Themas hat historische Wurzeln: Aus den so genannten Schwarzen Kassen hatte die Berner Regierung bei den 1970er-Plebisziten heimlich probernische Gruppierungen finanziert, was in den 1980er Jahren zum Berner Finanzskandal führte. Die Geschichte wurde auch im Berichtjahr wieder breit diskutiert. Bereits im Juni 2013 durchgeführte, erste Umfragen liessen darauf schliessen, dass die Meinungen früh gemacht waren. Es zeichnete sich ein relativ deutliches Nein im Berner Jura und ein ebenso deutliches Ja im Kanton Jura ab. Mitte Juli verschärfte sich der Ton ein wenig. Die SVP, die junge SVP und die Sangliers machten mit provokativen Plakaten auf sich aufmerksam („non à la mafia, non au Jura“), mit denen auch Behördenmitglieder aus dem Kanton Jura diffamiert wurden; so wurde etwa Elisabeth Baume-Schneider (sp) als Hexe karikiert, die dem Berner Jura einen vergifteten Apfel überreicht. Derweil luden die Béliers ein, via Facebook Ideen für Artikel für eine neue Verfassung zu entwerfen. Im September versprach der Bund für die Abstimmung 15 unabhängige Beobachter zu entsenden, die den fairen Verlauf des Urnengangs sicherstellen sollten. Ende September veranstaltete eine Gruppe von Antiseparatisten einen Umzug auf den Pierre Pertuis, einen Pass zwischen Tavannes und Sonceboz. Trotz emotionalen und markigen Aufrufen – etwa zu „totaler Mobilisation“ – blieb die Situation friedlich. Im Kanton Jura bemühten sich die Spitzen der Politik, für ein Ja zu werben. Der Abstimmungskampf blieb aber dennoch lau; die Jurassierinnen und Jurassier schienen sich gar nicht sonderlich für die Frage zu interessieren. Eine Mitte Oktober veröffentlichte Studie zeigte anhand von Abstimmungsresultaten zu eidgenössischen Abstimmungen, dass der Berner Jura im Stimmverhalten grössere Ähnlichkeit mit dem Kanton Jura als mit dem restlichen Kanton Bern zeigt. Allerdings wurden dabei auch thematische und vor allem kommunale Nuancen sichtbar. Die grösste Übereinstimmung zeigte sich wenig überraschend in Moutier. Für etwas Wirbel sorgte eine Mitte Oktober an alle Haushalte im Berner Jura verschickte Broschüre von „construire ensemble“, in der mit einem finanziellen Gewinn für den Berner Jura geworben wurde, der sich bei einer Fusion dank höherer Zahlungen aus dem Finanzausgleich einstellen würde. Auch die Béliers machten auf sich aufmerksam, indem sie regionale Einrichtungen symbolisch mit Ketten verschlossen, um darauf hinzuweisen, dass diese vom Kanton Bern zu wenig unterstützt würden. Für einiges Aufsehen sorgte zudem die in einem Interview mit Le Temps Anfang September gemachte Aussage der Freiburger Regierungsrätin Isabelle Chassot (cvp), die ein Zusammengehen empfahl. Dies hatte – nach einer Interpellation im Berner Grossrat – gar einen interkantonalen Briefwechsel auf Regierungsebene zur Folge. Zwei weitere rund einen Monat vor der Abstimmung durchgeführte Umfragen bestätigten die Trends vom Juni: Einem massiven Ja im Kanton Jura (rund 70 bis 75%) stand ein allerdings nicht mehr so deutliches Nein (rund 55 bis 60%) im Berner Jura gegenüber. Darüber hinaus liess sich eine sehr knappe Entscheidung im Städtchen Moutier absehen. Die Umfrageprognosen bestätigten sich am Abstimmungssonntag vom 24. November. Allerdings war das Nein im Berner Jura wesentlich massiver als erwartet: 71,8% der Bernjurassier verwarfen die Fusionspläne. Die Stimmbeteiligung lag bei hohen 72,7%. Noch deutlicher war das Resultat im Kanton Jura, wo sich 76,6% der teilnehmenden Stimmberechtigten – die Beteiligung lag hier bei 64,2% – für einen Fusionsprozess aussprachen. Alle Jurassischen Gemeinden wiesen Ja-Mehrheiten auf. Die Enttäuschung auf Jura-Seite und die Freude auf Berner Seite waren gross. Damit war die Jurafrage, wie von vielen gewünscht, allerdings nicht vom Tisch, da sich Moutier mit 55% Ja-Stimmenanteil für einen Fusionsprozess aussprach und sich in der Nachbargemeinde Belprahon ein Patt ergab: je 110 Stimmberechtigte stimmten für bzw. gegen den Prozess. Dadurch haben beide Gemeinden die Möglichkeit, eine kommunale Abstimmung zu organisieren, mit der über eine gemeindeweise Fusion mit dem Kanton Jura entschieden werden soll. Das genaue Verfahren war allerdings noch offen. Am Abend der Abstimmung kam es zwar vereinzelt zu Provokationen der Pro-Berner in Moutier, insgesamt wurde der Abstimmungsprozess aber sowohl von den Abstimmungsbeobachtern des Bundes als auch in der internationalen Presse als vorbildlich bezeichnet. Das deutliche Nein warf bereits seine Schatten auf die im März 2014 anstehenden Kantonalberner Gesamterneuerungswahlen voraus. Allgemein wird erwartet, dass die Regierungsratswahlen aufgrund des Jura-Sitzes entschieden werden. Der Berner Jura hat dank seines Autonomiestatus einen garantierten Regierungssitz.

Votation populaire du Jura bernois du 24 novembre 2013 pour un processus de création d'un nouveau canton (avec le canton du Jura)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt
Dossier: Assemblée interjurassienne AIJ

Die Umsetzung der Absichtserklärung für eine zweite Jurafrage stiess vor allem im Kanton Bern auf beträchtliche Widerstände. Die Vorbereitung einer in der Absichtserklärung der AIJ (Assemblé Interjurassienne) vorgesehenen Volksabstimmung, die voraussichtlich Ende 2013 stattfinden wird, bedingt die Schaffung von entsprechenden Rechtsgrundlagen und einer Abänderung des Sonderstatuts des Berner Jura. Der Conseil du Jura Bern (CJB), ein mit dem Sonderstatut gebildetes, gewähltes Regionalparlament mit Kompetenzen in Kultur- und Bildungsfragen, forderte vom Kanton Jura die Garantie, dass dieser nach der geplanten Abstimmung die Jurafrage als gelöst bezeichnen wird. Mit einer Empfehlung wolle der CJB abwarten, bis diese wichtige Frage geklärt sei. Die Jurassische Regierung bekräftigte daraufhin ihren Willen zu einer guten Lösung in der Jurafrage und versprach, die Frage nach einem neuen Kanton Jura nach den Abstimmungen fallen zu lassen. Ende Juni stimmte der CJB dann mit 16 zu 7 Stimmen für den Abstimmungsprozess mit dem Hinweis, die Entwicklungen weiterhin kritisch zu verfolgen. Auf Berner Seite ging insbesondere die SVP früh in Fundamentalopposition. Es sei unverständlich, dass ohne Not und ohne eigentliche Nachfrage durch die Bevölkerung der Frieden im Berner Jura aufs Spiel gesetzt werde, liess die Volkspartei Ende Juni verlauten. Zudem bestehe mit der Erlaubnis einer nachträglichen Gemeindeabstimmung die Gefahr einer Zerstückelung der Region. Nach dem kritischen Ja des CJB legte die Berner Regierung ihren Vorschlag zur Änderung des Sonderstatuts vor. Regierungsrat Philippe Perrenoud (sp), dem das Dossier unterstand, sprach von einem aufwändigen Prozess, der aber ohne Alternative sei. Zeitgleich gab auch die Regierung des Kantons Jura die Verfassungsrevision in die Vernehmlassung. Anfang September lagen die Vernehmlassungsantworten im Kanton Bern vor. Die meisten Teilnehmer äusserten sich positiv, einzig die SVP, die chambre d’agriculture du Jura bernois und der Verband Bernischer Burgergemeinden stellten sich gegen das Abstimmungsprozedere. Vorbehalte meldete die EDU an und auch die BDP wies den zweiten Schritt mit der gemeindeweisen Abstimmung zurück. Die Beratungen in den kantonalen Parlamenten waren auf Januar 2013 geplant. Für Wirbel sorgte die SVP Bern aber bereits Anfang November mit einer Motion, die ein Verbot der nachgelagerten gemeindeweisen Abstimmungen verlangte. Zudem forderte die Partei, dass die Änderung des Sonderstatuts in einem Referendum der gesamten Berner Bevölkerung vorgelegt werden müsse. Ende November nahm der Grosse Rat die Motion mit 67 zu 64 Stimmen bei zwei Enthaltungen an. Allerdings legte die so genannte Jura-Delegation des Kantonsparlamentes ihr Veto ein. Die Abgeordneten aus dem Berner Jura haben ein Vetorecht bei Fragen die den Berner Jura betreffen. Der Entscheid wurde entsprechend auf Januar 2013 vertagt. Die Berner Regierung machte deutlich, dass die gemeindeweise Abstimmungen ein Bestandteil des Abkommens sei. Bleibe es bei der Entscheidung gegen den zweiten Schritt, so müssten die Kantone neu verhandeln. In der Person von Rudolf Joder (svp, BE) wurde der Konflikt auch ins nationale Parlament getragen. Joder verlangt in einem noch nicht behandelten Postulat (Po. 12.4256), dass der Bundesrat das geplante Verfahren zur Jurafrage auf Recht- und Verfassungsmässigkeit überprüfe.

Votation populaire du Jura bernois du 24 novembre 2013 pour un processus de création d'un nouveau canton (avec le canton du Jura)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt
Dossier: Assemblée interjurassienne AIJ

Nach jahrelangen und zahlreichen, zähen Diskussionen und Verhandlungen über die nach wie vor nicht gelöste Jurafrage, legte die 1994 gegründete Assemblé Interjurassienne (AIJ) – die Tripartite Konferenz bestehend aus den beiden Kantonen Jura und Bern und einer Vertretung des Bundes – eine Absichtserklärung vor. Das in Anwesenheit von Bundesrätin Sommaruga und dem Präsidenten der AIJ, Dick Marty, verabschiedete Dokument sieht rund 40 Jahre nach der ersten Jura-Abstimmung ein neues Referendumsprozedere vor. Zwei Volksabstimmungen sollen gleichzeitig im Kanton Jura und im Berner Jura durchgeführt werden. Die Abstimmungsfrage lautet dabei, ob ein Verfahren für die Gründung eines neuen Kantons eingeleitet werden solle, der den jetzigen Kanton Jura und den französischsprachigen Teil des Kantons Bern umfassen soll. Im Kanton Jura soll diese Frage im Rahmen einer Verfassungsänderung beantwortet werden, während es sich im Berner Jura um eine Konsultativabstimmung handeln wird. Die Vereinbarung wurde möglich, nachdem die Berner Regierung in der von der Presse so betitelten „Moutierfrage“ eingelenkt hatte: Nach der ersten Abstimmungsrunde können die bernjurassischen Gemeinden innert zwei Jahren einzeln eine kommunale Abstimmung durchführen mit der sie – je nach Ausgang der ersten Abstimmung – einen Verbleib beim Kanton Bern oder aber einen Wechsel zum Kanton Jura beantragen können. Erwartet wird, dass der Berner Jura sich für den Verbleib im Kanton Bern aussprechen wird, die ziemlich separatistische Berner Gemeinde Moutier dann aber eine zweite kommunale Abstimmung einfordern könnte.

Votation populaire du Jura bernois du 24 novembre 2013 pour un processus de création d'un nouveau canton (avec le canton du Jura)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt
Dossier: Assemblée interjurassienne AIJ

Die im Herbst 2009 eingereichte Motion Rennwald (sp. JU), die einen Kanton Jurabogen gefordert hatte, wurde im Herbst des Berichtsjahres abgeschrieben, weil sie seit mehr als zwei Jahren hängig war. In der Motion forderte Rennwald die Gründung eines neuen Kantons, welcher aus den Kantonen Neuenburg und Jura gebildet werden sollte. Der Bundesrat empfahl die Motion zur Ablehnung, weil solche Überlegungen von den betroffenen Kantonen selber initiiert werden müssten und Gespräche über die Zukunft der Juraregion bereits im Gange seien. Die „Assemblée interjurassienne“ (AIJ) verfasste 2009 einen Bericht über die institutionelle Zukunft dieser Region, wobei die Stellungnahmen der Berner Regierung und der jurassischen Regierung zum Schlussbericht der AIJ erheblich auseinander gingen. Zudem hatte die Association pour un canton de l’Arc jurassien 2010 ein Manifest für einen Kanton „Arc jurassien“, bestehend aus den Kantonen Neuenburg und Jura und Gemeinden des Berner Juras veröffentlicht. Im Februar des Berichtsjahres gründeten Vertreter aus den Kantonen Jura, Neuenburg, sowie aus dem Berner Jura einen Verein, welcher einen Aktionsplan zur Gründung des Kantons Jurabogen ausarbeiten soll. Gemäss Umfragen in mehreren Westschweizer Medien sei die Idee bei der Bevölkerung gut angekommen: Knapp 60% würden sich für die Schaffung eines Grosskantons aussprechen.

Gründung des Kantons Jurabogen (Mo. 09.3830)
Dossier: Assemblée interjurassienne AIJ

Im Mai entschied die Berner Regierung, dass sie den Jurakonflikt mit einer regionalen Volksabstimmung lösen will. Voraussichtlich 2013 soll die Bevölkerung des Berner Juras darüber befinden können, ob sie mit dem Kanton Jura fusionieren will oder nicht. Zuvor müssten die Regierungen der Kantone Bern und Jura Vereinbarungen unterzeichnen, damit das Abstimmungsergebnis auch anerkannt würde. Dies würde bedeuten, dass beide Kantone sich verpflichten, den Jurakonflikt nach der Abstimmung als beigelegt zu betrachten. Bisher fehlt es jedoch an der nötigen Rechtsgrundlage, um eine solche Vereinbarung zu unterzeichnen oder eine regionale Abstimmung durchzuführen.
Die jurassische Regierung und das jurassische Parlament wiesen in einer Stellungnahme die Pläne aus Bern zurück und sprachen sich dafür aus, dass die Gemeinden im Berner Jura allein und einzeln entscheiden sollen, ob sie einem andern Kanton angehören wollen. Mit Ausnahme der SVP sprachen sich alle Fraktionen für eine kommunale und regionale Abstimmung aus. Stein des Anstosses scheint das Städtchen Moutier zu sein, welches bereits seit 25 Jahren den Anschluss an den Kanton Jura wünscht, während sich die Gesamtbevölkerung im Südjura bislang eher für den Verbleib im Kanton Bern ausgesprochen hat.
Der Bernjurassischen Rat (Conseil du jura bernois, CJB), ein mit dem Sonderstatutsgesetz geschaffenes Gremium, das mithelfen soll, die sprachliche und kulturelle Identität der bernjurassischen Bevölkerung zu wahren, fühlte sich im Berichtsjahr zunehmend von der Berner Regierung übergangen.

Votation populaire du Jura bernois du 24 novembre 2013 pour un processus de création d'un nouveau canton (avec le canton du Jura)
Dossier: Moutier und der Jurakonflikt
Dossier: Assemblée interjurassienne AIJ