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In der Sommersession 2023 räumten die eidgenössischen Räte die Differenzen beim Bundesgesetz über die Digitalisierung im Notariat aus. Mit einer Ausnahme hiess der Ständerat alle Änderungen des Nationalrats stillschweigend gut. Fest hielt die Kantonskammer einzig an der Streichung von Regeln für die Kenntnisnahme des Inhalts bei elektronischen Urkunden. Ihrer Ansicht nach stifte der Artikel mehr Verwirrung als Klärung, was auch der Bundesrat einräumte. In der Folge erschien es auch dem Nationalrat sinnvoll, die Zuständigkeit ohne Regelung im Bundesgesetz bei den Kantonen zu belassen. Mit der stillschweigenden Zustimmung der grossen Kammer war die Vorlage bereit für die Schlussabstimmungen. Während der Ständerat den Entwurf einstimmig bei 8 Enthaltungen verabschiedete, nahm ihn der Nationalrat mit 142 zu 46 Stimmen bei 6 Enthaltungen an. Mit der Ausnahme von Nationalrat Manfred Bühler (svp, BE) verweigerte die SVP-Fraktion dem Geschäft in beiden Kammern die Zustimmung. Sie hatte im Nationalrat zuvor gar nicht darauf eintreten wollen, weil sie das Gesetz als unnötig erachtete.

Notariatsdigitalisierungsgesetz (BRG 21.083)

In der Sommersession 2023 nahm der Nationalrat mit 93 zu 82 Stimmen bei 7 Enthaltungen eine Motion Michaud Gigon (gp, VD) für die Schaffung eines Bürgschaftsprogramms für Schweizer KMU für Investitionen in klimafreundliche Technologien, in emissionsreduzierende Arbeits- und Produktionsprozesse und in die Digitalisierung an. Das Programm soll den Unternehmen zinsfreie oder preisgünstige Kredite für entsprechende Investitionen gewähren und damit ihre Innovationstätigkeit aufrechterhalten, so die Motionärin in ihrer Begründung. Um effizienter zu werden, müssten Unternehmen investieren, ihnen fehlten aber oftmals – auch in Folge der Covid-Pandemie – die nötigen liquiden Mittel und Reserven, um diese tätigen zu können. Den bundesrätlichen Einwand aus seiner Stellungnahme, es gebe bereits den Technologiefonds im Rahmen des CO2-Gesetzes, liess Michaud Gigon nur bedingt gelten, da jener die Unterstützung für die Entwicklung und Marktlancierung neuer Technologien biete, jedoch nicht für KMU gedacht sei, welche die Technologien als Kunden verwenden möchten. Guy Parmelin stimmte im Rat der Motionärin darin zu, dass die Innovationskraft des Schweizer Wirtschaftsstandorts weiter gestärkt werden müsse. Er verwies dazu etwa auf das Problem des Fachkräftemangels, auf die Stärken der dualen Berufsbildung und auf die geplante Reduktion des Verwaltungsaufwands im Zuge des Unternehmensentlastungsgesetzes. Der Bundesrat wolle im Bereich der Finanzierung ebenfalls bessere Bedingungen schaffen, indem anstelle eines hier vorgeschlagenen Bürgschaftsprogramms ein Innovationsfonds für den besseren Zugang zu Risikokapital in Form von Eigenkapital geschaffen wird. Eine Mehrheit des Rates aus den geschlossenen Fraktionen der SP, der Grünliberalen, der Grünen und eine Mehrheit der Mitte-Fraktion hielten jedoch am Vorschlag der Motionärin fest. Als Zweitrat wird sich der Ständerat zur Forderung äussern.

Bürgschaftsprogramm für Schweizer KMU für Investitionen in klimafreundliche Technologien und in die Digitalisierung (Mo. 21.3937)

In der Sommersession 2023 folgte der Nationalrat dem Antrag des Bundesrats und schrieb das Postulat der FDP-Liberalen Fraktion zur Schaffung eines Zentrums für Innovation in der Bundesverwaltung ab. Der Bundesrat hatte das Anliegen des Postulats mit Vorlegen des Berichts als erfüllt angesehen.

Bildung eines Zentrums für Innovation in der Bundesverwaltung (Po. 20.3240)

Eine Motion zur Einführung von Cell Broadcast, der gezielten Warnung bei Naturkatastrophen, stiess auch im Ständerat als Zweitrat auf offene Ohren. Stillschweigend nahm das Stöckli in der Sommersession 2023 eine entsprechende Motion Riniker (fdp, AG) an. Mittels Cell Broadcast können bei einer Naturkatastrophe Mitteilungen an sämtliche Mobiltelefone in einem bestimmten Gebiet gesendet werden. Das System ergänze damit das bestehende Alarmierungswesen via Sirenennetz, Radio und die App «Alertswiss», wie die einstimmig (bei einer Enthaltung) befürwortende UREK-SR im März 2023 erläuterte. Im Rat hob Kommissionssprecherin Mathilde Crevoisier Crelier (sp, JU) zudem die Vorteile von Cell Broadcast gegenüber einer Warnung via App hervor, da hierfür erstens keine Anwendung heruntergeladen werden müsse und damit zweitens zusätzlich auch internationale Touristinnen und Touristen im betroffenen Gebiet erreicht werden können. Auch Verteidigungsministerin Viola Amherd zeigte sich im Rat zufrieden und unterstrich die Wichtigkeit einer «mehrschichtige[n] und grossflächige[n] Alarmierung und Ereigniskommunikation». Die Forderung nach einer entsprechenden Gesetzesgrundlage fliesse in laufende Arbeiten des VBS zur Multikanalstrategie – die Kommunikation über verschiedene Kanäle wie Apps, Sirenen und Radiodurchsagen – ein, schloss Amherd. Mit der Annahme in beiden Räten erhielt der Bundesrat den entsprechenden Auftrag zur Umsetzung.

Cell Broadcast. Gezielte Warnung bei Naturkatastrophen (Mo. 21.4152)

Nachdem der Bundesrat im Dezember 2022 einen Bericht zum Thema «Strategie ‹Digitale Schweiz 2023› – Aktualisierung nach dem Coronavirus» präsentiert hatte, beantragte er im Rahmen der Botschaft über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahr 2022 die Abschreibung des entsprechenden Postulats Clivaz (gp, VS). Im Juni 2023 folgte der Nationalrat diesem Antrag und schrieb das Anliegen ab.

Strategie «Digitale Schweiz» nach dem Coronavirus (Po. 20.3363)

Im Sommer 2023 schrieb der Nationalrat im Rahmen der Beratungen zur Botschaft des Bundesrates über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahr 2022 das Postulat Marti (sp, ZH) für die Erstellung eines Grundlagenberichts «Digitaler Service public» ab. Der Bundesrat hatte im Oktober 2022 den entsprechenden Bericht veröffentlicht und verwies zudem auf einen weiteren Bericht des UVEK und des EDA vom März 2022 betreffend die «Schaffung von vertrauenswürdigen Datenräumen basierend auf der digitalen Selbstbestimmung».

Offensive für einen digitalen Service public (Po. 19.3574)

In der Sommersession 2023 behandelte der Nationalrat die Änderung des Bundesgesetzes über die Regionalpolitik. Mit der Anpassung soll ein neues Instrument geschaffen werden, um kleine Infrastrukturprojekte – vor allem im touristischen Bereich – in ländlichen, alpinen und peripheren Regionen mit A-Fonds-perdu-Beiträgen von je maximal CHF 50'000 unterstützen zu können. Die vorberatende WAK-NR hatte zuvor mit 14 zu 10 Stimmen beantragt, auf den bundesrätlichen Entwurf einzutreten. Die bestehende Lösung mit zinslosen oder zinsgünstigen Darlehen habe sich für diese Art von Infrastrukturen nicht bewährt, da diese zu wenig Cashflow generierten. Beiträge des Bundes, die nicht zurückzubezahlen sind und mit dieser Vorlage eingeführt werden sollen, seien deshalb besser geeignet, um kleinere Projekte zu fördern, so die Kommissionsmehrheit.

Bundesrat Guy Parmelin zeigte im Rat die Vorteile von solchen Beitragszahlungen auf und verwies dazu etwa auf entsprechende Pilotprojekte, die sich bewährt hätten. Kommissionssprecher Markus Ritter (mitte, SG) erläuterte im Rat zudem, dass bei der Auswahl der zu unterstützenden Projekte die NRP-Fachstellen klare Kriterien anwenden würden, welche vom Bundesrat in einer Verordnung zu definieren sind. Die Kosten dürften sich pro Jahr auf maximal CHF 1.5 Mio. belaufen und würden einen regionalwirtschaftlichen Nutzen für viele Akteure generieren. Die dazu zu verwendenden Mittel belasteten den Bundeshaushalt zudem nicht zusätzlich, da sie aus mit dem bestehenden Fonds für Regionalentwicklung stammen würden.
Eine Minderheit Burgherr (svp, AG) wollte allerdings gar nicht erst auf das Geschäft eintreten und war der Meinung, dass man besser beim bestehenden Förderregime bleiben solle. Der Bund müsse hier nicht mit dem «Giesskannenprinzip» neue Subventionen schaffen, die ohnehin in den Aufgabenbereich der Kantone fallen würden oder auch durch private Initiativen verwirklicht werden könnten. Diesen Argumenten schloss sich auch Olivier Feller (fdp, VD) im Namen der FDP-Fraktion an. Mit 121 zu 61 Stimmen bei 3 Enthaltungen trat der Nationalrat trotz Widerstands aus den Fraktionen der SVP und der FDP auf das Geschäft ein.
In der Detailberatung befasste sich der Rat mit einem Minderheitsantrag Badran (sp, ZH), wonach Darlehen oder A-Fonds-perdu-Beiträge nur dann gesprochen werden können, wenn die Projekte nachhaltige, klima- und umweltverträgliche Gesichtspunkte erfüllen. Das Anliegen stiess auch bei der Grünen-Fraktion auf positive Resonanz, da damit eine nachhaltige Umsetzung der niederschwelligen Infrastrukturangebote in den Kantonen sichergestellt werden könne, so Kilian Baumann (gp, BE). In der vorberatenden Kommission war das Anliegen mit 14 zu 10 Stimmen abgelehnt worden, da es zwar «sympathisch» sei, dieser Grundsatz jedoch im Bundesgesetz über die Regionalpolitik bereits verankert sei und es deshalb keine zusätzliche Erwähnung brauche, so Kommissionssprecher Ritter. Mit 98 zu 68 Stimmen bei 1 Enthaltung lehnte der Nationalrat diesen Zusatz in der Folge auch ab. Die Fraktionen der SP, der Grünen und der GLP stimmten erfolglos geschlossen zusammen mit drei EVP-Mitgliedern für den Passus.
In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat die Änderung mit 123 zu 62 Stimmen bei 1 Enthaltung an. Die Opposition stammte dabei wiederum aus den Fraktionen der SVP und FDP. Das Geschäft ging damit an den Ständerat.

Bundesgesetz über Regionalpolitik. Änderung (BRG 23.029)
Dossier: Regionalpolitik (INTERREG und NRP)

Das Postulat Dittli (fdp, UR) «Covid-lmpfkampagne als Chance für das Elektronische Patientendossier nutzen» wurde in der Sommersession 2023 im Rahmen der Botschaft zu Motionen und Postulaten der gesetzgebenden Räte im Jahre 2022 vom Ständerat abgeschrieben. Das Anliegen war zuvor in die Änderung der Verordnung über das EPD vom 1. Dezember 2022 eingeflossen, weshalb es Bundesrat und Ständerat als erfüllt erachteten.

Covid-Impfkampagne als Chance für das elektronische Patientendossier nutzen (Po. 21.4453)

In der Sommersession 2023 war es am Ständerat, eine Motion Silberschmidt (fdp, ZH) zur Stärkung der digitalen Kompetenzen von Gesundheitsfachpersonen zu beraten. Als Sprecher der SGK-SR erklärte Hans Stöckli (sp, BE), dass die Kommission das Geschäft mit 10 zu 2 Stimmen zur Annahme empfehle. Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung bedürfe das Gesundheitsfachpersonal digitaler Kompetenzen. Um zu gewährleisten, dass sich das Gesundheitspersonal diese bereits im Verlaufe seines «Bildungspfades» aneignen könne, sollen die entsprechenden Anforderungen ins Medizinal-, Psychologie- und Gesundheitsberufegesetz integriert werden. Stöckli führte weiter aus, dass die Umsetzung in den Bildungsstätten zwar mit Aufwand verbunden sei, dass «Nichtstun» insgesamt allerdings mehr kosten würde. Zudem seien junge Menschen, die sich in der Ausbildung befinden, ja bereits «digital affin». Für die Motion sprach sich auch Gesundheitsminister Berset aus. Demnach ermöglichten es digitale Kompetenzen nicht nur, den Bedürfnissen der Patientenschaft besser nachzukommen, sondern auch die Arbeitsorganisationsprozesse zu erleichtern. Es sei denkbar, die Forderungen der Motion beispielsweise im Zusammenhang mit der Pflegeinitiative umzusetzen. Stillschweigend nahm der Ständerat in der Folge den Vorstoss an.

Stärkung der digitalen Kompetenzen von Gesundheitsfachpersonen (Mo. 22.3163)
Dossier: Digitalisierung im Gesundheitswesen

Im Sommer 2023 schrieb der Nationalrat im Rahmen des Berichts des Bundesrates über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahr 2022 das Postulat Häberli-Koller (mitte, TG) zur nachhaltigen Ausgestaltung der Mobilfunknetze ab. Der Bundesrat erachtete das Anliegen mit der Veröffentlichung des entsprechenden Berichts «Nachhaltiges Mobilfunknetz» im Frühling 2022 als erfüllt.

Nachhaltiges Mobilfunknetz (Po. 19.4043)
Dossier: 5G – Mobilfunk, Strahlung und Gesundheit

Eine «Art Personalbremse» wolle er installieren, erklärte Thomas Burgherr (svp, AG) in der Nationalratsdebatte in der Sommersession 2023 die Forderung seiner parlamentarischen Initiative, mit der er die Entwicklung beim Bundespersonal besser kontrollieren wollte. Es brauche Rahmenbedingungen, mit denen das Lohnwachstum und die Zahl beim Bund angestellter Personen gestoppt würden. Laut einer Studie sei der Durchschnittslohn in der Bundesverwaltung 12 Prozent höher als in der Privatwirtschaft, zudem sei ein Viertel aller Arbeitnehmenden der Schweiz mittlerweile im gesamten öffentlichen Sektor (Bund, Kantone, Gemeinden, öffentliche und staatsnahe Betriebe) beschäftigt. Darunter seien zahlreiche Personen mit akademischem Abschluss, «bei denen ich manchmal auch mehr Praxisbezug wünsche», so Burgherr; es gehe nicht an, dass Hochschulabgängerinnen und Hochschulabgänger ohne Erfahrungen in der Privatwirtschaft beim Staat arbeiteten «und da kaum mehr wegkommen». Mit seinem «Paketansatz» könne man auch solchen Fehlanreizen Grenzen setzen, so Burgherr. Konkret forderte er in seiner parlamentarischen Initiative etwa eine Koppelung des Stellenwachstums und der Lohnentwicklung an die Privatwirtschaft sowie die Anstellung von mehr «Praktikern» und weniger «Akademikern».
Die Debatte im Nationalrat war nötig geworden, weil die FK-NR mit 16 zu 7 Stimmen empfohlen hatte, der parlamentarischen Initiative keine Folge zu geben. Für die Kommissionsminderheit, die aus SVP-Mitgliedern bestand, ergriff Manuel Strupler (svp, TG) das Wort. Der Bund beschäftige «immer mehr Arbeitskräfte für Tätigkeiten ohne erkennbaren Mehrwert», so Strupler. Dies seien nicht seine Worte, sondern sie stammten von der ehemaligen grünen Nationalrätin Yvonne Gilli (gp, SG), der aktuellen Präsidentin der FMH. Er hoffe deshalb auch von linker Seite auf Unterstützung für die parlamentarische Initiative. Die Argumente der Kommissionsmehrheit wurden von Sarah Wyss (sp, BS) und von Jean-Paul Gschwind (mitte, JU) ausgeführt. Gegen Folgegeben spreche einerseits ein «staatspolitisches Argument», so Wyss. Eine Umsetzung der parlamentarischen Initiative würde den Handlungsspielraum des Parlaments einschränken, weil es die Entwicklung in der Verwaltung nicht mehr selber steuern könnte. Mit einer Koppelung an die Privatwirtschaft würde andererseits eine «totale Übersteuerung» eingerichtet bzw. die notwendige Flexibilität bei den Anstellungen zu stark eingeschränkt: Der Bund müsse jene Personen einstellen können, welche die nötigen Kompetenzen mitbringen. Ob es sich dabei um «Praktiker anstatt Akademiker» handle, sei zweitrangig; zudem sei unklar, was unter «Praktiker» überhaupt zu verstehen sei.
Die Hoffnung des Minderheitensprechers Manuel Stupler, dass nicht bloss Mitglieder der SVP-Fraktion den Minderheitenantrag auf Folgegeben unterstützten, wurde zwar erfüllt, die total 49 Stimmen gegen den Mehrheitsantrag – 43 stammten aus der SVP-, 4 aus der FDP- und 2 aus der Mitte-Fraktion – reichten aber gegen die 118 Voten für den Mehrheitsantrag (bei 6 Enthaltungen) nicht aus. Die parlamentarische Initiative wurde damit abgelehnt.

Einschränken der Entwicklung beim Bundespersonal (Pa.Iv. 22.465)

Mit 8 zu 4 Stimmen beantragte die SPK-SR, die Motion von Gerhard Andrey abzulehnen, die eine Freigabe von Bildern des Bundes via Open Government verlangt hätte. Dass die ständerätliche Kommission ein Nein beantragte, obwohl sich die Mehrheit des Nationalrats und auch der Bundesrat für eine Annahme der Motion ausgesprochen hatten, war einer Information geschuldet, die sie in der Zwischenzeit eingeholt hatte: Konkret hatte die SPK-SR die Zahl der in Frage kommenden Bilder sowie die technisch, finanziell und personell notwendigen Ressourcen für Digitalisierung und Katalogisierung nachgefragt. Es habe sich dabei einerseits gezeigt, dass die rund 250'000 Bilder erhebliche Kosten verursachen würden. Andererseits seien mit dem Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben in der Frühlingssession 2023 (EMBAG) die gesetzlichen Grundlagen geschaffen worden, die die Verwaltung sowieso verpflichten, alle Daten unentgeltlich und online zur Verfügung zu stellen. Die von der Motion verlangte gesetzliche Grundlage gebe es also bereits, so die Begründung der Kommission für ihre Empfehlung, die Motion abzulehnen.
In der ständerätlichen Debatte wurden die Argumente der Kommissionsmehrheit von Daniel Fässler (mitte, AI) ausgeführt. Er wiederholte die Kommissionsargumente und rechnete vor, dass die Digitalisierung und Veröffentlichung aller Bilder, die sich im Besitz des Bundes befinden, «rund 60 Mann- oder Fraujahre» in Anspruch nehmen würde. Auch die Finanzministerin Karin Keller-Sutter betonte, die Kostenfolgen für die Verwaltung seien «nicht zu unterschätzen», auch wenn der Bundesrat die Motion grundsätzlich für umsetzbar halte. Der Ständerat folgte mit 23 zu 9 Stimmen (2 Enthaltungen) der Kommissionsmehrheit und lehnte die Motion ab.

Freigabe von Bildern des Bundes (Mo. 21.4195)

Mit 8 zu 1 Stimmen (2 Enthaltungen) empfahl die SPK-SR die Motion von Martin Candinas (mitte, GR), mit der er eine vermehrte Dezentralisierung der Arbeitsplätze des Bundes forderte, zur Annahme.
In der Debatte im Ständerat während der Sommersession 2023 vertrat Stefan Engler (mitte, GR) die Argumente der Kommission. Es sei bisher nicht viel gegangen, was die «ausgewogene territoriale Verteilung administrativer Strukturen» anbelange. Dank der Covid-19-Krise sei es aber zu einiger Flexibilisierung der Arbeit in der Bundesverwaltung gekommen, was zeige, dass auch flexible Arbeitsstandorte möglich sein müssten. Man sei deshalb in der Kommission gespannt auf die bundesrätliche Antwort auf ein entsprechendes Postulat von Hansjörg Knecht (svp, AG; Po. 20.4369). Es sei aber wichtig und mit Annahme der vorliegenden Motion anzustreben, dass auch periphere Regionen von dieser Flexibilisierung profitierten. Der angesprochene Hansjörg Knecht meldete sich ebenfalls zu Wort. Er könne die ablehnende Empfehlung des Bundesrates, der die Motion Candinas als bereits erfüllt betrachte, nicht nachvollziehen. Bis jetzt sei kaum Konkretes unternommen worden. Dabei würden nicht nur die Randregionen, sondern auch die Zentren von einer «besseren Verteilung der Arbeitsplätze» profitieren, da eine solche weniger «Dichtestress» etwa in Folge von Wohnungsmangel oder Verkehrsaufkommen bedeuten würde. Finanzministerin Karin Keller-Sutter wies darauf hin, dass sich seit der ablehnenden Antwort des Bundesrates im Jahr 2020 einiges getan habe. Neben dem Postulat von Hansjörg Knecht sei die Regierung auch daran, die Motion der FK-NR (Mo. 20.4338) umzusetzen, die eine nachhaltigere Gestaltung der vom Bund angebotenen Arbeitsplätze forderte. Auch die Motion Candinas werde in diese Arbeiten einfliessen. In der Folge nahm der Ständerat die zuvor schon vom Nationalrat überwiesene Motion stillschweigend an.

Vorbild beim Anbieten von dezentralen Arbeitsplätzen (Mo. 20.4727)
Dossier: Flexible Arbeitsformen in der Bundesverwaltung – Diskussionen seit der Covid-19-Krise

In der Sommersession 2023 hiess der Ständerat eine Motion seiner WAK gut, die eine Mehrwertsteuerpflicht für Online-Plattformen bei elektronischen Dienstleistungen forderte. Die Kommission hatte sich daran gestört, dass der Bundesrat in der aktuellen Mehrwertsteuerrevision zwar Plattformen für Versandhandel, nicht aber für elektronische Dienstleistungen der Mehrwertsteuer unterstellen wollte. Man habe aber eine Ausweitung der Mehrwertsteuerrevision abgelehnt und stattdessen den Weg über die Kommissionsmotion gewählt, um die betroffenen Kreise konsultieren zu können, erklärte die Kommission. Konkret sollten neu Plattformen, auf denen beispielsweise Software, Apps, Filme oder Musik per Stream oder Download bezogen werden können, anstelle der eigentlichen Anbieterinnen und Anbieter mehrwertsteuerpflichtig werden. Dies vereinfache die Besteuerung und reduziere die Wettbewerbsverzerrungen. Obwohl der Bundesrat den Handlungsbedarf bei den elektronischen Dienstleistungen im Vergleich zum Versandhandel als geringer erachtete und vor Umsetzungsproblemen warnte, erklärte er sich bereit, einen entsprechenden Entwurf zu erarbeiten und in die Vernehmlassung zu schicken. Stillschweigend nahm der Ständerat die entsprechende Motion an.

Mehrwertsteuerpflicht für Online-Plattformen bei elektronischen Dienstleistungen (Mo. 23.3012)

Nachdem sich der Ständerat in der Frühjahrssession 2023 für die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Plattform zur elektronischen Kommunikation zwischen Vollzugsorganen der flankierenden Massnahmen ausgesprochen hatte, stiess diese in der Sommersession 2023 auch im Nationalrat kaum auf Widerstand. Wie Kommissionssprecherin Petra Gössi (fdp, SH) in der Debatte ausführte, hatte die WAK-NR die Vorlage oppositionslos zur Annahme beantragt. Stillschweigend nahm der Nationalrat den Gesetzesentwurf in der Folge an.
In den Schlussabstimmungen hiessen die Räte den Gesetzesentwurf (beinahe) einstimmig gut (Nationalrat: 192 zu 2 Stimmen, Ständerat: 44 zu 0 Stimmen).

Plattform zur elektronischen Kommunikation zwischen Vollzugsorganen der flankierenden Massnahmen (BRG 22.080)

Ende Mai 2023 beschäftigte sich der Ständerat als Zweitrat mit der Motion Sauter (fdp, ZH) zur Einführung eines E-Rezepts. Im Namen der SGK-SR legte Hans Stöckli (sp, BE) seinen Ratskolleginnen und Ratskollegen die Annahme des Geschäfts nahe. Im Gegensatz zu einer Motion Müller (fdp, LU; Mo. 20.3209), welche die kleine Kammer bereits gutgeheissen hatte, beinhalte das vorliegende Geschäft noch präzisiere Angaben bezüglich der Umsetzung. Gesundheitsminister Berset empfahl hingegen, den Vorstoss abzulehnen, da bereits entsprechende Gesetzesgrundlagen existierten. Sein Votum war im Ständerat allerdings chancenlos. Mit 34 zu 2 Stimmen (bei 1 Enthaltung) stimmte das Stöckli der Motion zu.

Einführung eines E-Rezepts (Mo. 20.3770)
Dossier: Digitalisierung im Gesundheitswesen
Dossier: Digitalisierung im Arzneimittelbereich

Mit dem neuen Bundesgesetz über das nationale System zur Abfrage von Adressen natürlicher Personen (Adressdienstgesetz; ADG) will der Bundesrat einen nationalen Adressdienst (NAD) einführen. Er verabschiedete im Mai 2023 die entsprechende Botschaft zuhanden des Parlaments. Nachdem in der Vernehmlassung viele Fragen aufgeworfen worden waren, hatte der Bundesrat das EDI ausgewählte Anliegen prüfen lassen, was zu einigen Änderungen gegenüber dem Vorentwurf geführt hatte. So passte die Regierung etwa die Bestimmungen über die Datenlieferung, die Abfragemöglichkeiten oder die Finanzierung des Dienstes an.
Der dem Parlament unterbreitete Entwurf sah vor, dass das BFS für den NAD die Adressen aus den kommunalen und kantonalen Einwohnerregistern verwendet, die es von den zuständigen Behörden vierteljährlich erhält. Ergänzt werden sollen diese Daten mit tagesaktuellen Mutationsmeldungen. Dem BFS soll auch die Vergabe der Zugriffsberechtigungen und die Kontrolle über die Einhaltung der Nutzungsbedingungen obliegen. Nutzerinnen und Nutzer sollen die Daten nur zur Erfüllung ihres gesetzlich definierten Auftrags verwenden dürfen. Zur Finanzierung erklärte der Bundesrat, dass der Aufbau des NAD ein Projekt der Digitalen Verwaltung Schweiz sei und durch diese finanziert werde. Die längerfristigen Betriebskosten des Dienstes sollen durch eine Nutzungsgebühr gedeckt werden, wobei die Nutzung für die Einwohnerdienste, die die Adressdaten aus den Einwohnerregistern zur Verfügung stellen, gebührenfrei sein soll. Die Regierung plante, den NAD 2025 in Betrieb zu nehmen. Neben geringerem Aufwand beim Datenmanagement für die Verwaltungsstellen erhoffte sie sich vom neuen Dienst auch bessere Datenqualität, einheitlichere Verwaltungspraxis und bessere Transparenz bei der Datenverwendung durch die Behörden.

Adressdienstgesetz (BRG 23.039)

Ein Postulat Bendahan (sp, VD) mit der Forderung nach einem Bericht zu den Risiken von Überwachungs- und Erkennungstechnologien erhielt in der Sondersession im Mai 2023 im Nationalrat grossen Zuspruch. Mit 127 zu 57 Stimmen bei 3 Enthaltungen verlangte die grosse Kammer diskussionslos, dass der Bundesrat frei auf dem Markt zugängliche Technologien, welche die Privatsphäre der Bevölkerung missbräuchlich und stark gefährden, unter die Lupe nimmt. Er soll im Anschluss auch allfällige Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung vorschlagen. Der im Rat nicht anwesende Postulant verwies in seinem eingereichten Text beispielsweise auf Kameras, die in der Lage seien, Personen und Objekte zu erkennen und ohne Einwilligung zu überwachen. Der Bundesrat hatte sich in seiner Stellungnahme im Februar 2022 ablehnend zum geforderten Bericht geäussert und auf den bestehenden Rechtsrahmen, auf das kürzlich revidierte Datenschutzgesetz sowie auf internationale Entwicklungen zur Regulierung der künstlichen Intelligenz – namentlich im Europarat und in der EU – verwiesen. Der Bundesrat hatte deshalb vorerst die Auswirkungen der Gesetzesrevision und die internationalen Arbeiten abwarten wollen und daher einen Bericht als zeitlich verfrüht erachtet. Dieser Meinung schlossen sich im Rat die Mitte-Fraktion, die FDP.Liberale-Fraktion sowie einige Vertreterinnen und Vertreter der SVP an. Die Mehrheit, bestehend aus der SP- der GLP- und der Grünen-Fraktion sowie fast allen Mitgliedern der SVP-Fraktion, konnte jedoch erfolgreich eine Annahme durchsetzen.

Regulierung für Produkte mit starker Beeinträchtigung in Privatssphäre (Po. 21.4660)

Eine Motion der FDP.Liberale-Fraktion «Fortführung der Modernisierung der Post» passierte den Nationalrat in der Sondersession im Mai 2023 äusserst knapp mit 95 zu 94 Stimmen bei null Enthaltungen. Zwei Ja-Stimmen aus der ansonsten ablehnenden Mitte-Fraktion bildeten das «Zünglein an der Waage» und verhalfen der Motion zum Durchbruch. Die Fraktionen der FDP, der SVP und der GLP stimmten geschlossen für eine Annahme des Anliegens, jene der SP und Grünen ebenso geschlossen dagegen.
Die Motion verlangte, dass die Schweizerische Post auch in Zukunft ihren Grundversorgungsauftrag aus eigener Kraft finanzieren kann. Das Prinzip der Eigenwirtschaftlichkeit solle deshalb in der Strategie für die Jahre 2025-2028 verankert werden und diese damit an die Strategie «Post von morgen» für die Jahre 2021-2024 anknüpfen. Fragen betreffend die Postfinace, insbesondere was die Aufhebung des Kredit- und Hypothekarverbots und die Privatisierung betrifft, seien andernorts diskutiert worden und sollen in diesem Zusamenhang nicht erneut aufgegriffen werden. Kurt Fluri (fdp, SO) argumentierte im Rat, dass die Post mit diesem Grundprinzip Spielraum erhalte, sich zu transformieren und den neuen Gegebenheiten anzupassen. Die Alternative zum Prinzip der Eigenwirtschaftlichkeit seien Subventionen, welche wohl niemand begrüsse. Im Namen des Bundesrates beantragte Albert Rösti, die Motion abzulehnen. Der Grundversorgungsauftrag der Post müsse im Rahmen der Änderung des Postgesetzes angepasst werden und die vorliegende Motion solle diesen Diskussionen und Entscheiden nicht vorgreifen.
Ob dennoch bereits ein Entscheid gefällt werden soll, wird nach dem knappen Votum im Nationalrat nun der Ständerat als Zweitrat entscheiden müssen.

Fortführung der Modernisierung der Post (Mo. 21.3739)
Dossier: Poststellennetz und strategische Ausrichtung der Post

In seiner im Dezember 2022 eingereichten Motion beabsichtigte Marcel Dobler (fdp, SG), verpflichtend QR-Codes auf Arzneimitteln und Packungsbeilagen einzuführen, mittels denen man zu den Arzneimittelinformationen von Swissmedic gelangt. Nachdem das Geschäft in der Frühjahrssession 2023 von Roland Büchel (svp, SG) bekämpft worden war, kam es in der Sondersession im Mai 2023 in den Nationalrat. Er hoffe, durch die QR-Codes die Patienten- und Patientinnensicherheit zu erhöhen, da die Informationen auf diese Weise unter anderem in zahlreichen Sprachen verfügbar seien, erklärte der Motionär im Rat. Er wolle mit seinem Vorstoss nicht die Papierform der Informationen ersetzen, sondern diese durch die elektronische Form ergänzen. Eine «grosszügige[…] Übergangsfrist» soll zudem eine gelungene Umsetzung der Änderung gewährleisten. Gesundheitsminister Alain Berset zeigte sich mit den Forderungen des Vorstosses einverstanden und empfahl dem Nationalrat im Namen des Gesamtbundesrats, die Motion anzunehmen. Mit 131 zu 47 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) kam die grosse Kammer dieser Empfehlung nach. Einzig die Mitglieder der SVP-Fraktion sprachen sich gegen die Motion aus respektive enthielten sich ihrer Stimme.

Die Einführung von QR-Codes auf Arzneimitteln und Packungsbeilagen soll komplementär die Patientensicherheit erhöhen (Mo. 22.4423)
Dossier: Digitalisierung im Arzneimittelbereich

Im Juni 2021 reichte Nationalrätin Judith Bellaiche (glp, ZH) eine Motion ein, mit der sie dem Bundesrat einen Auftrag für die Mitwirkung an der Europäischen Regulierung der Digitalisierung erteilen wollte. Der Bundesrat solle eine Position erarbeiten, klare Zuständigkeiten definieren und sich als Handelspartner der EU aktiv einbringen, um die Interessen der Schweiz zu vertreten, forderte die Motionärin. Sie begründete den Vorstoss damit, dass die Schweiz im Bereich der Digitalisierung von ausländischen Akteuren abhängig sei und der effektive Souveränitätsverlust in diesem Bereich daher sehr gross sei. Gleichzeitig nehme der Regulierungsdruck aus der EU durch neue Gesetzesentwürfe wie den Digital Markets Act oder den Digital Services Act zu. Die Schweiz müsse sich aktiv in die Erarbeitung solcher Vorlagen einbringen, weil sie sonst ohne Mitgestaltung zum Gesetzesnachvollzug gezwungen sei.
Der Bundesrat erklärte in seiner Stellungnahme, er habe es sich bereits 2020 in seiner Strategie «Digitale Schweiz» zum Ziel gesetzt, die Entwicklungen der EU-Digitalstrategie und deren Auswirkungen auf die Schweiz weiterhin zu analysieren und entsprechende Aktivitäten der Schweiz zu koordinieren. Die zuständige verwaltungsinterne Koordinationsgruppe unter Leitung des BAKOM habe bereits klare Zuständigkeiten innerhalb der Bundesverwaltung verteilt. Die erwähnten Gesetzgebungsbemühungen der EU beträfen auch die Schweiz, jedoch sei noch kaum abzuschätzen, in welchem Ausmass, weil sich die Massnahmen in einem frühen Stadium befänden. Daher bestehe noch kein unmittelbarer Handlungsbedarf, wobei die Koordinationsgruppe die relevanten Entwicklungen in der EU weiterhin eng verfolgen werde. Der Bundesrat versprach, dass er sich im Rahmen der operativen Umsetzung der Europäischen Digitalstrategie dafür einsetzen werde, dass die Schweiz die Chancen eines europäischen Datenraums und eines digitalen Binnenmarktes optimal nutzen könne. Aus diesen Gründen erachtete er das Motionsanliegen als erfüllt und beantragte die Ablehnung der Motion.

Der Nationalrat befand in der Sondersession 2023 über das Anliegen von Nationalrätin Bellaiche. Diese betonte im Rat, dass die EU die derzeit 35 Regulierungsvorlagen zur Digitalisierung mit grossem Tempo vorantreibe, und kritisierte den Bundesrat dafür, bei Themen wie der Digitalisierung und Europa «kä Luscht» zu haben. Da Digitalisierung aber grenzüberschreitend sei, wirke sich die Digitalregulierung der EU direkt auf die Schweiz aus. Nur durch Mitsprache könne die Schweiz ihre Position als eines der wettbewerbsfähigsten und innovativsten Länder Europas halten, weibelte die Motionärin für ihr Anliegen. Bundesrat Guy Parmelin erinnerte die grosse Kammer daran, dass sich die Schweiz als Nicht-EU-Mitglied nicht direkt am Gesetzgebungsprozess der EU beteiligen könne. Der Bundesrat setze sich zwar mit seinem Aussennetz dafür ein, die Interessen der Schweiz auch in dieser Hinsicht zu wahren, jedoch sei die Schweiz erst kürzlich von einigen europäischen Programmen im Bereich der digitalen Regulierung ausgeschlossen worden, was die Ausgangslage nicht einfacher mache. Der Bundesrat erklärte, dass die letzte Analyse der BAKOM-Koordinationsgruppe keine bedeutenden neuen Marktzugangshürden oder diskriminierenden Massnahmen ergeben habe, weshalb weiterhin kein unmittelbarer Handlungsbedarf bestehe. Eine Mehrheit des Nationalrates unterstützte jedoch das Anliegen der Motionärin und nahm den Vorstoss mit 110 zu 79 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) an. Nur die Fraktion der SVP und jene der FDP-Liberalen stimmten dagegen.

Auftrag für die Mitwirkung an der Europäischen Regulierung der Digitalisierung (Mo. 21.3676)

In der Frühjahrssession 2023 beugten sich die Räte über die Differenzbereinigung zum Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBAG). Das Gesetz schafft die Grundlagen für eine Digitalisierung der Bundesverwaltung, indem es vor allem Standards und Interoperabilität festlegt und dem Bund die Möglichkeit für Vereinbarungen mit Partnerinnen und Partnern schafft, die ähnliche Standards und Plattformen nutzen.

Der Ständerat hatte in der Wintersession 2022 mehrere Differenzen geschaffen und auch im Nationalrat lagen zahlreiche Minderheitsanträge vor. Einig waren sich die Fraktionssprechenden darüber, dass Digitalisierung vor allem in der Bundesverwaltung dringend nötig sei, weil die Schweiz diesbezüglich «nicht einmal im Mittelfeld» liege, wie etwa Corina Gredig (glp, ZH) für die GLP-Fraktion ausführte. Allerdings brauche es einheitliche Standards, weshalb sie in einem Minderheitsantrag forderte, die Kantone und die dezentralen Verwaltungseinheiten zu solchen einheitlichen Standards zu verpflichten – dies hatte der Ständerat in seiner zweiten Lesung noch abgelehnt. Dieser Punkt war jedoch im Nationalrat sehr umstritten, Marco Romano (mitte, TI) und Damien Cottier (fdp, NE) setzten sich im Namen ihrer Fraktionen für eine föderalistische Lösung ein, während Gerhard Andrey (gp, FR) und Angelo Barrile (sp, ZH) für ihre Fraktionen für eine ganzheitliche Lösung, die nicht nur auf Bundes-, sondern auch auf Kantons- und Gemeindeebene gelte, plädierten. Finanzministerin Karin Keller-Sutter erklärte, der Bundesrat begrüsse den Kompromissvorschlag der SPK-NR, die dezentralen Verwaltungseinheiten generell dem Gesetz zu unterstellen, der Regierung aber die Möglichkeit für Ausnahmen zu geben. Bei den Kantonen bevorzuge der Bundesrat den kooperativen Ansatz, weil eine von den Kantonen nicht mitgetragene Harmonisierung kaum zielführend sein dürfte. Auch die Kommissionssprechenden Greta Gysin (gp, TI) und Andri Silberschmidt (fdp, ZH) erklärten, die SPK-NR würde gerne daran festhalten, alle Kantone zu verpflichten, sehe aber aufgrund der deutlichen Haltung des Ständerats in dieser Frage wenig Spielraum. Es sei deshalb in den Augen der Mehrheit der Kommission vernünftiger, die Kantone auszunehmen. Der Antrag der Minderheit Gredig wurde zwar – wie die Fraktionsvoten erwarten liessen – von den geschlossenen stimmenden Fraktionen der SP, GP und GLP gutgeheissen, diese 80 Stimmen unterlagen allerdings den 108 Stimmen der drei geschlossen stimmenden bürgerlichen Fraktionen.
Gregor Rutz (svp, ZH) erachtete das Gesetz im Namen der SVP-Fraktion als «Notlösung», mit dem wenigstens die «schlimmsten Defizite» behoben würden. Eigentlich bedürfe es aber einer Verfassungsänderung, das Gesetz sei wohl nur knapp verfassungskonform. Auch aus diesem Grund sei stets die Zustimmung der Kantone zu verlangen, wenn der Bund mit Gemeinden Projekte plane – stellte er folglich als Minderheitsantrag. Mit dieser Anhörungspflicht der Kantone zeigte sich die Mehrheit der SPK-NR jedoch nicht einverstanden: Die bundesrätliche Kompetenz, Vereinbarungen abzuschliessen, solle nicht eingeschränkt werden und der Minderheitenantrag Rutz sei entsprechend abzulehnen. Auch hier folgte der Rat mit 107 zu 80 Stimmen seiner Kommissionsmehrheit. Für die Kommissionsempfehlung votierten diesmal die geschlossen stimmenden Fraktionen der SP, der GLP und der GP, unterstützt von einer Mehrheit der FDP und den drei EVP-Mitgliedern der Mitte-EVP-Fraktion.
Mehrere weitere Entscheidungen traf der Rat jeweils ohne Minderheitsantrag. So erachtete die SPK-NR beispielsweise die explizite Erwähnung von Bedürfnissen spezifischer Bevölkerungsgruppen als nicht nötig. Bei der Frage zu «Open Source» hatte die Kommission einen Kompromiss ausgearbeitet: Quellcodes sollen generell transparent gemacht werden müssen, ausser wenn Drittrechte verletzt würden oder die Sicherheit in Gefahr sei. Schliesslich schlug die SPK-NR vor, die Verwaltung der Metadaten einzig beim Bundesamt für Statistik zu belassen. Oppositionslos nahm der Nationalrat diese nicht bestrittenen Empfehlungen seiner Kommission allesamt an.

Damit ging die Vorlage mit noch fünf Differenzen an den Ständerat, der diese ebenfalls in der Frühjahrssession 2023 behandelte. Die SPK-SR schlage vor, bei vier Differenzen auf den Nationalrat einzuschwenken, berichtete Benedikt Würth (mitte, SG) für die Kommission. Dem nationalrätlichen Kompromiss zu den dezentralen Einheiten empfehle die SPK-SR einstimmig zu folgen; auch das Argument des Nationalrats, dass im Gesetz die gesamte Bevölkerung berücksichtigt sei und es keine explizite Erwähnung von Minderheitengruppen brauche, habe die gesamte Kommission überzeugt; die vom Nationalrat formulierte Ausnahmeregel bei der Offenlegung des Quellcodes sei in der SPK-SR ebenfalls auf einstimmige Unterstützung gestossen; bezüglich der Zuständigkeit für die Sammlung der Metadaten hätte sich die Kommission zwar mehr Flexibilität gewünscht, auch hier könne man aber mit der Lösung des Nationalrats gut leben. Allerdings empfehle die Kommission, am ursprünglichen Entscheid des Ständerats festzuhalten, dass der Bund bei Vereinbarungen, die er mit Gemeinden abschliesst, die entsprechenden Kantone anhören müsse. Es wäre stossend, so Würth, wenn ein Kanton mit seinen Gemeinden digitale Projekte vorantreibe und der Bund mit einzelnen Gemeinden andere Projekte plane, ohne dass der Kanton dazu etwas sagen könne. Da es keinen Minderheitsantrag gab, stimmte die kleine Kammer allen Kommissionsempfehlungen stillschweigend zu.

Damit lag der Ball noch einmal beim Nationalrat. Die Kommission habe nur sehr kurz getagt, gab Kommissionssprecher Andri Silberschmidt (fdp, ZH) zu Protokoll. Sie sei einstimmig der Meinung, dass man dem Ständerat im letzten Streitpunkt folgen könne: Die Kommission sei stets der Meinung gewesen, dass der Bund die Kantone anhören würde, wenn er mit einzelnen Gemeinden Projekte plane – dies hatte auch Bundesrätin Keller-Sutter betont. Es spreche nichts dagegen, dies explizit ins Gesetz aufzunehmen. Die grosse Kammer bereinigte diese letzten Differenz schliesslich stillschweigend.

In den Schlussabstimmungen passierte das Gesetz den Nationalrat mit 183 zu 8 Stimmen (6 Enthaltungen). Die Opposition und die Enthaltungen stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion. Der Ständerat stimmte dem Gesetz mit 42 zu 0 Stimmen einstimmig zu.

Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (BRG 22.022)
Dossier: Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBAG)

Die Motion würde «Erwartungen schür[en], die nicht erfüllt werden können», begründete die APK-SR ihre ablehnende Position gegenüber eines Vorstosses ihrer Schwesterkommission für dringliche Massnahmen zugunsten des Schweizer BFI-Standorts. Mit 12 Stimmen bei einer Enthaltung beantragte die Kommission im Frühjahr 2023, die Motion zu verwerfen. Der Ansatz dieser Motion würde bei der verfahrenen Situation um die Teilnahme der Schweiz bei Horizon Europe keine «Deblockierung» ermöglichen.

Im März 2023 stand die Motion dann auf der Traktandenliste des Ständerats. Resigniert untermalte Kommissionssprecher Benedikt Würth (mitte, SG) die derzeitige Situation des «Abseitsstehens» der Schweiz. Ins gleiche Horn blies Andrea Gmür-Schönenberger (mitte, LU) – sie bezeichnete die Situation bei Horizon Europe seit dem Abbruch der Verhandlungen zum InstA als «jämmerlich». Obwohl dem Bundesrat im Dezember 2020 durch das Parlament ein Finanzbeschluss von CHF 6.1 Mrd. für eine siebenjährige Teilnahme der Schweiz beim besagten Programm mit einem entsprechenden Verhandlungsmandat zugesprochen worden war, seien seither keine Verhandlungen erfolgt. Die EU wolle nicht verhandeln, solange die institutionellen Fragen nicht geklärt seien, erklärten Würth und Gmür-Schönenberger. Auch mit der in dieser Motion vorgeschlagenen Erhöhung der Kohäsionsmittel – Ausgleichszahlungen an die EU für die Teilnahme am Binnenmarkt – könne keine Bewegung in der Angelegenheit erreicht werden. Es ergebe somit keinen Sinn, «dem Bundesrat Aufträge zu erteilen, die schöne Signale setzen, aber am Ziel vorbeischiessen», so Würth. Für eine Annahme machte sich im Rat hingegen Eva Herzog (sp, BS) stark. Die drei Anliegen der Motion – Verhandlungen über eine umgehende Assoziierung der Schweiz als Drittland an Horizon Europe und an die weiteren Forschungsprogrammen Digital Europe, ITER, Euratom und Erasmus+, eine einmalige Erhöhung des Kohäsionsbeitrags und die Definition von Grundsätzen für zukünftige Verhandlungen über die Beziehungen mit der EU – behinderten den Bundesrat «in keiner Weise» und bestärkten diesen nur in dem, was er bereits tue, so Herzog. Es sei indes wichtig, dass das Parlament dem Bundesrat seine Haltung bezüglich des EU-Dossiers kommuniziere.
Aussenminister Ignazio Cassis unterstrich derweil, wie wichtig dem Bundesrat eine Vollassoziierung der Schweiz bei Horizon Europe und den weiteren Forschungsprogrammen sei, beantragte aber im Namen des Gesamtbundesrates dennoch eine Ablehnung der Motion, da er bereits um eine Lösung ringe. Der Bundesrat habe die Staatssekretärin Livia Leu im Februar 2022 mit Sondierungsgesprächen beauftragt und arbeite im Rahmen derer weiterhin für eine vollständige Teilnahme der Schweiz an diesen Forschungsprogrammen. Mit 31 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen lehnte der Ständerat die Motion schliesslich ab. Für eine Annahme votierten Ständerätinnen und Ständeräte aus den Lagern der SP und der Grünen sowie Olivier Français (fdp, VD). Die Motion war damit erledigt.

Dringliche Massnahmen zu Gunsten des Schweizer Forschungs-, Bildungs- und Innovationsstandorts (Mo. 22.3012)
Dossier: Erasmus und Horizon

In einem im Dezember 2022 eingereichten Postulat forderte Heidi Z'graggen (mitte, UR) eine Strategie «Digitale Souveränität der Schweiz». In dieser Strategie solle der Bundesrat definieren, was er unter digitaler Souveränität versteht; wie er den Stand ebendieser digitalen Souveränität der Schweiz einschätzt und welche Massnahmen er zu deren Stärkung ergreifen werde. Dabei solle der Bundesrat aufzeigen, welche gesetzlichen Anpassungen zur Umsetzung dieser Massnahmen notwendig seien, wie diese umgesetzt werden sollen welche Mittel dazu nötig seien, so die Postulantin weiter. Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats und verwies dabei auf laufende, vom EDA koordinierte Arbeiten zu dieser Thematik sowie auf die Strategie Digitale Schweiz 2023 und die Strategie Digitalaussenpolitik 2021-2024. Der Vorstoss wurde in der Frühjahrssession 2023 vom Ständerat behandelt, wo er nach einer kurzen Diskussion stillschweigend angenommen wurde.

Strategie Digitale Souveränität der Schweiz (Po. 22.4411)

Mit der Forderung, dass der Zugang zum Hausservice der Post auch ohne eine digitale Anmeldung möglich bleiben soll, sah sich in der Frühjahrssession der Nationalrat konfrontiert. Pierre-Alain Fridez (sp, JU) argumentierte in seiner Motion, dass durch die Aufhebung der Poststellen und der Postagenturen in vielen Regionen insbesondere ältere Menschen den Zugang zum Angebot der Post verloren hätten. Die bisherige Lösung, wonach durch ein «einfaches Anbringen eines Steckschildes am Briefkasten» die Pöstlerin oder der Pöstler für den Hausservice vorbeikomme, sei per 1. März 2021 «kurz und bündig durch eine Kontaktaufnahme via Internet oder Telefon ersetzt» worden. Diese Entscheidung der Post sei für ältere Menschen in Randregionen eine «nicht akzeptable Bestrafung», da diese den Dienst nicht via Internet bestellen könnten, so der Jurassier.
Der Bundesrat betonte in seiner Stellungnahme die Vorteile des digital planbaren Hausservice, erkannte aber auch die Nachteile der Massnahme für ältere Generationen. Er erklärte, dass die Post keine «digitale Kluft» zwischen den Generationen entstehen lassen möchte. Weniger technologieaffine Generationen könnten den Hausservice deshalb mit einem kostenlosen Bestellstift oder über die Telefon-Direktnummer anfordern. Die Motion sei aufgrund dieser bestehender Möglichkeiten abzulehnen.
Im März 2023 folgte die grosse Kammer dem Bundesrat und lehnte die Motion mit 117 zu 66 Stimmen ab.

Analoger Zugang zum Hausservice der Post (Mo. 21.3133)
Dossier: Hausservice der Post
Dossier: Poststellennetz und strategische Ausrichtung der Post