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Eine knappe Mehrheit der APK-NR forderte im Februar 2022 dringliche Massnahmen zu Gunsten des Schweizer BFI-Standorts. Die Kommission wollte den Bundesrat damit beauftragen, Verhandlungen mit der EU über eine spezifische Vereinbarung aufzunehmen, welche für eine umgehende Assoziierung der Schweiz als Drittland an die EU-Programme Horizon Europe, Digital Europe, ITER, Euratom sowie Erasmus+ sorgt. In dieser Vereinbarung sollen auch die Grundsätze für weitere Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU geregelt werden. Zudem soll dieser Weg vor einem Entscheid über Ergänzungs- und Ersatzmassnahmen eingeschlagen werden. Im Gegenzug soll der Bund eine einmalige Erhöhung des Schweizer Kohäsionsbeitrages vorsehen. Anlass für diese Motion war unter anderem eine gemeinsame Resolution von scienceindustries, dem ETH-Rat und von swissuniversities, welche auf die negativen Konsequenzen der fehlenden Assoziierung für den Schweizer Forschungs- und Innovationsplatz hinwies. Eine Minderheit der APK-NR um Elisabeth Schneider-Schneiter (mitte, BL) beantragte die Ablehnung der Motion. Auch der Bundesrat konnte sich nicht mit dem Vorstoss anfreunden. Zwar verfolge auch die Regierung das Ziel, die Assoziierung an die EU-Programme voranzutreiben; die Schweiz habe jedoch bis anhin schon alles Mögliche unternommen, um die entsprechenden Verhandlungen zu starten. Es fehle letztlich am Willen der EU, welche die Assoziierung der Schweiz an die EU-Rahmenprogramme im BFI-Bereich von den allgemeinen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU abhängig mache. Die Frage der Assoziierung solle daher vielmehr im Rahmen des strukturierten politischen Dialogs angesprochen werden.
In der Sommersession 2022 betonte Fabian Molina (sp, ZH) seitens der Kommissionsmehrheit, dass der Schweizer BFI-Bereich stark unter der Nicht-Assoziierung an die BFI-Rahmenprogramme der EU leide. Der Bundesrat habe im Februar 2022 seinen neuen Verhandlungsansatz für die künftigen Beziehungen Schweiz-EU vorgestellt. Der Schweizer BFI-Bereich könne aber nicht so lange warten, bis dieser Ansatz greife; die Vollassoziierung müsse rasch geschehen. Wenn im Jahr 2022 keine Lösung mehr gefunden würde, hätten «so gut wie alle Forschungsprojekte aufgrund der bestehenden Periodizität ohne Schweizer Beteiligung begonnen». Der Aussage von Fabian Molina entgegnete Minderheitensprecherin Elisabeth Schneider-Schneiter, dass die EU klargemacht habe, dass sie zuerst die offenen Fragen, beispielsweise bezüglich der dynamischen Rechtsübernahme oder der Rolle des EuGH geklärt haben wolle, bevor über weitere Abkommen gesprochen werde. Es sei nun am Bundesrat, diese Fragen mit der EU zu klären, seitens des Parlaments seien bereits genügend Ideen und Anträge vorgelegt worden. Auch Aussenminister Ignazio Cassis beantragte die Ablehnung der Motion. Schon fast verzweifelt äusserte er die rhetorische Frage, wie mit jemandem verhandelt werden könne, der nicht verhandeln wolle. Das Parlament könne so viele Motionen annehmen, wie es wolle, in der Realität wolle die EU aber momentan keinen Schritt auf die Schweiz zugehen.
In der anschliessenden Abstimmung kam es zu einer Pattsituation. Mit Stichentscheid der Ratspräsidentin Irène Kälin (gp, AG) wurde die Motion sodann mit 93 zu 92 Stimmen bei 6 Enthaltungen angenommen. Zustimmung erhielt die Motion von der SP-, der Grünen- und der GLP-Fraktionen sowie von einzelnen Mitgliedern der Mitte- und der FDP.Liberalen-Fraktionen.

Dringliche Massnahmen zu Gunsten des Schweizer Forschungs-, Bildungs- und Innovationsstandorts (Mo. 22.3012)
Dossier: Erasmus und Horizon

Der Bundesrat verabschiedete im März 2021 erstmals eine offizielle Schweizerische China-Strategie, welche konkrete Ziele und Massnahmen der Schweizer China-Politik für die Jahre 2021-2024 beinhaltete. In seiner Medienmitteilung begründete der Bundesrat die Relevanz der Strategie mit den aktuellen geopolitischen Entwicklungen, insbesondere der Konkurrenz zwischen den Grossmächten USA und China, die nicht im Interesse der Schweiz sei. Als Sitz internationaler Organisationen sehe sich die Schweiz vielmehr als Brückenbauerin, um chinesische und westliche Vorstellungen zum allseitigen Nutzen zu verbinden, gemeinsame Standards zu erhalten und diese weiterzuentwickeln, führte der Bundesrat in der Strategie aus. Darüber hinaus verwies er aber auch auf grundlegende Wertedifferenzen zwischen der Schweiz und deren drittgrösstem Handelspartner, welche eine «kohärente Politik gegenüber China» unumgänglich mache. Die Strategie, die im Rahmen eines interdepartementalen Prozesses erarbeitet wurde, leitete ihre inhaltlichen Schwerpunkte – Frieden und Sicherheit, Wohlstand, Nachhaltigkeit, Digitalisierung – aus der übergeordneten Aussenpolitischen Strategie 2020-2023 ab.
In Bezug auf Frieden und Sicherheit stehen laut Medienmitteilung die globale und regionale Sicherheit, der Multilateralismus, die innere Sicherheit der Schweiz – zu denken ist dabei etwa an Industriespionage gegen Schweizer Unternehmen und politische Spionage der tibetanischen Diaspora – und die Menschenrechte im Vordergrund. Vor allem die Gewährleistung individueller Grundrechte sollen ein essentieller Bestandteil der gemeinsamen Beziehungen sein. Aus diesem Grund zeigte sich der Bundesrat bereit, den seit 2019 sistierten Menschenrechtsdialog mit China auch im Zeitraum 2021-2024 weiterzuführen. Werte- und Systemdifferenzen seien auch bei der Digitalisierung ein Problem, da sich die Schweiz für einen ungeteilten digitalen Raum unter Achtung der völkerrechtlichen Grundsätze einsetze. Dabei bilde die Strategie Digitalaussenpolitik 2021-2024 die Grundlage für den Austausch und Umgang mit China. China und chinesische Firmen seien aktive Mitglieder von in Genf ansässigen internationalen Organisationen und Multistakeholder-Prozessen, welche sich mit Themen wie dem digitalen Handel oder Cyberspace auseinandersetzen. Daher sei das internationale Genf gut positioniert, um an der Bewältigung von Herausforderungen der Digitalisierung mitzuwirken.
Beim thematischen Schwerpunkt Wohlstand verwies der Bundesrat in der Strategie hauptsächlich auf das Ziel eines diskriminierungsfreien, marktbasierten und gegenseitig vorteilhaften Zugangs für Waren, Dienstleistungen und Investitionen. Man strebe daher die Modernisierung des Freihandelsabkommens aus dem Jahr 2013 an und analysiere die Bedeutung des Investitionsabkommens zwischen der EU und China. Bei diesem Bereich besteht die Strategie nachdrücklich darauf, dass China seiner Verantwortung in multilateralen Gremien wie der WTO, IWF, Weltbank, OECD nachkommen müsse.
Mit Blick auf das Thema Nachhaltigkeit fokussiere die Schweiz bei chinesischen Infrastrukturprojekten auf Klima und Umwelt, Gesundheit, einen nachhaltigen Finanzsektor und die Entwicklungszusammenarbeit, wobei die Agenda 2030 der UNO als Referenzrahmen diene. China stünden beträchtliche Handlungsmöglichkeiten zur Beeinflussung der globalen Nachhaltigkeit zur Verfügung, weshalb die Schweiz unter anderem in Bezug auf das Klimaübereinkommen von Paris eine gewisse Erwartungshaltung China gegenüber vertrete.
Der Bundesrat beschloss zur Verfolgung dieser Ziele drei Handlungsgrundsätze, welche die bilateralen Beziehungen prägen sollen. Erstens verfolge die Schweiz eine eigenständige China-Politik, wobei eine Zusammenarbeit in allen Bereichen, in denen schweizerische Interessen bestehen, angestrebt werde. Man vertrete dabei «selbstbewusst die Grundwerte der Schweiz, wie sie in der Verfassung stehen». Zweitens setze sich der Bundesrat für die Einbindung Chinas in die liberale internationale Ordnung und in die Bewältigung globaler Herausforderungen ein. Wo ein Mehrwert resultiert, stimme sich die Schweiz verstärkt mit gleichgesinnten Parteien ab. Drittens verfolge der Bundesrat einen ausgewogenen, kohärenten und koordinierten Ansatz gegenüber China, wobei der Austausch zwischen Parlament, Kantonen, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Privatsektor gefördert werden soll.
Den letzten Grundsatz bezeichnete der Bundesrat als «Whole-of-Switzerland»-Ansatz. Um die Umsetzung der Strategie optimal auszugestalten, sind unter anderem die Förderung von China-Kompetenzen in- und ausserhalb der Bundesverwaltung, die Schaffung neuer Koordinationsgremien in der Verwaltung und ein Informationsaustausch mit Akteuren ausserhalb der Verwaltung vorgesehen. Ein neu geschaffener interdepartementaler Koordinationsausschuss soll den Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen allen mit China befassten Bundesstellen verbessern. Nebst dieser verwaltungsinternen Koordinationsinstrumenten verfügt die «offizielle Schweiz» gemäss Bericht über beinahe dreissig bilaterale Dialoge mit China, die von verschiedenen Ämtern der Verwaltung geführt werden. Dazu kommen die diplomatischen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Vertretungen in China selbst. Auch im multilateralen Kontext interagiert die Schweiz mit China und kann so einen Dialog führen. Zusätzlich helfe auch der Austausch mit gleichgesinnten Drittstaaten über China, die Schweizer China-Kompetenzen zu stärken, führte der Bericht aus.

Die Reaktionen auf die mit mehreren Monaten Verspätung veröffentlichte Strategie fielen in den Medien gemischt aus. Die Aargauer Zeitung zeigte sich angesichts der schwierigen Beziehungen zu China in der jüngeren Vergangenheit – der Menschenrechtsdialog war 2019 ausgesetzt worden – positiv überrascht davon, wie offen Bundesrat Cassis Reizthemen wie die Menschenrechte und die Unterdrückung von Minderheiten ansprach. Sie sprach aber auch den «China-Spagat» der Schweiz an, der einer Gratwanderung zwischen Wirtschaftsinteressen und Menschenrechten gleichkomme. Die WOZ erklärte sich die «devote Haltung des Bundesrats» mit der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Schweiz und zeigte sich enttäuscht darüber, dass in China aktive Schweizer Firmen nicht stärker für Menschenrechtsverletzungen in China zur Verantwortung gezogen werden sollen. Le Temps nannte die Strategie «vorsichtig» und Nationalrat Laurent Wehrli (fdp, VD) beschrieb die Strategie der Zeitung gegenüber als «sehr schweizerisch, sehr pragmatisch», wobei er dies für positiv erachtete, denn «um etwas sagen zu können, müsse man den Dialog aufrecht erhalten». Auch Elisabeth Schneider-Schneiter (mitte, BL) zeigte sich in den Medien zufrieden mit der Strategie, weil sie mit der veralteten Annahme aufräume, dass der Umgang mit China vornehmlich wirtschaftlich-politisch und nur das Aussendepartement dafür zuständig sei. Kritischer äusserten sich Fabian Molina (sp, ZH) und die Grünen zum Strategiepapier des Bundesrats. Molina befürwortete zwar die einheitliche China-Strategie und die Kritik an der Menschenrechtslage in China, war aber enttäuscht darüber, dass der Bundesrat keine Antworten zum konkreten Umgang mit Menschenrechtsverletzungen gab. Die Grünen lehnten die Strategie gar als Ganzes ab, da der Bundesrat die Wirtschaftsinteressen über die Menschenrechte stelle.
Wenige Tage nach Publikation der Strategie äusserte sich auch der chinesische Botschafter in der Schweiz, Wang Shihting, dezidiert in einer virtuellen Medienkonferenz dazu. Er bezeichnete die Vorwürfe westlicher Länder in Bezug auf die Lage in der mehrheitlich von Uiguren bewohnten Region Xinjiang als «rein boshafte politische Spekulationen» und wehrte sich auch gegen die in der Strategie geäusserten Vorwürfe, dass China Industriespionage betreibe. Im Gegenzug äusserte er sich aber optimistisch hinsichtlich einer Überarbeitung des chinesisch-schweizerischen Freihandelsabkommens und versprach, dass China bereit sei dabei Kompromisse einzugehen.

Schweizerische China-Strategie
Dossier: Aussenpolitische Strategien
Dossier: Aussenpolitische Strategie in den bilateralen Beziehungen mit China

Im Februar 2019 hatte der Bund zusammen mit dem Kanton Genf eine Stiftung gegründet, «die das Land zukunftstauglich machen soll», wie die NZZ im Juni berichtete. Die Stiftung mit dem Namen Geneva Science and Diplomacy Anticipator (Gesda) werde in den nächsten Jahren mit CHF 3 Mio. unterstützt, damit die Rolle der Schweiz als Gastland gestärkt werden könne. Die Gründung der Stiftung fand im Zusammenhang mit der Aussenpolitschen Strategie 2020-2023 statt.
Während im Nationalrat im Juni und im Ständerat im September letztlich die CHF 111 Mio. zur Umsetzung der Aussenpolitischen Strategie mehrheitlich gutgeheissen wurden, gab es im Vorfeld Widerstand hinsichtlich der in diesem Betrag enthaltenen CHF 3 Mio. zur Finanzierung der Stiftung: Bereits im März wollten Fabian Molina (sp, ZH, Frage 19.5029) und Samira Marti (sp, BL; Frage 19.5032) in einer parlamentarischen Fragerunde vom Bundesrat wissen, was denn die konkreten Aufgaben der Gesda seien und weshalb die Stiftung vorwiegend von Nestlé-Vertretungen präsidiert werde. Die beiden empfanden es als störend, dass der ehemalige Nestlé-Chef Peter Brabeck-Letmathe als Stiftungspräsident und Patrick Aebischer, ehemaliger Verwaltungsrat der Nestle Health Science SA und ehemals Präsident der EPFL, als Vize-Präsident vorgesehen waren. Die Stiftung, so die Antwort des Bundesrats, solle die «gesellschaftlichen Auswirkungen der technologischen und wissenschaftlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts analysieren und Lösungen vorschlagen», wie die Gesellschaft damit «in Respektierung der demokratischen Werte und der Menschenrechte» umgehen könne. Brabeck-Letmathe und Aebischer seien durch ihre Erfahrung und ihr internationales Renommee in der Lage, mit der Stiftung die zur Umsetzung dieser Aufgabe benötigte «globale Wirkung» zu erzielen.
Molina versuchte dennoch im Juni per Antrag im Nationalrat die CHF 3 Mio. für die Stiftung aus dem vorgesehenen Budget zu streichen – erfolglos: 137 Nationalrätinnen und Nationalräte stimmten für den Antrag der Mehrheit, 51 für den Minderheitsantrag Molinas. Den vielen Kritikerinnen und Kritikern sei einerseits durch die bekanntgewordene Beteiligung von alt-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey und SNF-Präsident Matthias Egger am Projekt, andererseits durch die Legitimierung der Stiftung durch den Bundesrat in seinem Antwortschreiben an Molina und Marti als Innovationsplattform unter «Aufsicht der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht» der Wind aus den Segeln genommen worden, wie die NZZ analysierte. Auch Aebischer hatte sich in einem Beitrag in der Aargauer Zeitung vom Juli trotz der Kritik Molinas zuversichtlich gezeigt: Genf und die Schweiz als «Verwahrer» der Menschenrechte und Sitz zahlreicher internationaler Organisationen seien wie geschaffen für die Gesda. Er sah die Notwendigkeit der Stiftung indes darin, ein Instrument zu schaffen, welches Dynamik in die Politik zu bringen und dieser Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen vermöge, um rechtzeitig auf rasante zukünftige Entwicklungen beispielsweise in der Gentechnologie oder den Kryptowährungen reagieren zu können.

Staatsgeld für eine Antizipator-Stiftung